Ausgabe 05/2012 - Landesärztekammer Brandenburg
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Vizepräsidentin<br />
Elke Köhler<br />
Foto: 4iMEDIA<br />
edItorIal<br />
liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,<br />
2011 – es sollte das Jahr der großen<br />
Strukturreformen sein. Die<br />
Qualität der Versorgung sollte im<br />
Mittelpunkt stehen, und vor allem<br />
war ein Jahr der Pflege angekündigt.<br />
Am Ende ist ein Versorgungsgesetz<br />
herausgekommen,<br />
getragen von der Hoffnung, dass<br />
die Akteure im Gesundheitswesen<br />
dieses Gesetz mit Leben erfüllen.<br />
Bis dahin bleibt die Frage unbeantwortet,<br />
wie bei begrenzten<br />
Ressourcen die Qualität der Versorgung<br />
gesichert und verbessert<br />
werden kann.<br />
Die Erwartungen an 2011 waren<br />
groß, vielleicht zu groß, weil man geglaubt<br />
hatte, die Wirtschaftskrise dauerhaft<br />
überwunden zu haben. Das Gegenteil<br />
war der Fall. Die Diskussionen<br />
über Rettungsschirme und Hebel haben<br />
die Koalition so stark in Anspruch<br />
genommen, dass die Gesundheitspolitik<br />
oft in den Hintergrund gedrängt<br />
wurde. Hinzu kamen ein Ministerwechsel<br />
im Gesundheitsressort sowie<br />
die Dauerkrise bei der FDP, die offenbar<br />
auch das Kreativpotenzial massiv<br />
beeinträchtigt hat. Keinen Einfluss<br />
hatte dies auf die Sparbeschlüsse des<br />
Vorjahres und damit auf die wirtschaftliche<br />
Situation der Krankenkassen. Sie<br />
stehen heute finanziell so gut da wie<br />
noch nie. Knapp 4 Milliarden Euro<br />
Überschuss konnten durch Einsparungen<br />
z. B. bei den Arzneimitteln erreicht<br />
werden. Manche kranke Kasse konnte<br />
sich so sanieren und den ungeliebten<br />
Zusatzbeitrag verhindern.<br />
Doch die Kassen bleiben skeptisch:<br />
Handlungsspielräume für Mehrausgaben<br />
sehen sie nicht, wie die Beratungen<br />
zum Versorgungsgesetz gezeigt<br />
haben. Bei den Verhandlungen<br />
über die spezialfachärztliche Versorgung<br />
mauerten sie, weil sie das Risiko<br />
einer ungebremsten Mengenausweitung<br />
nicht tragen wollten. Millionenschwere<br />
Förderprogramme für<br />
den ärztlichen Nachwuchs auf dem<br />
Land wollten sie ebenfalls blockieren,<br />
blieben aber damit chancenlos.<br />
Gleiches gilt für Nachbesserungen<br />
4 | <strong>Brandenburg</strong>isches Ärzteblatt 5 •<strong>2012</strong><br />
beim morbiditätsbezogenen Strukturausgleich.<br />
Die Konsequenzen könnten mit Blick<br />
auf das kommende Jahr fatal sein. Der<br />
von Union und FDP durch das Versorgungsgesetz<br />
geschaffene Spielraum,<br />
etwa zur Förderung des medizinischen<br />
Nachwuchses, zur Verbesserung der<br />
Zusammenarbeit von Klinik und Praxis<br />
sowie zur Verbesserung der medizinischen<br />
Betreuung in Pflegeheimen<br />
könnte durch Verzögerungstaktik der<br />
Kranken- und Pflegekassen bis zur<br />
Wahl einer neuen Regierung 2013 auf<br />
die lange Bank geschoben werden.<br />
Über ein solches Szenario mag auch<br />
das Bundesgesundheitsministerium<br />
nachgedacht haben. Daher will es die<br />
Umsetzung durch die Selbstverwaltung<br />
kontinuierlich monitoren, verspricht<br />
Minister Bahr im Interview mit der Ärztezeitung.<br />
Den Ärzten kann dies nur<br />
recht sein. Sie wären für ein mögliches<br />
Scheitern, etwa bei der bedarfsgerechten<br />
Versorgung auf dem Land,<br />
nicht verantwortlich zu machen. Alle<br />
Parteien betrachten die Behebung des<br />
Ärztemangels als eine der größten gesundheitspolitischenHerausforderungen.<br />
Und dafür muss zusätzlich Geld in<br />
die Hand genommen werden – auch<br />
von den Kassen.<br />
Ein tiefer Blick ins Versorgungsgesetz<br />
zeigt darüber hinaus, dass dem<br />
Wunsch nach mehr Wettbewerb kaum<br />
Rechnung getragen wurde. Darüber<br />
können sich die Körperschaften freuen.<br />
Denn ein Wettstreit um die bessere<br />
Versorgung darf nur innerhalb der<br />
existierenden Strukturen erfolgen. Das<br />
gilt vor allem für Selektivverträge. Sie<br />
müssen im Vergleich zum Kollektivvertrag<br />
ihren Nutzen unter Beweis stellen.<br />
Und was bringt ein Kollektivvertrag<br />
im neuen Jahr aus honorarpolitischer<br />
Sicht? Hier sind sich die meisten Honorarexperten<br />
unschlüssig. Völlig unklar<br />
ist, ob zu einer generellen Erhöhung<br />
von über einem Prozent weiteres Honorar<br />
durch morbiditätsbezogene Anpassung<br />
fließen wird. Fakt ist lediglich,<br />
dass das Versorgungsgesetz wieder<br />
stärker auf Regionalisierung setzt. Eine<br />
zuverlässige Prognose wird damit noch<br />
schwieriger. Beim EBM bleibt zunächst<br />
alles so, wie es ist. Die KBV spricht von<br />
einer schrittweisen Anpassung, jedoch<br />
nicht vor 2014. Der Arbeitsauftrag lautet:<br />
Pauschalen sollen zurückgefahren,<br />
Leistungen differenziert berechnet<br />
werden. Arztkontakte sollen unterschiedlich<br />
honoriert werden.<br />
Am Ende des Jahres bleibt die Erkenntnis,<br />
dass das GKV-Finanzierungsgesetz<br />
und alle Arzneimittel-Sparbeschlüsse<br />
zwar den Krankenkassen ein<br />
sattes Plus beschert haben, die Erwartung<br />
allerdings, dass mit dem Versorgungsgesetz<br />
die Probleme der Zukunft<br />
schon gelöst sind, trifft nur bedingt zu.<br />
Damit ist schon jetzt klar: Auch im Jahr<br />
<strong>2012</strong> bleibt das Gesundheitswesen<br />
eine Dauerbaustelle.<br />
n Ihre Elke Köhler