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Pocken118

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INHALTSVERZEICHNIS<br />

IM MITTELALTER ............................................................................ 10<br />

1.1. Erste Dokumentationen .......................................................................................... 10<br />

1.2. Erlenbach kam im Jahr 1195 ganz unter die Otterberger Klosterverwaltung ........... 11<br />

1.3. Die Schallbrunner Weiher ...................................................................................... 15<br />

1.4. Der Gersweilerhof im Reichswald .......................................................................... 17<br />

1.5. Der enterbte Siegfried klagte in 1221 .................................................................... 19<br />

1.6. Die Bewohner Erlenbachs vor 1400 ....................................................................... 20<br />

1.7. Vertrag über die Erlenbacher Waldnutzung ............................................................ 21<br />

1.8. Wooge & Fischereirechte um 1388 ........................................................................ 21<br />

1.9. Verträge über Schweinemast (1417) und Gutsverkäufe in 1437 .............................. 22<br />

1.10. Schlacht von 1455 & Gerichtsreform von 1467 ..................................................... 23<br />

VON DER REFORMATION BIS 1550 .................................................. 25<br />

2.1. Luther redete am 17. April 1521 vorm Reichstag in Worms .................................... 25<br />

2.2. Die Reformation im 16. Jahrhundert ...................................................................... 27<br />

2.3. Der Krieg gegen Franz von Sickingen in 1523 ....................................................... 30<br />

2.4. Bauernkrieg & Kloster Otterberg im Mai 1525 ........................................................ 31<br />

2.3. Die blutige Schlacht von Pfeddersheim Ende Juni 1525 ........................................ 33<br />

2.5. Das schrittweise Ende des Klosters Otterberg ab 1546 ............................................ 37<br />

IM BESITZ DER KURPFALZ .............................................................. 38<br />

3.1. Erbstreit & Reformation ........................................................................................ 38<br />

3.2. Kurfürst Ottheinrich 1556 - 1559 .......................................................................... 40<br />

3.3. Bildersturm in Lautern in 1556 .............................................................................. 41<br />

3.4. Kurfürst Friedrich III. (1559 – 1576) ..................................................................... 42<br />

3.5. Die neue, strenge Sittlichkeit ................................................................................. 43<br />

3.6. Nymphomanin wird 1579 ertränkt ......................................................................... 44<br />

3.7. Schulpflicht & Schulhausbau ................................................................................ 46<br />

3.8. Johann Casimir kämpft 1568 - 1569 ..................................................................... 48<br />

3.9. Der dritte Hugenottenkrieg 1568 - 1569 ................................................................ 49<br />

3.10. Warum die Wallonen kamen ................................................................................. 52<br />

3.11. Johann Casimirs Ansiedlungserlass ....................................................................... 54<br />

3.12. Markt- & Forstordnungen von 1570 ...................................................................... 56<br />

3.13. Die ersten Türkenkriege 1529 bis 1568 ................................................................. 59<br />

3.14. Die Bewohner Erlenbachs 1592 & 1611 ................................................................ 62<br />

3.15. Erlenbachs Pfarrer 1601 – 1645 ............................................................................. 63<br />

3.16. Pest, Pocken und Typhus ....................................................................................... 64<br />

1


2<br />

2<br />

DER 30JÄHRIGE KRIEG ................................................................... 68<br />

4.1. Der Kriegsbeginn (von Marschall Henri Turenne) ............................................... 68<br />

4.2. Die Spanier erobern die Pfalz (nach Anna Egler) .................................................. 69<br />

4.3. König Gustav Adolf überquert den Rhein (von Ludwig Frohnhäuser) .................. 74<br />

4.4. Die Schlacht bei Standenbühl vom 24. Mai 1632 (Hans Döhn) ............................. 75<br />

4.5. Die Katastrophe von Nördlingen von 1634 ........................................................... 78<br />

4.6. Das Schicksalsjahr 1635 ....................................................................................... 80<br />

4.7. In der Festung Frankenthal bis 16.10.1635 ............................................................ 82<br />

4.8. Der Kroatensturm von 1635 nach Heinz Friedel .................................................... 86<br />

4.9. Flucht ins Metzer Asyl im Juli 1635 ..................................................................... 89<br />

4.10. Von KL nach Meisenheim im Sept. 1635 (von Turenne) ....................................... 91<br />

4.11. Die schreckliche Pestwelle schwappte von Nördlingen 1634 in die Pfalz über ...... 93<br />

4.12. Die schwedischen Truppen 1636/39 ...................................................................... 94<br />

4.13. Als Sedan bis 1641 noch ein Zufluchtsort für die Pfälzer war (von Turenne) ........ 96<br />

4.14. Turenne erobert die Pfalz in 1644 (von Turenne) ............................................... 100<br />

4.15. Friedensverhandlungen in Münster (von Turenne) ............................................. 104<br />

4.16. Was regelte der Friedensvertrag? ........................................................................ 105<br />

TURBULENTE ZEITEN ................................................................... 106<br />

5.1. Neuanfang in der Westpfalz ................................................................................ 106<br />

5.2. Die Verfolgung in Sedan ab 1643 (Dr. Marc Scheidecker, Paris 1949) ................ 108<br />

5.3. Die Einwohner Erlenbachs von 1650 bis 1688 .................................................... 111<br />

5.4. Immer wieder Kriege .......................................................................................... 114<br />

5.5. Von Brandschatzung & Mord 1673 – 1674 (von Marschall Turenne) ................ 114<br />

5.6. Französische Raubzüge 1676/77 ......................................................................... 119<br />

5.8. Die Einwanderungen von 1685/88 (von Charles Faucher, Otterberger Pfarrer) ... 121<br />

5.9. Toleranz & die Kalenderumstellung in 1684 (Joh. Heinrich Bachmann 1764) ..... 123<br />

5.10. Pfälzischer Erbfolgekrieg (1688- 1697) .............................................................. 127<br />

DAS LEBEN IM 18. JAHRHUNDERT ............................................... 129<br />

6.1. Kirchen & Kirchenbücher ................................................................................... 129<br />

6.2. Die traurige Ausgangslage .................................................................................. 134<br />

6.3. Pfarrer Engelmann .............................................................................................. 136<br />

6.4. Engelmann.......................................................................................................... 138<br />

6.5. Pfarr- & Schulhäuser & große Finanzprobleme ................................................... 142<br />

6.6. Immer neuer Ärger ............................................................................................. 144<br />

6.7. Pfarrhaus & Schule wurden 1720 gebaut............................................................. 145<br />

6.8. Mist vor der Kirchentür (1721) ........................................................................... 149<br />

6.9. Schulden & kein Geld ......................................................................................... 154<br />

6.10. Tanz & Familienzwist ......................................................................................... 157<br />

6.11. Alter Immobilien - Rechtsstreit 1689 - 1724 ....................................................... 157<br />

6.12. 1724 ein erfolgreiches Spendenjahr .................................................................... 160<br />

6.13. Gesangbuch, Säufer, geile Böcke und anderes .................................................... 161


3<br />

6.14. Einrichtung von Witwenkassen ........................................................................... 162<br />

6.15. Kindtaufen vor 1730 ........................................................................................... 164<br />

6.16. Mischehen & Soldaten- Hochzeiten..................................................................... 166<br />

6.17. Hofnachrichten .................................................................................................... 168<br />

6.18. Ausläufer des Polnischen Erbfolgekrieges von 1733 /35 ...................................... 170<br />

6.19. Der Kirchenrat 1736 – 1738 ................................................................................ 171<br />

6.20. Glück & Trauer (eine Übersicht der Erlenbacher Familienereignisse bis 1750) .... 172<br />

6.21. Leiden & Sterben 1724 – 1751 ............................................................................ 179<br />

6.22. Auswanderungen bis 1750.................................................................................. 189<br />

6.23. Familie Fortineux wanderte 1742 aus .................................................................. 191<br />

6.24. Jost Herbach vom Gersweilerhof in den U.S.A. ................................................... 193<br />

6.25. Wetter & Unwetter bis 1793 ................................................................................ 195<br />

6.26. Dorfschultheiß Johannes Mangold....................................................................... 204<br />

6.27. Schule & Lehrer Erlenbachs ................................................................................ 205<br />

6.28. Erlenbachs Lehrer im 18. Jahrhundert ................................................................. 206<br />

6.29. Die mittlere Gerichtsinstanz in KL ...................................................................... 209<br />

6.30. Wo ist unser Grundbuch von 1740 hingekommen? .............................................. 212<br />

6.31. Erlenbacher Familiennachrichten 1750 - 1795 ..................................................... 213<br />

6.32. Die Auswanderung in die Batschka 1783/84 ....................................................... 220<br />

6.33. Vernunft oder Liebe & Leidenschaft ................................................................... 223<br />

6.34. Und leise ruft der Wald ....................................................................................... 224<br />

6.35. Johann Michel Barth zieht nach Erlenbach .......................................................... 225<br />

6.36. Erlenbachs adelige Nachbarn in 1792 .................................................................. 226<br />

KRIEGE, TERROR & WANDEL ....................................................... 228<br />

7.1. Die Preußen marschierten nach Paris, aber Custine eroberte die Pfalz in 1792 ..... 228<br />

7.2. Die Belagerung von Mainz bis zum 25.7.1793 .................................................... 230<br />

7.3. November 1793: die Schlacht bei Morlautern ...................................................... 232<br />

7.4. Plünderungen & Kämpfe in 1794 ........................................................................ 242<br />

7.5. Die letzten Gefechte in 1794 ............................................................................... 247<br />

7.6. 1795/96: Raub, Mord & Vergewaltigung ............................................................. 248<br />

7.7. Segen der französischen Verwaltung ................................................................... 250<br />

7.8. Erlenbach & die Stadt ......................................................................................... 253<br />

7.9. Geburts- & Hochzeitsakten ................................................................................. 258<br />

7.10. Stammbaum der Barth Familie bis 1813 .............................................................. 259<br />

7.11. Die Barth-Familie eroberte Erlenbach ................................................................. 260<br />

7.12. Die Wurzeln der Familie Marky .......................................................................... 262<br />

7.13. Lieferungen nach Mainz, Dürkheim .................................................................... 264<br />

7.14. Harte Strafen für Kriegsdienstverweigerung & Fahnenflucht ............................... 265<br />

7.15. Die optische Telegraphenlinie Paris, Metz, Mainz von 1813............................... 268<br />

7.16. Das französische Straßenbauprogramm ab 1794 ................................................. 269<br />

1816 – 1914 DIE BAYERISCHE ZEIT ............................................ 273<br />

8.1. In Otterberg war bis 1904 die Erlenbacher Gemeindeverwaltung......................... 274<br />

3


4<br />

4<br />

8.2. Die staatlichen Heiratsakten ab 1818 .................................................................. 275<br />

8.3. Unabhängige Gerichte in Kaiserslautern, Otterberg und Lauterecken ................. 278<br />

8.4. Die Pfalz & Erlenbach wurde vermessen ............................................................ 280<br />

8.5. Brandkatastrophe in 1822 .................................................................................... 282<br />

8.6. Das Findeslkind Johannes Hof von 1833............................................................. 282<br />

8.7. Die Familien Erlenbachs 1836 ............................................................................ 283<br />

8.8. Theobald Marky, * 28.3.1817, heiratete ............................................................. 286<br />

8.9. Kataster und Grundsteuer.................................................................................... 287<br />

8.10. Polizeiordnung .................................................................................................. 288<br />

8.11. Die Landwirtschaft, auch Verpachtung des Schäferhauses 1847 ......................... 289<br />

8.12. Wieder von Waldrechten & Streit darum ............................................................ 294<br />

8.13. Der Steinbruch in Erlenbach, 1862...................................................................... 298<br />

8.14. Friedhöfe, Todesursachen, Lebenserwartung ...................................................... 298<br />

8.15. Landabtretung an Wilhelm Haffner, 1861 ........................................................... 301<br />

8.15. lernen & beten .................................................................................................... 301<br />

8.17. Die „alten“ Schulgebäude ................................................................................... 304<br />

8.18. Die Kirche in Erlenbach, Bau der Kirche, ihre Pfarrer ab 1861 und die Turmuhr 308<br />

8.20. Die Auswanderung im 19 Jahrhundert in die USA ............................................ 311<br />

8.21. Der Straßenbau: Gersweilerhof ↔ Erlenbach, ................................................. 315<br />

8.22. Die Lautertalbahn ............................................................................................. 318<br />

8.23. Eisenbahnlinie und Telefonanschluss ................................................................. 320<br />

8.24. Wasserversorgung Erlenbachs und des Gersweilerhofes .................................... 321<br />

8.25. Erlenbach erhielt eine eigene Gemeindeverwaltung in 1904 ............................... 322<br />

8.26. Der Turnverein 1904 .......................................................................................... 324<br />

8.27. Die Gesangvereine ............................................................................................. 326<br />

DER 1. WELTKRIEG ...................................................................... 327<br />

9.1. Schulstress durch 97 Schüler ............................................................................... 327<br />

9.2. Erst Riesenbegeisterung, dann das Elend ............................................................. 329<br />

9.3. Schulchaos während der Kriegsjahre.................................................................... 331<br />

9.4. Die Kriegswirtschaft ............................................................................................ 332<br />

9.5. Weinende Herzen, unsere Gefallenen................................................................... 333<br />

9.6. Unsere Gefallenen von 1915 ................................................................................ 334<br />

8.7. In 1916 fielen unter anderem ............................................................................... 336<br />

9.8. Das Kriegsjahr 1917 ........................................................................................... 339<br />

9.9. Die Gefallen von 1918 ......................................................................................... 339<br />

9.10. Entlassungsbeihilfen an ehemalige Kriegsgefangene ........................................... 342<br />

DIE ZEIT DER WEIMARER REPUBLIK 1919 – 1933 ....................... 342<br />

10.1. Besatzungszeit, Separatisten von 1921 – 1930 .................................................. 342<br />

10.2. Inflation & Saargänger ...................................................................................... 342<br />

10.3. Arbeitslosigkeit, Elend, Sozialamt .................................................................... 349<br />

10.4. Elektrizität und Gas in Erlenbach ...................................................................... 353<br />

10.5. Die Schülerzahlen explodierten ......................................................................... 354


5<br />

10.6. Schulsport in 1924............................................................................................. 356<br />

10.7. Schuljahrgang 1923/24 ...................................................................................... 359<br />

10.8. Einführung des 8. Schuljahres in 1926 ............................................................... 360<br />

10.9. Turnhallenbau & Schulsport .............................................................................. 361<br />

10.10. Das Besatzungsende am 30. Juni 1930 .............................................................. 364<br />

10.11. Die kleinbäuerlichen Betriebe ........................................................................... 364<br />

10.12. Großbrand in der oberen Erlenbacher Straße ..................................................... 366<br />

10.13. Der Schuljahrgang 1931/32 ............................................................................... 367<br />

10.14. Eine Erfolgsstory: der FCE von 1931 ................................................................ 368<br />

10.15. Die Kerwe von 1932 ......................................................................................... 370<br />

10.16. Brennholzmangel und Waldschäden in 1932 ..................................................... 373<br />

HITLERDIKTATUR UND DER 2. WELTKRIEG ................................. 375<br />

11.1. Der FCE wurde 1933 der Wehrsportverein ......................................................... 375<br />

11.2. Die Sänger sangen für die Bewegung ................................................................. 378<br />

11.3. Der Hitlergruß in der Schule............................................................................... 379<br />

11.4. Die NSDAP und ihre Gliederungen in Erlenbach ............................................... 383<br />

11.5. Die Feuerwehr 1933 – 1945 ............................................................................... 384<br />

11.6. Siege, Triumph & Fröhlichkeit ........................................................................... 384<br />

11.7. Auch glückliche Stunden .................................................................................... 385<br />

11.8. Auf der Sonnenseite des Krieges: Torschüsse statt Kanonenschüsse ................... 393<br />

11.9. Zwangsarbeiter in Erlenbach .............................................................................. 393<br />

11.10. Zwangswirtschaft & Rationierung .................................................................. 395<br />

11.11. 19. März 1945 war Kriegsende in Erlenbach ...................................................... 407<br />

11.12. Willi Lenz erzählte 2005 von seiner Gefangenschaft ......................................... 411<br />

DIE ENTBEHRUNGSREICHE NACHKRIEGSZEIT ............................. 413<br />

12.1. Hunger & Entbehrung ......................................................................................... 414<br />

12.2. Wehrmachts- und Beutegut in Erlenbach 1945 – 1947......................................... 417<br />

12.3. Die Feuerwehr nach Kriegsende .......................................................................... 420<br />

12.3. Das Entnazifizierungsverfahren ........................................................................... 422<br />

12.4. Eröffnung der Erlenbacher Schule als Bekenntnisschule 1.10.1945 ..................... 423<br />

12.5. Lehrer in Erlenbach nach 1950 ........................................................................... 424<br />

12.6. Alles war in den Jahren 1945 – Juni 1948 rationiert ............................................. 424<br />

12.7. Die Rückkehr der Kriegsgefangenen ................................................................... 425<br />

12.8. Alliierte Manöver in 1946 ................................................................................... 428<br />

12.9. Die Bebauung im Jahr 1947 ............................................................................... 430<br />

DER WEG IN DIE GEGENWART ...................................................... 430<br />

13.1. Die Ausgangslage ab 1949 ................................................................................. 430<br />

13.2. Die Wohnungszwangswirtschaft ........................................................................ 435<br />

13.3. Die Feuerwehrmänner von 1950 ......................................................................... 436<br />

13.4. Anschaffung der Motorspritze ............................................................................ 438<br />

5


6<br />

6<br />

12.6. Kirche & Konfirmationen .................................................................................. 439<br />

13.7. Der Turnverein .................................................................................................. 444<br />

13.8. Der Turnhallenkrieg ........................................................................................... 444<br />

13.9. Bau des Handballplatzes .................................................................................... 445<br />

13.10. Die 60iger & 70iger Jahre ................................................................................ 446<br />

13.11. Kerstin Barth, das Aushängeschild ................................................................... 447<br />

13.12. Der prot. Kindergarten ...................................................................................... 452<br />

13.13. Der FCE ........................................................................................................... 453<br />

13.14. Die Sportler von 1955 ....................................................................................... 455<br />

13.14. Bau der Sportanlagen ........................................................................................ 457<br />

13.15. Gesangsverein.................................................................................................. 459<br />

13.15. Das Unwetter am 11.5.2000 ............................................................................. 461<br />

13.15. Gefesselt in einer blauen Plastikhülle ............................................................. 461


7<br />

850 Jahre<br />

Erlenbach<br />

1159 - 2009<br />

Ein Beitrag zur Ortsgeschichte<br />

von<br />

Thomas & Detlef Uhrig<br />

Gersweilerhof<br />

Autoren u.a.:<br />

7


8<br />

8<br />

* Marschall Henri Turenne † 1675<br />

* Jean Pierre Engelmann, franz. Pfarrer zu Otterberg, † 1751<br />

Hinweise<br />

• Die ältere Geschichte Erlenbachs steht im historischen<br />

Zusammenhang mit Otterberg und Kaiserslautern. Die<br />

ausführliche Geschichte dazu wurde bereits im Jahr 2006<br />

veröffentlicht und steht (per öffentliche Fernleihe) zur<br />

Verfügung!<br />

• Die genealogischen Daten der alt eingesessenen<br />

Erlenbacher Bürger sind auch bereits veröffentlicht! Sie<br />

werden entsprechend den neuen gesetzlichen Regelungen<br />

ab dem 1.1.2009 erweitert!<br />

Copyright<br />

Die von uns auf Papier oder CD erstellten & Dritten vorab<br />

überlassenen Daten unterliegen dem Urheberschutz. Alle Rechte,<br />

auch die des teilweisen Nachdrucks, die den persönlichen Bedarf<br />

übersteigen, bedürfen unserer Zustimmung.<br />

Thomas & Detlef Uhrig, Ochsenberg 35<br />

Kaiserslautern, im Februar 2009<br />

Das Schulgelände war bis 1830 der Erlenbacher Friedhof mit der St. Nicolaus Kapelle, die<br />

im 30jährigen Krieg zerstört worden war


9<br />

9


10<br />

10<br />

IM MITTELALTER<br />

1.1. Erste Dokumentationen<br />

1159: Nach der Otterberger Klostergründung in 1143 traten die beiden<br />

Waldgemeinden Erlenbach und der Gersweilerhof ins Licht der<br />

Geschichtsschreibung. Sie begann mit einer Wohltat für die Klostergemeinschaft.<br />

Graf Landolf von Wilenstein übertrug dem Kloster Otterberg seine Oberhoheit<br />

über Erlenbach und den Gersweilerhof und einige Besitzungen dort. Zu dieser<br />

Zeit war Seibold der Prior von Otterberg. Daraufhin wurden die beiden<br />

Gemarkungsgrenzen der Gemeinde Erlenbach und des im Reichswald gelegenen<br />

Gehöfts mit numerierten Grenzsteinen abgemarkt, mit dem Hirtenstab und der<br />

Jahreszahl 1159 versehen.


