14.12.2022 Aufrufe

fng MAGAZIN 6 2022

Food Nonfood Getränke

Food Nonfood Getränke

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

VON DREI SEITEN BETRACHTET<br />

VON DREI SEITEN BETRACHTET<br />

Selbstverständlich haben sich mittlerweile auch<br />

Handels-und Eigenmarken angesichts der wirtschaftlichen<br />

Entwicklung verteuert, aber sie sind in der Regel<br />

immer noch deutlich preiswerter als die Produkte der<br />

großen Hersteller, manchmal sogar um 40 Prozent. Mehr<br />

und mehr werden Händler auch zu Produzenten. Aldi<br />

Nord zum Beispiel erwarb kürzlich zwei Standorte der Altmühltaler<br />

Mineralbrunnen, um dort die Produktion zu forcieren.<br />

Die Schwarz-Gruppe, zu der Lidl und Kaufland gehören,<br />

bietet längst selbst produzierte Getränke, Kaffee,<br />

Nudeln, Schokolade und mehr an. Rewe und Edeka, zwei<br />

immens Große im deutschen Lebensmittelhandel, verweisen<br />

betont auf ihre Eigenmarken. In<br />

letzter Zeit hätten sie im zweistelligen<br />

Prozentbereich zugenommen,<br />

heißt es bei Rewe. Grund sei, dass<br />

immer mehr Menschen sehr genau<br />

auf ihr Geld achten müssten und gezielt<br />

zu qualitativ vergleichbaren Eigenmarken<br />

greifen. Mit diesem Sortiment<br />

wollen die Händler zugleich<br />

die Markenhersteller disziplinieren,<br />

keine zu hohen Preissteigerungen<br />

für ihre Produkte durchzusetzen. Dafür<br />

nehmen sie sogar in Kauf, dass<br />

die Margen für Eigenmarken meist<br />

geringer ausfallen als die für die allseits<br />

bekannten Markenartikel.<br />

Zum Ende des Jahres regnen<br />

Prognosen auf unsere<br />

Köpfe, wie es in den kommenden<br />

Monaten weitergeht mit der deutschen<br />

Wirtschaft in diesen Krisenzeiten.<br />

Tatsächlich ist eine präzise<br />

Beurteilung sehr schwer, weil<br />

niemand den Verlauf der Corona-<br />

Pandemie und des grässlichen<br />

russischen Krieges in der Ukraine<br />

im anstehenden Winter mit allen<br />

denkbaren negativen Folgen vorhersagen<br />

kann.<br />

Nicht mehr, als nur der<br />

Blick in die Glas kugel<br />

glaublich hoch, im Oktober betrug sie aber noch 10,4<br />

Prozent. Nach mehreren Schüben auf dem Thermometer<br />

der Teuerung war das erstmals wieder ein Rückgang.<br />

Und auch an den Tankstellen fallen die Preise. Rohöl ist<br />

wieder günstiger geworden, das wirkt sich auf die Anzeigen<br />

über den Zapfsäulen aus. Super E10 zum Beispiel<br />

lässt sich gegenwärtig vielerorts für unter 1,80 Euro je<br />

Liter befüllen. Auch Heizöl kann preiswerter eingekauft<br />

werden. Es kostet aktuell für 100 Liter knapp 50 Euro<br />

weniger als noch im Oktober. Einen Lichtblick gibt´s<br />

auch bei den Erzeugerpreisen. Der Preisauftrieb lag im<br />

Oktober im Jahresvergleich bei 34,5 Prozent, im Monat<br />

davor betrug er noch 45,8 Prozent. Das war der erste<br />

Rückgang seit Mai 2020. Marktexperten hatten eher mit<br />

einem weiteren Anstieg gerechnet. Vielleicht kann diese<br />

sanfte Entspannung auch bei den Verbrauchern ankommen,<br />

denn Produzentenpreise gelten in der Regel als<br />

Vorläufer für die Entwicklung der Lebenshaltungskosten.<br />

Und die haben es zurzeit in sich. Nahrungsmittel<br />

waren auf Erzeugerebene im Oktober knapp 25 Prozent<br />

teurer als im gleichen Monat des Vorjahres: Butter<br />

plus 66 Prozent, Schweinefleisch plus 47 Prozent,<br />

Käse und Quark plus 38 Prozent, Milch plus 36 und<br />

Kaffee plus 29 Prozent, um nur einige Beispiele zu<br />

nennen. Dabei haben die Unternehmen ihre drastisch<br />

gestiegenen Einkaufspreise noch gar nicht in vollem<br />

Umfang an ihre Kunden weitergegeben. Das soll erst<br />

im kommenden Jahr peu à peu geschehen, aber auch<br />

erst bis zu 50 Prozent. Eine relativ schwache Nachfrage,<br />

hoher Wettbewerbsdruck und langfristige Vertragslaufzeiten<br />

sind dafür die wesentlichen Gründe. Sollten<br />

die Preise nach dem nächsten Frühjahr erneut klettern,<br />

entstehen natürlich neue Unwägbarkeiten – für den<br />

Handel ebenso wie für die Konsumenten mit Blick auf<br />

das eigene Portemonnaie.<br />

Dennoch: Durch den kommenden Winter kommt<br />

unser Land wahrscheinlich deutlich besser als zunächst<br />

erwartet. Die Wirtschaft ist im dritten Quartal<br />

gegenüber dem Vorjahrszeitraum um 1,2 Prozent gewachsen<br />

und trotzt der Unbilden schwieriger weltwirtschaftlicher<br />

Rahmenbedingungen mit anhaltender<br />

