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procontra Ausgabe 06-2022

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Dezember/Januar <strong>2022</strong>|2023 – D: 4,80 € • I: 6,50 € • E: 6,50 €<br />

Börsenturbulenzen<br />

Welche Strategien nach der<br />

Korrektur der Kapitalmärkte Erfolg<br />

versprechend sein werden<br />

ESG-Präferenzabfrage<br />

Warum die neue Beratungspflicht<br />

noch hakt und wie sie<br />

2023 nachhaltig durchstartet<br />

Immobilienfinanzierung<br />

Steigende Zinsen gefährden<br />

viele Anschlussfinanzierungen<br />

und erfordern kluges Handeln


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Expertenservice, 05/<strong>2022</strong><br />

→ Mehr dazu unter makler.allianz.de/ksp


EDITORIAL<br />

»Auf in ein erfolgreiches<br />

Maklerjahr!«<br />

pro statt contra Es fällt schwer, dieses Jahr zu resümieren. Vor allem wenn man<br />

gewillt ist, Mut und Aufbruchsstimmung für 2023 zu erzeugen. Der Angriffskrieg Russlands<br />

gegen die Ukraine überschattet vieles, wenn nicht sogar alles. Er lähmt und macht<br />

Angst. Keine 1.000 Kilometer von Berlin entfernt sterben Menschen, ganz gleich welcher<br />

Nation, in Gefechten. Man wäre mit dem Auto gen Osten also genauso schnell zwischen<br />

Panzern und Bomben, wie gen Süden in Südtirol, wo viele wieder den Winterurlaub zwischen<br />

Abfahrt und Après-Ski verbringen werden. Diese Nähe eines Krieges macht nachdenklich.<br />

Zudem sind Folgen wie Energiekrise, Lieferengpässe und Rezession direkt spürbar.<br />

Und dennoch gehört der Blick nach vorn. Auf den Umgang mit den Folgen. Mit steigenden<br />

Energiekosten und Rekordinflation, die die Haushalte belasten und die Finanzberatung<br />

fordern. Makler sind die Stützen, um ihre Kunden durch diese Zeit zu begleiten und<br />

davor zu bewahren, einstige Sparziele voreilig über den Haufen zu werfen. Im Gegenteil,<br />

die Notwendigkeit, die Alters- und Pflegevorsorge, die Einkommensabsicherung oder Gesundheitsversorgung<br />

selbst in die Hand zu nehmen, war nie größer und wird weiter steigen.<br />

Mit ihr das Beratungspotenzial. Um es heben zu können, sollen Sie die „Erfolgsrezepte“<br />

anderer Maklerinnen und Makler (Seite 16) in dieser <strong>Ausgabe</strong> inspirieren.<br />

Die <strong>procontra</strong>-Redaktion wünscht Ihnen eine friedliche Weihnachtszeit im Kreis Ihrer<br />

Freunde und Familie. Mit der nötigen Ruhe, um zu reflektieren und Kraft, Ideen und Motivation<br />

zu sammeln, um 2023 zu einem erfolgreichen Maklerjahr und zu einer besseren<br />

(Finanz-)Welt zu machen.<br />

LIEBE MAKLER, LIEBE LESER,<br />

die <strong>procontra</strong>-Redaktion wünscht Ihnen<br />

eine aufschlussreiche <strong>Ausgabe</strong>.<br />

www.<strong>procontra</strong>-online.de<br />

@<strong>procontra</strong>online<br />

facebook.com/<strong>procontra</strong><br />

Matthias Hundt<br />

Chefredakteur<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22 3


<strong>procontra</strong> Inhaltsverzeichnis<br />

INHALT<br />

16<br />

Erfolgsrezepte 2023<br />

Strategien, Pläne und konkrete<br />

Maßnahmen – wie Makler<br />

2023 erfolgreich sein wollen<br />

Millennials richtig catchen<br />

Jugend bedeutet Zukunft – auch<br />

beim Zielgruppenfokus. Wie die<br />

junge Generation begeistert wird<br />

76<br />

26<br />

»Anleger sollten über<br />

einen Einstieg nachdenken«<br />

DWS-Fondsmanager Christoph<br />

Schmidt mit Prognosen<br />

und Ausblicken für 2023<br />

50<br />

Rente mit gewissen Vorzügen<br />

Wie Erfolg versprechend ist das<br />

Modell der Vorzugsrente?<br />

4 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22


Inhaltsverzeichnis <strong>procontra</strong><br />

PANORAMA<br />

11 Winter is coming Hans-Jörg<br />

Naumer über die Entwicklungen an<br />

den Energiemärkten<br />

INVESTMENTFONDS<br />

24 Investment-Highlights <strong>2022</strong><br />

26 »Anleger sollten über einen<br />

Einstieg nachdenken« Christoph<br />

Schmidt, der neue Co-Lead Manager<br />

des DWS-Fonds „Concept Kaldemorgen“,<br />

über die kommenden Marktentwicklungen<br />

VERSICHERUNGEN<br />

46 Versicherungs-Highlights <strong>2022</strong><br />

48 »Das Pflegerisiko nicht<br />

privatisieren« Oliver Blatt vom Verband<br />

der Ersatzkassen (vdek) über<br />

die Effekte der Pflegereform und die<br />

Zukunft der Vorsorge<br />

30 Auf die inneren Werte kommt<br />

es an Korrigieren die Kapitalmärkte,<br />

rückt der Value-Ansatz in den<br />

Fokus. Was auf der Suche nach<br />

Substanz beachtet werden muss<br />

12 Panorama Fakten für Vertrieb<br />

und Stammtisch<br />

14 Leserbriefe<br />

TITEL<br />

16 Erfolgsrezepte 2023<br />

„Von Maklern für Makler“. Ob Social-<br />

Media-Strategien, Skalierungspläne<br />

oder Ausbau von Kooperationsnetzwerken<br />

– Maklerinnen und Makler<br />

teilen ihre Zukunftspläne mit der<br />

Branche.<br />

34 Grüne Innovationen im Fokus<br />

Was technologischer Erfindergeist<br />

den bloßen ESG-Kriterien in puncto<br />

Nachhaltigkeit voraushat<br />

50 Rente mit gewissen Vorzügen<br />

Kann das Modell der Vorzugsrente<br />

die Verbraucherschutzkritik an der<br />

Kalkulation der Lebenserwartung<br />

verstummen lassen?<br />

54 Krisen-Push für D&O Die Unwägbarkeiten<br />

für Geschäftsführer<br />

nehmen zu – deren umfassende<br />

Absicherung wird immer wichtiger.<br />

56 Gewappnet gegen Katastrophen?!<br />

Die Handhabe einer Absicherung<br />

gegen Terror ist weder klar<br />

noch up to date. Wie Makler hier<br />

dennoch beraten können<br />

»Ich weiche von meiner<br />

Zielgruppe nicht ab,<br />

egal wie lukrativ das<br />

mögliche Geschäft ist.«<br />

ROBIN LERCH<br />

Gründer von grenzenlos-sicher<br />

60 Lukrative Achillesferse Die<br />

Existenzsicherung für Firmen ist<br />

komplex, birgt 2023 aber besonderes<br />

Beratungspotenzial.<br />

64 Innovationsdrang mit Problemen<br />

Das Angebot an Grundfähigkeitsabsicherungen<br />

wird immer komplexer<br />

– was Berater vor Herausforderungen<br />

stellt.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

5


<strong>procontra</strong> Inhaltsverzeichnis<br />

BERATER<br />

68 Berater-Highlights <strong>2022</strong><br />

70 Noch nicht nachhaltig etabliert<br />

Die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen<br />

ist zwar Pflicht, aber noch<br />

längst keine Praxis.<br />

74 Maxi-Rente für Minijobber Die<br />

Anhebung der Verdienstgrenze für<br />

Minijobber eröffnet Potenzial fürs<br />

bAV-Geschäft. Was Vermittler dabei<br />

beachten sollten<br />

SACHWERTE<br />

82 Sachwerte-Highlights <strong>2022</strong><br />

84 Gelockerter Zugang?! Was die<br />

Verordnung zur Beleihungswertermittlung<br />

für Folgen in der Vergabe<br />

von Immobilienkrediten hat<br />

RUBRIKEN<br />

3 Editorial<br />

8 Firmen- und<br />

Personenverzeichnis<br />

8 Impressum<br />

90 Privat gefragt<br />

Steckbrief von Guido Lehberg,<br />

Inhaber Lehberg Finanzdienstleistungen<br />

GbR<br />

76 Millennials richtig catchen Junge<br />

Zielgruppen versprechen langfristige<br />

Kundenbeziehungen – sofern<br />

die Ansprache gelingt und die<br />

Beratung stimmig ist.<br />

80 Schnell vergessen Demenzerkrankungen<br />

nehmen zu, die Absicherung<br />

von Betroffenen sollte mit dem<br />

Gesundheitszustand permanent<br />

Schritt halten.<br />

86 Den Anschluss prüfen Immobilienfinanzierungen<br />

geraten mit jeder<br />

Zinserhöhung weiter unter Druck.<br />

Doch lohnt es sich jetzt noch, die<br />

Anschlussfinanzierung vorzeitig zu<br />

sichern?<br />

»Selbstbestimmung<br />

sollte stets gewahrt<br />

bleiben.«<br />

GUIDO LEHBERG<br />

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6 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22


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SERVICE Firmen- und Personenverzeichnis<br />

FIRMENVERZEICHNIS<br />

A<br />

Alliance Bernstein.........................................................25<br />

Allianz......................................................... 11, 55, 58, 64 f.<br />

Alphabet/Google............................................................28<br />

Alte Leipziger...........................................................52, 65<br />

Amazon................................................................................28<br />

Amundi...........................................................................12, 25<br />

andsafe.................................................................................. 61<br />

Athora....................................................................................46<br />

Axa.........................................................................25, 46, 58<br />

B<br />

Bain Capital........................................................................ 69<br />

Baloise...................................................................................65<br />

bauass..................................................................................23<br />

Baufi24..........................................................................87, 89<br />

Bayerische.......................................................... 38 ff., 52<br />

bessergrün........................................................................23<br />

Biomex..............................................................................18, 21<br />

blau direkt........................................................................... 69<br />

BSC - Die Finanzberater........................................... 66<br />

C<br />

Canadian Solar...............................................................35<br />

Candriam.............................................................................25<br />

Check24........................................................................10, 23<br />

Commerzbank...................................................................10<br />

Continentale......................................................................55<br />

D<br />

Debeka...................................................................................47<br />

Deka.........................................................................................47<br />

Deloitte...................................................................................75<br />

Denso.....................................................................................35<br />

Deutsche Bahn................................................................57<br />

Deutsche Telekom........................................................28<br />

Deutsche Zweitmarkt................................................83<br />

DIA..............................................................................................12<br />

Dr. Klein.....................................................................84 f., 88<br />

DVAG....................................................................................... 69<br />

DWS........................................................................24, 26, 47<br />

E<br />

Edeka......................................................................................25<br />

Exporo...................................................................................83<br />

Extremus.......................................................................... 57 f.<br />

EY................................................................................10, 14, 72<br />

F<br />

Federated Hermes........................................................25<br />

Finanzberatung Bierl.................................................. 22<br />

Finanzchef24..................................................................61 f.<br />

finanzen.de..........................................................................12<br />

Fonds Finanz.................................................................... 69<br />

Fondsbörse Deutschland.......................................83<br />

Franke und Bornberg...............................................65 f.<br />

Franklin Templeton.......................................................25<br />

FTX.............................................................................................10<br />

G<br />

geld.wert finanzbildung............................................ 22<br />

Generali.................................................................................55<br />

Great West Lifeco.......................................................... 69<br />

growney...............................................................................25<br />

H<br />

HDI............................................................................55, 61, 65<br />

HG Capital............................................................................ 69<br />

HonorarKonzept..............................................................47<br />

HSBC.......................................................................................25<br />

Huk-Coburg........................................................................47<br />

I<br />

IC-Haus.................................................................................35<br />

Ideal..........................................................................................47<br />

ImmoScout24..................................................................83<br />

ING............................................................................................ 68<br />

Inter.........................................................................................55<br />

Interhyp.................................................................................87<br />

J<br />

J.P. Morgan.........................................................................25<br />

JDC Group........................................................................... 69<br />

Jung, DMS & Cie............................................................ 69<br />

K<br />

Keppler AM....................................................................... 31 f.<br />

kvoptimal.de........................................................................17<br />

L<br />

Lehberg Finanzdienstleistungen......................90<br />

Leue & Nill...........................................................................23<br />

Lieblingsmakler................................................................21<br />

Liechtenstein Life............................................................51<br />

LV 1871........................................................................38 ff., 51<br />

M<br />

Maklerwelt............................................................................21<br />

McKinsey............................................................................61 f.<br />

Meta........................................................................................ 22<br />

Microsoft..............................................................................28<br />

Morgen & Morgen......................................................... 42<br />

Morningstar.........................................................................31<br />

Münchener Verein.....................................................66 f.<br />

myLife......................................................................................47<br />

N, O<br />

Netfonds ..........................................................................69 f.<br />

Neuberger Berman......................................................25<br />

Nordlight Research........................................................14<br />

Nürnberger...............................................................55, 65<br />

OVB........................................................................................... 69<br />

INDEX<br />

P, Q<br />

P&R..........................................................................................83<br />

paladinum.............................................................................16<br />

Progress.......................................................................22, 77<br />

Quant IP................................................................................ 36<br />

R<br />

R+V............................................................................................47<br />

Robeco..................................................................................25<br />

RWB Partners...................................................................40<br />

S<br />

Schaeffler...........................................................................35<br />

Schüller & Cie.....................................................................18<br />

Scope..............................................................................25, 31<br />

Signal Iduna.......................................................71, 75, 83<br />

Simon-Kucher....................................................................12<br />

softfair......................................................................................71<br />

Stuttgarter..................................................................47, 65<br />

Sumitomo............................................................................35<br />

Swiss Life............................................................. 38 ff., 65<br />

T<br />

Talanx.....................................................................................58<br />

tecis......................................................................................... 69<br />

Telis.......................................................................................... 69<br />

ThyssenKrupp.................................................................55<br />

U<br />

Union Investment..............................................25, 31 f.<br />

Uniper......................................................................................47<br />

V<br />

Vantik......................................................................................47<br />

Viridium.................................................................................46<br />

Volkswagen.......................................................................55<br />

Volkswohl Bund..............................................................52<br />

VOV...........................................................................................55<br />

W, Z<br />

Warburg Pincus.............................................................. 69<br />

WBV Finanzservice......................................................20<br />

wefox.......................................................................................47<br />

wertfaktor...........................................................................83<br />

Wirecard......................................................................24, 55<br />

Württembergische...........................................................11<br />

Zurich.....................................................................................46<br />

PERSONENVERZEICHNIS<br />

A<br />

Altemeier, Christoph.................................................... 89<br />

Asmussen, Jörg.............................................................58<br />

B<br />

Bauer, Iris........................................................................... 51 f.<br />

Beck, Andreas.................................................................35<br />

Bierl, Tobias........................................................................ 22<br />

Blatt, Oliver..................................................................... 48 f.<br />

Brämer, Burkhard..........................................................23<br />

Branson, Mark...................................................................10<br />

Brugger, Stefan............................................................. 31 f.<br />

Buczinski, Kai...................................................................20<br />

Buddecke, Maximilian...........................................38 ff.<br />

Buffett, Warren................................................................32<br />

Busch, Otto...........................................................................17<br />

Busch, Stephan.....................................................22, 77<br />

D, E<br />

Diebold, Armin....................................................................18<br />

Diercks, Jan-Peter...................................................38 ff.<br />

Disselkamp, André.......................................................20<br />

Dodd, David.......................................................................32<br />

Drückhammer, Lars..................................................... 69<br />

Elsner, Ulrike...................................................................... 49<br />

F<br />

Faeser, Nancy...................................................................57<br />

Flocke, Heiner...............................................................35 f.<br />

Franke, Michael............................................................... 66<br />

G<br />

Glorius, Anja.........................................................................17<br />

Graham, Benjamin........................................................32<br />

H<br />

Hallervorden, Dieter.........................................................11<br />

Hamacher, Patrick..........................................................21<br />

Heilenkötter, Hannes.................................................. 69<br />

Heilfort, Moritz....................................................................16<br />

Heinz, Michael H......................................................72, 77<br />

Hermann, Klaus................................................................19<br />

Hinz, Michael.......................................................................71<br />

Huber, Peter.........................................................................31<br />

J<br />

Jagdfeld, Anno August............................................83<br />

Jasper, Torsten...............................................................20<br />

John, Sandra...............................................................38 ff.<br />

K<br />

Kaldemorgen, Klaus.....................................................26<br />

Kemnitz, Gerd...................................................................65<br />

Keppler, Michael........................................................... 31 f.<br />

Kleinlein, Axel............................................................51, 69<br />

Krämer, Jörg........................................................................10<br />

Kunkel, Bastian................................................................77<br />

L<br />

Lagarde, Christine.........................................................87<br />

Lang, Oliver........................................................................ 69<br />

Lauterbach, Karl...............................................................15<br />

Lehberg, Guido................................................................90<br />

Leicht, Thomas............................................................ 57 f.<br />

Lemke, Sarah.....................................................................70<br />

Lerch, Robin.........................................................................16<br />

Ludwig, Ellen........................................................................71<br />

M<br />

M’Barek, Elyas.....................................................................11<br />

Mahnke, Alexander......................................................58<br />

Mayr, Andrea.....................................................................78<br />

Mohr, Mirjam.......................................................................87<br />

N<br />

Naumer, Hans-Jörg.........................................................11<br />

Neumann, Michael.......................................................84<br />

Neumann, Peter..............................................................57<br />

P<br />

Pardey, Viktoria............................................................64 f.<br />

Petersohn, Marko...........................................................78<br />

Peukert, Robert.................................................................21<br />

Pfennig, Leonie...............................................................20<br />

Pradetto, Oliver................................................................ 69<br />

Probst, Alexander.........................................................55<br />

R<br />

Rehmke, Stephen.......................................................... 69<br />

Rezvanian, Payam......................................................61 f.<br />

Roemers, Norbert..........................................................80<br />

Rollinger, Norbert............................................................47<br />

Rosenowski, Stefan.....................................................58<br />

Rottenbacher, Frank.....................................................77<br />

S, T<br />

Sapara, Lars......................................................................55<br />

Scheulen, Ingo...................................................................71<br />

Schinnenburg, Stephan......................................38 ff.<br />

Schlosser, Filip.................................................................77<br />

Schmidt, Christoph.................................................26 ff.<br />

Schmidt, Stephan.........................................................52<br />

Schröder, Atze...................................................................19<br />

Schüller, Madeleine.......................................................18<br />

Schweiger, Til.......................................................................11<br />

Senfleben, Kai....................................................................19<br />

Spahn, Jens.....................................................................48<br />

Tolckmmitt, Jens....................................................... 84 f.<br />

V<br />

Vaartmann, Ingo............................................................88<br />

Vierow, Timo......................................................................23<br />

Vogt, Nicolas.....................................................................20<br />

von Reuss, Lucas......................................................35 f.<br />

W<br />

Weiler, Wolfgang..............................................................47<br />

Weiß, Anette...................................................................... 22<br />

Wenzel, Philip.............................................................18, 66<br />

Wirth, Norman.....................................................58, 72 f.<br />

Wöhrmann, Asoka........................................................ 24<br />

Wonneberger, Tom........................................................77<br />

VERLAG UND REDAKTION<br />

Alsterspree Verlag GmbH<br />

Firmensitz: Großer Burstah 50-52, 20457 Hamburg<br />

Postanschrift: Kurfürstendamm 173 / 174, 10707 Berlin<br />

Telefon: +49 (0 30) 232 56 27 00<br />

Fax: +49 (0)30 232 56 27 49<br />

Web: www.<strong>procontra</strong>-online.de<br />

HERAUSGEBER<br />

Philipp B. Siebert<br />

CHEFREDAKTEUR<br />

Matthias Hundt<br />

ART DIRECTOR<br />

Niels Flender<br />

LAYOUT UND INFOGRAFIK<br />

Sabine Müller<br />

BILDREDAKTION<br />

Roman Kulon, Eleonora Mavromati<br />

LEKTORAT<br />

TextSchleiferei.de<br />

TEXTBEITRÄGE<br />

Mailin Bartknecht, Florian Burghardt, Heike Gorres,<br />

Matthias Hundt, Oliver Lepold, Dr. Hans-Jörg Naumer,<br />

Hannah Petersohn, Imke Reiher, Uwe Schmidt-Kasparek,<br />

Stefan Terliesner, Martin Thaler, Jan Wagner, Anne<br />

Mareile Walter<br />

COVERILLUSTRATION<br />

Eleonora Mavromati<br />

ANZEIGENBERATUNG<br />

Nadin Prüwer<br />

n.pruewer@alsterspree.de<br />

+49 (0)40 6 07 71 29 24<br />

ANZEIGENDISPOSITION<br />

Marcel Berno<br />

m.berno@alsterspree.de<br />

Verlagsgeschäftsführer: Philipp B. Siebert,<br />

Tilman J. Freyenhagen<br />

Verantwortlich für diese <strong>Ausgabe</strong> i. S. d. P.:<br />

Matthias Hundt<br />

IMPRESSUM<br />

DRUCKEREI<br />

MÖLLER PRO MEDIA ® GmbH<br />

Zeppelinstraße 6<br />

16356 Ahrensfelde<br />

www.moellerdruck.de<br />

LESERSERVICE<br />

leserbetreuung@<strong>procontra</strong>-online.de<br />

ABONNEMENT<br />

abo@<strong>procontra</strong>-online.de<br />

Heftpreis: 4,80 Euro<br />

Jahresabonnement: 20 Euro<br />

für sechs <strong>Ausgabe</strong>n inkl. Versandkosten, inkl. USt.<br />

© <strong>2022</strong> für alle Beiträge: <strong>procontra</strong>, <strong>procontra</strong> Spezial,<br />

<strong>procontra</strong>Thema, <strong>procontra</strong>-Sonderteile, <strong>procontra</strong>-<br />

Sonderdrucke (im Heft, Beileger, Beihefter). Alle Rechte<br />

vorbehalten. Nachdruck, Aufnahme in Online-Dienste,<br />

Internet und Vervielfältigung auf Datenträger oder<br />

durch andere Verfahren (auch auszugsweise) nur mit<br />

schriftlicher Genehmigung des Verlags.<br />

Hinweis: Den Artikeln, Empfehlungen, Charts, Tabellen<br />

und Diagrammen liegen Informationen zugrunde, die<br />

die Redaktion für verlässlich hält. Trotz sorgfältiger<br />

Auswahl der Quellen kann für die Richtigkeit des Inhalts<br />

keine Haftung übernommen werden. Die in <strong>procontra</strong><br />

gemachten Angaben dienen der Unterrichtung und<br />

sind keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von<br />

Wertpapieren.<br />

Für Mitglieder der nachfolgend aufgeführten Verbände<br />

ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag enthalten:<br />

AfW Bundesverband Finanzdienstleistungen e. V.<br />

Votum Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungsunternehmen<br />

in Europa e. V.<br />

Unser Druck ist zu 100 % klimaneutral.<br />

8 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22


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PANORAMA Notiert<br />

PANORAMA<br />

KAUFKRAFTVERLUST<br />

SCHREITET VORAN<br />

4,5 Prozent: Auf diesen Wert kletterte die Inflationsrate<br />

vor einem Jahr. Zehnjährige Bundesanleihen – Maßstab<br />

für „sichere“ Zinstitel – rentierten bei minus 0,25 Prozent<br />

und unzählige Banken verhängten Verwahrentgelte.<br />

Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, sagte<br />

damals im <strong>procontra</strong>-Interview: „In ein paar Jahren<br />

droht ein beträchtliches Inflationsproblem.“<br />

Ein Jahr später hat sich das Inflationsproblem weiter<br />

verschärft. Die Inflationsrate erreichte im November die<br />

Rekordmarke von 10,4 Prozent und die EZB erhöhte drei<br />

Mal in Folge den Leitzins, zuletzt Ende Oktober um 0,75<br />

Prozent. Negativzinsen gehören der Vergangenheit an:<br />

Etliche Kreditinstitute bezahlen ihren Kunden wieder<br />

Zinsen auf Tagesgeldkonten. Vor <strong>2022</strong> hatte die EZB<br />

den Leitzins zuletzt vor elf Jahren angepasst.<br />

»Besonders<br />

verstörend ist der<br />

Verbraucherschutzaspekt.«<br />

VERTRETER<br />

MISSACHTEN<br />

ESG-ABFRAGE-<br />

PFLICHT<br />

Nach der Pleite der<br />

Kryptobörse FTX wies<br />

BaFin-Chef Mark Branson<br />

auf Lücken im Verbraucherschutz<br />

hin: Kryptowährungen<br />

müssten<br />

entweder durch den Bau<br />

eines „sehr, sehr starken<br />

Schutzwalls“ rund um<br />

das traditionelle Bankensystem<br />

ausgeschlossen<br />

oder reguliert werden.<br />

In vier von fünf Beratungsgesprächen kommen Vermittler ihrer IDD-<br />

Pflicht zur Abfrage von Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden<br />

nicht nach. Zu diesem Ergebnis kommt ein Undercover-Test der<br />

Beratungsfirma EY, für den Ausschließlichkeitsvermittler von 13<br />

Versicherern sowie das Vergleichsportal Check24 in Test-Beratungsgesprächen<br />

überprüft wurden. In lediglich 5 Prozent der Gespräche<br />

wurde der Wissensstand der Kunden zum Thema Nachhaltigkeit<br />

abgefragt. Die im Anschluss zugesandten Unterlagen enthielten in<br />

65 Prozent der Fälle keine Informationen zu nachhaltigen Produkten.<br />

Seit 2. August gilt für Vermittler die Pflicht zur ESG-Präferenzabfrage.<br />

10 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22


Notiert PANORAMA<br />

Winter is coming<br />

DR. HANS-JÖRG NAUMER<br />

leitet Global Capital Markets & Thematic Research<br />

von Allianz Global Investors<br />

WÜRTTEMBERGISCHE KRALLT<br />

SICH LEINWANDSTAR<br />

Was haben Dieter Hallervorden, Til Schweiger und Elyas<br />

M’Barek gemeinsam? Richtig: Sie sind alle Schauspieler und<br />

Markenbotschafter von Versicherungsunternehmen. Denn nun<br />

ist auch „Fack ju Göhte“ -Darsteller M’Barek in den Reigen der<br />

Versicherer-Testimonials aufgenommen worden: Der 40-Jährige<br />

ist das neue Gesicht der Württembergischen Versicherung.<br />

Zum Jahreswechsel soll er für das Unternehmen „weitere<br />

Kundengruppen erschließen“, kündigt der Versicherer an. „Mit<br />

Elyas M’Barek als Testimonial wollen wir einen nachhaltigen<br />

Eindruck und einen höheren Bekanntheitsgrad für unsere<br />

Marke erreichen.“ In TV-Spots, Außenwerbung und Social-<br />

Media-Kampagnen soll der deutsche Leinwandstar nun für den<br />

nötigen Promi-Faktor sorgen.<br />

1.125 km<br />

„Der Winter naht“ – kalendarisch betrachtet ist diese wiederkehrende<br />

Redewendung aus dem Fantasieepos „Game<br />

of Thrones“ eine Banalität. Während sich allerdings auf<br />

der Nordhalbkugel der Winter tatsächlich nähert, ist diese<br />

Feststellung ökonomisch besehen deutlich diffiziler: Die<br />

Frage ist nicht, ob er kommt, sondern wie hart er ausfällt.<br />

Entsprechend dürfte sich die Nachfrage nach Energie,<br />

und hier vor allem nach Gas, entwickeln. Anders als bei Öl,<br />

gibt es bei Gas keinen Weltmarkt, wie sich zum Beispiel<br />

an den unterschiedlichen Handelsplätzen und ihren<br />

dortigen Gaspreisen zeigt. Da es an Pipelines zwischen<br />

den Kontinenten fehlt, kam es, bedingt durch den Ausfall<br />

russischer Gaslieferungen, zu einem Angebotsschock auf<br />

dem alten Kontinent. Die Folge ist ein gewaltiger Aufschlag<br />

auf den Gaspreis für Europa. Das bedrängt die Industrie,<br />

welche sich einem gehörigen Preisschock mit Lieferunsicherheiten<br />

gegenübersieht, genauso wie den Konsum, da<br />

Kaufkraft abgeschöpft wird. Insofern bleibt der Winterverlauf<br />

ein Unsicherheitsfaktor für Konjunktur und Inflation.<br />

Allerdings sollte auch nicht übersehen werden, dass der<br />

Ölpreis, besonders der für die USA so wichtige WTI, seit<br />

Juni im Trend zurückgegangen ist. Die für Europa wichtigere<br />

Sorte Brent hat dies fast im Tandem mitvollzogen.<br />

Gleichzeitig ist der Aufschlag auf den europäischen<br />

Gaspreis ebenfalls gesunken. Hoffnungszeichen, die dann<br />

auch wieder die Konjunktur entlasten sollten. Sie hat es<br />

nötig. Hier haben sich die winterlichen Vorzeichen deutlich<br />

verstärkt. Die Rezession in Europa scheint so gut wie im<br />

Kasten zu sein. Die US-Wirtschaft dagegen zeigt sich als<br />

widerstandsfähiger. „Winter is coming“ – der Winter naht,<br />

das mag stimmen, aber es gilt auch: Auf jeden Winter folgt<br />

ein Frühling. Das sollte durchaus auch für die Finanzmärkte<br />

gelten. Viele Stimmungsindikatoren nehmen bereits<br />

eine Eiszeit vorweg. Was bereits antizipiert wird, kann<br />

kaum noch negativ überraschen. Einen Börsen-Frühling<br />

wünsche ich uns allen.<br />

... so lang wäre die Schlange von Studierenden<br />

in Deutschland, die armutsgefährdet sind.<br />

Vorausgesetzt, sie leben allein oder in einer WG.<br />

Denn: Laut Statistischem Bundesamt sind drei<br />

Viertel (circa 1,1 Millionen) davon betroffen. Eine<br />

dramatische Quote, die das Beratungspotenzial<br />

dieser Klientel untermauert.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

11


PANORAMA Fakten für Vertrieb und Stammtisch<br />

GRÜNE<br />

MOGELPACKUNG<br />

Viele Artikel-9-Fonds investieren weiterhin<br />

in fossile Energien und unsoziale<br />

Geschäftsmodelle. Das geht aus einer<br />

Untersuchung der Nachhaltigkeitsplattform<br />

Cleanvest im Auftrag des „Handelsblatts“<br />

hervor. Die zehn schlechtesten<br />

Fonds investieren laut der Analyse allesamt<br />

auch in Unternehmen aus dem Bereich fossile<br />

Energien. Dabei wies der CPR Invest Hydrogen des Fondsanbieters<br />

Amundi mit einem fossilen Anteil von 19 Prozent des Fondsvolumens<br />

die schlechteste Quote auf.<br />

Weniger Kleidung<br />

Fast drei Viertel der Deutschen machen sich wegen eines<br />

möglichen Wirtschaftseinbruchs Sorgen und passen ihr<br />

Kaufverhalten an. Das ist das Ergebnis einer Umfrage der Unternehmensberatung<br />

Simon-Kucher & Partners. Die meisten<br />

Befragten (58 Prozent) würden sich im Falle einer Rezession<br />

beim Kauf neuer Kleidung einschränken. Bei <strong>Ausgabe</strong>n für den<br />

Urlaub wollen 55 Prozent den Rotstift ansetzen, 52 Prozent<br />

sehen Sparpotenzial bei ihren Freizeitaktivitäten.<br />

Wunschalter<br />

für die Rente<br />

65 Jahre ist für einen Großteil der Deutschen<br />

das Wunschalter für den Rentenbeginn.<br />

Das zeigt eine Studie, die das DIA in<br />

Kooperation mit dem Portal<br />

finanzen.de durchgeführt hat.<br />

Kein anderes Renteneintrittsalter<br />

finde auch nur annähernd<br />

eine solch große Zustimmung<br />

wie 65, schreiben die<br />

Studienautoren weiter – obwohl die<br />

Anhebung des gesetzlichen Rentenalters<br />

seit dem Jahr 2012 läuft. 11 Prozent gaben an, mit<br />

60 Jahren in Rente gehen zu wollen. Für 9 Prozent<br />

liegt der ideale Rentenbeginn bei 67 Jahren.<br />

ZUFRIEDENE GKV-KUNDEN<br />

Die Mehrheit der gesetzlich Versicherten ist mit dem solidarischen<br />

Gesundheitssystem zufrieden. In einer aktuellen Umfrage des GKV-<br />

Spitzenverbands gaben dies 69 Prozent der Befragten an, 36 Prozent<br />

zeigten sich „eher zufrieden“. 15 Prozent sind hingegen „nicht<br />

zufrieden“. Laut den Studienautoren will sich der GKV-Verband auf<br />

diesem Ergebnis aber nicht ausruhen: Es gebe „mehr als genug<br />

Baustellen“, heißt es in der Analyse.<br />

Dauerhafte Sommerzeit<br />

Ein ganzjähriges Verbleiben bei der Sommerzeit könnte die<br />

Schadensquoten der Kfz-Versicherer reduzieren: Wie das<br />

Fachblatt „Current Biology“ schreibt, nähme<br />

dadurch die Zahl der Wildunfälle ab. So<br />

würden bei einer dauerhaften Umstellung<br />

auf die Sommerzeit 2,3 Prozent<br />

weniger Zusammenstöße verursacht.<br />

Direkt in der Woche nach der Zeitumstellung<br />

komme es beispielsweise<br />

zu einem 16-prozentigen Anstieg der<br />

Kollisionen mit Wild, da dann mehr<br />

Menschen nach Sonnenuntergang<br />

auf den Straßen unterwegs seien.<br />

Nach Angaben des Branchenverbands<br />

GDV hat es im vergangenen<br />

Jahr bundesweit rund 284.000<br />

Wildunfälle gegeben.<br />

12 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22


DIE ÖKOWORLD<br />

SCHLIESST ATOMKRAFT ZU<br />

100% AUS IHREN<br />

INVESTMENTS AUS!<br />

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smilingsun.org<br />

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PANORAMA Leserbriefe<br />

KOMMENTIERT<br />

»Mehr Hunde, aber weniger Tierkliniken«<br />

Durch die jüngst erneuerte Gebührenordnung<br />

für Tierärzte (GOT) sind Untersuchungen<br />

und Behandlungen deutlich teurer<br />

geworden. Vor allem für Hunde und Katzen.<br />

Das könnte auch der noch relativ geringen<br />

Abdeckung mit Tierkranken- und Tier-OP-<br />

Versicherungen für diese Haustiere (laut<br />

einer Umfrage von Nordlight Research je<br />

nach Produkt und Tier zwischen 30 und<br />

18 Prozent) entgegenwirken. Drei von vier<br />

Hundebesitzern haben eine Tierhalterhaftpflichtversicherung.<br />

Seit 1999 hat es keine größere Veränderung<br />

der GOT mehr gegeben. Tierärzte<br />

finden kein Personal, weil sie dieses nicht<br />

vernünftig bezahlen können. Wir haben in<br />

den letzten zehn Jahren 50 Prozent weniger<br />

Tierkliniken, obwohl die Anzahl der Hunde<br />

deutlich gestiegen ist. Die neue GOT kommt<br />

zur denkbar ungünstigsten Zeit – ist aber<br />

dringend notwendig gewesen, damit Haustiere<br />

in Deutschland in Zukunft überhaupt<br />

noch eine adäquate medizinische Versorgung<br />

bekommen.<br />

DOGVERS - ABSICHERUNG<br />

FÜR ALLE FELLE<br />

via Facebook<br />

Ich finde es erschreckend, wie viele keine<br />

Tierhalterhaftpflichtversicherung besitzen.<br />

Allein wegen der Gefährdungshaftung sollte<br />

es für Tierhalter, analog den Kfz-Haltern,<br />

eine Versicherungspflicht geben.<br />

ALESSANDRO ANNICCHIARICO<br />

via Facebook<br />

»Dann geht’s halt nur über einen Pool«<br />

Bei einer Diskussion unter Vertriebsvorständen<br />

von Versicherern ging es darum, ob die<br />

Versicherer zu reinen Produktgebern degradiert<br />

werden und längst die Maklerpools den<br />

Takt im Markt angeben. Dabei kam man zu<br />

dem Schluss, dass es sich um eine wichtige<br />

Symbiose handle, die für den Maklernachwuchs<br />

sehr wichtig sei.<br />

Na ja, einige Versicherer machen es insbesondere<br />

jungen Maklern ja auch nicht leicht.<br />

Man bekommt keine Anbindung oder nur<br />

bei recht großen Umsätzen, die als junger<br />

Makler kaum zu schaffen sind. Ausschreibungen<br />

werden nicht beantwortet etc. Ich<br />

kann schon verstehen, warum man dann<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

5<br />

VERSTECKTE KOSTEN: GKV SETZT DIE INFOPFLICHT AUS<br />

Nach dem neuen GKV-Stabilisierungsgesetz müssen die Kassen<br />

eine Erhöhung ihrer Zusatzbeiträge nicht mehr explizit mitteilen.<br />

TOP 5 DER AUSGABE<br />

+++KLICKVERDÄCHTIG+++<br />

Die beliebtesten Artikel auf <strong>procontra</strong>-online<br />

SÄULENÜBERGREIFENDE RENTENINFO<br />

So soll sie aussehen<br />

www.<strong>procontra</strong>-online.de/renteninfo<br />

MAP-REPORT<br />

2 Krankenvollversicherer erhalten Höchstnote<br />

www.<strong>procontra</strong>-online.de/mapreport<br />

ARBEITGEBERPRÄSIDENT WARNT<br />

Rentensystem steht vor Kollaps<br />

www.<strong>procontra</strong>-online.de/rentensystem<br />

PERSONAL-KRISE<br />

Versicherern gehen die Fachkräfte aus<br />

www.<strong>procontra</strong>-online.de/fachkraefte<br />

INNENDIENST<br />

Mindestlohnerhöhung trifft auch Versicherer<br />

www.<strong>procontra</strong>-online.de/mindestlohn<br />

über einen Pool arbeitet. Sicherlich müssen<br />

Versicherer schauen, dass eine Anbindung<br />

profitabel ist, aber wenn man den Makler<br />

anfangs nicht mal anbinden will, dann geht’s<br />

halt nur über einen Pool.<br />

DANIEL TRESKOW<br />

via Facebook<br />

Neue Makler? Es gibt keine neuen Makler!<br />

Auch die Pools wachsen nur, weil sie<br />

sich aktuell die Direktbestände der Makler<br />

übertragen lassen. Unter dem Aspekt der<br />

Altersversorgung und Nachfolgeregelung sowie<br />

Digitalisierung wird hier eine Zukunftslösung<br />

vorgegaukelt. Die Branche schafft<br />

sich schon seit 15 Jahren ihren eigenen<br />

Vertrieb ab.<br />

ANDREAS KÖHLER<br />

via Facebook<br />

»Die Berater sind nur noch genervt«<br />

Das Beratungsunternehmen EY hat eine<br />

Mystery-Shopping-Studie durchgeführt.<br />

Dabei wurde in Undercover-Beratungsgesprächen<br />

getestet, inwiefern Versicherungsvermittler<br />

ihrer seit dem 2. August <strong>2022</strong><br />

14 Illustration: Roman Kulon


Leserbriefe PANORAMA<br />

bestehenenden Pflicht zur Abfrage von<br />

Nachhaltigkeitspräferenzen bei den Kunden<br />

nachkommen. Ergebnis: In 78 Prozent der<br />

Fälle sei überhaupt keine ESG-Präferenzabfrage<br />

erfolgt.<br />

Und wer bezahlt den Finanzberatern den<br />

zusätzlichen Aufwand und die Kosten? Frau<br />

von der Leyen wird es sicher nicht sein. Ein<br />

weiteres schönes Beispiel, wie die EU-Kommission<br />

Gesetze rücksichtslos durchpeitscht,<br />

ohne die Betroffenen einzubeziehen. Das<br />

Ergebnis sieht man nun: die Berater und<br />

Kunden sind nur noch genervt von der Bürokratie.<br />

Damit verhindert die EU die Verbreitung<br />

von Nachhaltigkeit, statt sie zu fördern.<br />

JENS KLINGENBERG<br />

via Facebook<br />

»Was wird aus stationären Zusatztarifen?«<br />

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach<br />

plant eine umfassende Krankenhaus-<br />

Reform. Durch diese sollen vor allem die<br />

<strong>Ausgabe</strong>n der Krankenhäuser gesenkt<br />

werden. Eine angedachte Maßnahme ist<br />

eine deutliche Reduzierung der stationären<br />

Behandlungen, hin zu mehr ambulanten<br />

bzw. Tagesbehandlungen. Das wiederum<br />

könnte Folgen für die PKV-Beratung zu<br />

stationären Zusatztarifen haben. Sind diese<br />

dann noch sinnvoll?<br />

Am Ende ist es durchaus auch für die Versicherer<br />

möglich, Leistungen, die bisher stationär<br />

geleistet wurden, zukünftig im Rahmen<br />

von Ergänzungen mit in den Versicherungsschutz<br />

einzuschließen. Man müsste sich<br />

tatsächlich mal Gedanken machen, wie das<br />

»Die Last der jüngeren<br />

Generation wird<br />

immer und immer<br />

größer …«<br />

ALEXANDER STECHER ZUR RENTENBEZUGSDAUER<br />

aussehen könnte und welche Mehrleistungen<br />

es bietet. Aber wenn ich Versicherer wäre<br />

und würde meine Produkte weiterhin an<br />

den Markt bringen wollen, dann würde ich<br />

mir zumindest darüber Gedanken machen.<br />

Wer die stationäre Zusatzversicherung in<br />

der Vergangenheit als reinen Ersatz für die<br />

Mehrkosten für ein Einzel- oder Zweibettzimmer<br />

gesehen hat, der hat sowieso etwas<br />

kurz gedacht.<br />

ONLINE-PKV.DE<br />

via Facebook<br />

»Ein guter Berater bietet das schon lange«<br />

Die digitale Rentenübersicht soll allen Bürgerinnen<br />

und Bürgern nun schon ab Sommer<br />

2023 zur Verfügung stehen. Sie soll einen<br />

säulenübergreifenden Überblick zu den<br />

Alterseinkünften der Menschen bieten.<br />

Wer einen guten Berater hat oder sich selbst<br />

mit dem Thema befasst, hat diesen Überblick<br />

schon lange und komplett.<br />

MAIK SEMBOWSKI<br />

via Facebook<br />

Leben planen heißt Einkommen planen<br />

DIE BERUFSUNFÄHIGKEITSVERSICHERUNG<br />

Highlights in der BU der InterRisk:<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

Schnelle Leistung bei ständigem<br />

Rollstuhlbedarf, bis zu 15 Monatsrenten<br />

Verzicht auf Umorganisation bei Selbstständigen<br />

mit weniger als 5 Mitarbeitern<br />

Verzicht auf Prüfung auch von Hobbys u.<br />

Beruf im Rahmen der Nachversicherung<br />

Tarifwechseloption innerhalb von<br />

10 Jahren nach Vertragsabschluss, max.<br />

bis zum 50. Lebensjahr vom Tarif XL in<br />

den Tarif XXL ... uvm.<br />

Schauen Sie hier unser Video zur BU:<br />

Informieren<br />

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www.interrisk.de<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

15


TITEL Erfolgsrezepte 2023<br />

ERFOLGSREZEPTE 2023<br />

Wer über den eigenen Tellerrand schaut, ist erfolgreicher. Die Aktion „Von Maklern für<br />

Makler“ bringt Einblicke in die Zukunftspläne Ihrer Kollegen und soll Sie inspirieren.<br />