11<br />

So steht es auch im Otterberger Urkundenbuch, das von Franz Xaver Remling 1<br />

zusammengestellt und erst kürzlich wieder neu aufgelegt wurde. Das Jahr 1159 ist<br />

wohl das Jahr, in dem Erlenbach das erste Mal urkundlich erwähnt wurde. Da<br />

damals Erlenbach zur Pfarrei Sambach gehörte und der Erzbischof von Mainz der<br />

Vorgesetzte des Pfarrers war, könnten eventuell noch ältere Urkunden im Mainzer<br />

Archiv schlummern.<br />

1173: Eine Überraschung: Erlenbach und der Gersweilerhof waren auch<br />

teilweise im Eigentum Degenhardts. Doch lesen wir nun die Übersetzung der<br />

Originalurkunde, die Martin Dolch & der inzwischen verstorbene Michael Münch<br />

1995 veröffentlichten: 2<br />

„Abt Stephan von Otterberg reklamierte für sein Kloster den eigentümlichen<br />

Besitz eines Hofgutes (predium) in Erlenbach (Erlebach), das der<br />

Reichministeriale Degenhardt, ein Sohn der Tante des Ausstellers, der bei<br />

seinem Eintritt in das Otterberger Kloster rechtkräftig Vermögen übertragen<br />

hatte. Nach fünf Jahren war er seinem unbeständigem Charakter und seiner<br />

Abneigung gegen die Strenge der Mönchsdisziplin erlegen und ins<br />

Konkurrenzkloster Enkenbach übergewechselt, dem er den (ehemaligen<br />

Erlenbacher) Besitz nochmals zu Unrecht übertragen hatte. Degenhards Bruder<br />

Arnold war daraufhin von seinem Onkel Brunicho verleitet worden, ebenfalls<br />

sein Gut in Alsenborn gegen das eigentlich doch Otterberg gehörige<br />

Erlenbacher Hofgut einzutauschen, wofür beide mit dem Kirchenbann belegt<br />

wurden. Nach einer Weile hartnäckiger Verweigerung hatte Arnold gegen eine<br />

Gabe von 2 Pfund Silber dem Kloster Otterberg den Besitz zurückgegeben, ihn<br />

aber erneut an sich gebracht, als er das Tauschgeschäft mit Enkenbach nicht<br />

rückgängig machen konnte. Dadurch verfiel er abermals dem Kirchenbann. Es<br />

ist aber danach ein Schiedstag in Rohrbach angesetzt worden, an dem die<br />

Edelleute Merbod, Wolfram vom Stein, Eberhard und Emmerich von<br />

Kreuznach (Crucenacha), Gottfried von Spiesheim und andere teilnahmen und<br />

nach langwierigen Verhandlungen folgenden Kompromiss fanden, dem der<br />

Abt von Otterberg zustimmte. Er zahlte an den vorgenannten Arnold weiter 8,<br />

also insgesamt 10 Pfund Silber, worauf dieser auf das strittige Gut in Erlenbach<br />

unter feierlichem Eid für sich und seine Erben verzichtete. Auch Arnolds<br />

Verwandte wurden entschädigt: Kuno von Gundheim und Eckbert von<br />

Lautern erhielten je 15 Schillinge. Eckberts Söhne Johann und Werner<br />

bekamen 10 Schillinge bzw. je ein Pferd.“<br />

1.2. Erlenbach kam im Jahr 1195 ganz unter die<br />

Otterberger Klosterverwaltung<br />

1195 Nach seiner langen Italienreise kam Kaiser Heinrich IV. 3 . im Herbst mit<br />

einem großen fürstlichen Gefolge nach Kaiserslautern. Er hielt hier seinen Hoftag<br />

1<br />

) Remling Franz Xaver, Urkundliche Gesichte der ehemaligen Klöster im jetzigen Rheinbayern, S.<br />

217<br />

2<br />

) Gerhard Kaller meint in seinem Buch, Degenhardt und Abt Stephan seien miteinander verwandt<br />

gewesen.<br />

3<br />

) Heinrich VI, * 1165 in Nimwegen: ist der Sohn Barbarossas, der 1190 auf dem dritten<br />

Kreuzzug mit 100.000 Rittern und Fußkämpfern auf dem Weg in das „Heilige Land“<br />

unterwegs war. Barbarossa nahm ein kühlendes Bad in dem Fluß Saleph in Anatolien und<br />

11


12<br />

12<br />

ab und blieb fast 3 Monate vor Ort. Hier traf er die wichtigen Reichsfürsten aus<br />

dem Südwesten und beriet sich mit ihnen. Gemäß der nachstehenden Urkunde<br />

wissen wir, wer damals unter anderem. hier war:<br />

• Erzbischof Johannes von Trier,<br />

• Bischof Wolfger von Passau,<br />

• Die Herzöge Konrad von Schwaben und Heinrich von Brabant,<br />

• Die Grafen Walram von Nassau & der Markgraf von Ancona (Italien)<br />

• Die Lautrer Burgverwalter: der Schenk Heinrich I. von Lautern und sein<br />

Bruder<br />

• Der 50 jährige Marschall Heinrich von Kalden, der 14 Jahre später am<br />

3.3.1209 den Mord an dem späteren König Philipp von Schwaben blutig<br />

rächte (siehe in der Ortschronik Erlenbach)<br />

Am 28. November unterschrieb Kaiser Heinrich IV.scher in seinem Schloß<br />

(Pfalz) zu Kaiserslautern eine wichtige Urkunde. Er stellte das Otterberger Kloster<br />

unter seinen persönlichen kaiserlichen Schutz und übertrug dem Kloster<br />

zusätzliche, weltliche Rechte, bis hin zur Zivilen und Öffentlichen<br />

Gerichtsbarkeit. Gemäß dieser Urkunde stellte er ganz Erlenbach unter die<br />

klösterliche Gesamt-Verwaltung, während natürlich etliche adelige und nicht<br />

adelige Familien noch dort wertvolles Eigentum hatten. Die königliche Urkunde<br />

listet den gesamten Klosterbesitz auf: Dazu gehörten 17 weit gestreute<br />

Besitzungen bis hinunter nach Hagenau im Elsaß. Der Kaiser & König drohte<br />

allen mit einer saftigen Strafe, die sein Wort und Anordnungen brechen würden.<br />

Die Urkunde spricht von der horrenden Geldstrafe von 30 Pfund Gold, die hälftig<br />

an das Kloster und an den kaiserlichen Kämmerer zu zahlen seien. Neben den<br />

oben genannten Staatsspitzen unterschrieb auch der stellvertretende Reichskanzler<br />

das Dokument # 21.<br />

1209: es war Ende März und König Otto IV. hielt sich mit seinem Hof in Speyer<br />

auf. In der Urkunde Nr. 28 steht: er wolle die Querelen zwischen dem Kloster<br />

Otterberg und seinen Getreuen, den Brüdern Merbod und Werner von Saulheim<br />

schlichten. Die Brüder hatten auf die Herrschaft ihrer vom Reich übertragenen<br />

Lehen über das Dorf Erlenbach und einiger Klosterhöfe verzichtet. Jedoch war<br />

es dem Kloster verboten worden, weiteren Grundbesitz in Erlenbach ohne<br />

Zustimmung der Saulheimer zu erwerben. Im Hinblick auf sein Seelenheil, nahm<br />

König Otto das Kloster jedoch unter seinen besonderen Schutz und Schirm.<br />

Zeugen waren Conrad III. von Scharfeneck und Speyer, königlicher Hofkanzler,<br />

Propst Sankt Mauritius von Mainz, Friedrich I. von Leiningen, Gebhard, Burggraf<br />

der Madenburg und Marschall Heinrich von Kalden. (Urkunde 28).<br />

1215, Rom, den 15 Oktober, im Lateran-Palast. Papst Innozenz III.. stellte den<br />

Abt Philipp und das Kloster Otterberg 4 unter seinen und des Heiligen Petrus<br />

Schutz. Er bestätigte alle bislang von Päpsten, Königen und Fürsten verliehenen<br />

ertrank. Vielleicht hatte ihn ein Schlag getroffen. 1191 zwang Heinrich den Papst Coelestin III<br />

ihn zum deutschen Kaiser zu wählen. Leopold von Österreich lieferte 1192 den englischen<br />

König Richard Löwenherz an Heinrich VI aus, der dann eine kurze Zeit auf dem Trifels<br />

einsaß. 1197 starb Heinrich VI in Messina, Todesursache Malaria. Sein kleiner Sohn Friedrich<br />

II. wurde viele Jahre (1220) später zum Kaiser gekrönt<br />

4 ) Das Zisterzienser Kloster war der Heiligen Gottesmutter und Jungfrau Maria geweiht.


13<br />

Rechte und Besitzungen. Die Urkunde N° 35 gilt unter anderem für die Orte<br />

Erlenbach, Messersbach, Ungenbach und Wirtschaftshöfe in Lautern. Er bezog<br />

darin alle zugehörigen Kulturlandformen und Nutzungsmöglichkeiten mit ein. Für<br />

diese Orte und Leute gewährte er allen die uneingeschränkte Zehntbefreiung für<br />

sämtliche selbst erzeugte Güter. Papst Innozenz III. erlaubte dem Otterberger<br />

Kloster, fremde Personen jeden Standes aufzunehmen, zu beherbergen, aber auch<br />

in die Klosterfamilie zu integrieren. Die eingeschworenen Mönche mussten ihrer<br />

Klosterfamilie treu bleiben. Herumziehenden (vagabundierenden) Mönchen blieb<br />

jedoch die Klosterpforte versperrt. Der Papst verbot der Otterberger<br />

Klosterführung Suspendierungen, Exkommunikationen oder Verbote, die im<br />

Zusammenhang von Geschäftsabschlüssen stünden. Das gleiche galt auch für die<br />

Bürger, die dem Kloster den Zehnten verweigerten. Rückwirkend erklärte er<br />

solche bisherigen Strafen für null und nichtig. Außerdem durfte das Kloster<br />

keinerlei Beugestrafen mehr gegen Spender und Wohltäter erlassen.<br />

Ein breiter Raum des Erlasses galt der Priester- und Mönchsweihe, vgl. Urkunde<br />

# 35 vom 15.10.1215.<br />

Innozenz III. verbot ausdrücklich jede Gewalttat auf dem Gebiet des Klosters.<br />

Die Urkunde nennt ausdrücklich Raub und Diebstahl, Brandstiftung,<br />

Blutvergießen, Körperverletzung, Freiheitsberaubung und Tötung 5 . → siehe<br />

Urkunde 194 vom 28.1.1255 des Papstes Alexander IV.<br />

Erlenbach gehörte mit seiner Kapelle St. Nicolaus bis 1190 6 zum Bezirk der<br />

katholischen Gemeinde Sambach und unterstand somit direkt dem Erzbischof von<br />

Mainz. Der Sambacher (= Santbacher) Pfarrer predigte in allen seinen Gemeinden<br />

und kassierte dafür sein Kirchgeld. Dann kam die Zäsur. Konkurrenz siedelte<br />

sich mit den Zisterziensern in Otterberg an und gruben durch ihren Einfluss dem<br />

Sambacher Pfarrer langsam das Wasser ab. Dagegen klagte der Sambacher<br />

Pfarrer Folknand und pochte auf alte Rechte, denn er sah seine Felle fort<br />

schwimmen. Aber die Welt und die Machtverhältnisse hatte sich grundlegend<br />

geändert. Die Könige, Kaiser und die Päpste hatten sich auf die Otterberger Seite<br />

gestellt. Da konnte es nur ein Urteil gegen den Pfarrer Folknand geben.<br />

1217: am 21. Oktober entschied dann der Propst Christian vom Dom St. Victor in<br />

Mainz den Streit zwischen der selbständigen Pfarrgemeinde Sambach und dem<br />

Kloster Otterberg. Es ging wie noch heute um Macht, Einfluss und Geld. Die<br />

Erlenbacher Gemarkung wurde geteilt. Die Grenzlinie verlief mitten durch den<br />

heutigen Wohnort Erlenbach. Grenzlinie war in etwa die heutige Landstraße<br />

L 382. Der westliche Teil mit der heutigen Weierstraße, Osterberg etc. verblieb<br />

beim Kirchensprengel Sambach, während das Gebiet auf der „Kapellenseite“ und<br />

deren Einwohner nach Otterberg gehörten 7 . Da die Erlenbacher östlich davon<br />

5 ) Diese Urkunde unterschrieben außerdem die Kardinäle Nicolaus von Tusculum, Guido von<br />

Palestina, Hugo von Ostia & Velletri, Benedict von Porto, Santa Rufina, die Kardinalpriester Cencio<br />

von San Lorenzo in Guala von San Martina, Titulus Equitii, die Kardinaldiakone Guido von San<br />

Nicolo in Carcere Tulliano, Gregor von San Theodoro, Ocatavian von Santi Sergio e Baccho,<br />

Johannes von Santi Cosma e Damiano, Petrus von Santa Maria in Aquiro. Datar: Thomas ,<br />

römischer Subdiakon und Notar sowie Elekt von Neapel.<br />

6 ) Die Kapelle St. Nicolaus stand auf dem Gelände der heutigen Grundschule. Dort war auch bis 1830 der<br />

Erlenbacher Friedhof. In jener Zeit entstand auch unser Siegel. Jedes der drei Tiere symbolisiert sein Dorf,<br />

Sambach und Otterburg (= Otterberg) lagen nördlich des silbernen Otterbaches und Erlenbach südlich<br />

davon!<br />

7 ) Grenze war der Erlenbach<br />

13


14<br />

14<br />

lebten, kassierte das Kloster Otterberg auch den Zehnten. Der Sambacher Pfarrer<br />

hieß Folknand 8 (Volmar). Dies steht in der Urkunde # 44. 9 In der Urkunde # 45<br />

bestätigen der Propst Hartmut von KL, der Lautrer Schultheiß Reinhard I. diese<br />

steuerliche Einflusslinie<br />

1217, aus der Urkunde # 45. Der Ritter Eberhard von Lautern bekundete, dass er<br />

zusammen mit seiner Ehefrau Catharina vor Arnold, dem Dekan des Mainzer<br />

Mariengnadenstiftes …. auf das zwischen ihm und dem Kloster Otterberg strittige<br />

Patronatsrecht der Pfarrei Sambach verzichtet hatte, nachdem ihm durch<br />

richterliches Urteil jedes Recht darauf abgesprochen worden war. Der Aussteller<br />

(Eberhard) erkannte ausdrücklich als Grenzlinie zwischen den Pfarrsprengeln von<br />

Sambach und Erlenbach den Erlenbach an. Auf der Ostseite (heutige<br />

Erlenbacher Straße) wo die Erlenbacher Kapelle 10 steht, hatten er und die<br />

Sambacher Kirche keinerlei Rechte und Ansprüche. Eberhard hatte<br />

entsprechende Grenzsteine setzen lassen. Zeugen waren Propst Hartmut von<br />

Lauter, Volmar, der Pfarrer 11 von Sambach), Schulheiß Reinhard I. von Lautern<br />

und zahlreiche andere Personen (vergleiche Urkunde N° 44 oben)<br />

1218 Ritter Eberhard 12 , genannt der Radekopf, schenkte zusammen mit seiner<br />

Frau Catharina und im Einverständnis mit seinem Sohn Arnold II dem Kloster<br />

Otterberg Land, das auf der Gemarkung Erlenbach lag. Damit verzichteten sie<br />

einvernehmlich auf jegliche Ansprüche auf das Patronat der Pfarrkirche von<br />

Sambach und auf die Hälfte der Zehntzahlung des Dorfes Erlenbach auf der<br />

Otterberger Bachseite. Es handelte sich dabei um das Geländestück >Weiler<<br />

nördlich (jenseits vom Otterbach), dass beim Reifen-Broschart gelegen war 13 .<br />

Eberhard und seine Ehefrau siegelten diese Urkunde. Zeugen waren der Pfarrer<br />

Vollmar von Sambach, Lauterer Kanoniker, Ritter Peter, Hartmut der Münzer,<br />

Waldemar der Bäcker und Albero der Steinmetz<br />

1219 König Friedrich II. 14 bestätigte die bisherigen Otterberger Rechte 15 . Er<br />

bestätigte auch die von dem Übergangs-König Otto IV in 1209 eingeräumten<br />

Vorteile (vgl. 8.12. Wieder von Waldrechten & Streit in Erlenbach). Welche<br />

genaue Zuständigkeit diese wohl hatte, entzieht sich unseren Kenntnissen;<br />

wahrscheinlich gehörte sie zur niederen Gerichtsbarkeit. Der Otterberger Abt<br />

Johann bestimmte die sechs Beisitzer. Wichtiger für uns sind die für Erlenbach<br />

eingeräumten Holz und Weiderechte in der Waldmark (= heutiger Staatswald).<br />

Am 25. April 1225 weilte der Kaisersohn, der 14 jährige König Heinrich VII in<br />

Kaiserslautern. Der Otterberger Abt versäumte es nicht, seinem jungen König die<br />

Huldigung auszusprechen. Taktisch klug sprach der Abt den König auf die alten<br />

8 ) Folknands Nachfolger wurde Pfarrer Werner<br />

9 ) siehe auch Urkunde N° 45,<br />

10 ) Liebe Leser, Erlenbach hatte eine Kapelle. Sie hatte auf dem Gelände der heutigen Grundschule<br />

gestanden war umgeben vom Gottesacker. Diese Kapelle ging im 30jährigen Krieg unter!<br />

11 ) Laut Urkunde 47 war vor 1218 in Sambach Pfarrer Werner tätig, danach Pfarrer Vollmar auch (Folknand)<br />

12 ) Sein Enkel Arnold IV übertrug 1275 durch die Urkunde 305 Rechte auf das Kloster Otterberg<br />

13 ) 1823 gaunerte der „Oberbürgermeister Otterbergs Raquet“ mit Hilfe des königlich bayerischen<br />

Geometers Philipp August Lencké 6 Hektar Land den Erlenbachern ab. Dafür durfte Lencké am<br />

11. Januar 1825 die wunderschöne Tochter des Oberbürgermeisters Catharina Margaretha Raquet<br />

heiraten und kassierte eine nicht unbedeutende Mitgift 13 . Das Eheglück dauerte nur ein Jahr. Die<br />

junge Ehefrau starb ein Jahr später in Speyer.<br />

14 ) Friedrich II. wurde 1220 zum Deutschen Kaiser gekrönt!<br />

15 ) Gerhard Kaller benennt in seinem Buch, S. 320 auch den Gersweiler-Zehnt .


15<br />

Holz- und Weiderechte im Königswald an, von dem der König in ganz<br />

Mitteleuropa ja doch so viel hatte. Für Heinrich waren das Peanuts, aber für die<br />

Erlenbacher waren es wichtige und geldwerte Rechte, die auch noch heute<br />

gelten!<br />

1253: Der 4. August war ein Sommertag. Wieder ging es um ein<br />

Immobiliengeschäft. Der Steinmetzmeister Volkmar und seine Gattin Agnes<br />

hatten auf dem Gersweilerhof Grundbesitz, den sie sehr preiswert für 30 Pfund<br />

Wormser Pfennige an das Kloster Otterberg verkauften, eigentlich eher<br />

verschenkten, da sie sich dadurch ihr himmlisches Seelenheil versprachen. Abt<br />

Walthelm handelte für das Kloster Otterberg. Da der Konvent der Nonnen -<br />

Prämonstratenser Ordens in Enkenbach Eigentumsrechte am Gersweilerhof<br />

geltend machen konnte, musste der Probst Otto von Enkenbach zustimmen.<br />

Deshalb bat er um die Zustimmung seines Mutterhauses in Dreisen, das noch<br />

jahrhundertelang Münsterdreisen hieß Es war ja ein schöner Sommertag<br />

gewesen und der Abt von Münsterdreisen ließ es sich nicht nehmen, ins Nahe<br />

Otterberg sich zu begeben. Er gab seine Zustimmung persönlich ab und konnte<br />

seine Amtskollegen mal wieder sehen. Der Kaufakt wurde feierlich vor dem<br />

Hauptportal der Otterberger Pfarrkirche vollzogen. Frau Agnes bekräftigte vor der<br />

versammelten Bevölkerung und der hohen Geistlichkeit ihren Verzicht. Danach<br />

beurkundeten und siegelten die Vertragsparteien den Verkauf. (Urkunde 176,<br />

Ausstellungsort: Gersweilerhof)<br />

1.3. Die Schallbrunner Weiher<br />

1300: Die rheinischen Kurfürsten trafen sich am 1.10.1300 in Niederheimbach<br />

bei Bingen und schlossen sich mit der Reichsvogtei Schwaben zum Kurverein<br />

zusammen, um Albrecht abzusetzen. Dabei war natürlich Rudolf der Stammler,<br />

der es natürlich sofort bei Albrecht verschissen hatte. Albrecht ging zuerst gegen<br />

den Stammler vor, dann belagerte er 1302 den Intriganten Gerhard II. in Bingen.<br />

Dann war der Erzbischof von Köln dran, der widerrechtlich Zölle erhoben und<br />

sich Reichsgut unter den Nagel gerissen hatte. In diesem Kampf hatten die<br />

Reichsstädte Kaiserslautern, Speyer, Worms und Annweiler König Albrecht<br />

machtvoll unterstützt.<br />

1301: Nachdem Pfalzgraf Rudolf sich wieder gegen König Albrecht gestellt<br />

hatte, begann sein politischer und wirtschaftlicher Abstieg. Albrecht favorisierte<br />

nun Rudolfs jüngeren Bruder Ludwig den Bayern. Ihn unterstützte er, damit<br />

Ludwig 1301 sich die Beteiligung an der Regierung der oberbayerischen-<br />

pfälzischen Stammlande erkämpfen konnte. Damit war der Familienfrieden im<br />

Hause Wittelsbach vorbei. Nach dem Tod Albrechts erfolgte 1310 die scheinbar<br />

friedliche Teilung des väterlichen Erbe, aber der Kampf mündete 1313 in einen<br />

offenen Krieg, den Ludwig durch die Schlacht bei Gammersdorf ( 9.11.1313) zu<br />

seinen Gunsten entschied. Die Fronten waren geklärt. Rudolf der Stammler<br />

stimmte bei der Königswahl für Friedrich und somit gegen seinen Bruder<br />

Ludwig.<br />

1302: Mit Philipps Hilfe konnte Albrecht bis Ende 1302 die vier rheinischen<br />

Kurfürsten unterwerfen, die sich gegen ihn erhoben hatten. Angesichts dieses<br />

15


16<br />

16<br />

Sieges kam es auch zum Umschwung in der Politik von Papst Bonifaz VIII., der<br />

gedroht hatte, dem Deutschen Reich die Kaiserwürde zu entziehen. Aber als<br />

Albrecht die Freundschaft mit König Philipp aufkündigte, erkannte er am<br />

30.4.1303 Albrechts Königtum erkannte und versprach die Kaiserkrönung. Treue<br />

und Dankbarkeit sind vielleicht menschliche Tugenden, aber politisch sind dies<br />

