Ypsilon (02/2023) - Gemeinsam stark - Demokratie Leben
Gemeinsam stark - Demokratie Leben
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INSGESAMT IST DURCH DIE INTENSIVE ARBEITSWEISE<br />
IN PRAG EIN BEEINDRUCKENDES, ABER AUCH<br />
HETEROGENES UND WIDERSPRÜCHLICHES BILD AN<br />
UNTERSCHIEDLICHEN VORSTELLUNGEN ZUTAGE<br />
GETRETEN, DAS NUN OFFEN AUF DEM TISCH LIEGT.<br />
MARKUS WELTE<br />
Foto: Maxim Shutov<br />
und Laiinnen in der Liturgie, beispielsweise durch Predigt- und<br />
Tauferlaubnis für Pastoralassistentinnen und Pastoralassistenten,<br />
und die Erlaubnis für Krankenhausseelsorgerinnen und<br />
-seelsorger, die Krankensalbung zu spenden.<br />
Als unverzichtbar und essenziell wurde das Engagement der<br />
Kirche im karitativen und gesellschaftspolitischen Bereich genannt.<br />
Dazu zählten Themen wie Armutsbekämpfung, Einsatz<br />
für Flüchtlinge, Begleitung von alten, kranken, notleidenden<br />
Menschen, Einsatz für Obdachlose, Engagement für globale<br />
Solidarität, Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der<br />
Schöpfung. Diese soziale Dimension soll gestärkt werden.<br />
Fragen, die nicht von der Ortskirche gelöst werden können,<br />
wie etwa der Zugang von Frauen zur Weihe und den damit verbundenen<br />
Ämtern, der Zölibat als Zulassungsbedingung zum<br />
Weiheamt oder das Überdenken kirchlicher Positionen im<br />
Bereich der Sexualmoral, sollen auf den entsprechenden kirchlichen<br />
Ebenen eingebracht werden.<br />
Europasynode<br />
Der nächste Schritt im Synodalen Prozess sind sieben Kontinentalversammlungen,<br />
bei denen die Ergebnisse aus den einzelnen<br />
Ländern eingebracht werden. In Europa trafen sich Anfang<br />
Februar rund 200 Delegierte in Prag. Österreich war durch<br />
die Wiener Pastoraltheologin Regina Polak, den Salzburger<br />
Theologen Markus Welte, die Innsbrucker Hochschul-Rektorin<br />
und Theologin Petra Steinmair-Pösel und den Vorsitzenden<br />
der Bischofskonferenz, Erzbischof Franz Lackner, vertreten.<br />
Darüber hinaus nahmen noch 390 Delegierte online an den<br />
Beratungen teil.<br />
Damit alle gleichberechtigt zu Wort kommen konnten, durfte<br />
in Prag jede Delegation ein gleich langes Statement vortragen.<br />
Einig waren sich alle in der Sorge, dass der Kirche die Jugend<br />
davonläuft. Unter dem Eindruck des Missbrauchsskandals<br />
wünschten sich die meisten eine Rückbesinnung auf den Kern<br />
der Botschaft Jesu. Man will Umkehr, Erneuerung und neue<br />
Glaubwürdigkeit.<br />
Kirche voller Gegensätze<br />
In der Praxis gingen die Meinungen aber weit auseinander.<br />
Die einen wollen den Klerikalismus bekämpfen, den sie als<br />
Hauptursache des Missbrauchs sehen. Andere wollen den Klerus<br />
verteidigen, weil er für sie den Markenkern der katholischen<br />
Struktur ausmacht. Manche wollen eine Kirche, die niemanden<br />
ausgrenzt, egal wen er oder sie liebt. Andere wollen an der<br />
Morallehre festhalten und nichts gutheißen, was laut Bibel<br />
Sünde ist.<br />
„Insgesamt ist durch die intensive Arbeitsweise in Prag ein beeindruckendes,<br />
aber auch heterogenes und widersprüchliches<br />
Bild an unterschiedlichen Vorstellungen zutage getreten, das<br />
nun offen auf dem Tisch liegt“, berichtet Markus Welte. Viele<br />
Teilnehmende habe das überrascht, mitunter auch ratlos gemacht.<br />
Die Hauptaufgabe in Prag liege wohl darin „diese Spannungen<br />
offen zu benennen und gemeinsam auszuhalten“.<br />
Grundsätzlich habe Welte den Eindruck, „dass sich alle Delegationen<br />
trotz konträrer Positionen mit einem hohen Maß an<br />
Wertschätzung begegnet sind.“<br />
Auch Erzbischof Franz Lackner zeigte sich zufrieden mit dem<br />
Verlauf der Synode, weil viele drängende Fragen offen auf dem<br />
Tisch liegen würden. Zugleich habe es keine Konfrontationen<br />
von Gewinnern und Verlierern gegeben. Das hätte aber auch<br />
dem Wesen der Synode widersprochen. Dass die Heterogenität<br />
in der Kirche Europas öffentlich sichtbar wurde, war für viele<br />
ein Novum. Aber nur so sei es möglich, in einen substantielleren<br />
Austausch zu kommen, betonte Regina Polak. Zugleich führten<br />
die damit verbundenen Spannungen aber auch zur Bildung<br />
von Allianzen.<br />
Besteht die Gefahr einer Kirchenspaltung?<br />
Dass es „im Extremfall“ auch zu einer Art Kirchenspaltung<br />
kommen könnte, bejahte Petra Steinmair-Pösel. „Allerdings<br />
sehe ich es wirklich als einen Gewinn und als ein sehr positives<br />
Ergebnis dieser Kontinentalsynode, dass am Schluss ein gemeinsames<br />
Bekenntnis aller Beteiligten zur Einheit steht.“<br />
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