Das Stadtjournal-ose Mont Brüggen - Ausgabe April 2023

VERSTEHST DU MICH WIRKLICH?
Kennen Sie das: einer sagt etwas und ist sich sehr
sicher, dass sein Gegenüber ihn auch versteht,
also weiß, was man mit dem Gesagten ausdrücken
möchte. Doch der Mensch gegenüber hört
etwas ganz anderes. Interpretiert direkt das
Gehörte. „Fachleute“ – also Männer – sind sich
ziemlich sicher, dass vor allem Frauen sehr gewandt
darin sind, einfache Aussagen sofort von
allen Seiten zu beleuchten, zu interpretieren, zu
deuten und zu hinterfragen, was denn jemand
damit wirklich aussagen möchte, also ihrer Meinung
nach. Das war jetzt nicht ganz ernst gemeint,
aber es gibt tatsächlich Unterschiede in
der Kommunikation.
Männern sagt man nach, dass sie direkt, sachlich,
nüchtern kommunizieren. Frauen sollen
eher Aussagen verschlüsseln, nicht direkt auf
den Punkt kommen, um den heißen Brei reden
– sagt man. Ich glaube, dass sich in der Art sich
mitzuteilen, vieles im Laufe der Emanzipation
der Frauen geändert hat. Wurde Frauen doch
vor etwas über hundert Jahren noch eine verminderte
Intelligenz unterstellt. Ihre Bestimmung
war es, Kinder zu bekommen und sich um
Haus und Hof zu kümmern. In der Politik, in der
Arbeitswelt spielten sie so gut wie keine Rolle. So
bekamen es Frauen auch anerzogen, wie sie sich
zu verhalten hatten. Vor hundert Jahren war es
noch für alle selbstverständlich, dass sich Frauen
wie Frauen und Männer wie Männer verhielten.
Ausnahmen wurden kaum toleriert. So ist es
auch verständlich, wenn die Entwicklung kognitiver
Fähigkeiten - Aufmerksamkeit, Erinnerung,
Lernen, Kreativität, Planen, Orientierung,
Vorstellungskraft oder Wille – entscheidend von
der Erziehung und vom Umfeld abhängen. Das
ist auch heute noch so.
Aber nochmal zurück zur Kommunikation. Mann
sagt „Ich habe Hunger.“ Er meint, dass er Hunger
hat. Frau hört: „Mein Gott, jetzt will der wieder,
dass ich ihm etwas koche, kann er sich nicht
selbst eben ein Brot machen. Ich habe doch keine
Zeit, sieht er nicht, dass ich beschäftigt bin. Er
nimmt mich gar nicht wahr.“ Mit diesen Gedanken
im Hinterkopf könnte eventuell die Antwort
einer Frau etwas „zickig“ ausfallen. Missverständnisse
oder Probleme sind vorprogrammiert.
Ein anderes Beispiel. Frau sagt: „Ich bin heute
gar nicht gut drauf, das war ein anstrengender
Tag.“ Sie will damit vielleicht sagen, dass sie
Gesprächsbedarf hat, dass sie möchte, dass ihr
Gegenüber sich um sie kümmert, sie in den Arm
nimmt und ihr einfach zeigt, dass sie gemocht
wird. Mann hört: „Es geht ihr nicht gut.“ Die
Antwort des Mannes könnte aber eventuell so
ausfallen: „Dann leg dich doch eine Stunde hin,
bevor du gleich einkaufen fährst.“ Sachlich, lieb
gemeint. Aber wie käme eine solche Antwort
bei Ihnen an? Also so muss es nicht laufen, aber
die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Gespräche
so verlaufen könnten. Frauen integrieren in der
Kommunikation die Gefühlswelt, Männer bleiben
eher sachlich und nehmen unterschwellig
vermittelte Gefühlsbeschreibungen schwieriger
wahr.
Auch hier kommt wieder der Neandertaler in
uns durch. Männer hatten bei der Jagd keine
Zeit, sich um Gefühle zu kümmern. Es ging darum,
die Existenz zu sichern, indem Nahrung
beschafft wird. Für lange Gespräche oder Diskussionen
blieb dabei keine Zeit. Klare Ansage,
Lösungen für eine Sachlage suchen, machen.
Oder machen lassen. Nur leben wir nicht mehr
in Höhlen. Männliche und weibliche Eigenschaften
sind bei uns allen in unterschiedlich großer
Intensität ausgeprägt, unser Umfeld hat sich
geändert, die Erziehung hat sich geändert, die
Erfordernisse in der Arbeitswelt haben
sich geändert. Und wir müssen
immer noch lernen, wie sich Mann
und Frau gut unterhalten können –
ohne dass es zu Missverständnissen
kommt. Um so wichtiger ist es, dass
man Dinge anspricht, die einen verwirren,
die unklar erscheinen oder
die man vielleicht falsch verstanden
haben könnte. Und nicht direkt auf
die Palme gehen, wenn etwas nicht
so läuft, wie es soll.
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