Ausgabe 05/2012 - Landesärztekammer Brandenburg
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Dr. Dietmar Groß<br />
Foto: privat<br />
Aktuell<br />
InterVIew<br />
die Arbeitsmedizin bietet jungen Ärzten viele möglichkeiten<br />
Herr Dr. Groß, Sie gehören auch<br />
in diesem Jahr wieder zu den acht<br />
Delegierten, die unsere LÄKB auf<br />
dem Ärztetag vertreten werden.<br />
Was erwarten Sie?<br />
Dieses Mal werden praxisnahe Themen<br />
wie Weiterbildung, kooperative<br />
Versorgungsstrukturen, die Krankenversicherung<br />
der Zukunft vorgestellt<br />
und diskutiert, und das erstmalig<br />
unter unserem neuen Präsidenten<br />
Dr. Frank Ulrich Montgomery.<br />
Warum ist für Sie die Teilnahme<br />
am Nürnberger Ärztetag besonders<br />
wichtig, obwohl Sie als<br />
Präventivmediziner thematisch<br />
nur am Rande tangiert werden?<br />
Nun, die Weiterbildung spielt auch in<br />
der Arbeitsmedizin eine dominierende<br />
Rolle, schon im Hinblick auf den<br />
eigenen Nachwuchs. Dass aber nun<br />
erstmalig ein Thema unseres Fachgebiets<br />
auf einem deutschen Ärztetag<br />
vorgetragen wird, ist für mich geradezu<br />
eine Sensation. Der Präsident<br />
unserer wissenschaftlichen Gesellschaft<br />
(DGAUM), Prof. Dr. med. Dipl.<br />
Ing. Stefan Letzel aus Mainz wird zum<br />
Thema: „Prävention in der Arbeitsmedizin“<br />
referieren und die Möglichkeiten<br />
und Chancen in der betriebsärztlichen<br />
Versorgung vorstellen.<br />
Spricht Prof. Letzel damit nur die<br />
Arbeitsmediziner an?<br />
Auf keinen Fall ist dieses Grundsatzreferat<br />
nur an die drei der 250 Delegierten<br />
gerichtet, die Fachärzte<br />
für Arbeitsmedizin sind, sondern an<br />
alle. Ich stelle die Bedeutung unseres<br />
Fachgebietes als Kammerbeisitzer<br />
bei den meisten Facharztprüfungen<br />
fest. Eigentlich hat jedes Prüfungsfach<br />
Schnittstellen zur Arbeitsmedizin, zum<br />
Beispiel spielen kanzerogene Arbeitsstoffe<br />
in der Hämatologie/Onkologie<br />
eine Rolle, Auswirkungen von Gefahrstoffexpositionen<br />
berühren pulmonale,<br />
dermale und Erkrankungen der<br />
HNO-Heilkunde. Psychische und physische<br />
Belastungen der Arbeit haben<br />
22 | <strong>Brandenburg</strong>isches Ärzteblatt 5 •<strong>2012</strong><br />
einen maßgeblichen Einfluss auf das<br />
Erkrankungsgeschehen in unserem<br />
Land. Hier würden wir uns als Betriebsärzte<br />
von allen Kollegen anderer<br />
Fachrichtungen ein höheres Maß an<br />
arbeitsmedizinisch-kausalem Denken<br />
und damit eine engere Zusammenarbeit<br />
wünschen.<br />
Ist die Zahl der Betriebs- und Arbeitsmediziner<br />
in <strong>Brandenburg</strong> in<br />
den letzten Jahren nicht zurückgegangen?<br />
Haben sich damit auch<br />
ihre Chancen und Möglichkeiten<br />
verringert?<br />
Da sprechen Sie einen wunden Punkt<br />
an. Es fehlen nicht nur in <strong>Brandenburg</strong>,<br />
sondern im gesamten Osten<br />
Fachärzte. Aus Altersgründen sind in<br />
den letzten Jahren viele Fachkundige<br />
aus dem aktiven Arbeitsleben ausgeschieden.<br />
Den jungen Kollegen eröffnen<br />
sich dadurch vielfältige Entwicklungsperspektiven.<br />
Die Chancen und<br />
Möglichkeiten haben sich also nicht<br />
verschlechtert – im Gegenteil. Wir haben<br />
in unserem Fachgebiet außerhalb<br />
von Klinik und Praxis jede Menge in<br />
Betrieben und Einrichtungen. Leider –<br />
und da haben Sie recht – fehlen uns<br />
die jungen Kollegen.<br />
Und wo erkennen Sie Lösungswege?<br />
Wenn ich diese wüsste und wenn wir<br />
diese selbst realisieren könnten, hätten<br />
wir das längst getan! Für mich<br />
ist es nach wie vor nicht erklärbar,<br />
warum dieses vielseitige Fachgebiet,<br />
das mich eine solch lange Zeit immer<br />
begeistert hat, so wenig Interesse bei<br />
Studenten und jungen Medizinern<br />
findet.<br />
Was schlagen Sie also vor?<br />
Wir müssen unser Fachgebiet einfach<br />
besser präsentieren, und das beginnt<br />
im Medizinstudium: Wie kaum<br />
ein anderes Gebiet der Medizin betrachten<br />
wir den arbeitenden Menschen<br />
noch ganzheitlich, und zwar<br />
in seinem arbeitsplatzspezifischen<br />
Belastungsumfeld und Beanspruchungsverhalten,<br />
vom Start ins Berufsleben<br />
bis zur Rente. Die Arbeitsmedizin<br />
bietet bei vergleichbarer Vergütung<br />
bessere Möglichkeiten, Beruf<br />
und Familie miteinander zu vereinbaren<br />
als die meisten anderen Fachgebiete.<br />
Schichtarbeit und Wochenenddienste<br />
spielen hier zum Beispiel keine<br />
Rolle. Gemeinsam mit Dr. Udo Wolter,<br />
übrigens hier nicht in seiner Funktion<br />
als Kammerpräsident, sondern als<br />
Vorsitzender des Ausschusses „ Arbeitsmedizin“<br />
der BÄK, habe ich für<br />
den Ärztetag einen Entschließungsantrag<br />
vorbereitet, der die Stärkung<br />
der arbeitsmedizinischen Ausbildung<br />
an den Universitäten zum Inhalt hat.<br />
An einem großen Teil der 35 medizinischen<br />
Fakultäten in Deutschland<br />
sind die Lehrstühle für Arbeitsmedizin<br />
nicht mehr mit Hochschullehrern<br />
besetzt oder gar nicht mehr vorhanden.<br />
Das ist ein untragbarer Zustand.<br />
Schon auf dem Ärztetag 2009 habe<br />
ich um die Anerkennung von Famulaturen<br />
in der Arbeitsmedizin gekämpft.<br />
2010 in Dresden ging es darum, das<br />
Praktische Jahr in ausgewählten Einrichtungen<br />
der betriebsärztlichen Betreuung<br />
absolvieren zu können. Nun<br />
hoffe ich nur noch, dass diese inzwischen<br />
bestätigten Anträge auch im<br />
Land <strong>Brandenburg</strong> umgesetzt werden.<br />
n Die Fragen stellte Mark Berger, LÄKB