– TEXT: MATTHIAS HUNDT –<br />

Traditionell blickt <strong>procontra</strong> in der Jahresendausgabe noch weiter<br />

voraus als gewohnt. Wir sprechen mit Wirtschaftsweisen, Zukunftsforschern<br />

und Politikern über Trendthemen, die den Alltag<br />

von Maklern bestimmen und zum Teil nachhaltig verändern werden.<br />

Doch wer könnte authentischer und praxisnäher über die Zukunft<br />

des Vermittleralltags sprechen als die Makler selbst? Nachfolgend<br />

stellen insgesamt 19 Maklerinnen und Makler ihr Erfolgsrezept<br />

für 2023 vor: Social Media ausbauen oder abstellen?<br />

Zielgruppen fokussieren oder breiter aufstellen? Kooperationen<br />

fördern und fordern oder Einzelkämpfer bleiben? Egal ob etablierte<br />

Strategien verfeinert oder neue Wege eingeschlagen werden: Jeder<br />

kann von jedem lernen, sich Tipps einholen und den einen oder anderen<br />

Gedanken übernehmen. „Von Maklern für Makler“ soll Sie<br />

und Ihr Geschäftsmodell mit den Ideen und Zielen Ihrer Maklerkollegen<br />

inspirieren und den Blick über den Tellerrand ermöglichen.<br />

PROAKTIVE PARTNERSCHAFTEN<br />

FOKUS AUF DIE ZIELGRUPPE<br />

MORITZ HEILFORT,<br />

GESCHÄFTSFÜHRER PALADINUM GMBH<br />

Nachdem die letzten Jahre der Sichtbarkeit<br />

und Bekanntheit unserer Expertise für<br />

Soldatenberatung durch Networking und<br />

Social-Media-Marketing gewidmet war, gehen<br />

wir nun über in die proaktive Partnerschaft mit<br />

Vertrieben, Gesellschaften, Ventilmaklern und<br />

einzelnen Finanzberatern. Wir planen auch<br />

unser Vertriebspartnernetz weiter aufzubauen,<br />

um der stark gestiegenen Nachfrage entsprechende<br />

Kapazitäten bieten zu können.<br />

Das Gerüst steht, wir haben viel Erfahrung<br />

gesammelt und Roadshows mit Gesellschaften<br />

wurden und werden durchgeführt. Wir<br />

beabsichtigen darüber hinaus noch mehr in<br />

die Produktentwicklung einzusteigen, um nicht<br />

nur auf vorhandene Produkte zurückgreifen zu<br />

können, sondern den Markt um funktionierende<br />

Absicherungsmöglichkeiten zu bereichern.<br />

Wir setzen 2023 kundenseitig auf eine hybride<br />

Mischung digitaler Prozesse, empathische<br />

Nähe, persönliche Ansprechbarkeit sowie<br />

individuelle Konzepte. So uniform, wie diese<br />

Zielgruppe wirken mag, so wenig einheitlich<br />

ist sie aus der Nähe betrachtet. Über 680<br />

verschiedene Berufe sind in der Truppe vorhanden<br />

und führen zu völlig unterschiedlichen<br />

Lebenswegen, auf die Absicherungslösungen<br />

vorbereitet sein müssen.<br />

In unserer Basis, den Angehörigen der Bundeswehr,<br />

sind wir mittlerweile als vertrauenswürdiger<br />

Ansprechpartner für hochwertige<br />

Beratung bekannt und werden aktiv empfohlen,<br />

was wir durch unser neues Gamification-<br />

Programm 2023 weiter ausbauen und fördern.<br />

»Wir bauen unser<br />

Vertriebs partnernetz<br />

weiter auf, um der gestiegenen<br />

Nachfrage auch Kapazitäten<br />

bieten zu können.«<br />

Unsere Mission, die Versorgung von Soldatinnen<br />

und Soldaten zu verbessern, wird nicht<br />

nur befürwortet, sondern aktiv unterstützt. Die<br />

Organisation von Spendenveranstaltungen<br />

und Sponsorings von Veteranenvereinen sowie<br />

innovative Charityansätze bleiben auch 2023<br />

Teil unserer Unternehmens-DNA.<br />

»Ich weiche von meiner<br />

Zielgruppe nicht ab, egal<br />

wie lukrativ das mögliche<br />

Geschäft ist.«<br />

ROBIN LERCH, VERSICHERUNGSMAKLER,<br />

GEWINNER DES JUNGMAKLER-AWARDS <strong>2022</strong> UND<br />

GRÜNDER VON GRENZENLOS SICHER<br />

Mein Erfolgsrezept für 2023 besteht darin, die<br />

bestehende Strategie auszubauen und verstärkt<br />

auf das eigene organische Wachstum durch<br />

Social Media zu setzen. Meine bisherige Strategie<br />

sieht so aus, dass ich mich vor allem auf eine klar<br />

definierte Zielgruppe fokussiere. Ich weiche davon<br />

auch nicht ab, egal wie lukrativ das mögliche<br />

andere Geschäft ist oder ob mich Freunde nach<br />

einer Versicherungslösung fragen. Ich habe die<br />

Erfahrung gemacht, dass ich, wenn ich alle<br />

16 Foto o.l.: Muchnik


Erfolgsrezepte 2023 TITEL<br />

vorhanden Ressourcen auf eine Zielgruppe<br />

verwende, langfristig den größten Erfolg habe. Für<br />

diese Fokussierung habe ich die Customer Journey<br />

dieser Zielgruppe sehr genau aufgezeichnet<br />

und mir folgende Kernfrage gestellt: An welchem<br />

Punkt muss ich diese Zielgruppe erreichen, damit<br />

diese hinsichtlich Versicherungsthemen auf<br />

mich selbst zukommt? Wenn diese Frage geklärt<br />

ist, wird die gesamte Marketingstrategie darauf<br />

ausgerichtet.<br />

Hier helfen mir Social Media extrem, da ich hier<br />

sehr zielgerichtet die gewünschten Kunden<br />

finden und erreichen kann. Allerdings kostet ein<br />

eigener Social-Media-Auftritt sehr viel Zeit, und<br />

das organische Wachstum passiert in der Regel<br />

nur schrittweise. Social Media sind also absolut<br />

sinnvoll, aber gerade zu Beginn sehr zeitintensiv<br />

und mühselig. Daher war mein Erfolgsrezept für<br />

<strong>2022</strong>, hier direkt auf die Zielgruppenbesitzer zuzugehen,<br />

die ihr organisches Wachstum bereits<br />

seit Jahren aktiv ausbauen.<br />

Mit diesen Zielgruppenbesitzern kann man<br />

dann sehr lukrative Kooperationen planen und<br />

deren Plattformen nutzen. Dennoch sollte man<br />

aufpassen, sich nicht zu abhängig von einzelnen<br />

Kooperationspartnern zu machen, da hier<br />

ansonsten ein großes Klumpenrisiko besteht.<br />

Zusammengefasst kann ich empfehlen, eine klare<br />

Zielgruppe zu wählen, diese vollumfänglich zu<br />

analysieren und anschließend die vorhandenen<br />

Ressourcen zu nutzen, um diese Zielgruppe im<br />

richtigen Moment abzuholen.<br />

EMPFEHLUNGSMARKETING<br />

»Wir streben 500 Bewertungen bei Google an.«<br />

Im Jahr 2023 halten wir an unserer Strategie „Ein<br />

gut informierter Kunde ist unser Kunde“ fest. Das<br />

soll weiterhin über unsere Portale für die Krankenversicherung<br />

(kvoptimal.de) und Altersvorsorge<br />

(lvoptimal.de) gelingen, wo wir gut konsumbierbaren<br />

und besonderen Content für Versicherte<br />

bereitstellen.<br />

Einen besonderen Fokus wollen wir 2023 auf<br />

das Thema Bewertungen legen. Mit mehr als<br />

3.500 Referenzen bei ProvenExpert und damit<br />

OMGV-Award-Gewinner <strong>2022</strong> wollen wir nun<br />

auch bei Google Bewertungen angreifen, um<br />

unsere Sichtbarkeit im Internet weiter zu steigern.<br />

Konkret sieht das so aus: Bisher erhalten unsere<br />

Kunden nach einem Termin standardisiert eine<br />

E-Mail mit der Aufforderung zur Bewertung bei<br />

ProvenExpert. Künftig soll nach dem letzten<br />

Termin der Beratung automatisiert von unserem<br />

Termintool Terminpilot eine E-Mail an den Kunden<br />

versendet werden, in der auch zur finalen Bewertung<br />

unserer Beratung aufgefordert wird. Diese<br />

Funktion erarbeiten wir gerade gemeinsam mit<br />

Terminpilot. Bewerten soll so jeder Google-Mailund<br />

Android-Nutzer. Außerdem soll es möglich<br />

sein, Kunden auf diese E-Mail noch ein Follow-up<br />

zu senden, um sicherzustellen, dass bewertet<br />

wird. Im Jahr 2023 wollen wir so die Zielmarke<br />

500 Bewertungen bei Google erreichen.<br />

ANJA GLORIUS,<br />

GESCHÄFTSFÜHRERIN KVOPTIMAL.DE GMBH<br />

REALVERMÖGEN SCHÜTZEN<br />

Ein Großteil des Vermögens der Menschen in<br />

Deutschland steckt nach wie vor in niedrig<br />

oder gar nicht verzinsten Anlagen. Bei einer<br />

Inflationsrate von derzeit 10 Prozent ist der reale<br />

Vermögensverlust dramatisch, und die Mehrheit<br />

sieht dabei tatenlos zu. Die Tatsache, dass wir in<br />

Deutschland einen negativen Realzins haben, ist<br />

seit Jahren bekannt. Diese erschreckende Dynamik<br />

des derzeitigen Wohlstandsverlustes sollte<br />

die Menschen jetzt aber endgültig wachrütteln.<br />

Ich möchte 2023 die Menschen daher wieder<br />

mehr für die Anlageklasse begeistern,<br />

die statistisch gesehen langfristig sehr gute<br />

Ertragschancen bietet. Gerade jetzt, nachdem<br />

Aktienkurse meist 20 Prozent und mehr vom<br />

bisherigen Hoch korrigiert haben, ergeben sich<br />

sehr gute Opportunitäten für 2023 und darüber<br />

hinaus. In der Zwischenzeit wurden viele negative<br />

Ereignisse eingepreist, und die Chancen, dass<br />

demnächst wieder mehr gute Nachrichten über<br />

die weltweiten Ticker laufen und die Börsen<br />

wieder nachhaltig steigen, stehen sehr gut. Viele<br />

Menschen haben den Eindruck, dass die Börsen<br />

und die weltweiten Märkte ein eher undurchsichtiger<br />

Dschungel sind, und haben Angst, sich<br />

OTTO BUSCH, ZERTIFIZIERTER SPEZIALIST FÜR RUHE-<br />

STANDSPLANUNG, OTTO BUSCH FINANCE<br />

darin zu verirren und das Falsche zu tun. Daher<br />

ist es extrem wichtig, dass sie von jemandem<br />

begleitet werden, der über ein fundiertes Fachwissen<br />

sowie über viel Erfahrung verfügt und<br />

unabhängig von Konzernen ist. Ein gut durchdachtes,<br />

weltweites und vor allem individuell<br />

auf den Kunden zugeschnittenes Portfolio bildet<br />

dabei die Basis für Sicherheit und Ertrag. <br />

»Viele Menschen<br />

empfinden die Börsen<br />

als undurchsichtigen<br />

Dschungel und haben Angst,<br />

sich darin zu verirren.«<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

17


TITEL Erfolgsrezepte 2023<br />

REGIONALITÄT<br />

Auch das Jahr 2023 wird herausfordernd.<br />

Um weiterhin erfolgreich zu sein, setze ich auf<br />

die Themen Transparenz, Individualität und<br />

Regionalität. Wie genau? Transparenz: Mir ist es<br />

sehr wichtig, meine Kunden aufzuklären. Nicht<br />

nur das Produkt an sich zu erklären, sondern<br />

auch die Kosten, wie verdiene ich mein Geld, der<br />

Produktgeber, warum empfehle ich diesen Produktgeber<br />

und die Alternativen, das klassische<br />

„was wäre, wenn …“. Individualität: Mir ist es sehr<br />

wichtig, dass meine Kunden keine Produkte von<br />

der Stange bekommen. Jeden Kunden gilt es<br />

individuell zu beraten, jeder befindet sich in einer<br />

anderen Lebensphase, jeder hat andere Wünsche<br />

und Ziele und jeder hat einen eigenen Grad<br />

an Erfahrung mit der Finanzbranche. Regionalität:<br />

Ich komme aus der Metropolregion Rhein-Neckar,<br />

»Mir ist wichtig, dass auch<br />

meine Kunden eine Bindung<br />

zur Region haben.«<br />

habe hier meine Wurzeln und fühle mich hier sehr<br />

wohl. Deshalb ist es mir auch sehr wichtig, dass<br />

meine Kunden eine Bindung zu der Region haben.<br />

Meine Kunden wohnen hier, arbeiten hier oder<br />

haben einen Bezug zur Region Rhein-Neckar. Ich<br />

biete Versicherungslösungen an, die zu unserer<br />

Region passen. Auch Kredite und Baufinanzierungen<br />

wickle ich vorzugsweise über regionale<br />

Banken ab. Seitdem ich dieses Erfolgsrezept<br />

verfolge, habe ich ein kontinuierliches Wachstum,<br />

großartige Kooperationspartner und einen sehr<br />

angenehmen Kundenstamm. Daraus resultiert ein<br />

vorteilhaftes Arbeitsklima mit täglichem Spaß und<br />

ARMIN DIEBOLD,<br />

BAUFINANZIERUNGSBERATER & VERSICHERUNGS-<br />

MAKLER, GRÜNDER VON DIEBOLD FINANZEN<br />

Wohlbefinden bei der Arbeit. Kurz und knapp: Ich<br />

fokussiere mich weiter auf meine Stärken, mein<br />

Wissen und meine Kompetenz.<br />

INNERHALB DER BIOMETRIE<br />

BREITER AUFSTELLEN<br />

»Ich sehe Einkommensschutz<br />

immer mehr als<br />

Arbeitgeberthema.«<br />

Bereits die Vergangenheit hat gezeigt, wie<br />

wichtig eine langfristige Strategie ist. Wer nur<br />

auf Krisen reagiert, wird in den Reaktionsphasen<br />

auch immer wieder Zeit verlieren.<br />

Die letzten Wochen haben mich dann aber<br />

schon nachdenklich gemacht. Denn ich bin<br />

ziemlich stark auf das Thema biometrische Risiken<br />

festgelegt. In dem Gebiet mache ich zwar<br />

viele verschiedene Dinge, aber das Thema<br />

bleibt das gleiche. Wer sich ähnlich fokussiert<br />

dem Thema Immobilien und Immobilienfinanzierung<br />

verschrieben hat, der hat die letzten<br />

Wochen vermutlich kein leichtes Leben gehabt.<br />

Kann mir das auch passieren? Kann ich dem<br />

vorbeugen?<br />

So ganz schlau bin ich noch nicht, aber ich<br />

habe für mich schon zwei oder drei Themen<br />

identifiziert, mit denen ich mich mehr beschäftigen<br />

will. Das erste Thema ist die betriebliche<br />

Arbeitskraftabsicherung. Ich könnte mir sehr<br />

gut vorstellen, dass die Marktdurchdringung<br />

durch Produkte, die über den Arbeitgeber eingesteuert<br />

werden, deutlich verbessert werden<br />

kann.<br />

Denn an sich ist Einkommensschutz ein<br />

Arbeitgeberthema. Es sollte immer auch das<br />

Gehaltsmodell geben, bei dem ich weniger Lohn<br />

erhalte, ihn dafür aber weiter erhalte, wenn ich<br />

PHILIP WENZEL, GESCHÄFTSFÜHRER BIOMEX<br />

BIOMETRIE EXPERTENSERVICE GMBH<br />

längere Zeit aus gesundheitlichen Gründen<br />

nicht mehr arbeiten kann.<br />

Das zweite Thema betrifft die Prävention. Ich<br />

denke, es wäre für Kunden und Versicherer<br />

gleichermaßen attraktiv, wenn eine BU-<br />

Versicherung mich unterstützt, gesünder zu<br />

leben, Krankheiten frühzeitig zu erkennen und<br />

mit geeigneten Maßnahmen schneller wieder<br />

zurück ins Leben zu finden.<br />

Und zu guter Letzt möchte ich im kommenden<br />

Jahr die Prozesse in der Bestandsarbeit<br />

optimieren. Da bei uns eh ein Wechsel des<br />

Verwaltungsprogramms ansteht, drängt<br />

sich das geradezu auf. Daneben werde ich<br />

weiterhin daran arbeiten, die Sichtbarkeit bei<br />

den Suchmaschinen zu verbessern. Hier liegt<br />

der Fokus fürs kommende Jahr weniger in<br />

den tief fachlichen Themen, sondern mehr in<br />

vielen verständlichen Erklärungen rund um die<br />

Arbeitskraftabsicherung. <br />

MIT BESTÄNDEN ARBEITEN<br />

Unser Portfolio umfasst Vermögensaufbau &<br />

-ausbau, Immobilien, Finanzierungen & Versicherungen.<br />

Wenn ein Bereich, wie aktuell das Thema<br />

Finanzierungen, aufgrund der gestiegenen<br />

Zinsen etwas zurückgeht, können wir dank<br />

unserer Strategie einen anderen Bereich stärker<br />

fokussieren. Wir informieren Kunden mit Newslettern,<br />

Blogbeiträgen und über Social-Media-Kanäle<br />

zu wichtigen Themen und führen regelmäßig<br />

eine Datenaktualisierung beim Kunden durch.<br />

Weiterhin fahren wir mindestens zweimal im Jahr<br />

Kampagnen zu verschiedenen Themen. Dafür selektieren<br />

wir unseren Bestand nach passenden<br />

Kriterien. So bleiben wir im stetigen Austausch mit<br />

den Kunden.<br />

In 2023 möchten wir unser begleitendes Nachfolge-<br />

und Übernahmekonzept weiter ausbauen,<br />

das wir seit einigen Jahren regionalen Kollegen<br />

anbieten, die ihren Bestand abgeben<br />

MADELEINE SCHÜLLER,<br />

VERSICHERUNGSMAKLERIN UND GESCHÄFTSFÜHRERIN<br />

DER SCHÜLLER & CIE. GMBH<br />

18 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22


Erfolgsrezepte 2023 TITEL<br />

»Wir möchten unser begleitendes Nachfolgeund<br />

Übernahmekonzept weiter ausbauen.«<br />

möchten. Ein Grund hierfür ist, dass einige<br />

unserer Kollegen überdurchschnittlich lange<br />

arbeiten und bis weit über das durchschnittliche<br />

Renteneintrittsalter tätig sind, da es für sie keinen<br />

Nachfolger gibt. Ein wichtiger Aspekt, der unsere<br />

Arbeitsabläufe verschlankt, ist die Digitalisierung.<br />

Wir haben ein nahezu papierloses Büro, jede<br />

Aktivität wird digital dokumentiert, sodass nichts<br />

verloren oder vergessen werden kann. Mal abgesehen<br />

davon, sichern wir uns damit natürlich<br />

auch haftungstechnisch ab.<br />

In 2023 werden wir das Onlinemarketing ausweiten,<br />

um auch die Kunden, die eher im Netz<br />

agieren, abzuholen. Onlineberatungen sind spätestens<br />

seit Corona nichts Neues mehr und werden<br />

vermehrt angefragt. Wir glauben, dass die<br />

Zukunft in einer guten Mischung aus persönlicher<br />

und digitaler Beratung liegt. Wachstumspotenziale<br />

sehen wir 2023 bei Gewerbekonzepten wie<br />

zum Beispiel Cyberrisiken, betrieblicher Vorsorge<br />

und in der privaten Krankenversicherung.<br />

BETRIEBLICHE ALTERSVERSORGUNG<br />

Mein Erfolgsrezept ist aktuell die betriebliche<br />

Altersversorgung. Noch immer treffe ich auf viele<br />

Unternehmen, die hier schlecht oder gar nicht<br />

beraten sind. Sich mit dieser Materie auszukennen,<br />

lohnt sich tatsächlich. Um die bAV auf Kunden-<br />

und Vermittlerseite erfolgreich zu machen,<br />

beachte ich ein paar wichtige Dinge: Der Arbeitgeber<br />

braucht ein klares Konzept, möglichst mit<br />

einem festen Arbeitgeberzuschuss. Dann sollte<br />

es immer die Möglichkeit geben, die Belegschaft<br />

und anschließend jeden neuen Mitarbeiter über<br />

die bAV zu informieren und zu beraten. Der Mitarbeiter<br />

ist immer auch neuer Privatkunden-Potenzialkunde.<br />

Sollte mal ein Mitarbeiter ausscheiden,<br />

suche ich als Makler weiterhin den Kontakt, auch<br />

um den neuen Arbeitgeber ansprechen und<br />

gegebenenfalls als neuen Kunden gewinnen zu<br />

können. So wird die betriebliche Altersversorgung<br />

zu einem vertrieblichen Perpetuum mobile.<br />

»So wird die betriebliche<br />

Altersversorgung zu einem<br />

vertrieblichen<br />

Perpetuum mobile.«<br />

Generell gilt: „Wer sich tummelt, macht auch<br />

Geschäft.“ Genauso einfach und schnell könnte<br />

man es in einem Satz empfehlen. Denn was vor<br />

30 Jahren galt, gilt auch heute noch. Wer sich<br />

mit vielen Menschen trifft, mit ihnen spricht und<br />

aktiv auf sein Umfeld zugeht, der macht auch<br />

Geschäft. Da ist es erst einmal egal, ob man beim<br />

Schützenfest mit allen Anwesenden ein Bierchen<br />

trinkt (zumindest bis zum Zustand des Kontrollverlustes),<br />

regelmäßig den Golfschläger schwingt<br />

oder seine Dienstleistungen im Social-Media-Bereich<br />

interessant bewirbt. Es ist ein bisschen wie<br />

bei Atze Schröders Ansatz für das Kennenlernen<br />

in der Diskothek: „Egal wie schlecht dein Spruch<br />

KLAUS HERMANN,<br />

GESCHÄFTSFÜHRER KH VERSICHERUNGEN GMBH<br />

ist – bring ihn.“ Nur am Rande, für die Jüngeren:<br />

„Diskothek“ haben wir früher zu den Clubs gesagt.<br />

Je mehr Kontakt ich suche, desto höher die<br />

Anzahl der Ansprachen, desto häufiger lande ich<br />

auch Erfolge. <br />

BAUFINANZIERUNG<br />

2023 wird in der Baufinanzierungsbranche ein<br />

spannendes Jahr. Gestiegene Zinsen und teure<br />

Immobilien führen dazu, dass sich viele Menschen<br />

eine eigene Immobilie nicht mehr leisten<br />

können oder wollen.<br />

Umso wichtiger ist es, dass man als Berater gut<br />

aufgestellt ist, um weiter erfolgreich zu sein. Und<br />

das beginnt natürlich mit der Akquise.<br />

In den letzten zwei Jahren konnte ich mit<br />

meinem YouTube-Kanal „Baufi Lab“ fast 10.000<br />

Abonnenten aufbauen und gewinne einen<br />

Großteil meiner Kunden über diesen Kanal. Ich<br />

spüre jedoch deutlich, wie sich das Mindset<br />

der Menschen im Bezug auf Wohneigentum<br />

verändert. Potenzielle Immobilenkäufer werden<br />

zögerlicher und auch ängstlicher. Als Berater<br />

muss ich auf diese Ängste eingehen. Dazu will<br />

ich meinen Videocontent breiter aufstellen. Wo es<br />

in der Vergangenheit noch in erster Linie darum<br />

ging, potenzielle Eigentümer auf ihre Kauf- und<br />

Finanzierungsverträge vorzubereiten, werde ich<br />

KAI SENFLEBEN, INHABER BAUFI-LAB UND<br />

GEWINNER DES SONDERPREISES BAUFINANZIERUNG BEI<br />

DEN JUNGMAKLER AWARDS <strong>2022</strong><br />

zukünftig auf Ängste eingehen und noch klarer<br />

darlegen, für wen Wohneigentum aktuell sinnvoll<br />

ist und für wen eher nicht.<br />

Auch 2023 möchte ich mit meinem YouTube-<br />

Kanal weiterwachsen. Das funktioniert nur, wenn<br />

man zum einen stetig neue Zuschauer für sich<br />

gewinnt, gleichzeitig aber auch zum anderen für<br />

»Das Mindset der<br />

Menschen in Bezug<br />

auf Wohneigentum<br />

hat sich verändert.«<br />

seine Abonnenten interessant bleibt.<br />

Um noch mehr Menschen auf mich aufmerksam<br />

zu machen, teste ich derzeit sogenannte<br />

„Teaser“ auf anderen sozialen Netzwerken.<br />

Bei diesen Teasern handelt es sich um Kurzvideos,<br />

die auf mich und meinen YouTube-Kanal<br />

neugierig machen sollen. Ziel ist es, die User zu<br />

meiner Hauptplattform – YouTube – zu leiten. Und<br />

die ersten Probeläufe auf Facebook und LinkedIn<br />

waren vielversprechend. Um meinen Kanal noch<br />

abwechslungsreicher zu gestalten, sind viele<br />

Ideen in Planung: Livestreams, Interviewgäste<br />

und vielleicht sogar Talkshows. 2023 wird ein<br />

spannendes Jahr. Für mich persönlich und auch<br />

für die Branche. Aber egal was die Zukunft bringt,<br />

ich freue mich drauf.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

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TITEL Erfolgsrezepte 2023<br />

KOOPERATION UND NETZWERK<br />

NICOLAS VOGT,<br />

GESCHÄFTSFÜHRER DER WBV FINANZSERVICE GMBH<br />

„Ich verrate doch nicht meine beste Geschäftsidee,<br />

dann werde ich doch von der Konkurrenz<br />

kopiert.“ So lautete eine Rückmeldung, als wir<br />

unsere erste Workation mit dem Makler und Vermittlerpodcast<br />

angeboten haben. Ich empfehle,<br />

größer zu denken und aus der Fülle heraus statt<br />

aus dem Mangel, denn – um ein bekanntes altes<br />

Buch zu zitieren: „Wer gibt, dem wird gegeben.“<br />

Seit 2018 betreiben Torsten Jasper und ich<br />

den Makler und Vermittlerpodcast, in dem wir<br />

mit Maklerkollegen über ihr Geschäftsmodell<br />

sprechen, damit andere Kollegen sich beim Hören<br />

dadurch für ihr eigenes Business inspirieren<br />

lassen können. 2021 haben wir dieses Konzept<br />

mit unserer Workation in die Offlinewelt gebracht.<br />

20 Branchenkollegen – Makler und Entscheider<br />

von Versicherungsgesellschaften und Branchen-<br />

Dienstleistern – wohnen vier Tage zusammen in<br />

einem Haus und unterstützen sich gegenseitig,<br />

um das eigene Business nach vorne zu bringen.<br />

Was vor Kurzem noch undenkbar gewesen wäre,<br />

da sich niemand in die Karten schauen lassen<br />

wollte, ist damit Realität geworden. Und? Wurden<br />

seither die Geschäftsmodelle der Teilnehmer oder<br />

unserer Podcastgäste eins zu eins kopiert? Kein<br />

einziges. Hat es das Geschäft der Workation-<br />

Teilnehmer nachhaltig vorangebracht? Auf jeden<br />

Fall. Ein Beispiel von vielen aus dem bisherigen<br />

Teilnehmerkreis: Kai Buczinski (der Finanzcop) hat<br />

sich – motiviert durch die Gruppe - noch auf der<br />

Workation zum Jungmakler Award angemeldet<br />

»Mit Kollegen<br />

kooperieren – dann tut<br />

man mehr von dem,<br />

was man selbst richtig<br />

gut kann.«<br />

und sofort den dritten Platz belegt. Nun skaliert er<br />

seine Firma zur „Finanzwache“.<br />

Mein Erfolgsrezept auch für 2023 ist daher: sich<br />

weiter mit Kollegen über Herausforderungen und<br />

Learnings im Business austauschen und, wo<br />

man nicht selbst der Spezialist ist, mit Kollegen<br />

kooperieren.<br />

Dann tut man mehr von dem, was man richtig<br />

gut kann und was einem viel Freude macht, und<br />

wird damit noch erfolgreicher. Bei den restlichen<br />

Themen verdient man passiv mit und die Kunden<br />

profitieren von höherer Expertise und Qualität<br />

in den anderen Fachgebieten. Eine klassische<br />

Win-win-win-Situation für mich, Kollegen und alle<br />

Kunden. <br />

KUNDENAUSTAUSCH FÖRDERN<br />

Schaue ich mir die letzten Jahre an, stelle ich<br />

eines vermehrt bei meinen Kunden fest: Sie<br />

möchten gern an die Hand genommen werden.<br />

Die Zeit ist so schnelllebig, der Mailposteingang<br />

wird niemals leer, und andauernd müssen und<br />

sollen Entscheidungen getroffen werden. Ich bin<br />

einfach für meine Kunden da. Ich begleite und<br />

unterstütze sie individuell durch ihre aktuellen<br />

Themenbereiche. Erfahrungsgemäß funktioniert<br />

das zum Beispiel gut über das gemeinsame<br />

Ausfüllen eines Notfallplans. Sind wir beim Punkt<br />

der Versicherungslösungen angekommen, gehe<br />

ich nach und nach mit ihnen die persönlichen<br />

Absicherungswünsche durch. Hier erfahre ich<br />

eine große Dankbarkeit.<br />

Einen weiteren Fokus setze ich auf die Pflegeversicherung<br />

oder Gesundheitskosten im Alter. Um<br />

die Aufmerksamkeit der Kunden zu bekommen,<br />

erstelle ich selbst geschriebene Broschüren und<br />

E-Books. Die Kunden können somit meine fachliche<br />

Expertise nutzen.<br />

Auch mein Spaß soll nicht zu kurz kommen. Ich<br />

habe angefangen, selbst gedrehte Kurzvideos zu<br />

erstellen. Manchmal bin ich zu sehen, manchmal<br />

auch nicht. Die Hauptsache hierbei sind die emotionale<br />

Ansprache und der Unterhaltungswert.<br />

Und vor allem: kurz und knackig - heutzutage<br />

werden Informationen in gut portionierten Häppchen<br />

konsumiert. Mein Ziel ist es, durch diese<br />

LEONIE PFENNIG,<br />

MAKLERIN BEIM NETZWERK FREIER FINANZBERATER<br />

Maßnahmen eine ganzheitliche und langfristige<br />

Kundenverbindung zu schaffen. Es lohnt sich,<br />

dafür zeitlich in Vorleistung zu gehen.<br />

Für nächstes Jahr habe ich mir vorgenommen,<br />

Online-Workshops in kleinen Gruppen von acht<br />

bis zwölf Teilnehmern anzubieten. Die Themen<br />

werden wieder allgemeiner Natur sein, und es<br />

soll als Plattform zum Austausch mit mir und den<br />

Kunden untereinander dienen. <br />

»Ich möchte eine Plattform<br />

zum Austausch mit mir<br />

und den Kunden untereinander<br />

anbieten.«<br />

SUCHMASCHINENOPTIMIERUNG<br />

Auch in 2023 werden wir unsere Onlinestrategie<br />

zur Kundengewinnung verstärkt umsetzen.<br />

Durch „Trial and Error“ und Hunderte Stunden<br />

Studium der Suchmaschinenoptimierung (SEO)<br />

in <strong>2022</strong> haben wir nun das nötige Knowhow<br />

an der Hand, um die zielgerichteten und<br />

kostenfreien Kundenanfragen zu skalieren. Um<br />

2023 die Kundenanfragen über das Internet im<br />

Vergleich zum Vorjahr zu verdreifachen, werden<br />

wir den Großteil unserer Ressourcen dafür verwenden,<br />

hochwertigen und gut recherchierten<br />

Content für unsere Website zu erstellen. Wer<br />

den Seitenbesuchern einen echten Mehrwert<br />

bietet, wird von Google entsprechend<br />

ANDRÉ DISSELKAMP,<br />

CO-FOUNDER VON INSURANCY<br />

20 Foto r.u.: Marco Wilm


Erfolgsrezepte 2023 TITEL<br />

»Wir vermeiden zu stark umkämpfte Keywords.«<br />

honoriert. Baukastensysteme wie die Maklerhomepage<br />

sind leider absolut ungeeignet, weil<br />

Google doppelte Inhalte abstraft.<br />

Außerdem sollten sich Makler auf ein Thema<br />

spezialisieren und den Wunsch verwerfen,<br />

zu allen Themen ranken zu wollen. Auch der<br />

Fokus auf ein lokales Ranking wie zum Beispiel<br />

„Versicherungsmakler Berlin“ ist eine gute Idee,<br />

weil die Konkurrenz hier nicht sonderlich hoch ist<br />

und man mit wenig Ressourcen gute Positionen<br />

einfahren kann. Wir vermeiden zu stark umkämpfte<br />

Keywords. An dieser Stelle würde ich<br />

empfehlen, von einem Experten eine professionelle<br />

Keyword-Recherche erstellen zu lassen.<br />

Man könnte sie auch selbst anlegen, aber die<br />

Tools sind sehr teuer und das nötige Know-how<br />

lässt sich nicht von heute auf morgen erarbeiten.<br />

Außerdem lassen wir Copywriter die Inhalte und<br />

den Content erstellen. Die meisten von uns können<br />

zwar Versicherungen, aber Texte und Artikel<br />

zu verfassen gehört nur bei den wenigsten zur<br />

Profession. Deshalb empfiehlt es sich, einen Profi<br />

zu beauftragen, der das übernimmt. Und schon<br />

hat man alles parat, um Kunden online und ohne<br />

Werbebudget zu gewinnen.<br />

KOMMUNIKATION ERLEICHTERN<br />

Für das Jahr 2023 plane ich für meine Mandantinnen<br />

und Mandanten eine noch einfachere,<br />

leichtere und bequemere Kommunikation. Dafür<br />

habe ich über den Tellerrand geschaut und auch<br />

mich selbst als Konsument gefragt, was mir bei<br />

anderen (Online-)Dienstleistern gefällt und was<br />

ich adaptieren kann. Das sind im Wesentlichen<br />

drei Dinge.<br />

Erstens: die Terminbuchung. Sie wird für alle<br />

zu 100 Prozent online und mit extrem geringem<br />

Aufwand möglich sein. Über ein System<br />

automatisiert, soll bis zum Termin kein manuelles<br />

Eingreifen meinerseits mehr erforderlich sein.<br />

Zweitens: die Kundenreise. Sie wird für alle noch<br />

transparenter und nachvollziehbarer werden,<br />

»Unnötige Rückfragen und<br />

zusätzlicher Zeitaufwand sollen<br />

vermieden werden.«<br />

sodass die Kunden stets über Vorgänge und<br />

Bearbeitungsstände von Anträgen und Schäden<br />

informiert gehalten werden. Das erspart mir unnötige<br />

Rückfragen und zusätzlichen zeitlichen Aufwand.<br />

Drittens: die Übermittlung von Dokumenten.<br />

Dies und auch das Einholen von Unterschriften<br />

werden unkompliziert und selbst für Laien leicht<br />

verständlich gestaltet werden. Erste Tests hierzu<br />

haben bereits Begeisterung ausgelöst. Darauf<br />

werde ich jetzt aufbauen. <br />

PATRICK HAMACHER, GESCHÄFTSFÜHRER „NEUE<br />

MEDIEN“ BIOMEX BIOMETRIE EXPERTENSERVICE GMBH<br />

BESTANDSNACHFOLGE<br />

»Junge Makler befähigen,<br />

Bestände erfolgreich<br />

übernehmen zu können.«<br />

ROBERT PEUKERT,<br />

GESCHÄFTSFÜHRER LIEBLINGSMAKLER GMBH & CO. KG<br />

Im April <strong>2022</strong> kauften wir einen Bestand von<br />

einem scheidenden Versicherungsmakler. Wir<br />

möchten diesen Kunden nun unsere Arbeitsweise<br />

zeigen. Dazu werden wir jeden Kunden<br />

kennenlernen und mit unserem ganzheitlichen<br />

Beratungsprozess zu einem Vollkunden in jedem<br />

Bereich entwickeln.<br />

Generell wird das Thema Bestandsnachfolge in<br />

2023 für uns eine große Rolle spielen. Unsere<br />

Initiative „Lebenswerk vor Ort in kompetente<br />

Hände geben“ soll in Kooperation mit dem<br />

etablierten Maklerunternehmen „Maklerwelt“<br />

zunächst in Thüringen, Sachsen und Sachsen-<br />

Anhalt entstehen. Damit soll die Betreuung von<br />

Beständen in der Region so erfolgen, dass es zu<br />

keiner Abwanderung kommt. Außerdem sollen<br />

Bestände für Verkäufer analysiert und optimiert<br />

werden. Junge Makler werden dadurch befähigt,<br />

Bestände erfolgreich zu übernehmen. Eine neue<br />

Netzwerkplattform wird die Initiative unterstützen.<br />

Aufbauend auf mein Buch „Was ein Finanzdienstleister<br />

heute wissen muss … und warum<br />

die besten Jahre noch vor uns liegen“ werde<br />

ich in 2023 Mentoring-Seminare für Makler und<br />

Vertriebler anbieten. Ein Seminar soll zeigen, wie<br />

man mit Bestandskunden leicht drei Millionen<br />

Euro Beitragssumme generiert. Die Seminare sind<br />

auf 20 Teilnehmer ausgelegt und werden online<br />

und auch bei uns vor Ort stattfinden.<br />

Nicht zuletzt sind wir weiterhin dabei, uns auf<br />

die betriebliche Altersversorgung zu spezialisieren.<br />

Parallel dazu steigt unsere Weiterempfehlungsquote<br />

merklich. Außerdem wollen wir fünf<br />

Mitarbeiter für unsere drei Standorte in Jena,<br />

Magdeburg und Nordhausen gewinnen. Diesen<br />

Prozess können Interessierte auch laufend über<br />

unsere Social-Media-Kanäle mitverfolgen. <br />

Foto l.u.: Jamie Lee Arnold<br />

21


TITEL Erfolgsrezepte 2023<br />

L-MEDIA-EXPERIMENT<br />

Zu unseren Prioritäten in diesem Jahr gehörten<br />

wie immer auch unsere Kundinnen und Kunden.<br />

Um den vielen Anfragen im vergangenen Jahr<br />

2021 gerecht zu werden und ihnen neben<br />

unseren Schreibprojekten unsere Zeit widmen zu<br />

können, haben wir ein Selbstexperiment gewagt.<br />

Es lautete: Was passiert, wenn auf unseren Instagram-<br />

und Facebook-Accounts nichts passiert?<br />

Wir haben unsere Social-Media-Kommunikation<br />

also komplett heruntergefahren und nichts mehr<br />

gepostet. Das Ergebnis? Zum einen deutlich mehr<br />

Zeit für uns selbst sowie für den Ausbau unseres<br />

Markenkerns, zum anderen deutlich weniger<br />

Anfragen und Neukunden. Ob Letzteres an der<br />

fehlenden Social-Media-Arbeit lag (Kausalität)<br />

oder einfach nur an den widrigen Umständen mit<br />

Inflation und Ukraine-Krieg (Korrelation), haben<br />

wir noch nicht abschließend für uns klären<br />

können. Learning: Einfach mal etwas „Verrücktes“<br />

wagen hat Auswirkungen – und zwar definitiv<br />

STEPHAN BUSCH, INHABER MAKLERBÜRO PROGRESS<br />

nicht nur negative.<br />

2023 werden wir das finalisieren, was wir <strong>2022</strong><br />

begonnen haben: Nachhaltigkeit. Einerseits in der<br />

Beratung und Aufklärung unserer Kundinnen und<br />

Kunden und andererseits in der Weiterbildung<br />

und Unterstützung unserer Kolleginnen und Kollegen.<br />

Vorträge, Seminare und ein Beratungsleit-<br />

»Wir haben unsere Social-<br />

Media-Kommunikation komplett<br />

heruntergefahren und<br />

nichts mehr gepostet.«<br />

faden werden folgen. So viel darf bereits verraten<br />

werden: Es wird augenöffnend.<br />

Trotz unseres Experiments und eines fokussierten<br />

Jahres ohne Social Media werden wir unsere<br />

Kanäle aktivieren. Dies wurde von unseren<br />

Kundinnen und Kunden mehrfach gewünscht;<br />

Schweigen ist also nicht immer Gold … Doch im<br />

Unterschied zu den Jahren zuvor werden wir<br />

keinen fachlichen Content mehr veröffentlichen,<br />

sondern lediglich einen Blick hinter die Kulissen<br />

von Tom & Stephan gewähren. Diese Einschränkung<br />

soll unsere kritische Haltung gegenüber<br />

dem Meta-Konzern widerspiegeln, der seiner<br />

gesellschaftlichen Verantwortung nicht gerecht<br />

wird. <br />

FINANZBILDUNG VERBESSERN<br />

»Wir werden den<br />

Geld lehrerverein auch für<br />

Lehrerinnen und Lehrer,<br />

Mütter und<br />

Väter öffnen.«<br />

MARKEN-BRANDING<br />

ANETTE WEISS, INHABERIN DER<br />

GELD.WERT FINANZBILDUNG GMBH<br />

In 2023 möchte ich die Finanzbildung in<br />

Deutschland weiter verbessern – und zwar auf<br />

allen Ebenen.<br />

In der Erwachsenenbildung werde ich – endlich!<br />

– wieder verstärkt Präsenzvorträge und Seminare<br />

halten und mein erfolgreiches Onlinekurs-<br />

Konzept weiterverfolgen. Außerdem sind meine<br />

Aufgaben als neue Vorstandsvorsitzende der<br />

Geldlehrer e. V. ein riesiges Herzensprojekt: Wir<br />

brauchen viel mehr Menschen, die sich gerne<br />

in diesem Ehrenamt engagieren möchten,<br />

um jungen Menschen mit fundiertem Schul-<br />

Geldunterricht einen guten Start ins finanzielle<br />

Erwachsenenleben zu ermöglichen. Wir werden<br />

den Geldlehrerverein auch für Lehrerinnen und<br />

Lehrer, Mütter und Väter öffnen (bisher konnten<br />

nur Finanzprofis die Ausbildung zum Geldlehrer<br />

machen), aber es wäre mir eine große Freude,<br />

wenn viel mehr professionelle Kollegen die Gelegenheit<br />

nutzen würden, nicht nur der Gesellschaft<br />

etwas zurückzugeben, sondern auch<br />

ihre Reputation und die der ganzen Branche zu<br />

stärken und das befriedigendste Hobby/Ehrenamt<br />

auszufüllen, welches sich ein Geld- und<br />

Vorsorgemensch überhaupt vorstellen kann.<br />

Die Arbeit mit den jungen Menschen macht<br />

nicht nur ungeheuren Spaß, auch die eigene<br />

Persönlichkeit und Beratungsqualität profitieren<br />

davon ungemein.<br />

„Nebenbei“ engagiere ich mich weiter in der<br />

Bürgerbewegung Finanzwende e. V. sowie in<br />

meinem regionalen Netzwerk FemPOWERme,<br />

welches sich der Aufgabe verschrieben hat,<br />

die weibliche Wirtschaft im Saarland impulsgebend<br />

zu fördern.<br />

Die größte Herausforderung für mein gutes 2023<br />

wird es sein, meine persönlichen Ressourcen<br />

so einzusetzen, dass ich mich nicht verbrenne:<br />

auch das erfolgreichste Jahr ist am Ende doch<br />

ein schlechtes Jahr, wenn der mentale und<br />

körperliche Preis dafür zu hoch ist. <br />

TOBIAS BIERL, VERSICHERUNGSMAKLER<br />

BEI FINANZBERATUNG BIERL<br />

Neben dem Einzug in unser neues Bürogebäude<br />

und die Umwandlung in eine GmbH steht 2023<br />

die Fokussierung auf unsere Schwerpunkte im<br />

Vordergrund. Damit einhergehend wird es auch<br />

einen Relaunch unserer Homepage – der wichtigsten<br />

Vertriebsmaschine bei uns – geben.<br />

Wir haben intern beschlossen, dass wir nicht<br />

mehr für alles stehen möchten, sondern<br />

strahlen künftig klar unsere Kompetenzen in<br />

den Bereichen Berufsunfähigkeitsversicherung,<br />

private Krankenversicherung sowie Investment/<br />

Anlage aus. Interessenten und bisherige Kunden<br />

sehen also sofort, wofür wir stehen. Dieses<br />

Branding fehlte uns bisher etwas und musste<br />

nachgeholt werden. Neben der Sichtbarkeit auf<br />

unserer Homepage wird sich das auch in den<br />

Social-Media-Aktivitäten niederschlagen. Wir<br />

22 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22


Erfolgsrezepte 2023 TITEL<br />

möchten nicht mehr wahllos mit Neukunden<br />

wachsen, sondern lieber Qualität vor Quantität<br />

walten lassen. Wir stellen neue Mitarbeiter im<br />

Innendienst ein, um weiterhin hochwertigen<br />

Service von Mensch zu Mensch anzubieten.<br />

Zeitgleich forcieren wir die Digitalisierung und<br />

suchen ständig Verbesserungspunkte in unseren<br />

Prozessen. Als großes weiteres Projekt führen wir<br />

die Investment- mit der Versicherungswelt auf<br />

»Wir haben beschlossen,<br />

dass wir nicht mehr für alles<br />

stehen möchten.«<br />

einer Plattform für unsere Kunden zusammen.<br />

Wir möchten unseren Interessenten und Kunden<br />

ein geschlossenes digitales Ökosystem anbieten,<br />

aber mit persönlicher Beratung bei Bedarf.<br />

Somit auch unsere Empfehlung an die Kollegen<br />

– zeigt, wofür ihr steht. Was euer Schwerpunkt<br />

ist. „Versicherungsmakler“ ist zu wenig. Das ist<br />

auch Check24. Hebt euch ab, nutzt die digitalen<br />

Möglichkeiten, versucht aber nicht alles selbst zu<br />

machen, sondern holt euch Mitarbeiter ins Team.<br />

Kunden schätzen dies und es zeugt von einer<br />

gewissen Professionalisierung, wenn der „Chef“<br />

nicht mehr alles selbst macht.<br />

FOKUS AUF DIE BAUWIRTSCHAFT<br />

»Digitalisierung, Prozessoptimierung<br />

und Intensivieren<br />

der persönlichen Beratung<br />

bestimmen den<br />

Themenkreis.«<br />

Unsere Planung für 2023 wird zunächst nicht<br />

von dem Beschreiten neuer Wege geprägt sein.<br />

Wir wollen unsere Dienstleistung, den Workflow<br />

intern beschleunigen und bei unseren Premiumpartnern<br />

weiter darauf einwirken, dass sich<br />

die Prozesse dort verbessern. Insbesondere die<br />

großen Versicherer performen aktuell nur durchschnittlich,<br />

gemessen an der Erwartung unserer<br />

Baukunden. Die Bearbeitungszeiten sind kaum<br />

akzeptabel.<br />

Nach jahrelangem Wachstum in der Bauwirtschaft<br />

und in unserem Haus ist damit die weitere<br />

BURKHARD BRÄMER, GESCHÄFTSFÜHRENDER<br />

GESELLSCHAFTER VON BAUASS<br />

VERSICHERUNGSMAKLER GMBH & CO KG<br />

Verbesserung der Dienstleistung oberstes Ziel.<br />

Digitalisierung, Prozessoptimierung und Intensivieren<br />

der persönlichen Beratung bestimmen den<br />

Themenkreis.<br />

Darüber hinaus machen wir keine Experimente<br />

im Erschließen neuer Märkte, Zielgruppen etc.<br />

Für uns heißt es: „Never change a winning team“<br />

– unsere Positionierung in der Zielgruppe der mittelständischen<br />

Bauwirtschaft soll weiter verstärkt<br />

werden. Voller Fokus auf Bau heißt unser Motto<br />

des Jahres 2023!<br />

Eingebunden in das Haus unseres Mitgesellschafters<br />

und Partners Leue & Nill – Internationaler<br />

Versicherungsmakler – haben wir <strong>2022</strong> gemeinsam<br />

unsere Backofficeteams neu aufgestellt<br />

und diese ebenfalls mit Blick auf unsere Nische<br />

Bauwirtschaft ausgesucht. Im kommenden Jahr<br />

soll dieser Weg weiterverfolgt und konsolidiert<br />

werden. Produkt(weiter)entwicklung, Personalentwicklung<br />

und Prozesse sollen dem dauerhaften<br />

vertrieblichen Erfolg gestern, heute und<br />

morgen folgen.<br />

Beim Blick auf unser Niederlassungsnetz ergeben<br />

sich Lücken in der Mitte und im Südwesten<br />

Deutschlands. Wir suchen weiter intensiv nach<br />

bauaffinen Versicherungsexperten, Maklern und<br />

Vermittlern, die sich auf dem Weg der kompletten<br />

Fokussierung anschließen möchten. <br />

MIT HERZ UND LEIDENSCHAFT<br />

»Die Kunden fühlen sich<br />

verstanden, weil ich einer<br />

von ihnen bin.«<br />

Ich habe mich als Versicherungsmakler auf die<br />

Zielgruppe Hobbytaucher spezialisiert und mein<br />

Erfolgsrezept ist und bleibt es, diese Zielgruppe<br />

weiter auszubauen und zu festigen. Durch den<br />

100-prozentigen Fokus auf die Zielgruppe nehme<br />

ich Veränderungen sehr schnell wahr und habe<br />

einen Expertenstatus. Die Kunden fühlen sich<br />

verstanden, weil ich einer von ihnen bin. Genauso<br />

ist es bei den Versicherern, weil ich mich nur<br />

auf dieses Thema konzentriere und hier einige<br />

Deckungskonzepte umsetzen konnte. An dieser<br />

Ausrichtung wird sich auch 2023 nichts ändern.<br />

Gleichzeitig steht der Meeresschutz im Mittelpunkt.<br />

Dieses Jahr habe ich das Projekt Ostfriesland<br />

ins Leben gerufen, das erste Meeresschutzprojekt<br />

für bessergrün, bei dem die Taucher<br />

von Ghost Diving Germany Geisternetze vor den<br />

Ostfriesischen Inseln geborgen haben. Gleichzeitig<br />

haben wir über 200 Gäste unter anderem aus<br />

Politik, Umweltverbänden, Presse und Fernsehen<br />

mit auf die Nordsee genommen, um die Problematik<br />

mit den Geisternetzen öffentlich bekannt zu<br />

machen. Es war ein großer Erfolg, vielen Dank an<br />

alle Beteiligten. Dieses Projekt wird im Mai 2023<br />

wieder stattfinden und ist nicht nur mein Herzens-,<br />

sondern auch mein Erfolgsrezept für 2023.<br />

Des Weiteren heißt es dranbleiben und immer<br />

neue Ideen entwickeln. Wir spenden pro Antrag<br />

fünf Euro an den Meeresschutz, kooperieren mit<br />

Ärzten, Gutachtern und Rechtsanwälten, die sich<br />

aufs Tauchen spezialisiert haben, aber auch mal<br />

TIMO VIEROW,<br />

VERSICHERUNGSMAKLER UND SPEZIALIST FÜR TAUCHER<br />

was Besonderes wie unser #dekompressionsbier<br />

als Werbegeschenk.<br />

Erfolgsrezept: Zielgruppe, Meeresschutz, anders<br />

sein als andere, immer wieder neue Ideen und mit<br />

dem Herzen dabei sein.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

23


HÖHEPUNKTE DES JAHRES Investmentfonds<br />

HIGHLIGHTS <strong>2022</strong><br />

Fondsbranche im Krisenjahr ++ DWS-Razzia ++ Wirecard ++ Offene Immobilienfonds ++ ESG-Fondsquote<br />

