Ronny muss zur Volksarmee« Die Garnisonstadt Rathenow ... - MGFA
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<strong>Garnisonstadt</strong> <strong>Rathenow</strong><br />
� Parade in Potsdam im Jahre 1779. Holzstich von Wilhelm Camphausen (1818–1885).<br />
wehrten sich die Stadtverordneten in<br />
einem Brief an die Kriegs- und Domänenkammer<br />
gegen die geplante Serviskürzung<br />
für die beweibten Soldaten<br />
und deren geplante Natural-Einquartierung<br />
bei den Bürgern. Wie in anderen<br />
brandenburgischen Städten war<br />
man in <strong>Rathenow</strong> dazu übergegangen,<br />
den verheirateten »Karabiniers« den<br />
Servis bar auszuzahlen, damit diese<br />
sich dann selbstständig eine Unterkunft<br />
in der Stadt mieten konnten. <strong>Die</strong><br />
Stadtverordneten argumentierten gegen<br />
die geplante Einquartierung, dass<br />
es in der Garnison an Raum für die<br />
Soldatenfamilien fehle und die Wirte in<br />
ihren Häusern nicht mehr ihrer »Hanthierung«<br />
nachgehen könnten, wenn<br />
die Soldatenfamilien »die Wärme in<br />
ihren Stuben« genössen. Des Weiteren<br />
ermangele es ihnen an Betten für die<br />
Soldatenfrauen, weswegen sie, »wann<br />
sie solche aushalten sollen, [...] selbst<br />
auf Stroh liegen« müssten.<br />
<strong>Die</strong> Stadtverordneten waren gewillt,<br />
den alten, also höheren Servissatz weiterzuzahlen,<br />
um so der Einquartierung<br />
der beweibten Soldaten in »natura« zu<br />
entgehen. So erklärten sie, die Bürger<br />
seien bereit, »den ihre bißhero zugeschriebene<br />
Servis alle Monath richtig<br />
abzuführen«. Um die ungeliebte<br />
Ein quartierung abzuwenden, würde<br />
die Bürgerschaft sogar weitere finanzielle<br />
Zugeständnisse in Kauf nehmen.<br />
Wenn die Kriegs- und Domänen-<br />
12 Militärgeschichte · Zeitschrift für historische Bildung · Ausgabe 1/2007<br />
kammer den Serviszuschuss für die<br />
beweibten Karabiniers nicht zahlen<br />
wolle, dann »wollten die Verordneten<br />
dahin sich verbindlich machen, daß<br />
solcher Zuschuß« in Höhe von sechs<br />
Gulden je Soldatenfrau »aus der Bürger<br />
Holz-Rechung« geleistet werde.<br />
Exerzierzeit<br />
Einmal im Jahr exerzierte das gesamte<br />
Regiment – einschließlich der Kompanien<br />
die sonst in anderen Städten untergebracht<br />
waren – in der Stabsgarnison.<br />
<strong>Die</strong> »Exerzierzeit«, die immer im<br />
Frühjahr stattfand, dauerte seit 1743<br />
nur noch zwei statt drei Monate. Im<br />
Jahre 1786 wurde sie auf sechs Wochen<br />
verkürzt.<br />
<strong>Die</strong> Soll-Stärke eines Kavallerierregiments<br />
sollte nach dem Reglement von<br />
1743 insgesamt 774 Personen umfassen.<br />
Legt man die Bevölkerungszahl<br />
<strong>Rathenow</strong>s von 1740 zu Grunde, dann<br />
betrug während der Exerzierzeit der<br />
Anteil der Militär- an der Gesamtbevölkerung<br />
29,6 Prozent. <strong>Die</strong> Bürger<br />
<strong>muss</strong>ten also noch zusätzliche Soldaten<br />
und Pferde in ihren Häusern und<br />
Ställen aufnehmen, was wiederum zu<br />
vielen Klagen der Bürgerschaft führte.<br />
So heißt es in einer Beschwerdeschrift<br />
aus dem Jahr 1764, dass während<br />
der Exerzierzeit das Regiment<br />
für die vielen Pferde der Kürassiere<br />
die Stallplät ze der Pferde von Bürgern<br />
beanspruche, die Tiere folglich »bey<br />
Kälte, Regen und schlechtem Wetter<br />
unterm freyen Himmel liegen müssten,<br />
wodurch manches Stück verendet«.<br />
Dagegen könnten die Städte, die<br />
»solcher Zeit über von aller Einquartierung<br />
befreyet sind, ihre Stallung<br />
vor zuglich nutzen«.<br />
<strong>Die</strong> kurze Exerzierzeit war aber nicht<br />
nur für die Bürger mit Belastungen<br />
verbunden, auch von den Soldaten<br />
und Offizieren wurde viel abverlangt:<br />
In nur wenigen Wochen <strong>muss</strong>te das Regiment<br />
zusammen exerzieren können,<br />
um bei der jährlichen Revue oder bei<br />
Paraden vor den Augen des Königs zu<br />
bestehen. Insbesondere die Offiziere<br />
fürchteten die Heerschau; versagten<br />
sie hier, war der Fortgang ihrer Karriere<br />
ungewiss.<br />
Für ein Kavallerieregiment, wie es<br />
in <strong>Rathenow</strong> stationiert war, bedeutete<br />
das Exerzieren in erster Linie,<br />
die Soldaten in kurzer Zeit im Umgang<br />
mit den Pferden zu schulen, das<br />
hieß auch, in Formation zu reiten. Für<br />
das Exerzieren auf dem Pferderücken<br />
benötigten sie viel Platz. Angesichts<br />
der Tatsache, dass in <strong>Rathenow</strong> viele<br />
Bürger von der Landwirtschaft lebten,<br />
war die Bereitstellung einer so<br />
großen Fläche keine leichte Aufgabe.<br />
So gab die Frage des Exerzierplatzes<br />
beständig Anlass für Auseinandersetzungen<br />
zwischen Garnison und Stadt.<br />
<strong>Die</strong> schlechte Qualität des Platzes ver-<br />
akg-images