Fremdworte. So drehte sich Albrecht um 180 Grad und akzeptierte den Papst als<br />

neuen Verbündeten. Den vor den Gesandten dem Papst gegenüber geleisteten<br />

Gehorsamseid erneuerte der König Albrecht am 13.7.1303 (Const. 4, Nr. 181);<br />

der Eid besiegelte vorläufig einen Sieg des Papsttums im Kampf um die<br />

Vorherrschaft.<br />

1303: Die Stadt 16 Kaiserslautern hatte 1298 Albrecht in seinem Kampf um die<br />

Königskrone gegen Adolf von Nassau massiv unterstützt. Auch 1302 war die<br />

Stadt auf der Seite des Königs gewesen. Das Dankeschön König Albrecht I war<br />

königlich und konnte sich wahrlich sehen lassen. Er schenkte der Stadt<br />

Kaiserslautern 1.900 Hektar Wald, der südwestlich angrenzt. Es ist das schöne<br />

Waldgebiet zwischen dem Bremer- und dem Aschbacherhof. Noch heute ist er<br />

mit seinen alten Eichen- und Buchenbeständen stolzer Teil des Stadtwaldes.<br />

Dieses großherzige Geschenk machte jedoch die Lauterer Stadträte blind für<br />

fremde, berechtigte Rechtsansprüche. Sie glaubten den König Albrecht I auf<br />

ihrer Seite. (Hintergrund im Anhang).<br />

1306 Frankfurt, den 7ten Juni. Der Streit um die Weiher im Schallbrunnertal<br />

zwischen dem Kloster Otterberg und der Stadt Kaiserslautern eskalierte. Die<br />

beiden Streithähne suchten den Schlichtungsspruch durch König Albrecht I..<br />

Seine Juristen hatten den Fall vorbereitet und Albrecht hatte die Parteien zum<br />

Gespräch nach Frankfurt geladen. Jeder trug seine Meinung vor. Danach beriet<br />

sich Albrecht mit den anwesenden Fürsten und seinen Gefolgsleuten. Es erging<br />

folgender Schiedsspruch: Das Kloster Otterberg wurde wieder in seine alt<br />

hergebrachten Rechte eingesetzt. Kaiserslautern musste die beiden Fischweiher<br />

wieder auf seine Kosten Instand setzen. Am 20. Juni 1306 waren die Vertreter<br />

der Stadt Kaiserslautern wieder zurück und der Stadtrat tagte unverzüglich.<br />

Einstimmig nahmen sie den Frankfurter Vergleich an.Als Zeichen ihrer<br />

Zustimmung erhielt die Frankfurter Urkunde das Stadtsiegel angehängt.<br />

(Urkunde 518). Der Rat wurde eindringlich verpflichtet, das Eigentumsrecht der<br />

Otterberger zu achten. Zum Ausgleich des erlittenen Schadens erhielt das<br />

Kloster Otterberg das Recht, in seinen beiden unterkellerten Häusern in<br />

Kaiserslautern abwechselnd Wein auszuschenken, ohne dafür mit Ohmgeld<br />

besteuert zu werden. Dies war bis 1793 eine wichtige Einnahmequelle einer<br />

Gemeinde. Als Gegenleistung hoben die Mönche die Exkommunikationen der<br />

Lauterer Bürger auf und zwar ohne dass den Bürgern dadurch weiterer Schaden<br />

entstand. Wer den Spruch des Königs missachtete, dem wurde der Huldverlust<br />

angedroht. (Urkunde 517) Im Jahr 1528 trat der Streit wieder offen zu Tage. In<br />

der Urkunde 345, Band III. des Urkundenbuches nach zu lesen (S. 296)<br />

16 ) 1276 war wegen der innenpolitischen Machtverhältnise die feierliche Erteilung der Stadtrechte durch<br />

König Rudolf von Habsburg ein zwangsläufiger Rechtsakt. Die Vertreter Kaiserslauterns reisten im<br />

August zum Hoftag nach Worms, wo ihnen der König Rudolf am 18. August 1276 die Urkunde mit<br />

den wertvollen Stadtrechten für Kaiserslautern aushändigte. Kl war nun die 3. Stadt in der Pfalz,<br />

nebern Speyer und Annweiler.


17<br />

1324 am 3. Februar tagte das große Königsgericht in der Burg von Lautern.<br />

Vorsitzender war Nicolaus von Kindenheim, gleichzeitig Schultheiß des<br />

Bezirkes. Wegen der Wichtigkeit des Falles hatte er über 20 adelige Beisitzer<br />

eingeladen. Es ging um Zuständigkeit der Gerichte. Es stritten sich einerseits die<br />

Gräfin von Sponheim und andererseits die Klostervorstände von St. Maria<br />

Otterberg und das Lautrer Prämonstratenser Kloster. Das Urteil war ein<br />

weiser Kompromiss:<br />

1. Morlautern unterstand weiterhin wie von altersher der Gerichtsbarkeit in<br />

Kaiserslautern und<br />

2. Erlenbach gehörte in die Zuständigkeit Otterbergs, wie es schon seit 130<br />

Jahren Tradition war.<br />

3. Wurde jedoch ein Dieb oder sonstiger Schwerverbrecher in Morlautern,<br />

Otterberg, Erlenbach aufgegriffen, so fiel er in die Zuständigkeit des<br />

Burggerichtes Lautern. Das gleiche galt für Frevel, die „zwischen den<br />

Wagenspuren“ begangen wurden. (Urkunde 620).Auch wenn ein Dieb in<br />

den beiden Gerichtsbezirken ergriffen wird, soll der Schultheiß zu<br />

Lautern den Fall übernehmen 17<br />

1.4. Der Gersweilerhof im Reichswald<br />

Das Gersweilerhof ist wohl wahrscheinlich genauso alt wie Erlenbach. Fremde<br />

nannten diese Siedlung, den Weiler nach der dort wohnenden Familie Ger, Geer.<br />

Also bedeutet es Weiler des Geri (Ger = Speer) Dies war wohl eine<br />

kämpferische Sippe. Es ist nicht verwunderlich, denn die kleine Gemeinde musste<br />

wehrhaft sein. Denn die Gefahren waren groß. Im Wald lebten zu dieser Zeit<br />

Luchse, Bären und starke Rudel von Wölfen und die stete Bedrohung durch<br />

Verbrecherbanden war immens.<br />

Der Gersweilerhof lag und liegt wie eine Insel im Reichswald. Im Dreieck<br />

zwischen den Lochwiesen und dem Schallbrunner Tal am südlichen Ausläufer<br />

des Gersweilerkopfes sind die Überreste einer kleinen Burganlage mit einem<br />

Durchmesser von 15 Metern zu sehen. Hie und da ragen aus dem Waldboden<br />

Sandsteine hervor, die trotz Verwitterung noch ihre Bearbeitung durch den<br />

Steinmetz erkennen lassen. Karl Scherer schreibt in seinem Aufsatz, in vielen<br />

Mauern Erlenbachs und des Gersweilerhofes seien Hausteine und Quader<br />

eingearbeitet worden, die ihre Zweitverwendung nicht verleugnen könnten. Diese<br />

kleine Befestigungsanlage lag ideal und beschützte sowohl den Weg nach<br />

Baalborn und nach Enkenbach-Alsenborn. Über das Alter und Aussehen können<br />

wir nur spekulieren. Karl Scherer ist der Meinung, die Anlage sei vor 1135<br />

entstanden. Exakte Grabungen und die wissenschaftliche Auswertungen der<br />

Funde könnten uns genauere Erkenntnisse gewinnen lassen.<br />

Zu unserer Gemarkung des Gersweilerhofes gehören in Richtung Osten die<br />

großen staatlichen Waldflächen „Kohlplatte und der Gersweilerkopf“ Auf der<br />

Insel entstand Privateigentum für die wenigen Häuser einschließlich kleiner<br />

Gartengrundstücke, die eng und verwinkelt zueinander standen 18 . Die Bewohner<br />

17 ) Urkundenbuch der Stadt Kaiserslautern, # 11, Seite 44, Kaiserslautern 1998<br />

18 ) Die alte Bebauung ist aus der Gemarkungskarte von 1830 ersichtlich, die beim Staatlichen<br />

Vermessungsamt in Kaiserslautern aufbewahrt wird. Noch aussagekräftiger sind die alten<br />

17


18<br />

18<br />

betrieben vor allem eine Weidewirtschaft in den mageren Lochwiesen und<br />

Brunnenwiesen. Zwischen beiden liegen auf einem sanften Hügel die<br />

Viehweiden „an den Birken“, die auch noch heute im Sommer die natürliche<br />

Geburtsstation von bis zu 30 Kälbern sind, die von ihren Müttern liebevoll<br />

umhegt und umpflegt werden. Unten im Hagelgrund, östlich der heutigen K 9<br />

sind die Nasswiesen Taubert.<br />

Der spätere Forstdirektor Johann Keiper sichtete in Vorbereitung seiner<br />

Examensarbeit in 1895 sämtliche verfügbare Urkunden, die bis ins Jahr 1195<br />

zurückreichen. Aufgrund seiner Recherche kommt er zu folgendem Urteil:<br />

„Die einer Gemeinde verliehene Waldberechtigung (Waldrechte) umfasst<br />

als Realservitut (natürliche Grunddienstbarkeit) - sowohl nach<br />

altgermanischem als auch nach französischem Recht - die Kooperation der<br />

Stadt oder des Dorfes, das Gebiet oder den Bann derselben, sowie die der<br />

Stadt oder dem Dorfe angehörigen Bürger und Bewohner. Es haben daher<br />

alle in diesem Gebiete oder Banne zur Zeit der Verleihung der Realservitut<br />

angesiedelten oder später in demselben ansässigen Bürger an den<br />

Erträgnissen und sonstigen Vorteilen dieser Servitut zu partizipieren“ 19<br />

Nachstehend sind die diversen Rechtsansprüche dargestellt, die sich zum Teil auf<br />

kaiserliche und päpstliche Urkunden stützen.<br />

Handskizzen auf DIN A4 Größe. Sie stellen für jeweils ein oder wenige Häuser die Bebauung<br />

mit den dazugehörigen Gärten dar. Die Häuser stehen so eng beieinander, wie Schafe, wenn sie<br />

bedroht werden. Man könnte daraus schließen, dass dies aus Verteidigungsgründen geschah!<br />

19 ) Servitut = Dienstbarkeit, Bann = Gemarkung, partizipieren = teilhaben


19<br />

Der Gersweilerhof, Blickrichtung Osten<br />

1.5. Der enterbte Siegfried klagte in 1221<br />

1216: Bertold vom Gersweilerhof besaß mit seinen beiden Neffen Bertolf und<br />

Brunicho und ihren drei Ehefrauen Eigentum auf dem Gersweilerhof, den sie für<br />

8 Pfund dem Kloster Otterberg verkauft hatten. Bei der förmlichen<br />

Verzichterklärung in Bockenheim hätten sie weitere 13 Pfund erhalten, von denen<br />

er acht und die beiden Neffen fünf erhalten hatten. Die Ehefrauen hätten danach<br />

einzeln das Kloster aufgesucht und dort ihre Verzichterklärungen abgegeben. Dies<br />

teilte Bertold dem Wormser Dompropst Nibelung mit (Akt # 38).<br />

19


20<br />

20<br />

In der nächsten Urkunde # 39 beurkundete Graf Friedrich II. von Leiningen<br />

nochmals obigen Verkauf. Bertold erklärte ausdrücklich, er hatte den Besitz auf<br />

dem Gersweiler Hof von seinem Neffen Bertolf dem Roten gekauft und hätte ihn<br />

mehrere Jahre besessen. Mit Zustimmung und Willen seiner beiden Neffen und<br />

zusammen mit seinem restlichen Besitz habe er dieses Eigentum dem Kloster<br />

verkauft. Diesen Akt bezeugten Raugraf Gerhard, Friedrich von Frankenstein und<br />

Kuno Kermülen von Dürkheim. → siehe den Streit vom 25.3.1221.<br />

1221: 25. März: Inzwischen war Friedrich II. deutscher Kaiser. Der für<br />

Kaiserslautern zuständige Richter und Beamte war Werner III von Bolanden.<br />

Ihm lag die Klage Siegfrieds vor, der Sohn des inzwischen verstorbenen Bertolfs<br />

des Roten war. Er focht die Übertragungen von 1216 an und wollte Geld sehen.<br />

Der Richter prüfte mit seinen Beisitzern die Urkunden von 1216 und sie hörten<br />

die noch lebenden Zeugen von damals an. Die Rechtslage war klar und eindeutig.<br />

Der ehemalige Familienbesitz gehörte zu Recht dem Kloster. Werner wies die<br />

Klage ab! (Urkunde 70) → siehe oben die beiden Urkunden von 1216<br />

1.6. Die Bewohner Erlenbachs vor 1400<br />

Pfarrer Volmar von Sambach unterschrieb die Urkunde von 1360. Kann man<br />

daraus schließen, dass Erlenbach, Otterbach und Sambach zu dieser Zeit ein<br />

Kirchenspiel bildeten? Interessant sind auch die Erlenbacher Zeugen, die die<br />

diversen Schenkungsurkunden # 384 & 773 unterschrieben. Dies waren:<br />

Bertold und Brunicho vom Gersweilerhof, 1216 (Akt 38)<br />

Gerlach von Erlenbach, um 1285 (Akt 384)<br />

Richwin, Geschworener in Erlenbach 1285, (Akt 384)<br />

Heinrich, Richwins Onkel, 1285 (Akt 384)<br />

Ludwig der Steinmetz, 1285 (Akt 384)<br />

Erlenbachs Schultheiß Wenzo Scharte, 1360,<br />

Laut der Urkunde # 773 lebten im Jahr 1360 in Erlenbach<br />

Heinz Crukenbecher, 1360<br />

Hennichen Hermbach (eventuell Herbach), 1360<br />

der Kaufmann Jacob Lambrecht, 1360<br />

Henzo Quidersbecher, 1360<br />

Balzo der Hofmann und 1360<br />

Hennichen (Heinrich) Lockmanns Sohn. 1360.<br />

Aus der Aufstellung ist ersichtlich, dass es 1285 in Erlenbach noch keine<br />

Familiennamen gab!


21<br />

1442: lebte in Erlenbach der Henne von Erlenbach. Er war Mitglied des Lauterer<br />

Stadtrates. In dem Protokoll des Zivilprozesses gegen Geilbrecht wird er genannt<br />

„geseß im alten Rat“. 20<br />

1.7. Vertrag über die Erlenbacher Waldnutzung<br />

1356: begann die Regierungszeit des ersten Kurfürsten Ruprecht I., genannt<br />

der Alte. Er regierte bis 1390. Die zweite Hälfte des 14. Jahrhunderts war<br />

hektisch und keineswegs friedlich. Nicht umsonst bauten auch kleinste Städte<br />

Stadtmauern um sich herum. Auch die Dörfer brauchten Sicherheit. Sie stellten<br />

die Häuser sehr eng und verwinkelt zueinander, damit sich die Bewohner gegen<br />

wenige Angreifer wehrhaft gut verteidigen konnten. Diese Strategie erkennen wir<br />

auf dem Gersweilerhof und der alten Bebauung Erlenbachs rings um die<br />

Ringstraße herum.<br />

1367: Zwischen Erlenbach und dem Kloster Otterberg kam es regelmäßig zu<br />

Streitigkeiten wegen der Nutzung des Staatswaldes, damals wurde er Stiftswald<br />

genannt. Der Erlenbacher Schultheiß schloss mit dem Kloster Otterberg einen<br />

Vergleich 21 , der zudem 1391 vom Kurfürst Ruprecht II., genannt der Harte<br />

bestätigt wurde. Sein Onkel hatte den Neffen in die Regierungsgeschäfte<br />

eingearbeitet und ihn 20 Jahre lang bis zu seinem Tod mitregieren lassen 22 .<br />

1.8. Wooge & Fischereirechte um 1388<br />

Erlenbach war reich an Fischteichen. Auf den alten Karten des ausgehenden<br />

Mittelalters sehen wir allein im Tal des Erlenbachs (heute entlang der Landstraße<br />

382) zwei große Wasserflächen. Die Fischweiher waren oberhalb des<br />

Welchentals und mindestes drei stehende Gewässer waren Tal abwärts bis zur<br />

Hasendelle angelegt. Es müssen mindestens drei gewesen sein, denn das Tal fällt<br />

steil ab und lässt nur bei einem sehr hohen Dammbau einen großen See zu. Dies<br />

erkennt man heute noch am ehemaligen Uferverlauf und den Resten der früheren<br />

Dämme.<br />

Diese Weiher waren wichtig und wertvoll für die Ernährung. Wieso? Im<br />

Gegensatz zu heute, aß man früher gerne und leidenschaftlich Fisch. Egal, ob er<br />

gegart oder gebacken war. Eine Delikatesse, frisch aus dem Wasser. Besonders in<br />

der Fastenzeit und an den Abstinenztagen Mittwoch, Freitag und Samstag.<br />

20<br />

) Dolch Martin & Münch Michael, Das Lauterer Gericht und sein Speyerer Oberhof, Speyer 1996,<br />

Seite 160<br />

21<br />

) So steht es in der Entscheidung des Präfekten Rudler des Donnersbergkreises von 1806. Recht<br />

ist Recht, egal ob der Landesherr ein Kloster, die französische Republik, das Königreich<br />

Bayern oder das Land Rheinland-Pfalz Eigentümer ist.<br />

22<br />

) Als Literatur zu Ruprecht II empfehle ich Probst Hansjörg, die Pfalz als historischer Begriff,<br />

Mannheim 1984, S. 25 ff.<br />

21


22<br />

22<br />

Außerdem kamen Fleisch und Wurst nur selten und nur nach dem herbstlichen<br />

Schlachtfest auf den Tisch. Deshalb pflegten die Höferer und Erlenbacher ihre<br />

Weiher. Sie waren zwar stehende Gewässer, aber keine stinkende Pfuhllöcher. Im<br />

Gegenteil, permanent lief Frischwasser aus den Bächen oder Brunnen zu. (In der<br />

Urkarte des Katasteramtes von 1830 sind der Schlangenwoog im Hagelgrund, die<br />

zwei Weiher des Schallbrunnens, der Ketzenwoog im Appental und der<br />

Sandwallweiher eingezeichnet. 1830 existierten nicht mehr die Weiher im Tal<br />

des Erlenbachs und der Krehbach. Nach Gründung der Feuerwehr in 1881 spricht<br />

manches dafür, dass in der heutigen Weiherstraße ein Löschteich angelegt wurde).<br />

1388: 30. Juni Von alters her, wusste jeder, Raubbau tötet die Lebensgrundlage.<br />

Deshalb galten jahrtausend alte Regelungen, die in der Urkunde 339 im<br />

Urkundenbuch der Stadt Kaiserslautern vom 30.6.1388 als Fischereigesetz<br />

formuliert sind: Sie basieren auf dem im Reich gültigen Fischereirecht. Darin<br />

steht:<br />

1. Alle Fischer dürfen nur zwischen Ostern und Bartholomä (24. August) an<br />

allen Fasten- und Abstinenztagen fischen. Unterschiedliche<br />

Maschengrößen waren vorgeschrieben, so dass kleine, junge Fische<br />

verschont blieben. Fangen war von nachmittags 15 Uhr bis zum nächsten<br />

Tag erlaubt. Bei Verstößen galt die Strafe von bis zu 30 Schillingen.<br />

2. Zwischen dem 24. August und Ostern durfte jeder Fischer nur 10 Hechte<br />

angeln.<br />

Zur Laichzeit war das Fischen verboten. Während des ganzen Jahres durfte nicht<br />

auf das Wasser geschlagen (gepletscht) werden, um die Fische ins Netz zu treiben.<br />

Jungfische sollten in Fischbecken nachgezogen werden<br />

1.9. Verträge über Schweinemast (1417) und<br />

Gutsverkäufe in 1437<br />

1415: 4. Januar. Herr Müller war Schultheiß in Erlenbach. Gleichzeitig hatte er<br />

die Funktion eines Richters und Notars inne. Vor ihm saß Henn (Henrich) Grau,<br />

der folgende Vermögensregelung veranlasste: Er überließ all seine Güter zu<br />

Erlenbach mit Hand und Halm dem Abt und Konvent des Kloster Otterberg. Er<br />

sollte aber aus Gnade und Freundschaft weiterhin die Hälfte des Pachtzinses<br />

erhalten, der ab dem Frühjahr von den Pächtern Henrich Wolf und Klas (Klaus)<br />

Gruicker von Erlenbach gezahlt wurde. Auf Bitten des Gerichts und des<br />

Schultheißen siegelte der Edelknecht Dirolf, der Schultheiß von Kaiserslautern<br />

die Urkunde 23 .<br />

1417:. Donnerstag nach Allerheiligen war Kurfürst Ludwig 24 III der Bärtige 25<br />

in Kaiserslautern und schaute nach dem Rechten. Er entschied bezüglich der<br />

Schweinemast: „gibt es Eicheln oder Buchenmastung im Reichswald, so mag ein<br />

23 ) Die Urkunde ist auf Pergament geschrieben und liegt im Landesarchiv Speyer. A1/ 1887, Quelle<br />

Urkundenbuch der Stadt KL, Bd. II, S. 409<br />

24 ) 1356: Das Recht zur Königwahl übertrug Kaiser Karl IV in der berühmten Reichsverfassung<br />

„die Goldene Bulle“ auf die Rheinische Pfalzgrafschaft, später genannt die Kurpfalz. Der erste<br />

Kurfürst wurde Ruprecht I. Er lebte von 1309 – 1390. Er hatte den Beinamen der Alte<br />

25 ) Kurfürst Ludwig III., genannt der Bärtige, lebte von 1378 - 1436. Ab 1410 war er Kurfürst!