Februar, Juli<br />

FONDSBRANCHE <strong>2022</strong>:<br />

ERST JUBEL, DANN TRUBEL<br />

Die Fondsbranche feierte zunächst noch das Ausnahmejahr<br />

2021. Mit 4.334 Milliarden Euro verwalteten die Fondsgesellschaften<br />

zu Jahresbeginn ein Rekordvermögen. Laut BVI war<br />

das letzte Jahr mit einem Neugeschäft von 256 Milliarden Euro<br />

das beste Absatzjahr für Fonds. Gründe: das Negativzinsumfeld<br />

und die steigende Inflation. Doch dann kamen Russlands<br />

Ukraine-Feldzug, explodierende Verbraucher- und Energiepreise<br />

und ein herber Einbruch an den Börsen, der auch die<br />

sonst sicheren Anleihemärkte kalt erwischte. Der DAX verlor<br />

allein im ersten Halbjahr <strong>2022</strong> 19,52 Prozent, der Dow Jones<br />

sank um 15,3 Prozent. Seitdem geht es mit hoher Volatilität auf<br />

und ab. Geopolitische Krisen haben die Märkte fest im Griff.<br />

April, Juni, Oktober<br />

GREENWASHING-DRAMA BEI DWS<br />

Staatsanwaltschaft, BKA und BaFin durchsuchten die Deutsche-<br />

Bank-Zentrale nebst Fondstochter DWS. Finanzprodukte sollen<br />

als „nachhaltiger“ verkauft worden sein, als sie tatsächlich sind.<br />

DWS-Chef Asoka Wöhrmann musste daraufhin die Geschäftsleitung<br />

verlassen. Im Oktober reichte die VZ BaWü eine Klage<br />

gegen die DWS wegen des Verdachts auf Greenwashing ein.<br />

Januar<br />

KEIN SCHADENSERSATZ FÜR<br />

WIRECARD-ANLEGER<br />

Anleger haben viel Geld mit der einstigen DAX-Aktie Wirecard<br />

verloren. Im größten Betrugsskandal der deutschen Nachkriegs<br />

geschichte hat das Landgericht Frankfurt erste Anlegerklagen<br />

auf Schadensersatz gegen die BaFin abgewiesen (Az.<br />

2-04 O 65/21, 2-04 O 531/20, 2-04 O 561/20, 2-04 O 563/20).<br />

Die Begründung: Eine etwaige Verletzung von Amtspflichten<br />

der Bafin führt nicht zu einer Ersatzpflicht gegenüber geschädigten<br />

Anlegern, denn es besteht kein sogenannter Drittschutz.<br />

Tausende weitere Klagen sind noch anhängig.<br />

24 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|22


Investmentfonds HÖHEPUNKTE DES JAHRES<br />

Mai, September<br />

DEUTSCHE ESG-FONDSQUOTE IN DER KRITIK<br />

In Deutschland aufgelegte Artikel-8- und Artikel-<br />

9-Fonds müssen laut BaFin mindestens 75 Prozent<br />

nachhaltige Investments beinhalten. Damit wurde<br />

die Offenlegungsverordnung national verschärft. Die<br />

Branche sieht darin einen großen Standortnachteil gegenüber<br />

Ländern wie Luxemburg und Irland. Laut BVI<br />

könnten ausländische Fonds per EU-Pass im deutschen<br />

Markt als nachhaltig vertrieben werden, ohne die Vorgaben<br />

der BaFin erfüllen zu müssen. Im Mai hatte die<br />

BaFin die Richtlinie für die Quote wegen des schwierigen<br />

Marktumfelds vorerst ausgesetzt, will sie aber<br />

auch ohne rechtliche Grundlage weiter anwenden.<br />

Juli<br />

ETF IM<br />

SUPERMARKT<br />

April<br />

Im Rahmen einer Aktion haben<br />

2.700 Märkte der Edeka-Gruppe sogenannte<br />

ETF-Sparkarten im Wert<br />

von 25 oder 30 Euro des digitalen<br />

Vermögensverwalters growney angeboten.<br />

Diese Guthaben können<br />

binnen drei Jahren nach Erwerb für<br />

den Kauf von ETFs eingelöst werden,<br />

auch von Neukunden. Einige<br />

Edeka-Märkte verkaufen zudem an<br />

Automaten Bitcoins.<br />

OFFENE IMMOBILIENFONDS<br />

WENIGER LIQUIDE<br />

Das Analysehaus Scope hat die Liquiditätsquoten von<br />

24 offenen Immobilienfonds unter die Lupe genommen.<br />

Ergebnis: Die Liquiditätsquoten sind weiter<br />

gesunken, von 20,2 (2019) auf zuletzt 15,2 Prozent. Ein<br />

Hauptgrund sind die gesunkenen Nettomittelzuflüsse<br />

aufgrund der Corona-Krise. Zudem haben zahlreiche<br />

Fondsgesellschaften zuletzt die Gelegenheit genutzt,<br />

weitere Immobilien zu erwerben. Auszahlungsschwierigkeiten<br />

bei der Rückgabe der Fondsanteile drohen<br />

laut Scope angesichts der geringeren Liquiditätsquoten<br />

aber noch nicht.<br />

August<br />

INFLATION ÄNDERT<br />

ANLEGERVERHALTEN<br />

Laut einer Studie von J.P. Morgan schränken<br />

aufgrund der hohen Inflation 23 Prozent der<br />

Bürger ihre Altersvorsorge ein, 17 Prozent<br />

erhöhen ihr Investment. 11 Prozent geben<br />

ihr Geld lieber aus anstatt zu sparen. Und 35<br />

Prozent investieren weiterhin wie zuvor.<br />

Juni<br />

Grüne Vermögensverwalter<br />

Die Top Ten der weltweit „grünsten“<br />

Vermögensverwalter sind laut Auswertung<br />

der Analysten von Scope:<br />

Federated Hermes, Candriam,<br />

Neuberger Berman, Robeco, HSBC<br />

Global AM, Alliance Bernstein, Axa<br />

Investment Managers, Amundi, Union<br />

Investment, Franklin Templeton.<br />

März<br />

Euro-Allzeithoch für Gold<br />

Der Goldkurs erreichte am 8. März<br />

<strong>2022</strong> mit 1.880,75 Euro Schlusskurs<br />

für eine Unze Gold (31,1 Gramm) ein<br />

neues Allzeithoch in Euro. In Dollar<br />

hingegen datiert der Rekordwert mit<br />

2.<strong>06</strong>3,01 Dollar Schlusskurs weiterhin<br />

vom 6. August 2020.<br />

Mai<br />

Bitcoingewinne steuerfrei?<br />

13 Jahre nach Start des Bitcoins hat<br />

das Bundesfinanzministerium einen<br />

Leitfaden zur ertragssteuerrechtlichen<br />

Behandlung virtueller Währungen<br />

und sonstiger Token veröffentlicht.<br />

Für Privatpersonen bleibt<br />

der Verkauf von Bitcoins auch nach<br />

einem Jahr nur steuerfrei, wenn die<br />

Besitzer nicht weiter damit gehandelt<br />

haben. Ansonsten gilt Steuerpflicht.<br />

Mai<br />

OIFs mit neuen Steuertools<br />

Offene Investmentfonds dürfen seit<br />

dem Frühjahr neue Instrumente<br />

anwenden, um die Liquidität in ihren<br />

Fonds in turbulenten Marktphasen<br />

besser steuern zu können. Dazu<br />

zählen Rücknahmebeschränkungen,<br />

Swing Pricing (Anpassung von Anteilspreisen)<br />

und Rücknahmefristen.<br />

Letztere sind bereits nach der Finanzkrise<br />

seit 2013 bei offenen Immobilienfonds<br />

erlaubt.<br />

Lesen Sie die Hintergründe, Zusatzberichte<br />

und Interviews zu diesen und<br />

weiteren Highlights des Jahres unter:<br />

www.<strong>procontra</strong>-online.de/<strong>2022</strong><br />

Illustrationen: Eleonora Mavromati<br />

25


INVESTMENTFONDS Investmentausblick<br />

»Anleger sollten über einen<br />

Einstieg nachdenken«<br />

Ende September wurde Christoph Schmidt zum Co-Lead Manager des DWS-Flaggschifffonds<br />

„Concept Kaldemorgen“ berufen. Mit <strong>procontra</strong> sprach er über das herausfordernde<br />

Marktumfeld, den Trend zu nachhaltigen Investments und die Marktaussichten für 2023.<br />

– TEXT: JAN F. WAGNER –<br />

<strong>procontra</strong>: Herr Schmidt, Sie und Klaus<br />

Kaldemorgen sind inzwischen Co-Lead<br />

Manager seines Mischfonds „Concept<br />

Kaldemorgen“. Wie hat sich der Fonds in<br />

diesem äußerst schwierigen Marktumfeld<br />

geschlagen?<br />

Christoph Schmidt: Für die ersten neun<br />

Monate <strong>2022</strong> sind wir 4,6 Prozent im<br />

Minus. Angesichts der Tatsache, dass die<br />

Aktien- und die Anleiheindizes seit Januar<br />

zweistellige Verluste gemacht haben, und<br />

mit Blick auf den Wettbewerb sind wir mit<br />

der Performance nicht ganz unzufrieden.<br />

Wir sind sogar über neun Prozentpunkte<br />

besser als unsere Peergroup.<br />

Das diesjährige Marktumfeld ist ein<br />

riesiges Dilemma für alle Mischfonds, weil<br />

die Anleiheindizes genauso stark unter<br />

Druck stehen wie die Aktienmarktindizes.<br />

Diese Assetklasse fällt also als sicherer<br />

Hafen für die Investoren aus.<br />

<strong>procontra</strong>: Verspricht aber nicht die Total-<br />

Return-Strategie des Fonds eine positive<br />

Rendite unabhängig von der Marktentwicklung?<br />

Schmidt: Nein. Unser Ziel ist es, mit einer<br />

Kombination aus Flexibilität und einem<br />

sehr disziplinierten Risikomanagement<br />

langfristig attraktive Renditen zu erzielen.<br />

Und da haben wir geliefert: Seit Auflegung<br />

des Fonds im Jahr 2011 hat der Concept<br />

Kaldemorgen eine Rendite von knapp 4<br />

Prozent per annum erreicht. Unser Produkt<br />

eignet sich für den konservativen Anleger,<br />

der sagt: Ich sehe zwar das langfristige<br />

Potenzial an den Kapitalmärkten, aber die<br />

Schwankungen sollten sich möglichst nur<br />

im einstelligen Bereich bewegen. Für aktienaffinere<br />

Anleger gibt es den „Dynamic<br />

Opportunities” (Volumen: 3,2 Milliarden<br />

Euro; Anm. d. Red.), den ich schon länger<br />

eigenständig manage.<br />

<strong>procontra</strong>: Was waren die Gründe für die<br />

26 Fotos: Jonas Werner-Hohensee


Investmentausblick INVESTMENTFONDS<br />

Outperformance gegenüber dem breiten<br />

Markt?<br />

Schmidt: Wir haben schon im letzten Jahr<br />

erkannt, dass die Inflation stark anzieht<br />

und dies wiederum zu höheren Zinsen<br />

führen wird. Daraufhin haben wir auf steigende<br />

Zinsen und fallende Anleihekurse<br />

gesetzt. Im Ergebnis heißt das, dass wir<br />

aus den Anleihekomponenten des Fonds<br />

einen Performancebeitrag von rund 1 Prozent<br />

erzielt haben. Wir haben auch einen<br />

positiven Beitrag von unseren Goldinvestments,<br />

die derzeit etwa 8 Prozent des<br />

Portfolios ausmachen. Herbe Verluste im<br />

Aktienbereich konnten wir vermeiden, da<br />

wir seit Beginn des Krieges in der Ukraine<br />

im Portfolio defensiv aufgestellt waren.<br />

Wir sind tendenziell rausgegangen aus<br />

den Wachstumsthemen wie Technologie<br />

und stärker rein in die defensiven Themen<br />

wie Telekommunikation und Pharma.<br />

Außerdem war die starke Aufwertung des<br />

Dollars gegenüber dem Euro ein Faktor.<br />

<strong>procontra</strong>: Haben Ihnen die Anleger trotz<br />

des Minus die Treue gehalten?<br />

Schmidt: Absolut. Im letzten Quartalsbericht<br />

steht, dass der Multi-Asset-Bereich,<br />

also vor allem der Concept Kaldemorgen,<br />

Zuflüsse in Höhe von 600 Millionen Euro<br />

verbuchte. Gerade in diesem schwierigen<br />

Jahr konnten wir uns von der Konkurrenz<br />

abheben und zeigen, dass sich aktives Management<br />

lohnt, sowohl im Vergleich zu<br />

einem passiven als auch zu einem benchmarkorientierten<br />

Ansatz.<br />

<strong>procontra</strong>: Wird das aber auch in der Öffentlichkeit<br />

verstanden? Gerade junge und<br />

digitalaffine Menschen hören ständig im<br />

Internet, dass aktive Fonds zu teuer und<br />

leistungsschwach seien. Sie sollten lieber<br />

mit kostengünstigen ETFs sparen …<br />

Schmidt: Das Sparen mit ETF ist zweifelsohne<br />

ein Trend und für viele ein sehr guter<br />

Zugang, beispielsweise zum Aktienmarkt.<br />

Geht es aber um Multi-Asset-Lösungen,<br />

haben die turbulenten Marktphasen der<br />

letzten Monate gezeigt, welche Risiken<br />

starre, passive Strategien mit sich bringen<br />

können. Aktive Manager konnten dagegen<br />

die Vorteile ihrer Flexibilität ausspielen.<br />

Denn: Plötzlich hatten Anleger mit der<br />

Inflation und den steigenden Zinsen einen<br />

gewaltigen Gegenwind. Aktive Manager<br />

mussten schauen, wie sie das Zinsänderungsrisiko<br />

in den Griff bekommen und<br />

welche Instrumente dafür zur Verfügung<br />

stehen. Das wäre für Privatanleger mit<br />

120<br />

115<br />

110<br />

105<br />

100<br />

95<br />

90<br />

WERTENTWICKLUNG<br />

CONCEPT KALDEMORGEN<br />

29.9.2017 28.12.2018 31.3.2020 30.6.2021 30.9.<strong>2022</strong><br />

Quelle: DWS<br />

sein, der wirklich volle Flexibilität bei der<br />

Asset-Allokation hat und der sich nicht<br />

relativ eng an einer Benchmark orientiert.<br />

<strong>procontra</strong>: Ihr anderer Mischfonds, der<br />

DWS ESG Dynamic Opportunities, hat für<br />

die ersten neun Monate <strong>2022</strong> ein Minus<br />

von 15,4 Prozent erzielt. Das ist zwar<br />

besser als die Aktienindizes, Nerven kostet<br />

das Ihre Anleger aber schon, oder?<br />

Schmidt: Obwohl es richtig ist, dass die<br />

Performance in diesem Jahr wegen des<br />

hohen Anteils an Technologieaktien<br />

gelitten hat, bin ich mit dem langjährigen<br />

Track Record des Fonds doch zufrieden.<br />

Der Fonds richtet sich an Anleger, die<br />

insbesondere die Opportunitäten am<br />

Aktienmarkt ausschöpfen wollen. Während<br />

der Corona-Krise habe ich von der<br />

damaligen Tech-Rallye profitiert, nachdem<br />

ich die Sektorgewichtung von 7 auf 17<br />

Prozent hochgefahren hatte. Mitte 2021<br />

habe ich dann angefangen, die Gewichtung<br />

zu reduzieren, auch weil wir der Meinung<br />

waren, dass im Zuge der steigenden Inflation<br />

die Zinsen anziehen werden. Ich bin<br />

jedoch nur schrittweise ausgestiegen, und<br />

man kann argumentieren, dass das nicht<br />

schnell oder weit genug ging. Es gibt aber<br />

auch Anzeichen, dass sich dieser Sektor<br />

in den nächsten Monaten erholen wird.<br />

Dann könnte es wieder attraktive Einstiegschancen<br />

geben. Insgesamt bleibt das<br />

Aktienportfolio ausgewogen ausgerichtet,<br />

beispielsweise mit einem Exposure im<br />

Gesundheitssektor von 13,2 Prozent und<br />

einer Aktienquote von derzeit knapp unter<br />

70 Prozent.<br />

<strong>procontra</strong>: Warum trägt der Dynamic Opportunities<br />

neuerdings ein ESG-Label?<br />

Schmidt: Unser Ansatzpunkt war folgender:<br />

Wir haben festgestellt, dass die<br />

ESG-Qualität des Dynamic Opportunities<br />

schon in der Vergangenheit sehr hoch war.<br />

Deshalb waren nur wenige Anpassungen<br />

notwendig, um dem Fonds ein ESG-Label<br />

zu geben. Der grundlegende Charakter des<br />

Fonds blieb also auch nach der Umstellung<br />

erhalten. Bei den Anpassungen musste ich<br />

nur einige Titel ersetzen, die in der Vergangenheit<br />

in Kontroversen verwickelt waren,<br />

die das ESG-Rating der entsprechenden<br />

Unternehmen belasteten. Von ganzen Sektoren,<br />

wie zum Beispiel der Energie, musste<br />

ich mich nicht pauschal verabschieden.<br />

Das Investmentuniversum wurde deshalb<br />

auch nicht zu stark eingeschränkt.<br />

<strong>procontra</strong>: Angesichts der Portfoliokoneiner<br />

passiven Lösung über ETF gar nicht<br />

möglich gewesen.<br />

<strong>procontra</strong>: Aber nochmals gefragt: Wäre<br />

die neue Generation von Anlegern offen<br />

für diese Argumente?<br />

Schmidt: Durchaus. In der Pandemie waren<br />

Aktien ein Hype. Man konnte mit der<br />

Smartphone-App ganz bequem handeln.<br />

Viele verfolgten eine Art Alltagsökonomie<br />

nach dem Motto: Ich habe selbst<br />

ein Netflix-Abonnement, deshalb kann<br />

die Aktie nicht so schlecht sein. Aber ich<br />

denke, diese Zeit ist vorbei. Viele wollen<br />

sich nicht mehr so intensiv mit der Börse<br />

beschäftigen, auch weil sie gemerkt haben,<br />

»Das diesjährige<br />

Marktumfeld<br />

ist ein<br />

riesiges Dilemma<br />

für alle Mischfonds.«<br />

dass sie am Ende nicht so erfolgreich<br />

waren. Sie haben erkannt, dass man da<br />

mehr Arbeit reinstecken muss als gedacht.<br />

Ich kenne einige, die sagen: Ich überlasse<br />

es lieber einem Fondsmanager, dessen Job<br />

es ist, sich mit dem Kapitalmarkt auseinanderzusetzen,<br />

und lasse mich in meiner<br />

jeweiligen Risikokomfortzone abholen.<br />

Mein Rat lautet: Wenn man sich für einen<br />

Mischfonds entscheidet, sollte es einer<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

27


INVESTMENTFONDS Investmentausblick<br />

struktion ähnelt der Dynamic Opportunities<br />

eher einem Technologiefonds. Zu<br />

den größten Positionen des Fonds gehören<br />

Microsoft, Google, Amazon und Deutsche<br />

Telekom …<br />

Schmidt: Dieser Eindruck täuscht. Die genannten<br />

Unternehmen sind von der fundamentalen<br />

Einschätzung her sehr attraktiv<br />

und verfügen in Sachen ESG über ein gutes<br />

Rating. Die Einzeltitel im Portfolio, die die<br />

besten ESG-Ratings haben, sind aber nicht<br />

vorwiegend aus dem Technologiesektor,<br />

sondern aus den Sektoren Finanzen, Industrie,<br />

Gesundheit und Versorger.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie sieht Ihre nachhaltige<br />

Investmentstrategie konkret aus?<br />

Schmidt: Die ESG-Strategie für den Fonds<br />

ist eine Kombination aus Ausschlusskriterien<br />

und „Best-in-Class“. Wie beim<br />

DWS Concept Kaldemorgen auch, werden<br />

beispielsweise Tabak- und Rüstungsunternehmen<br />

grundsätzlich ausgeschlossen.<br />

Zusätzlich kommt der Best-in-Class-Ansatz<br />

zum Tragen. Das heißt, ich fokussiere<br />

mich beim Dynamic Opportunities auf<br />

die Titel, die ein gutes ESG-Rating haben,<br />

also in der besseren Hälfte des Ratingspek-<br />

trums liegen. Die schlechtere Hälfte der<br />

Aktien ist für mich nur in engen Grenzen<br />

investierbar. Dieser ESG-Ansatz kann mir<br />

helfen, die Risiken zu senken. Ich sehe den<br />

»Die turbulenten<br />

Marktphasen haben<br />

gezeigt, welche<br />

Risiken starre, passive<br />

Strategien mit sich<br />

bringen können.«<br />

Ansatz in erster Linie als einen Qualitätsfilter,<br />

und zwar ganz zu Beginn des Investmentprozesses.<br />

<strong>procontra</strong>: Die Nachfrage nach ESG-<br />

Fonds ist laut einer BVI-Statistik im ersten<br />

Halbjahr <strong>2022</strong> stark eingebrochen. Lässt<br />

die Begeisterung der Anleger für solche<br />

Investments nach?<br />

Schmidt: Das denke ich nicht. Ich vermute<br />

eher, der Einbruch hatte mit den schwachen<br />

Märkten zu tun. Unsere Zahlen sprechen<br />

nicht dafür, dass das Anlegerinteresse<br />

an ESG nachlässt. Im Gegenteil: Wir haben<br />

in dem bereits erwähnten Quartalsbericht<br />

kommuniziert, dass unsere ESG-Produkte<br />

und der Concept Kaldemorgen maßgeblich<br />

für die Zuflüsse in diesem Jahr waren.<br />

<strong>procontra</strong>: Die hohe Inflation und die steigenden<br />

Zinsen dürften eine Rezession in<br />

Deutschland auslösen und das Wachstum<br />

in der Eurozone und in den USA erheblich<br />

dämpfen. Was bedeutet die makroökonomische<br />

Entwicklung für die Märkte?<br />

Schmidt: Sicher lähmen der Krieg in der<br />

Ukraine und die damit verbundenen makroökonomischen<br />

Folgen die europäische<br />

Wirtschaft. Aber für die globalen Aktienmärkte<br />

wird das, was in den USA passiert,<br />

entscheidend sein. Die Marktteilnehmer<br />

werden also schauen, ob es der US-Notenbank<br />

gelingt, das Inflationsproblem in<br />

den Griff zu bekommen und ein Ende der<br />

Zinserhöhungen in Aussicht zu stellen. Im<br />

ersten Quartal 2023 werden wir schlauer<br />

sein. Es gibt bereits Anzeichen dafür, dass<br />

sich die Inflation bis dahin abschwächen<br />

könnte. Die Situation mit den Lieferketten<br />

entspannt sich schrittweise, die Rohstoffpreise<br />

sind in letzter Zeit unter Druck<br />

geraten und die Frachtraten sind gefallen.<br />

Für die Aktienmärkte bedeutet das, dass<br />

wir nach dem großen Ausverkauf vielleicht<br />

eine Art Bodenbildung sehen könnten.<br />

Die Markterwartungen an das Gewinnwachstum<br />

im nächsten Jahr erscheinen uns<br />

zwar insgesamt noch zu hoch. Es ist aber<br />

denkbar, dass die Unternehmensgewinne<br />

als nominale Größe gar nicht so sehr<br />

unter Druck geraten, wie man es im Zuge<br />

einer möglichen Rezession normalerweise<br />

erwarten würde. Das würde auch den<br />

Aktienmarkt unterstützen.<br />

<strong>procontra</strong>: Heißt das, dass es ein guter<br />

Zeitpunkt wäre, in den Markt einzusteigen?<br />

Schmidt: Es ist schwer zu sagen, ob wir<br />

nun den Tiefpunkt erreicht haben und<br />

von nun an alles besser wird. Gleichwohl<br />

würde ich Anleger ermutigen, über einen<br />

Einstieg ernsthaft nachzudenken. Nach so<br />

einem starken Rückgang sollte man die<br />

Chancen erkennen und sich nicht von den<br />

negativen Schlagzeilen zu sehr einlullen<br />

lassen. In den Märkten ist viel Negatives<br />

bereits eingepreist. <br />

28 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22


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INVESTMENTFONDS Anlagestrategien<br />

AUF DIE INNEREN WERTE<br />

KOMMT ES AN<br />

Bei stark verbilligten Aktien und schwächelnder Konjunktur rückt der Value-Anlageansatz<br />

in den Vordergrund. Wie dabei der faire, innere Wert ermittelt wird<br />

und was beim Investieren beachtet werden sollte<br />

– TEXT: HEIKE GORRES –<br />

Das Jahr <strong>2022</strong> hat sich für Aktienbesitzer<br />

zu einer einzigen Nervenprobe entwickelt.<br />

Zahlreiche Aktienindizes weltweit haben<br />

teils kräftige Kursverluste verzeichnet. Der<br />

deutsche Aktienindex DAX und der Eurostoxx<br />

50 zum Beispiel haben bis Ende Oktober<br />

jeweils rund 17 Prozent an Wert ver-<br />

sich tendenziell negativ auf Aktienmärkte<br />

auswirkt. Für 2023 rechnet das ifo Institut<br />

für Deutschland zum Beispiel Stand September<br />

mit einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung<br />

um 0,3 Prozent, die OECD<br />

um 0,7 Prozent. Für die Weltwirtschaft hat<br />

die OECD im September ihre Wachstumsloren,<br />

der US-amerikanische S&P 500 rund<br />

22 Prozent und der CSI 300 mit Aktien aus<br />

Festlandchina 26 Prozent. Das Weltaktienbarometer<br />

MSCI World hat um 20 Prozent<br />

nachgegeben.<br />

Dazu kommt eine Abschwächung der<br />

Konjunktur in zahlreichen Ländern, was<br />

30 Ilustration: Roman Kulon


Anlagestrategien INVESTMENTFONDS<br />

prognose von 2,8 Prozent auf 2,2 Prozent<br />

gesenkt, der Internationale Währungsfonds<br />

im Oktober von 2,9 Prozent auf 2,7 Prozent.<br />

Für sehr preisbewusste Anleger ist ein<br />

solches Umfeld indes ein echtes Eldorado.<br />

Aktien sind deutlich billiger zu haben<br />

als zuvor und können einen lohnenden<br />

Einstieg bieten. „Eine der erfolgreichsten<br />

Anlagestrategien besteht darin, in einer Rezession<br />

niedrig bewertete Value-Aktien einzusammeln“,<br />

sagt einer der prominentesten<br />

antizyklisch investierenden Fondsmanager<br />

Deutschlands, Peter Huber. „Value“ steht<br />

für „Wert“ und Value-Aktien demnach für<br />

werthaltige Aktien. Der Grundgedanke ist,<br />

dass ein Unternehmen einen deutlich höheren<br />

Wert und somit mehr Substanz hat,<br />

als in seinem Aktienkurs ausgedrückt ist.<br />

SUBSTANZ RICHTIG ERMITTELN<br />

„Der entscheidende Punkt des Value Investing<br />

ist der innere Wert eines Unternehmens,<br />

der durch Buchwerte, Cashflows,<br />

Gewinne und Dividenden in Relation zum<br />

aktuellen Börsenkurs näherungsweise bestimmt<br />

werden kann“, erläutert Michael<br />

Keppler, Gründer und Chief Investment Officer<br />

von Keppler Asset Management, das<br />

auf Value-Strategien spezialisiert ist (siehe<br />

auch Interview). Liegt dieser „innere“ oder<br />

„faire“ Wert deutlich über dem Aktienkurs,<br />

ist ein Unternehmen von guter Qualität<br />

nach dieser ersten Betrachtung deutlich unterbewertet<br />

und potenziell attraktiv.<br />

Diesen Ansatz verfolgt Keppler etwa im<br />

Aktienfonds Keppler Global Value-Invest.<br />

Das Portfolio ist einer der Value-Fonds auf<br />

dem deutschen Markt (siehe Tabelle). Die<br />

Fonds sind bei den Analyseanbietern Morningstar<br />

in der Kategorie „Aktien weltweit<br />

Standardwerte Value“ und Scope Analysis<br />

in der Gruppe „Aktien Welt“ gelistet, haben<br />

von Scope ein Rating von mindestens „C“<br />

für durchschnittlich und sind Privatanlegern<br />

ohne horrende Mindestanlagesummen<br />

zugänglich. Die Auswahlkriterien gelten in<br />

gleicher Weise für ETFs, börsengehandelte<br />

Indexfonds, wobei der SPDR MSCI World<br />

Value UCITS ETF noch kein Rating hat.<br />

Der Keppler Global Value-Invest ist eigenen<br />

Angaben zufolge nach einer fundamental-quantitativen<br />

Auswahlstrategie in<br />

preisgünstige Aktien aus Industrie- und<br />

Schwellenländern investiert. Vergleichsmaßstab<br />

ist der MSCI World Total Return<br />

Index. Aktien von US-Firmen waren im<br />

VALUE-INVESTMENTS, DIE AUF WELTWEITE AKTIEN SETZEN<br />

Name ISIN Fondsvolumen<br />

in Mio. Euro<br />

Rendite und laufende Kosten in % Quellen: Scope Analysis, Morningstar; Stand: 30.9.<strong>2022</strong><br />

»Rezessionen sind<br />

für uns eine Chance,<br />

vor allem zyklische<br />

Unternehmen<br />

deutlich unter ihrem<br />

lang fristigen fairen<br />

Wert zu kaufen.«<br />

STEFAN BRUGGER, UNION INVESTMENT<br />

Rendite<br />

1 Jahr<br />

Rendite<br />

3 Jahre<br />

(p. a.)<br />

Rendite<br />

5 Jahre<br />

(p. a.)<br />

DWS Invest Croci World LC LU1769941003 61,8 5,5 10,9 8,8 1,55<br />

Uni Value Fonds Global A Dis LU0126315885 1.143,1 2,9 8,7 8,0 1,52<br />

Keppler Global Value-Invest DE000A0JKNP9 31,6 -0,1 4,2 5 1,93<br />

Laufende<br />

Kosten<br />

Invesco FTSE Rafi All-World 3000 UCITS ETF Dist IE00B23LNQ02 36,7 -0,2 7,3 8,8 0,93<br />

T. Rowe Price Global Value Equity A EUR Acc LU1493953001 502,2 -1,5 7,3 6,3 1,77<br />

Schroder ISF QEP Global Active Value EUR A Acc LU0248176017 693,4 -2,2 5,9 5 1,60<br />

Sydinvest Global Value Equities B EUR Acc DK0<strong>06</strong><strong>06</strong>47600 6,8 -2,7 4,8 5,1 1,21<br />

SPDR MSCI World Value UCITS ETF IE00BJXRT813 37,1 -4,0 ---- ---- 0,25<br />

Oktober mit einem Fondsanteil von 42<br />

Prozent am stärksten vertreten, gefolgt von<br />

britischen Titeln mit 10 Prozent. Schwellenländer-Aktien<br />

machten ebenfalls 10 Prozent<br />

des Fonds aus.<br />

Einer der maßgeblichen Punkte ist für<br />

Keppler, die Ertragskraft von Unternehmen<br />

aus dem abzuleiten, was sie in der Vergangenheit<br />

geleistet haben, und nicht aus dem,<br />

was sie behaupten, in der Zukunft zu leisten.<br />

„Wir stützen uns deshalb bei unseren<br />

Analysen auf die tatsächlich erzielten Unternehmensgewinne<br />

und nicht auf Schätzungen.<br />

Wichtig ist hier, eine Norm zu<br />

entwickeln: Was kann ein Unternehmen in<br />

Normalzeiten verdienen?“, erklärt Keppler.<br />

Hierbei stellt er auf die durchschnittlichen<br />

Gewinne in einem Wirtschaftszyklus ab.<br />

REALE ERTRÄGE ZÄHLEN<br />

Der Uni Value Fonds Global A ist einer der<br />

bekanntesten unter den herausgefilterten<br />

Fonds. Benchmark ist der MSCI World<br />

Value Index. Auch in diesem Portfolio waren<br />

Stand Oktober US-Aktien mit einem<br />

Anteil von gut 60 Prozent am stärksten<br />

vertreten. Der nächstgrößte Anteil von 8<br />

Prozent entfiel auf Titel aus Deutschland.<br />

„Rezessionen sind für uns als langfristiger<br />

Investor eine Chance, vor allem zyklische<br />

Unternehmen deutlich unter ihrem langfristigen<br />

fairen Wert zu kaufen“, sagt Fondsmanager<br />

Stefan Brugger. Solche Firmen<br />

verzeichnen in einem Konjunkturzyklus<br />

deutlich schwankende Erträge, etwa Halbleiterhersteller.<br />

„Wichtig in der Analyse von<br />

potenziellen Kaufkandidaten ist, dass die<br />

Nachfrage nach den Produkten des Unternehmens<br />

langfristig vorhanden ist und das<br />

Unternehmen Phasen temporär schwä-<br />

Foto: Union Investment<br />

31


INVESTMENTFONDS Anlagestrategien<br />

»Es gilt, Wertfallen zu vermeiden«<br />

MICHAEL KEPPLER, Keppler Asset Management<br />

<strong>procontra</strong>: Die Bewertung von Unternehmen ist<br />

heute vermutlich komplexer als in den Anfängen<br />

des Value-Ansatzes. Was sind für Sie die entscheidenden<br />

Punkte, um Value auszumachen?<br />

Michael Keppler: Die Prinzipien des Value<br />

Investing haben sich seit 1934, dem Erscheinungsjahr<br />

des Investmentklassikers „Security<br />

Analysis: Principles and Techniques“ – „Sicherheitsanalyse:<br />

Prinzipien und Techniken“ – von<br />

Benjamin Graham und David Dodd nicht geändert.<br />

Laut Warren Buffett werden sie auch in 100<br />

Jahren noch gültig sein – sonst wären es keine<br />

Prinzipien. Konkret geht es dabei um simple<br />

kaufmännische Erkenntnisse: Ein höherer Buchwert,<br />

höhere Cashflows, Gewinne und Dividenden<br />

bezogen auf den Kapitaleinsatz sind ceteris<br />

paribus niedrigeren Werten vorzuziehen. Sind<br />

beispielsweise bei zwei identischen Immobilien<br />

die Mieteinnahmen eines Gebäudes höher als<br />

bei dem anderen, sollte dieses Gebäude mehr<br />

wert sein als das andere.<br />

<strong>procontra</strong>: Inwieweit wirkt sich die komplexer<br />

gewordene Welt auf die Bewertung aus?<br />

Keppler: Was sich geändert hat, sind die Störfaktoren<br />

von außen, die die Kursentwicklung<br />

heute mehr beeinflussen als in früheren Zeiten.<br />

Politische Faktoren und Handelsbeschränkungen<br />

sind hier an erster Stelle zu nennen.<br />

Sie sind auch schwieriger zu beurteilen als die<br />

fundamentale Unternehmensbewertung. Der<br />

entscheidende Punkt des Value Investing ist<br />

aber unverändert der innere Wert eines Unternehmens.<br />

Ebenso wichtig ist jedoch das von<br />

Graham erfundene „Margin of Safety“-Prinzip.<br />

Eine Aktie sollte demnach eine gewisse Sicherheitsmarge<br />

aufweisen, wonach unerwartete<br />

Risiken bereits beim Aktienkauf berücksichtigt<br />

werden müssen.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie unterscheiden Sie in einem<br />

Umfeld aus stark gesunkenen Aktienkursen und<br />

schwächelnder Konjunktur Firmen, die an der<br />

Börse zu Unrecht abgestraft werden, von Firmen,<br />

bei denen ein starker Kursrückgang keine<br />

gute Kaufgelegenheit bedeutet?<br />

Keppler: Hier gilt es, „Value Traps“, Wertfallen,<br />

weitmöglichst zu vermeiden. Ein gutes Beispiel<br />

sind europäische Banken, die häufig heute<br />

– mehr als zwölf Jahre nach der Finanzkrise<br />

2008/2009 – immer noch zu einem Drittel ihrer<br />

Buchwerte gehandelt werden. Wenn die Buchwerte<br />

tatsächlich dreimal so hoch wären wie<br />

der Aktienkurs, müssten diese Firmen zerschlagen<br />

werden. Sie wären also tot mehr wert als<br />

lebendig! Alternativ müssten sie massiv eigene<br />

Aktien zurückkaufen. Doch dazu fehlt ihnen das<br />

nötige Kapital.<br />

<strong>procontra</strong>: Das bedeutet?<br />

Keppler: Es sollte klar sein, dass sich diese Banken<br />

die nötigen Abschreibungen schlicht nicht<br />

leisten können. Die Aufsichtsämter drücken<br />

offenbar aufgrund des „Too big to fail“-Prinzips<br />

immer noch beide Augen zu. Die Verifizierung<br />

der Inputdaten ist deshalb für uns von höchster<br />

Bedeutung.<br />

cherer Gewinne ohne das Risiko von<br />

Insolvenz oder Verwässerung durch Kapitalerhöhungen<br />

überstehen kann.“<br />

Bei sinkender Nachfrage und höheren<br />

Produktionskosten infolge steigender Preise,<br />

wie es derzeit der Fall ist, ist für Brugger<br />

der Zeithorizont entscheidend: „Die<br />

Kernfrage bei einem Nachfragerückgang<br />

ist für uns, ob dieser nur temporär oder<br />

dauerhaft ist. Letztendlich steigen ja in<br />

einem inflationären Umfeld mit einer gewissen<br />

Verzögerung auch Löhne und Gehälter.“<br />

Ein temporärer Rückgang sei eine<br />

gute Kaufgelegenheit. Ähnlich sei es bei den<br />

Produktionskosten. „Kommen die Margen<br />

bei einem Unternehmen nur temporär unter<br />

Druck, weil man durch länger laufende<br />

Verträge die gestiegenen Kosten erst mit<br />

einer Zeitverzögerung weitergeben kann,<br />

ist dies für uns eine potenziell günstige<br />

Gelegenheit, ein Unternehmen zu einem<br />

Zeitpunkt zu kaufen, an dem die Gewinne<br />

temporär unter dem langfristigen Potenzial<br />

sind“, erläutert Brugger. „Kommt es zu<br />

langfristigen strukturellen Veränderungen,<br />

wie dies zum Beispiel bei Energiekosten für<br />

in Europa produzierende energieintensive<br />

Unternehmen der Fall ist, müssen wir dies<br />

natürlich auch bei unserer Prognose des<br />

längerfristigen Gewinnpotenzials berücksichtigen“,<br />

ergänzt er. „Wenn eine seriöse<br />

Prognose nicht möglich ist, werden wir<br />

auch nicht investieren.“<br />

In der näheren Zukunft dürfte somit einiges<br />

auf die Energiepolitik in Europa ankommen.<br />

AUSBLICK 2023<br />

Eine schwächelnde Konjunktur würde<br />

Aktienmärkte weiter belasten und<br />

gute Einstiegsmöglichkeiten bieten<br />

Die Aufmerksamkeit auf handfeste Substanz<br />

könnte in einem negativen Marktumfeld<br />

zunehmen<br />

Die außergewöhnliche politisch-wirtschaftliche<br />

Gemengelage wird zum Härtetest vieler<br />

Anlageansätze<br />

32 Foto: Keppler Asset Management


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INVESTMENTFONDS Nachhaltigkeit<br />

GRÜNE INNOVATIONEN IM FOKUS<br />

ESG-Kriterien haben nur schwachen Einfluss auf eine nachhaltigere Wirtschaft,<br />

bemängeln Kritiker. Geeigneter sei es, auf technologische Innovationen zu setzen,<br />

die den ökologischen Fußabdruck verkleinern.<br />

– TEXT: HEIKE GORRES –<br />

34 Illustration: Eleonora Mavromati


Nachhaltigkeit INVESTMENTFONDS<br />

Das Thema Nachhaltigkeit bei der Kapitalanlage<br />

hat sich mittlerweile fest etabliert,<br />

auch wenn weiterhin die Definition von<br />

Nachhaltigkeit sehr beliebig ist. Eine der<br />

gängigsten Systematiken, nach denen Kapitalverwalter<br />

das Thema adressieren, ist<br />

die Anlageauswahl nach ESG-Kriterien,<br />

also nach bestimmten Umwelt-, Sozial- und<br />

Führungsstandards. Viele nutzen hierfür<br />

ESG-Ratings von Anbietern wie MSCI,<br />

die auf Best-in-Class-Ansätzen beruhen.<br />

„Allen diesen Ansätzen ist gemein, dass sie<br />

keine Impact-Investments darstellen und<br />

damit nicht zukunftsorientiert sind“, meinen<br />

die Autoren Andreas Beck und Lucas<br />

von Reuss in ihrer Veröffentlichung „Grüne<br />

Geldanlagen nur für Farbenblinde?“.<br />

Sie bedienten nicht das eigentliche Ziel der<br />

EU, privates Kapital für den notwendigen<br />

Umbau der Wirtschaft zu mobilisieren,<br />

sondern privilegierten Unternehmen, die<br />

von keinem kritischen Bestandsgeschäft<br />

belastet sind, etwa Softwarefirmen. Alteingesessene<br />

Unternehmen würden nicht mit<br />

Kapital für den Umbau versorgt, sondern<br />

dazu motiviert, ihre kritischen Geschäftsanteile<br />

auszugliedern und an Non-ESG-Investorengruppen<br />

zu verkaufen. „Der Effekt<br />

für die Gesellschaft ist dabei gleich null“,<br />

kritisieren die Autoren.<br />

Sie schlagen vor, in Innovation zu investieren.<br />

„Nur durch effizientere Prozesse<br />

und bessere Produkte mit niedrigerem<br />

ökologischen Fußabdruck lassen sich aus<br />

Unternehmenssicht die Probleme lösen,<br />

welche die Gesellschaft lösen möchte“, argumentieren<br />

sie. Abseits von Verzicht der<br />

Verbraucher könne nur Innovation nachhaltiges<br />

Wirtschaften ermöglichen. Investition<br />

in Innovation heißt nach ihrem Ansatz,<br />

Kapital in Unternehmen anzulegen, die Patente<br />

auf relevante technische Lösungen<br />

für die Fragestellungen ökologischer Nachhaltigkeit<br />

halten, unabhängig von ihrer<br />

Branchenzugehörigkeit. Datengrundlage<br />

für solche „grünen“ Patente ist das „Green<br />

Inventory“, das „grüne Verzeichnis“ der<br />

Weltorganisation für geistiges Eigentum<br />

WIPO (siehe auch Interview).<br />

PATENTE BÖRSENNOTIERTER UNTERNEHMEN<br />

UNTER DER LUPE<br />

Auf dieser Basis ließen sich „bei sauberer<br />

Bearbeitung der Daten aus Patentdatenbanken<br />

Rückschlüsse auf den Impact tätigen,<br />

den einzelne Unternehmen bei der<br />

Lösung ökologischer Probleme haben und<br />

10.000<br />

80.000<br />

60.000<br />

40.000<br />

20.000<br />

0<br />

10.441<br />

96.768<br />

Automobil<br />

80.924<br />

2019 2020 2021<br />

TOP-5-SEKTOREN MIT »UMWELT«-PATENTEN<br />

ENTSPRECHEND DER NACHHALTIGKEITSZIELE<br />

22.419<br />

Technologie, Medien<br />

und Telekommunikation<br />

haben werden“, erläutern die Autoren.<br />

Unter den 50 börsennotierten „herausragenden<br />

Unternehmen bezüglich grüner<br />

Erfindungen“ steht nach ihrem Ansatz der<br />

deutsche Zulieferungsbetrieb für die Maschinen-<br />

und Automobilindustrie Schaeffler<br />

an der Spitze. Auf den nächsten Plätzen<br />

folgen die japanischen Konzerne Denso,<br />

ein Anbieter von Produkten für Korrosionsschutz<br />

und Straßenbau, und Sumitomo<br />

Electric. Canadian Solar ist das einzige Unternehmen<br />

in der Liste, das allein im Bereich<br />

erneuerbare Energie aktiv ist.<br />

Die Verfasser des Arbeitspapiers „The<br />

ESG-Innovation Disconnect: Evidence<br />

from Green Patenting“ – „Die ESG-Innovationsabkopplung:<br />

Beweise aus der grünen<br />

Patentierung“ – legen sehr ähnlich dar, dass<br />

vielfach gerade Unternehmen mit schlechteren<br />

ESG-Noten mehr grüne Patente von<br />

zugleich deutlich höherer Qualität anmelden<br />

als andere: „Insbesondere stellen wir<br />

fest, dass öl-, gas- und energieproduzierende<br />

Unternehmen – Unternehmen mit nied-<br />

»Wir brauchen gute<br />

Patente, mit echter<br />

Erfindungshöhe und<br />

von guter Qualität.«<br />

HEINER FLOCKE, IC-HAUS<br />

25.141<br />

2.384 1.520 12.743<br />

9.991 1.195 10.176 9.217 1.242 10.472<br />

Chemie<br />

Industriewaren<br />

und Maschinen<br />

7.521<br />

Land- und<br />

Forstwirtschaft<br />

Quelle: Globaldata<br />

rigeren ESG-Bewertungen, die oft explizit<br />

aus dem Anlageuniversum von ESG-Fonds<br />

ausgeschlossen werden – wichtige Innovatoren<br />

in der grünen Patentlandschaft<br />

der USA sind.“ Dies werfe die Frage auf,<br />

ob die derzeitigen Ausschlüsse vieler ESGorientierter<br />

Strategien optimal sind oder ob<br />

belohnungsbasierte Anreize zu effizienteren<br />

innovativen Ergebnissen führen. Basis dieser<br />

Untersuchung von Cohen, Gurun und<br />

Nguyen ist die Patentklassifizierung des Europäischen<br />

Patentamts. Als grün gelten dort<br />

Patente auf umweltbezogene Technologien<br />

aus zahlreichen Bereichen, etwa Transport,<br />

Energiegewinnung und Warenproduktion.<br />

ERFINDUNGEN EINZUSTUFEN HAT SEINE TÜCKEN<br />

Technologien und Patente darauf als fördernd<br />

für die ökologische Nachhaltigkeit<br />

einzustufen, ist allerdings nicht immer ganz<br />

eindeutig. Dazu kommen generelle Fragen<br />

bei der Patentierung selbst. Heiner Flocke,<br />

Mitgründer und Geschäftsführer der<br />

Produktionsfirma für integrierte Schaltkreise<br />

IC-Haus und Vorstandsvorsitzender<br />

des Patentvereins, meint: „Ein integrierter<br />

Schaltkreis, der besonders stromsparend<br />

ist, ist zwar ökologisch nachhaltig, aber<br />

nicht per se für eine Patentierung ausreichend<br />

erfinderisch.“ Hinzu komme, dass<br />

Patent nicht unbedingt Innovation heißen<br />

muss. „Taktisch agierende Patentanmelder<br />

erzeugen ein Dickicht aus Patenten, teilweise<br />

auch schwachen Patenten, aus denen sie<br />

vermeintliche Verletzer des Patentschutzes<br />

angreifen“, sagt Flocke. Zu viele nur<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

35


INVESTMENTFONDS Nachhaltigkeit<br />

»Patentsystem ist sicher nicht perfekt«<br />

LUCAS VON REUSS, Mitgründer und Geschäftsführer von Quant IP<br />

<strong>procontra</strong>: Wer beurteilt nach Ihrem Konzept,<br />

ob eine Technologie umweltverträglich und ein<br />

Patent darauf „grün“ ist?<br />

Lucas von Reuss: Das legen Sachverständige<br />

der Weltorganisation für geistiges Eigentum,<br />

WIPO, fest. Die WIPO ist eine Art Dachorganisation<br />

der Patentämter weltweit und Hüter über die<br />

wichtigsten Klassifizierungssysteme für Patente<br />

innerhalb des Systems der IPC, der internationalen<br />

Patentklassifikation. Patentprüfer und<br />

andere Fachleute aus dem Bereich geistiges<br />

Eigentum arbeiten dort an Standardisierungen<br />

und Klassifizierungen der IPC-Patente weltweit.<br />

Und ein Fachgremium entscheidet in regelmäßigen<br />

Abständen darüber, welche dieser<br />

Patente als „grün“ gelabelt werden.<br />

<strong>procontra</strong>: Wonach beurteilt dieses Gremium, ob<br />

ein Patent als „grün“ eingestuft wird?<br />

von Reuss: Die Einstufung orientiert sich an den<br />

Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige<br />

Entwicklung, den sogenannten UN-SDGs. Einige<br />

dieser Ziele lassen sich nicht mit Technologien<br />

erreichen, zum Beispiel die Gleichheit der Geschlechter.<br />

Aber die Ziele, die sich mit Technologie<br />

oder technischen Lösungen adressieren<br />

lassen, verbinden die Fachleute der WIPO mit<br />

relevanten Patenten in diesen Bereichen aus<br />

dem IPC-Klassifizierungssystem und stufen sie<br />

so als Patente umweltverträglicher Technologien<br />

ein. Eine Klasse umfasst zum Beispiel<br />

Patente im Bereich Solartechnologie aus der<br />

Überklasse Erzeugung erneuerbarer Energie.<br />

Ein UN-Nachhaltigkeitsziel ist „saubere Energie“,<br />

weshalb das Gremium die IPC-Solar-Patente als<br />

„grün“ einstuft.<br />

<strong>procontra</strong>: Grundlage sind die nach dem IPC-<br />

System eingeordneten Patente. Werden alle<br />

Patente dort registriert?<br />

von Reuss: Ja. Das IPC-Klassifizierungssystem<br />

nutzen und belegen fast alle Patentprüfer dieser<br />

Welt. Im Anmeldeprozess für ein Patent vergeben<br />

die Prüfer die aus ihrer Sicht passenden<br />

IPC-Klassen. Jede Patentanmeldung bekommt<br />

auf diese Weise mindestens eine IPC-Klasse<br />

zugewiesen. Die Sachverständigen bei WIPO<br />

koordinieren die Klassifizierung dieser Patente<br />

und entscheiden auch über neue Klassen, wenn<br />

zum Beispiel eine neue Technologie entstanden<br />

ist. Die „grünen“ Patente listet die WIPO in einem<br />

Extraverzeichnis, dem „IPC Green Inventory“,<br />

auf.<br />

<strong>procontra</strong>: Kritiker bemängeln zahlreiche Punkte<br />

am Patentsystem. Patente würden zum Beispiel<br />

Innovation eher verhindern und seien nicht<br />

gleichzusetzen mit Innovation.<br />

von Reuss: Das Patentsystem ist sicher nicht<br />

perfekt. Aber es ist das beste, was wir haben,<br />

um zum einen für Innovatoren einen Anreiz zu<br />

schaffen, es überhaupt zu probieren. Der Anreiz<br />

ist das zeitlich begrenzte Monopol auf das Patent.<br />

Zum anderen muss der Patentanmelder im<br />

Gegenzug alle Angaben veröffentlichen. Mit diesem<br />

Zugang zu Informationen soll ein Versperren<br />

echter Innovation vermieden werden. Beides<br />

zusammen ist die Grundidee des Patentwesens,<br />

an dem wir nun seit rund 250 Jahren arbeiten.<br />

vermeintliche Erfindungen würden<br />

die Prüfungshürden durch überlastete Patentämter<br />

für europäische und weltweite<br />

Patente passieren. Ämter, die sich selbst<br />

finanzieren, etwa das Europäische Patentamt,<br />

seien auch an einer großen Zahl an<br />

Patenten interessiert. Denn ihr Etat komme<br />

im Wesentlichen aus den Beträgen, die<br />

Patentinhaber für den Erhalt ihres Patentschutzes<br />

zahlen.<br />

„Meine Meinung zu Patenten ist von<br />

daher durchwachsen. Wir brauchen sie! Es<br />

müssen aber im Sinne des Patentgesetzes<br />

und zum Nutzen einer Industriegesellschaft<br />

gute Patente sein, mit echter Erfindungshöhe<br />

und von guter Qualität, die dann auch in<br />

einer vollumfänglichen Prüfung vor einem<br />

Patentgericht standhalten“, betont Flocke.<br />

Es komme für ihn auf eine neuartige technische<br />

Ausführungsform an.<br />

Auch von Reuss sieht die Kritikpunkte<br />

am Patentsystem. „Jemand kann ein Patent<br />

etwa allein deshalb anmelden, um etwas zu<br />

blockieren. Das mag ihm am Markt etwas<br />

Zeitaufschub geben. Mittel- und langfristig<br />

wird diese Strategie für ihn aber nicht<br />

funktionieren“, meint er. Generell fänden<br />

Innovationen heute sehr viel kleinteiliger<br />

statt als zum Beispiel vor 100 Jahren, als<br />

die großen Erfindungen, von denen wir<br />

heute noch zehren, gemacht wurden. „Das<br />

liegt daran, dass wir in einer sehr viel komplexeren<br />

Welt leben als damals“, so von<br />

Reuss. „Auch wenn viele kleine Dinge zusammengeführt<br />

werden, können sie eben<br />

doch viel Innovationskraft entfalten.“<br />

AUSBLICK 2023<br />

Stellenwert von Innovation mit echtem<br />

Umweltbeitrag könnte beim Thema<br />

Nachhaltigkeit zunehmen<br />

Neue Anlageansätze mit dem Ziel, Kapital<br />

in ökologische Nachhaltigkeit zu lenken,<br />

könnten entstehen<br />

Neue Anlageprodukte, die auf Firmen mit<br />

Erfindungen mit positivem Umweltbeitrag<br />

zielen, könnten aufgelegt werden<br />

36 Foto: Quant IP


Biometrie GIPFELTREFFEN<br />

biometrie<br />

Die Absicherung der Arbeitskraft ist von existenzieller<br />

Bedeutung. Dennoch gibt es immer noch zu viele Menschen<br />

ohne diesen Schutz. Dafür ist weniger die Risikoprüfung<br />

der Versicherer verantwortlich, sondern mehr noch eine<br />

Prämiengestaltung, die auf attraktive Berufsgruppen abzielt.<br />

Einige Versicherer haben das offenbar erkannt und brauchen<br />

jetzt Unterstützung von Vermittlern.


