KÄNGURU April 2023
Das Stadtmagazin für Familien in Köln, Bonn und Region berichtet über: • Musik: Plädoyer zum Musizieren • Pflegefamilie – Ein Geschenk für Eltern und Kind • Interview: Von „Löwenzahn", Kinderfernsehen und Herzensthemen • Ostern: Eier nachhaltig färben • Osterferien: Angebote für Kinder und Familien • Rezept: Nuss-Striezel
Das Stadtmagazin für Familien in Köln, Bonn und Region berichtet über:
• Musik: Plädoyer zum Musizieren
• Pflegefamilie – Ein Geschenk für Eltern und Kind
• Interview: Von „Löwenzahn", Kinderfernsehen und Herzensthemen
• Ostern: Eier nachhaltig färben
• Osterferien: Angebote für Kinder und Familien
• Rezept: Nuss-Striezel
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Familienleben<br />
Eltern gesucht!<br />
Von Janina Mogendorf<br />
nja Taubner *) erinnert sich noch<br />
genau an den Tag, an dem ihr<br />
Pflegekind Jannik in ihr Leben<br />
kam. „Es war das Jahr 2013. Mein Mann<br />
und ich waren total aufgeregt. Wir haben<br />
uns so auf ihn gefreut!“ Lange hatte sich<br />
das Paar aus dem Rheinland auf diesen<br />
Moment vorbereitet. „Wir haben keine<br />
leiblichen Kinder, aber wollten immer<br />
gerne eine Familie sein. Und so haben wir<br />
schon früh überlegt, ein Pflegekind aufzunehmen.“<br />
Anja und Jochen kontaktierten das örtliche<br />
Jugendamt, ließen sich beraten und<br />
beschlossen, den dortigen Kurs für angehende<br />
Pflegeeltern zu besuchen. In den<br />
folgenden Monaten lernten sie, was diese<br />
besondere Aufgabe alles mit sich bringt.<br />
Pflegeeltern erklären sich bereit, nicht nur<br />
ihr Zuhause, sondern auch ihr Leben und<br />
ihr Herz für ein Kind zu öffnen, das aus den<br />
unterschiedlichsten Gründen wie zum Beispiel<br />
Vernachlässigung, Traumatisierung<br />
oder Gewalterfahrungen nicht in seinem<br />
bisherigen Zuhause leben kann.<br />
„Es dauerte fast ein Jahr,<br />
bis er sich eingelebt hatte“<br />
Anja Taubner arbeitete damals noch als<br />
Erzieherin in einem integrativen Familienzentrum<br />
und hatte somit bereits viele Erfahrungen<br />
mit Kindern sammeln können.<br />
Nach einer gut vorbereiteten Anbahnung<br />
kam dann der erste Nachmittag mit Jannik,<br />
der für alle Beteiligten sehr emotional war.<br />
Mit Geschenken und einer gemütlichen<br />
Kaffeerunde versuchten sie, dem Kleinen<br />
das Ankommen zu erleichtern. Denn der<br />
Einzug eines Pflegekindes bei seiner neuen<br />
Familie bedeutet immer auch den Abschied<br />
aus den bisherigen Lebensbezügen.<br />
Zu Beginn spürten Anja und Jochen deutlich,<br />
wie sich die bisherigen Trennungserfahrungen<br />
und Erlebnisse der ersten<br />
Lebensjahre auf Jannik ausgewirkt hatten.<br />
„Es dauerte fast ein Jahr, bis er sich eingelebt<br />
hatte. Er war oft sehr unruhig, schlief<br />
schlecht und litt unter Hautproblemen.<br />
Auch seine sprachliche und motorische<br />
Entwicklung war stark verzögert.“ Anja,<br />
die am Tag seiner Ankunft in Elternzeit gegangen<br />
war, nahm sich viel Zeit und kümmerte<br />
sich liebevoll um ihn.<br />
„Viele konnten nicht verstehen,<br />
dass er seine leiblichen<br />
Eltern weiterhin alle<br />
sechs Wochen traf.“<br />
Anjas und Jochens Entscheidung, ein Pflegekind<br />
aufzunehmen, stieß damals auf<br />
unterschiedliche Reaktionen. Während<br />
die erweiterte Familie sich einfach freute<br />
und Jannik herzlich aufnahm, kamen aus<br />
dem Freundes- und Bekanntenkreis viele<br />
Fragen. „Zum Beispiel, wie lange Jannik<br />
bei uns bleiben würde und ob wir ihn adoptieren<br />
könnten. Viele konnten nicht verstehen,<br />
dass er seine leiblichen Eltern weiterhin<br />
alle sechs Wochen traf.“<br />
Das ist jedoch Realität für Kinder, die in<br />
Pflegefamilien aufwachsen. Nicht nur<br />
Kontakte zu den leiblichen Eltern, sondern<br />
auch Geschwisterbeziehungen müssen<br />
neu eingeordnet werden. „Sie gehören zwei<br />
Familiensystemen an. Denn man kann ja<br />
nicht einfach sagen, du lebst jetzt mit uns<br />
und alles, was vorher war, existiert nicht<br />
mehr. Ob Kinder, die in Pflegefamilien leben,<br />
weiterhin Kontakt zu Mitgliedern aus<br />
ihren Herkunftsfamilien haben, hängt von<br />
unterschiedlichen Faktoren ab“, sagt Anja.<br />
Sie und ihr Mann erlebten Janniks Verbindung<br />
zu seinen leiblichen Eltern als zunehmend<br />
herausfordernd, der Umgang wurde<br />
immer schwieriger.<br />
Unterstützung und Hilfe<br />
Um Familie Taubner zu unterstützen,<br />
veranlasste das Jugendamt, die LVR-Jugendhilfe<br />
Rheinland einzubinden, ein öffentlicher<br />
Träger, der die Familie seither<br />
engmaschig begleitet. „Wir sind im ständigen<br />
Austausch mit den Erziehungsstellen,<br />
helfen bei Problemen, aber auch wenn es<br />
um die Förderung und Entwicklung von<br />
Pflegekindern geht. Wir bieten regelmäßige<br />
Fortbildungen und Supervision an und<br />
organisieren Treffen für Pflegeeltern“, erklärt<br />
Erziehungsstellenberaterin Ellen Hebestreit,<br />
die auch Familie Taubner betreut.<br />
Das Angebot richtet sich an professionelle<br />
Erziehungsstellen, also Familien für Kinder<br />
mit einem erhöhten Betreuungsbedarf.<br />
Die Pflegeeltern haben meist eine pädagogische<br />
Ausbildung oder bringen sehr viel<br />
Erfahrung mit. „Es kommt aber auch<br />
Wir betreuen Fach-Pflegefamilien<br />
(sog. Erziehungsstellen), die<br />
Kinder mit besonderen Bedarfen in<br />
ihre Familie aufnehmen, ihnen<br />
Schutz, Stabilität und liebevolle<br />
Erfahrungen ermöglichen. Unser<br />
tragfähiges Netzwerk bietet Ihnen<br />
und Ihrer Familie passgenaue<br />
Unterstützung an: individuelle<br />
Beratung, Fortbildung und<br />
Austausch mit anderen<br />
Erziehungsstellen-Eltern, sowie<br />
Entlastungs- und Freizeitangebote.<br />
Bild: ©istockphoto.com | Glopphy<br />
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