23<br />

jeder, sey er aus Lautern oder aus den drei Kirchspielen Ramstein, Weilerbach<br />

und Steinwenden und was dazu gehört, seine Schweine drei Tag vor und nach<br />

Michaelis (29. September) in den Wald treiben, jedoch ohne dass sie Schaden tun<br />

und müsse dann von einem selbst gezogenem oder gekauften Schwein, das im<br />

Haus geschlachtet werde, drei alte Heller, von einem anderen, das er verkauft 13<br />

Währungs- oder gute Heller entrichten 26 :<br />

1437: Gerhard Kaller sah bereits für dieses Jahr die finanziellen Verhältnisse des<br />

Klosters als zerrüttet an. Dennoch gelang es nochmals dem Klostervorstand für<br />

den Kauf eines Gutes in Erlenbach 16 ½ Pfund Heller aufzubringen (Kaller,<br />

Band I. S. 105). Es ist die Regierungszeit des fünften Kurfürsten Ludwig IV.<br />

(1436 – 1449), die wie jede Zeit von innenpolitischen und außenpolitischen<br />

blutigen Fehden und Kriegen bestimmt war.<br />

25.5.1444 Seit langem schwelte schon der Konflikt zwischen dem Abt Conrad<br />

von Otterberg und dem Propst Johann German von Lautern. Es ging um die<br />

Gemarkungsgrenzen zwischen Morlautern und Erlenbach. Beide Seiten stritten<br />

darum, ob die Grenzsteine richtig säßen. Der Propst konnte durch den Lehensbrief<br />

vom 23.1.1339 und den Revers vom 8.11.1427 seine Morlauterer Ansprüche<br />

beweisen. Demnach stand KL ¼ und dem Kloster Otterberg ¾ des Frucht- und<br />

des kleinen Zehnten zu. 1601: der Zehnte zu Erlenbach auf der einen Seite (der<br />

Welchental-er genannt), fällt zum vierten Teil ins Stift Lautern, die übrigen drei<br />

Teile dem Kloster Otterberg. Auf der anderen Seite, der Gersweiler Zehnte<br />

genannt, fällt ganz und gar in die Pflegschaft Otterberg.<br />

1444: Der Französische König war auf dem Kriegszug und bedrohte die<br />

westlichen Teile des Deutschen Reiches. Die reichsfreie und mächtige Stadt<br />

Frankfurt war sehr besorgt und schrieb den Bürgermeister und den Rat der Stadt<br />

Lauterns an und bat um Informationen. Am Mittwoch den 23. September 1444<br />

antwortete der Stadtschreiber Wilhelm im Auftrag und Namens des<br />

Bürgermeisters und des KL Stadtrates. Er schreibt: „Ihr lieben Freunde, wir haben<br />

vernommen, dass der König von Frankreich mit großer Menge (Soldaten) im<br />

Lande von Lothringen, Nancy, Marsal und Dieuze liegt. Uns ereilten treffliche<br />

und große Warnungen, dass er willens sei, uns mit Krieg zu überziehen. Und dass<br />

dieses Volk weder Kirchen, noch Klausen, geistliche oder weltliche Personen,<br />

Frauen oder Mädchen verschonten“. Und unser Herr Friedrich von Flörsheim,<br />

Ritter und unser Amtmann sagte, er sei von unserem Gnädigen Herrn, dem<br />

Herzog Ludwig, Pfalzgraf beschieden worden, zum König von Frankreich zu<br />

reiten, um Informationen über seine Absichten zu erhalten.. (Urkunde 617,<br />

Urkundenbuch der Stadt KL, 1998, S. 458 ff, basierend auf Frankfurter Original<br />

Unterlagen).<br />

1.10. Schlacht von 1455 & Gerichtsreform von 1467<br />

1455 Die außenpolitischen Streitigkeiten wechselten sich mit Kriegen und<br />

Fehden in der Pfalz ab, die natürlich die armen Schlucker an den Rand ihrer<br />

Existenz drängten. Im Fehdebrief Friedrichs des Siegreichen an Herzog<br />

Ludwig den Schwarzen vom 3.7.1455 nennt der Kurfürst den Schaden, den die<br />

Zweibrücker um Lautern angerichtet hatten. „Eickhart Arzt berichtet aus dem<br />

Krieg des Kurfürsten Friedrich I. des Siegreichen gegen Herzog Ludwig den<br />

26 ) Johann Keiper, Der Reichswald bei Kaiserslautern, Kaiserslautern, 1895, S. 60<br />

23


24<br />

24<br />

Schwarzen Zweibrücken und gegen den Grafen von Veldenz. Herzog Ludwig sei<br />

mit 1.000 Berittenen und 2.000 Mann Fußtruppen in das Königsreich bei Lautern<br />

eingefallen. Er habe 23 Dörfer verbrannt und einen großen Woog abgegraben. Am<br />

15.9.1455 (Montag nach dem Heiligen Kreuz Tag) erfolgte aus Lautern über die<br />

Grenzen des Reichslandes heraus der Gegenangriff mit 700 Reitern und ebenso<br />

vielen Fußsoldaten. Drei zweibrückische Dörfer seien geplündert und zerstört<br />

worden. Wilhelm von Lützelstein, der mit 200 veldenzschen Reitern bei<br />

Lauterecken stand, erhielt Verstärkung aus Zweibrücken. So konnte er über 400<br />

Reiter, darunter 60 Panzerreiter verfügen. 1 ½ Meilen vor Kaiserslautern (wohl<br />

auf dem Bergrücken zwischen den Husarenäckern und dem Schlachtenturm) kam<br />

es zu einem Gemetzel, den die Zweibrücker gewannen. Außerdem nahmen sie<br />

130 Fußknechte und 4 Reiter gefangen. Die zweibrückische Lösegeldforderung<br />

belief sich auf 4.000 Gulden für die 134 Mann. (Urkundenbuch, III, S. 92 ff.)<br />

1467) 27 war Karl von Breidenborn Amtmann zu Keysers Lutern. Im Auftrag<br />

des Gnädigen Herrn des Pfalzgrafen erließ er am Sonntag dem 8. März 28 (Latare)<br />

folgende Anweisung, dass die drei kleineren Hubgerichte Erlenbach,<br />

Reichenbacher Hof und Gersweiler (hof) zu einem Büttel- und<br />

Schöffengericht 29 zusammenzulegen sind, um den dort wohnenden Bauern<br />

zeitraubende Beratungen zu ersparen. Außerdem sollte dadurch die Kompetenz<br />

der Urteilsfinder verbessert und die Rechtssicherheit erhöht werden. Der Büttel<br />

erhielt den Auftrag, die dann gesprochenen Urteile unverzüglich zu vollziehen.<br />

Den Vorsitz führte zukünftig der Erlenbacher Schultheiß, ihm standen 7 Schöffen<br />

zur Seite, die laut Gerhard Kaller 30 der Otterberger Abt letztendlich ins Amt<br />

einsetzte. In Kurpfälzischer Zeit, im Jahr 1601 sei noch Alsenborn<br />

hinzugekommen und 1620 sei dieses Amt das letzte Mal erwähnt worden 31 . Damit<br />

kein Dorf zu kurz kam, tagte das Gericht turnusgemäß in den drei Orten 32 .<br />

• in Erlenbach am St. Valentinstag<br />

• in Reichenbach am St. Veitstag<br />

• in Gersweiler am St. Gallentag<br />

Die Betroffenen wurden bei Strafe zum Untertanengehorsam verpflichtet. Diese<br />

Urkunde ist auf Deutsch verfasst. Sie sei stark zerknittert (Urkundenbuch Band<br />

III. KL 2001, S. 126 ff)<br />

Die Anrufung des Gerichtes war kostenpflichtig. Ein Teil der Einnahmen floss<br />

dem Amtmann von Kaiserslautern zu. Er betrug jahrzehntelang 5 Pfund Heller,<br />

wie wir den Urkunden N° 142 und 152 aus den Jahren 1475 und 1477 entnehmen<br />

können. (vgl. Urkundenbuch der Stadt Kaiserslautern, Band III. a.a.O. S. 148 ff.).<br />

Das Geld wurde halbjährlich im Mai und im November ausbezahlt.<br />

1484: Pfalzgraf Philipp I vermittelte in dem Streit zwischen dem Abt Otterberg<br />

und der Stadtverwaltung Kaiserslautern. Punkt 3 regelte den Rechtsstreit um die<br />

Fischwöge im Hagelgrund. Die Klosterführung hatte nämlich die Dämme ihrer<br />

27 ) Dies war unter der Regierungszeit des Kurfürsten Friedrich I, genannt der Siegreiche, Er<br />

war der 6. Kurfürst und regierte von 1449 - 1476<br />

28 ) Urkundenbuch der Stadt Kaiserslautern, Band II, S. 457 ff, KL 1998<br />

29 ) Die Autoren der Urkundenbücher Dr. Martin Dolch und Dr. Michael Münch verweisen darauf<br />

dass das Büttelamt erstmals 1287 im Burglehensbrief für Merbod von Wilenstein genannt wurde.<br />

30 ) Kaller, a.a.O. Seite 105<br />

31 ) Westrich, Klaus Peter, Landkreis Kaiserslautern, Bonn 1968, S. 67 ff.<br />

32 ) Recherche der früheren selbständigen Gemeindeverwaltung von 1930


25<br />

Weiher erhöhen lassen, um die Wasserfläche zu vergrößern, um damit mehr<br />

Fische aufziehen und halten zu können. Die Lauterer beklagten dieses egoistische<br />

Verhalten, denn dadurch seien etliche ihrer Brunnen und Quellen ertränkt worden.<br />

In dem Heidelberger-Vergleich am Donnerstag vor dem Antoniustag (15.1.1484)<br />

schlug Pfalzgraf Philipp I. den Lautrern vor, dies zu akzeptieren. (vgl. Urkunde<br />

195, Urkundenbuch III. S. 182 ff.), denn in anderen Punkten musste der Abt<br />

nachgeben.<br />

VON DER REFORMATION BIS 1550<br />

2.1. Luther redete am 17. April 1521 vorm<br />

Reichstag in Worms<br />

Was bestimmte den Verlauf der Geschichte mehr? Die Reformation oder die<br />

Entdeckung Amerikas? Wer ist vor oder neben Gutenberg die wichtigste<br />

Persönlichkeit des vergangenen Jahrtausends?<br />

Ende des 15. Jahrhunderts war der Katholizismus ausgebrannt und inhaltsleer<br />

geworden. Äußere üppige Formen und Riten hatten nicht mehr viel mit den<br />

christlichen Grundgedanken des Evangeliums zu tun. Martin Luther 33 , der<br />

Querdenker, hielt der Kirche und dem katholischem Kaiser Karl V. den Spiegel<br />

vor. Der Ablassstreit mit dem Ablasshändler Tetzel und Dr. Eck waren 1517 der<br />

äußere Anlass der kritischen Auseinandersetzung mit dem Establishment. Am<br />

30.10.1517 veröffentlichte Luther in einer spektakulären Aktion seine 95 Thesen.<br />

Dazu hatte er sich den Haupteingang zur Schlosskirche in Wittenberg ausgesucht.<br />

Er nagelte sein Protestpapier, mit seinen 95 Kritikpunkten für jedermann gut<br />

sichtbar und lesbar an das gotische Hauptportal. Dies löste breite Zustimmung,<br />

aber auch einen tiefen Schock in der kritiklosen Staatskirche aus. Der Orden der<br />

Dominikaner leitete in Rom den Prozess gegen Luther ein. Der Papst schickte<br />

mehrere Abgesandte nach Thüringen, die aber erfolglos wieder abreisen mussten.<br />

Luthers weitere Schriften spitzten den Streit weiter zu. Luther, vom Teufel<br />

besessen, dieser machtpolitische Nichts, hatte die Unverfrorenheit, die<br />

Unfehlbarkeit des Papstes anzuzweifeln. Außerdem stellte er in einer weiteren<br />

Kampfschrift heraus, dass der Adel in babylonischer Gefangenschaft der Kirche<br />

sei. Dies brachte ihm zwar die offene oder stille Unterstützung der meisten<br />

regierenden Fürsten und Herzöge ein. Papst, katholische Geistlichkeit und<br />

Kaiser sahen ihre Machtbasis und ihre Pfründe schwinden Die Kirche reagierte<br />

mit blankem Hass und Verfolgung Luthers und seiner Anhänger. Am 3.1.1721<br />

verhängten Papst und Kaiser den Kirchenbann über Luther um ihn zu vernichten.<br />

Sie glaubten ihn eigentlich schutzlos gegen jede Verfolgung und willkürliche<br />

33 ) Martin Luther, * 10.11.1483 in Eisleben, besuchte die Lateinschule. Aufgrund mehrerer<br />

Ereignisse trat er 1505 in das Kloster ein. 1507 erhielt er die Priesterweihe. 1512 promovierte<br />

er zum Doktor der Theologie. Der Ablassstreit mit dem Ablasshändler Tetzel und Dr. Eck<br />

waren 1517 der äußere Anlass der kritischen Auseinandersetzung mit dem Establishment. Sie<br />

sahen aber nur ein Zerrbild und erkannten nicht die religiöse und politische Realität. Martin<br />

Luther traf den Nerv der Fürsten, aber auch den des einfachen Volkes. Um Luther und seine<br />

Anhänger zu vernichten, sprach die Kirchenführung am 3.1.1521 über ihn den Kirchenbann<br />

aus<br />

25


26<br />

26<br />

Bestrafung. Dies war die offene Kriegserklärung gegen einen noch schwach<br />

erscheinenden Gegner, die aber ins Leere stieß.<br />

Kaiser Karl V. hatte schon lange vorher zum Reichstag zu Worms eingeladen.<br />

Dies war natürliche Routine, denn viele Probleme harrten einer Lösung. Die<br />

Juristen hatten gut vorgearbeitet und vertragliche Lösungen angedacht. Der<br />

Reichsfrieden konnte nur durch harmonische Kompromisse bewahrt bleiben.<br />

Damals wie heute galt: Eigennutz geht vor Gemeinnutz. Die Cleveren hatten<br />

bereits offen oder verdeckt Koalitionen geschmiedet.<br />

Anfang März 1521 zogen die Fürsten, Herzöge und Grafen mit Pomp und Prunk<br />

in die reichsfreie Stadt ein. Der Reichstag war jeweils eine sinnliche<br />

Machtdemonstration und eine hervorragende, farbenprächtige Show. Der Rahmen<br />

stimmte, denn die Reichstage waren immer von langer Hand vorbereitet und somit<br />

sehr gut organisiert. Viele Tausend Menschen konnten ohne Schwierigkeit über<br />

Wochen versorgt werden. Die Bauern und die Handwerker verdienten gutes Geld.<br />

Die Reichstage gaben der Region einen wirtschaftlichen Schub. Die<br />

Organisatoren hatten an alles gedacht: Ritterturniere, Tanzveranstaltungen und<br />

Fressorgien. Die Gastwirte und die Bader mit ihren riesigen Badewannen lachten<br />

über das ganze Gesicht über das gute Geschäft. Hatten die Herren sündige<br />

Absichten? Das war kein Problem, denn attraktive Damen aus Nah und Fern<br />

erfreuten die Herren.<br />

Doch zuerst kam die Arbeit, denn vieles stand auf der Tagesordnung:<br />

1521 am 12. März: Kaiser Karl V. bestätigte die Freiheiten und Rechte, die<br />

Kaiser Friedrich am Montag, den St. Urbans Tag (28.5.1470) in Volkenmarkt<br />

(Völkermarkt) (Kärnten) dem Herzogtum Zweibrücken gewährt hatte. Dadurch<br />

erlangte bereits 1470 das Herzogtum Zweibrücken seine nationale Souveränität.<br />

Dies hatte Herzog Ludwig der Schwarze klug eingefädelt und durchgesetzt. Hier<br />

in der Pfalz war er für seine brutal geführten Fehden berüchtigt.<br />

1521, am 21. April: der spätere König und Kaiser Ferdinand errang gegen den<br />

Willen seines Bruders, dem Kaiser Karl einen politischen Sieg. Durch diesen<br />

„Wormser Teilungsvertrag“ erhielt Ferdinand die niederösterreichischen Länder,<br />

das Herzogtum Österreich, die Steiermark, Kärnten, die Krain und Tirol.<br />

Dieses und mehr wurden arrangiert, aber alles ist vergessen und hat keine<br />

Bedeutung mehr. Jedoch unvergessen bleibt der Auftritt Luthers in Worms.<br />

16.4.1521, um die Mittagszeit, ein Reisewagen rollte von Norden her durch das<br />

Mainzer Tor. In ihm saß der Augustiner Mönch Dr. Martin Luther 34 . Am nächsten<br />

Tag (17.4.1521) begleitete der Reichsmarschall Ulrich von Pappenheim den<br />

Gebannten zum Verhör. Unter dem Vorsitz des Kaisers waren die Fürsten<br />

versammelt. Hier sollte der ärmlich gekleidete Mönch Martin Luther eingeknickt<br />

werden und alles widerrufen. Der redegewandte Dr. Johann von Eck begann das<br />

Verhör, aber die Show fürstlicher Macht zeigte auf Luther keine Wirkung. Kaiser<br />

34 ) Luther hatte sich am 2. April auf diese lange Reise begeben. Seine Fahrt nach Worms<br />

gestaltete sich zu einer Jubelfahrt. In großen Städten predigte er. Die Heimreise trat er am 25.<br />

April an.


27<br />

Karl „verhörte“ persönlich den vom Bösen getriebenen Rebellen. Aber Luther<br />

beharrte auf seiner Auffassung. Er hätte seine Haltung aufgegeben, wenn man ihn<br />

mit zutreffenden Bibelstellen hätte widerlegen können. Aber Luther war ein<br />

Kaiser des Wortes und der Logik. Beherzt wie eine Löwin, die ihr Junges<br />

verteidigt, wehrte er jeden Angriff ab. Gingen ihn die Gegner auf Latein an,<br />

antwortete er sprachgewandt. So triumphierte Luther, denn er war bibelsicherer<br />

als seine Diskussionsgegner. Am 18. April war alles vorbei.<br />

35 Die meisten<br />

Anwesenden waren von der Überzeugungskraft Luthers beeindruckt und hatten<br />

schon längst auf seine Seite gewechselt. Danach war aus dem Reichstag die Luft<br />

raus. Die meisten Fürsten waren bereits abgereist, als der Kaiser am 8.5.1721<br />

einen vorformulierten Haft- bzw. Tötungsauftrag (= Wormser Edikt =<br />

Reichsacht) vorlegte, der 3 Wochen später wirksam werden sollte. Aber Luther<br />

war bereits auf der Wartburg in Sicherheit.<br />

Heute wissen wir, dass die eigentlich theologische Auseinandersetzung später in<br />

etliche blutige und menschenverachtende Kriege mündete. Der blutige Kampf um<br />

Staats- und Kirchenmacht dauerte drei Jahrhunderte. Bühne war auch die gesamte<br />

Pfalz. Bemerkenswert und dramatisch verliefen hier der:<br />

• Dreißig Jährige Krieg 1618 - 1648<br />

• Der Holländische und der Reunionskrieg, die ab 1672 auch das<br />

Alltagsleben in und um Otterberg bestimmten.<br />

• Die versuchte Rekatholisierung Otterbergs und Umgebung ab dem<br />

Einmarsch der französischen Truppen in 1689.<br />

• Die Störung des Religionsfriedens durch den katholischen Pfarrer<br />

Otterbergs. Dazu gehörte ein langer Katalog von materiellen und<br />

geistlichen Zwangsmitteln um das Ziel zu erreichen. Schluss damit war<br />

erst mit dem Frieden von Baden in 1714. Es dauerte aber weitere 6 Jahre,<br />

bis die Protestanten wieder in ihre alten Rechte eingesetzt wurden.<br />

2.2. Die Reformation im 16. Jahrhundert<br />

Kaum vom Reichstag in Worms zurückgekehrt, stieß Ludwig der Jüngere 36 ,<br />

Herzog von Pfalz-Zweibrücken die Reformation an. Auf der Suche nach einem<br />

geeigneten Prediger stieß er auf Johann Schwebel, der sehr früh die Gedanken<br />

Luthers aufgegriffen und verinnerlicht hatte. Johann Schwebel war Stadtpfarrer in<br />

Pforzheim gewesen. Seine Gegner bedrohten ihn hasserfüllt. Er floh und fand<br />

1521 auf der Ebernburg bei Franz von Sickingen Zuflucht. 1522, spätestens<br />

1523 bestellte ihn Herzog Ludwig II. zum ersten evangelischen Prediger in<br />

Zweibrücken 37 , wo er 1540 verstarb. Der Abt von Hornbach Johann von<br />

35<br />

) …es sei denn, dass ich durch Zeugnisse der Schrift oder aber durch scheinbare Ursachen<br />

überzeugt werde. Denn ich glaube weder dem Papst noch den Konzilien. Ich bin überwunden,<br />

(= überzeugt) durch die Schriften und gefangen durch das Wort Gottes. Deshalb, ich mag<br />

nicht, noch will ich widerrufen, weil weder das Gewissen zu handeln beschwerlich, unheilsam<br />

ist. Gott helf mir! Amen.<br />

36<br />

) Nach neuerer Zählweise ist es Herzog Ludwig II von Zweibrücken. Er regierte von 1502 –<br />

1532.<br />

37<br />

) 1525: Es war die Zeit der Bauern-Revolution. Viele Bürger in den Städten solidarisierten sich<br />

mit den Bauernhaufen. Johann Schwebel hatte vergeblich die Bürger Zweibrückens davor<br />

gewarnt, sich den Bauernhorden anzuschließen. Er verlangte Gehorsam auch gegenüber dem<br />

27


28<br />

28<br />

Kindhausen resignierte 1533 und ging nach Zweibrücken. Als Gegenleistung für<br />

seine Aufgabe erhielt er eine fürstliche Pension, die er in der Residenzstadt<br />

Zweibrücken verlebte. Die meisten Äbte folgten seinem Beispiel und öffneten<br />

somit der Reformation die Scheunentore. Die meisten Konvertierten ließen sich<br />

aber zu lutherischen Predigern in den Kirchenbezirken bestellen, die sie schon<br />

vorher als katholische Priester betreut hatten. Dies war einfach, überzeugend und<br />

praktisch für die Gläubigen und die Pfarrer.<br />

Die Klöster St. Fabian, Wörschweiler, St. Remigiusberg, Offenbach am Glan und<br />

