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Ausgabe 05/2012 - Landesärztekammer Brandenburg

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Melanie Straub,<br />

Wolfgang Vogler<br />

(liegend),<br />

Jon-Kaare Koppe<br />

Foto: HL Böhme<br />

rezensiert<br />

Michael Stolberg<br />

Die Geschichte der<br />

Palliativmedizin<br />

Medizinische Sterbebegleitung<br />

von 1500 bis heute<br />

Mabuse ­Verlag GmbH,<br />

Frankfurt am Main 2011<br />

303 S., kartoniert<br />

ISBN 978­3­94<strong>05</strong>29­79­4<br />

Preis: 29,90 €, sfr 47,90<br />

Wenngleich es an Literatur zur<br />

Medizinhistorie im Allgemeinen<br />

und zur Krankenhausgeschichte<br />

(und zum Hospizwesen) im Besonderen<br />

nicht mangelt, besteht<br />

an neueren Darstellungen zur Geschichte<br />

der cura palliativa in Früher<br />

Neuzeit bis hin zur Gegenwart<br />

durchaus Bedarf.<br />

Das gegenwärtig sehr lebhafte<br />

gesellschaftliche Interesse an der<br />

Der russische Literaturnobelpreisträger<br />

Alexander Solschenizyn<br />

musste in seinem Leben viel<br />

durchmachen: Er ertrug acht Jahre<br />

Straflager und Verbannung unter<br />

Stalin, wurde erst aus- und dann<br />

wieder eingebürgert. In der Sowjetunion<br />

und der DDR waren seine<br />

Werke verboten. Doch als sei<br />

das alles nicht genug, erkrankte<br />

Solschenizyn auch noch an einem<br />

Bauchhöhlentumor, eine Erfahrung,<br />

die er in seinem Roman<br />

„Krebsstation“ verarbeitet hat.<br />

Das Hans Otto Theater in Potsdam<br />

bringt den „Zauberberg“ des real<br />

existierenden Stalinismus nun auf<br />

die Bühne.<br />

In seinem Roman beschreibt Solschenizyn<br />

nur vordergründig den Schrecken<br />

der Krankheit, er zeichnet vor allem<br />

auch ein Panorama der sowjetischen<br />

Gesellschaft der 1950er Jahre vom Intellektuellen<br />

bis zum Arbeiter. Im Mittelpunkt<br />

der Inzenierung in Potsdam<br />

stehen Pawel Rusanow (Jon-Kaare<br />

26 | <strong>Brandenburg</strong>isches Ärzteblatt 5 •<strong>2012</strong><br />

