Makler News | Ausgabe 01/23 | Andreas_Schäfer
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»Alle Versicherungssparten<br />
müssen sich ändern«<br />
Versicherungs-Vordenker Dr. Robin Kiera über ARD/ZDF als warnendes Beispiel,<br />
sich wandelndes Kundenverhalten und Chancen durch Technik<br />
sondern ein Dauerthema sein werden. Denn wer<br />
sich nicht an Veränderungen anpasst, endet wie<br />
ARD und ZDF. Beide haben nicht nachhaltig auf<br />
veränderte Kundenbedürfnisse reagiert und seit<br />
dem Jahr 2000 knapp 50 Prozent Marktanteil und<br />
inzwischen ganze Generationen an Kunden verloren.<br />
Das kann sich ein Versicherer oder <strong>Makler</strong><br />
nicht leisten.<br />
Immer mehr Versicherer schreiben sich Nachhaltigkeit<br />
und CO 2<br />
-Neutralität auf die Fahnen.<br />
Wie genau können sie dies umsetzen?<br />
Der größte Hebel liegt nicht darin, die Vorstandsdienstwagen<br />
mit Elektrofahrrädern zu ersetzen,<br />
sondern eher in der Anpassung der Richtlinien für<br />
Investitionen für die Billionen an Kapitalanlagebestand<br />
der deutschen Versicherungsindustrie.<br />
Dr. Robin Kiera,<br />
CEO der Marketingagentur<br />
und Unternehmensberatung<br />
Digitalscouting, ist mit<br />
600.000 Followern<br />
einer der weltweit<br />
bekanntesten Experten<br />
und Influencer zur<br />
Zukunft der<br />
Versicherung.<br />
Welche aktuellen Megatrends werden sich auch<br />
auf das Versicherungswesen auswirken?<br />
Der größte Trend: die Beschleunigung der technologischen<br />
Entwicklung. Brauchte das Flugzeug<br />
als Technologie noch 68 Jahre, um 50 Millionen<br />
Nutzer zu erreichen, der Computer 14 Jahre, benötigte<br />
Pokémon Go 19 Tage. Diese dramatische<br />
Beschleunigung der Durchsetzung von Technologie<br />
und damit auch Produkten beschleunigt<br />
auch die Veränderung des Kommunikations- und<br />
Kaufverhaltens von Kunden. Dies wiederum<br />
bedeutet, dass wir uns als Vermittler, aber auch<br />
als Versicherer deutlich schneller und häufiger<br />
an diese Veränderungen anpassen müssen. Wem<br />
diese historische Entwicklung klar wird, dem wird<br />
auch klar, dass „Change“ und „Digitalisierung“<br />
nicht mit ein, zwei Projekten abgeschlossen sein,<br />
Welche Sparten werden sich ändern (müssen),<br />
welche werden weitgehend bleiben, wie sie heute<br />
sind?<br />
Da sich das Kundenverhalten grundlegend ändert,<br />
müssen sich alle Sparten – sowohl vom Produkt<br />
her als auch im Vertrieb – ändern. Letztens bat<br />
uns (als Marketingagentur) ein großer B2B-Vertrieb,<br />
ein Whitepaper für sie zu entwickeln. Ich<br />
fragte den Entscheider: „Wann hast du das letzte<br />
Mal ein Whitepaper gelesen?“ „Vor Jahren“, war<br />
die Antwort. „Und glaubst du, deine Kunden<br />
lesen noch welche?“<br />
Wo werden die Verbraucher/Versicherten am<br />
augenfälligsten Änderungen wahrnehmen?<br />
Alle Kundengruppen – vielleicht bis auf nicht-digitale<br />
Einsiedler – verbringen die meiste wache<br />
Zeit, vor allem die Freizeit, am PC, Laptop oder<br />
am Handy. Ein Großteil der Zeit werden Videos<br />
konsumiert. Warum wir als Versicherungsindustrie<br />
noch nicht unseren Vertrieb und unser Marketing<br />
hier komplett umgestellt haben, ist mir schleierhaft.<br />
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich sehe für<br />
fähige physische Vertriebe und Vermittler diese<br />
Entwicklung nicht als Hindernis, sondern als<br />
große Chance, noch mehr Kunden individuell<br />
beraten zu können. Wer den Weg aber nicht geht,<br />
wird zeitnah sehr einsam in seinem Büro sein.<br />
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