Disibodenberg standen unter der Zweibrücker Landeshoheit. Der Herzog<br />

verstaatlichte, säkularisierte sie. Aber er versorgte, alimentierte die bisherigen<br />

Mönche aus den neuen Einkünften. Dies war für beide Seiten ein gutes Geschäft.<br />

Der Bayrische Erbfolgekrieg von 1504 hatte auch die Nordpfalz in<br />

Mitleidenschaft gezogen. Kurpfälzische Truppen raubten am 25.7.1504 das<br />

Kloster Disibodenberg aus. Nach zuverlässigen Berichten, war die<br />

Klostergemeinschaft zerstritten. Deshalb führte Abt Adam die Geschäfte nur<br />

noch von außen. Der 1538 gewählte Abt Anton Ratz versuchte vergeblich dem<br />

Kloster nochmals seine materielle Unabhängigkeit und geistige Führerschaft<br />

zurückzugeben. Aber vergeblich, die finanziellen Interessen des Zweibrücker<br />

Herzogs und des Kurfürsten von der Pfalz waren stärker. Das Klostervermögen<br />

war weg und die Mönche sahen für sich keine existenzielle Zukunft mehr. 1539<br />

war auch nur noch ein Mönch da. Der sah sehr schnell die Sinnlosigkeit seiner<br />

Bemühungen ein und konvertierte. Er wurde der erste Pfarrer von Staudernheim.<br />

Durch die Verzichterklärung des letzten Abtes Peter vom 29.12.1559 wurden das<br />

Herzogtum Pfalz-Zweibrücken endgültig uneingeschränkter Eigentümer des<br />

früher so stolzen Klosters mit seinem riesigen Vermögen. „Es ist dasselbe im Jahr<br />

1768 an Kurpfalz nebst dem Städtchen Odernheim vertauscht worden“ 38<br />

Die Reformation, vor allem der Religionswechsel der Untertanen verlief prompt,<br />

schwungvoll und ohne großen Widerstand. Nur wenige kamen in Gewissensnöte<br />

und klammerten sich fanatisch an ihrem wahren katholischen Glauben. Ihnen<br />

blieb nur die Auswanderung. So hätte sich in 1542 im flämisch sprechenden Teil<br />

Antwerpens, in Lier eine Familie mit vielen Kindern aus Reichsthal<br />

niedergelassen. Diese Familie nannte sich von Richstal. Die Geschichte der<br />

Abstammung und die Familiengeschichte derer van Richstal hatte 1985/86 Jef<br />

Richstal recherchiert. Es kam zu einer herzlichen Partnerschaft zwischen den<br />

Bürgern von Reichsthal und den Nachfahren der Ausgewanderten 39 . Leider ist der<br />

Kontakt wieder eingeschlafen.<br />

Der Tod Herzog Wolfgangs brachte einen gewissen Umbruch. Sein Sohn und<br />

Regierungsnachfolger Johann I. (1569 – 1604) setzte anfänglich den Weg seines<br />

Vaters fort. In theologischen Fragen war jedoch Herzog Johann I. mehr der<br />

reformierten Glaubensrichtung als der lutherischen zugetan. Die Diskussion, ob<br />

der Lutherische Glaubens Katechismus oder der Heidelbergische<br />

ungeschlachtigen Herrn. Vergleiche: Willi Alter, Der Aufstand der Bauern und Bürger im<br />

Jahre 1525, Speyer 1998, S. 120 ff auch S. 371 a.a.O.<br />

38 ) Bachmann, Johann Henrich, Herzoglich Pfalz Zweibrückischer wirklicher Geheimer Rath und<br />

erster Archivarius, Zweybrückisches Staats-Recht, 1783, S. 189<br />

39 ) Die Rheinpfalz, Rockenhausener Rundschau, 22.5.1986


.<br />

29<br />

(Reformierte) Vorrang hätte, entschied Herzog Johann I. zugunsten der<br />

Reformierten mit allen Konsequenzen. Als Reichsfürst und Landesherr bestimmte<br />

er aufgrund des „jus reformandi“ die Religion seiner Untertanen. „Er ließ den<br />

Heidelberger Katechismus im Jahr 1588 abdrucken und machte selbst die Vorrede<br />

dazu. Er reiste damit in alle Hauptorte seines Herzogtums und bestellte die<br />

Geistlichen ein. Die Pfarrer erhielten eine Bedenkzeit von drei Monaten. Nahmen<br />

sie den Reformierten Glauben an, so konnten sie bleiben. Anderenfalls ersetzte<br />

Herzog Johann sie durch die gut vorbereiteten Hornbacher Stipendiaten, die<br />

bereits sehnsüchtig auf eine Pfarrstelle warteten. Auch „Ausländer“ kamen zum<br />

Zug. Überall, wo der Herzog allein die sacris zu befehlen hatte, wurde die<br />

Reformierte Religion eingeführt. Auch in zwei Gemeinschaften (gemeinsamer<br />

Besitz), nämlich im Falkenburgischen und zu Alsenz setzte er die Reformierte<br />

Glaubensrichtung durch 40 .<br />

Andere Miteigentümer wie die Reichsgrafen Stolzenberg verbaten sich eine<br />

nochmalige Glaubensänderung ihrer Vasallen. Sie behielten die Kirchenordnung<br />

Herzog Wolfgangs bei. „Die Pfarrei Dielkirchen 41 im Stolzenberger Tal, wo<br />

selbst Pfalz Zweibrücken zu zwei Drittel und Grafen von Falkenstein zu einem<br />

Drittel in Gemeinschaft stehen, blieb lutherisch, weil der – dieser Religion<br />

beigetane Graf von Falkenstein die Einführung des Zweibrückischen neuen<br />

Katechismus nicht zuließ“ 42<br />

„Die Pfarrei Dielkirchen 43 wurde zu Anfang des 30jährigen Krieges in hiesigen<br />

Gegenden, ledig und blieb es um der Kriegsunruhen willen lange unbesetzt, wurde<br />

aber indessen von den benachbarten Reformierten Geistlichen aus dem<br />

Herzogtum und dieses namentlich in dem Entscheidungsjahr bedient. Noch vor<br />

erfolgtem Frieden aber versah sie wiederum ein Evangelisch-Lutherischer Pfarrer,<br />

und in diesem Zustand war diese Pfarrei, als der Westfälische Frieden publiziert<br />

wurde. Hierbei ist es auch bisher geblieben“ 44<br />

Mit der neuen Glaubensrichtung ging die neue Kirchenordnung einher. Weg von<br />

Rom und fort von der zentralen Weltmacht. Zentrum war jetzt die Bibel, das Wort<br />

Gottes. Die Reformation war ein innerer Neuanfang. Weg von protzigen, fast<br />

indischen tempelartigen Kirchenausstattungen und Bildern. Schlichtheit und die<br />

innere Kraft des Glaubens traten an seine Stelle. Herzog Wolfgang gründete in<br />

allen vier Oberämtern Synodal Anstalten. Sie waren für die Kirchenverwaltung<br />

zuständig. Daraufhin wurden die Geistlichen in vier Klassen eingeteilt. Die<br />

Dekane, damals Inspektoren genannt, standen ganz oben in der Hierarchie. In<br />

regelmäßigen Abständen versammelten sich auf ihren Befehl die Pfarrer des<br />

Oberamtes. Gegenstand war wie so oft die Reinheit der christlichen Lehre und<br />

die Gleichförmigkeit der kirchlichen Gebräuche. Es soll vorgekommen sein,<br />

dass Pfarrer einen vorbildlichen Lebenswandel predigten, sich selbst aber nicht<br />

daran gehalten hätten. Lagen dem Inspektor örtliche Beschwerden der Gemeinde-<br />

40 ) Bachmann, a.a.O. S. 194<br />

41 ) Einige Schenkungen vermehrten den Klosterbesitz Otterbergs. So auch Dielkirchen. Raugraf<br />

Georg von Stolzenberg übereignete durch die Schenkungsurkunde 253 dem Kloster den<br />

Berg bei Dielkirchen. Der Berg sollte vom Kloster mit Reben bepflanzt werden. (Gefunden<br />

in der Ortschronik Otterberg, Band I, S. 92)<br />

42 ) Bachmann, a.a.O. S. 195, 196<br />

43 Dielkirchen gehörte bis zur Reformation zum reichen Kloster Otterberg<br />

44 ) Bachmann, a.a.O. S. 200, laut Artikel VII, des Westfälischen Friedens<br />

29


30<br />

30<br />

mitglieder vor, so ging er ihnen nach. Und natürlich war der Lebenswandel dieses<br />

Pfarrers Thema der nächsten Synode. Alles wurde fein und säuberlich<br />

protokolliert. Manches ist erhalten und liegt im Landesarchiv Speyer und harret<br />

einer Aufbereitung.<br />

Die Wolfgang´sche Kirchenordnung installiert Kirchengerichte. Da die Pfarrer<br />

meistens für größere Kirchenbezirke 45 zuständig waren, konnten sie nicht<br />

gleichzeitig überall sein. Deshalb bestellte der Pfarrer für jedes Dorf ein oder<br />

zwei Männer zu Kirchencensoren. Die Censoren wachten über die<br />

Kirchendisziplin und hielten die Augen offen über Zucht und Ehrbarkeit in der<br />

Gemeinde. Die Pfarrer betitulierten sie bei ihren KB Eintragungen mit „ehrsam“!<br />

2.3. Der Krieg gegen Franz von Sickingen in 1523<br />

Als Kurfürst Ludwig V. 1508 Kurfürst wurde, trat er ein schwieriges Erbe an.<br />

Sein Land war durch den bayerischen Erbfolgekrieg stark geschädigt worden. Er<br />

suchte und fand starke Verbündete in den beiden Erzbischöfen von Trier und<br />

Mainz. Anfänglich spannte er auch Franz von Sickingen für seine Interessen ein,<br />

der allerdings ganz andere Ziele hatte. 1515 hatte sich Franz von Sickingen zu<br />

einem langwierigen Krieg gegen Worms und seinen Bischof eingelassen und ihn<br />

aber nicht gewonnen. Franz wollte sich von der fürstlichen Oberhoheit befreien<br />

und suchte beim Kaiser Karl V. seinen Rückhalt. 1521 zog er mit dem<br />

kaiserlichen Heer gegen den Duc de Bouillon Aber an der Maas verlor er die<br />

Schlacht. Trotz dieses Fehlschlages änderte Franz nicht seine Strategie. Er wollte<br />

immer noch die Oberhoheit der Kurpfalz abschütteln!<br />

Der Anfang von seinem Ende kam, als er 1522 versuchte, mit 1.500 Reitern und<br />

5.000 Landsknechten Trier einzunehmen. Die Kurfürsten von Trier, Mainz und<br />

der Pfalz kamen am 20. Oktober 1522 in Frankfurt überein, während der<br />

Wintermonate einen „reitenden Krieg“ gegen Franz von Sickingen zu<br />

unternehmen, um ihn zu provozieren und ihn von seiner starken Burg Ebernburg<br />

wegzulocken. Aber auch Franz versuchte die gegnerischen Truppen durch ein<br />

Ablenkungsmanöver zu teilen. Er schickte seinen Sohn Hans im November 1522<br />

in das Elsaß, um die Burg Lützelstein zu bedrohen. Aber Marschall Wilhelm von<br />

Habern 46 nahm Hans von Sickingen gefangen.<br />

Nach und nach gingen die Fürsten in einer Bestrafungsaktion gegen die Freunde<br />

und Verwandte des Ritters Franz vor. Als erster kam Heinrich von Cronberg<br />

dran, dessen Burg und Stadt eingenommen wurde. Der Besitz wurde brüderlich<br />

geteilt. Der Kurfürst Ludwig entzog Friedrich & Berthold von Flörsheim,<br />

Wirich & Dietrich von Gemmingen, Jörg von Bach u.a.m. ihre Lehen und<br />

Ämter. In der Bauernrevolte von 1525 standen sie dann gegen ihn.<br />

Am 18.4.1523 ritt Kurfürst Ludwig mit dem Pfalzgrafen Ottheinrich von<br />

Heidelberg ab. Am 22. April trafen sich die Kurfürsten in Kreuznach. Von dort<br />

marschierten sie auf getrennten Wegen nach Landstuhl. Am 29.4. begann die<br />

Beschießung und am 7.5.1523 wurde Ritter Franz von Mauer und Gebälkteilen<br />

auf seiner Burg tödlich getroffen. Der Reichsgrafschaft war der Führer<br />

45 ) zum lutherischen Kirchenspiel- Kirchenbezirk Rathskirchen gehörten: Nußbach, Rathskirchen,<br />

Reichsthal,: Reipoltskirchen, Teschenmoschel, Dörrmoschel und der Felsberger Hof<br />

46 ) Wilhelm von Habern war einer der Befehlshaber bei der Schlacht von Pfeddersheim in 1525.


31<br />

genommen. Die Fürsten rückten nun vor alle Burgen Sickingens und übernahmen<br />

sie. Am 8. Juni entließ Ludwig V. seine Landsknechte. Sie erhielten das<br />

Abzugsgeld und ihren letzten Monatslohn von durchschnittlich 4 Gulden. Der<br />

gesamte Kriegszug gegen Sickingen hatte den Kurfürsten knapp 35.000 Gulden<br />

gekostet, wobei 2/3 an Lohnkosten anfielen 47 . Die Bauern Ramsteins,<br />

Steinwendens, Weilerbachs etc. hatten sehr wohl die kurfürstliche Macht deutlich<br />

gesehen und verhielten sich zwei Jahre später solidarisch.<br />

2.4. Bauernkrieg & Kloster Otterberg im<br />

Mai 1525<br />

Er begann Ende 1524 zwischen Bodensee und dem Hochschwarzwald und<br />

entwickelte sich von dort aus zu einem Flächenbrand. Gierige Ausbeutung und<br />

gnadenlose Unterdrückung hatten einen verständlichen Hass entstehen lassen. Sie<br />

waren die Böden, auf den der Bürgerkrieg sich entwickelte. Außerdem hatte es<br />

ihnen 2 Jahre vorher der Adel vorgemacht, wie man sich zu wehren hatte. Die<br />

Revolution entlud sich in einem zügellosen Rauben, Brennen und Zerstören. Viele<br />

rasteten aus, die zuvor von üblen Demagogen zum Teil angepeitscht worden<br />

waren.<br />

19.5.1525 „Mittlerweile rotteten sich am Freitag in der Gegend von Kaiserslautern<br />

und Landstuhl etwa 1.000 Bauern zusammen. Sie erhielten Zulauf von etlichen<br />

aus dem „zertretenen“ Kolbenhaufens 48 , die in den letzten Tagen quer durch den<br />

Pfälzer Wald geflüchtet waren und am 19. Mai vor Hohenecken erschienen. Sie<br />

verstanden es durch Flehen, Druck, Zwang und Bedrückung und auf anderen<br />

Wegen, (sei es schriftlich, mündlich oder sonst wie) ihre Gruppe zu vergrößern.<br />

„So kamen 1.500 Aufständische zusammen, die in die umliegenden Dörfer<br />

einfielen, die das Schloss Hohenecken und die Klöster Otterberg 49 und<br />

Fischbach (in nur 5 Tagen) überfielen und „sie aller Dinge beraubten, plünderten,<br />

verwüsteten und verschleppten“ 50 . Sie rissen beim Marsch von Kaiserslautern<br />

nach Otterberg mutwillig die Deiche etlicher Fischweiher ein. Beim befestigten<br />

Ort Odenbach (wahrscheinlich ist Schallodenbach gemeint) und seiner Burg, der<br />

dem Freiherrn Philipp von Gundheim (Gontheim) gehörte und von ihm selbst<br />

verteidigt wurde, erfuhr der Angriff der Bauern eine so gründliche Abfuhr, dass<br />

der Haufen alsbald davon abließ. Sie zogen dann in Richtung Kaiserslautern, um<br />

sich dort zu verstärken, „denn etliche geringwertige Buben in der Stadt waren<br />

ihrer Partei. Aber was geschah? Nachdem sie zuvor geschworen hatten, ihre<br />

Nachbarn in den Gerichten Kübelberg, Weilerbach, Ramstein und Steinwenden<br />

mit Gewalt zu überziehen, zu nötigen oder zu verbrennen, so versammelten sich<br />

47 ) Fouquet, Gerhard, Krieg und Geld, Die Kosten des kurpfälzischen Kriegszuges gegen Franz von<br />

Sickingen im Jahre 1523, in Palatia Historica, Festschrift Doll, Mainz 1994, Seite 303 ff.<br />

48 ) Der Kolbenhaufen stammte eigentlich aus dem Nord-Elsass. Der Aufstand begann im Hagenauer<br />

Forst. Nachdem sie geschlagen waren, flüchteten sie in alle Richtungen. Louis meint, es seien auch<br />

Germersheimer Bauern dabei gewesen. Deren Kämpfe und ihr Zug quer durch die Südpfalz<br />

können Sie werter Leser bei Willi Alter, der Aufstand der Bauern und Bürger im Jahre 1525 in der<br />

Pfalz, Speyer 1998, S.111 gut nach verfolgen.<br />

49 ) Richard Louis, Otterberg und seine Bürger, Otterberg 1956: Sein Weinkeller schien eine<br />

faszinierende Anziehungskraft ausgeübt zu haben, wo die wilden Burschen erstmals verbal ganz<br />

stark wurden. Nach Louis waren daran auch Bauern von Germersheim beteiligt<br />

50 ) Willi Alter, der Bericht des Peter Harer aus dem Jahr 1525, Nachdruck Speyer 1995, S. 56 ff.<br />

31


32<br />

32<br />

diese frommen und ehrliebenden Leute zur Gegenwehr, da sie sich an ihre<br />

Pflichten und Eide gebunden fühlten. Aus den vier Gerichten kamen so 400–500<br />

Bauern zusammen, die wichtige Hilfe von den Amtsleuten erhalten hatten. Sie<br />

zogen unvermittelt ihren Feinden, den eidbrüchigen und treulosen Bauern<br />

entgegen, die in und um Weilerbach lagerten“.<br />

25.5.: „In eindringlichen Gesprächen von Mann zu Mann erinnerten sie die<br />

Aufständischen an ihre schändlichen Misshandlungen. Und drängten sie mit<br />

bewehrter Hand sich in die Gefangenschaft des Herrn Pfalzgrafen Ludwig zu<br />

ergeben und die Hohenecker Burg wieder zu übereignen. Die Rebellen gaben all<br />

ihre Waffen ab und auch das was sie vorm Rauben und Plündern bei sich hatten.<br />

Dies empfing der Kurfürst mit Gefallen und Ergötzlichkeit und übertrug dies alles<br />

den getreuen Untertanen mit gnädiger Danksagung und fürstlicher Verehrung 51 .<br />

Hier in der Westpfalz hatten staatstreue Untertanen den Bauernaufstand<br />

niedergeschlagen. Aber wo war der Kurfürst Ludwig? Seine Verwandten und<br />

befreundete Fürsten hatten ihm starke Truppenkontingente zugeführt, mit denen er<br />

die großen Brandherde bekämpfte. Anfänglich standen ihm 1.000 Reiter (Reisige)<br />

und 3000 Kriegsknechte aus Brabant und Flandern zu Diensten. Vor Bruchsal<br />

vereinigte der Kurfürst seine Armee mit den Truppen des Schwäbischen Bundes<br />

unter der Führung Jörg Truchseß von Waldburg 52 . Der nun sehr starken Armee<br />

von 2.500 Berittenen und 8.000 Landsknechten hatten die Bauern nichts<br />

Gleichwertiges entgegenzustellen: So eilte er mit seinen fürstlichen Freunden und<br />

Verwandten wie dem Pfalzgrafen Ottheinrich wie ein Feuermann von Aufstand zu<br />

Aufstand und trat die gefährlichen Feuer eines Bürgerkrieges rigoros aus:<br />

„Das Vorgehen erfolgte stets nach dem gleichen Muster. Die Städte und<br />

befestigten Flecken wurden durch einen Brief zur Übergabe auf Gnad und<br />

Ungnade aufgefordert, gleichzeitig die Höhe der Brandschatzungssumme und die<br />

Pflicht zur Ablieferung sämtlicher Bewaffnung bekannt gemacht“<br />

53 Folgten die<br />

Rebellen, so rollten nur wenige Köpfe, wenn nicht, dann starben Tausende.<br />

• Bruchsal, Donnerstag, den 25. Mai,<br />

• Neckarsulm, 28. und 29. Mai,<br />

• Königshofen, Schlacht am Freitag, den 2. Juni (am Tag nach Exaudi)<br />

Nach dem Ende der Schlacht ritten die vier beteiligten Fürsten über die<br />

Wallstatt. Angesichts der Tausenden von Leichen habe der Pfalzgraf<br />

großes Mitleid gehabt und habe geweint wie ein Kind 54<br />

• Würzburg, von Dienstag bis Donnerstag nach Pfingsten, den 8. Juni Dort<br />

waren neben vielen Markgrafen und anderen fürstlichen Herren der<br />

Erzbischof von Trier, der Bischof von Straßburg als Stellvertreter des<br />

Mainzer Erzbischofs, Herzog Ottheinrich (damals noch Pfalzgraf bei<br />

Rhein. Die Truppen wurden von Herrn Georg Truchseß, des Kaisers<br />

obersten Feldhauptmann kommandiert.<br />

• Miltenberg und Aschaffenburg, am 15. Juni<br />

51<br />

) Dieser anschauliche Bericht stammt aus obigen Buch, Der Bauernkrieg 1525 in der Pfalz,<br />

52<br />

) Sein Vorfahr wurde am 25.6.1208 in Bamberg getötet, als der den König Philipp von Schwaben<br />

schützen wollten.<br />

53<br />

) Rheinhard Baumann, Ottheinrich und die Revolution von 1525, Neuburg / Donau, 2002, S. 60ff.<br />

54<br />

) Dr. Franz Günther. Der Deutsche Bauernkrieg 1525, Berlin 1926, S. 320 oben.