GIPFELTREFFEN Biometrie<br />

»Wir müssen die Menschen<br />

früher erreichen«<br />

Selbstkritisch und mit klaren Botschaften auch an den Vertrieb kontern<br />

die Vertreter von die Bayerische, LV 1871 und Swiss Life die steilen Thesen<br />

von Stephan Schinnenburg, Moderator des runden Tisches, Branchenkenner<br />

und Ex-Vorstand der Deutschen Familienversicherung.<br />

Stephan Schinnenburg: Wir wollen uns<br />

heute einigen steilen Thesen zum Thema<br />

Biometrie mit den Schwerpunkten Berufsunfähigkeits-<br />

und Grundfähigkeitsversicherung<br />

widmen. Ich möchte mit einer<br />

Behauptung beginnen, die möglicherweise<br />

eine Folge des harten Wettbewerbs in<br />

diesem Markt ist: Millionen Arbeitnehmer<br />

in Deutschland haben keine Chance, eine<br />

BU-Police zu bekommen. Die Versicherungswirtschaft<br />

hat hier schlicht und<br />

einfach versagt.<br />

Sandra John: Das ist wirklich eine steile<br />

These, die wir als LV 1871 so nicht teilen.<br />

Wir brauchen ein gewisses Maß an Risikoprüfung.<br />

Und manche Risiken können wir<br />

nicht zeichnen, weil die Vorerkrankungen<br />

zu stark sind. Aber das sind ganz wenige<br />

Menschen, denen wir keinen Schutz anbieten<br />

können; im Antragsbereich weniger<br />

als 3 Prozent und im Voranfragenbereich<br />

weniger als 20 Prozent. Manchmal sind<br />

die Auswirkungen von Vorerkrankungen<br />

leider zu massiv. Ein Vergleich hilft zur Einordnung:<br />

Ein brennendes Haus kann man<br />

nicht versichern. In diesem Fall spricht<br />

auch keiner vom Versagen der Anbieter.<br />

Dennoch abzusichern wäre zum Nachteil<br />

des Kollektivs. Ein Versicherer muss sehr<br />

genau auf eine angemessene Kalkulation<br />

achten. Der LV 1871 gelingt das seit vielen<br />

Jahren, ohne die Beiträge massiv anheben<br />

zu müssen.<br />

Jan-Peter Diercks: Hinter dem Vorwurf,<br />

die Versicherer hätten versagt, steht auch<br />

eine Erwartung. Als Vertriebler sehe ich<br />

das jedenfalls so. Wir haben den gesellschaftlichen<br />

Auftrag, zusätzlich noch<br />

vielen Millionen Menschen eine Absicherung<br />

ihrer Arbeitskraft zu verschaffen.<br />

Die Unterstützung durch den Staat allein<br />

reicht jedenfalls nicht. Diesen Sachverhalt<br />

müssen wir den Menschen näherbringen.<br />

Jeder Kunde, der bei uns eine Police<br />

»Bereits die Urform<br />

einer Grundfähigkeitsversicherung<br />

ist kein<br />

einfaches Produkt.«<br />

Sandra John, LV 1871<br />

abschließt, ist nicht nur von unserem<br />

Vertrieb gewonnen worden, sondern<br />

auch in die finanzielle Selbstbestimmung<br />

gebracht worden. Ohne Absicherung keine<br />

finanzielle Freiheit. Das ist das Wichtigste.<br />

Maximilian Buddecke: Unsere Branche<br />

hat zwar nicht versagt, wir decken<br />

schließlich viele Risiken ab, und wir wollen<br />

versichern und wir wollen im Fall des<br />

Falles auch leisten. Selbstkritik ist dennoch<br />

angebracht. Nicht wegen der Risikoprüfung<br />

haben zu viele Menschen keine<br />

BU-Police, sondern wegen der Prämiengestaltung.<br />

Wir spreizen die Tariflandschaft<br />

immer weiter auf. Den begehrten Berufsgruppen<br />

bieten wir zig Leistungen zu<br />

günstigen Tarifen an. Und Berufsgruppen<br />

mit höherem Risiko bleiben tendenziell<br />

unter sich, werden immer weniger versicherungsfähig<br />

und deren Tarife immer<br />

teurer. Das ist ein Problem. Wir sollten<br />

Menschen Produkte anbieten, die sie<br />

bezahlen können. Es gibt allerdings einen<br />

Ausweg: frühzeitig in gutem Gesundheitszustand<br />

und damit günstig absichern.<br />

Dazu haben Kunden einige Möglichkeiten<br />

– zwei Stichworte lauten Schüler-BU und<br />

Starter-Variante.<br />

Schinnenburg: Aus der Sicht von Vermittlern<br />

bzw. Versicherern habe ich drei<br />

Aspekte aus Ihren Antworten entnommen:<br />

Wie motiviere ich Kunden, in jungen<br />

Jahren eine BU-Versicherung abzuschließen?<br />

Wie kalkuliere ich Vorerkrankungen?<br />

Und die Spreizung der Berufsgruppen im<br />

Markt. Glaubt jemand, dass dieser Trend<br />

umkehrbar ist?<br />

John: Was die medizinischen Risiken<br />

anbelangt, schaue ich wohlgemut in die<br />

Zukunft. Dank des medizinisch-technischen<br />

Fortschritts und eines zunehmend<br />

besseren Verständnisses der zu kalkulierenden<br />

Risiken sind Versicherer in der<br />

Lage, immer mehr Risiken zu zeichnen.<br />

Beispiele sind Erkrankungen der Psyche<br />

und Krebsleiden. Wir wissen heute mehr<br />

darüber. Daher werden immer mehr<br />

Risiken beherrschbar und damit versicherbar.<br />

Diercks: Dazu fällt mir ein gutes Beispiel<br />

ein: Früher bekam ein Mensch mit<br />

implementiertem Herzschrittmacher keine


Biometrie GIPFELTREFFEN<br />

BU; heute schon. Der Weltmeister im<br />

Mountainbike-Fahren trägt so ein Gerät.<br />

Menschen mit Herzschrittmacher können<br />

also leistungsfähig sein.<br />

John: So ist es. Ich möchte noch etwas<br />

zur Spreizung der Berufsgruppen sagen.<br />

Ich habe nicht den Eindruck, dass dieser<br />

Trend gestoppt oder umgekehrt werden<br />

könnte. Auch in Zukunft kommen bestimmte<br />

Berufsgruppen bei BU-Policen in<br />

den Genuss eines super Preis-Leistungs-<br />

Verhältnisses. Für die risikoreicheren<br />

Berufe braucht es dann vielleicht ein<br />

anderes Produkt. Die Branche hat bereits<br />

einige Alternativen zur BU-Police gestartet<br />

– etwa Grundfähigkeits-, Schwere-Krankheiten-<br />

und Multi-Risk-Versicherungen.<br />

Für diese Angebote den richtigen Beratungsansatz<br />

zu finden, ist allerdings nicht<br />

leicht. Stichwort: Verantwortung. Aktuell<br />

bieten wir keine Grundfähigkeitspolice.<br />

Schinnenburg: Herr Diercks, Herr Buddecke<br />

gab den Hinweis, dass der frühe<br />

Abschluss einer BU-Police ein guter Weg<br />

ist, diesen Schutz günstig zu bekommen.<br />

Was bieten Sie hier an?<br />

Diercks: Auch Swiss Life – so wie viele andere<br />

Versicherer – bietet eine Schüler-BU<br />

an. In Zuge eines Produktupdates haben<br />

wir den Begriff Schulunfähigkeit noch<br />

mal präzisiert, damit klar ist, wann der<br />

Schutz greift. Aus dem in jungen Jahren<br />

oft guten Gesundheitszustand resultiert<br />

ein niedriges Prämienniveau – und das<br />

müssen Kunden rechtzeitig einloggen.<br />

»Bitte nicht noch mehr<br />

Klauseln, sonst kümmern<br />

wir uns irgendwann<br />

nur noch um akademische<br />

Berufe.«<br />

Maximilian Buddecke, Bayerische<br />

Das ist essenziell wichtig. An dieser Stelle<br />

muss auch der Vertrieb Gas geben, etwa<br />

via Zielgruppen-Ansprache.<br />

Wir bei Swiss Life haben noch einen<br />

Hebel, nämlich die drei Branchenlösungen<br />

Metall-, Klinik- und ChemieRente. Hier<br />

gibt es viele handwerksnahe Berufe, die<br />

wir so absichern können. Am Ende sind es<br />

mehrere Faktoren, die zu einer stärkeren<br />

Verbreitung von Arbeitskraftabsicherungen<br />

beitragen. Die BU-Police ist nur<br />

ein Baustein von mehreren. Und jede<br />

vom Vermittler gefundene Lösung kann<br />

für einen Kunden wertvoll sein. Insofern<br />

werden Optionen wie Grundfähigkeitsversicherung<br />

zu oft vernachlässigt. Im Sinne<br />

unseres gemeinsamen Ziels – Absicherung<br />

aller Bedarfe – sollte die gesamte Branche<br />

hier mehr Aufklärungsarbeit leisten.<br />

Buddecke: Tatsächlich sollten wir<br />

Menschen stärker für das Thema sensibilisieren.<br />

Ein heute 20-Jähriger denkt<br />

nicht an BU-Schutz. Oft erst bei größeren<br />

finanziellen Risiken wie zum<br />

Maximilian Buddecke leitet<br />

seit 2014 bei die Bayerische den<br />

Partner- und Kooperationsvertrieb<br />

und ist seit 2018 im Vorstand<br />

der Bayerische ProKunde.<br />

Der Diplom-Kaufmann ist seit<br />

fast 20 Jahren in der Versicherungsbranche<br />

aktiv und kennt<br />

sowohl den Endkunden- wie<br />

auch den Maklervertrieb. Zu<br />

seinen weiteren Qualifikationen<br />

zählen Versicherungsfachmann<br />

und Fachberater für Betriebliche<br />

Altersvorsorge.


GIPFELTREFFEN Biometrie<br />

»Wir haben den gesellschaftlichen<br />

Auftrag,<br />

weiteren Millionen<br />

Menschen eine Absicherung<br />

zu verschaffen.«<br />

Jan-Peter Diercks, Swiss Life<br />

Beispiel einem Hausbau beginnt das<br />

Nachdenken über die Absicherung der<br />

eigenen Arbeitskraft. Oder erst nach einer<br />

schweren Erkrankung wird vielen Leuten<br />

bewusst, dass arbeiten können keine<br />

Selbstverständlichkeit ist. Dann aber ist<br />

es oft zu spät. Ich betone nochmals: Wir<br />

müssen die Menschen früher erreichen.<br />

Und natürlich sollten wir insbesondere für<br />

die risikobehafteten Berufe noch stärker<br />

die Alternativen zur BU-Police zur Sprache<br />

bringen. Die Bayerische ist in Sachen<br />

Grundfähigkeitsversicherung gerade sehr<br />

aktiv.<br />

Schinnenburg: Eine zweite These, die<br />

ich immer wieder höre, lautet: Durch die<br />

Zunahme psychischer Erkrankungen und<br />

die Leistungen der Versicherer dafür wird<br />

die Arbeitskraftabsicherung in Zukunft für<br />

alle Arbeitnehmer deutlich teurer. Herr<br />

Diercks, was sagen Sie dazu?<br />

Diercks: Zunächst einmal müssen psychische<br />

Erkrankungen ernst genommen<br />

werden. Wir Versicherer sind angetreten,<br />

den Leuten Schutz zu bieten, also im<br />

Leistungsfall zu leisten. Dank des medizinischen<br />

Fortschritts haben wir heute auch<br />

im Bereich der Psyche mehr Klarheit über<br />

Krankheitsbilder und können besser Einschätzungen<br />

treffen. Das hat auch Einfluss<br />

auf die Kalkulation der entsprechenden<br />

Tarife. Aber es gibt keinen Automatismus,<br />

dass mit steigender Anzahl an psychischen<br />

Erkrankungen die Prämien auf breiter<br />

Front steigen.<br />

Schinnenburg: Vor 10, 15 Jahren waren<br />

die wichtigsten Ursachen für Berufsunfähigkeit<br />

Störungen des Bewegungsapparats<br />

und des Herz-Kreislauf-Systems. Psyche<br />

dagegen war kaum ein Thema. Heute<br />

steht die Psyche mit einem Anteil von fast<br />

30 Prozent oben in der Rangliste. Deshalb<br />

meine Frage an Frau John: Können<br />

Versicherer heute bei der Antragsannahme<br />

psychische Risiken besser einschätzen<br />

und Leistungsfälle besser beurteilen?<br />

John: Die gesamte Branche hat sich<br />

diesbezüglich geöffnet. Während früher<br />

in Tarifen psychische Erkrankungen oder<br />

Anzeichen dafür mit einer Ausschlussklau-<br />

Jan-Peter Diercks ist seit 2019<br />

Leiter Intermediärvertrieb bei<br />

Swiss Life und verantwortet<br />

die Vertriebsdirektionen, den<br />

Bankenvertrieb, die Betreuung<br />

von Finanzdienstleistern,<br />

Großvertrieben, Digitalvertrieben<br />

sowie Maklerpools. Zuvor<br />

war er Geschäftsführer beim<br />

Private-Equity-Spezialisten RWB<br />

Partners und dort ebenfalls zuständig<br />

für den Vertrieb. Diercks<br />

ist Diplom-Betriebswirt (BA)<br />

und gelernter Bankkaufmann.


Biometrie GIPFELTREFFEN<br />

sel oder langen Wartefristen belegt waren,<br />

nehmen Versicherer heute viel eher solche<br />

Anträge an. Auch wir können die Risiken<br />

besser einschätzen. Auch wenn der Kunde<br />

noch in psychotherapheutischer oder medikamentöser<br />

Behandlung steht, können<br />

wir bei einigen Krankheitsbildern uneingeschränkten<br />

BU-Schutz anbieten. Wir sehen<br />

über die Jahre keine gravierende Zunahme<br />

der Leistungsfälle; der Topf ist quasi<br />

gleich voll geblieben. Was wir beobachten,<br />

sind Verschiebungen innerhalb des Topfs<br />

weg von den organischen Ursachen hin zu<br />

den psychischen Gründen einer Erkrankung.<br />

Das wiederum heißt nicht, dass die<br />

Bevölkerung in Deutschland insgesamt<br />

psychisch kränker geworden ist. Es ist<br />

heute nur gesellschaftlich anerkannter,<br />

eine psychische Erkrankung zu haben,<br />

sodass Betroffene damit offener umgehen<br />

und sich behandeln lassen. Je früher eine<br />

Behandlung beginnt, desto besser.<br />

Häufig können durch Präventionsmaßnahmen<br />

psychische Erkrankungen<br />

vermieden oder in ihrem Verlauf zumindest<br />

gemildert werden. Wenn es uns<br />

als Versicherer gelingt, Kunden bereits<br />

bei beginnenden geistigen Belastungen<br />

zu erreichen, können wir Leistungsfälle<br />

vermeiden und Kunden bleiben von einem<br />

dauerhaften Verlust ihrer Arbeitskraft verschont.<br />

In Kooperation und als Pilotprojekt<br />

bieten wir unseren Kunden individuelle<br />

Präventionsmaßnahmen bei ersten Anzeichen<br />

von Stress an.<br />

Buddecke: Versicherer sind dazu da,<br />

Schäden zu decken – auch psychische<br />

Schäden, die oft als Reaktion auf andauernde<br />

Überlastung am Arbeitsplatz<br />

auftreten, also Burn-out. Das ist keine<br />

Modeerscheinung. Die Betroffenen haben<br />

echte Probleme und brauchen Hilfe.<br />

Unsere Branche ist hier in der Pflicht. Klar<br />

werden Risiken von dem einen oder anderen<br />

Versicherer anders bewertet, aber wir<br />

erfüllen diesen Anspruch.<br />

Schinnenburg: Ich empfinde es als<br />

außerordentlich angenehm, dass die<br />

Versicherungswirtschaft hier am Tisch<br />

so klare Aussagen macht: Sie ist in der<br />

Annahmepolitik in der Lage, auch Menschen<br />

zu versichern, die sie früher nicht<br />

versichern konnte. Und es ist ihr Job,<br />

Risiken, die die Arbeitsfähigkeit betreffen,<br />

»Wir sollten Menschen<br />

Produkte anbieten, die<br />

sie bezahlen können.«<br />

Maximilian Buddecke, Bayerische<br />

also auch Burn-out, abzusichern. Aber, das<br />

ist zumindest mein Eindruck, draußen im<br />

Markt kommen die Statements nicht so<br />

deutlich rüber; hier könnte die Branche<br />

offensiver sein und nicht nur aus der<br />

Defensive heraus reagieren.<br />

Buddecke: Entschuldigung, wenn ich das<br />

kurz ergänzen darf, wo Sie gerade den<br />

Markt erwähnen: Die Pandemie zeigt, dass<br />

Arbeits- und Berufsunfähigkeit jeden treffen<br />

kann. Daher haben die Kunden in der<br />

Krisenzeit diese Police nicht gekündigt. Im<br />

Gegenteil: Wohl jeder Versicherer in dieser<br />

Runde hat Zuwächse im BU-Geschäft<br />

verzeichnen können.<br />

Schinnenburg: Ich möchte einen Aspekt<br />

aufgreifen, den Frau John erwähnte:<br />

Prävention. Lassen BU-Versicherer hier Potenzial<br />

liegen? Und was genau, Frau John,<br />

bietet LV 1871 in diesem Bereich an?<br />

PSYCHE IST DAS GRÖSSTE RISIKO<br />

Häufigste Ursachen für Berufs- und Erwerbsunfähigkeit<br />

Angaben in %, Werte gerundet, Invaliditätsursachen, 2020<br />

Psyche 28,7<br />

Krebs 19,3<br />

Bewegungsapparat 19,0<br />

Unfall 8,8<br />

Nervensystem 7,4<br />

Herz-Kreislauf-System 6,3<br />

Übrige 10,5<br />

Quelle: GDV<br />

John: Wir arbeiten mit einem psychologischen<br />

Beratungsdienstleister zusammen.<br />

Kunden, die sich gestresst fühlen,<br />

also noch keine Erkrankung haben,<br />

können auf uns zukommen und wir oder<br />

unser Kooperationspartner bieten dann<br />

eine rein präventive Hilfestellung an. In<br />

einem ersten Piloten übernehmen wir<br />

teilweise die Kosten dafür. Aber es ist<br />

eine Herausforderung, Kunden dazu zu<br />

bringen, das Angebot in Anspruch zu nehmen.<br />

Noch jedenfalls verorten die meisten<br />

Kunden das Thema Prävention bei ihrer<br />

Krankenversicherung und nicht bei ihrem<br />

BU-Versicherer. Wie groß der Nutzen für<br />

BU-Versicherer selbst ist und ob Potenziale<br />

ausgeschöpft werden, ist schwer zu<br />

sagen. Es gibt einfach keine Zahlen dazu<br />

in der Branche. Auch die LV 1871 kann die<br />

realisierten Einsparungen bei den Leistungen<br />

nicht beziffern. Auf jeden Fall bieten<br />

wir etwas an, was das Leben unserer<br />

Kunden verbessert.<br />

Buddecke: Auch wir haben eine App für<br />

Prävention und Gesundheitstipps – sie<br />

heißt BayFit. Für regelmäßige Übungen<br />

bekommt ein Kunde eine Prämienrückerstattung<br />

von bis zu 150 Euro. Darüber<br />

hinaus haben wir weitere Ideen in der<br />

Planung. Generell ist die Herausforde-


GIPFELTREFFEN Biometrie<br />

rung, Präventionsmaßnahmen zu finden,<br />

die Kunden nicht als Bevormundung<br />

empfinden; und das unter der Prämisse,<br />

dass die Budgets der Versicherer dafür<br />

knapp sind. Kein Versicherer ist in der<br />

Lage, einem Kunden jedes Jahr 1.000 Euro<br />

für den Besuch eines Gesundheitskurses<br />

zu bezahlen. Gleichwohl ist das Thema<br />

Prävention die Zukunft in der Versicherungswirtschaft.<br />

Diercks: Was meine Kollegen gerade<br />

gesagt haben, unterstütze ich. Ergänzend<br />

weise ich auf die Bedeutung von Transparenz<br />

hin. Dass Versicherer im Bereich Gesundheitsvorsorge<br />

inzwischen ein breites<br />

Leistungsangebot haben, muss vom Vertrieb<br />

stärker kommuniziert werden. Wir<br />

brauchen unsere Vertriebspartner auch<br />

für die Information, dass es einem Kunden<br />

gesundheitlich nicht mehr gut geht.<br />

eid für die Branche, dass Dritte bezahlt<br />

werden müssen, um Leistungsansprüche<br />

gegenüber Versicherern zu regulieren.<br />

Buddecke: Also, diese These ist Schwachsinn<br />

– Entschuldigung! Das eine hat mit<br />

dem anderen nichts zu tun. Vielen Kunden<br />

fällt es schwer, in der Leistungsregulierung<br />

alle erforderlichen Informationen beim<br />

Versicherer einzureichen. Da kann es sehr<br />

sinnvoll sein, wenn der Versicherer einen<br />

externen Dienstleister zur Verfügung<br />

stellt. Die Bayerische hat diesen Service<br />

grundsätzlich auch, aber noch nicht in die<br />

Versicherungsbedingungen aufgenommen,<br />

sodass wir im Rating von Morgen &<br />

Morgen nicht auftauchen. Aber ich erinnere<br />

wieder an die Kalkulation. Die Kosten<br />

für den externen Dienstleister müssen im<br />

Tarif berücksichtigt werden.<br />

Einerseits ist es uns offen gestanden<br />

DESHALB SAGEN VERSICHERER »NEIN«<br />

Ablehnungsgründe in der Leistungsprüfung der Berufsunfähigkeitsversicherung<br />

Angaben in %, 2019<br />

Erst dann können wir mit gezielter Hilfe<br />

ansetzen. Also: Kunden sollen und können<br />

auf uns zukommen, aber auch Makler mit<br />

entsprechender Erlaubnis.<br />

Schinnenburg: Kommen wir bitte zum<br />

Thema Leistungsregulierung. Die Agentur<br />

Morgen & Morgen hat ihre Ratings um die<br />

Frage erweitert, ob der Versicherer eine<br />

unabhängige Leistungsberatung bezahlt.<br />

Meine These: Das ist ein Offenbarungs-<br />

Nichterreichung des<br />

versicherten BU-Grads 49<br />

keine Reaktion des Kunden 12<br />

Verletzung der vorvertraglichen<br />

Anzeigepflicht 13<br />

Anfechtung bzw. Betrugsfall 8<br />

Ausschlussklauseln 2<br />

Konkrete Verweisung 0,7<br />

Abstrakte Verweisung 0,5<br />

Sonstige Gründe 13<br />

Quelle: GDV<br />

oft sehr lieb, wenn ein Kunde sich im<br />

Leistungsfall extern beraten lässt. So<br />

erhalten wir schneller alle Informationen<br />

und können zügig regulieren. Andererseits<br />

darf BU-Schutz nicht zu teuer werden.<br />

Wir selbst helfen und begleiten Kunden<br />

im Leistungsfall natürlich auch, etwa per<br />

Telefon-Hotline. Zudem ordnen wir jedem<br />

Kunden einen Sachbearbeiter zu. Da sind<br />

wir auch in Zeiten der Digitalisierung sehr<br />

persönlich.<br />

Diercks: Ich bin der Meinung von Herrn<br />

Buddecke: Die These ist völliger Schwachsinn.<br />

Und ich möchte nochmals betonen:<br />

Wenn jemand einen BU-Antrag stellt,<br />

dann geht es diesem Menschen wirklich<br />

nicht gut. In dieser Situation und zwischen<br />

oft mehreren Arztterminen auch noch<br />

einen Verwaltungsakt zu starten, nämlich<br />

die Leistungsregulierung, ist nicht leicht;<br />

da ist jede Hilfe Gold wert. Swiss Life<br />

strebt einen einfachen, unbürokratischen<br />

Antragsprozess an. Auch wir stellen einen<br />

persönlichen Ansprechpartner zur Verfügung,<br />

damit unser Kunde den Sachverhalt<br />

nicht mehrmals unterschiedlichen<br />

Personen erklären muss. Und auch wir<br />

bieten einen Telefonservice von maximal<br />

15 Minuten, in dem wichtige Fragen zum<br />

Antrag geklärt werden. Wesentlich bei der<br />

Leistungsregulierung ist die Kommunikationskette<br />

zwischen Arzt, Kunde und Versicherer.<br />

Jede Unterstützung auf diesem<br />

Weg, sei es in Form von mehr Transparenz,<br />

Entbindung von der Schweigepflicht oder<br />

Prozessvereinfachung, ist willkommen.<br />

John: Prozessvereinfachung ist ein gutes<br />

Stichwort. Ich erkenne eher einen Offenbarungseid<br />

des BU-Antragsprozesses.<br />

Allenfalls eine Patentanmeldung ist<br />

ähnlich komplex. Einem Antrag auf BU-<br />

Rente steht der Kunde im ersten Moment<br />

oft allein, in der Regel einmalig und auf<br />

jeden Fall erstmals gegenüber. Der Einsatz<br />

externer Dienstleister ist auch ein Versuch,<br />

da mehr Struktur reinzukriegen. Wir<br />

bieten solchen Service nicht an. Bei einer<br />

Leistungsfallablehnung übernehmen wir<br />

auf Wunsch eines Kunden aber Anwaltskosten<br />

in Höhe von maximal 500 Euro zur<br />

Überprüfung unserer Entscheidung. Die<br />

Beweislast liegt nun mal beim Kunden.<br />

Um es unseren Versicherungsnehmern<br />

leichter zu machen, haben wir gemeinsam<br />

mit einem externen Partner unsere<br />

Bedingungen optimiert. Jetzt ist für den<br />

Leistungsfall genau definiert, welche<br />

Pflichten der Kunde hat und was genau er<br />

vorlegen muss. Dann weiß er bereits bei<br />

Vertragsabschluss, was im Leistungsfall<br />

auf ihn zukommt. Umgekehrt gilt auch für<br />

uns verbindlich, welche Angaben, Gutachten<br />

und so weiter wir vom Kunden haben<br />

möchten.


Biometrie GIPFELTREFFEN<br />

»Bei BU-Policen kommen<br />

bestimmte Berufsgruppen<br />

in den Genuss eines<br />

super Preis-Leistungs-<br />

Verhältnisses.«<br />

Sandra John, LV 1871<br />

Buddecke: Ich erinnere an unseren<br />

gesellschaftlichen Auftrag. Lasst uns bitte<br />

aufhören, die BU-Versicherung für die<br />

einfachen Risiken immer günstiger und<br />

gleichzeitig leistungsstärker zu machen,<br />

weil wir immer wieder irgendwelche<br />

Klauseln in die Bedingungswerke reinschreiben.<br />

Denn dann kümmern wir uns<br />

irgendwann wirklich nur noch um die<br />

akademischen Berufe und werden die<br />

Berufsgruppen mit den komplexen Risiken<br />

komplett verlieren.<br />

Schinnenburg: Der Versicherungswirtschaft<br />

wird auch immer wieder der<br />

Vorwurf gemacht, angesichts einer durchschnittlichen<br />

BU-Rente von 1.213 Euro<br />

würde falsch beraten, das sei zu wenig.<br />

Herr Diercks, wie sehen Sie das?<br />

Diercks: Dazu ein Vergleich: Aktuell<br />

beziehen rund 1,8 Millionen Menschen in<br />

Deutschland eine staatliche Rente wegen<br />

Erwerbsminderung. Deren Höhe liegt bei<br />

869 Euro im Monat. Das ist nett, aber<br />

definitiv nicht ausreichend. Wenn man die<br />

im Schnitt rund 1.200 Euro der privaten<br />

Absicherung hinzuaddiert, sieht das Bild<br />

schon viel besser aus. Vom Durchschnittsverdienst<br />

eines Bundesbürgers ist das<br />

dann nicht mehr ganz so weit weg. Gleichwohl<br />

ist eine bedarfsgerechte und damit<br />

in der Regel auch höhere BU-Absicherung<br />

wünschenswert. Aber noch wichtiger ist<br />

eben, möglichst viele Menschen in die<br />

private Absicherung zu bekommen. Jeder,<br />

der auch nur 500 Euro BU-Rente erhält,<br />

ist finanziell unabhängiger als jemand<br />

ohne.<br />

Buddecke: Dass die durchschnittliche BU-<br />

Rente so niedrig ist, liegt oft schlicht und<br />

einfach daran, dass sich viele Menschen<br />

eine höhere Absicherung nicht leisten<br />

können. Ich weiß, das ist jetzt wieder<br />

ein Plädoyer, aber es darf nicht immer<br />

nur heißen: Leistung, Leistung, Leistung!<br />

Wir als Branche fangen an, Themen aus<br />

Marketingsicht nach oben zu drücken,<br />

um mehr Prämie nehmen zu können; der<br />

Verzicht auf abstrakte Verweisung<br />

Sandra John ist Leiterin<br />

Risiko- und Leistungsprüfung<br />

bei der Lebensversicherung von<br />

1871 a. G. München (LV 1871).<br />

Bevor sie 2018 die Leitung des<br />

Bereichs übernahm, war sie elf<br />

Jahre in der Leistungsregulierung<br />

des Versicherers tätig und<br />

seit 2011 auch für diese verantwortlich.<br />

Die Fachanwältin für<br />

Versicherungsrecht hat Jura<br />

in Passau studiert und an der<br />

Ludwig-Maximilians-Universität<br />

in München einen Master of<br />

Insurance absolviert.


GIPFELTREFFEN Biometrie<br />

ist ein Beispiel. Stattdessen sollten<br />

wir versuchen, die BU-Rente zu erhöhen<br />

und, wenn dafür notwendig, auch die<br />

Leistungen etwas zu reduzieren. Um so<br />

etwas umsetzen zu können, bietet die<br />

Bayerische ein Baukastenprinzip an. Je<br />

nach ihrer aktuellen Lebensphase können<br />

Kunden flexibel agieren und zum Beispiel<br />

Leistungen hinzunehmen. Unsere Erweiterungsgarantie<br />

bietet viele Möglichkeiten.<br />

Studenten zum Beispiel können bis zu<br />

1.000 Euro Rente nachversichern.<br />

John: Tatsächlich spielt die abstrakte<br />

Verweisung in der Leistungsprüfung fast<br />

keine Rolle. Herr Schinnenburg nannte<br />

vorhin die durchschnittliche BU-Rente<br />

in Höhe von 1.213 Euro. In unserem Haus<br />

beträgt die versicherte Rente im Schnitt<br />

1.500 Euro. Das ist nicht schlecht. Unser<br />

Schwerpunkt liegt auf jungen Menschen.<br />

Bestimmte Studentengruppen können bei<br />

uns bis zu 2.000 Euro absichern. Das hat<br />

natürlich auch was mit dem Einkommen<br />

zu tun. Die Aufgabe von Vermittlern ist,<br />

jeden einzelnen Kunden zu begleiten und<br />

sukzessiv Leistung nachzuversichern. Die<br />

Möglichkeit zur Nachversicherung bieten<br />

schließlich fast alle Versicherer an.<br />

Schinnenburg: Ich möchte noch einmal<br />

das Thema Grundfähigkeiten ansprechen.<br />

Ich behaupte, dass die vielen neuen<br />

Leistungsauslöser die Leistung eher<br />

Angaben in %, 2019<br />

»Oft ist eine Grundfähigkeitsversicherung<br />

ein vollwertiges Instrument<br />

zur Absicherung<br />

der Arbeitskraft.«<br />

Jan-Peter Diercks, Swiss Life<br />

einschränken als ausbauen. Zudem verkomplizieren<br />

sie das Produkt. Unterstützt<br />

jemand aus dieser Runde diese These?<br />

Buddecke: Nein, unterstütze ich nicht.<br />

Ich habe mich bei der Bayerischen für die<br />

Einführung eines Einsteigertarifs starkgemacht;<br />

den Body-Tarif haben wir jetzt<br />

auch. Er richtet sich an Handwerker und<br />

setzt bewusst nur auf Leistungsauslöser,<br />

die handwerklich arbeitende Menschen<br />

brauchen. So realisieren wir ein vernünftiges<br />

Preis-Leistungs-Verhältnis. Mit<br />

solchen Angeboten erreichen wir Kunden,<br />

für die eine Absicherung aus finanziellen<br />

Gründen sonst nicht realisierbar wäre.<br />

All diese Menschen sollen bei der Bayerischen<br />

ihre Heimat finden.<br />

Diercks: Völlig richtig. Man darf’s nicht zu<br />

kompliziert machen. Die BU ist die Königsdisziplin.<br />

Aber die Fachbereiche darunter<br />

VERSICHERER SAGEN MEISTENS »JA«<br />

Annahme von Verträgen in der Berufsunfähigkeitsversicherung<br />

Risikoprüfung<br />

policierte und<br />

nicht-policierte<br />

Anträge<br />

Angenommene Verträge<br />

ohne Zuschläge oder Ausschlüsse 87<br />

Angenommene Verträge<br />

mit Zuschlägen (ohne Ausschlüsse) 3<br />

Angenommene Verträge<br />

mit Ausschlüssen (ohne Zuschläge) 10<br />

Angenommene Verträge<br />

mit Ausschlüssen UND Zuschlägen 2<br />

Anträge, die nicht policiert werden,<br />

da keine Rückmeldung vom Kunden 4<br />

Abgelehnte (nicht policierte) Anträge<br />

gesamt 4<br />

Quelle: GDV<br />

sind auch nicht schlecht. Auf Kongressen,<br />

Messen und sonstigen Veranstaltungen<br />

sprechen die Teilnehmer fast ausschließlich<br />

über die BU und viel zu wenig über<br />

andere Absicherungen. Dabei ist in vielen<br />

Fällen zum Beispiel eine Grundfähigkeitsversicherung<br />

ein vollwertiges Instrument<br />

zur Absicherung der Arbeitskraft. Ohne<br />

einen solchen Schutz stünden allzu oft<br />

ganze Familien finanziell blank da, wenn<br />

der Haupt- und Alleinverdiener wegen<br />

Krankheit oder Unfall nicht mehr einsatzfähig<br />

ist.<br />

Ich möchte heute auch mit einem<br />

Plädoyer schließen: Lasst uns alle in der<br />

Branche mehr über die Alternativen zu<br />

einer BU-Police sprechen. Auch wir haben<br />

zum Beispiel eine Grundfähigkeitsversicherung<br />

im Angebot, die meiner Meinung<br />

nach im Vertrieb und bei Kunden zu wenig<br />

Anklang findet. Und auch wir bieten einen<br />

Baukasten aus verschiedenen Segmenten.<br />

Daraus können auch Vermittler wunderbare<br />

Absicherungskonzepte bauen, denn<br />

die Produkte sind kombinierbar. Zu einer<br />

BU-Rente von 1.000 Euro kommt dann<br />

vielleicht noch eine Absicherung von<br />

Grundfähigkeiten oder Ähnliches. Über<br />

solche Konzepte sollten wir im Markt<br />

reden.<br />

John: Wie gesagt, LV 1871 bietet bisher<br />

keine Grundfähigkeitsversicherung an.<br />

Sie ist ein guter Ansatz, solange sie den<br />

Verlust von Grundfähigkeiten wie Gehen,<br />

Sehen, Reden und Hören finanziell deckt.<br />

Das Produkt darf aber nicht als verkappte<br />

BU-Police daherkommen. Das ist schnell<br />

der Fall, wenn Versicherer versuchen,<br />

auch diese Absicherung mit Bausteinen<br />

wie Psyche aufzupeppen. Dann wird das<br />

Produkt tatsächlich unnötig verkompliziert.<br />

Bereits die Urform einer Grundfähigkeitsversicherung<br />

ist meiner Meinung<br />

nach kein einfaches Produkt. Die Leistungsprüfung<br />

zum Beispiel ist auch nicht<br />

gerade einfach. Die LV 1871 verfolgt einen<br />

anderen Ansatz. Anfang 2023 werden wir<br />

mit einem marktgerechten Angebot über<br />

Zielgruppenkonzepte – zum Beispiel die<br />

wichtige Gruppe der Facharbeiter – weitere<br />

Gruppen fokussieren und verstärkt<br />

von der BU-Versicherung überzeugen.<br />

Schinnenburg: Meine Dame und meine<br />

Herren, herzlichen Dank!