Palliativmedizin ist es, dass der Autor<br />

– ehedem Internist und Intensivmediziner,<br />

seit 2004 auch Lehrstuhlinhaber<br />

für Geschichte der Medizin an der<br />

Universität Würzburg – als einen der<br />

Gründe für die Entstehung des handlichen<br />

Bandes anführt. Und in der Tat<br />

sind die einschlägigen Medien voll von<br />

Berichten zur palliativen Medizin, zum<br />

Sterben in und außerhalb der Klinik,<br />

sowie zur Sterbehilfe und deren ethischen<br />

Kontroversen. Ausgeblendet<br />

wurde dabei gelegentlich der Blick<br />

zurück.<br />

Diesen Blick in die Vergangenheit hat<br />

der Autor mit seinem jetzt erschienenen<br />

Buch – Resultat eines durch die<br />

Deutsche Forschungsgemeinschaft<br />

geförderten Projektes (und eigener<br />

Forschungen) – geschärft und damit<br />

sicher auch eine Lücke im derzeitigen<br />

Literaturangebot zum Thema ‚Palliativ-<br />

Medizin einst und jetzt‘ geschlossen.<br />

Gegliedert in eine ausführliche<br />

Einleitung, einen Hauptteil<br />

(Teil I-III), in welchem die Geschichte<br />

der Palliativmedizin und Palliativpflege<br />

von der Renaissance bis zur Gegenwart<br />

mit ihrer ethischen Implikation dargestellt<br />

wird und einem Schlussteil ‚Kontinuität<br />

und Wandel‘, werden beeindruckende<br />

Forschungsergebnisse mitgeteilt.<br />

Zahlreiche Verweise (über 963<br />

Fußnoten), eine Auswahlbibliografie<br />

als auch ein abschließender Index eröffnen<br />

den Zugang zu weiterführender<br />

Literatur.<br />

Insgesamt ist der „Versuch einer<br />

Übersichtsdarstellung“ der Geschichte<br />

der Palliation sehr gut gelungen, zumal<br />

nicht nur die deutschen, sondern auch<br />

die englischen und internationalen<br />

Entwicklungen des Fachgebietes Palliativ-Medizin<br />

unter die Lupe genommen<br />

werden. Zweifellos eine wichtige<br />

Lektüre, die das Interesse von Ärzten<br />

aller Fachgebiete und von Pflegenden<br />

durchaus verdient, meint der Rezensent.<br />

n S. Rummler, Hamburg<br />

theaterKrItIK<br />

Krebsstation – der stalinistische „zauberberg“<br />

Koppe) und Oleg Kostoglotow (Wolfgang<br />

Vogler). Der eine, Rusanow, ist<br />

ein hoher Parteifunktionär, den es mit<br />

Krebsverdacht aus Moskau in ein Provinzkrankenhaus<br />

verschlagen hat. Der<br />

andere, Kostoglotow, das literarische<br />

Alter Ego Solschenizyns, wurde zu Unrecht<br />

zur Zwangsarbeit verurteilt und<br />

ist im Arbeitslager an Krebs erkrankt.<br />

Sie geraten im Krankenhaus in die Hände<br />

von Ärzten, die sich als Herren über<br />

Leben und Tod aufspielen.<br />

John von Düffel, die Allzweckwaffe<br />

der Klassikeradaption von Thomas<br />

Mann bis Emile Zola, hat den Roman<br />

für die Bühne bearbeitet. Regie führt<br />

Tobias Wellmeyer, der gemeinsam mit<br />

von Düffel schon Uwe Tellkamps Bestseller<br />

„Der Turm“ mit großem Erfolg in<br />

Potsdam umsetzte. Leider interessiert<br />

sich die neue Inszenierung kaum für<br />

die Schicksale der vielen Stationsinsassen.<br />

Man würde gern mehr erfahren<br />

über den desillusionierten Bibliothekar<br />

Schulubin (Roland Kuchenbuch),<br />

den 16-jährigen Djomka (Friedemann<br />

Eckert) oder die deutsche Ärztin Vera<br />

Hangart (Melanie Straub). Doch statt<br />

die Figuren auszuleuchten, verhandeln<br />

diese in immer neuen Konstellationen<br />

und Variationen die immer gleichen<br />

Untiefen des Stalinismus. Welchen<br />

Erkenntnisgewinn dieser vorgestrige<br />

Ideologiediskurs einem Theaterbesucher<br />

im 21. Jahrhundert bringen soll,<br />

bleibt leider offen. Schlimmer noch:<br />

Jeder der zahlreichen Charaktere tritt<br />

konsequent auf der Stelle. In dreieinhalb<br />

Stunden gelingt keiner Figur auch<br />

nur ein Schrittchen nach vorne, es gibt<br />

keine Veränderungen, keine Dynamik.<br />

Und so verlässt man das Theater mit<br />

der tiefschürfenden Erkenntnis, dass<br />

der Stalinismus böse, ungerecht und<br />

menschenverachtend war. Das ist leider<br />

zu wenig für einen langen Theaterabend.<br />

Weitere Aufführungen: 10. Mai (Gastspiel<br />

in Frankfurt./O.), 12. und 18. Mai.<br />

n Mark Berger, LÄKB

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