33<br />

• Rheinüberquerung bei Oppenheim am 21.6.1525<br />

• Schlacht bei Pfeddersheim am 23. (Johannistag) und 24. Juni 1525<br />

2.3. Die blutige Schlacht von Pfeddersheim Ende<br />

Juni 1525<br />

Der Bauernaufstand hatte die Fürsten und deren Verwaltung kalt erwischt. So<br />

hatten die großen Rotten anfänglich gar keine Schwierigkeiten, die Burgen<br />

Neuleiningen, Altleiningen & Dirmstein, die Städte Pfeddersheim, Freinsheim,<br />

Neustadt, Weißenburg einzunehmen und der Obrigkeit ihre Vorstellung zu<br />

diktieren. „Wie Bischof Georg von Speyer, so suchte auch sein Bruder der<br />

Kurfürst Ludwig das Gespräch. Die Verhandlungen in Forst begannen jeweils mit<br />

einer Parade der beiden Haufen. Selbstbewusst demonstrierten die Bauern ihre<br />

Macht, der Kurfürst Ludwig V. in diesen Tagen nichts entgegen zu setzen hatte.<br />

Die Verhandlungen kamen rasch zu Ende. Die Bauern sollten ihre Haufen<br />

auflösen und in ihre Dörfer zurückkehren“ 55 .<br />

In dieser großen Menschenmasse fühlten sich die Bauernführer allen überlegen<br />

und verkannten dadurch die Realitäten. Was stellten sie im Juni 1525 noch alles<br />

an? Peter Harer schreibt:<br />

am 4. Juni waren sie nach Oggersheim gezogen und hatten Lamsheim,<br />

Freinsheim und am 14 Juni Dirmstein eingenommen. Sie rückten vor das<br />

Schloss, das dem Gnädigsten Herrn Pfalzgraf gehörte. Sie forderten die<br />

Schlossbesatzung unter dem Faut (= Amtmann) zu Zeel vergeblich zur<br />

Übergabe auf. Da die Verteidiger aber dies verweigerten und als getreue<br />

Untertanen das Schloss zu halten gedachten, nahmen die Bauern die Burg<br />

mit Gewalt ein. Der Faut samt seiner 15 Männer wurden elendig darin<br />

erwürgt und von oben aus den Fenstern geworfen.<br />

Nachdem die rebellischen Bauern das außerhalb der Ortschaft gelegene<br />

Gehöft des Wormser Bischofs ausgebrannt hatten, zogen sie gegen<br />

Neuleiningen. Nach der Eroberung plünderten sie das Schloss und zwangen<br />

die ehrliche Gräfin von Westerburg, ihnen den Tisch zu decken und sie zu<br />

bekochen.<br />

Danach plünderten und brannten sie Altleiningen und das Kloster Höningen<br />

nieder. Es handelte sich um ein Augustiner-Chorherrenkloster, in dessen<br />

Kirche die Grafen von Leiningen beigesetzt wurden.<br />

Die Schlacht & von brutaler Bestrafung<br />

Die fürstlichen Söldner-Truppen hatten den Rhein bei Oppenheim überquert<br />

(s.o.) und ritten direkt auf Pfeddersheim zu. Die Vorhut unter dem Marschall<br />

Wilhelm von Habern 56 erkannte, wo die Bauern lagerten. Über reitende Boten<br />

informierte er den Pfalzgrafen Ludwig V. und dessen obersten Feldhauptmann<br />

55 ) Pfalzgraf Ottheinrich, Herausgeber die Stadt Neuburg an der Donau, 2002, S. 58<br />

56 ) Wilhelm von Habern überwältigte im November 1522 Hans von Sickingen, Sohn des Franz von<br />

Sickingen, als er versuchte die Burg Lützelstein im Unterelsaß einzunehmen.<br />

33


34<br />

34<br />

Schenk Eberhard von Erbach. Der Kurfürst hatte den Befehl gegeben, mit den<br />

untreulichen und schändlichen Leuten gnadenlos umzugehen und den hohen<br />

Frevel, Gewalt und Hochmut einzudämmen.<br />

Der Kurfürst Ludwig V. schrieb am 26.6.1525 an Georg Truchseß von<br />

Waldburg 57 unter anderem folgendes:<br />

> „wir sind also mit unseren Herren 58 und Freunden am letzt verflossenen<br />

Mittwoch (20. Juni) gen Oppenheim gekommen. Dort sind wir des langen<br />

Marsches und der Müdigkeit des Kriegsvolks wegen den Donnerstag<br />

(21ten) geblieben. Am Freitag sind wir mit allem Volk aufgebrochen, in<br />

der Hoffnung, auf die versammelte Bauernschaft, wie uns Kundschaft<br />

zugekommen, im freien Feld vor dem Schloss Gontheim bei Pfeddersheim<br />

zu treffen. Aber auf dem Marsche wurde uns berichtet, dass die Bauern an<br />

diesem Morgen um 7 Uhr unseren Flecken Pfeddersheim erobert hätten,<br />

wiewohl der kurz zuvor von 300 Mann (unserer Soldaten) besetzt worden<br />

waren 59 “, die allerdings zu den Bauern übergelaufen waren.<br />

> Indes war dem Marschall die Botschaft zugekommen, die Bauern mit den<br />

Haufen wären in der Nacht nach Dalsheim aufgebrochen, doch unwissend<br />

wo hinaus. Also ritt er selbst hin und sah, dass die Bauern in<br />

Schlachtordnung durch das raue Feld gezogen waren. An den Fußspuren<br />

konnte er ablesen, dass je 43 Mann in einem Glied gegangen seien und<br />

rechts von ihnen nochmals Kolonnen von 27 Mann in Reih und Glied. Die<br />

Pfade und die frischen Fußtritte vor Augen, konnte er die Stärke der<br />

Feinde überschlagen. Dies waren 7.000 bis 8.000 Mann, allerdings ohne<br />

Reiterei. Er folgte mit seinen Reisigen (=Reitern) den Bauern, die eine<br />

Stunde vor ihm in Pfeddersheim ankamen.<br />

> Aufgrund der gewonnenen Informationen „ging man zur Sache. Der<br />

Feldhauptmann entwarf den Schlachtplan zu Ross und Fuß“ Doch lassen<br />

wir nun wieder den Kurfürsten zu Worte kommen: „Wir zogen auf dem<br />

kürzesten Weg mit ungefähr 1.700 Pferden und 7 Fähnlein Knechte vor<br />

diesen Flecken (Stadt) oben auf die Höhe“ 60 . Alsbald sandten wir drei<br />

Geschwader Reiter und zwei Fähnlein Knechte mit der Absicht vor die<br />

Stadt, die Bauern zu reizen und sie zu veranlassen, herauszuziehen. Die<br />

anderen, die gewaltigen Haufen zu Ross und zu Fuß hielten wir versteckt<br />

hinter dem Berg<br />

.> Kaum hatten die kurfürstlichen Truppen ihr Lager eingerichtet und bezogen,<br />

als sich die oberste Pforte im Westen der Stadtbefestigung öffnete. Es traten<br />

drei Fähnlein heraus. Keiner wusste, was sie vorhatten. Wenige Minuten<br />

später zogen die Feinde mit ganzer Macht gewaltig heraus, an die 7.000<br />

Mann stark. Da die Bauernführer nur wenige gegnerische Reiter erblickt<br />

hatten, glaubten sie diese schwache Kavallerie nicht fürchten zu müssen.<br />

Der Feldhauptmann gab seinen Reitern den Befehl, in sicherem Abstand<br />

neben den Bauern herzuziehen. Nach und nach stießen noch die<br />

57<br />

) Sein Vorfahr eilte am 21.6.1208 König Philipp von Schwaben zu Hilfe, als Pfalzgraf Otto von<br />

Wittelsbach den König umbrachte. Aber sein Vorfahr erlitt dabei auch einen tödlichen Hieb.<br />

58<br />

) Darunter war auch sein 23 jähriger Neffe der Pfalzgraf Ottheinrich, der 1556 Kurfürst der Pfalz<br />

wurde<br />

59<br />

) Diese 300 Mann waren zu den Bauern übergelaufen und wurden dafür mit dem Tod bestraft.<br />

60<br />

) Schreiben des Kurfürsten Ludwig an den Truchseß Georg vom 26.6.1525 aus: Franz Günther, Der<br />

Deutsche Bauernkrieg 1525, Berlin 1926, S. 342 ff in Deutsche Buchgemeinschaft


35<br />

Trierischen und Mainzer Reiter zu ihnen und bildeten eine gewaltige<br />

Macht.<br />

Als die Bauern dieses gefährlichen Feindes ansichtig wurden, suchten sie im<br />

Wingertsberg Schutz, da ihnen dort die Reiter nichts anhaben konnten. Die<br />

Bauern eröffneten mit ihrem Geschütz den Kampf. Sie feuerten auf die oben<br />

stehenden kurfürstlichen Truppen und der erste Schuss traf Philipp Caspar<br />

Sturm 61 , den Sekretär des Kurfürsten, der seit dem Oktober 1522 zum<br />

pfälzischen Diener und Unterherold bestellt worden war. Dann eilten die<br />

Bauern mit lautem Gebrüll im Laufschritt auf die fürstlichen Fußtruppen zu.<br />

Durch die nun offene Flanke stießen die Reiter. Es gab ein schreckliches<br />

Gemetzel. Die schlecht bewaffneten und ausgebildeten Bauern hatten keine<br />

Chance, zumal sie im dichten Block standen. Die Innenstehenden konnten<br />

den Außenstehenden nicht helfen. Die entsetzten Bauern ergriffen die Flucht<br />

in Richtung des rettenden Stadttores oder ab in Richtung Worms. Aber für<br />

die meisten war es zu spät. Wer sich nicht rechtzeitig absetzen konnte,<br />

wurde gnadenlos erstochen. Über 4.000 blieben auf der Strecke 62 , die z.T.<br />

erwürgt wurden. Das Blut floss reichlich in den nahen Bach.<br />

Damit niemand während der stockdunklen Nacht aus der Stadt fliehen<br />

konnte, ließ der Feldhauptmann Pfeddersheim rings herum die ganze Nacht<br />

von 1.000 Reitern und 1.500 Fußknechten bewachen. Wachfeuer machten<br />

jeden Fluchtversuch unmöglich. Am nächsten Morgen ließ der Kurfürst<br />

zwischen und 7 und 10 Uhr 262 Kanonenschüsse auf die Stadt abfeuern.<br />

Dann gab die Stadt auf. Sie kapitulierten. „Sie gaben sich samt ihren Leib<br />

und Gut bedingungslos in meine gnädigste Herrn Hand“. Die Gesandten<br />

erhielten den Bescheid, so lieb ihr Leib und Leben wäre, keinen, besonders<br />

die Hauptverursacher nicht aus dem Flecken zu lassen. Danach haben wir<br />

befohlen, die Bauern und die Einwohner in drei Gruppen zu teilen bleiben.<br />

Also sind nach vollbrachtem Morgenimbs (genüsslichem Frühstück) am<br />

Samstag, Johannes Baptiste (23. Juni) meine gnädigste und gnädige<br />

Churfürsten und Fürsten mit den reiterlichen Zeugen auf einen Platz bei der<br />

außerhalb Pfeddersheim gelegenen Sankt Georgen Kirchen geritten. Die<br />

Fürsten verordneten, dass alle Bauern, so sie nicht in den pfälzischen<br />

Städten oder Dörfern ihren Wohnsitz hätten, nun herauskommen und ihnen<br />

zugeführt werden sollten. Man hatte einen großen Ring aus Fußsoldaten und<br />

Berittenen gebildet, in dem die Rädelsführer und die Rechtsbrecher<br />

abgesondert und ihre verdienten Strafe widerfahren sollten.<br />

Entsprechend des Befehls ließ der pfalzgräfliche Marschall und Ritter Herr<br />

Frowin von Hutten 63 an die 3.000 Bauern aus dem Tor herauskommen,<br />

nachdem sie zuvor im Städtchen ihre Waffen abgelegt hatten. Er zeigte<br />

ihnen, wohin sie zu gehen hätten und dass sich keiner unterstehen sollte, zu<br />

fliehen. Es sei nämlich dafür gesorgt, dass alle Fliehenden erstochen<br />

würden. Dann schloss man wieder das Stadttor und noch etwa 1.000 Bauern<br />

harrten in Pfeddersheim ihrer Aburteilung.<br />

61 ) Er bekam 50 fl. , Manfred Krebs, die kurpfälzischen Dienerbücher 1476 – 1685, in der<br />

Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 94<br />

62 ) Der Kurfürst Ludwig beziffert allerdings die Zahl der getöteten auf 1.500 Bauern.<br />

63 ) Frowin war ein Bruder des Ullrich von Hutten<br />

35


36<br />

36<br />

So zog man den Hügel hinauf. Aber die hintersten Bauern fingen zu fliehen<br />

an. Die Reiter galoppierten hinter her und erstachen alle, die sie erreiten<br />

konnten. Als die Reiter oben sahen, was unten geschah, zogen sie ihre Säbel<br />

und hauten gleichermaßen drauflos. Ehe der Pfalzgraf und seine Leute dem<br />

Morden Einhalt gebieten konnten, lagen über 800 tote Bauern herum. Von<br />

den Überlebenden wurden 30 mit dem Schwert hingerichtet. Die übrigen,<br />

wiewohl sie alle rechtsschuldig und hoch strafbar waren, begnadigte man<br />

und ließ sie nach gebührender Verpflichtung ziehen.<br />

Mittlerweile war es Abend geworden. Die Fürsten und ihre Soldaten zogen<br />

müde und erschöpft von dem Töten in ihr Lager. Deshalb wollte der<br />

Churfürst seinen Leuten eine weitere anstrengende Nachtwache ersparen. Er<br />

befahl seinem Marschall Wilhelm von Habern, die Sache selbst in die<br />

Hand zu nehmen. Demnach zog er mit der Rennfahne in die Stadt und<br />

versammelte die 1.000 Bauern auf dem Kirchhof. 500 von ihnen ließ er in<br />

der Kirche einsperren und von den Bürgern Pfeddersheim ein Kerbholz<br />

anfertigen, darin die Zahl (500) geschnitten war. Er befahl ihnen die Kirche<br />

abzusperren und alle Türen und Fenster zu verriegeln. Von Habern machte<br />

den Bürgern drastisch deutlich, wenn er am anderen Tag käme und einer<br />

würde an der Summe fehlen, dann würde er die entsprechende Zahl durch<br />

die Bürger auffüllen lassen und noch zur gleichen Stund köpfen lassen.<br />

Außerdem befahl Marschall von Habern den Bürgern, in allen Häusern,<br />

Kellern, Scheuern und anderen Orten nach versteckten Bauern zu suchen.<br />

Als am nächsten Morgen der Hauptmann Jacob von Fleckenstein und<br />

Leutnant Johann von Schonburg in die Stadt ritten, präsentierten ihnen die<br />

Bürger 300 weitere Bauern. Die Bürger hatten wohl durch Todesangst<br />

getrieben, die ganze Nacht fleißig nach ihnen gefahndet. Der Marschall ließ<br />

nach kurzer Anhörung 24 Übeltäter enthaupten, die anderen allesamt<br />

wurden begnadigt.<br />

Von dem Stadtrat wurden vier Leute hingerichtet. Die anderen Schuldigen<br />

waren tags zuvor mit den Bauern ins Feld gezogen und dort erstochen<br />

worden. Die Bürger mussten alle ihre Büchsen, Harnische und sonstige<br />

Waffen im Schloss zu Alzey abgeben. Die Stadt wurde ihrer lang<br />

hergebrachten Freiheiten beraubt. Sie huldigten sofort dem Kurfürsten. Im<br />

Laufe der nächsten Jahrzehnte verflog der fürstliche Zorn und Kurfürst<br />

Ottheinrich gewährte gleich zu Beginn seiner Regierung am 23.4.1556<br />

Pfeddersheim wieder die alten Rechte.<br />

„Am Donnerstag, den 29.6.1525 zog der Kurfürst mit seinen Kriegsleuten nach<br />

Freinsheim, um etliche am Leib, die anderen am Gut zu bestrafen. Er nahm der<br />

Stadt ihre Rechte und Freiheiten und alle mussten ihre Waffen und Harnische<br />

abgeben“.<br />

„Des anderen Morgens (Samstag, 30.6.) zog mein gnädigster Herr Pfalzgraf<br />

mitsamt den Fürsten nach Neustadt an der Hardt. Die trierischen Soldaten<br />

gingen nach Winzingen, die Reiter Herzog Ludwigs nach Mußbach und das<br />

Fußvolk samt der Artillerie lagerte bei Diedesfeld und Hambach. Da die Bürger<br />

Neustadts sich besonders übel verhielten und die Gesetze krass übertreten hatten,<br />

fiel ihre Strafe dementsprechend aus. Acht wurden auf dem Marktplatz mit dem<br />

Schwert hingerichtet und etliche Aufständische kamen in die tiefstgelegenen


37<br />

Verließe. Die Stadt musste 3.000 Gulden Strafe zahlen und wurde ihrer ganzen<br />

Rechte beraubt“ 64 .<br />

2.5. Das schrittweise Ende des Klosters Otterberg ab<br />

1546<br />

„Von der Mitte des 14. Jahrhunderts ab, mehrten sich die Schwierigkeiten, in die<br />

das Kloster geriet. Um das Jahre 1362 lassen sich erstmals Verkäufe urkundlich<br />

nachweisen. Dann wurden die wirtschaftlichen Schwierigkeiten schnell größer.<br />

König Ruprecht I. bat 1403 die Gläubiger, dem Kloster „Ziele und Stunde“ zu<br />

gewähren. Doch die Verschuldung wurde immer dramatischer. So verhandelte<br />

1426 Pfalzgraf Ludwig III. mit 37 Gläubigern, um einen Zahlungsaufschub zu<br />

erlangen. In diesem Zusammenhang übernahm der Pfalzgraf für 1.100 Gulden<br />

auch den Stüterhof, auf dem 80 wilde Pferde standen. 1504: schlimm erging es<br />

dem Kloster während des Bayerischen Erbfolgekrieges. Zuerst statteten sie für<br />

viel Geld zwei Wagen mit Kriegsmaterial aus und dann erpresste Pfalzgraf<br />

Alexander von Pfalz-Zweibrücken große Summen. Zu allem Unglück nahte der<br />

Bauernkrieg 65 :<br />

Ein ganzes Bündel von weiteren Ursachen beendete die Geschichte des Klosters.<br />

Die innere Glaubensleere war Zeichen für das erlöschende Glaubensfeuer. Kaum<br />

noch einer begeisterte sich für die alte, ausgebrannte Glaubenshülse. Martin<br />

Luther lag im Trend und nur die katholischen Kirchenoberen verkannten die<br />

Zeichen der Zeit. Dem Kloster Otterberg liefen die Mönche weg. So stand der<br />

letzte Abt Wendelin Merbot allein da. Wem gehörten das Kloster und der reiche<br />

Klosterbesitz? Natürlich der Glaubensgemeinschaft. Aber die war verschwunden<br />

und existierte nicht mehr. Ab dem 10.1.1546 wurde in Otterberg der Gottesdienst<br />

erstmals auf Deutsch gehalten und Ende 1560 erließ Kurfürst Friedrich III.<br />

folgerichtig den Auflösungsbescheid. Dadurch überführte er den umfangreichen<br />

Besitz des Klosters Otterberg in kurpfälzisches Eigentum, so wie es ihm der<br />

Herzog von Zweibrücken vor über 30 Jahren vorgemacht hatte. Der Kurfürst<br />

versüßte dem ehemaligen Abt seinen Abschied. Wendelin Merbot akzeptierte und<br />

verließ am 24.2.1561 Otterberg. Er führte von nun an den Titel eines<br />

kurpfälzischen Geheimen Rates und erhielt Pension. Er ließ sich im ehemaligen<br />

Otterberger Klosterhof in Worms nieder, wo er bereits am 31. Oktober 1561<br />

verstarb. Die Romantiker verklärten seinen Tod. Sie erklärten, er habe an<br />

Depressionen gelitten und sei an gebrochenem Herzen gestorben.<br />

Das kurpfälzische Oberamt in Kaiserslautern bestellte für den ehemaligen<br />

Klosterbesitz einen erfahrenen Verwalter, der damals den Titel Schaffner führte.<br />

Es war Hans (Johann) Engel Pfleger. Der ehemalige Klosterbesitz blieb also als<br />

Verwaltungseinheit beisammen.<br />

Gerhard Kaller recherchierte die anschließende religiöse Betreuung 66 . Der<br />

reformierte Pfarrer war demnach für Erlenbach, den Gersweilerhof, Morlautern,<br />

64 ) Willi Alter, die Berichte des Peter Harer vom Bauernkrieg, a.a.O. S. 104 ff,<br />

65 ) Geschichtsinteressierten empfehle ich zwei Bücher: 1. Dr. Günther Franz, Der deutsche<br />

Bauernkrieg 1525, Berlin 1925 und 2. Willi Alter, Der Aufstand der Bauern und Bürger im Jahre<br />

1525 in der Pfalz, Speyer 1998<br />

66 ) Gerhard Kaller, Otterberg, Band I, Otterbach, S. 202<br />

37


38<br />

38<br />

Weiler, Ungenbach und den Münchschwanderhof zuständig. Das Kirchspiel<br />

wurde um Sambach erweitert. Laut Kaller gab es 1570 in Erlenbach (ohne den<br />

Gersweilerhof) und Morlautern jeweils 14 Häuser. Hochgerechnet dürften damals<br />

fast 100 Menschen in Erlenbach gelebt haben. Die Liste der Steuerzahler der<br />

Türkensteuer von 1592 benennt auch die Familien, die damals hier wohnten. Der<br />

Erlenbacher Pfarrer bezog ein großzügiges Einkommen aus dem verstaatlichten<br />

Klosterbesitz. Danach erhielt er bar 70 Gulden und an Naturalien 30 Malter Korn,<br />

10 Malter Hafer, 5 Malter Spelz und 1 ½ Fuder Wein. 67 . Gerhard Kaller teilt uns<br />

nicht mit, ob der reformierte Pfarrer auch ein eigenes Pfarrgut bewirtschaftete, wie<br />

es zu mindest später gang und gäbe war.<br />

IM BESITZ DER KURPFALZ<br />

3.1. Erbstreit & Reformation<br />

Friedrich der Weise 68 , Kurfürst von der Pfalz war kinderlos geblieben. Im Jahr<br />

1545 lud er seine engsten, regierenden Verwandten zum Familien- und<br />

Beratungstag nach Heidelberg ein, um mit ihnen über die Verteilung des Erbes zu<br />

diskutieren. Wer sollte Kurfürst werden und wer welche Ländereien erben? Dies<br />

löste heiße Debatten aus. Die Interessen knallten hart aufeinander. Verständlich,<br />

wenn es um Geld und Einfluss geht. Die Streithähne hatten ihre Archivare und<br />

Juristen dabei, die auf alte Verträge verwiesen und Urkunden wälzten, um ihre<br />

jeweilige Position zu untermauern. Hier eine geringe Auswahl der Vielzahl der<br />

diskutierten Vereinbarungen.<br />

4.08.1329 Der wichtige Vertrag von Pavia betraf Bayern und<br />

die Pfalz. Aufgrund dieses Vertrages wurde Kurfürst<br />

Carl Theodor 1777 „König“ von Bayern<br />

18.02.1338 Erbteilung zwischen dem Rheingrafen Rudolf<br />

II und dem Kurfürsten Ruprecht I<br />

17.12.1353 Vertrag zu Mainz<br />

27.12.1356 Vertrag zu Nürnberg<br />

27.08.1368 Vertrag zu Heidelberg<br />

19.03.1490 Vertrag zwischen Kurfürst Philipp und Pfalzgraf<br />

Otto, Herzog Albrecht u. Herzog Georg von Bayern<br />

67 ) Mir erscheinen die Mengenangaben zu groß. Aber es könnte ja auch sein, dass der Pfarrer damit<br />

seine Mägde, Knechte, Kirchendiener etc. bezahlen musste.<br />

68 ) Friedrich der Weise wurde 1482 geboren. Sein Vater war der 7. Kurfürst, Philipp, genannt der<br />

Aufrichtige * 1448 – 1508. Von 1508 bis 1544 war sein Bruder Ludwig V., genannt der<br />

Friedfertige der 8. Kurfürst. Nach dessen Tod in 1544 wurde Philipps vierter Sohn Friedrich der<br />

Weise der 9. Kurfürst. Er starb 1556!