Erfolgsmodell oder<br />

Ladenhüter –<br />

die Zukunft der PKV<br />

PKV-Kongress<br />

07. Dezember · 10:00 Uhr


HÖHEPUNKTE DES JAHRES Versicherungen<br />

HIGHLIGHTS <strong>2022</strong><br />

GDV-Schadensquoten ++ Run-off ++ Koppelprodukte ++ Sozialpartnermodell ++ DKM ++ Riester-Rente<br />

Oktober<br />

GDV: FALSCHE SCHADENSQUOTEN<br />

BEI DER D&O-VERSICHERUNG<br />

Der GDV hat für die Jahre 2017 bis 2021 versehentlich um<br />

mehr als 50 Prozent zu hohe Schadensquoten in der D&O-<br />

Versicherung ausgewiesen. Teils waren diese um mehr als 100<br />

Millionen Euro höher angegeben, als die Versicherer tatsächlich<br />

an Schadensleistungen ausgezahlt hatten. Laut GDV ging<br />

der Fehler auf falsche Meldungen eines einzelnen Mitgliedsunternehmens<br />

zurück. Brisant: Manche Versicherer hatten für die<br />

auch Managerhaftpflicht genannte Police in den letzten Jahren<br />

Prämiensteigerungen von bis zu 1.000 Prozent sowie die gesunkenen<br />

Zeichnungskapazitäten auch mit den hohen Schadensleistungen<br />

begründet. Hier dürften Firmenkunden nun<br />

einigen Gesprächsbedarf mit ihren D&O-Vermittlern haben.<br />

November<br />

ÄRGER UM KOPPELPRODUKT-STUDIE<br />

Das Institut für Finanz- und Aktuarwissenschaften (ifa) hat<br />

dem Bund der Versicherten (BdV) fachliche Fehler bei seinem<br />

Vergleich von Koppelprodukten mit separat abgeschlossenen<br />

SBU- und Rentenversicherungen vorgeworfen. Laut BdV sind<br />

separate Produkte die bessere Wahl für die Kunden. Das ifa<br />

hingegen hatte vor zwei Jahren mit einer eigenen Studie eruiert,<br />

dass Koppelprodukte in vielen Fällen sinnvoll sein können.<br />

Der BdV wies die ifa-Kritik als nicht praxistauglich zurück. Makler<br />

müssen letztlich selbst abwägen, welche Tarifkombination<br />

für ihre Kunden am besten geeignet ist.<br />

Juni, Juli<br />

RUN-OFF: AXA UND ZURICH<br />

VERKAUFEN BESTÄNDE<br />

Sommerschlussverkauf: Die Axa hat rund 900.000 alte Lebensund<br />

Rentenversicherungspolicen (ein Fünftel ihres Leben-<br />

Bestands) an die Run-off-Plattform Athora verkauft. Kurz zuvor<br />

hatte die Zurich Gruppe Deutschland angekündigt, 720.000<br />

alte Verträge in eine neu gegründete Gesellschaft zu überführen,<br />

um sie an die Frankfurter Viridium Gruppe zu verkaufen.<br />

46 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|22


Versicherungen HÖHEPUNKTE DES JAHRES<br />

Oktober<br />

ERSTES SOZIALPARTNER-<br />

MODELL STARTET<br />

Die BaFin hat fast fünf Jahre nach der gesetzlichen<br />

Erlaubnis das erste branchenweite Sozialpartnermodell<br />

genehmigt. Die Gewerkschaften Ver.di und IGBCE, das<br />

Energieunternehmen Uniper, der Arbeitgeberverband<br />

energie- und wasserwirtschaftlicher Unternehmungen<br />

sowie die Arbeitgebervereinigung Bayerischer Energieversorgungsunternehmen<br />

haben einen gemeinsamen<br />

Tarifvertrag zur reinen Beitragszusage (rBZ)<br />

vereinbart. Dieser tritt am 1. Januar 2023 in Kraft und<br />

ist erstmals zum 1. Januar 2033 kündbar. Versorgungsträger<br />

ist der Metzler Sozialpartner Pensionsfonds.<br />

Oktober<br />

DKM FAST WIEDER IM NORMALZUSTAND<br />

Die Leitmesse der Versicherungswirtschaft DKM fand<br />

zum 25. Mal statt. Nach einer rein digitalen DKM 2020<br />

und einer hybriden DKM 2021 traf sich die Branche nun<br />

endlich wieder umfassend persönlich in den Dortmunder<br />

Westfalenhallen. Die Besucher- und Ausstellerzahlen der<br />

Vor-Pandemie-Zeit wurden jedoch nicht erreicht: 276<br />

Aussteller (2019: 358), 13 Fachkongresse (17) und vier<br />

Themenparks (acht) sowie neue Formate für Austausch<br />

und Networking wurden geboten, insgesamt wurden<br />

rund 13.300 Besucher an den drei Messetagen verzeichnet<br />

(17.500).<br />

Oktober<br />

Heimlicher Beitragsanstieg<br />

Laut Krankenkassen-Stabilisierungsgesetz<br />

müssen Kassen ihre Versicherten<br />

aktuell nicht über die Erhöhung<br />

des durchschnittlichen Zusatzbeitrags<br />

um 0,3 Prozentpunkte inklusive<br />

der damit verbundenen Wechselmöglichkeit<br />

informieren. Grund: die<br />

Einsparung von Verwaltungskosten.<br />

August<br />

Aus für FinTech Vantik<br />

Das Start-up Vantik ist insolvent und<br />

hat im Oktober sein Geschäft eingestellt.<br />

Zuvor war laut Vantik im Mai<br />

eine geplante Finanzierungsrunde<br />

geplatzt. Das Start-up bot Kunden<br />

eine Bankkarte, die per Cashback<br />

eine Altersvorsorge aufbauen sollte.<br />

Juni<br />

Ideal kauft Netto-Spezis<br />

Die Ideal Versicherung hat ihr Geschäft<br />

mit Nettotarifen ausgebaut.<br />

Die Berliner verleibten sich die Netto-<br />

und Honorarspezialisten von my-<br />

Life und HonorarKonzept ein. Über<br />

den Kaufpreis haben die Parteien<br />

Stillschweigen vereinbart. myLife<br />

und HonorarKonzept sollen trotz der<br />

Übernahme weiter eigenständig am<br />

Standort Göttingen agieren.<br />

Januar, März<br />

RÜCKZUG AUS<br />

RIES TER-RENTE<br />

Zu Jahresbeginn gab die Deka die<br />

Einstellung des Neugeschäfts zur<br />

Riester-Rente bekannt. Grund sind<br />

die Kosten der Beitragsgarantie<br />

bei geförderten Altersvorsorgeprodukten.<br />

Zuvor hatten bereits DWS,<br />

Debeka und die Stuttgarter Riester-<br />

Produkte aus ihrer Produktpalette<br />

entfernt. Die Gesamtzahl der Riester-<br />

Verträge sank im ersten Quartal <strong>2022</strong><br />

um 54.000 auf 16,157 Millionen.<br />

Juli<br />

INSURETECH WEFOX<br />

SAMMELT WEITER EIN<br />

Das Berliner Start-up wefox ist nun mit<br />

4,5 Milliarden Dollar bewertet. Im Sommer<br />

konnten 400 Millionen Dollar von Investoren<br />

eingesammelt werden. Mit dem<br />

Funding will wefox das Geschäft in Europa<br />

ausbauen. 2024 ist ein Einstieg in den<br />

US-Markt geplant.<br />

September<br />

Rollinger neuer GDV-Chef<br />

Der Gesamtverband der Deutschen<br />

Versicherungswirtschaft (GDV) erhält<br />

einen neuen Präsidenten: R+V-Vorstandsvorsitzender<br />

Norbert Rollinger<br />

(58) löst Wolfgang Weiler ab, der<br />

viele Jahre lang Vorstandssprecher<br />

des Kfz-Versicherers Huk-Coburg war<br />

und nach fünf Jahren als GDV-Präsident<br />

aus dem Amt ausschied.<br />

Lesen Sie die Hintergründe, Zusatzberichte<br />

und Interviews zu diesen und<br />

weiteren Highlights des Jahres unter:<br />

www.<strong>procontra</strong>-online.de/<strong>2022</strong><br />

Illustrationen: Eleonora Mavromati<br />

47


VERSICHERUNGEN Pflegevorsorge<br />

»Das Pflegerisiko<br />

nicht privatisieren«<br />

Seit einem Jahr ist die Pflegereform von Jens Spahn in Kraft. Oliver Blatt, Leiter der Abteilung<br />

Gesundheit des Verbands der Ersatzkassen (vdek), zieht Bilanz und wagt Prognosen.<br />

– TEXT: ANNE MAREILE WALTER –<br />

<strong>procontra</strong>: Vor gut einem Jahr wurde die<br />

Pflegereform von Jens Spahn eingeführt.<br />

Was hat sich seitdem verbessert?<br />

Oliver Blatt: Leider war die Pflegereform<br />

von Jens Spahn ein Stückwerk, keine Reform<br />

aus einem Guss. Daher wird sie auch<br />

oftmals „kleine Pflegereform“ genannt.<br />

Trotzdem sehe ich die Lage nicht nur pessimistisch:<br />

Die Soziale Pflegeversicherung ist<br />

und bleibt eine wichtige Säule der sozialen<br />

Sicherungssysteme in unserem Land, und<br />

sie hat seit ihrer Einführung schon so manche<br />

Herausforderung gemeistert. Und die<br />

Reform war für Pflegebedürftige auch ein<br />

Fortschritt: Seitdem gibt es Zuschüsse zu<br />

den Eigenanteilen, die nach der Dauer des<br />

Heimaufenthalts gestaffelt sind. Allein in<br />

diesem Jahr werden dafür drei Milliarden<br />

Euro ausgegeben. Das ist schon eine Menge<br />

Geld, um Pflegebedürftige zu entlasten.<br />

Und wer drei Jahre lang im Heim ist, wird<br />

um 70 Prozent bei den pflegebedingten<br />

Kosten entlastet. Fakt ist, dass mit diesen<br />

Zuschüssen ganz sicher die Sozialhilfeträger<br />

entlastet werden. Was aber nicht angegangen<br />

wurde, ist das Problem, dass wir<br />

in der Sozialen Pflegeversicherung immer<br />

» Mit den Zuschüssen<br />

werden ganz sicher<br />

die Sozialhilfeträger<br />

entlastet. Was aber<br />

nicht angegangen<br />

wurde, ist das<br />

Problem, dass wir<br />

immer noch auf ein<br />

gewaltiges Defizit<br />

zusteuern.«<br />

48 Foto: vdek


Pflegevorsorge VERSICHERUNGEN<br />

noch auf ein gewaltiges Defizit zusteuern.<br />

<strong>procontra</strong>: Sie sagen es: Bisher profitieren<br />

von der Reform nur Patienten mit<br />

längerem Heimaufenthalt. Im Schnitt<br />

stirbt ein Drittel der Pflegeheimbewohner<br />

jedoch im ersten Jahr. Was muss sich denn<br />

ändern, damit Pflegebedürftige mit einer<br />

kürzeren Verweildauer von der Reform<br />

profitieren?<br />

Blatt: Generell halte ich es für nachvollziehbar,<br />

Pflegebedürftige mit einer längeren<br />

Aufenthaltsdauer stärker zu entlasten –<br />

weil die finanziellen Belastungen bei ihnen<br />

einfach größer sind. Unser Vorschlag zur<br />

Entlastung aller Pflegebedürftigen: Die<br />

Investitionskosten sollten endlich von<br />

den Ländern übernommen und damit alle<br />

Pflegebedürftigen entlastet werden. Bislang<br />

gibt es die Zuschüsse nur für die pflegebedingten<br />

Kosten, die Aufwendungen<br />

für „Unterkunft und Verpflegung“ sowie<br />

„Investitionen“ müssen weiter aus eigener<br />

Tasche finanziert werden.<br />

<strong>procontra</strong>: Wo sehen Sie weitere Schwachstellen<br />

der Reform?<br />

Blatt: Viele Probleme wurden nicht<br />

grundlegend angegangen, auch wenn es<br />

gute Ansätze zur Entlastung der Pflegebedürftigen<br />

gibt. Dass sich Ende des Jahres<br />

eine gewaltige Finanzierungslücke von 2,5<br />

Milliarden Euro auftun wird, können wir<br />

nur immer wieder anmahnen. Welches<br />

politische Konzept greifen soll, um diese<br />

Lücke abzufedern, ist unklar. Vor der Pandemie<br />

war die Soziale Pflegeversicherung<br />

gut aufgestellt. Pandemiebedingt musste<br />

sie dann acht Milliarden Euro leisten, um<br />

Schutzschirme für Pflegeeinrichtungen zu<br />

finanzieren. Von den acht Milliarden wurden<br />

nur drei Milliarden durch Steuergelder<br />

gegenfinanziert. Das schreit geradezu<br />

danach, das Pflegesystem mithilfe von<br />

Steuergeldern stabiler aufzustellen.<br />

<strong>procontra</strong>: „Bei so hohen Eigenanteilen<br />

bleibt Pflegebedürftigkeit ein Armutsrisiko.“<br />

Das sagte vdek-Vorstandsvorsitzende<br />

Ulrike Elsner kürzlich und forderte eine<br />

politische Lösung. Wie sähe eine solche<br />

aus?<br />

Blatt: Wichtig ist, dass wir von der<br />

„Flickschusterei“ wegkommen und<br />

schnellstmöglich ein politisches Konzept<br />

erstellt wird, das mit fest verankerten<br />

und dynamisierten Steuerzuschüssen die<br />

Finanzierung auf ein solides Fundament<br />

stellt. Zudem fordern wir, die private<br />

Pflegeversicherung am Finanzausgleich der<br />

»Am Ende des Jahres<br />

wird sich eine gewaltige<br />

Finanzierungslücke<br />

von 2,5 Milliarden<br />

Euro auftun.«<br />

Sozialen Pflegeversicherung zu beteiligen.<br />

Das würde die Soziale Pflegeversicherung<br />

um rund zwei Milliarden Euro entlasten<br />

und wäre solidarisch, da die privaten<br />

Unternehmen in der Regel die Gesünderen<br />

und Besserverdienenden versichern.<br />

<strong>procontra</strong>: Seit 1. September gilt das<br />

sogenannte Tariftreuegesetz, laut dem<br />

Pfleger nach Tarif oder tarifähnlich bezahlt<br />

werden müssen. Werden die Kosten für die<br />

Pflegebedürftigen dadurch weiter steigen?<br />

Blatt: Zunächst einmal ist das Gesetz ein<br />

wichtiger Schritt dahin, dass der Pflegeberuf<br />

besser bezahlt und damit attraktiver<br />

wird. Zur Wahrheit gehört aber leider<br />

auch, dass das nicht zum „Nulltarif“ geschehen<br />

kann. Denn auf der anderen Seite<br />

steigen dadurch die Kosten für die Pflegebedürftigen<br />

weiter. Als Kassen sind wir<br />

in der Regel auch verpflichtet, gestiegene<br />

Personalkosten eins zu eins zu bezahlen.<br />

Daher werden die Eigenanteile weiter<br />

steigen, flankiert durch die steigenden<br />

Energiekosten und die Inflation.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie nötig ist vor dem Hintergrund<br />

der Abschluss von privatem<br />

Pflegezusatz?<br />

Blatt: Als zusätzliche Absicherung gegen<br />

das Pflegerisiko kann das im Einzelfall<br />

natürlich sinnvoll sein. Schwierig wird es<br />

nur, wenn man anfängt, das Pflegerisiko<br />

in großem Maße zu privatisieren. Dann<br />

haben wir schnell die Problematik, dass<br />

sich nicht jeder die Prämien leisten kann –<br />

und wenn der private Pflegezusatz nicht in<br />

„jungen Jahren“ abgeschlossen wird, ist er<br />

im Alter dann kaum noch bezahlbar. Als<br />

Erstes muss also die Soziale Pflegeversicherung<br />

ordentlich aufgestellt werden, damit<br />

es nicht zu folgendem Szenario kommt:<br />

Die Soziale Pflegeversicherung wird auf ein<br />

Minimum zurückgefahren und den Rest<br />

machen die Menschen bitte privat. Die<br />

Soziale Pflegeversicherung sollte weiterhin<br />

das größte Risiko abfedern.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie sieht Ihre Prognose für das<br />

System der gesetzlichen Pflegeversicherung<br />

aus? Wird die Schere zwischen Arm und<br />

Reich weiter aufgehen?<br />

Blatt: Altersarmut hängt schon davon ab,<br />

wie die Menschen im Pflegefall abgesichert<br />

sind. Als „sozialer Kitt“ unserer Gesellschaft<br />

trägt die Soziale Pflegeversicherung<br />

dazu bei, das finanzielle Pflegerisiko für<br />

Pflegebedürftige und Angehörige deutlich<br />

abzufedern. Hinzufügen muss man aber:<br />

Altersarmut hat auch mit Bildung und<br />

Erwerbsbeteiligung zu tun.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie kann die Pflegeversorgung<br />

denn künftig auf ein sicheres Fundament<br />

gestellt werden?<br />

Blatt: Mit über 4,6 Millionen Leistungsempfängern,<br />

mehr als 30.000 Pflegeeinrichtungen<br />

und Leistungsausgaben von<br />

fast 54 Milliarden Euro 2021 ist die<br />

Soziale Pflegeversicherung bereits heute<br />

ein sicheres Fundament für die Pflegeversorgung.<br />

Dafür sorgen auch die Angehörigen<br />

und die Pflegekräfte. Gerade die<br />

Angehörigen dürfen wir als „den größten<br />

Pflegedienst“ auch in der Zukunft nicht<br />

aus den Augen verlieren. Und in dem<br />

Punkt ist auch schon einiges auf den Weg<br />

gebracht worden. So lagen beispielsweise<br />

die <strong>Ausgabe</strong>n der Pflegekassen für die<br />

soziale Sicherung der Pflegepersonen 2021<br />

bei mehr als drei Milliarden Euro.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie hilfreich sind hier die Pläne<br />

der Bundesregierung, die soziale Pflegeversicherung<br />

um eine „freiwillige, paritätisch<br />

finanzierte Vollversicherung“ zu ergänzen?<br />

Blatt: Diese Formulierung aus dem Koalitionsvertrag<br />

ist nicht eindeutig, und es<br />

stellt sich die Frage, wie das gemeint ist.<br />

Will man die Soziale Pflegeversicherung als<br />

Vollversicherung aufstellen, ohne Eigenanteile?<br />

Wenn das dahintersteht, dann<br />

gehört zur Wahrheit auch die Frage dazu:<br />

Wie bekommt man das solide finanziert?<br />

Zudem müsste in diesem Fall das Leistungssystem<br />

umgestellt werden, denn<br />

auch in einer „Vollversicherung“ bedarf<br />

es Regeln und Mechanismen, welche den<br />

Leistungsanspruch im Einzelfall definieren.<br />

Wenn damit aber gemeint ist, dass neben<br />

der Sozialen Pflegeversicherung ein großes<br />

privates System aufgebaut wird, dann<br />

sehen wir das sehr kritisch. Weil sich dann<br />

die Frage stellt: Wer kann sich das am<br />

Ende wirklich leisten? <br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

49


VERSICHERUNGEN Vorzugsrente<br />

RENTE MIT<br />

GEWISSEN VORZÜGEN<br />

Das Alleinstellungsmerkmal der Versicherer, die lebenslange Rente, kommt seitens<br />

Verbraucherschützern unter Beschuss. Der Vorwurf: Die Versicherer kalkulieren mit zu hohen<br />

Lebenserwartungen. Das Modell der Vorzugsrente könnte hier Abhilfe schaffen.<br />

– TEXT: MARTIN THALER –<br />

50 Illustration: Roman Kulon


Vorzugsrente VERSICHERUNGEN<br />

„Alt wie ein Baum möchte ich werden,<br />

genau wie der Dichter es beschreibt“, besangen<br />

einst die Puhdys ihren Wunsch nach<br />

einem langen Leben. Man muss schon etwas<br />

suchen, um einen Popsong zu finden,<br />

der nicht die ewige Jugend, sondern das<br />

hohe Alter lobpreist. Die Erklärung liegt<br />

auf der Hand: Während die Jugend zumeist<br />

mit einer ausschweifenden Sorglosigkeit in<br />

Verbindung gebracht wird, verknüpft man<br />

das Alter eher mit Verantwortlichkeiten,<br />

Sorgen und Problemen – auch finanzieller<br />

Natur.<br />

Wie alt die Deutschen werden, ist eine<br />

Frage, die nicht nur in der Kunst, sondern<br />

auch der Versicherungswirtschaft von Bedeutung<br />

ist. Schließlich bewerben die Versicherer<br />

ihre privaten Rentenversicherungen<br />

mit der Auszahlung einer lebenslangen<br />

Rente – und die muss immer länger halten,<br />

wie Daten der gesetzlichen Rentenversicherung<br />

zeigen (siehe Grafik). Je älter die<br />

Versicherungsnehmer werden, desto länger<br />

muss die Rente ausgezahlt werden – entsprechend<br />

gilt es sicherzustellen, dass die<br />

Kalkulation stimmig ist.<br />

Aus Sicht des Verbraucherschutzes kann<br />

davon jedoch keine Rede sein. Der Vorwurf:<br />

Die Versicherer kalkulieren falsch –<br />

zu ihren Gunsten. „Auch wer erfolgreich<br />

und viel spart, bekommt trotzdem nur eine<br />

niedrige Riester-Rente, weil die Versicherungsunternehmen<br />

mit massiv überzogenen<br />

Lebenserwartungen kalkulieren“, bemängelte<br />

2020 der damalige Vorstandssprecher<br />

des Bunds der Versicherten Axel Kleinlein.<br />

So würden die Versicherer für zum damaligen<br />

Zeitpunkt 37-Jährige mit einer Lebenserwartung<br />

von 100 bis 150 Jahren kalkulieren,<br />

so der Vorwurf. Das Statistische<br />

Bundesamt würde hingegen eine Lebenserwartung<br />

von 87 bis 91 Jahren prognostizieren.<br />

1960<br />

1970<br />

1980<br />

1990<br />

2001<br />

2010<br />

2020<br />

2021<br />

GESETZLICHE RENTENVERSICHERUNG<br />

Durchschnittliche Rentenbezugsdauer in den alten Bundesländern<br />

Männer<br />

Frauen<br />

che Rentenzahlung aus. Wer letztlich deutlich<br />

mehr einzahlen muss, als er am Ende<br />

ausgezahlt bekommt, dürfte sich zweimal<br />

überlegen, ob er mittels privater Rentenversicherung<br />

vorsorgt. Eine mögliche Lösung<br />

für dieses Problem stammt aus Großbri-<br />

»Wir können uns<br />

vorstellen, eine<br />

Wahlmöglichkeit zur<br />

monatlichen Rentenzahlung<br />

anzubieten.«<br />

STEPHAN SCHMIDT, MDB (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)<br />

9,6<br />

10,6<br />

10,3<br />

11,0<br />

12,7<br />

13,8<br />

13,9<br />

14,3<br />

16,5<br />

17,2<br />

18,3<br />

18,5<br />

18,8<br />

20,5<br />

21,4<br />

21,5<br />

Quelle: Deutsche Rentenversicherung<br />

LÖSUNG AUS GROSSBRITANNIEN<br />

Zwar lässt sich diese Kritik fachlich entschärfen<br />

– schließlich blickt sie allein auf<br />

die garantierte Rente und vernachlässigt<br />

mögliche Überschussbeteiligungen. Doch<br />

für Menschen, die aufgrund von Erkrankungen,<br />

Übergewicht, Bluthochdruck oder<br />

anderer gesundheitlicher Einschränkungen<br />

mit einer deutlich geringeren Lebenserwartung<br />

rechnen müssen, können die Kalkulationen<br />

der Versicherer zum Problem werden.<br />

Denn je höher diese die Lebenserwartung<br />

ansetzen, desto geringer fällt die monatlitannien<br />

und nennt sich Vorzugsrente. Eingeführt<br />

wurden entsprechende Produkte<br />

bereits in den 90er-Jahren. Ihr Prinzip ist<br />

vergleichsweise simpel: Wer zu Rentenbeginn<br />

unter bestimmten Vorerkrankungen<br />

leidet und eine entsprechend kürzere Lebenserwartung<br />

aufweist, bekommt von<br />

seiner Versicherung eine höhere monatliche<br />

Rente ausgezahlt. Ausreichend Daten zur<br />

Lebenserwartung mit bestimmten Erkrankungen<br />

sind vorhanden, die Versicherer<br />

können entsprechend sauber kalkulieren.<br />

Doch obwohl entsprechende Produkte<br />

in Großbritannien bereits seit knapp 30<br />

Jahren auf dem Markt sind, haben sie den<br />

Sprung über den Ärmelkanal bislang nur<br />

in wenigen Fällen geschafft. Gerade einmal<br />

zwei Anbieter in Deutschland haben entsprechende<br />

Produkte in ihrem Portfolio: die<br />

Liechtenstein Life sowie die LV 1871.<br />

Bei den Münchenern wurde die Extra-<br />

Rente bereits 1999 eingeführt, damals als<br />

sofort beginnende Rente gegen Einmalbeitrag.<br />

„Inzwischen haben wir das Prinzip<br />

als eXtra-Renten-Option beispielsweise in<br />

unsere Mein-Plan-Familie integriert – ohne<br />

Mehrbeitrag“, berichtet Iris Bauer, Leiterin<br />

Produktmanagement und Produktentwicklung<br />

bei der LV 1871. In vielen Verträgen<br />

ist die Extra-Renten-Funktion bereits automatisch<br />

eingeschlossen – integriert ist<br />

sie unter anderem in der Basis-Rente, aber<br />

auch in der betrieblichen Altersversorgung.<br />

Das Prozedere läuft dabei wie folgt:<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

51


VERSICHERUNGEN Vorzugsrente<br />

Einmalig zum Rentenübergang kann<br />

die versicherte Person eine individuelle<br />

Einschätzung ihres Gesundheitszustands<br />

vornehmen lassen. Attestiert der Arzt dem<br />

Versicherungsnehmer schwere gesundheitliche<br />

Einschränkungen, erhält der Kunde<br />

ein Angebot zur Extra-Rente. „Die Höhe<br />

der Rente hängt vom Krankheitsbild und<br />

der damit erwarteten individuellen Lebenserwartung<br />

ab“, erklärt Bauer.<br />

Je nach Krankheitsbild kann sich der<br />

monatliche Rentenbeitrag für den Versicherungsnehmer<br />

deutlich erhöhen, wie zwei<br />

Beispiele zeigen. So bekäme ein 63-Jähriger<br />

mit der Diagnose Herzinfarkt (Bluthochdruck,<br />

erhöhtes Cholesterin, Raucher,<br />

Herzinfarkt vor einem Jahr) eine um 25<br />

Prozent höhere Rente als ohne Extra-Renten-Funktion.<br />

Bei der Diagnose Diabetes<br />

(seit 20 Jahren, mittlerweile insulinpflichtig,<br />

leichte Augenhintergrundveränderungen,<br />

BMI erhöht, erhöhte Cholesterinwerte,<br />

Bluthochdruck) fiele die monatliche<br />

Rentenzahlung indes um 20 Prozent höher<br />

aus. Die erhöhte Rente wird auch für den<br />

Fall ein Leben lang gezahlt, sollte der Versicherungsnehmer<br />

überraschend wieder genesen.<br />

Für den Versicherer lässt sich das dennoch<br />

sauber kalkulieren. „Für die Kalkulation<br />

der Lebenserwartung bei bereits<br />

vorliegenden schweren Erkrankungen gibt<br />

es gute Erfahrungen, auch für Versichertenbestände.<br />

Das Produkt ist in UK seit vielen<br />

Jahren erprobt. Wir arbeiten an dieser Stelle<br />

mit einem internationalen Rückversicherer<br />

zusammen, der über ein großes Portefeuille<br />

an versicherten Risiken im Bestand verfügt“,<br />

berichtet Bauer. Zudem übernehme<br />

der Rückversicherer einen Großteil des Risikos.<br />

KEIN INTERESSE<br />

Ein äußerst kundenfreundliches Modell,<br />

mit dem einer der Hauptkritikpunkte an<br />

privaten Rentenversicherungen entschärft<br />

wird, sollte man meinen. Und doch fristet<br />

die Vorzugsrente in der deutschen Versicherungslandschaft<br />

gerade einmal ein Nischendasein.<br />

Daran dürfte sich in naher<br />

Zukunft auch wenig ändern, wenn man<br />

sich in der Branche umhört. Bei der Alten<br />

Leipziger heißt es, dass man derzeit keine<br />

große Nachfrage nach Vorzugsrenten<br />

wahrnehme. „Dies liegt unter anderem daran,<br />

dass bei uns in erster Linie Rentenversicherungen<br />

nachgefragt werden, die neben<br />

»Für die Kalkulation<br />

der Lebenserwartung<br />

bei bereits vorliegenden<br />

schweren<br />

Erkrankungen gibt es<br />

gute Erfahrungen.«<br />

IRIS BAUER, LV 1871<br />

der reinen Rentenzahlung zusätzliche Todesfallleistungen<br />

bzw. Rückkaufsmöglichkeiten<br />

bieten. Diese reduzieren aus unserer<br />

Sicht den vermeintlichen Vorteil der Vorzugsrenten<br />

signifikant.“<br />

Auch der Volkswohl Bund arbeitet derzeit<br />

nicht an einer entsprechenden Police.<br />

In Dortmund vertritt man die Auffassung,<br />

dass Menschen, die befürchten, aus gesundheitlichen<br />

oder anderweitigen Gründen ihr<br />

Geld nicht aus ihrer privaten Rentenversicherung<br />

zurückzubekommen, sich für eine<br />

Kapitalabfindung entscheiden.<br />

Das Argument „geringe Akzeptanz“<br />

bringt auch die Bayerische gegen die Einführung<br />

einer Vorzugsrente an. Hinzu komme<br />

zusätzlicher Aufwand durch die Implementierung<br />

einer weiteren Gesundheitsprüfung<br />

vor dem Renteneintritt. So kommt auch die<br />

Bayerische für sich zu dem Schluss: „Aufgrund<br />

des erhöhten Aufwandes und der<br />

geringen Akzeptanz sehen wir aus heutiger<br />

Sicht keine großen Marktchancen in diesem<br />

Bereich in Deutschland.“<br />

Und die Politik? Insbesondere bei staatlich<br />

geförderten Produkten wie der Basis-<br />

oder aber der Riester-Rente, die einen<br />

Verrentungszwang inkludiert haben, wäre<br />

die Vorzugsrente eine interessante Option.<br />

Vor allem die kriselnde Riester-Rente, über<br />

deren Reformierung die Bundesregierung<br />

in dieser Legislaturperiode beraten will,<br />

könnte hierdurch – und durch das Drehen<br />

an manch anderer Stellschraube – für so<br />

manchen wieder interessanter werden.<br />

SKEPSIS IN DER POLITIK<br />

Doch auch hier begegnet man dem Konzept<br />

skeptisch. „Wir Grüne planen nicht,<br />

die Vorzugsrente bei der Reform der Riester-Rente<br />

zu integrieren“, sagt Stephan<br />

Schmidt , Mitglied für Bündnis 90/Die Grünen<br />

im Finanzausschuss. Persönlich finde er<br />

die Vorzugsrente gar problematisch, da sie<br />

die Menschen womöglich zu einem ungesunden<br />

Lebensstil anrege. Dieses Argument<br />

scheint doch etwas weit hergeholt zu sein.<br />

Nichtsdestotrotz will man auch bei den<br />

Grünen die private Vorsorge bei Menschen<br />

mit geringerer Lebenserwartung anregen.<br />

Statt der Vorzugsrente präferiert man bei<br />

der Regierungspartei indes eher eine Abkehr<br />

von der Verrentungspflicht. „Wir können<br />

uns vorstellen, eine Wahlmöglichkeit<br />

zur monatlichen Rentenzahlung anzubieten,<br />

zum Beispiel indem die Rente zum Rentenbeginn<br />

ausbezahlt wird“, so Schmidt .<br />

Einen Anstoß durch die Politik werden<br />

die Versicherer somit kaum bekommen.<br />

Entsprechend droht das in der Vorzugsrente<br />

schlummernde Potenzial weitgehend ungenutzt<br />

zu bleiben. Die Versicherer lassen somit<br />

eine Chance liegen, ihr Alleinstellungsmerkmal<br />

– die lebenslange Rentenzahlung<br />

– mit der bestehenden Kritik auszusöhnen.<br />

AUSBLICK 2023<br />

Ein deutschlandweiter Marktdurchbruch ist<br />

angesichts der großen Zweifel in der Branche<br />

kaum zu erwarten<br />

Durch Vertriebserfolge bestehender Konzepte<br />

könnten allerdings weitere Versicherer<br />

animiert werden, nachzuziehen<br />

Experten sind sich einig, dass die Hindernisse<br />

für die Vorzugsrente nicht aktuarieller,<br />

sondern lediglich vertrieblicher Natur sind<br />

Sofern die Verrentungspflicht bei Riester<br />

bestehen bleibt, könnte die Vorzugsrente<br />

für die Politik interessant werden<br />

52 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22


VERSICHERUNGEN Managerhaftung<br />

KRISEN-PUSH FÜR D&O<br />

Im Markt gibt es Indizien, dass Versicherer ein verstärktes Interesse an Neugeschäft<br />

im Bereich Managerhaftung haben. Eine Chance für Makler<br />

– TEXT: STEFAN TERLIESNER –<br />

Chef sein wird riskanter. Für Fehlentscheidungen<br />

haftet man mit seinem privaten<br />

Vermögen. Und in einer Welt voller Krisen,<br />

Kriege, Regularien, Lieferkettenproblemen<br />

und drohender Rezession können Manager<br />

schon mal danebenliegen, und zwar so fatal,<br />

dass das Unternehmen wirtschaftlichen<br />

Schaden nimmt. Auch für nicht getroffene<br />

Beschlüsse können Führungskräfte zur Verantwortung<br />

gezogen werden.<br />

MAKLER MIT FROHER BOTSCHAFT<br />

Anlässe für behauptetes oder tatsächliches<br />

Fehlverhalten gibt es viele, in der Innen-<br />

Gleichzeitig sind die Produkte – Managerhaftpflichtversicherung<br />

oder kurz: D&O-<br />

Policen – für Makler ein Türöffner zur<br />

Führungsetage eines Unternehmens und<br />

damit zu weiteren Anliegen wie betriebliche<br />

Krankenversicherung oder betriebliche Altersversorgung.<br />

D&O steht für die angelsächsischen<br />

Führungsorgane Directors and<br />

Officers – hierzulande Aufsichtsräte, Vorstände,<br />

Geschäftsführer, Prokuristen und<br />

andere Entscheidungsträger. Für Ansprüche<br />

gegen diese Manager spielt es keine<br />

Rolle, ob der Entscheidungsträger noch im<br />

Unternehmen arbeitet oder kürzlich ausgehaftung<br />

zum Beispiel Kontrollmängel,<br />

Verletzung von Berichtspflichten, Kalkulationsfehler<br />

oder kriminelles Verhalten von<br />

Mitarbeitern und in der Außenhaftung<br />

Insolvenz, Prospekthaftung oder Vertragsstreitigkeiten.<br />

Kommt es zu Ungereimtheiten,<br />

muss das Unternehmen vom verantwortlichen<br />

Manager Schadensersatz<br />

fordern und notfalls vor Gericht vertreten.<br />

Darauf sollten Makler die Führungskräfte<br />

unter ihren Kunden ruhig einmal hinweisen<br />

– verbunden mit der Botschaft, dass<br />

auch diese finanziell existenziellen Risiken<br />

grundsätzlich versicherbar sind.<br />

54 Illustration: Eleonora Mavromati


Managerhaftung VERSICHERUNGEN<br />

schieden ist. Aber die D&O-Police ist auch<br />

ein seltsames Konstrukt: Die Prämie zahlt<br />

das Unternehmen, den Schutz genießen die<br />

Topmanager.<br />

SORGFALT BEIM UNDERWRITING<br />

Aktuell jedenfalls haben Führungskräfte<br />

es mit „multiplen Krisenherden“ zu tun.<br />

„Unternehmen, Unternehmer und ihre<br />

Aufsichtsorgane plagen zurzeit viele Herausforderungen.<br />

Kurzfristige Entlastung<br />

ist kaum in Sicht“, konstatiert Lars Sapara,<br />

Leiter Vertrieb bei VOV, auf Anfrage von<br />

<strong>procontra</strong>. Hinter der VOV D&O-Versicherungsgemeinschaft<br />

haben sich fünf Versicherer<br />

versammelt, namentlich Continentale,<br />

Generali, HDI, Inter und Nürnberger.<br />

Marktführer in der Industrieversicherung<br />

ist Allianz Global Corporate & Specialty<br />

(AGCS). Auch eine Sprecherin der Konzernmutter<br />

Allianz sagte, dass das Kundeninteresse<br />

an D&O-Verträgen „durchgehend<br />

auf hohem Niveau ist“. Allerdings<br />

hätten im Mittelstand viele Unternehmen<br />

noch keine Absicherung, „obwohl auch sie<br />

durchaus Bedarf daran hätten“.<br />

Gleichzeitig betont die Allianz-Sprecherin,<br />

dass der Versicherer im Bereich D&O<br />

„ein auf das individuelle Risiko bezogenes<br />

Underwriting durchführt, dass also im jeweiligen<br />

Einzelfall aktuelle wirtschaftliche<br />

»Die D&O-Nachfrage<br />

ist durchgehend auf<br />

hohem Niveau.«<br />

SPRECHERIN DER ALLIANZ<br />

und regulatorische Rahmenbedingungen<br />

für die Risikoeinschätzung relevant sind“.<br />

Auch Alexander Probst, Geschäftsführer<br />

bei VOV, betont mit Blick auf Herausforderungen<br />

für D&O-Versicherer, „große Sorgfalt<br />

im Underwriting walten zu lassen“.<br />

KNAPPE KAPAZITÄTEN<br />

Die Ausführungen legen einen Schluss<br />

nahe: Die gesamte Branche überlegt sich<br />

sehr gründlich, ob und welche Risiken sie<br />

im Bereich Managerhaftung übernimmt;<br />

frei nach dem Motto: Gebranntes Kind<br />

scheut das Feuer. Zuletzt gab es einige<br />

STEIGENDE BEITRÄGE, SCHWANKENDE SCHÄDEN<br />

Inländisches Direktgeschäft von 31 GDV-Mitgliedsunternehmen in der D&O-Versicherung<br />

233<br />

73,4<br />

247<br />

98,8<br />

Bruttobeiträge 1 in Mio. Euro Schadensquote nach Abwicklung 2 in %<br />

1<br />

Verdiente Bruttobeiträge der beteiligten Unternehmen. 2 Schadenquote nach Abwicklung ist definiert als Bruttoaufwendungen<br />

nach Abwicklung für Versicherungsfälle in Relation zu den verdienten Bruttobeiträgen<br />

262<br />

2017 2018 2019 2020 2021<br />

Großschäden, etwa bei Volkswagen, Wirecard<br />

und ThyssenKrupp. In der Folge haben<br />

die Anbieter ihre Prämien erhöht und<br />

zum Teil ihre Kapazitäten reduziert. Manche<br />

D&O-Versicherer haben sich sogar aus<br />

dem Segment zurückgezogen. Und neuerdings<br />

schließen einige D&O-Policen auch<br />

Cyberrisiken aus. Der Markt hat sich verhärtet,<br />

wie Fachleute sagen. Inzwischen stabilisiert<br />

sich die Lage wieder. „Eine weitere<br />

Reduzierung der Kapazitäten ist nicht zu<br />

erwarten“, meint VOV-Chef Probst.<br />

Dennoch gilt aktuell: Viele potenzielle<br />

D&O-Kunden würden gerne mehr Deckungen<br />

kaufen, als die Branche derzeit<br />

anbietet. An dieser Stelle wird ein Beratungsansatz<br />

für Makler sichtbar: Wer eine<br />

zum Bedarf eines Kunden passende D&O-<br />

Police findet, dürfte offene Türen vorfinden.<br />

Ein Vergleich der Angebote im Markt<br />

ist allerdings schwierig, vor allem weil die<br />

Produktgeber derzeit so vorsichtig sind.<br />

Einen interessanten Produktbaustein bietet<br />

zum Beispiel VOV an. Die sogenannte<br />

ReCo-Deckung zielt auf die Verhinderung<br />

einer drohenden Insolvenz. Dazu Vertriebsleiter<br />

Sapara: „Die VOV übernimmt zur<br />

Vermeidung des Eintritts eines D&O-Versicherungsfalls<br />

die Kosten der Beauftragung<br />

eines Top-Spezialisten für Restrukturierung<br />

und Sanierung, der die Versicherungsnehmerin,<br />

ein Tochterunternehmen oder<br />

eine versicherte Person situationsbezogen<br />

berät.“<br />

56,2<br />

335<br />

86,7<br />

Quelle: GDV<br />

FLEXIBLE LÖSUNGEN<br />

Auf jeden Fall bietet der Markt für D&O-<br />

Policen flexible Lösungen; und es handelt<br />

sich um ein Wachstumsfeld. Die Bruttobeiträge<br />

sind von 2017 bis 2021 um 72 Prozent<br />

auf 401 Millionen Euro gestiegen (siehe<br />

Grafik). Die Entwicklung der Schadensquote<br />

zeigt, wie volatil die Ergebnisse der Produktanbieter<br />

sind. Seit 2017 haben die Versicherer<br />

in dieser Sparte nur 2019 und 2020<br />

einen Gewinn erzielt. In den drei übrigen<br />

Jahren dürften die Anbieter unter Berücksichtigung<br />

marktüblicher Kosten Verluste<br />

gemacht haben, teilte der Branchenverband<br />

GDV Anfang Oktober mit. Vor allem nach<br />

Insolvenzen seien Geschäftsführer mit sehr<br />

hohen Schadensansprüchen konfrontiert.<br />

Auf die Zielgruppe der Manager kommt<br />

ein erhöhtes Risiko zu, das es mittels umsichtiger<br />

Beratung abzusichern gilt.<br />

AUSBLICK 2023<br />

401<br />

41,4<br />

Der Markt für D&O-Policen ist schwierig,<br />

aber wegen Cross-Selling lukrativ<br />

Unternehmer und Manager haben großes<br />

Interesse an einer Absicherung<br />

D&O-Expertise kann für Makler ein Türöffner<br />

zur kompletten Führungsetage sein<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

55


VERSICHERUNGEN Terrorversicherung<br />

GEWAPPNET<br />

GEGEN KATASTROPHEN?!<br />

Die Terrorversicherung hierzulande ist nicht mehr up to date.<br />

Das schwächt auch den Wirtschaftsstandort Deutschland. Eine Reform wirft ihre Schatten<br />

voraus und sollte auch von Vermittlern aufmerksam begleitet werden.<br />

– TEXT: FLORIAN BURGHARDT –<br />

56 Illustration: Eleonora Mavromati


Terrorversicherung VERSICHERUNGEN<br />

Wer hat die Explosionen an den Gaspipelines<br />

Nord Stream 1 und Nord Stream 2<br />

verursacht? Diese Frage stellt sich die ganze<br />

Welt, seit Ende September etliche Millionen<br />

Kubikmeter dringend benötigtes Erdgas unwiederbringlich<br />

an die Oberfläche der Ostsee<br />

sprudelten. Stand jetzt (Mitte November)<br />

gibt es zwar noch keine Spur zu den<br />

Tätern, es wird aber über einen möglichen<br />

Terrorakt diskutiert. Dafür gibt es zwar<br />

keine Beweise, es ist aber nicht unwahrscheinlicher<br />

als andere Täter-Theorien.<br />

Auch deshalb, weil Experten seit Jahren<br />

immer wieder darauf hinweisen, dass sich<br />

Terrorakte zunehmend auf Einrichtungen<br />

der kritischen Infrastruktur ausweiten oder<br />

sogar verlagern werden.<br />

Das hat auch Bundesinnenministerin<br />

Nancy Faeser auf dem Schirm. „Die Sabotageakte<br />

an den Ostsee-Pipelines und der<br />

Bahninfrastruktur haben gezeigt, dass der<br />

Schutz kritischer Infrastrukturen höchste<br />

Priorität haben muss“, sagte sie Mitte Oktober,<br />

nachdem Unbekannte wichtige Kabel<br />

entlang der Anlagen der Deutschen Bahn<br />

durchtrennt hatten. Daraufhin war es zu<br />

einem stundenlangen Ausfall des Bahnverkehrs<br />

in weiten Teilen Norddeutschlands<br />

gekommen. Der Terrorismusexperte Peter<br />

Neumann hatte nach der Bahnsabotage in<br />

der „Augsburger Allgemeinen Zeitung“ vor<br />

großen Sicherheitslücken beim Schutz der<br />

kritischen Infrastruktur gewarnt. Es sei vor<br />

allem ein Problem, dass 80 Prozent der kritischen<br />

Infrastruktur in Deutschland nicht<br />

in staatlichen, sondern in privaten Händen<br />

lägen, erklärte Neumann. Für viele Unternehmen<br />

sei es wirtschaftlich nicht lukrativ<br />

genug, größere oder überhaupt Schutzmaßnahmen<br />

ihrer Anlagen gegen Sabotage<br />

und Terror zu ergreifen – obwohl sie laut<br />

Bundesinnenministerium als Betreiber kritischer<br />

Infrastruktur für den Schutz ihrer<br />

Anlagen gegen ebendiese Gefahren selbst<br />

verantwortlich seien. Umso relevanter wird<br />

für sie der Umfang ihres Versicherungsschutzes<br />

gegen Terror. Aber gibt es hier<br />

überhaupt passende Produkte? Oder hat<br />

die Terrorversicherung vielleicht eine Reform<br />

dringend nötig?<br />

NICHT VERSICHERBARE TERRORSZENARIEN<br />

Diese Fragen müssen sich die Versicherer<br />

derzeit gefallen lassen. Denn „moderne<br />

Terrorakte“ können auf einen Schlag viele<br />

Menschen und Unternehmen treffen und<br />

dadurch einen enormen wirtschaftlichen<br />

Schaden verursachen. Wenn beispielsweise<br />

ein Cyberangriff den Hauptcomputer<br />

eines großen Umspannwerks lahmlegt und<br />

dadurch große Gewerbegebiete oder ganze<br />

Städte keinen Strom mehr haben, sind viele<br />

Unternehmen mit Produktionsausfall, verdorbenen<br />

Waren oder einem Ausfall ihrer<br />

digitalen Dienstleistungen konfrontiert. Ein<br />

»Bleiben die Maschinen<br />

infolge des<br />

Hackerangriffs unbeschadet,<br />

dann ist<br />

der daraus resultierende<br />

Betriebsunterbrechungsschaden<br />

nicht versichert.«<br />

THOMAS LEICHT, EXTREMUS<br />

ähnliches Szenario ließe sich abzeichnen,<br />

wenn Terroristen die Trinkwasserspeicher<br />

einer Millionenstadt mit gefährlichen Keimen<br />

kontaminieren würden. Was diese beiden<br />

Szenarien gemeinsam haben? Sie sind<br />

auch im Rahmen einer expliziten Terrorpolice<br />

nicht versicherbar.<br />

„Cyberangriffe durch Hacker sind derzeit<br />

versichert, wenn dadurch ein Sachschaden<br />

entsteht. Führt beispielsweise ein<br />

terroristischer Hackerangriff dazu, dass<br />

Sicherheitssysteme von Maschinen nicht<br />

mehr funktionieren und die Maschinen<br />

daraufhin überhitzen und in der Folge explodieren<br />

oder verbrennen, ist dies derzeit<br />

versichert. Versichert ist dabei der Schaden<br />

der zerstörten Maschinen selbst und<br />

der aus diesem Sachschaden entstandene<br />

Betriebsunterbrechungsschaden“, erklärt<br />

Thomas Leicht, Vorstandsvorsitzender der<br />

Extremus Versicherungs-AG aus Köln. Sein<br />

Unternehmen wurde im Jahr 2002 aus einer<br />

Initiative der Versicherungswirtschaft<br />

und der Bundesregierung heraus gegründet,<br />

um das nach den Anschlägen des 11.<br />

September 2001 gestiegene Terrorrisiko<br />

zukunftsorientiert zu versichern. Entscheidender<br />

Leistungsauslöser für die Terrorversicherung<br />

ist aber immer der Sachschaden.<br />

In den zuvor genannten Schadensbeispielen<br />

liegt dieser aber nicht oder zumindest nicht<br />

zwingend vor. „Bleiben die Maschinen infolge<br />

des Hackerangriffs und der dadurch<br />

zerstörten oder veränderten Software unbeschadet,<br />

dann ist der daraus resultierende<br />

Betriebsunterbrechungsschaden nicht versichert“,<br />

so Leicht. Kontamination durch<br />

atomare, biologische oder chemische Stoffe<br />

ist bedingungsgemäß ebenfalls ausgeschlossen.<br />

ALTERNATIVE POLICEN<br />

BIETEN AUCH KAUM SCHUTZ<br />

Noch weiter von einer Leistung aus der<br />

Terrorpolice entfernt als der Betreiber des<br />

Umspannwerks ist zum Beispiel die örtliche<br />

Bäckerei, deren tiefgefrorene Waren ohne<br />

Strom verderben, nicht aufgebacken werden<br />

können und die ihr Geschäft aufgrund<br />

computergesteuerter Anlagen gar nicht erst<br />

öffnen bzw. nutzen kann. Hier pauschal auf<br />

das unternehmerische Risiko zu verweisen,<br />

kommt der Komplexität und Besonderheit<br />

des Szenarios nicht nahe. Denn welcher Unternehmer<br />

kalkuliert einen terrorbedingten<br />

mehrtägigen Stromausfall schon mit ein?<br />

Zwar betont man bei Extremus, dass auch<br />

leidtragende Unternehmen eines solchen<br />

Stromausfalls eine Entschädigung erhalten<br />

können. Allerdings nur, wenn sie eine<br />

eigene Extremus-Police abgeschlossen haben,<br />

und selbst dann ist die Entschädigung<br />

auf 1 Prozent der Versicherungssumme für<br />

Betriebsunterbrechung limitiert. Und ganz<br />

entscheidend: Auch hier muss ein Sachschaden<br />

im Umspannwerk, zum Beispiel durch<br />

eine Explosion oder einen Brandanschlag,<br />

für den Stromausfall verantwortlich sein.<br />

Zumal Extremus Gebäude bzw. Ob-<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