Corona-Pandemie, gestörten Lieferketten, steigenden<br />

Preisen und dem russischen Überfall auf die Ukraine.<br />

Für das kommende Jahr wird ein Wirtschaftsminus<br />

von 0,2 Prozent prognostiziert. Aber viele Ökonomen<br />

betonen, dass man dies schwerlich als Fall in die Re-<br />

Die einen verheißen vorsichtigen Optimismus, die anderen<br />

sehen die Entwicklung eher pessimistisch. Niemand weiß Genaues,<br />

letztlich ist es nicht mehr als der Blick in die Glaskugel.<br />

Werfen wir doch mal einen<br />

Blick auf die gegenwärtige Lage.<br />

Die Inflation ist im November überraschend<br />

gefallen. Mit zehn Prozent<br />

liegt sie natürlich nach wie vor unzession<br />

bezeichnen könne, zumal das Barometer danach<br />

wieder eher auf Hoch ausschlagen werde.<br />

Die Berliner Entscheidungen<br />

stützen den wichtigen<br />

Wirtschaftspfeiler Konsum<br />

Und in der Tat: Die Stimmung in den Chefetagen<br />

vieler bedeutender Unternehmen hat sich zu<br />

Beginn der kalten Jahreszeit überraschend gebessert.<br />

Nach Angaben des Münchner ifo-Instituts stieg der<br />

Geschäftsklimaindex im November um 1,8 auf 86,3<br />

Punkte. Der Index gilt als wichtigster Frühindikator<br />

für die deutsche Konjunktur. Dies hat wahrscheinlich<br />

viel zu tun mit den Beschlüssen der Bundesregierung<br />

für eine Strom- und Gaspreisbremse. Vielen Unternehmen<br />

hat das offenbar einiges an Unsicherheit vorerst<br />

genommen. Die Berliner Entscheidungen stützen den<br />

wichtigsten Pfeiler der deutschen Wirtschaft, den Konsum.<br />

Die Entlastungen bei den Energierechnungen<br />

kosten die Steuerzahler langfristig zwar Milliarden,<br />

dürften kurzfristig aber das Weihnachtsgeschäft ankurbeln<br />

und den Einzelhandel vor dem Schlimmsten<br />

bewahren. Die Einkäufe zum Fest – so die Prognosen<br />

– werden wahrscheinlich um bis zu vier Prozent geringer<br />

ausfallen als im letzten Jahr, wegen der hohen<br />

Inflationsrate aber mehr Euros in die Kassen spülen.<br />

Konsumenten geben weniger Geld für<br />

den täglichen Haushaltsbedarf aus<br />

Längst hat sich der Lebensmittelhandel auf die<br />

neue Lage eingestellt: Die Konsumenten geben angesichts<br />

der immens gestiegenen Preise weniger Geld<br />

für den täglichen Haushaltsbedarf aus und achten<br />

auf die Preise. Deshalb verkaufen Händler neben den<br />

bekannten Markenprodukten immer häufiger auch<br />

Handels- und Eigenmarken. Sie sind in der Regel günstiger,<br />

für die Verbraucher willkommene Gelegenheit,<br />

Geld zu sparen ohne größeren Qualitätsverlust der<br />

Ware. Zunehmend mehr Hersteller produzieren auch<br />

Eigenmarken für bestimmte Händler unter deren Namen.<br />

Dabei handelt es sich nicht unbedingt um die<br />

exakte Kopie des teuren Markenprodukts, weil zumeist<br />

andere Rezepturen und Inhaltsstoffe verwendet werden.<br />

Aber qualitativ sind sie durchaus akzeptabel.<br />

Abseits der gegenwärtigen Krisen<br />

haben wir in Deutschland ein<br />

weiteres Problem: den Mangel an<br />

Fachkräften. In vielen Stadtteilen<br />

unseres Landes müssen kleine Betriebe,<br />

sehr häufig alteingesessene<br />

Bäckereien und Metzgereien, die<br />

Türen für immer schließen, weil sie<br />

entweder keine Nachfolger oder<br />

gut ausgebildetes Personal finden.<br />

Ein Trauerfall für die Kleinbetriebe,<br />

ein Verlust für die regionale Struktur.<br />

Nach Angaben des ifo Instituts<br />

in München suchen 50 Prozent der<br />

Unternehmen in Deutschland Fachkräfte,<br />

ein neuer Höchststand. Das<br />

führt dazu, dass immer mehr Betriebe<br />

ihre eigentlich gut laufenden<br />

Geschäfte einschränken müssen,<br />

weil sie kein geeignetes Personal<br />

finden. Mittel- und langfristig, so<br />

heißt es, wird diese Komplikation<br />

noch schwerwiegender werden.<br />

Probleme hier, manche Lichtblicke<br />

dort. Bis sich einige neue<br />

Zeichen am Horizont erhellen und<br />

uns wirklich zeigen, wie es verlässlich<br />

weitergeht, wird es wohl noch<br />

viele, viele Monate dauern. Bis dahin<br />

bleibt immer nur der Blick in die<br />

Glaskugel, und der war – wie wir<br />

alle wissen – noch nie verlässlich.<br />

8 <strong>MAGAZIN</strong> 6 <strong>2022</strong><br />

<strong>fng</strong>-magazin: Der Markenmonitor<br />

für den Lebensmittelhandel<br />

9

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!