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16 Die gotische Marienkirche in Frankfurt an der Oder Zu DDR-Zeiten erfuhr man im Westen nur selten etwas über das Schicksal dieses gewaltigen Denkmals der Backsteingotik, höchstens, dass es mehr oder minder absichtlich von den obersten Behörden der DDR dem Verfall preisgegeben wurde, wie so manches andere historische Bauwerk in größeren Städten. Durch die Kampfhandlungen bei Kriegsende war die Frankfurter Marienkirche nur leicht beschädigt worden, aber durch einen wohl absichtlich gelegten Flächenbrand in der Innenstadt kurze Zeit da- Der Titel passt eher in den November und nicht in den Sommer. Denn für die meisten von uns steht der Sensenmann, Schnitter, Knochenmann, Freund Hein für den Tod. Einen Durchgang durch die Bibel und die Kulturgeschichte des Mittelalters möchte ich uns an dieser Stelle ersparen, um diese Bilder und Ersatznamen zu vertiefen oder weiter zu erläutern. Ich hatte eine andere Begegnung mit dem Sensenmann. Nein, ich bin dem Tod nicht noch einmal soeben von der Schüppe gesprungen. Es war eher der Anblick eines Motorrollerfahrers an der Kreuzung <strong>Image</strong> l Juli 2012 rauf ausgebrannt, wobei auch fast alle Gewölbe und einige Pfeiler einstürzten. Der Wiederaufbau begann mit Teilbereichen und auch nur zögernd. Die fröhlich-bunten Glasfenster aus dem Spätmittelalter (ca. 1376) waren in Kisten ausgelagert; diese wurden sofort nach Kriegsende als Beutegut nach St.Petersburg geschafft, aber kurz nach der Wende von Putin zurückgegeben, da kirchliches Eigentum nicht unter den Begriff Beutegut fiel. Zur Baugeschichte: Fundamentreste unter dem heutigen Bau deuten auf ein Alter von 750 Jahren. Wichtige Teile des bestehenden Baus (z.B. Mittelschiff) stammen wohl aus der Zeit nach 1250; der weite Chorraum mit den berühmten etwa 12 m hohen Buntfenstern dürfte kurz nach 1375 entstanden sein, die äußeren Seitenschiffe ebenfalls. Nach langer Vernachlässigung der gesamten Kirche im 17. und 18. Jahrhundert stürzte der Südturm 1826 ein, der bis heute nicht wieder aufgebaut wurde; ein Wiederaufbau ist jedoch in einiger Zukunft geplant. Ein unvergleichlicher Schatz der Kirche sind die hei- Begegnung mit dem Sensenmann einer großen, stark befahrenen Straße. Und mein erster Kalauer an diesem Tag: Sieh an, der Sensenmann kommt in die Jahre und braucht jetzt schon einen Roller. Aber es handelte sich ja um einen jungen Mann und der hatte mit meinem Sensenmann nichts zu tun. Er musste wohl auf dem Weg zu einer Wiese oder Weide gewesen sein, die geschnitten werden musste. Also, nichts wie hin und das Arbeitsgerät – die Sense – mitgenommen. Wie transportiert man jedoch eine Sense auf einem Motorroller? An einer der beiden Seiten des kurzen Fahrgeräts? – Dann wäre das Lenken schwierig bis unmöglich geworden. Auf den Rücken schnallen? – Welche Seite kommt nach oben? Das Sensenblatt oder der Stiel? Das passte auch nicht. Dieser Rollerfahrer hatte sich für eine andere Möglichkeit entschieden. Der Stiel wurde zwischen die Beine nach oben gestellt und mit dem Helm gegen die Schulter fixiert. Das Sensenblatt zwischen den Füßen. Eine ziemlich wacklige Angelegenheit. Das musste der Fahrer auch beim ersten Bremsen ter-bunten Glas-Fenster (um 1376), die für die damaligen Kirchenbesucher, die oft des Lesens unkundig waren, eine Bilderbibel darstellten, eine sogenannte Biblia Pauperum (Armenbibel), denn die Geschichten aus der Bibel waren den Menschen damals durch Erzählen viel geläufiger als sie es heute sind. Abschließend kann man zur Charakterisierung der Funktion der Frankfurter Marienkirche und ihrer Schätze folgendes sagen: Diese Kirche war das Gotteshaus für Rat und Bürger, keine auf hierarchische Distanz bedachte Bischofs- oder Klosterkirche, deshalb auch die unbekümmerte Farbigkeit der Gläser und die oft naive Bildhaftigkeit der Figuren, ein Zeichen für eine bürgerliche Art der Volksfrömmigkeit, zu einer Zeit, die die düstere Katastrophe der Großen Pest (1349-51) überwunden hatte. WR Reproduktion der Fotos genehmigt durch die Kirchenverwaltung. fest stellen. Der Sensenstiel mach te sich selbstständig, der be helm te Kopf rotierte, um die Sense noch zu halten, ein Fuß (glücklicherweise von einem Stiefel geschützt) wurde ruckartig auf die Schneide getreten. Die Fahrweise wurde etwas unruhig und unsicher. Die Schlingerbewegungen nah men dramatische Formen an. Nach fünfzig Metern war die Situation unter Kontrolle. Glücklicherweise war in diesem Augenblick kein anderes Fahrzeug in der Nähe, sonst hätten sich an diesem Morgen zwei Sensenmänner getroffen. Ob die Wiese dann noch gemäht worden wäre? PG
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