23.03.2023 Aufrufe

Ypsilon (02/2023) - Gemeinsam stark - Demokratie Leben

Gemeinsam stark - Demokratie Leben

Gemeinsam stark - Demokratie Leben

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Kirche muss nach<br />

Zukunft schmecken<br />

„Zukunft muss nach Besserem schmecken“, betitelt Franz<br />

Küberl sein neuestes Buch, das er anlässlich seines 70. Geburtstags<br />

geschrieben hat. Das macht neugierig. ypsilon bat den<br />

ehemaligen Bundessekretär der Kath. Jugend und Präsidenten<br />

der Caritas Österreich um seine Einschätzung von Glaube,<br />

Kirche und Gesellschaft.<br />

ypsilon: Die vielen Krisen der letzten drei Jahre – Corona, Klima,<br />

Krieg, Teuerung – haben viele Menschen müde gemacht. Können<br />

wir trotzdem Hoffnung schöpfen?<br />

Franz Küberl: Wir müssen damit leben lernen, dass es Unfairness,<br />

Hindernisse und Verwerfungen gibt. Auch damit, dass<br />

ich als Einzelner die Welt nicht aus den Angeln heben kann und<br />

auch nicht alles allein tun kann. Aber ich kann ein paar Dinge in<br />

meinem Umkreis und Verantwortungskreis tun – in der Familie,<br />

am Arbeitsplatz, bei Freunden, in einem Verein oder in einer<br />

Organisation. Und das, was ich tun kann, das soll ich tun. Die<br />

Erfahrung zeigt ja: Dinge können sich wieder zum Besseren<br />

wenden.<br />

Sie erwähnen in Ihrem Buch einen Satz, der Sie sehr ermutigt<br />

hat: „Jeder junge Arbeiter ist mehr wert als alles Gold der Welt.“<br />

Gerade die jungen Menschen sind durch die Vielfalt an Krisen<br />

sehr verzagt. Was sagen Sie ihnen?<br />

Die überwiegende Zahl der jungen Menschen in Österreich<br />

kann, Gott sei Dank, wohlbehütet aufwachsen. Sie sollten aber<br />

schon einschätzen können, dass sie insgesamt gute Möglichkeiten<br />

haben. Die Frage ist, ob den jungen Menschen entsprechende<br />

Chancen und Herausforderungen eröffnet werden. Jeder, der<br />

mit der nächsten Generation zu tun hat, hat auch einen Hauch<br />

an Mitverantwortung, sollte zuhören, etwas wachsen lassen,<br />

unterstützen und auch Kritik üben.<br />

Schwerpunkt dieses Magazins ist die <strong>Demokratie</strong>.<br />

Die Mehrzahl der Staaten ist heute nicht mehr demokratisch.<br />

Welche Verantwortung haben die Menschen für die <strong>Demokratie</strong>?<br />

<strong>Demokratie</strong> spielt sich Gott sei Dank nicht nur im Parlament ab,<br />

sondern sie lebt davon, dass sich Menschen engagieren. Das gilt<br />

für jede öffentliche Verantwortung, vom Bundespräsidenten<br />

über Gemeinderäte, Schulsprecherinnen bis hin zum Heimgartenverein:<br />

Wir brauchen Leute, die sich etwas denken und<br />

Probleme klug lösen, die Verantwortung übernehmen und die<br />

Kapazität haben, auf jene zu achten, für die sie mitverantwortlich<br />

sind. Der Pferdefuß der <strong>Demokratie</strong> ist, dass niemand wie<br />

eine Made im Speck leben kann. Auch in der KMB ist die Frage,<br />

wie die Verantwortlichen <strong>Demokratie</strong> leben. Sind sie in der<br />

Lage, Menschen mitzunehmen, einzuladen? Verantwortung<br />

zu übernehmen? Zu Entscheidungen zu stehen, aber auch zu<br />

Entscheidungen zu kommen? Das könnte man jetzt überall<br />

deklinieren.<br />

Hat sich die Debattenkultur verändert?<br />

Sie ist unter anderem durch Corona etwas unbedingter geworden.<br />

Freiheit bedeutet für viele vor allem Freiheit für sich selbst.<br />

Aber wenn der andere neben mir keine Freiheit hat, dann habe<br />

ich auch keine. Wenn der andere Mensch gleich wertvoll ist wie<br />

ich, muss ich mich mit seiner anderen Meinung auseinandersetzen.<br />

Ich glaube, das ist ein bisschen außer Rand und Band<br />

geraten. Ein wenig spielen wohl auch die Möglichkeiten des<br />

Internets eine Rolle. Ein Wort, das man früher in einer Kaffeerunde<br />

gesagt hat, kann jetzt auf einmal weltweit auftauchen.<br />

Man kann jemanden beschimpfen, in eine Zwangslage bringen<br />

oder ausnützen. Das ist stärker geworden und schlägt sich auch<br />

auf das normale <strong>Leben</strong> nieder.<br />

In Ihrem Buch schreiben Sie, die Kirche sind wir alle, der Klerus<br />

und die Laien. Viele Diözesen müssen sparen – und das tun sie vor<br />

allem bei den Laienorganisationen, der Katholischen Aktion.<br />

Wie sehen Sie das?<br />

Das wäre der Gang in die Sakristei, der Rückzug vom Alltagsleben<br />

der Gläubigen und eine schwere Fehlentwicklung. Ich<br />

glaube, dass in der Kirche – auch bei leitenden Verantwortlichen<br />

– zu wenig gesehen wird, dass es Aufgabe der Kirche ist, Strukturen<br />

zu schaffen, damit die Menschen ihre Gläubigkeit dort leben<br />

können, wo sie leben. Für den Laien liegt die Gläubigkeit auf<br />

dem Marktplatz des <strong>Leben</strong>s. Das gilt für die Pfarrei, die übergeordneten<br />

Instanzen in der Diözese, aber auch weltweit. Die<br />

Pfarren sind wahrscheinlich die größte soziale und seelsorgliche<br />

Erfindung, die es in der Kirche gibt. Das ist eine spannende<br />

Frage an die katholische Aktion, aber auch an viele andere Institutionen<br />

oder Gruppen von Laien, die sich zusammenschließen<br />

und mithelfen, damit das innere Gerüst des Gebäudes Kirche<br />

etwas gleichschaut.<br />

10 YPsilon <strong>02</strong>/2<strong>02</strong>3

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!