128_Ausgabe Maerz 2014
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Die Görlitzer Sonnenorgel –<br />
Für das Jahr 1294 ist die erste Orgel in der<br />
Görlitzer Peterskirche nachweisbar – die<br />
erste Kirchenorgel auf sächsischem Gebiet<br />
überhaupt. Nachdem 1691 bei einem der<br />
großen Görlitzer Stadtbrände das Inventar<br />
der Peterskirche, darunter auch zwei Orgeln,<br />
zerstört worden war, beauftragte der<br />
Rat der Stadt am 12. Oktober 1697 den<br />
berühmten, damals 73jährigen Orgelbauer<br />
Eugenio Casparini mit dem Bau einer<br />
neuen Orgel. 1703 wurde die neue Orgel<br />
eingeweiht. Der Prospekt wird bestimmt<br />
von 17 Sonnen, in denen die Pfeifen einer<br />
zwölffachen Pedalmixtur strahlenförmig<br />
um 17 goldene Sonnengesichter<br />
angeordnet sind. Durch eine ausführliche<br />
Festschrift, verfasst 1704 von Johann Ludwig<br />
Boxberg, dem ersten Organisten der<br />
neuen Orgel, wurde sie unter dem Namen<br />
„Görlitzer Sonnenorgel“ weltberühmt und<br />
war zweifellos der krönende Abschluss der<br />
Arbeit Casparinis.<br />
Casparini, der aus Sorau in der Niederlausitz<br />
stammte, gehört zu den schillernden<br />
Persönlichkeiten seiner Zunft. Er war ein<br />
ideenreicher Orgelbauer, der den italienischen<br />
Orgelstil durch Flöten und Zungenstimmen<br />
verschiedenster Art bereicherte,<br />
und machte sich durch viele Neuerungen<br />
im Orgelbau einen Namen. So erfand er<br />
neue Register, verwendete eine „Invetriatur“<br />
zur Imprägnierung der Holzpfeifen<br />
und setzte allerhand „Schnurrpfeifereien“<br />
wie Kuckuck, Nachtigall, Trommeln<br />
und „umlauffende Sonnen und Monde“<br />
ein. Allerdings deklarierte er auch längst<br />
bekannte Dinge als „nuove invenziones“<br />
(„neue Erfindungen“) und experimentierte<br />
mit der Gewinnung mehrerer Register aus<br />
einer Pfeifenreihe, was ihm den Vorwurf<br />
des Betrugs einbrachte. Er baute Schleifladen<br />
mit separater Windzuführung für jede<br />
Pfeife, was zu einer sehr schwergängigen<br />
Spielart führte. Offenbar hielt die technische<br />
Umsetzung nicht immer mit seinen<br />
hochfliegenden Ideen Schritt. Schon bald<br />
nach Fertigstellung der Sonnenorgel mussten<br />
die „Sonnen“ stillgelegt werden, und<br />
Johann Sebastian Bach bezeichnete sie als<br />
„Pferds-Orgel, ob der roßmäßigen Arbeit,<br />
die es mache, droben zu spielen“.<br />
Nach vielen Umbauten und Veränderungen<br />
wurde das Werk 1927 ausgebaut und<br />
durch eine elektropneumatische Orgel er-<br />
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Geschichte