57


VERSICHERUNGEN Terrorversicherung<br />

jekte innerhalb der Bundesrepublik<br />

Deutschland erst ab einer Versicherungssumme<br />

von über 25 Millionen Euro versichert.<br />

Für geringere Summen kann Terrordeckung<br />

einfach bei den Sachversicherern<br />

abgeschlossen werden. Bei diesen ist die<br />

Terrordeckung in der Regel bis zu einer<br />

»In materieller Hinsicht<br />

streben wir eine<br />

Ausdehnung auf<br />

systemische Risiken<br />

wie Cyber, NatCat und<br />

Pandemie an.«<br />

STEFAN ROSENOWSKI, GVNW<br />

bestimmten Höhe automatisch vereinbart,<br />

auch im Privatkundenbereich. Bei der Allianz<br />

beispielsweise ist das bis zu einer Versicherungssumme<br />

von 10 Millionen Euro der<br />

Fall. Zwischen 10 Millionen und 25 Millionen<br />

muss die Deckung individuell mit eingeschlossen<br />

werden. Über 25 Millionen ist<br />

der Versicherer dann komplett raus aus der<br />

Terrordeckung und alles muss separat über<br />

Extremus abgedeckt werden.<br />

Doch auch in die Policen der Sachversicherer<br />

für kleine und mittelgroße Unternehmen,<br />

die in den Beratungsbereich vieler<br />

Makler fallen, sind die Auswirkungen „moderner<br />

Terrorakte“ nicht eingepreist. „Das<br />

KMU kann selbst keinen Terrorschutz für<br />

seinen Energieversorger abschließen. Die<br />

bloße Unterversorgung mit Energie oder<br />

Rohstoffen stellt per se keinen Versicherungsfall<br />

in der Sach- und Ertragsausfallversicherung<br />

dar. Dies gilt auch, wenn<br />

durch die Unterversorgung Lieferketten<br />

beeinträchtigt oder unterbrochen werden“,<br />

erklärt ein Talanx-Sprecher auf <strong>procontra</strong>-<br />

Nachfrage. Zwar könne sein Haus im Rahmen<br />

der Cyberversicherung optional die<br />

Betriebsunterbrechung durch Cloudausfall<br />

versichern. Dabei würden jedoch Terrorund<br />

Kriegsausschlüsse gelten, die im Einzelfall<br />

zu prüfen seien. Die Axa verweist auf<br />

ihren Baustein „Kühlgut“, der zum Beispiel<br />

verdorbene Waren nach einem Stromausfall<br />

ersetzt. Dabei handelt es sich aber um keine<br />

spezielle Terrordeckung. Das Gleiche gilt<br />

für Rückwirkungsschäden, wenn zum Beispiel<br />

der Stromausfall bei einem direkten<br />

Zulieferer eingetreten ist und daraufhin<br />

die eigene Produktion stillsteht. Allerdings<br />

muss auch hier ein Sachschaden beim Zulieferer<br />

ursächlich sein.<br />

TERRORVERSICHERUNG WIRD<br />

BIS 2024 REFORMIERT<br />

Echter Schutz vor solchen „modernen Terrorakten“<br />

ist also sowohl bei den normalen<br />

Sachversicherern als auch bei Extremus<br />

nicht vorhanden. Dabei ist die Erweiterung<br />

des Terrorversicherungsschutzes ein dringender<br />

Wunsch großer Unternehmen. Erst<br />

Mitte November fiel die Entscheidung, die<br />

Staatsgarantie (bis zu 5,98 Milliarden Euro<br />

staatliche Leistung bei Terrorschäden über<br />

2,52 Milliarden Euro) um zwei Jahre bis<br />

Ende 2024 zu verlängern. Dazu sagte der<br />

Vorstandsvorsitzende des Gesamtverbands<br />

der versicherungsnehmenden Wirtschaft<br />

(GVNW), Alexander Mahnke: „Mit Blick<br />

auf die kommenden zwei Jahre darf keine<br />

Zeit vergeudet werden, um eine tragfähige<br />

Versicherungslösung aufzubauen, die<br />

nach Möglichkeit auch optionale Erweiterungen<br />

in territorialer Hinsicht und die<br />

Absicherung weiterer systemischer Risiken<br />

zulässt.“ Auf <strong>procontra</strong>-Nachfrage konkretisiert<br />

GVNW-Geschäftsführer Stefan Rosenowski<br />

den zweiten Teil dieses Anspruchs:<br />

„In materieller Hinsicht streben wir eine<br />

Ausdehnung auf systemische Risiken wie<br />

Cyber, NatCat und Pandemie an. Ein PPP-<br />

Modell ist aus unserer Sicht notwendig und<br />

würde die zur Verfügung stehenden Kapazitäten<br />

bündeln.“<br />

Das würde eine weitreichende Reform der<br />

Terrorversicherung bedeuten, die offenbar<br />

auch der GDV anstrebt. Dessen Hauptgeschäftsführer<br />

Jörg Asmussen sagte dazu:<br />

„Es herrscht jetzt Planungssicherheit für<br />

die Verhandlung neuer Versicherungsverträge.<br />

Nun müssen Staat und Privatwirtschaft<br />

die nächsten 24 Monate nutzen, um<br />

gemeinsam eine zeitgemäße und langfristig<br />

tragfähige Terrorversicherungslösung zu<br />

entwickeln.“ Dabei spielt wahrscheinlich<br />

auch die Höhe der Staatsgarantie eine Rolle.<br />

Zwar musste diese bislang nie angetastet<br />

werden – der höchste Terrorschaden von<br />

Extremus bewegte sich bislang im mittleren<br />

sechsstelligen Bereich –, jedoch ist sie für<br />

internationale Konzerne ein wichtiger Faktor<br />

bei der Standortwahl. Ganz besonders,<br />

wenn diese teilweise kreditfinanziert sind,<br />

also zusätzlich auch noch Banken im Spiel<br />

sind, die nach Sicherheiten suchen. Denn<br />

laut Extremus-Chef Leicht bieten andere<br />

europäische Länder deutlich höhere Staatsgarantien<br />

als Deutschland.<br />

Und wie sollten sich Makler in dem Staub<br />

verhalten, den all diese Reformbewegungen<br />

aufwirbeln? „Die Information eines Kunden<br />

zur Absicherungsmöglichkeit gegen<br />

Terrorschäden gehört sicherlich zu den Beratungspflichten<br />

eines Vermittlers“, bringt<br />

es der Talanx-Sprecher auf den Punkt. Das<br />

bestätigt auch Norman Wirth. Gerade in<br />

Zeiten, in denen sich das Angebot der Versicherer<br />

verändert, sollten die Vermittler<br />

den Markt intensiv screenen, um zu wissen,<br />

welche Risiken abgesichert werden können,<br />

so der Fachanwalt für Versicherungsrecht.<br />

Zudem betont er in diesem Zusammenhang<br />

einen wichtigen Grundsatz für Vermittler:<br />

„Gerade die ‚Neins‘ sollten dokumentiert<br />

werden.“<br />

AUSBLICK 2023<br />

Die Terrorversicherung könnte bald<br />

zusätzliche Gefahren abdecken<br />

Eine nach der Reform deutlich höhere<br />

Staatsgarantie im Schadensfall würde den<br />

Wirtschaftsstandort Deutschland aufwerten<br />

Vermittler sollten Gewerbekunden stets auf<br />

deren Möglichkeiten für Terrorschutz ansprechen<br />

und jedes Nein dokumentieren<br />

58 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22


April/Mai 2020 – D: 4,80 € • I: 6,50 € • E: 6,50 €<br />

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FINANZEN<br />

2020<br />

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#02 | 2020<br />

April/Mai 2020<br />

Regulieren oder haften?<br />

Welche Fragen jetzt durch Coronabedingte<br />

Betriebsschließungen<br />

auf Vermittler zukommen<br />

Nachhaltige Standards<br />

Wie sich die EU mit ihrer Taxonomie<br />

für nachhaltige Geldanlagen<br />

selbst im Weg steht<br />

pro/contra Grundrente<br />

SPD und FDP im Schlagabtausch<br />

über Lösungen zur<br />

Bekämpfung von Altersarmut<br />

<strong>procontra</strong> – Das freie Finanzmagazin


VERSICHERUNGEN Gewerbeberatung<br />

LUKRATIVE ACHILLESFERSE<br />

Gewerbeversicherungen ermöglichen eine immer gezieltere Absicherung.<br />

Doch viele Unternehmer haben diese nicht auf dem Schirm, ebenso wenig wie neue Risiken.<br />

Für Makler bietet sich 2023 lukratives Neugeschäft, sofern die Strategie stimmt.<br />

– TEXT: IMKE REIHER –<br />

60 Illustration: Roman Kulon


Gewerbeberatung VERSICHERUNGEN<br />

Bei vielen kleinen Maklern spielen Gewerbeversicherungen<br />

im Alltagsgeschäft bisher<br />

kaum eine Rolle. Ein Grund hierfür: Das<br />

Geschäft gilt als komplex und mit Blick auf<br />

Risikofaktoren gerade bei Mischbetrieben<br />

als erschwert kalkulierbar, was viele abschreckt.<br />

Bei den großen Versicherern sieht<br />

das deutlich anderes aus: Sie räumen Gewerbeversicherungen<br />

einen immer höheren<br />

Stellenwert in ihrer strategischen Ausrichtung<br />

ein und lancieren neue Produkte, um<br />

sich ihren Anteil am lukrativen und facettenreichen<br />

Gewerbekunden-Markt zu sichern.<br />

Das Potenzial ist immens: Laut einer<br />

Studie von McKinsey bieten bereits kleinere<br />

und mittlere Unternehmen (KMU) dem<br />

Vertrieb ein Prämienpotenzial von zwei<br />

Milliarden Euro – und das ist nur ein Zehntel<br />

des gesamten Prämienmarkts.<br />

Die gute Nachricht: Der Trend zur Digitalisierung<br />

macht es Maklern immer leichter,<br />

sich den Markt zu erschließen. Relevante<br />

Informationen, Ratings und Vergleiche<br />

sind einfacher und schneller zugänglich,<br />

während digitale Tools und standardisierte<br />

Fragebögen neue Möglichkeiten und mehr<br />

Sicherheit bieten. Zudem wird der geografische<br />

Radius größer, da lokale Grenzen im<br />

Onlinebereich keine Rolle spielen.<br />

NEUE RISIKEN GEFÄHRDEN<br />

VERSICHERUNGSSCHUTZ<br />

Die Chancen auf Neugeschäft stehen für<br />

Makler gut, denn viele Unternehmen weisen<br />

Lücken in ihrem Versicherungsschutz<br />

auf – und das oft, ohne sich darüber im<br />

Klaren zu sein. Zu diesem Ergebnis kommt<br />

der aktuelle Gewerbeversicherungsreport,<br />

den das InsurTech Finanzchef24 zusammen<br />

mit dem Digitalversicherer andsafe erstellt<br />

hat. Ein Grund hierfür ist das Corona-Virus,<br />

das den Berufsalltag vieler Unternehmer<br />

stark verändert hat. Um finanzielle<br />

Ausfälle durch Lockdowns besser abfedern<br />

zu können, mussten viele umdenken, sich<br />

breiter aufstellen, neue Geschäftsmodelle<br />

entwickeln oder sich sogar ganz neu orientieren,<br />

was mit einem deutlichen Anstieg<br />

der Onlineaktivitäten einherging. Das<br />

Problem: Viele Unternehmer sind sich der<br />

neuen Risiken nicht bewusst, die durch eine<br />

Veränderung des Geschäftsmodells entstehen<br />

können. „Viele Unternehmen setzen<br />

leichtfertig ihre Existenz aufs Spiel, weil sie<br />

neue Risiken nicht adäquat einordnen oder<br />

erkennen. Wir sehen deutlich, dass große<br />

Lücken im Wissen um Risiken und Absi-<br />

GEBÄUDE<br />

UND<br />

INHALT<br />

Gewerbliche<br />

Gebäudeversicherung<br />

Gebäudeglas<br />

Gebäudeinhalt<br />

Maschinenversicherung<br />

Elektronikversicherung<br />

Cyberversicherung<br />

ÜBERSICHT GEWERBE-SACHVERSICHERUNGEN<br />

HAFTPFLICHT<br />

UND<br />

RECHT<br />

Produkthaftpflicht<br />

Export-Haftpflicht<br />

Umweltschaden<br />

bHV<br />

VSH<br />

Veranstalter-HV<br />

RS<br />

D&0<br />

Managerversicherung<br />

cherung bestehen“, sagt Payam Rezvanian,<br />

Geschäftsführer von Finanzchef24. Das<br />

kann teuer werden, wenn im Schadensfall<br />

keine Versicherung greift.<br />

RISKANTES DIGITALGESCHÄFT<br />

Gerade im digitalen Bereich lauern hier<br />

große Stolperfallen. Die Zahl der Hackerangriffe<br />

steigt, und diese können vor allem<br />

kleinere und finanzschwache Unternehmen<br />

schnell in eine finanzielle Bredouille bringen:<br />

Das Entfernen von Schadsoftware und<br />

Einspielen von Updates in komplexen IT-<br />

Systemen kann Tage dauern und kostspielige<br />

Betriebsunterbrechungen mit sich bringen.<br />

Wie teuer diese sein können, hat die<br />

HDI-Versicherung in einer Studie ermittelt:<br />

im Schnitt summierte sich der durch einen<br />

»Viele Unternehmen<br />

setzen ihre Existenz<br />

aufs Spiel, weil sie<br />

Risiken nicht adäquat<br />

einordnen<br />

oder erkennen.«<br />

PAYAM REZVANIAN, FINANZCHEF24<br />

EINKOMMENSVERLUST<br />

UND<br />

UNTERBRECHUNGEN<br />

Kautionsversicherung<br />

Mietverlust<br />

Betriebsunterbrechung<br />

Ertragsausfall<br />

Praxisausfall<br />

VSV<br />

KRAFTFAHRZEUGE<br />

UND<br />

TRANSPORT<br />

Warenkreditversicherung/<br />

Forderungsausfall<br />

Transportinhalt und<br />

Frachtführer<br />

Pkw (gewerblich)<br />

Lkw<br />

Flottengeschäft /<br />

Fuhrpark<br />

Quelle: die-finanzpuefer.de<br />

Cyberangriff verursachte Schaden bei Mittelständlern<br />

auf 95.000 Euro. Diese Kosten<br />

lassen sich mit einer Cyberversicherung abfedern<br />

– allerdings steht diese bei vielen Unternehmen<br />

noch nicht auf der Agenda. Viele<br />

Marktexperten gehen aber davon aus, dass<br />

die Nachfrage nach entsprechenden Policen<br />

in Zukunft stark anzieht. Und auch Elementarversicherungen<br />

dürften bei Unternehmen<br />

an Bedeutung gewinnen, um Schäden durch<br />

Extremwetterereignisse abzusichern, die als<br />

Folge des Klimawandels nachweislich zunehmen.<br />

„Die Betriebshaftpflicht- und die<br />

Vermögenschadenshaftpflichtversicherung<br />

bilden für viele Unternehmen zwar eine<br />

Basisabsicherung, reichen aber meist bei<br />

Weitem nicht für eine ausreichende unternehmerische<br />

Absicherung aus. Klassische<br />

und ältere Policen müssen an die neue Normalität<br />

angepasst und auf Deckungslücken<br />

hin überprüft werden“, bringt Rezvanian es<br />

auf den Punkt. Zum Glück bietet das Produktportfolio<br />

Unternehmen mittlerweile<br />

eine Vielzahl an Möglichkeiten, sich gegen<br />

Schäden abzusichern. So lässt sich etwa<br />

der Rechtsschutz um den Zusatzbaustein<br />

Verkehrshaftung erweitern oder Betriebsunterbrechungen,<br />

Nachhaltigkeitsaspekte<br />

und Währungsrisiken absichern. Allerdings<br />

wissen viele Gewerbetreibende nicht, welche<br />

spezifischen Möglichkeiten es gibt oder<br />

wie sich bestehende Policen sinnvoll ergänzen<br />

lassen – auch das ist ein zentrales Ergebnis<br />

der Studie.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

61


VERSICHERUNGEN Gewerbeberatung<br />

»Lösungen oft zu teuer und unverständlich«<br />

PAYAM REZVANIAN, Geschäftsführer von Finanzchef24 (Gewerbereport)<br />

<strong>procontra</strong>: Warum sollten Makler den Markt für<br />

Gewerbeversicherungen im Blick haben?<br />

Payam Rezvanian: Die Versicherungsbranche<br />

befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel.<br />

Der digitale Umbruch gewinnt an Dynamik. Viele<br />

Versicherer haben das Potenzial des Gewerbemarkts<br />

bereits für sich entdeckt und erweitern<br />

ihr Portfolio, um wechselwillige Unternehmen für<br />

sich zu gewinnen. In der Vergangenheit waren<br />

Policen meist zu komplex gestaltet. Dies hat<br />

dazu geführt, dass Unternehmen oft unterversichert<br />

waren. Dieser Problematik hat man sich<br />

angenommen. Durch eine passende Bedarfserfassung<br />

kann nun jedem Unternehmer ein individuelles<br />

und transparentes Angebot unterbreitet<br />

werden. Und das im Idealfall innerhalb weniger<br />

Minuten.<br />

<strong>procontra</strong>: Welche sind die wichtigsten Gewerbeversicherungen?<br />

Rezvanian: Der Versicherungsbedarf variiert<br />

je nach Tätigkeitsbereich. Die Betriebshaftpflicht-<br />

und die Vermögensschadenshaftpflichtversicherung<br />

bilden für viele Betriebsarten<br />

die Basisabsicherung. Um das Inventar der<br />

Geschäftsgebäude abzusichern, wird eine<br />

Geschäftsinhaltsversicherung benötigt. Die Betriebsunterbrechungsversicherung<br />

als Bestandteil<br />

der Geschäftsinhaltsversicherung schützt,<br />

sofern mitversichert, vor möglichen Umsatzeinbußen.<br />

Da sich Cyberangriffe seit 2020 vervielfacht<br />

haben, gewinnt für Kleinunternehmen<br />

eine Cyberpolice immer mehr an Bedeutung.<br />

Vor allem, da seit der Corona-Pandemie immer<br />

mehr Angestellte aus dem Homeoffice arbeiten,<br />

wodurch mögliche Sicherheitslücken entstehen.<br />

<strong>procontra</strong>: Was sollten KMU beim Versicherungsschutz<br />

beachten?<br />

Rezvanian: Je mehr sie ihren Wirkradius vergrößern,<br />

desto mehr Risiken entstehen. Ein Großteil<br />

der Selbstständigen ist sich kaum darüber<br />

bewusst, welche Absicherungsmöglichkeiten<br />

der Gewerbeversicherungsmarkt mit sich bringt.<br />

Unternehmer müssen sich neues Wissen aneignen,<br />

um sich in Zeiten dieser Veränderungsdynamik<br />

ausreichend zu schützen.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie muss sich die Assekuranz umorientieren,<br />

wenn das produzierende Gewerbe<br />

immer digitaler wird?<br />

Rezvanian: Gerade für kleinere Unternehmen<br />

gibt es im Bereich der Cyberversicherung noch<br />

viel zu tun, da aufgrund der hohen Schäden die<br />

Anzahl an Versicherungsanbietern noch relativ<br />

gering ausfällt. Die aktuellen Versicherungslösungen<br />

sind meist zu teuer und zu unverständlich<br />

für Selbstständige sowie kleinere Mittelständler.<br />

Teilweise sind die Produkte dreimal<br />

teurer als eine Betriebshaftpflichtversicherung.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie und womit können Vermittler ihre<br />

Gewerbeberatung jetzt optimieren?<br />

Rezvanian: Berater müssen den Bedarf jedes<br />

einzelnen Kunden individuell erörtern und auf<br />

eventuelle Risiken gezielt hinweisen. Auch empfiehlt<br />

sich ein jährliches Gespräch mit Bestandskunden,<br />

um in Erfahrung zu bringen, ob sich der<br />

Absicherungsbedarf geändert hat. Wenn sich<br />

das Tätigkeitsfeld verändert oder das Unternehmen<br />

expandiert, muss der Versicherungsschutz<br />

erneut überprüft werden.<br />

AUSSICHTSREICHE ERFOLGSFAKTOREN<br />

Hier können Makler mit einer gezielten<br />

Bedarfs- und Risikoanalyse punkten. Mit<br />

der richtigen Strategie haben sie dabei<br />

überproportional gute Karten, denn auf<br />

dem Gewerbemarkt fehlen Underwriter, die<br />

Gewerbekunden individuell und bedarfsgerecht<br />

beraten. In ihrem Gewerbe-Report<br />

haben die Experten von McKinsey einige<br />

Punkte identifiziert, wie Vermittler ihre<br />

Beratung optimieren können, um sich bei<br />

der Zielklientel als kompetente Ansprechpartner<br />

zu positionieren. So raten sie dazu,<br />

sich im Gewerbesegment nur auf bestimmte<br />

Zielgruppen zu spezialisieren, da der Markt<br />

sehr heterogen ist und sich die Bedürfnisse<br />

der einzelnen Gewerbe unterscheiden. Zudem<br />

raten sie zum Fokus auf kleinere und<br />

mittelgroße Unternehmen, da diese ver-<br />

»Makler können<br />

Digitalisierung dafür<br />

nutzen, sich den<br />

Gewerbekundenmarkt<br />

stärker und einfacher<br />

zu erschließen.«<br />

stärkt unterversichert sind und eine erhöhte<br />

Wechselbereitschaft zeigen. Auch sollten<br />

Berater ihren Fokus auf eine dauerhafte<br />

Begleitung des Kunden legen statt auf ein<br />

Einmalgeschäft, da hier eine Chance für<br />

Cross-Selling liegt. Auch das Betrachten<br />

aus Kundensicht wird zunehmend wichtiger,<br />

um ein Gespür für die Sorgen und<br />

Bedürfnisse der Zielklientel zu bekommen<br />

und die eigene Beratung darauf abzustimmen.<br />

So sehen sich Unternehmen aktuell<br />

mit einer Vielzahl von Herausforderungen<br />

konfrontiert, die sie schultern müssen: hohe<br />

Energiekosten, Inflation, Fachkräftemangel,<br />

Unterbrechungen in den Lieferketten,<br />

höhere Refinanzierungskosten, sinkende<br />

Konsumausgaben sowie steigende Kosten<br />

für Versicherungen. Vor allem Firmen, die<br />

wenig Finanzpower im Rücken haben,<br />

62 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22


Gewerbeberatung VERSICHERUNGEN<br />

müssen zusehends flexibel und kreativ sein, um die<br />

<strong>Ausgabe</strong>n zu drosseln und wettbewerbsfähig zu bleiben.<br />

Beim notwendigen Versicherungsschutz sollte<br />

aber besser nicht gekürzt werden, denn die Kosten für<br />

Basisversicherungen sind gering, wenn man sie in Relation<br />

zu einer möglichen Schadenssumme setzt.<br />

DIGITALER VERTRIEB EIN MUSS<br />

Um sich den Markt zu erschließen und wettbewerbsfähig<br />

zu bleiben, sind zudem der Ausbau des eigenen<br />

digitalen Vertriebs und eine gezielte Digitalstrategie<br />

ein Muss, da Kunden beim Versicherungsschutz zunehmend<br />

schnelle, einfache und digitale Angebote erwarten<br />

und diese auch vergleichen wollen. In diesem<br />

Zusammenhang werden auch funktionierende Schnittstellen<br />

zwischen Versicherern, Kunden und Maklern<br />

eine immer größere Rolle spielen, um Bestandsprozesse<br />

in der Versicherungsabwicklung zu beschleunigen<br />

– etwa beim Marketing, bei der Buchhaltung oder<br />

dem Management von Kundenbeziehungen (CRM).<br />

Zudem sollten Versicherer ihre Produkte auch über<br />

Drittanbieter von Preisvergleichs- und Underwriting-<br />

Software anbieten.<br />

Makler können den Trend zur Digitalisierung dafür<br />

nutzen, sich den Gewerbekundenmarkt stärker und<br />

einfacher zu erschließen. Im Zuge von veränderten<br />

Geschäftsmodellen, Hybridisierung und neuen Risikofaktoren<br />

wird ein individueller und bedarfsgerechter<br />

Versicherungsschutz für die Zielklientel immer wichtiger,<br />

um die berufliche Existenz nicht zu gefährden.<br />

Mit der richtigen Strategie, einer Fokussierung auf<br />

bestimmte Klientel und vorausschauendem Handeln<br />

haben Makler gute Chancen, sich bei Gewerbekunden<br />

als dauerhafter Ansprechpartner zu etablieren und<br />

von möglichem Cross-Selling zu profitieren. Dabei<br />

lohnt auch der Blick auf Existenzgründer als lukrative<br />

Kunden von morgen: denn im Erfolgsfall winkt dort<br />

Zukunftsgeschäft. <br />

Digitalisierung bringt Dynamik und vereinfacht<br />

Zugänge zum Markt<br />

Zielgruppe ist breit gefächert und bietet viele<br />

Anknüpfungspunkte<br />

Neue Geschäftsmodelle hebeln Versicherungsschutz<br />

aus – Beratung wird wichtiger<br />

Produktpalette wächst – fördert gezieltere Absicherung<br />

Themen wie Cybercrime und Klimawandel<br />

versprechen Neugeschäft<br />

Zielklientel ist wechselbereit und bietet Potenzial<br />

für Cross-Selling<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

AUSBLICK 2023<br />

Turteltauben.<br />

Abschluss.<br />

Piepen.<br />

EINFACH AUF DEN PUNKT.<br />

Wie unsere Paar-Aktion in der Risikolebensversicherung<br />

mit 2 × 25 € Beitragsguthaben * .<br />

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* Teilnahmebedingungen: Diese Aktion gilt, wenn zwei Partner<br />

(Ehepartner, unverheiratete Paare, Lebenspartner nach dem<br />

Lebenspartnerschaftsgesetz), die im gleichen Haushalt leben<br />

(identische Postadresse), jeweils eine Risikolebensversicherung<br />

(E-RL, E-RLP, E-VRL) per elektronisch generiertem Antrag beantragen.<br />

Die Anträge müssen gleichzeitig und zusammen mit dem<br />

„Gutschein“, der den Antragsunterlagen beigefügt ist, in der Zeit<br />

vom 01.09.<strong>2022</strong> bis zum 31.12.<strong>2022</strong> bei der EUROPA eingereicht<br />

werden. Jeder Antrag wird dann von uns gesondert geprüft. Jeder<br />

Vertrag erhält bereits ab der ersten Fälligkeit ein Beitragsguthaben<br />

in Höhe von 25 € (15 € für das Kalenderjahr <strong>2022</strong>, 10 € für das<br />

Kalenderjahr 2023). Für die Teilnahme an der Aktion ist die Zahlung<br />

per SEPA-Lastschriftverfahren erforderlich. Der Rechtsweg ist<br />

ausgeschlossen, keine Barauszahlung, Teilnahme ab 18 Jahren,<br />

Ansprüche sind nicht übertragbar.<br />

63


VERSICHERUNGEN Arbeitskraftabsicherung<br />

INNOVATIONSDRANG<br />

MIT PROBLEMEN<br />

Die Grundfähigkeitsversicherung etabliert sich als Alternative zur BU. Anbieter fluten den<br />

Markt mit immer mehr Leistungsbausteinen, die Beratung und Vergleich erschweren.<br />

Ein steiniger Weg für Makler zum passgenauen Schutz<br />

– TEXT: UWE SCHMIDT-KASPAREK –<br />

Viel Begeisterung löste Viktoria Pardey bei<br />

den Versicherungsmaklern aus, die ihrem<br />

Vortrag „Wenn die Grundfähigkeitsversicherung<br />

die bessere Lösung ist“ auf der<br />

diesjährigen Vermittlermesse DKM folgten.<br />

So zeigte die Leiterin des Berliner Maklervertriebes<br />

der Allianz Lebensversicherung,<br />

wie umfangreich und modular die<br />

KöperschutzPolice heute ist. „Es gibt eine<br />

Passgenauigkeit für jeden Ihrer Kunden“,<br />

behauptete Pardey und zeigte auf, wie der<br />

Grundschutz – der 2021 nochmals um<br />

acht neue Grundfähigkeiten und neun verbesserte<br />

Grundfähigkeiten erweitert wurde<br />

– mit Wahlleistungen bestückt werden<br />

kann. Als „wählbare“ weitere Leistungs-<br />

auslöser gibt es beispielsweise den Verlust<br />

des Lkw- oder Busführerscheins sowie das<br />

Nichtbestehen einer von drei arbeitsmedizinischen<br />

Prüfungen, die – wie das Tragen<br />

von Atemschutzgeräten – sehr speziell sein<br />

können. Zudem gibt es die Wahlleis tung<br />

„schwere Depression und schwere psychische<br />

Erkrankung“ und die Bausteine<br />

64 Illustration: Eleonora Mavromati


Arbeitskraftabsicherung VERSICHERUNGEN<br />

ARBEITSKRAFTSCHUTZ IM ÜBERBLICK<br />

Der Arbeitskraftschutz-Index (AKS-Index) der Ratingagentur Franke und Bornberg soll die Leistungen<br />

verschiedener Produktgattungen vergleichbar machen. In ihn fließen Leistungsstatistiken,<br />

der Tätigkeitsstatus, die Produktqualität und der Tätigkeitsbezug ein.<br />

Berufsunfähigkeit<br />

Erwerbsunfähigkeit<br />

Grundfähigkeit<br />

Multi-Risk/Unfall<br />

MAKLERS MEINUNG<br />

»Grundsätzliche<br />

Lösung nicht in Sicht«<br />

GERD KEMNITZ, Versicherungsmakler;<br />

bu-portal24.de<br />

Unfall<br />

10 20 30 40 50 60 70 80 90<br />

100<br />

Quelle: Franke und Bornberg, Stand: 11/<strong>2022</strong><br />

„schwere Krankheiten“ und „Pflegezusatzrente<br />

inklusive Pflegeanschlussoption“.<br />

Mit diesem Füllhorn an Mehrleistungen<br />

könne man über das Angebot Zielgruppen<br />

bedarfsgerecht ansprechen. So benötigen<br />

beispielsweise Handwerker oder Friseure<br />

nach Meinung von Pardey lediglich Grundschutz<br />

und Krankschreibung, während für<br />

»Jeder Versicherer<br />

bemüht sich um eine<br />

exklusive Grundfähigkeitsversicherung.«<br />

MICHAEL FRANKE, FRANKE UND BORNBERG<br />

Kraftfahrer und Feuerwehrleute zusätzlich<br />

die Leistungsauslöser „spezielle Berufe“<br />

und „psychische Erkrankungen“ sinnvoll<br />

seien. Die Allianz-Empfehlungen gibt es<br />

dann auch mundgerecht auf dem Maklerprogramm.<br />

PROBLEMATISCHE VIELFALT<br />

Doch der immer umfassendere Bausteinschutz<br />

bei der Grundfähigkeitsversicherung<br />

(GFV) stellt Versicherungsmakler zunehmend<br />

vor Probleme. Zum einem müssen<br />

die Wünsche der Kunden berücksichtigt<br />

werden, und nicht jeder Handwerker ist<br />

gleich. Noch schwieriger wird es zum anderen,<br />

wenn man die Grundfähigkeitstarife<br />

und ihre Kombinationen am Markt vergleichen<br />

will. Denn die Allianz ist mit der<br />

Explosion der Möglichkeiten bei der GFV<br />

nicht allein. Insgesamt 3.475 Produktkombinationen<br />

hat das Ratinghaus Franke und<br />

Bornberg am Markt gezählt. Spitzenreiter<br />

ist die Alte Leipziger, die es bei drei GFV-<br />

Produkten auf 1.834 Varianten bringt, bei<br />

der Nürnberger sind es mit vier Tarifen<br />

450 Alternativen, bei der Swiss Life, die<br />

ebenfalls mit vier GFV-Tarifen unterwegs<br />

ist, gibt es noch 240 Konfigurationen. Da<br />

sind HDI (1 Tarif/128 Kombis), Stuttgarter<br />

(1/64), Baloise (5/80) und Allianz (1/48)<br />

schon fast übersichtlich.<br />

Die GFV nimmt als Alternative zum<br />

Königsweg Berufsunfähigkeitsschutz (BU)<br />

mächtig Fahrt auf. Seit 2021 ist die<br />

Eine grundsätzliche Lösung für die<br />

umfassende Arbeitskraftsicherung von<br />

Handwerkern ist nicht in Sicht. Natürlich<br />

bieten Versicherungsmakler schon aus<br />

Haftungsgründen Grundfähigkeits-, Dread-<br />

Disease-, Multi-Risk- und Erwerbsunfähigkeitsversicherungen<br />

an. Aber dadurch<br />

wird das Problem nicht gelöst. Das Motto<br />

„Eine alternative Absicherung ist besser als<br />

gar keine“ mag zwar statistisch gesehen<br />

richtig sein. Sie nutzt dem Betroffenen<br />

aber gar nichts, falls er infolge einer<br />

schleichenden oder in Schüben verlaufenden<br />

Krankheit beispielsweise bei einer<br />

EU-Versicherung zunächst „nur“ berufsunfähig<br />

wird, bei einer DD-Versicherung die<br />

„falsche“ Krankheit erleidet oder bei der<br />

GFV die versicherte Fähigkeit nicht sofort<br />

im erforderlichen Umfang verliert. Außerdem<br />

stellt sich die Frage, wovon der „nur“<br />

berufsunfähig Gewordene die Beiträge für<br />

diese Versicherungen weiterbezahlen soll,<br />

wenn er Job und Einkommen verloren hat.<br />

Bei einer umfassenden Beratung – auch<br />

über die Nachteile der jeweiligen Produkte<br />

– erkennt der Verbraucher den löchrigen<br />

Versicherungsschutz und verzichtet in der<br />

Regel auf den Abschluss. Werden ihm die<br />

Nachteile verschwiegen, bekommt er sie<br />

bei einem späteren Leistungsfall zu spüren.<br />

Das dürfte dem ohnehin angeschlagenen<br />

Ruf der Versicherungsbranche kaum helfen.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

65


VERSICHERUNGEN Arbeitskraftabsicherung<br />

»Alles besser als<br />

gar keine Lösung«<br />

PHILIP WENZEL, Biometrie‐Experte vom Versicherungsmakler BSC – Die Finanzberater GmbH<br />

<strong>procontra</strong>: Handwerker<br />

brauchen –<br />

wie jeder – privaten<br />

Arbeitskraftschutz.<br />

Er ist oft zu teuer<br />

oder nicht ausreichend.<br />

Hilft die<br />

Grundfähigkeitsversicherung<br />

(GFV)?<br />

Philip Wenzel: Besser<br />

eine Lösung, die<br />

nicht so gut passt,<br />

als keine Lösung.<br />

Aber die GFV hat<br />

halt überhaupt<br />

keinen Bezug zum<br />

Beruf. Und wenn der<br />

Handwerker damit<br />

sein Einkommen<br />

absichern möchte,<br />

dann geht das nur<br />

in einer Schnittmenge,<br />

die davon<br />

abhängt, wie sehr<br />

die ausgeübten<br />

Tätigkeiten mit den<br />

Auslösern in den<br />

Bedingungen der GFV übereinstimmen.<br />

<strong>procontra</strong>: Im Leistungsfall kommt es zum<br />

Schwur. Leistet die GFV überhaupt?<br />

Wenzel: Sofern ich nicht die vorvertragliche<br />

Anzeigepflicht verletzt habe und eine Grundfähigkeit<br />

ausreichend eingeschränkt ist, leistet<br />

die Versicherung. Sie leistet aber nicht, weil<br />

ich nicht mehr arbeiten kann. Hier wäre eine<br />

Schnittmenge rein zufällig.<br />

<strong>procontra</strong>: Ist der AKS-Index von Franke und<br />

Bornberg ein gutes Tool, um die Unterschiede<br />

bei BU und Alternativen aufzuzeigen?<br />

Wenzel: Das Tool zeigt die Schnittmenge auf<br />

und nicht die Unterschiede. Bei dieser Fragestellung<br />

muss ich Nein sagen.<br />

<strong>procontra</strong>: Gibt es weitere Alternativen für<br />

Handwerker?<br />

Wenzel: Der „Deutsche Handwerker<br />

BerufsunfähigkeitsVersicherung“-Aktivschutz<br />

des Münchener Vereins ist eine sehr gute<br />

Alternative. Auch die Erwerbsunfähigkeitsversicherung<br />

kann passen, da ein Handwerker ja<br />

auch mal umschulen kann.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie beraten Sie persönlich Handwerker?<br />

Wenzel: Ich prüfe den Gesundheitszustand,<br />

ermittle den Bedarf und frage die Bedürfnisse<br />

ab. Dann empfehle ich die passenden<br />

Produkte. Wie bei jedem anderen halt auch.<br />

Bei Handwerkern sind die normalen Berufsunfähigkeitsversicherungen<br />

oft unbezahlbar,<br />

weshalb Alternativen, wie die Deutsche Handwerker-BUV<br />

oder die EUV, in den Vordergrund<br />

rücken. Und wenn der Handwerker keine<br />

Rücklagen für die Umschulung hat, ergänze<br />

ich gern mit einem Krankentagegeld.<br />

Anzahl der Basistarife von 49 auf 61<br />

gestiegen. Und schon Ende 2020 hat sich<br />

die GFV endgültig in der Öffentlichkeit<br />

etabliert. Damals veröffentlichten die Verbraucherschützer<br />

der Stiftung Warentest<br />

unter der Überschrift „Die Existenz sinnvoll<br />

schützen“ ihre erste Marktübersicht.<br />

Sinnvoll ist eine GFV laut den Testern für<br />

Menschen, die keinen BU- oder Erwerbsunfähigkeitsschutz<br />

(EU) abschließen können,<br />

und natürlich für „Angehörige von Risikoberufsgruppen<br />

wie stark körperlich arbeitende<br />

Handwerker“. Hier finde man einen<br />

viel eher bezahlbaren Schutz.<br />

Doch nun stellt Michael Franke, Chef<br />

der Ratingagentur Franke und Bornberg,<br />

auch ein „Stripping Down“, also eine<br />

Fragmentierung der GFV fest. Der Grundschutz<br />

muss dann gegebenenfalls um ausgegliederte<br />

Leistungen ergänzt werden. Das<br />

macht einen Vergleich noch schwieriger.<br />

Franke: „Jeder Versicherer bemüht sich um<br />

eine exklusive GFV.“ Daher wären nicht<br />

einmal vergleichbar klingende GFV identisch<br />

definiert. Bei jedem Produkt und jeder<br />

Kombination müssen Versicherungsmakler<br />

nun genau prüfen: Sind die wichtigsten<br />

Leistungsauslöser und Krankheiten für<br />

meinen Kunden auch gedeckt?<br />

AUF DER SUCHE NACH STANDARDS<br />

Wer als Versicherungsmakler seinen Kunden<br />

mit einer optimalen GFV-Variante<br />

ausstatten möchte, braucht daher ein Vergleichsmaß,<br />

das Preis und Leistung ergreift.<br />

Hierfür hat Franke einen Arbeitskraft-<br />

Index (AKS-Index, siehe Grafik auf Seite<br />

65) entwickelt, der marktweit, aber auch<br />

produktspezifisch die Risikoabdeckung<br />

und per Wirkungsgrad die Preiswürdigkeit<br />

ermittelt. Mit diesem Softwaretool können<br />

Versicherungsmakler zur komplexen GFV<br />

nicht nur zielgenauer marktweit beraten,<br />

sondern auch ihre Beratung hochwertig dokumentieren.<br />

Immerhin gibt es auch noch einen Kompromiss,<br />

der zwischen Grundfähigkeitsund<br />

Berufsunfähigkeitsversicherung liegt<br />

und von Maklern für Handwerker durchaus<br />

geschätzt wird. „Die Deutsche Handwerker<br />

BerufsunfähigkeitsVersicherung<br />

‚Aktivschutz‘ des Münchener Vereins ist<br />

eine sehr gute Alternative“, sagt der Biometrie-Spezialist<br />

Philip Wenzel (siehe Interview).<br />

Der Tarif „Deutsche Handwerker<br />

BU Aktiv“ leistet bei jeder Krankheit und<br />

bei jedem Unfall, wie ein Vollschutz. Doch<br />

66 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22


Arbeitskraftabsicherung VERSICHERUNGEN<br />

»Immer umfassendere<br />

Leistungsbausteine<br />

bei der GFV stellen<br />

Versicherungsmakler<br />

zunehmend vor<br />

Probleme.«<br />

die Leistung ist eingeschränkt, wenn die<br />

Berufsunfähigkeit nicht durch einen Unfall<br />

oder eine „Erkrankung oder Verletzung der<br />

Gelenke, Bänder, Sehnen und Muskeln oder<br />

der Wirbelsäule und der sie umgebenden<br />

Strukturen“ ausgelöst wird. In allen übrigen<br />

Fällen der Berufsunfähigkeit zahlt der<br />

Versicherer nur 50 Prozent der versicherten<br />

Rente. Nach Darstellung des Münchener<br />

Vereins wird mit diesem Angebot der BU-<br />

Schutz für Handwerker „bezahlbarer“. Die<br />

Beratung sollte nach Vorschlag des Münchener<br />

Vereins immer mit dem Top-Schutz<br />

starten. „Falls sich der Kunde diesen Schutz<br />

nicht leisten kann oder will, kann als Alternative<br />

die Aktiv-Variante angeboten werden“,<br />

so der Münchener Verein. Natürlich<br />

muss der Kunde darauf hingewiesen werden,<br />

dass in einigen Fällen nicht die volle<br />

BU-Rente gezahlt wird.<br />

Die Beratung zur Arbeitskraftabsicherung<br />

wird also künftig nicht leichter. Mit<br />

der GFV kann aber das große Potenzial der<br />

handwerklich Tätigen grundsätzlich besser<br />

erreicht werden. Immerhin sind rund 73<br />

Prozent aller Erwerbstätigen ohne Einkommensabsicherung,<br />

wie der Gesamtverband<br />

der Deutschen Versicherungswirtschaft<br />

noch 2018 ermittelt hat. Tendenziell sind<br />

von der Schutzlücke Handwerker mehr betroffen.<br />

Wer klassisch von der BU über die<br />

GFV zur EU berät, dürfte somit immer öfter<br />

einen Abschluss erreichen. Transparenz<br />

hinsichtlich der Produkte bleibt dabei das A<br />

und O der Beratung. <br />

AUSBLICK 2023<br />

Arbeitskraftschutz hat weiterhin Potenzial,<br />

denn viele haben keinen Schutz<br />

Die günstige GFV bleibt ideal für handwerklich<br />

Tätige und als „Aufsattler“ für vorerkrankte<br />

Kunden mit BU<br />

Die Unterversicherung steigt mit der Lohn-<br />

Preis-Spirale und macht den Inflationsschutz<br />

über Leistungsdynamik für alle notwendiger<br />

Passgenaue Privathaftpflichtversicherung mit neuen Leistungen?<br />

Das ist jetzt<br />

Riesesache.<br />

Egal, ob Klassiker wie Unfall-, Hausrat-, Rechtsschutz-<br />

und Privathaftpflicht-, die Adam Riese<br />

Wohngebäudeversicherung oder innovative<br />

Versicherungen wie die Hundehalterhaftpflicht<br />

– unsere Produktlandschaft entwickeln<br />

wir stetig weiter.<br />

Dabei setzen wir auf eine Entwicklung mit<br />

dem Markt für den Markt und orientieren<br />

uns am Bedarf und Risiko Ihrer Kundinnen<br />

und Kunden.<br />

So auch die Adam Riese Privathaftpflichtversicherung<br />

mit folgenden Neuerungen:<br />

Souveränität<br />

Sicherheit eines etablierten<br />

Versicherungsunternehmens<br />

100 % flexibel<br />

Flexibilität eines digitalen<br />

Assekuradeurs<br />

• Bis zu unbegrenzter Deckung von<br />

Schäden durch Internetnutzung auch<br />

in den USA und Kanada<br />

• Bis zu unbegrenzter Schlüsselersatz<br />

von fremden Kfz-Fahrzeugen<br />

• Inhaberrisiko-Deckung von bis<br />

zu 6 Eigentumswohnungen im Mehrfamilienhaus<br />

innerhalb Europas<br />

Das alles und noch viel mehr erfahren<br />

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<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

67


HÖHEPUNKTE DES JAHRES Berater<br />

HIGHLIGHTS <strong>2022</strong><br />

Nachhaltige Beratung ++ Provisionsrichtwert ++ Verwahrentgelte ++ Recruiting ++ Pool-Übernahmen<br />

August<br />

HOLPRIGER START IN ABFRAGE DER<br />

NACHHALTIGKEITSPRÄFERENZEN<br />

Seit 2. August müssen Versicherungsvermittler ihre Kunden<br />

nach deren Nachhaltigkeitspräferenzen befragen und ihnen<br />

dazu passende Produkte anbieten. Doch die technischen Standards<br />

für die Produktgeber bezüglich der Umsetzung gelten<br />

erst ab Januar 2023. Die Klassifizierung vieler Produkte ist noch<br />

nicht abgeschlossen, zudem ist manch nachhaltige Zuordnung<br />

strittig. Auch waren Finanzanlagenvermittler vorerst noch von<br />

der Abfragepflicht ausgenommen (gilt für sie frühestens ab<br />

März 2023). Die Branche stellte zwar rasch verschiedene Leitfäden<br />

für die Einbettung einer konkreten Abfragelogik in die<br />

Beratungsstrecke zur Verfügung, doch vielerorts wird die neue<br />

Pflicht in der Beratung laut Umfragen noch ignoriert.<br />

Januar, Oktober<br />

PROVISIONSRICHTWERT VOM TISCH<br />

Als die BaFin zu Jahresbeginn über die Deckelung der Provisionen<br />

in der Lebensversicherung nachdachte, erhob sich ein<br />

Sturm der Empörung im Vertrieb. Seit Herbst ist klar, dass es<br />

nun doch keinen „Angriff auf den provisionsbasierten Vertrieb“<br />

geben wird. Die BaFin will nun im Rahmen neuer Wohlverhaltensregeln<br />

lediglich krasse Provisionsausreißer einfangen.<br />

Mai<br />

STRAFZINSEN FALLEN WEG<br />

Nachdem die EZB die Leitzinsen in diesem Jahr schrittweise<br />

bis auf 2 Prozent anhob, gehören Verwahrentgelte praktisch<br />

branchenweit der Vergangenheit an. Die Direktbank ING<br />

Deutschland schaffte sie bereits im Mai als erstes deutsches<br />

Geldinstitut faktisch ab. Hunderte Institute folgten in den<br />

Monaten danach. Entsprechend stiegen auch die Zinsen für<br />

Tages- und Festgeldkonten wieder an. Gegen mehrere Banken<br />

laufen jedoch noch wegen der Negativzinsen Klageverfahren<br />

des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv).<br />

68 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|22


Berater HÖHEPUNKTE DES JAHRES<br />

Januar, Juli, August<br />

INVESTOREN KAUFEN MAKLERPOOLS<br />

Der Maklermarkt ist stark in Bewegung, Geschäftsmodelle<br />

verschmelzen, Übernahmen und Beteiligungen<br />

sind an der Tagesordnung. Die Pool-Konsolidierung<br />

ist in vollem Gange. So beteiligte sich der britische<br />

Private-Equity-Investor HG Capital nicht nur an Fonds<br />

Finanz, sondern auch am Maklerdienstleister Deutscher<br />

Maklerverbund (DEMV). Warburg Pincus stieg beim<br />

Maklerpool blau direkt ein. Und die JDC Group, zu der<br />

auch der Pool Jung, DMS & Cie. gehört, plant Maklerbüros<br />

aufzukaufen. Dazu wurde ein Joint Venture<br />

mit Finanzinvestor Bain Capital und einer Tochter der<br />

Finanzholding Great West Lifeco gegründet.<br />

Oktober<br />

OLIVER PRADETTO<br />

TRITT AB<br />

März<br />

Nach 23 Jahren gibt Oliver Pradetto<br />

die Geschäftsführung des Maklerpools<br />

blau direkt ab. Diese besteht<br />

nun aus Mitgründer Lars Drückhammer,<br />

Hannes Heilenkötter und Oliver<br />

Lang. Der von Fachmedien als<br />

meinungsstark geschätzte Pradetto<br />

will sich auf seine Rolle als Pool-Eigentümer<br />

konzentrieren und als Beiratsvorsitzender<br />

den strategischen<br />

Ausbau begleiten. bestehen.<br />

STRUKTURVERTRIEBE<br />

GEWINNEN NEUE BERATER<br />

Während sich die Anzahl der Versicherungsvermittler,<br />

speziell der Vertreter, immer weiter reduziert, haben<br />

die deutschen Strukturvertriebe offenbar keine<br />

Probleme mit dem Beraternachwuchs. So gewann<br />

Deutschlands größter Allfinanzvertrieb DVAG innerhalb<br />

eines Jahres dank einer Werbeoffensive 2.500 neue<br />

Kräfte, viele Quereinsteiger stammen nach Unternehmensangaben<br />

aus kaufmännischen Berufen. Auch die<br />

Vertriebsunternehmen OVB (plus 355 neue Berater),<br />

tecis (plus 500) und Telis (plus 500) starteten deutlich<br />

vertriebsverstärkt in das Jahr <strong>2022</strong>.<br />

September<br />

BUNDESREGIERUNG<br />

ENTLASTET SPARER<br />

Ab 2023 werden die vor der Abgeltungssteuer<br />

geschützten Kapitalerträge von derzeit<br />

801 Euro pro Alleinstehenden auf 1.000<br />

Euro pro Jahr angehoben. Zudem können<br />

die Bürger bereits in der Steuererklärung<br />

für 2023 ihre Beiträge zur ersten Schicht<br />

der Altersvorsorge vollständig steuerlich<br />

geltend machen.<br />

September<br />

Wegweisendes Urteil<br />

Eigentümer-Gemeinschaften müssen<br />

auch für Schäden, die nur in einzelnen<br />

Wohnungen entstanden sind<br />

(etwa Wasserschäden), aufkommen.<br />

Laut BGH ist der in der Gebäudeversicherung<br />

vereinbarte Selbstbehalt<br />

von allen Eigentümern gemeinschaftlich<br />

zu tragen (Az. V ZR 69/21).<br />

Juni<br />

Kleinlein verlässt BdV<br />

Der Aktuar Axel Kleinlein hat nach elf<br />

Jahren seinen Posten als Sprecher<br />

des Vorstands beim Bund der Versicherten<br />

niedergelegt. Seit Oktober<br />

neu im Amt als BdV-Sprecher: Stephen<br />

Rehmke, Fachanwalt für Bankund<br />

Kapitalmarktrecht.<br />

September<br />

Netfonds-Website kopiert<br />

Identitätsdiebstahl kann auch Finanzdienstleister<br />

treffen: die Website der<br />

Netfonds AG wurde von Betrügern<br />

täuschend echt kopiert. Die Fake-Site<br />

unterschied sich nur durch einen fehlenden<br />

Spiegelstrich von der echten<br />

URL und bot ohne Erlaubnis Bankgeschäfte<br />

und Finanzdienstleistungen<br />

an. Netfonds erstattete Anzeige und<br />

meldete den Fall der BaFin.<br />

September<br />

Gruppenversicherungen<br />

Laut EuGH-Urteil (Az. C-633/20)<br />

stellt ein entgeltliches Angebot zum<br />

Beitritt in eine Gruppenversicherung<br />

Versicherungsvermittlung/-vertrieb<br />

dar. Das heißt für den B2C-Bereich:<br />

Gruppenversicherungsnehmer, die<br />

Verbrauchern Versicherungsschutz<br />

unter ihren Verträgen gegen Vergütung<br />

verschaffen, benötigen eine<br />

gewerberechtliche Erlaubnis nach<br />

Paragraf 34d GewO der IHK.<br />

Lesen Sie die Hintergründe, Zusatzberichte<br />

und Interviews zu diesen und<br />

weiteren Highlights des Jahres unter:<br />

www.<strong>procontra</strong>-online.de/<strong>2022</strong><br />

Illustrationen: Eleonora Mavromati<br />

69


BERATER Nachhaltige Finanzberatung<br />

NOCH NICHT NACHHALTIG<br />

ETABLIERT<br />

Die Regulierung erschwert die Vermittlung. Wo es bei Abfrage und Umsetzung der<br />