39<br />

15.03.1524 Vertrag zu Nürnberg zwischen Kurfürst Ludwig zu<br />

Pfalz und dessen Bruder Friedrich, dem Pfalzgrafen<br />

Ottheinrich und Philipp von Neuburg, den Herzögen<br />

Wilhelm und Ludwig von Bayern<br />

Den dennoch erreichten Erbschaftsvertrag (damals Vergleich genannt)<br />

unterschrieben alle. Nachzulesen ist es in Tolner Codice Palatino, pag 166 &<br />

167. Auf einem zweiten Familientag bestätigten die Beteiligten diesen Vergleich<br />

am 18. März 1551. Aber damit war noch lange kein Frieden zwischen den<br />

Streithähnen eingekehrt. Etliche kritische Fragen mussten 1553 in Heidelberg<br />

nachverhandelt werden.<br />

Kurfürst Friedrich II. trat anfänglich sehr zögerlich der Reformationsbewegung<br />

bei. Am 3. Januar 1546 69 gestattete er den ersten öffentlichen evangelischen<br />

Gottesdienst in der Heiliggeistkirche zu Heidelberg. Bereits eine Woche später<br />

war es auch in Otterberg/Erlenbach so weit. Der Pfarrer schrieb am 10.1.1546<br />

Französisch ins Kirchenbuch. Die Übersetzung 70 lautet: >Friedrich, Kurfürst der<br />

Pfalz beginnt die Reformation in seinem Land. Anstatt der katholischen<br />

Messe muss das Evangelium und der ganze Gottesdienst in der Sprache des<br />

Volkes gehalten werden


40<br />

40<br />

3.2. Kurfürst Ottheinrich 1556 - 1559 73<br />

von Frieder Hepp 74<br />

Die ersten Anordnungen des 54jährigen Kurfürsten nach seinem Regierungsantritt<br />

im März 1556 in Heidelberg betrafen die Einführung der reinen Lehre in der<br />

Kurpfalz 75 . Zu jener Zeit hatten sich mehrere Ausprägungen des Protestantismus<br />

in Deutschland etabliert, unter denen Ottheinrich für die Ausgestaltung des Pfälzer<br />

Kirchenwesens die Wahl zu treffen hatte.<br />

1556, 10. April: Die Einführung der Reformation in der Kurpfalz geschah durch<br />

den Landesherrn per Erlass. Er befahl seinen weltlichen Amtsträgern, so auch dem<br />

Amtmann von Kaiserslautern „gegen den falschen Gottesdienst, die<br />

Sakramentshäuslein, Ölbuchsen, gesegnete Öle, Weihwasser, Salz, Palmen,<br />

Lichter und was deren abergläubigen Stuck mehr sei, ganz und alles zu<br />

unterlassen und abgestellt werden sollen. Das Sakrament und die liturgischen<br />

Gesänge wurden verboten, ferner der Gebrauch der Hungertücher. Die<br />

Ausstellung und das Umhertragen des Sakramentes hatten bei Androhung einer<br />

Geldstrafe in Zukunft zu unterbleiben, wie das Weihen von Gegenständen und<br />

anderes abgöttisches Ding. Ottheinrich verstand die Reformation der Kirche als<br />

Wiederherstellung des reinen, alten christlichen Glaubens.<br />

Die neue Kirchenordnung bildete die Rechtsgrundlage für die<br />

„Kirchenvisitation“ im Lande. Die Visitatoren, heute würden wir sie als<br />

Kontrolleure bezeichnen, bereisten im Herbst 1556 sechs Wochen lang die<br />

Kurpfalz und sahen sehr schnell, dass die Kirchenreform nicht ohne erhebliche<br />

Widerstände durchgesetzt werden konnte. Sie fanden allerlei abgöttische Bilder,<br />

Altare, Tafeln, Kreuzfahnen und dergleichen papistische Zeremonien, an denen<br />

der gemeine Pöbel noch hing. Nach württembergischem und norddeutschem<br />

Vorbild verpflichtete Ottheinrich anschließend seine Amtmänner, die schändliche<br />

und schädliche Abgötterei der Bilder und Altäre und dergleichen zu entfernen.<br />

Nur noch der Hauptaltar durfte in der Kirche verbleiben.<br />

Kurfürst Ottheinrich löste damit den ersten Bildersturm in der Kurpfalz aus.<br />

Angeblich half er in Heidelberg sogar eigenhändig mit, die Heiliggeistkirche von<br />

dem papistischen Götzenwerk zu reinigen. In der Regel sollte die Entfernung in<br />

geheimer Stille erfolgen. Zum Beispiel sollten nur wenige Personen nachts oder in<br />

aller Frühe bei geschlossener Kirchentür die Götzenfiguren beseitigen. Aufgabe<br />

der Geistlichen war es dann, das Volk über die Verwerflichkeit der<br />

Bilderverehrung aufzuklären.<br />

Nachdem die erneute Kontrolle (Visitation) flächendeckend die Leerung der<br />

Kirchen bestätigte, erließ Ottheinrich mehrere Verfügungen zum Aufbau der<br />

kurpfälzischen Kirchenorganisation, wobei er sich im Wesentlichen an dem<br />

73<br />

) Ottheinrich kam am 10.4.1502 in Amberg auf die Welt. Seine Eltern waren Ruprecht von der<br />

Pfalz (1481 – 1504) und Elisabetha von Bayern - Landshut. Er verbrachte eine lebensfrohe<br />

Kindheit. Wurde 1522 Regierungschef von Pfalz-Neuburg an der Donau und war 1525 an der<br />

Niederschlagung der bäuerlichen Revolution beteiligt. Ottheinrich lebte weit über seine<br />

Verhältnisse. 1542 konvertierte er offiziell zum Luthertum und betrieb aktiv die Reformation..<br />

74<br />

) Hepp Frieder, „mit der Zeyt, Kurfürst Ottheinrich als Landesherr, in Pfalzgraf Ottheinrich,<br />

Regensburg 2002, S. 94 ff.<br />

75<br />

) Ottheinrich hob am 23.4.1556 die Bestrafung Pfedderheims aus dem Bauernkrieg von 1525 auf<br />

und gewährte der Stadt wieder die alten Stadtrechte. (siehe S. 86)


41<br />

Vorbild des Neuburger Herzogtums orientierte. Er setzte den Kirchenrat ein, der<br />

von Theologen und Juristen besetzt war. Er überwachte und leitete die Kirchen<br />

und Schulen des Landes Mit der geistlichen Leitung betraute er entsprechend der<br />

vier großen Bezirke je einen General-Superintendenten.<br />

Ottheinrich verstarb am 12. Februar 1559 in seinem Schloss in Heidelberg.<br />

3.3. Bildersturm in Lautern in 1556<br />

Quelle: Urkundenbuch der Stadt Kaiserslautern, Urkunde 414, Band II.<br />

Kurfürst Friedrich II. war ein weiterer Motor der Reformation. Der Rat der<br />

Stadt Kaiserslautern zwang den Dekan und das Kapitel der Lauterer Kirchen<br />

„Unserer Lieben Frau und Sankt Martinsstiftes“ lutherische Prediger zu dulden.<br />

Nicht nur dass sie die Kirche betreten durften, sondern sie durften auch von der<br />

Kanzel predigen. Die katholische Kirchenverwaltung empfand es zudem als<br />

Zumutung, dass sie sogar jährlich 250 Gulden zum Unterhalt der neuen Prediger<br />

beisteuern mussten. Anfänglich erhielten die Katholiken die Zusicherung, dass die<br />

Protestanten sich mit der Barfüßerkirche in Lautern begnügen müssten und dürften<br />

weder bei den Messen, noch bei den Stundengebeten und Predigten stören.<br />

Dieses Versprechen brachen jedoch die Protestanten. Vor allem der Gottesdienst<br />

in der Stiftskirche sei sehr oft verunglimpft worden. Die Störer hätten gespottet,<br />

gelästert und gescholten (verspott, gelestert und geschendt). Zur Osterzeit 1556<br />

verbot Ottheinrich dann durch seinen Amtmann den gesamten katholischen<br />

Gottesdienst in Kaiserslautern. Außerdem erpresste der Amtmann durch die<br />

Beschlagnahme Einnahmen der beiden Kirchen und des Klosters, die Prediger und<br />

Schulmeister der “neuen Sekte“ mit jährlich 400 Gulden, sechs Fuder und ein<br />

Ohm Wein, 100 Malter Korn und 60 Malter Hafer zu bezahlen (alimentieren).<br />

Nach der ersten Visitation griffen der Amtmann und der Landschreiber im Auftrag<br />

des Landgrafen Ottheinrich hart durch. Zu Beginn des Jahres 1557 ließen die<br />

beiden Beamten unter militärischem Schutz die Altäre abräumen. Sie entfernten<br />

die Mess- und Gesangsbücher, die Tafeln, die dekorativen Heiligenfiguren und<br />

alle liturgischen Gegenstände und versiegelten dann die Sakristeitür.<br />

Den Pfarrern, Vikaren wurde befohlen, die Pfälzische Kirchenordnung mit<br />

deutschem Psalmengesang, Kinderlehre und allem Übrigen zu befolgen. Ein Vikar<br />

ließ sich überreden, zu heiraten. Dafür erhielt er die Zusicherung zukünftiger<br />

Pfründe aus den Einkünften der Stiftskirche. Der bisherige Pfarrer der Stiftskirche<br />

wurde abgesetzt und musste das Pfarrhaus räumen.<br />

Die Lauterer Katholiken protestierten lauthals, doch es half ihnen nichts. Sie<br />

wandten sich an ihren vorgesetzten Bischof Dietrich von Worms. Dies war auch<br />

vergeblich. Entsetzt schrieben sie im August 1557 an den Deutschen König<br />

Ferdinand I. 76 . Ihrem Bittschreiben legten sie Abschriften der alten Urkunden seit<br />

76 ) Das französische Kirchenbuch Otterbergs enthält folgende Notiz: Der Kaiser Ferdinand erließ<br />

1566 auf dem Reichstag zu Nürnberg ein Dekret, in dem er den Calvinismus in seinen Landen<br />

abschaffte.<br />

41


42<br />

42<br />

Friedrich I. bei und verwiesen auch auf die Privilegien und Zusagen diverser<br />

Päpste. Sie schilderten mit drastischen Worten, wie das Kloster in ein weltliches<br />

Kollegialstift umgewandelt wurde. Sie hätten mit den Pfalzgrafen Ludwig V. und<br />

Friedrich II. einen Vertrag schließen müssen, der ihre Pflichten neu festgelegt<br />

hätte. Dies alles würde gegen Augsburger Religionsfrieden von 1555 verstoßen 77 .<br />

Dadurch wurde ein jahrelanger Schriftverkehr zwischen König und Kurfürst<br />

ausgelöst, wie wir in dem Urkundenbuch nachlesen können. Der König entschied,<br />

aber der Kurfürst handelte anders. Mit dem Tod Ottheinrichs am 12.2.1559<br />

endete nicht der Religionsstreit. Im Gegenteil, 1559 eskalierte der Streit, nachdem<br />

auch noch im Juli die Hochaltäre abgerissen wurden. (Urkunde 426) Kurfürst<br />

Friedrich III.. führte konsequent die Reformation weiter!<br />

3.4. Kurfürst Friedrich III. (1559 – 1576)<br />

genannt der Fromme, war von 1559 – 1576 der elfte Kurfürst der Kurpfalz. Sein<br />

Hauptinstrument zur Verbreitung der kalvinistischen Lehre war die Universität<br />

Heidelberg. Noch unter Friedrich entwickelte sich die Universität zur Keimzelle<br />

und Pflanzstätte für eine weit reichende Erneuerung der evangelischen Kirche.<br />

Die Universität Heidelberg gewann durch ihre kalvinistische Orientierung<br />

ungemein an Bedeutung. So wurde sie noch vor Leiden und Genf die damals<br />

bedeutendste reformierte (d. h. kalvinistische) Hochschule des Reiches. Für die<br />

kalvinistischen Studenten war sie eine Attraktion, die Studenten aus dem<br />

gesamten deutschen Sprachraum nach Heidelberg anzog, zumal der Kurfürst die<br />

Hochschule durch großzügige Spenden reich ausgestattet hatte. Die Universität<br />

gewann an internationalen Ruf, der bis in die Neuzeit reichte.<br />

Katechismus: Die Bedeutung, die die Universität Heidelberg für die reformierte<br />

Kirche hatte, erkennt man daran, dass - mit dem "Heidelberger Katechismus"<br />

(1563) - deren wichtigste Bekenntnisschrift in Heidelberg entstand. Das Werk<br />

entstand auf Veranlassung von Kurfürst Friedrich III. 78 . Autoren waren die<br />

Pfälzer Theologen Caspar Olevianus (1536-1587) und Zacharias Ursinus<br />

77 ) 1558, „Kompositionstag“ in Frankfurt. Teilnehmer waren die lutherischen Herrscher:<br />

• Kurfürst Ottheinrich,<br />

• Kurfürst August von Sachsen (Schwager Herzog Wolfgangs)<br />

• Kurfürst Joachim von Brandenburg,<br />

• Herzog Christoph von Württemberg (Schwager Herzog Wolfgangs),<br />

• Landgraf Philipp von Hessen (Schwiegervater Herzog Wolfgangs),<br />

• Markgraf Carl von Baden und<br />

• Herzog Wolfgang<br />

Die Konferenzteilnehmer beschlossen die Harmonisierung und Vereinheitlichung von<br />

Glaubensfragen, die in folgenden Themenkreisen erarbeitet wurden. (Neudeutsch: Headlines der<br />

Workshops)<br />

1. Die Rechtfertigung des Menschen vor Gott,<br />

2. Die Notwendigkeit der guten Werke,<br />

3. Die Gemeinschaft des Leibes und Blutes Christi im Abendmahl, entsprechend der<br />

Augsburger Abmachung<br />

4. Die Adiaphoris und Kirchengebräuche.<br />

Die Tagungsteilnehmer stimmten ihr gemeinsames Vorgehen in der Schulpolitik ab und beschlossen<br />

etliche Reformen. Man könnte sagen, die Vorboten der Aufklärung zogen durch diese deutschen<br />

78 ) Kurfürst Friedrich III., genannt der Fromme, war der 11. Kurfürst und regierte von 1559 bis<br />

1576.


43<br />

(1534-1583). Mit dem "Heidelberger Katechismus" schufen sie nicht nur die<br />

Grundlage der kurpfälzischen Theologie, sondern auch ein bis heute gültiges<br />

Glaubensbekenntnis für den Kalvinismus in aller Welt. Der "Heidelberger<br />

Katechismus" zählt zu den weltweit meistgedruckten Büchern<br />

Reichstag zu Augsburg<br />

Auf der Tagesordnung standen drei Themen. Zum einen der Religionsfrieden.<br />

Dort versuchte Kaiser Maximilian II. von Habsburg für eine Eindämmung des<br />

Protestantismus im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation zu sorgen und<br />

den Katholizismus in möglichst allen Fürstentümern des Reichs durchzusetzen.<br />

Maximilian II. berief zu diesem Zweck den Augsburger Reichstag (1566) ein.<br />

Dass Maximilian II. den Reichstag in Augsburg stattfinden ließ, impliziert den<br />

Hinweis darauf, dass die hier zur Debatte stehende Hinwendung der Kurpfalz zum<br />

Kalvinismus, einen Verstoß gegen den Augsburger Religionsfrieden von 1555<br />

darstellte. Friedrich III. konnte dem Kaiser jedoch relativ stark gegenübertreten,<br />

da die lutherischen Reichsstände wie Hessen, Sachsen, Württemberg und Pfalz-<br />

Zweibrücken zu ihm hielten. Auf Grund dieser Umstände konnte der Kaiser seine<br />

religionspolitischen Ziele auf dem Augsburger Reichstag nicht durchsetzen. Die<br />

Kurpfalz blieb also weiterhin kalvinistisch. Der zweite Punkt war die Reichsacht<br />

gegen einen aufmüpfigen Fürsten, der von der Wegelagerei nicht lassen wollte.<br />

Die letzte aber entscheidende Sache war die türkische Aggression. Die<br />

Teilnehmer beschlossen zur Finanzierung eine Türkensteuer, deren Einnahmen<br />

bei Weitem die Erwartungen übertrafen. Direkt von Augsburg brachen die Fürsten<br />

in Richtung Ungarn auf, um dort wieder die alte Ordnung herzustellen. Wir<br />

wissen dies von Herzog Wolfgang von Zweibrücken, der mit seinem ältesten<br />

Sohn und 300 Reitern sich aktiv beteiligte. Aber auch einfache Leute z.B. aus KL<br />

gingen nach Ungarn (damals Hungarn genannt), um die Bedrohung abzuwehren<br />

1566 Die Liebe zur Kircheneinheit bekam einen Schlag versetzt. Denn Kaiser<br />

Ferdinand ließ in dem Bezirk Naumburg ein Dekret verlesen, in dem er den<br />

Kalvinismus in den kurpfälzischen Staaten verbot. So steht es im Vorwort des<br />

Otterberger Kirchenbuches. Dieser Erlass brachte dem Kaiser außer Ärger nichts<br />

ein.<br />

3.5. Die neue, strenge Sittlichkeit 79<br />

Herzog Ottheinrich begann noch als Herrscher des kleinen Fürstentums Neuburg<br />

an der Donau das Fluchen und das Zuprosten zu verbieten. Nachdem er sich der<br />

Reformation angeschlossen hatte, forderte er für alle das strikte Leben nach den<br />

10 Geboten. Die neue kurpfälzische Kirchenordnung ab 1556 regelte nun das<br />

gesamte Privatleben und schuf mit den Kirchen-Zensoren bereitwillige<br />

Überwachungsmänner, die ihre Augen und Ohren überall im Dorf hatten. Bei den<br />

Kirchenvisitation (Kontrollen) stellten die Beamten ein äußerst lockeres Leben<br />

79 ) Westphal Siegrid, Ottheinrich und die Anfänge der Kirchenzucht in Pfalz-Neuburg, Regensburg<br />

2002, S. 153 ff<br />

43


44<br />

44<br />

fest. Die Pfarrer bemängelten den geringen Besuch des Gottesdienstes und die<br />

seltene Einnahme des Abendmahles. Die neuen Pfarrer hatten einen schweren<br />

Stand gegen den eingerissenen Schlendrian, der im letzten Jahrhundert üblich<br />

geworden war. Ab sofort war es Pflicht, den Sonntags-Gottesdienst zu besuchen.<br />

Wer ihn unentschuldigt versäumte, musste mit harten Strafen rechnen.<br />

Die Untertanen waren etlichen Tätigkeiten oder Vergnügungen nachgegangen,<br />

während der Pfarrer sich von der Kanzel die Seele aus dem Leib redete. Die<br />

Berichte sprechen von Fressen und Saufen in Wirtshäusern, vom Spazierengehen<br />

in den Gassen, Ballspielen und vom Tanz. Gerade der letzte Punkt war der<br />

zentrale Punkt einer umfassenden Klage über den sittenlosen Zustand der Jugend.<br />

Schnell hatte man den Tanz als den Hort der Unzucht und den Grund allen Übels<br />

bestimmt. So verbot die Obrigkeit alle Bräuche und Gelegenheiten, sich ohne<br />