Nachhaltigkeitspräferenzen in der Kundenberatung noch hakt<br />

– TEXT: OLIVER LEPOLD –<br />

Die Nachhaltigkeit ist in der Finanzberatung<br />

nun fest verankert – zumindest auf<br />

dem Papier. Denn seit 2. August <strong>2022</strong> sind<br />

Versicherungsvermittler dazu verpflichtet,<br />

von ihren Kunden einerseits die Nachhaltigkeitspräferenzen<br />

zu eruieren und<br />

andererseits diese dann bei der Auswahl<br />

geeigneter Produkte entsprechend zu berücksichtigen.<br />

<strong>procontra</strong> berichtete bereits<br />

im Sommer, dass aufgrund diverser Ungereimtheiten<br />

– Finanzanlagenvermittler<br />

etwa sind aufgrund einer Besonderheit des<br />

deutschen Vermittlerrechts derzeit noch<br />

von den Regelungen ausgenommen – eine<br />

absurde Situation im Vertrieb droht.<br />

Einige Monate nach dem Stichtag lässt<br />

sich eine erste Zwischenbilanz ziehen: Den<br />

Vermittlern stehen mehrere meist ähnlich<br />

ausgearbeitete Leitfäden für die Einbettung<br />

einer konkreten Abfragelogik in ihre Beratungsstrecke<br />

zur Verfügung. Die Systematik<br />

richtet sich an den drei folgenden Kriterien<br />

aus: der Taxonomie, den ESG-Kriterien<br />

nach SFDR (Sustainable Finance Disclosure<br />

Regulation) und den sogenannten PAIs<br />

(Principal Adverse Impacts). „Bei den PAIs<br />

handelt sich ausschließlich um Indikatoren,<br />

die eine nachteilige ESG-Wirkung haben<br />

und daher so weit wie möglich reduziert<br />

werden sollen. Generell wird jede positive<br />

Ausprägung eines PAI als schädlich auf<br />

Nachhaltigkeit angesehen“, erläutert Sarah<br />

Lemke, Syndikusrechtsanwältin der Netfonds<br />

Gruppe. Insgesamt umfassen die PAIs<br />

18 Leistungskennzahlen, darunter etwa<br />

CO 2<br />

-Fußabdruck, Anteil gefährlicher Abfälle,<br />

Wasserverschmutzung, aber auch die<br />

Geschlechtervielfalt in Aufsichtsgremien.<br />

PRODUKTAUSWAHL EINGESCHRÄNKT<br />

Mithilfe diverser Vertriebstools lässt sich<br />

nach Abfrage der Nachhaltigkeitspräfe-<br />

70 Illustration: Roman Kulon


Nachhaltige Finanzberatung BERATER<br />

SO OFT HABEN VERMITTLER DIE NACHHALTIGKEITSPRÄFERENZ-ABFRAGE DURCHGEFÜHRT<br />

Jeder vierte Berater verzichtet noch auf die Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen.<br />

in den letzten 4 Wochen 5<br />

61<br />

25<br />

9<br />

in den letzten 3 Monaten 17<br />

46<br />

26<br />

11<br />

in den letzten 6 Monaten<br />

22<br />

34<br />

32<br />

12<br />

in den letzten 12 Monaten<br />

22<br />

31<br />

33<br />

14<br />

MAKLERS MEINUNG<br />

»Gut gemeint, aber<br />

noch am Ziel vorbei«<br />

INGO SCHEULEN, Makler für nachhaltige<br />

Vorsorge- und Vermögensberatung<br />

und Kommunikationsbeauftragter<br />

von ökofinanz-21<br />

11 bis 50 Mal 1 bis 10 Mal nie k. A.<br />

Angaben in Prozent Quelle: BVK-Vermittlerumfrage Oktober <strong>2022</strong><br />

renzen beim Kunden eine Liste geeigneter<br />

Produkte eruieren. „Alle relevanten Vergleichsrechner<br />

haben dieses Thema in den<br />

Beratungsprozess integriert, allerdings sind<br />

die Abfragetiefe und die Produktempfehlung<br />

noch sehr uneinheitlich“, hat Michael<br />

Hinz, bei Signal Iduna zuständig für das<br />

Spezialistenmanagement Leben, beobachtet.<br />

Klar scheint nach Branchenstimmen aus<br />

dem Vertrieb jedoch: Je restriktiver vorgegangen<br />

wird, also je nachhaltiger der Kunde<br />

eingestellt ist, desto weniger Produkte<br />

stehen dem Berater am Ende zur Auswahl.<br />

Das Problem: Die stufenweise Regulierung<br />

erscheint vielen Betroffenen äußerst<br />

holprig, denn die verschiedenen Verordnungen<br />

sind zeitlich nicht aufeinander<br />

abgestimmt. Erst zum Jahresbeginn 2023<br />

treten etwa die technischen Regulierungsstandards<br />

zur Taxonomie-Verordnung in<br />

Kraft. Diese sind aber essenziell für die Abfrage<br />

der Nachhaltigkeitspräferenzen und<br />

umfassen zudem bisher nur die ersten zwei<br />

der sechs definierten Umweltziele. Auch im<br />

Jahr 2023 werden demnach noch Lücken<br />

in den Informationen zur Nachhaltigkeit<br />

bestehen, mit denen die Produktgeber ihre<br />

Angebote kennzeichnen. Seit August verwendet<br />

die Branche hierzu eine erste Version<br />

des European ESG Template (EET). Das<br />

Template wurde unter der Koordination<br />

der FinDatEx (Financial Data Exchange)<br />

entwickelt, ein Joint Venture der wesentlichen<br />

Verbände der europäischen Finanzdienstleistungsindustrie.<br />

Das EET ist im Grunde eine große Excel-<br />

Tabelle, die den Datenaustausch zwischen<br />

Produktherstellern und Vertriebsstellen,<br />

Versicherern sowie Dachfondsinvestoren<br />

erleichtert. „Dort finden sich mit der Bezeichnung<br />

des Kriteriums die Erläuterung,<br />

welche Messgröße gefragt wird und wie das<br />

dargestellt werden soll. Die Tabelle müssen<br />

alle ausfüllen, die mit Anlageprodukten zu<br />

tun haben. Wenn ich an die Komplexität<br />

des gesetzlichen Rahmens denke, ist ein<br />

guter Prozess daraus geworden, der noch<br />

weiter ausgebaut wird. Die Vermittelnden<br />

können sich daher auf die Daten verlassen“,<br />

beurteilt Ellen Ludwig, Aktuarin und<br />

Abteilungsleiterin Personenversicherung<br />

bei softfair, das Prozedere.<br />

LÜCKEN IN DEN DATENSÄTZEN<br />

Versicherer und Fondsgesellschaften liefern<br />

die Daten im EET-Format ein, das Unternehmen<br />

WM Daten stellt sie über Schnittstellen<br />

den Datenprovidern für Plattformen<br />

und Tools zur Verfügung. So gelangen die<br />

Nachhaltigkeitsdaten – aufbereitet für die<br />

jeweiligen Anwendungen – über die eingesetzten<br />

Tools und Services zu den Vermittlern.<br />

In den Datensätzen klaffen aber noch<br />

Lücken, denn die technischen Standards<br />

wurden wie erwähnt erst im Sommer veröffentlicht<br />

und gelten erst ab Januar 2023.<br />

Leere Felder werden für eine nachhaltige<br />

Kennzeichnung nicht herangezogen. Die<br />

Branche muss die Lücken nun auffüllen.<br />

Eine neue Version des EET (V1.1) soll zum<br />

1. Dezember <strong>2022</strong> bereitgestellt werden,<br />

mit einer Toleranzfrist für die Umstellung<br />

bis 30. April 2023.<br />

„Wegen des Aufwands wurden die Informationen<br />

zunächst nur für ausgewählte<br />

Fonds veröffentlicht. Seither wird das<br />

Angebot laufend erweitert“, erläutert ein<br />

Sprecher des deutschen Fondsverbands<br />

BVI. Für die Verfügbarkeit der Informationen<br />

im Vertrieb habe das Datum 1. Januar<br />

2023 keine Bedeutung. „Allerdings ändert<br />

sich, dass die Informationen ab dann in den<br />

Fondsprospekten veröffentlicht werden<br />

müssen und damit gegenüber den Anle-<br />

Dass die Beratung in Bezug auf Nachhaltigkeitspräferenzen<br />

nun obligatorisch ist,<br />

begrüße ich sehr. Leider ist die Umsetzung<br />

einerseits überfrachtet und lässt<br />

andererseits zu viele blinde Flecken übrig.<br />

Begrifflichkeiten und Kriterien sind noch<br />

nicht geeignet, um wirklich eine Hilfe im<br />

Beratungsalltag zu sein. Die Systematik<br />

ist unvollkommen und nicht standardisiert<br />

entwickelt. Es entsteht eher der Eindruck<br />

eines Bürokratiemonsters, was viele<br />

Berater abschreckt. Das könnte sogar dazu<br />

verführen, Gespräche so zu steuern, dass<br />

der Kunde („Sie haben doch keine zwei<br />

Stunden Zeit dafür übrig“) zustimmt, das<br />

Thema als irrelevant fallen zu lassen. Dies<br />

stellt eine Gefahr dar.<br />

Wir alle müssen mit dem Thema umgehen,<br />

das Positive daran aufgreifen und die<br />

ESG-Kriterien ansprechen. Es geht darum,<br />

einen Weg zu finden, wie man die Beratung<br />

und die Dokumentation möglichst schlank,<br />

aber trotzdem präzise aufstellt. Ähnlich wie<br />

etwa bei den Produktinformationsblättern<br />

für bestimmte Investments. Nicht länger als<br />

zwei Seiten, die für die Kunden verständlich<br />

und handhabbar sind. Die relevanten Fragestellungen<br />

zur Nachhaltigkeit sollten stets<br />

angesprochen, reflektiert und bezogen werden<br />

auf das, was der Markt für Anlagemöglichkeiten<br />

bietet.<br />

Produktgeber müssen die Informationen<br />

derart liefern, dass eine Plausibilitätsprüfung<br />

erfolgen kann. Denn Nachhaltigkeitsaussagen<br />

müssen wahr sein, auch wenn<br />

wir noch in einem Prozess einer unvollständigen<br />

Regulierung stecken. Berater,<br />

insbesondere Makler, haben die Angaben<br />

zu überprüfen und können sich nicht blind<br />

auf Produktgeber, Ratings oder Siegel<br />

verlassen.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

71


BERATER Nachhaltige Finanzberatung<br />

»Eine Komplexität, die<br />

kontraproduktiv wirkt«<br />

AfW-Vorstand NORMAN WIRTH zur Umsetzung der EU-Vorgaben<br />

bezüglich der Nachhaltigkeitsabfrage in Beratungsgesprächen<br />

<strong>procontra</strong>: Die verpflichtende Abfrage der<br />

Nachhaltigkeitspräferenzen im Kundengespräch<br />

muss seit 2. August <strong>2022</strong> erfolgen.<br />

Welches Feedback hat der AfW hierzu bisher<br />

erhalten?<br />

Norman Wirth: Die Vorlagen für die Abfrage<br />

der Nachhaltigkeitspräferenzen bei den Kunden,<br />

an denen wir als AfW mitgearbeitet haben<br />

– bei DIN, Arbeitskreis Beratungsprozesse<br />

und Forum Nachhaltige Geldanlagen (FNG) –,<br />

werden zwar genutzt, aber leider nicht so<br />

intensiv wie erhofft. Das betrifft aber nicht die<br />

jeweiligen Vorlagen an sich, welche inhaltlich<br />

nicht sehr divergieren, sondern das Thema<br />

Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenzen und<br />

anschließend entsprechende Produktempfehlung<br />

an sich. Sprich: Die Abfrage findet noch<br />

nicht überall statt.<br />

<strong>procontra</strong>: Was macht hier die größten Probleme?<br />

Wirth: Wir reden über eine unglaublich<br />

wichtige und für die Zukunft unserer Kinder<br />

und Enkel existenzielle Frage. Gigantische<br />

Geldströme sollen – so der politische Wille – in<br />

nachhaltige Wirtschaft und Projekte fließen.<br />

Natürlich ist auch in unserer Branche bei<br />

entsprechendem Wissen und praktikablen<br />

Vorgaben viel guter Wille vorhanden. Leider<br />

erleben wir aber eine Komplexität und Verkomplizierung<br />

für die Produktgeber, den Vertrieb<br />

und letztlich auch die Kundinnen und Kunden,<br />

die hier völlig kontraproduktiv wirkt. Gründlichkeit,<br />

Überlegtheit und Schlichtheit vor<br />

Schnelligkeit hätte hier gutgetan. Aktuell sehe<br />

ich, dass wir bei dem Thema viel Akzeptanz<br />

gerade bei den Adressaten der Regulierung<br />

verlieren. Entscheidungen wie die Energiegewinnung<br />

aus Atom und Gas unter bestimmten<br />

Bedingungen als nachhaltig zu klassifizieren<br />

tragen dazu bei.<br />

<strong>procontra</strong>: Inwieweit müssen Vermittler auch<br />

von ihren Bestandskunden die Nachhaltigkeitspräferenzen<br />

erheben?<br />

Wirth: Das ist eine von vielen Detailfragen, die<br />

man noch gut diskutieren kann. Die europäischen<br />

Aufsichtsbehörden EIOPA (Versicherungen)<br />

und ESMA (Investment) stellen dazu<br />

Leitlinien zur Verfügung. Leitlinie 3 der EIOPA<br />

besagt, dass Versicherer und Vermittler auch<br />

bei Bestandskunden eine nachträgliche Abfrage<br />

der Nachhaltigkeitspräferenzen vornehmen<br />

sollen. Dafür soll die nächste regelmäßige<br />

Aktualisierung der Geeignetheitsbewertung<br />

genutzt werden. Da aber diese in der Praxis<br />

sehr häufig weder vorgesehen noch vereinbart<br />

ist, dürfte dieser Ansatz ins Leere laufen.<br />

Zudem erscheint es mehr als problematisch,<br />

bereits länger laufende Verträge infrage zu<br />

stellen, nur weil sich jetzt herausstellt, dass<br />

sie den aktuellen Nachhaltigkeitspräferenzen<br />

der Kunden nicht entsprechen. Im Kundeninteresse<br />

dürfte das in der Regel nicht sein. Hier<br />

befinden sich Vermittlerinnen und Vermittler<br />

auf ganz dünnem Eis.<br />

gern verbindlich zugesagt werden. Auch<br />

für Berater gibt es damit mehr Rechtssicherheit“,<br />

so der BVI-Sprecher gegenüber<br />

<strong>procontra</strong>.<br />

Kritik kommt vom Bundesverband der<br />

Versicherungskaufleute (BVK): „Die Klassifizierung<br />

vieler Anlageprodukte und Investments<br />

ist noch nicht abgeschlossen und es ist<br />

noch strittig, inwieweit einzelne Produkte<br />

als nachhaltig gelten können. Hier hat die<br />

EU Vorgaben gemacht, die weder die Versicherungsunternehmen<br />

noch die Versicherungsvermittler<br />

in der Kürze der Zeit erfüllen<br />

können, um rechts- und haftungssicher<br />

nachhaltige Versicherungsanlageprodukte<br />

zu vertreiben“, betont BVK-Präsident Michael<br />

H. Heinz. Die Zeit zur Umsetzung<br />

der technischen Regulierungsstandards sei<br />

»Mehr Rechtssicherheit<br />

für Vermittler<br />

ab 1. Januar 2023.«<br />

BVI-SPRECHER<br />

definitiv zu knapp bemessen. Der Verband<br />

erwartet im Frühjahr 2023 aufgrund der<br />

Informationsdefizite ein schwieriges Vertriebsumfeld,<br />

was er durch Ergebnisse einer<br />

aktuellen Vermittlerumfrage (siehe Grafik)<br />

bestätigt sieht. Demnach bewerten mehr als<br />

zwei Drittel (69 Prozent) der Vermittler die<br />

derzeitigen Abfragetools als überwiegend<br />

ungeeignet. Noch mehr (78 Prozent) stört<br />

es, dass sie unterschiedliche Abfragelogiken<br />

verwenden müssen. Der Branche war es<br />

trotz Bemühungen der Verbände AfW und<br />

Votum nicht gelungen, eine branchenweit<br />

einheitliche Abfragehilfe zu zimmern.<br />

ABFRAGE NOCH NICHT FLÄCHENDECKEND<br />

Es ist kein Geheimnis, dass die Abfrage der<br />

Nachhaltigkeitspräferenzen der Kunden<br />

in der Praxis längst nicht flächendeckend<br />

stattfindet. Bei Ausschließlichkeitsvertretern<br />

etwa findet sie derzeit nur in jedem<br />

fünften Beratungsgespräch über Versicherungsanlageprodukte<br />

statt. So das Ergebnis<br />

einer aktuellen Mystery-Shopping-Studie<br />

der Prüfungs- und Beratungsfirma EY. Bei<br />

Vermittlern insgesamt laut der BVK-Umfrage<br />

nur in jeder vierten Beratung. Das<br />

72 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22


Nachhaltige Finanzberatung BERATER<br />

Ignorieren der Abfragepflicht fällt offenbar<br />

leicht, denn Verstöße können nicht unmittelbar<br />

geahndet werden. Der DIHK besitzt<br />

keine Handhabe, denn die Nichtbeachtung<br />

stellt keine Ordnungswidrigkeit dar.<br />

Jedoch können Wettbewerber eine Abmahnung<br />

veranlassen, falls sie nachweisen<br />

können, dass die Abfrage nicht erfolgt.<br />

Insbesondere Makler könnten zudem in<br />

die Haftung genommen werden, wenn es<br />

im Nachgang zu einem Streitfall über das<br />

vermittelte Produkt kommt und die Abfrage<br />

der Nachhaltigkeitspräferenzen nicht erfolgt<br />

oder nicht dokumentiert wurde. Falls<br />

der Kunde auf Rückabwicklung klagt, weil<br />

er bei richtiger Aufklärung ein anderes Produkt<br />

gewählt hätte, wird die Verantwortung<br />

kaum beim Produktgeber, sondern<br />

beim Vermittler landen.<br />

Dazu passt das Fazit von AfW-Vorstand<br />

Norman Wirth, der im <strong>procontra</strong>-Interview<br />

davon spricht, dass die große Komplexität<br />

zu einem deutlichen Verlust an Akzeptanz<br />

bei den Vermittlern geführt habe. Laut der<br />

BVK-Umfrage ist aber auch noch viel Aufklärung<br />

bei den Kunden vonnöten. Zwei<br />

von drei Vermittlern in der Umfrage gaben<br />

an, sie seien in den letzten vier Wochen<br />

nicht bzw. überhaupt noch nie auf Nachhaltigkeitsaspekte<br />

angesprochen worden.<br />

Nach ihrer Einschätzung wissen viele Kunden<br />

gar nicht, welche Nachhaltigkeitspräferenzen<br />

sie haben, und vertrauen hier einfach<br />

auf den Vermittler.<br />

So einfach darf es aber nicht sein – denn<br />

auch wenn der Kunde „Nein“ antwortet<br />

auf die Frage, ob wichtige Nachhaltigkeitspräferenzen<br />

berücksichtigt werden<br />

müssen, kann der Berater das Thema noch<br />

nicht ad acta legen. Er muss zumindest<br />

nachfragen, ob der Kunde überhaupt verstanden<br />

hat, was Nachhaltigkeit eigentlich<br />

bedeutet. Klar ist: Das Thema wird ein<br />

Dauerbrenner im Vertrieb bleiben, auch<br />

über 2023 hinaus. Die Informationspflichten<br />

der Unternehmen und Produktgeber<br />

werden schließlich noch erweitert. Viele<br />

Detailfragen sind noch zu klären, darunter<br />

auch, inwieweit die Nachhaltigkeitsabfrage<br />

auch für Bestandskunden gelten soll und<br />

wann ein Makler als Sachwalter auch bei<br />

sich verändernden Nachhaltigkeitspräferenzen<br />

seines Kunden reagieren muss.<br />

Klimaschutz<br />

DIE 6 UMWELTZIELE<br />

IM FOKUS DER EU<br />

Anpassung an den Klimawandel<br />

Nachhaltiger Einsatz und Gebrauch<br />

von Wasser oder Meeresressourcen<br />

Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft<br />

Vorbeugung oder Kontrolle<br />

von Umweltverschmutzung<br />

Schutz und Wiederherstellung<br />

von Biodiversität und Ökosystemen<br />

PKV-SCHUTZ NK.SELECT<br />

Der legendäre NK – jetzt<br />

als komplette Tariffamilie<br />

mit der Wechseloption<br />

NK.select FLEX.<br />

Profitieren Sie jetzt von der neuen NK.select-Familie mit<br />

Tarifen für unterschiedliche Bedürfnisse und einer neuen<br />

Flexibilität: Dank dem Optionsbaustein NK.select FLEX<br />

können Ihre Kunden zwischen den Tarifen wechseln.<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

www.vermittlerportal.de/NKselect<br />

73


BERATER Betriebliche Altersversorgung<br />

MAXI-RENTE FÜR MINIJOBBER<br />

Die Minijob-Reform liefert Ansätze zur betrieblichen Altersversorgung.<br />

Was es beim Wandel der Geringfügigkeitsgrenze zu beachten gilt<br />

– TEXT: STEFAN TERLIESNER –<br />

So mancher Finanzberater könnte bisher<br />

vernachlässigte Klienten mit einem Tipp<br />

überraschen. In etlichen Kundenportfolios<br />

dürften geringfügig entlohnte Beschäftigte<br />

(Minijobber) und Beschäftigte im Übergangsbereich<br />

zu einer normal sozialversicherungspflichtigen<br />

Tätigkeit (Midijobber)<br />

enthalten sein. Immerhin gab es laut<br />

Deutscher Rentenversicherung 2021 rund<br />

7,2 Millionen Menschen in Deutschland in<br />

einem Minijob und 2,9 Millionen in einem<br />

Midijob.<br />

HÖHERER MINDESTLOHN HAT FOLGEN<br />

Wegen der Erhöhung des Mindestlohns<br />

auf zwölf Euro pro Stunde haben sich die<br />

definitorischen Grenzen zwischen beiden<br />

Jobvarianten zum 1. Oktober <strong>2022</strong> verschoben.<br />

Ein Minijob reicht jetzt bis zur<br />

Geringfügigkeitsgrenze von 520 Euro nach<br />

zuvor 450 Euro. Und der Übergangsbereich<br />

bzw. Midijob erstreckt sich bis zu einem<br />

Verdienst von 1.600 Euro monatlich nach<br />

bisher 1.300 Euro. Zum 1. Januar 2023<br />

steigt diese Schwelle nochmals auf dann<br />

2.000 Euro. Allein diese Verschiebungen<br />

wären ein Anlass für Berater, mit Kunden<br />

aus diesen Einkommensgruppen über deren<br />

Absicherung im Bereich Altersvorsorge zu<br />

sprechen – hier gibt es nämlich gravierende<br />

Lücken. Die sind zwar in der Regel dem geringen<br />

Verdienst geschuldet, aber eine fundierte<br />

Finanzplanung kann und sollte auch<br />

Geringverdienern helfen.<br />

Ebenfalls interessant ist ein weiterer<br />

Sachverhalt: Speziell Midijobber haben<br />

eine Möglichkeit, sich „eine verhältnis-<br />

74 Illustration: Roman Kulon


Betriebliche Altersversorgung BERATER<br />

mäßig kostengünstige Altersvorsorge aufzubauen“,<br />

bestätigt auf Anfrage von <strong>procontra</strong><br />

ein Sprecher des Versicherers Signal<br />

Iduna. Gemeint ist die Entgeltumwandlung<br />

in der betrieblichen Altersversorgung<br />

(bAV). Von diesem Recht Gebrauch zu machen<br />

– Arbeitgeber müssen einem Arbeitnehmer<br />

mit bAV-Wunsch mindestens eine<br />

Direktversicherung anbieten – sei für Midijobber<br />

wichtig, „denn in der gesetzlichen<br />

Rentenversicherung erwerben sie aufgrund<br />

des geringen Einkommens auch nur geringe<br />

Versorgungsansprüche“.<br />

»Midijobber haben<br />

die Möglichkeit, eine<br />

verhältnismäßig<br />

kostengünstige<br />

Altersvorsorge<br />

aufzubauen.«<br />

SPRECHER DER SIGNAL IDUNA<br />

RUTSCH UNTER DIE GERINGFÜGIGKEITSGRENZE<br />

Zusätzlich ergebe sich in bestimmten Fällen<br />

für Midijobber die Möglichkeit, durch<br />

eine Entgeltumwandlung unter die Geringfügigkeitsgrenze<br />

von 520 Euro zu rutschen<br />

und damit in ein sozialversicherungsfreies<br />

Beschäftigungsverhältnis. Dazu erklärt das<br />

Bundesministerium für Arbeit und Soziales<br />

auf Anfrage: Die Entgeltbestandteile aus<br />

Entgeltumwandlung seien nicht dem Arbeitsentgelt<br />

zuzurechnen. Und weiter: Eine<br />

Beschäftigung im Übergangsbereich sei<br />

grundsätzlich sozialversicherungspflichtig.<br />

Arbeitgeber zahlten dabei höhere Pflichtbeiträge<br />

als Beschäftigte. Soweit das regelmäßige<br />

Arbeitsentgelt 520 Euro im Monat<br />

nicht übersteigt, bestehe Sozialversicherungsfreiheit<br />

in der Kranken-, Pflege- und<br />

Arbeitslosenversicherung. Von der Pflicht<br />

zur Rentenversicherung könnten Beschäftigte<br />

sich auf Antrag befreien lassen.<br />

Das Ministerium nennt ein Beispiel: Eine<br />

gesetzlich krankenversicherte Bürohilfe<br />

vereinbart mit dem Chef, dass dieser den<br />

Bruttoentgeltanspruch von 600 Euro um<br />

90 Euro mindert und in diesem Umfang<br />

50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

ARBEITNEHMER WÜSSTEN GERNE MEHR ÜBER bAV<br />

Frage: Fühlen Sie sich zum Thema bAV ausreichend informiert?<br />

36<br />

eine Versorgungszusage zugunsten einer<br />

bAV abgibt. Die Bürohilfe ist geringfügig<br />

entlohnt beschäftigt, weil das regelmäßige<br />

Arbeitsentgelt in Höhe von 510 Euro nach<br />

der Entgeltumwandlung die Grenze von<br />

520 Euro nicht übersteigt.<br />

CHEF ZAHLT FÜR RENTE UND KRANKEN<br />

Der Arbeitgeber zahlt Pauschalbeiträge zur<br />

Renten- und zur Krankenversicherung von<br />

zusammen 28 Prozent des Arbeitsentgelts;<br />

im Einzelnen 15 Prozent zur Renten- und<br />

13 Prozent zur Krankenversicherung. Die<br />

Beschäftigte zahlt Beiträge zur Rentenversicherung<br />

in Höhe von 3,6 Prozent des Arbeitsentgelts,<br />

sofern sie sich nicht von der<br />

Rentenversicherungspflicht befreien lässt.<br />

Insgesamt summieren sich die Sozialversicherungsbeiträge<br />

auf 161 Euro, von denen<br />

der Arbeitgeber 143 Euro und die Beschäftigte<br />

Arbeitnehmerbeiträge von 18 Euro<br />

trägt.<br />

Ohne Entgeltumwandlung, führt das<br />

Ministerium weiter aus, wären vom Bruttolohn<br />

von 600 Euro typischerweise Sozialversicherungsbeiträge<br />

von 182 Euro an<br />

Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung<br />

abzuführen, die sich aus<br />

158 Euro an Arbeitgeber- und 24 Euro an<br />

Arbeitnehmerbeiträgen zusammensetzen.<br />

HAFTUNGSRISIKEN FÜR BERATER<br />

So weit das Beispiel. Generell zu dieser<br />

Möglichkeit sagt der Sprecher von Signal<br />

Iduna: „Ob dies sinnvoll ist oder nicht,<br />

39<br />

Anteil der Antworten mit Ja in % Quelle: Deloitte-Studie zur betrieblichen Altersversorgung 2021<br />

42<br />

2017 2018 2019 2020 2021<br />

37<br />

hängt von den Umständen des Einzelfalls<br />

ab.“ Denn das Thema ist komplex und daher<br />

gespickt mit Haftungsrisiken für Berater.<br />

Hierauf weisen auch andere Versicherer<br />

und bAV-Spezialisten hin. Ohnehin ist das<br />

Wissen über bAV bei Arbeitnehmern nicht<br />

gerade ausgeprägt, wie eine noch aktuelle<br />

Studie von Deloitte ergab; die Folgestudie<br />

erscheint in Kürze (siehe Grafik).<br />

Daher gilt: Wer nicht selbst über ausreichend<br />

Know-how im Bereich Sozialversicherungsgesetzgebung<br />

und bAV verfügt,<br />

sollte für die Beratung unbedingt Experten<br />

hinzuziehen. Sofern das Steuerrecht<br />

betroffen ist, muss ein Steuerberater die<br />

Beantwortung der entsprechenden Fragen<br />

übernehmen. Nur mit einem solchen Netzwerk<br />

aus Fachleuten im Rücken können<br />

bzw. dürfen Finanzberater das Thema bearbeiten.<br />

Das sollte bedenken, wer bisher<br />

vernachlässigte Klienten mit einem Tipp<br />

überraschen möchte.<br />

AUSBLICK 2023<br />

30<br />

Gesetzliche Änderungen bei Mini- und<br />

Midijobs sind ein Beratungsanlass<br />

Entgeltumwandlung führt bei bestimmten<br />

Midijobbern zur SV-Beitragsersparnis<br />

Finanzberater nutzen das Thema zum Aufbau<br />

eines bAV-Expertennetzwerks<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

75


BERATER Zielgruppenkonzept<br />

MILLENNIALS RICHTIG CATCHEN<br />

Technikaffin und mit dem Smartphone aufgewachsen:<br />

Wie Berater mit YouTube, TikTok & Co. die Generationen Y und Z für sich gewinnen.<br />

– TEXT: ANNE MAREILE WALTER –<br />

Den Sprung in die Selbstständigkeit wagen?<br />

Für ein Jahr ins Ausland wechseln, den<br />

Umzug ans andere Ende der Republik in<br />

Angriff nehmen oder doch ein Haus bau-<br />

Denn wer jung ist, schlägt seine Zelte eben<br />

häufig neu auf.<br />

Für Berater sind die Generationen der<br />

Millennials und Post-Millennials daher keien?<br />

Wer der Generation Y oder Z angehört<br />

– und damit entweder nach 1981 oder nach<br />

1995 geboren ist –, ändert häufig seinen<br />

Lebensstil und variiert die Gewohnheiten.<br />

76 Illustration: Roman Kulon


Zielgruppenkonzept BERATER<br />

ne einfachen Zielgruppen – zudem gelten<br />

sie oft als unterversicherte Kundenklientel,<br />

die ihre finanziellen Angelegenheiten lieber<br />

via Broker-App regelt und den Gang zum<br />

Vermittler scheut. Wo sollte also die Beratung<br />

der Generationen Y und Z ansetzen?<br />

Sind YouTube, TikTok & Co. tatsächlich<br />

Erfolg versprechende Kanäle, um die Zielgruppen<br />

zu erreichen? Und welchen Stellenwert<br />

hat in Zeiten der Pandemie noch die<br />

persönliche Vor-Ort-Beratung?<br />

BERATUNG WIRD DIGITAL<br />

Der Digitalmakler Bastian Kunkel ist seit<br />

Jahren Experte auf dem Gebiet der Social-<br />

Media-Kommunikation und kennt die<br />

Bedürfnisse der Zielgruppen. Er ist auf<br />

TikTok und Instagram präsent und hat<br />

einen eigenen YouTube-Kanal. „Die Generationen<br />

Y und Z hinterfragen viel und<br />

sind kritisch – egal, ob es um Klimaproteste<br />

oder Versicherungen geht“, erklärt<br />

er. Darauf müssten Berater eingehen. Und<br />

weil Social Media eben der aktuelle Stand<br />

des Internets seien, führe daran auch kein<br />

Weg vorbei. „Du musst als Dienstleister<br />

auf diesen Plattformen unterwegs sein und<br />

dort die Leute abholen“, betont Kunkel.<br />

„In Zukunft wird es da keinen Rückschritt<br />

geben, die Entwicklung wird weitergehen.“<br />

Beratung werde digitaler.<br />

Deshalb rät er seinen Kollegen, sich zunächst<br />

einmal klar darüber zu werden, wer<br />

die eigene Zielgruppe ist, und sich die Fragen<br />

zu stellen: Wie sieht der persönliche<br />

Kunden-Avatar aus? Auf welchen Kanälen<br />

ist er unterwegs? Diese Kanäle müssten bespielt<br />

werden – ohne dabei auf allen Hochzeiten<br />

gleichzeitig zu tanzen. Denn das habe<br />

nur einen Effekt: Frustration und häufig das<br />

abrupte Ende der Social-Media-Aktivität.<br />

Dass die digitale Beratung bei der jungen<br />

Generation im Fokus steht, kann auch der<br />

Dresdner Makler Stephan Busch bestätigen.<br />

Er führt mit seinem Kollegen Tom<br />

Wonneberger das Maklerbüro Progress<br />

und hat sich auf die Beratung der Generationen<br />

Y und Z spezialisiert. 85 bis 90<br />

Prozent der Kunden ließen sich mittlerweile<br />

digital beraten, sagt er – per Teams, Zoom<br />

oder Skype. Eine Folge der Pandemie. Vor<br />

Corona sei das bei rund 60 Prozent der Fall<br />

gewesen.<br />

GELD IST KEIN TABUTHEMA<br />

„Junge Leute wollen, dass ihre Fragen beantwortet<br />

werden. Aber sie wollen keine<br />

DIE WICHTIGSTEN SOZIALEN NETZWERKE IN DEUTSCHLAND<br />

YouTube 95<br />

Facebook 94<br />

Instagram 92<br />

TikTok 89<br />

Twitter 87<br />

Snapchat 82<br />

Pinterest 78<br />

LinkedIn 61<br />

Twitch 60<br />

Xing 56<br />

Reddit 52<br />

Tumblr 43<br />

Flickr 36<br />

WeChat 33<br />

Clubhouse 22<br />

Jodel 18<br />

Kennen keins davon 1<br />

Produktvermittlung“, hebt Busch hervor.<br />

Wichtig seien in seinen Augen vor allem<br />

Blogs, um die Zielgruppe zu erreichen. Für<br />

Social-Media-Posts empfiehlt der Makler:<br />

Die eigene Identität kommunizieren und<br />

die Leute auch mal zum Lachen bringen.<br />

Sparen, ETFs, Kapitalanlage – aus Sicht<br />

von Busch seien das Trendthemen in der<br />

Zielgruppe. „In dem Bereich sind viele<br />

sogar sehr belesen“, hat er die Erfahrung<br />

gemacht. „Dafür rutscht die Absicherung<br />

der Arbeitskraft, die Biometrie im Allge-<br />

»Wenn man als<br />

Makler da einen Fuß<br />

in der Tür hat, ist eine<br />

Weiterempfehlung<br />

fast garantiert.«<br />

STEPHAN BUSCH, MAKLER<br />

Quelle: Statista<br />

meinen, in der Altersgruppe nach hinten.“<br />

Hier sollten Berater ansetzen, der Einsatz<br />

zahle sich aus. Denn: „In den Generationen<br />

Y und Z wird viel über Geld gesprochen.<br />

Wenn man als Makler da einen Fuß in der<br />

Tür hat, ist eine Weiterempfehlung fast garantiert.“<br />

Standard-Produkte, die unkompliziert<br />

online abschließbar sind – aus Sicht von<br />

AfW-Vorstand Frank Rottenbacher sollten<br />

Makler in der Beratung der Generation Z<br />

darauf einen Fokus haben. Per se sei das<br />

Thema Versicherungen für die jungen Endverbraucher<br />

wenig spannend. Deshalb rät<br />

er Maklern dazu, im Netz „passende Antworten<br />

zielgruppengerecht“ bereitzustellen.<br />

Nicht jeder Vermittler müsse zum Social-Media-Influencer<br />

werden, meint Filip<br />

Schlosser, Hauptgeschäftsstellenleiter des<br />

Votum-Verbands. Aber: „Bei einem Push-<br />

Markt wie der Finanzdienstleistungsbranche<br />

muss man die Menschen aktiv dort<br />

abholen, wo sie ihre Zeit verbringen“, sagt<br />

er. BVK-Präsident Michael H. Heinz ist<br />

überzeugt: Auch wenn sich die Genera-<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

77


BERATER Zielgruppenkonzept<br />

»Über Messenger erreichbar sein«<br />

MARKO PETERSOHN, Berater für die Versicherungsbranche zu Social Media und digitaler Kommunikation<br />

<strong>procontra</strong>: Die Generationen Y und Z gelten in<br />

vielerlei Hinsicht als unterversichert. Warum?<br />

Marko Petersohn: Sie haben oft einfach kein Interesse<br />

an Versicherungen. Junge Leute wissen<br />

meist nicht, wie sie sich versichern können, und<br />

sind in dem Punkt unselbstständig. Und das war<br />

auch früher so. Heute fällt es nur mehr auf, weil<br />

die Jugend online aktiv ist und wir uns mehr mit<br />

den nachkommenden Generationen befassen.<br />

Hinzu kommt: Es gibt heute mehr Studenten als<br />

noch vor 20 oder 30 Jahren. Und wenn man<br />

eine Ausbildung macht, ist das Thema Versicherungen<br />

stärker präsent als im Studium.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie können Makler der Unterversicherung<br />

begegnen?<br />

Petersohn: Am besten erreichen Makler die Generation<br />

nach wie vor über die Eltern. Zusätzlich<br />

sollten sie online präsent sein, weil es für junge<br />

Menschen selbstverständlich ist, sich im Netz<br />

rückzuversichern. Im Idealfall ist man nicht nur<br />

online gut auffindbar, sondern hat auch gute<br />

Bewertungen.<br />

<strong>procontra</strong>: Mit welchen digitalen Strategien lässt<br />

sich die Zielgruppe denn am besten erreichen?<br />

Und wie sollten Makler beim Bespielen der<br />

Kanäle vorgehen?<br />

Petersohn: Eine ganz wichtige Rolle spielt hier<br />

die Erreichbarkeit durch Messenger. Wir leben in<br />

einer Zeit, in der Leute schnell etwas loswerden<br />

möchten, ohne lange E-Mails zu schreiben oder<br />

gar anrufen zu müssen. Dieses Bedürfnis sollten<br />

Makler bedienen. In Bezug auf Social-Media-<br />

Aktivitäten ist wichtig: Sie müssen zur Person<br />

passen und man muss auch aktiv sein wollen.<br />

Sonst ist es nicht authentisch und man sollte<br />

es lieber lassen. Außerdem sollte man nicht auf<br />

allen Hochzeiten tanzen, sondern sich auf einen<br />

Kanal fokussieren.<br />

<strong>procontra</strong>: Inwiefern ticken die User der<br />

verschiedenen Social-Media-Kanäle auch<br />

verschieden?<br />

Petersohn: Auf YouTube gehen die Leute, um<br />

sich gezielt zu informieren. Sie sind bereit, sich<br />

längere Videos anzuschauen. Auf Instagram<br />

oder TikTok wird vor allem Unterhaltung gesucht.<br />

Generell sollte der Makler wissen, wie auf<br />

der jeweiligen Plattform kommuniziert wird – und<br />

dem muss er sich anpassen.<br />

<strong>procontra</strong>: Ist für die junge Generation eine klassische<br />

persönliche Beratung vor Ort überhaupt<br />

noch sinnvoll? Oder sollten Makler eher auf die<br />

digitalen Kanäle setzen?<br />

Petersohn: Diverse Untersuchungen und meine<br />

Erfahrungen aus Gesprächen mit Anfang<br />

20-Jährigen zeigen, dass junge Menschen<br />

keinen Bezug zu Versicherungen haben. Dass<br />

neue Generationen es sich mit dem Smartphone<br />

auf der Couch bequem machen und sich selbst<br />

über Versicherungen informieren, ist absurd.<br />

Die meisten jungen Menschen möchten einen<br />

klaren Ansprechpartner und jemanden, den sie<br />

persönlich erreichen können. Digitale Kanäle<br />

sollte man bespielen – trotzdem haben Büros<br />

noch lange nicht ausgedient. <br />

tionen Y und Z immer stärker auf sozialen<br />

Netzwerken über Versicherungen informierten,<br />

bleibe die persönliche Beratung<br />

unabdingbar – damit „keine Deckungslücken<br />

oder Unterversicherungen“ entstehen.<br />

MIT SOCIAL MEDIA VERTRAUEN ERZEUGEN<br />

Die Münchener Maklerin Andrea Mayr<br />

arbeitet seit vier Jahren nur noch online,<br />

ohne physisches Büro. Ihre Beratungen erledigt<br />

sie per Skype oder Zoom und setzt<br />

zur besseren Visualisierung ein Whiteboard<br />

ein. „Das funktioniert super“, berichtet sie.<br />

„Junge Leute wollen für die Beratung keine<br />

Wege mehr zurücklegen.“<br />

Mit ihrer Beratung richtet sich Mayr<br />

ebenfalls vor allem an die Generationen Y<br />

und Z. Posts auf Instagram & Co. findet<br />

sie nicht zwingend nötig, um die Zielgruppe<br />

zu erreichen. „Social Media sind die<br />

Kirsche auf der Torte“, sagt sie. Wichtiger<br />

sei es, über ein ordentliches Google-Profil<br />

und gute Bewertungen zu verfügen. Mayr<br />

selbst postet auf Instagram und TikTok<br />

und integriert dort viel von ihrer eigenen<br />

Persönlichkeit, zeigt sich beispielsweise im<br />

Gothic-Kostüm. Sie spielt gern damit, dass<br />

sie nicht dem Maklerklischee entspricht.<br />

„Über Social Media erzeugt man Vertrauen,<br />

weil sich der Makler dort von einer persönlichen<br />

Seite zeigt“, erklärt sie.<br />

Die Kombination aus hybrider Beratungspraxis<br />

und zielgruppenspezifischer Fokussierung<br />

auf Social-Media-Kanäle dürfte<br />

Vermittler auf ideale Art das Beratungssegment<br />

der Generationen Y und Z erschließen.<br />

Und die Akquise lohnt sich – birgt eine<br />

derart frühzeitige Kundengewinnung doch<br />

großes Potenzial für eine langfristige Erweiterung<br />

des Bestands. <br />

AUSBLICK 2023<br />

Stellenwert der persönlichen<br />

Vor-Ort-Beratung nimmt ab<br />

Social-Media-Kanäle gezielt bespielen, aber<br />

nicht auf allen Hochzeiten gleichzeitig tanzen<br />

Absicherung im Bereich Biometrie für die Generationen<br />

Y + Z stärker in den Fokus nehmen<br />

Hybride Beratungspraxis und zielgruppengerechte<br />

Social-Media-Posts kombinieren<br />

78 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22


Klartext to go...<br />

Der Podcast für alle 34er. Mit handverlesenen Expertentalks<br />

aus der Finanz- & Versicherungsbranche.<br />

Jeden zweiten Donnerstag, überall wo es Podcasts gibt.<br />

https://letscast.fm/sites/profino-podcast-dc9d8003/index<br />

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BERATER Demenz<br />

SCHNELL VERGESSEN<br />

Die Zahl der Demenzerkrankten steigt und damit auch die Notwendigkeit, deren<br />

Versicherungs- und Finanzverträge auf Klauseln und Schadenssummen zu überprüfen.<br />

– TEXT: IMKE REIHER –<br />

Das Thema Demenz ist bei vielen Menschen<br />

bereits im Alltag angekommen: Allein in<br />

Deutschland sind rund 1,8 Millionen Menschen<br />

von einer Demenz betroffen, und der<br />

Trend zeigt aufwärts. Laut einer Studie der<br />

Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird<br />

die Zahl der Demenzkranken bis 2030<br />

weltweit um 40 Prozent steigen.<br />

Die schleichende Erkrankung verändert<br />

den Alltag der Betroffenen massiv und<br />

führt zusehends zum Verlust der kognitiven<br />

Fähigkeiten und Selbstständigkeit. Daraus<br />

ergeben sich neue, herausfordernde Situationen<br />

und Risiken, die enorme Konsequenzen<br />

haben können. Zu den Klassikern<br />

zählen die auf dem Herd vergessene Pfanne,<br />

in der sich Öl entzündet, eine überfließende<br />

Badewanne sowie Fehleinschätzungen im<br />

Straßenverkehr. Alle Situationen können<br />

hohe finanzielle Schäden verursachen – die<br />

Versicherer trotz vorhandener Policen aber<br />

womöglich zu Recht nicht bezahlen, denn<br />

Demenz kann den Versicherungsschutz<br />

aushebeln. Das Schlüsselwort, von dem<br />

dieser abhängt, lautet „Deliktunfähigkeit“.<br />

Wurde diese Diagnose beim Schadensverursacher<br />

gestellt, ist der Fall juristisch klar:<br />

„Ist man schuldunfähig, ist der Versicherer<br />

nicht zur Zahlung verpflichtet“, weiß<br />

Norbert Roemers, behördlich zugelassener<br />

Versicherungsberater und Jurist mit eigener<br />

Kanzlei. Allerdings ist das bei einer<br />

Demenz nicht automatisch der Fall, da die<br />

Erkrankung sehr facettenreich ist und viele<br />

unterschiedliche Arten und Schweregrade<br />

umfasst.<br />

Auch wenn Kunden das Thema Demenz<br />

im Beratungsgespräch nicht gezielt ansprechen,<br />

kann es sich für Makler lohnen, hier<br />

unaufdringlich Eigeninitiative zu zeigen.<br />

Selbst wenn das Thema aktuell noch keine<br />

Rolle spielt, kommt der Kunde womöglich<br />

in Zukunft darauf zurück, weil sich die Lebensumstände<br />

verändern. Oder der Makler<br />

80 Illustration: Roman Kulon


Demenz BERATER<br />

trifft direkt ins Schwarze und kann den<br />

Kunden auf wichtige Punkte – Stichwort:<br />

Haftungsfrage – und mögliche Deckungslücken<br />

beim Versicherungsschutz hinweisen.<br />

In beiden Fällen winkt potenzielles Neugeschäft.<br />

Zudem können Makler ihr gewonnenes<br />

Wissen als Mehrwert ausbauen,<br />

der in Zukunft – angesichts der steigenden<br />

Zahl demenziell veränderter Menschen –<br />

eine immer größere Rolle spielen dürfte.<br />

DEMENZKLAUSEL UND GROBE FAHRLÄSSIGKEIT<br />

Mit Blick auf den Versicherungsschutz gibt<br />

es einiges zu beachten, wenn eine Demenz<br />

ins Spiel kommt. So sollte eine Haftpflichtversicherung<br />

eine sogenannte Deliktunfähigkeitsklausel<br />

enthalten – die auch als<br />

Demenzklausel bezeichnet wird –, laut der<br />

Schäden durch deliktunfähige Erwachsene<br />

mitversichert sind. Ist sie vereinbart, wird<br />

im Schadensfall gezahlt. Ansonsten kann<br />

die Versicherung die Schadensregulierung<br />

ablehnen. Die gute Nachricht: Mittlerweile<br />

nehmen immer mehr Versicherer spezielle<br />

Demenzklauseln in ihre Policen auf.<br />

Vorsicht ist allerdings bei Altverträgen geboten,<br />

da das Thema hier oft noch keine<br />

große Rolle spielte. Hier kommt es darauf<br />

an, dass erforderliche Einschlüsse oder spezielle<br />

Paragrafen des Bürgerlichen Gesetzbuchs<br />

(BGB) vorliegen, damit der Versicherungsschutz<br />

auch tatsächlich greift.<br />

»Ist man schuldunfähig,<br />

ist der<br />

Versicherer nicht zur<br />

Zahlung verpflichtet.«<br />

NORBERT ROEMERS,<br />

VERSICHERUNGSBERATER UND JURIST<br />

Ein zweiter wichtiger Punkt, auf den Makler<br />

ihre Kunden hinweisen sollten, ist die zu<br />

vereinbarende Schadenshöhe. Angesichts<br />

möglicher Schäden in Millionenhöhe, die<br />

durch verunfallte Personen oder andere<br />

Unfälle auflaufen können, stellen Beträge<br />

von 5.000 Euro nur einen Tropfen auf<br />

dem heißen Stein dar. „Als Minimum sollte<br />

man hier fünf Millionen Euro vereinbaren“,<br />

rät Roemers. Wichtig zu wissen: Ein<br />

Schadensanspruch, der durch eine demen-<br />

Japan<br />

Italien<br />

Deutschland<br />

Frankreich<br />

Spanien<br />

Österreich<br />

Schweiz<br />

UK<br />

OECD-38<br />

Australien<br />

USA<br />

China<br />

Südafrika<br />

DEMENZERKRANKUNGEN HÄUFEN SICH<br />

Geschätzte Demenzerkrankungen je 1.000 Einwohner<br />

in ausgewählten Ländern<br />

2,6<br />

ziell erkrankte Person entstanden ist, kann<br />

auf Angehörige und betreuende Personen<br />

übergehen, wenn diesen eine Verletzung<br />

der Aufsichtspflicht nachgewiesen werden<br />

kann. Um hier vorzubeugen, sollte man<br />

auch in eigener Sache auf eine gute Haftpflicht<br />

achten und den Demenzerkrankten<br />

unter Umständen – sofern möglich – auch<br />

im Rahmen einer Familienhaftpflichtpolice<br />

mitversichern.<br />

Auch bei der Hausrat- und Wohngebäudeversicherung<br />

muss eventuell nachjustiert<br />

werden, um einen optimalen Versicherungsschutz<br />

zu erhalten, der auch bei<br />

Demenz gilt. „Hier sollte man einen Tarif<br />

wählen, bei dem der Versicherer auf sein<br />

Leistungskürzungsrecht bei grob fahrlässig<br />

herbeigeführten Versicherungsfällen verzichtet“,<br />

empfiehlt Roemers.<br />

VORSORGEN UND KLEINGEDRUCKTES BEACHTEN<br />

Vor dem Hintergrund einer zunehmenden<br />

Pflegebedürftigkeit des Demenzkranken<br />

kann der Abschluss einer privaten Pflegezusatzversicherung<br />

sinnvoll sein, um die steigenden<br />

Kosten abzufedern. Mit ihr lassen<br />

sich auch Pflegegeldtarife in Altverträgen<br />

ergänzen und aufstocken. Verzichten kann<br />

man indes auf eine Unfallversicherung, da<br />

bei vielen Anbietern die Versicherungsfähigkeit<br />

bei einer entsprechenden Diagnose<br />

erlischt.<br />

8,2<br />

4,9<br />

2021 2050<br />

12,7<br />

15,7<br />

15,1<br />

18,5<br />

18,3<br />

17,6<br />

20,8<br />

20,8<br />

21,8<br />

23,7<br />

26,7<br />

23,8<br />

24,5<br />

25,6<br />

28,2<br />

29,4<br />

34,1<br />

33,4<br />

33,1<br />

35,9<br />

Quelle: Statista<br />

Klar ist: Der Versicherungsschutz kann<br />

durch fehlende Klauseln und zu niedrige<br />

Schadenssummen massiv ausgehebelt werden.<br />

Der Blick auf das Kleingedruckte ist<br />

daher essenziell: „Es ist sehr wichtig, die<br />

vereinbarten Bedingungen genau zu lesen<br />

und sich zeigen zu lassen, wo etwas im<br />

Vertrag steht, und sich dies gegebenenfalls<br />

auch schriftlich geben zu lassen“, mahnt<br />

Roemers an. Das senkt das Risiko von<br />

Fehlannahmen. So klingen die 600 Euro im<br />

Monat gut, die der Münchener Verein in<br />

seiner DemenzVersicherung im Tarif 424 in<br />

Aussicht stellt. Dafür beträgt die Wartezeit<br />

aber drei Jahre. <br />

AUSBLICK 2023<br />

Zahl Demenzerkrankter steigt –<br />

Wissen zur Zielklientel gewinnt an Bedeutung<br />

Demenz verändert den Versicherungsbedarf<br />

– Beratung wird wichtiger<br />

Produktpalette wächst stetig –<br />

ermöglicht immer gezieltere Absicherung<br />

Altverträge berücksichtigen Thematik<br />

nur bedingt – Chance für Neugeschäft<br />

Gezielte Ansprache beim Kunden kann<br />

Zukunftsgeschäft generieren<br />

41,3<br />

42,7<br />

44,7<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

81


HÖHEPUNKTE DES JAHRES Sachwerte<br />

HIGHLIGHTS <strong>2022</strong><br />

Baufinanzierungen ++ Förderstopp ++ Grundsteuerreform ++ Immobilienpreise ++ 34i-Vermittler<br />

September, Oktober<br />

WENIGER NACHFRAGE NACH<br />

BAUFINANZIERUNGEN<br />

Der Bau einer Immobilie wird für viele Menschen zusehends<br />

unerschwinglich. Nicht nur Preise und Lieferzeiten für Holz,<br />

Stahl und Klinker sind in die Höhe bzw. Länge geschossen,<br />

auch die Bauzinsen haben eine rasante Entwicklung durchgemacht.<br />

So lagen die Zinsen für zehnjährige Darlehen im Oktober<br />

bei rund 3,8 Prozent, knapp vier Mal so hoch wie zwölf Monate<br />

zuvor. Im September meldete zudem laut ifo Institut jedes<br />

sechste befragte Bauunternehmen Auftragsstornierungen. Die<br />

Bundesregierung will mit einem milliardenschweren Kreditprogramm<br />

vor allem Familien mit kleinen und mittleren Einkommen<br />

mit verbilligten Krediten unterstützen. Gefördert werden<br />

Gebäude nach neuestem Energiestandard.<br />

Oktober<br />

REFORM DER GRUNDSTEUER<br />

ALS BERATUNGSCHANCE<br />

Eigentlich bis Ende Oktober hätten Immobilieneigentümer<br />

für ihren Grundbesitz eine neue Steuererklärung abgeben<br />

müssen. Aufgrund der großen Komplexität wurde die Frist bis<br />

Ende Januar 2023 verlängert. Zu den benötigten Daten gehören<br />

zum Beispiel die Nummer des Flurstücks, die Wohnfläche<br />

und das Baujahr. Viele Daten lassen sich aus dem Kaufvertrag,<br />

dem Grundbuchauszug und der Teilungserklärung entnehmen.<br />

Für Finanzberater ist die Neuerung ein willkommener<br />

Anlass zur Information und weiterführenden Beratung.<br />

Januar, April<br />

FÖRDERSTOPP FÜR<br />

NACHHALTIGES BAUEN<br />

Zunächst wurden KfW-Zuschüsse für energieeffizientes Bauen<br />

und Sanieren vorzeitig gestoppt. Im April wurde das Programm<br />

fortgesetzt und erneut gestoppt, da die Staatshilfen<br />

ausgeschöpft waren. Jetzt werden nur noch Neubauten nach<br />

dem Effizienzhaus-Standard „EH40 mit Nachhaltigkeits-Klasse“<br />

gefördert. Für 2023 ist ein neues Förderprogramm geplant.<br />

82 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong>|22


Sachwerte HÖHEPUNKTE DES JAHRES<br />

März<br />

INITIATOR VERLIERT PROZESS<br />

GEGEN SIGNAL IDUNA<br />

Eine Schadensersatzforderung in Höhe von einer Milliarde<br />

Euro (100.000 Euro persönliches Schmerzensgeld<br />

inklusive) des Aachener Immobilieninvestors Anno<br />

August Jagdfeld gegen die Signal Iduna wurde in der<br />

Berufung zurückgewiesen. Das Oberlandesgericht<br />

Hamm urteilte (Az. I-8 U 73/20) in dem jahrelangen<br />

Streit um zu geringe Ausschüttungen an den von Jagdfeld<br />

aufgelegten Adlon-Fonds. Anleger (darunter auch<br />

die Signal Iduna) hatten geklagt. Jagdfeld machte die<br />

Versicherung für eine Rufmordkampagne mitverantwortlich.<br />

Laut Gericht war dies nicht nachweisbar.<br />

September<br />

KEINE TRENDWENDE BEI IMMOBILIENPREISEN<br />

Juli<br />

TEILVERKÄUFE<br />

BELIEBTER<br />

Laut Analyse des Portals wertfaktor<br />

werden Teilverkäufe insbesondere<br />

im Norden Deutschlands beliebter.<br />

Das Prinzip: Bis zu 50 Prozent des<br />

Eigenheims werden zum Marktwert<br />

an den Teilverkauf-Anbieter<br />

veräußert. Die Eigentümer können<br />

ihre Immobilie weiter bewohnen,<br />

vermieten, vererben oder zusammen<br />

mit dem neu gewonnenen<br />

Miteigentümer weiterverkaufen.<br />

Der Rückgang der Nachfrage nach Kaufimmobilien<br />

im ersten Halbjahr <strong>2022</strong> ließ eine Trendumkehr auf<br />

dem Immobilienmarkt vermuten. Tatsächlich sanken<br />

die Preise in einigen Städten. Doch das Wohnbarometer<br />

des Immobilienportals ImmoScout24 weist<br />

im dritten Quartal <strong>2022</strong> wieder nach oben – wenn<br />

auch in gebremstem Tempo. So wurden Bestands-<br />

Eigentumswohnungen um 0,9 Prozent teurer als im<br />

Vorquartal. Bei den Neubau-Eigentumswohnungen<br />

lag die Teuerungsrate im Schnitt bei 1 Prozent, Einfamilienhäuser<br />

wurden im Bestand um 0,5 Prozent, im<br />

Neubau um 1,9 Prozent teurer angeboten.<br />

Juli<br />

MEHR IMMOBILIEN-<br />

DARLEHENSVERMITTLER<br />

Während die Vermittlerzahl insgesamt zurückgeht,<br />

werden Immobiliendarlehensvermittler<br />

mehr. Laut DIHK-Statistik wuchs die<br />

Zahl von Januar bis Juli um mehr als 1.000<br />

auf 57.370 zugelassene Immobiliendarlehensvermittler<br />

nach Paragraf 34i GewO.<br />

Juni<br />

Fusion am Zweitmarkt<br />

Deutsche Zweitmarkt AG (DZ) und<br />

Fondsbörse Deutschland Beteiligungsmakler<br />

AG (FDB) fusionieren.<br />

Die DZ bleibt als Marke bestehen<br />

und wird sich auf das Geschäftsfeld<br />

Kaufofferten fokussieren. Der öffentliche<br />

Plattformhandel erfolgt künftig<br />

nur noch über das Portal der FDB.<br />

April<br />

NFTs kaum bekannt<br />

Laut einer Umfrage von Bitkom haben<br />

zwei Drittel der Deutschen noch<br />

nie von Non-Fungible Tokens (NFTs)<br />

als Eigentumsnachweise für digitale<br />

Werke wie Kunst oder Musik gehört.<br />

Lediglich 5 Prozent können anderen<br />

erklären, was man darunter versteht.<br />

November<br />

P&R-Nachwehen<br />

Der Insolvenzverwalter der 2018<br />

pleitegegangenen P&R-Container-<br />

Verwaltungsgesellschaften hat<br />

die Auszahlung weiterer rund 139<br />

Millionen Euro verkündet. Damit<br />

haben Gläubiger den Angaben zufolge<br />

bislang rund 346 Millionen Euro<br />

zurückbekommen. Insgesamt waren<br />

Forderungen in Höhe von rund 3,1<br />

Milliarden Euro festgestellt worden.<br />

August<br />

Crowdinvesting zehnstellig<br />

Der Plattform-Betreiber Exporo hat<br />

in seinem neunten Geschäftsjahr<br />

die Marke von einer Milliarde Euro<br />

vermittelter Anlegergelder erreicht.<br />

Insgesamt haben die Anleger so<br />

mehr als 500 Immobilienprojekte<br />

mitfinanziert. Neben kurzfristigen<br />

Projektfinanzierungen bietet Exporo<br />

unter der Marke „Propvest“ auch längerfristige<br />

Investitionen in Bestandsobjekte<br />

sowie Private Placements an.<br />

Lesen Sie die Hintergründe, Zusatzberichte<br />

und Interviews zu diesen und<br />

weiteren Highlights des Jahres unter:<br />

www.<strong>procontra</strong>-online.de/<strong>2022</strong><br />

Illustrationen: Eleonora Mavromati<br />

83


SACHWERTE Beleihungswertermittlungsverordnung<br />

GELOCKERTER ZUGANG?!<br />

Der Gesetzgeber hat für Banken Erleichterungen im Kreditvergabeprozess eingeführt. Ob die<br />

Institute die Kostenersparnis an ihre Kreditnehmer weitergeben, hängt auch vom Kunden ab.<br />

– TEXT: STEFAN TERLIESNER –<br />

Die deutsche Sprache kennt zahlreiche<br />

Wortungetüme und ihre Abkürzungen:<br />

BelWertV für Beleihungswertermittlungsverordnung<br />

ist ein Beispiel. Das Regelwerk<br />

spielt in der Immobilienfinanzierung<br />

eine bedeutende Rolle und wurde soeben<br />

vom Gesetzgeber novelliert. Für Banken<br />

und Kreditnehmer sind ein paar Erleichterungen<br />

herausgekommen. Ob Verbraucher<br />

am Ende auch in den Genuss zinsgünstigerer<br />

Darlehen kommen, ist nicht zuletzt<br />

eine Frage des Wettbewerbs und hängt vor<br />

allem davon ab, ob sie informiert sind und<br />

hart mit ihren Geldgebern feilschen.<br />

BANKEN SPAREN KOSTEN<br />

Auf jeden Fall sollten Finanzberater ihre<br />

Klienten darauf hinweisen, dass die Bel-<br />

WertV-Reform zu Kosteneinsparungen<br />

bei Banken führt. Kunden haben dann in<br />

Verhandlungen über Kreditkonditionen ein<br />

schlagkräftiges Argument an der Hand.<br />

„Der Vorteil für private Kreditnehmer liegt<br />

unter anderem in den optimierten Abläufen<br />

des Kreditvergabeprozesses und damit<br />

möglicherweise auch in einer beschleunigten<br />

Zusage der gewünschten Finanzierung“,<br />

sagt auf Anfrage Jens Tolckmitt,<br />

Hauptgeschäftsführer des Verbands deutscher<br />

Pfandbriefbanken (vdp).<br />

Und weiter: „Inwieweit Immobilienkredite<br />

dadurch günstiger werden, bleibt<br />

abzuwarten, da grundsätzlich bei jeder<br />

Kreditvergabe eine intensive Prüfung der<br />

Sicherheiten und der Bonität des Kreditnehmers<br />

durchgeführt wird und sich die<br />

Konditionen auch am ermittelten Kreditrisiko<br />

orientieren.“ An diesen Faktoren habe<br />

sich durch die Novellierung nichts geändert.<br />

Das stimmt. Tatsache ist aber auch,<br />

dass Banken durch die BelWertV-Reform<br />

Effizienzgewinne im Kreditvergabeprozess<br />

realisieren können. Hierauf weist Michael<br />

Neumann, Vorstandsvorsitzender des Fi-<br />

nanzberatungsunternehmens Dr. Klein Privatkunden,<br />

gegenüber <strong>procontra</strong> hin.<br />

OHNE SICHERHEIT KEIN KREDIT<br />

Bevor im Folgenden die wichtigsten Anpassungen<br />

geschildert werden, kurz ein paar<br />

Sätze zur Bedeutung des Beleihungswerts.<br />

Er dient als Grundlage für die Kreditentscheidung<br />

der Bank. Der Beleihungswert<br />

gibt an, wie viel Geld das Kreditinstitut<br />

durch einen Verkauf der Immobilie mindestens<br />

erhalten würde, falls der Kunde die<br />

84 Illustration: Roman Kulon


Beleihungswertermittlungsverordnung SACHWERTE<br />

monatlichen Kreditraten nicht mehr bezahlen<br />

kann. Oft liegt der Beleihungswert<br />

zwischen 70 und 90 Prozent unter dem aktuellen<br />

Wert ( = Verkehrs- oder Marktwert)<br />

des Objekts, berichten die Kreditprofis von<br />

Dr. Klein Privatkunden.<br />

Hat eine Immobilie zum Beispiel einen<br />

Verkehrswert von 320.000 Euro, rechnet<br />

die Bank mit einem Beleihungswert zwischen<br />

224.000 und 288.000 Euro. Die<br />

Differenz muss der Kreditnehmer selbst<br />

aufbringen. In der Praxis berücksichtigen<br />

Banken noch weitere individuelle Risiken,<br />

sodass im Regelfall nicht der Beleihungswert<br />

die Kredithöhe bestimmt, sondern die<br />

niedrigere Beleihungsgrenze (siehe Grafik).<br />

KREDITBEARBEITUNG GEHT JETZT EINFACHER<br />

Vom Beleihungswert hängt also ab, wie<br />

viel Kredit ein Bankkunde erhält. Banken<br />

ermitteln den Beleihungswert anhand unterschiedlicher<br />

Verfahren und kombinieren<br />

diese mitunter auch. Es gilt die Faustregel,<br />

das Sachwertverfahren bei selbst genutzten<br />

Objekten anzuwenden und das Ertragswertverfahren<br />

bei vermieteten Immobilien.<br />

Als dritte Variante gibt es den Vergleich mit<br />

ähnlichen Objekten.<br />

»Der Aufwand<br />

für Banken in der<br />

Kreditbearbeitung<br />

wird sich spürbar<br />

reduzieren.«<br />

JENS TOLCKMITT,<br />

VERBAND DEUTSCHER PFANDBRIEFBANKEN<br />

Die BelWertV-Reform bringt nun ein paar<br />

Veränderungen, die laut vdp-Hauptgeschäftsführer<br />

Tolckmitt „zu einer zeitgemäßeren<br />

Immobilienbewertung“ führen.<br />

So könnten für Grundschulden bis zu einer<br />

Höhe von 600.000 Euro Vereinfachungen<br />

bei der Wertermittlung vorgenommen werden;<br />

zuvor sei das nur bis zur Grenze von<br />

400.000 Euro möglich gewesen. „Die Ausweitung<br />

folgt der Marktentwicklung und<br />

wird den Aufwand, der im Rahmen der<br />

Kreditbearbeitung bei den Instituten anfällt,<br />

spürbar reduzieren“, sagt Tolckmitt.<br />

Wert<br />

BELEIHUNGSWERT VERMEIDET PREISAUSSCHLÄGE<br />

Der Markt- oder Verkehrswert ist ein Stichtagswert. Der Beleihungswert bezieht sich<br />

auf einen langen Zeitraum unabhängig vom Konjunkturverlauf. In Boomphasen ist der<br />

Abstand zwischen beiden Werten tendenziell größer, im Abschwung eher kleiner.<br />

IMMOBILIE PER VIDEO BESICHTIGEN<br />

Eine weitere wesentliche Anpassung betreffe<br />

die Nutzung computergestützter Bewertungsverfahren,<br />

die jetzt erstmals bei<br />

der Beleihungswertermittlung regulatorisch<br />

verankert würden, in vielen anderen Ländern<br />

aber längst etabliert seien. Ein positives<br />

Ergebnis für die finanzierenden Banken<br />

und die Kreditnehmer stelle auch die<br />

Erlaubnis von Videobesichtigungen dar.<br />

„Das ist ein wichtiger Schritt nach vorne“,<br />

meint Tolckmitt. Mit Beginn der Corona-<br />

Pandemie habe die Finanzaufsicht Videobesichtigungen<br />

vorübergehend erlaubt. Die<br />

Erleichterung lief aber im Juli dieses Jahres<br />

aus, ergänzt Neumann. Und weiter: „Mit<br />

der Novelle der BelWertV sind virtuelle Onlinebesichtigungen<br />

nun wieder möglich.“<br />

Ein Sprecher der BaFin sagt auf Anfrage<br />

von <strong>procontra</strong>: „Eine Pfandbriefbank muss<br />

nun nicht mehr grundsätzlich eine Innenbesichtigung<br />

durchführen und kann insoweit<br />

dem Wunsch eines Kunden entsprechen,<br />

der den Wertermittler nicht ‚in seiner Wohnung<br />

haben möchte‘.“ Finanzierungsprofi<br />

Neumann hat dann aber doch noch einen<br />

Schwachpunkt entdeckt: „Wenn das Videoverfahren<br />

genutzt wird, müssen Kreditinstitute<br />

einen Sicherheitsabschlag von<br />

mindestens 5 Prozent vornehmen. Ich gehe<br />

davon aus, dass diese Option deshalb nicht<br />

so häufig angewandt wird wie während der<br />

abschlagsfreien Corona-Jahre 2021 und<br />

<strong>2022</strong>.“<br />

MARKTWERT<br />

BELEIHUNGSWERT<br />

BELEIHUNGSGRENZE<br />

Quelle: Verband deutscher Pfandbriefbanken (geänderte Darstellung)<br />

BESSER VORBEREITET IN<br />

KREDITVERHANDLUNGEN<br />

Eine weitere Neuerung ist die Kopplung der<br />

sogenannten Mindestkapitalisierungszinssätze<br />

an die allgemeine Zinsentwicklung.<br />

Der positive Effekt für Banken und möglicherweise<br />

auch für deren Kunden: „Diese<br />

Zinssätze werden sich zukünftig stärker am<br />

tatsächlichen Marktgeschehen orientieren<br />

und damit wird die günstige Pfandbriefrefinanzierung<br />

besser nutzbar.“ Mindestkapitalisierungszinssatz<br />

ist auch wieder so ein<br />

Wortungetüm. Wichtig für Verbraucher<br />

ist im Zusammenhang mit der BelWertV-<br />

Novelle, dass sie Kostenvorteile für Banken<br />

bringt und jene in Kreditverhandlungen auf<br />

Weitergabe an sie drängen sollten. <br />

AUSBLICK 2023<br />

Zeit<br />

Der Gesetzgeber hat Erleichterungen im<br />

Immobilienkreditvergabeprozess eingeführt<br />

Finanzberater sprechen Kunden auf die<br />

Möglichkeit besserer Kreditkonditionen an<br />

Im Wettbewerb geben einige Banken realisierte<br />

Effizienzgewinne an Kunden weiter<br />

Auf jeden Fall sollten Berater und Kunden<br />

die Kreditkonditionen vergleichen<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

85


SACHWERTE Baufinanzierung<br />

DEN ANSCHLUSS PRÜFEN<br />

Viermal so hohe Hypothekenzinsen wie vor einem Jahr machen Kreditnehmer nervös.<br />

Viele brauchen in den nächsten Monaten ein neues Darlehen für ihre Restschuld.<br />

Ein Aufhänger für die Beratung<br />

– TEXT: STEFAN TERLIESNER –<br />

86 Illustration: Roman Kulon


Baufinanzierung SACHWERTE<br />

Mit bangem Blick schauen Kreditnehmer<br />

mit laufender Immobilienfinanzierung auf<br />

die Entwicklung der Hypothekenzinsen.<br />

In atemberaubender Geschwindigkeit haben<br />

die Banken ihren Kreditsatz erhöht. Im<br />

Durchschnitt kostet ein Immobilienkredit<br />

bei zehnjähriger Zinsfestschreibung mittlerweile<br />

rund 4 Prozent; vor einem Jahr lag<br />

der Wert bei 1 Prozent. Jetzt geht die Angst<br />

um.<br />

REFINANZIERUNG ZUM MARKTZINS<br />

Etliche Kreditnehmer mit bisher fester<br />

Zinsbindung – oft zehn Jahre – schieben<br />

noch eine Restschuld vor sich her und benötigen<br />

dafür eine Anschlussfinanzierung.<br />

Die Refinanzierung erfolgt grundsätzlich<br />

zum aktuellen Marktzins. Der liegt mehr<br />

als einen Prozentpunkt höher als im Ende<br />

2012 und doppelt so hoch wie Ende 2014.<br />

In der Zeit danach fiel das Zinsniveau stetig<br />

bis Ende 2021. Das heißt: Viele jüngere<br />

Kreditnehmer haben noch nie so hohe Zinsen<br />

erlebt. „Je nach Ausgangslage müssen<br />

Verbraucher sich (…) auf gravierende Konsequenzen<br />

einstellen“, mahnt die Finanzaufsicht<br />

BaFin.<br />

Die wichtige Frage lautet: Steigen die Hypothekenzinsen<br />

noch stärker? Nach Auffassung<br />

von Finanzierungsvermittlern kann<br />

es im aktuellen Zinsumfeld ratsam sein,<br />

ein paar Monate oder vielleicht sogar Jahre<br />

vor dem Ende der Zinsbindungsfrist des<br />

bestehenden Darlehens ein Gespräch mit<br />

einem Baufinanzierungsberater zu suchen.<br />

Immerhin ermöglichten einige Banken Anschlussfinanzierungen<br />

bis zu fünf Jahre im<br />

Voraus, hebt Mirjam Mohr, Vorständin<br />

beim Finanzierungsvermittler Interhyp,<br />

hervor. Über so lange Zeit könnten sich<br />

Kreditnehmer gegen eine bankindividuelle<br />

Gebühr das aktuelle Zinsniveau sichern.<br />

Vorausdarlehen seien immer eine Wette auf<br />

die künftige Zinsentwicklung.<br />

ZINSEN STEIGEN ERST MAL WEITER<br />

Erfahrungsgemäß sind bereits Zinsprognosen<br />

von sechs Monaten schwierig. Interhyp<br />

befragt regelmäßig Fachleute von Banken<br />

und Versicherungen und kreiert aus deren<br />

Angaben das sogenannte „Bauzins-Trendbarometer“.<br />

Demnach geht die Mehrheit<br />

der befragten Experten „bis Ende <strong>2022</strong> für<br />

die zehnjährigen Darlehen von Zinsen zwischen<br />

4 und 4,5 Prozent aus“, schreibt Interhyp<br />

in einem aktuellen Kommentar. Bis<br />

Ende 2023 erwarte die knappe Mehrheit<br />

WEITERHIN STEIGENDE ZINSEN<br />

Das Interhyp-Bauzins-Trendbarometer:<br />

Werden die Zinsen gleich bleiben, fallen oder steigen?<br />

Zinsentwicklung kurzfristig<br />

(vier Wochen)<br />

der befragten Analysten weiter steigende<br />

Zinsen (siehe Grafik).<br />

Maßgeblich für die Annahme eher steigender<br />

Zinsen ist die Politik der Notenbanken<br />

in den USA und der Eurozone, Fed<br />

bzw. EZB. Um die auch in Amerika hohe<br />

Inflation in den Griff zu bekommen, gehen<br />

Beobachter zumindest von einer weiteren<br />

»Die Leistbarkeit<br />

einer Finanzierung<br />

steht in Krisenzeiten<br />

besonders im Fokus.«<br />

MIRJAM MOHR, INTERHYP<br />

kleinen Leitzinserhöhung der Fed im kommenden<br />

Jahr auf ein Niveau von bis zu 4,75<br />

Prozent aus. Davon ist der Hauptrefinanzierungssatz<br />

der EZB zwar noch weit entfernt,<br />

nach dem jüngsten Jumbo-Zinsschritt am<br />

27. Oktober liegt er aktuell bei 2 Prozent.<br />

Die Arbeit sei aber noch nicht erledigt,<br />

betonte EZB-Chefin Christine Lagarde<br />

anlässlich der jüngsten Zinsentscheidung.<br />

Womöglich müsse man noch mehrmals an<br />

der Zinsschraube drehen.<br />

REZESSION SOLL INFLATION DRÜCKEN<br />

Die Unsicherheit ist auch deshalb besonders<br />

groß, weil die Wirtschaft in der Eurozone<br />

Zinsentwicklung mittel- bis langfristig<br />

(sechs Monate bis ein Jahr)<br />

80 % 0 % 20 % 20 % 20 % 60 %<br />

Quelle: Interhyp<br />

schwächelt. Die EU-Kommission erwartet<br />

für 2023 nur noch ein winziges Wachstum<br />

von 0,3 Prozent. Für Deutschland sagen<br />

zahlreiche Volkswirte sogar eine Rezession<br />

voraus. Leitzinserhöhungen verteuern<br />

die Kredite von Banken, Privatleuten und<br />

Unternehmen, sodass die Kreditnachfrage<br />

sinkt und die wirtschaftliche Dynamik<br />

nachlässt. Auch auf diese Weise wolle die<br />

EZB die hohen Inflationsraten in der Eurozone<br />

drücken, heißt es in Finanzkreisen.<br />

Im Oktober war die Teuerung in der Währungsunion<br />

auf den Rekordwert von 10,7<br />

Prozent gestiegen. Das Problem: Die EZB<br />

darf es mit dem Anziehen der Zinsschraube<br />

nicht übertreiben, sonst droht mitunter eine<br />

schwere Wirtschaftskrise.<br />

Die nahe Wachstumsflaute wiederum<br />

macht Banken knausrig. Laut der vierteljährlichen<br />

Umfrage der EZB zum Kreditgeschäft,<br />

dem sogenannten Bank Lending<br />

Survey, wird es für Privatleute zunehmend<br />

schwierig, an Kredite zu kommen. Das<br />

gelte vor allem für Deutschland. Dies liegt<br />

wohl daran, dass hierzulande die Hypothekenzinsen<br />

deutlich stärker gestiegen sind<br />

als der Leitzins der EZB. Immerhin, sagt<br />

Mohr, seien Anschlussfinanzierer bei Banken<br />

„gern gesehene Kunden, da sie ihre<br />

Zuverlässigkeit durch regelmäßig Ratenzahlungen<br />

bereits bewiesen haben“. Andererseits<br />

geraten Privathaushalte aktuell<br />

verstärkt unter Druck. Hierauf weist der<br />

Kreditvermittler Baufi24 hin: „Wohneigentümer<br />

müssen steigende Gas- und Stromkos<br />

ten entsprechend in die monatliche<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

87


SACHWERTE Baufinanzierung<br />

»Bauzinsen sind immer<br />

noch relativ niedrig«<br />

INGO VAARTMANN, Spezialist für Baufinanzierung bei Dr. Klein in Leer und Emden<br />

<strong>procontra</strong>: Herr Vaartmann, wann sollten sich<br />

Kreditnehmer mit dem Thema Anschlussfinanzierung<br />

beschäftigen?<br />

Ingo Vaartmann: Ich empfehle Darlehensnehmern,<br />

sich spätestens drei Jahre vor<br />

Ablauf der ersten Zinsbindung damit zu<br />

beschäftigen. So bleibt ihnen genug Zeit, den<br />

Markt zu beobachten und zur richtigen Zeit<br />

die Anschlussfinanzierung auf den Weg zu<br />

bringen.<br />

<strong>procontra</strong>: Ist jetzt ein günstiger Zeitpunkt für<br />

eine Anschlussfinanzierung?<br />

Vaartmann: Für viele Immobilienbesitzer ja. Im<br />

Vergleich zum Stand vor 15 oder 20 Jahren<br />

sind die Baufinanzierungszinsen noch immer<br />

relativ niedrig. Vor 15 Jahren, im November<br />

2008, lagen die Bauzinsen bei 4,70 Prozent<br />

– deutlich höher als jetzt. Insofern ist jetzt ein<br />

sehr guter Zeitpunkt für die Anschlussfinanzierung.<br />

Tendenziell rechnen wir mit weiter<br />

steigenden Zinsen. Gegebenenfalls kann auch<br />

ein Vorausdarlehen sinnvoll sein, wenn die<br />

Anschlussfinanzierung noch nicht fällig ist.<br />

Gegen einen Aufschlag von circa 0,15 Prozent<br />

im Jahr können Darlehensnehmer sich<br />

das jetzige Zinsniveau für die zukünftige<br />

Anschlussfinanzierung sichern.<br />

<strong>procontra</strong>: Wie begründen Sie Ihre Prognose<br />

weiter steigender Hypothekenzinsen?<br />

Vaartmann: Ich gehe davon aus, dass die EZB<br />

aufgrund der Inflationserwartungen den Leitzins<br />

noch weiter erhöhen wird. Die EZB muss<br />

voraussichtlich auch im nächsten Jahr noch<br />

beherzt an der Zinsschraube drehen, und da<br />

ist noch nicht alles am Finanzierungsmarkt<br />

eingepreist. Das bedeutet: Die Bauzinsen<br />

werden weiter steigen.<br />

<strong>procontra</strong>: Was sollten Kreditnehmer sonst<br />

noch beim Thema Anschlussfinanzierung<br />

beachten?<br />

Vaartmann: In Vorbereitung auf die Anschlussfinanzierung<br />

sollten Darlehensnehmer<br />

einen Kassensturz machen: Was hat sich auf<br />

der Einkommensseite verändert, ist die finanzielle<br />

Situation eine andere als bei der Erstfinanzierung?<br />

Je nach Ausgangslage lohnt<br />

es sich, die Monatsrate und den Tilgungssatz<br />

zu erhöhen, oder auch noch mal Eigenkapital<br />

einzubringen und so die Restschuld zu<br />

verringern.<br />

<strong>procontra</strong>: In welcher Situation wäre eine Umschuldung<br />

sinnvoller als eine Prolongation?<br />

Vaartmann: Es lohnt sich immer, rechtzeitig<br />

Angebote für die Anschlussfinanzierung<br />

einzuholen, um zu vergleichen, und nicht nur<br />

auf das Angebot zur Prolongation von der<br />

Hausbank zu warten. Ein Wechsel ist in den<br />

meisten Fällen sinnvoll, da das Angebot für<br />

die Anschlussfinanzierung der Hausbank<br />

oft schlechtere Konditionen bietet als die der<br />

Wettbewerber. Außerdem wirkt sich eine Neubewertung<br />

der Immobilie bei einer Umschuldung<br />

häufig günstig aus. Zwar fallen bei einer<br />

Umschuldung Grundbuch- und Notarkosten<br />

an. Allerdings spielen sich diese Gebühren<br />

durch den Zinsvorteil der neuen Finanzierung<br />

in der Regel zügig wieder rein. Und: Viele Banken<br />

übernehmen die anfallenden Wechselkosten.<br />

Rate im Fall einer Finanzierung mit einpreisen,<br />

denn die Leistbarkeit steht in Krisenzeiten<br />

besonders im Fokus.“<br />

ANGEBOTE VON BANKEN VERGLEICHEN<br />

Aus alledem folgt, dass eine Anschlussfinanzierung<br />

gründlich vorbereitet werden<br />

sollte, meint auch Ingo Vaartmann vom<br />

Finanzdienstleister Dr. Klein (siehe Interview).<br />

Auf jeden Fall sollten Kreditnehmer<br />

die Angebote verschiedener Banken vergleichen.<br />

Dazu wieder Interhyp-Vorständin<br />

Mohr: „Banken geben Zinsanpassungen<br />

unterschiedlich schnell an die Kunden weiter.<br />

Ein Unterschied von 0,5 Prozentpunkten<br />

ist durchaus möglich.“ Mit der Planung<br />

sollten Kreditnehmer rechtzeitig beginnen,<br />

raten auch Verbraucherschützer. Wenn der<br />

Schuldner das Angebot seiner bisherigen<br />

Bank erhalte, also ein bis zwei Monate vor<br />

Ende der Zinsbindung, sei es fast zu spät,<br />

um in Ruhe die Angebote im Markt zu vergleichen.<br />

Meist sinnvoller sei der Start drei<br />

bis sechs Monate vorher.<br />

Zwar könne ein Kunde das Angebot<br />

seiner Bank akzeptieren und das aktuell<br />

auslaufende Darlehen bei der alten Bank<br />

belassen, Prolongation nennen Fachleute<br />

dieses Vorgehen. Aber meist entgingen dem<br />

Kreditnehmer dann bessere Konditionen,<br />

und in der Immobilienfinanzierung machten<br />

kleine Zinsunterschiede auf lange Sicht<br />

Tausende Euro aus. Zumindest sollte ein<br />

Kunde seine alte Bank mit einem günstigeren<br />

Angebot konfrontieren, um seine Verhandlungsposition<br />

zu stärken.<br />

ZWEITE OPTION UMSCHULDUNG<br />

Die zweite Möglichkeit für Kreditnehmer<br />

sei die Ablösung eines noch laufenden<br />

Kreditvertrags durch einen neuen Vertrag,<br />

also die Umschuldung. Kosten entstünden<br />

kaum. Denn zumindest Darlehen mit einer<br />

sehr langen Sollzinsbindung dürften Kreditnehmer<br />

nach einer Laufzeit von zehn<br />

Jahren ablösen, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung<br />

an die Bank zu leisten. Die<br />

weiteren Kosten beschränkten sich dann<br />

auf die Grundschuldabtretung: In dem öffentlichen<br />

Liegenschaftsverzeichnis trete<br />

die neue Bank an die Stelle der alten. Laut<br />

Dr. Klein beträgt der Kostensatz 0,2 Prozent<br />

des Grundbuchbetrags. Achten sollten<br />

Umschuldner Finanzierungsexperten zufolge<br />

auch auf eine ausreichend lange Zeit<br />

ohne Bereitstellungszinsen. Sechs Monate<br />

seien meist kein Problem. Also auch hier<br />

88 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22


Baufinanzierung SACHWERTE<br />

»Die optimale Lösung<br />

hängt immer von der<br />

jeweiligen Situation<br />

des Kunden ab.«<br />

CHRISTOPH ALTEMEIER, BAUFI24<br />

WETTE AUF ZUKÜNFTIGEN KREDITZINS<br />

Vor allem aber weiß niemand, was die Zukunft<br />

bringt. Sollte der zukünftige Marktzins<br />

deutlich über dem heutigen Zinsniveau<br />

liegen, könnte die Rechnung auch nach<br />

Abzug der Kosten für den Zinsaufschlag<br />

für den Kreditnehmer aufgehen. Liegen die<br />

Zinsen in ein paar Jahren deutlich niedriger<br />

als heute, muss der Kreditnehmer den Kredit<br />

zum vereinbarten Satz bedienen; kündigen<br />

könnte er nur gegen eine Nichtannahmeentschädigung.<br />

Fazit: Angesichts auch im nächsten Jahr<br />

noch steigender Zinsen, ist es für Kreditnehmer<br />

mit laufender Immobilienfinanzierung<br />

sinnvoll, vor dem Ende der Zinsbindung<br />

ein Gespräch mit einem Berater zu führen.<br />

Ein Angebotsvergleich dürfte in vielen Fälkeine<br />

Kosten. Kreditnehmer, die auf lange<br />

Sicht viel höhere Hypothekenzinsen<br />

erwarten als heute und deren Restlaufzeit<br />

der Zinsbindung noch ein paar Jahre läuft,<br />

können zu einem sogenannten Vorausdarlehen<br />

greifen. Wie oben bereits erwähnt, sichert<br />

dieser Vertrag die heutigen Zinssätze<br />

bis zu fünf Jahre im Voraus. Die Sicherheit<br />

hat ihren Preis: Banken verlangen einen<br />

Zins aufschlag. Je länger Kunden den Kredit<br />

reservieren wollen, desto mehr müssen sie<br />

bezahlen. Die Spanne der Aufschläge, die<br />

Banken verlangen, ist groß – vergleichen<br />

also ratsam. Wie Christoph Altemeier, Leiter<br />

der Baufi24-Geschäftstelle in Erlangen,<br />

betont, „hängt die optimale Lösung immer<br />

von der jeweiligen Situation des Kunden<br />

ab“.<br />

len zu deutlich besseren Kreditkonditionen<br />

führen. Und in der Immobilienfinanzierung<br />

geht es dabei schnell um etliche Tausend<br />

Euro.<br />

AUSBLICK 2023<br />

Das stark gestiegene Zinsniveau macht<br />

Immobilienkreditnehmer nervös<br />

Finanzberater sollten jetzt Tipps zur<br />

Anschlussfinanzierung geben<br />

Kreditnehmer haben die Chance auf<br />

eine Ersparnis von mehreren Tausend Euro<br />

Berater festigen ihre Rolle als Partner,<br />

wenn sie Kunden in schwierigen Zeiten helfen<br />

<strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22<br />

89


PRIVAT GEFRAGT Guido Lehberg, Finanzdienstleistungen GbR<br />

»Selbstbestimmung – auch nach<br />

einem Unfall oder einer Krankheit«<br />

GUIDO LEHBERG<br />

Jahrgang 1985; Inhaber Lehberg Finanzdienstleistungen<br />

GbR und BU-Profi<br />

seit 2010; eine großartige Frau und eine<br />

Weltklasse-Tochter<br />

IHRE MEINUNG, HERR LEHBERG:<br />

Wir brauchen ein Unterrichtsfach<br />

Finanzen & Versicherungen<br />

Analoge Beratung sollte zeitnah von<br />

digitaler Beratung abgelöst werden<br />

Das Thema Berufsunfähigkeit wird im<br />

Jahr <strong>2022</strong> immer noch unterschätzt<br />

Spezialisierungen in der Versicherungsbranche<br />

sollten ausgebaut werden<br />

Die Branche sollte ihr Image in<br />

den sozialen Medien noch stärker<br />

hervorheben<br />

Spontanität/Flexibilität kann auch in<br />

der Finanz- und Versicherungsbranche<br />

hilfreich sein<br />

Zum Frühstück gibt es bei mir<br />

in der Regel nichts. Ich esse meistens erst<br />

ab 14 Uhr.<br />

Die Homeoffice-Kultur empfinde ich als<br />

nicht praktikabel in vielen Jobs.<br />

Diese neue Kompetenz habe ich mir<br />

(Corona-bedingt) angeeignet:<br />

Da fällt mir nichts ein, was ich durch Corona<br />

heute (besser) kann.<br />

Meine wahre Leidenschaft ist<br />

Sport.<br />

Meine Freizeit verbringe ich<br />

am liebsten damit:<br />

Sport und Urlaub/Party.<br />

Mein erstes Geld habe ich verdient mit<br />

selbst geernteten Kartoffeln, die ich an der<br />

Straße verkauft habe. Da war ich circa<br />

zwölf Jahre alt.<br />

Wenn Geld keine Rolle spielen würde,<br />

würde ich am liebsten<br />

den Hunger auf der Welt besiegen.<br />

Meine Lieblingsfilm:<br />

Marvel-Filme finde ich ganz cool.<br />

Nachhaltigkeit leben bedeutet für mich<br />

viele kleine Dinge zu tun (zum Beispiel möglichst<br />

wenig Plastik, möglichst wenig Auto<br />

fahren, selbst Strom erzeugen und vieles<br />

mehr. Es sind meistens die kleinen Dinge,<br />

die etwas Großes bewegen können).<br />

Ich würde gern mal einen Tag lang tauschen<br />

mit …, um dann Folgendes zu tun:<br />

Putin und diesen sinnlosen Krieg beenden.<br />

Wahrer Luxus ist für mich<br />

gesund zu sein und das tun zu können,<br />

worauf man Lust hat.<br />

Das ist mein nächstes Reiseziel:<br />

Türkei oder Malle.<br />

Meine erste Tat zu Beginn eines<br />

Arbeitstages:<br />

Kaffeemaschine anmachen.<br />

Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist für<br />

jeden Menschen wichtig, weil …<br />

ich überzeugt bin, dass jeder Mensch auch<br />

während Krankheit oder nach einem Unfall<br />

ein (finanziell) freies und selbstbestimmtes<br />

Leben verdient hat.<br />

Der größte Missstand in meiner Branche ist:<br />

mangelnde Bildung.<br />

… so könnte der Missstand behoben<br />

werden:<br />

mehr Bildung. :)<br />

Bezogen auf mein Job-Know-how wollen<br />

Familie und Freunde am liebsten von mir<br />

wissen:<br />

Eigentlich sind Versicherungen eher nie ein<br />

Thema im Familien- und Freundeskreis.<br />

90 <strong>procontra</strong> <strong>06</strong> | 22


DIE<br />

KRANKENKASSE,<br />

DIE PRIVATE<br />

Z U S Z- A T<br />

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