Aufsicht dem anderen Geschlecht zu nähern. Die Sonntagstänze und die Tänze in<br />

der Nacht wurden verboten.<br />

Auf Hochzeiten und Schulfesten auf der junge Leute in ehrlicher Freundschaft<br />

zusammen waren, musste es richtig züchtig zugehen, damit kein Ärgernis, keine<br />

Unzucht und kein Übel aufkam. Die jungen Gesellen mögen die Jungfrauen wie<br />

von Alters her von und zum Tanz ehrlich zu ihren Eltern und Herrschaften<br />

begleiten und führen. Sonst aber, wird auf dem Lande bei Strafe verboten sein,<br />

dass Knecht und Magd miteinander zum Tanzen gehen, noch miteinander<br />

leichtfertig sprechen. Des Weiteren wurde verboten, dass Mägde und Knechte,<br />

bzw. Knechte in den Spinnstuben zusammenkommen. Außerdem soll das junge<br />

Volk vor der Ehe nicht mehr gemeinsam in Betten schlafen. Auch auf Hurerei und<br />

jegliche außereheliche Sexualität sollte geächtet werden. Hinsichtlich einzelner<br />

auffälliger Personen, die man des Ehebruchs, der Hurerei oder Unzucht<br />

verdächtigte, erging an die Pfarrer und die Schultheißen die Anweisung, die<br />

Verdächtigen zu melden. Verstöße wurden ab 1556 hart bestraft, wie sie unter<br />

3.6. nachlesen können.<br />

Weitere Maßnahmen richteten sich gegen Zauberei & Segnerei, die Trunk- &<br />

Spielsucht, das Fluchen und Gotteslästerung wurden bestraft.<br />

3.6. Nymphomanin wird 1579 ertränkt<br />

Quelle: Urkundenbuch der Stadt Lautern, Band II, Urkunde 475<br />

1579, im Juli ritt der Wirt Hans Dorn von Alsenbrück voller Zorn nach<br />

Kaiserslautern. Empört und aufgeregt ging er zum Stadtschreiber und zeigte seine<br />

Frau an. Er sagte, er habe heimlich seine Frau beim Sex mit dem angestellten<br />

Knecht belauscht. Er habe aber den schlimmen Verdacht, seine Frau würde bereits<br />

seit langem hemmungslos das strikte Gebot der ehelichen Treue verletzen. Der<br />

Amtmann war entsetzt. Diesem nymphomanischen Treiben musste er Einhalt<br />

gebieten und die Sünder hart bestrafen. Am späten Nachmittag des 6. August ritt<br />

der Amtmann mit 6 Bewaffneten nach Alsenbrück. In Sichtweise des Dorfes<br />

wartete die kleine Gruppe die Nacht ab. Als es richtig dunkel war, führte der<br />

gehörnte Wirt Hans Dorn die Polizeitruppe zu seinem Haus. Und tatsächlich sie<br />

erwischten das treulose Weib in den Armen des zärtlichen Knechtes. Schnell<br />

waren beide gekettet. An Flucht war nicht mehr zu denken.<br />

In Lautern angekommen, warf man beide in den Turm. Da die Delinquentin nicht<br />

mit der Wahrheit rausrückte, ließ der Amtmann sie peinlich befragen. Heute nennt


45<br />

man dies foltern. Wahnsinnige Schmerzen lockerten die Zunge und das<br />

„Drecksweib“ gestand. Sie habe es noch mit Schuwen und Franz Eychappell<br />

Sohn getrieben. Der Amtmann informierte und bat den Otterberger Rechtspfleger<br />

Severin Sauer 80 um Amtshilfe. Der entsandte umgehend Bewaffnete nach<br />

Alsenbrück und ließ die Familienväter Schuwen und Franz Eychappel verhaften.<br />

Außerdem beschlagnahmten die Otterberger das Eigentum der Rechtsbrecherin.<br />

Es waren beachtliche 40 Gulden und ihr Vieh, das sie mit in die Ehe gebracht<br />

hatte.<br />

Noch im September tagte das Gericht. Die Strafen waren drakonisch. Der beim<br />

Ehebruch ertappte Knecht erhielt eine Strafe von etwa 50 Talern, die beiden<br />

Familienväter mussten jeweils 40 berappen. Und was geschah mit der<br />

Nymphomanin, die ihre lodernden Flammen der Leidenschaft nicht bändigen<br />

konnte. Der Henker ertränkte sie unter tosendem Beifall der Lauterer im<br />

Kaiserwoog.<br />

Und woher wissen wir das? Alsenbrück gehörte zum Besitz des ehemaligen<br />

Klosters Otterberg. Das Kloster war zwar eine Körperschaft des Öffentlichen<br />

Rechts gewesen, unterstand aber trotzdem der Oberhoheit der Kurpfalz. 1507<br />

hatte noch das Kloster Otterberg mit dem Amt in Kaiserslautern die Zuständigkeit<br />

der Polizei und der Gerichtsbarkeit geregelt. Jetzt war das Kloster verstaatlicht<br />

und der Besitz war an die Kurpfalz gefallen. Israel Diefenbach aus Flörsheim<br />

war Keller zu Neuhemsbach, in dessen Bezirk Alsenbrück lag. Diefenbach war<br />

eigentlich der zuständige Beamter und Richter des kurpfälzischen Amtes<br />

gewesen. Er beschwerte sich bei Michael Clodius, dem Stadtschreiber und Notar<br />

Kaiserslauterns, der darüber am Montag, den 3.11.1579 auf Pergament die<br />

Urkunde # 475 anfertigte. (Siehe oben)<br />

80 ) Severin Sauer aus Bacherach wurde am 6.6.1566 als Stadtschreiber Lauterns eingeführt. Am<br />

9.5.1571 ernannte ihn der Pfalzgraf zum Rechtspfleger in Otterberg. Otterberg wies ihm ein<br />

kostenfreies Haus und einen Jahresgehalt von 60 Gulden zu. Für seinen Büttel erhielt er<br />

nochmals 10 Gulden. Außerdem verwies man ihn auf die vielfältigen sonstigen Einnahmen.<br />

45


46<br />

46<br />

3.7. Schulpflicht & Schulhausbau<br />

Maßgeblich der Schulordnung ist der „vierte Teil von Erhaltung Christlicher<br />

Schulen und Studien“ Diese Kirchordnung war nach dem Muster der vom<br />

Kurfürsten Ottheinrich 1556 für die Kurpfalz erlassenen und der des Herzogs


47<br />

Christoph von Württemberg aus dem Jahr 1559 abgefasst worden. Die Fürsten<br />

und ihre Berater machten keinen Alleingang. Sie ließen den Entwurf von<br />

führenden reformatorischen Theologen überprüfen, die ihn ergänzten. Sie hatten<br />

Melanchthon 81 und Dr. Brenz mit diesen Arbeiten beauftragt. Bereits 1557 ließ<br />

Pfalzgraf Wolfgang seine Kirchenordnung mit obigen Titel zum ersten Mal in<br />

Druck gehen. Ab 1560 galt sie in Neuburg. Die Kirchenordnungen waren keine<br />

trockenen Anweisungen. Im Gegenteil, sie enthielten im Anhang teils lateinische,<br />

aber vor allem deutsche Kirchengesänge, nebst prächtigem Musikdruck. Diese<br />

Druckschrift erlebte mehrere Auflagen, so auch 1570 durch seine Söhne Philipp,<br />

Ludwig und Johann. Die Kirchen- und Schulordnung war verpflichtend und ging<br />

an alle Ämter und Oberämter. Auch die adeligen Lehnsherren wie Grafen und<br />

Ritter wurden zur strengen Einhaltung angehalten!<br />

Anfang 1561 nahm Herzog Johann Casimir am Konvent der protestierenden<br />

(Protestantischen) Reichsstände in Naumburg teil, wobei es im Wesentlichen um<br />

die zentrale Frage des Abendmahles ging. Am 8.2.1561 führte dies zu einer<br />

Berichtigung des Augsburger Beschlusses, dem dann auch die freie Reichsstadt<br />

Nürnberg zustimmte. Den Beschluss übermittelten die Teilnehmer dem deutschen<br />

Kaiser („ seine Römische Majestät“).<br />

Das Zölibat wurde aufgehoben. Das Entstehen des ehrenwerten Standes<br />

verheirateter Seelsorger und ihrer Familien kann ebenfalls als eine günstige Folge<br />

der Reformation bezeichnet werden. Aus diesen Pfarrerfamilien gingen viele<br />

bedeutende Männer und Frauen hervor, wie z. B. der berühmte Maler Anselm<br />

Feuerbach, der Philosoph Feuerbach, alles Nachfahren des Pfarrers Johannes<br />

Feuerbach, der 1750 in Niederkirchen starb. Dies sind nur zwei Beispiele, die für<br />

Tausende erfolgreicher Künstler, Wissenschaftler und Ingenieure stehen.<br />

1558 packte Herzog Ottheinrich die Gründung, bzw. die Reform des<br />

Schulwesens an. Er ließ sich von Fachleuten beraten und berief Johann<br />

Marbach 82 von Straßburg, Hieronymus Pesold, Augustin Eck, Walter Drechsel,<br />

Cunman Flinsbach & Dr. Veit Ruder. Was dabei herauskam war revolutionär. Das<br />

Schulsystem der Zweibrücker wurde in Deutschland richtungweisend. Jeder Ort<br />

erhielt eine Kinderschule, die später Volksschule genannt wurde. Sie bestand aus<br />

vier Klassen, damals Häuflein 83 genannt. Jede Gemeinde musste ein Schulhaus,<br />

nebst Türmchen für die Schulglocke errichten. Die Dörfer schafften außerdem<br />

eine Glocke an, die stündlich geläutet wurde. Sie bestimmte den Tagesablauf und<br />

war Orientierung. Bei Geburten, Hochzeiten, Tod und Beerdigungen erklang sie<br />

im bestimmten Rhythmus, so dass jeder Bescheid wusste. So hörte jeder, ob ein<br />

Mann oder eine Frau gestorben war. Bei Brand und Katastrophen läutete der<br />

Schuldiener Sturm und holte Hilfe herbei.<br />

81 ) Bei Melanchthon studierte auch Lit Johann Wolf<br />

82 ) „Im Jahre 1564 wollte Herzog Wolfgang den ausgezeichneten Theologen Dr. Johann<br />

Marbach, Präsident des Kirchenkonvents in Straßburg zu seinem Kirchenrat und<br />

Generalsuperintendenten des Herzogtums Zweibrücken berufen, um dessen Dienste zur<br />

Überwachung der Kirchen- und Schulangelegenheiten und Abfassung der consilia theologies<br />

zu gebrauchen. Der Magistrat in Straßburg entließ jedoch Dr. Marbach nicht aus seinen<br />

Diensten“ und gestattete ihm nur, als Berater tätig zu werden Dr. Nathanel Schlichtegroll<br />

Herzog Wolfgang von Zweibrücken und Neuburg, München 1850, S. 22 ff.<br />

83 ) Originalschreibweise von 1557 aus der Kirchenordnung!<br />

47


48<br />

48<br />

In Bergzabern, Zweibrücken, Kusel & Meisenheim entstanden zudem höhere<br />

Trivialschulen. Sahnehäubchen waren die im Jahr 1559 eröffneten Gymnasien in<br />

Hornbach und zu Lauingen im Herzogtum Neuburg.<br />

Doch wer unterrichtete in den Volksschulen? Die Kirchenbehörden bestellten<br />

Schuldiener und Schulmeister. Der Schulunterricht war ein wichtiger Bestandteil<br />

des kirchlichen und somit täglichen Lebens. Von daher bot es sich an, erstmals<br />

Pfarramtkandidaten mit dem Unterricht zu beauftragen. Wie z. B. Johannes<br />

Kupper (Cuperus), der aus Mais in Belgien stammte. Im Dezember 1594 schrieb<br />

er sich zum theologischen Studium in Heidelberg ein. Vom 4.12.1600 bis Ende<br />

1603 war er Schulmeister in Otterberg. .<br />

Die Kurpfalz hatte wegen des verstaatlichten katholischen Kirchenvermögens<br />

ausreichend Finanzmittel, um die Schuldiener und Schulmeister nach damaliger<br />

Auffassung gut zu bezahlen. Die Stadt Landau errichtete 1527 die erste deutsche,<br />

lutherische Schule. Der deutsche Schulmeister hatte im Katechismus und im<br />

Lesen und Schreiben zu unterrichten. 20 Jahre später bestellte der Landauer<br />

Stadtrat noch einen Rechenmeister, der das Bildungsspektrum ergänzte.<br />

Sehr viel schwieriger war die Einrichtung des Schulwesens in der ärmeren West-<br />

und Nordpfalz. Aber gerade das Herzogtum Zweibrücken forcierte und<br />

subventionierte sehr großzügig die Errichtung von Dorfschulen und die<br />

Einstellung von Lehrern durch erhebliche Zuschüsse. Zweibrücken war Vorreiter<br />

und verabschiedete die Polizeiordnung, die es ermöglichte Schulschwänzern vom<br />

Dorfbüttel vorführen zu lassen. Als wesentliche Anforderung an einen Lehrers<br />

wurde überall dessen Rechtgläubigkeit betrachtet. Dies ist mit dem Hintergrund<br />

der Reformation verständlich, als sich ehemalige katholische Priester und Mönche<br />

um einen Job bewarben, den sie innerlich aber nicht auszufüllen gedachten.<br />

Für die Zeit 1520–1600 ist wenig Material über die deutsche Volksschule<br />

erhalten. Dies beklagte schon Dr. Philipp Keiper 84 , der in 1892 die Ergebnisse<br />

seiner Forschungsarbeit veröffentlichte.<br />

3.8. Johann Casimir kämpft 1568 - 1569<br />

Kurfürst Friedrich III., der Fromme vermied Kriege. Aber sein Lieblingssohn<br />

Pfalzgraf Johann Casimir 85 war ganz anderes. Er war heißblütig, sehr emotional<br />

und hatte am französischen Hof eine ritterliche Erziehung erfahren. Dies prägte<br />

seinen tatendurstigen und kriegerischen Charakter. Seine Vorbilder waren u.a.<br />

Markgraf Albrecht (Alcibiades) von Brandenburg & Kulmbach und Herzog<br />

Moritz von Sachsen, die gegen Kaiser und Klerus gekämpft und teilweise<br />

verloren hatten. Dank seiner Erziehung war er ein eifriger Kämpfer der<br />

Reformation. Dafür trat er auch bedingungslos ein. Er engagierte sich zweimal<br />

persönlich mit viel Geld und Leidenschaft in den Hugenottenkriegen 1567–1568<br />

und dann wieder 1575–1576.<br />

Nach dem ersten Friedensschluss versuchte Katharina von Medici vier Jahre<br />

lang den zerbrechlichen Frieden zwischen den beiden Parteien sowohl in den<br />

Städten wie auch am Hof aufrechtzuerhalten. Der Friede zerbrach im Herbst<br />

1567, als sich die Hugenotten in die Enge gedrängt fühlten. In diesem zweiten<br />

84 ) Keiper, Philipp, Neue urkundliche Beiträge zur Geschichte des gelehrten Schulwesens im<br />

früheren Herzogtum Zweibrücken, Zweibrücken 1892, Pfalzbibliothek ZM 3726<br />

85 ) Johann Casimir, * 7.3.1543, † 6.2.1592 in Heidelberg


49<br />

Hugenotten Krieg eilte Pfalzgraf Johann Casimir 86 mit kurpfälzischen<br />

Truppen zu Hilfe.<br />

Johann Casimir hatte 6.000 Landsknechte engagiert, deren Sold eigentlich später<br />

von den Hugenotten bezahlt werden sollte. An Anrittsgeld und erste<br />

Soldzahlungen mussten aus der kurpfälzischen Kasse erst mal 60.000 Gulden<br />

aufgebracht werden. Anfänglich lief es auch ganz gut, denn die alliierten<br />

Hugenotten-Truppen waren den katholischen überlegen. Seine Truppen gewannen<br />

die Schlacht bei Nuits in Burgund und später an der Loire. Dann kam aber der<br />

harte Winter und der Prinz von Condé kam mit seinen versprochenen<br />

Geldzahlungen stark in Verzug. Da die Soldaten nichts mehr kaufen konnten,<br />

raubten und plünderten sie. Die Hauptleute wurden nicht mehr Herr der wilden<br />

Truppe. Deshalb schloss der Prinz von Condé (gegen den Willen Johann Casimirs)<br />

am 23.3.1568 mit der katholischen Partei „das Traktat (Vertrag) von<br />

Lonjumeau“, auch Paix de Chartres genannt. 87 „Danach soll es zwischen Johann<br />

Casimir und dem Prinzen von Condé wegen der Auszahlung des rückständigen<br />

Soldes zu unerquicklichen Szenen gekommen sein“ 88<br />

(Mit seiner Hilfe belagerten sie Paris und versuchten, die königliche Familie in<br />

ihre Gewalt zu bringen)<br />

3.9. Der dritte Hugenottenkrieg 1568 - 1569<br />

Aber der französische König ließ systematisch die zugesagte Religionsfreiheit<br />

unterlaufen 89 . Im August war das Fass übergelaufen und die Hugenotten<br />

beschwerten sich massiv. Am 23.8.1568 schrieb der Hugenottenführer Condé<br />

seinen König, dass er sich nun den Vertragsverstößen des Königs widersetzen<br />

würde. Außerdem sei es sehr betrüblich, dass er sein königlich gegebenes Wort<br />

und Versprechen bräche.<br />

Dieses Schreiben war nunmehr offizieller Vorwand, das Kriegsfeuer zu schüren.<br />

Kriegstreiber waren vor allem die Königsmutter Catharina von Medici und der<br />

strippenziehende Kardinal. Die innenpolitische Attacke wurde geschickt durch<br />

außenpolitische Aktivitäten flankiert. Der französische Hof schickte Gesandte an<br />

die deutschen Fürstenhäuser. So besuchte der Bischof von Rennes und der<br />

jüngere Lanfac den Kurfürsten Friedrich III. 90 von der Pfalz auf. Die<br />

französischen Diplomaten gaben die schriftliche Versicherung ab, es handele sich<br />

um eine reine Rebellion und nicht um den Kampf für Religionsfreiheit, wie es die<br />

Hugenotten darstellten. Lanfac wollte sogar die königliche Bestätigung<br />

beibringen, dass die Reformierten in Frankreich, die gleichen Rechte wie die<br />

Katholiken hätten. Kurfürst Friedrich ging sicher und bat den Französischen<br />

86<br />

) Sohn des Kurfürsten Friedrich, damals der III. genannt. Sein Beinamen war der Fromme.<br />

Er lebte von 1515 – 1576 und war von 1559 – 1583 der 13. Kurfürst.<br />

87<br />

) Johann Heinrich Bachmann verweist in seinem Buch, Kriegs-Verrichtungen auf Messeray<br />

(Mezeray), der die damaligen Winkelzüge ausführlich beschrieben hatte. S.8 des Vorwortes.<br />

88<br />

)Zierenberg, Bruno, Dr. Pfalzgraf Johann Casimir und seine Beziehungen zum Kölnischen Kriege,<br />

Münster 1918, S. 13 ff<br />

89<br />

) Der König erließ z.B. am 19.5.1558 den Befehl, dass jeder zurückkehrende Hugenotte am<br />

Stadttor seine Waffe abzugeben hätte, ansonsten würde er wie ein Straßenräuber und<br />

Landfriedensbrüchiger mit Feuer und Schwert bekämpft werden. Dem Prinzen von Condé<br />

verwehrte der König die Rückkehr in seine Picardie, die er als Gouverneur verwaltet hatte.<br />

90<br />

) Kurfürst Friedrich III., Beiname der Fromme, war der 11. Kurfürst und regierte von 1559 –<br />

1576.<br />

49


50<br />

50<br />

König um eine schriftliche Stellungsnahme und Zusicherung. Die Antwort des<br />

franz. Königs war verblüffend ehrlich. Er schrieb, Lanfac hätte diese Reden ohne<br />

Königlichen Befehl getan.<br />

Der generelle Ton aller Botschaften war, die Reformierten wären Aufrührer, die es<br />

zu bekämpfen gälte. Der Französische Botschafter Antoine Fumée Blandy<br />

forderte sogar den Kaiser Maximilian II auf, seinen Reichsfürsten zu verbieten,<br />

sich in diesen Kampf einzumischen. Auf keinen Fall sollten den Reformierten<br />

Truppen zugeführt werden. Er bat aber gleichzeitig um Erlaubnis, im Deutschen<br />

Reich Landsknechte für den französischen König anwerben zu dürfen, was der<br />

Kaiser sinnvollerweise jedoch ablehnte.<br />

Der französische König und seine Mutter hatten den Sonderbotschafter Monsieur<br />

de la Louvry, Ecuyer du Roi auf den Zweibrücker Herzog Wolfgang angesetzt,<br />

der am 4. August 1568 sein Beglaubigungsschreiben überbrachte. Herr Ecuyer<br />

versicherte, dass sein Herr und König bedingungslos das letzte Friedensedikt von<br />

Lonjumeau beachte. Es gäbe aber Schwierigkeiten, denn die Reformierten<br />

weigerten sich, die Waffen niederzulegen, vor allem geschah dies in den Städten.<br />

Als Beispiele nannte er La Rochelle, Montauban und Taillbourg. Deshalb<br />

musste der König um seiner eigenen Sicherheit willen Truppen unter Waffen<br />

halten. Der König unterstellte den Reformierten ein gemeines Spiel, sie wollten<br />

und hätten aber bereits die volle Religionsfreiheit. Ihr Ziel sei nur der Umsturz<br />

gewesen. Die von den Reformierten nach Deutschland geschickten Gesandten<br />

würden durch Lügengeschichten, Argwohn und Misstrauen gegen den König<br />

wahre Gesinnung säen. Der franz. König bat darum, dies alles nicht zu glauben<br />

und nur in der franz. Majestät den sicheren Freund zu sehen.<br />

Herzog Wolfgang antwortete, er sei hoch erfreut, dass der König „steif und fest“<br />

an dem Friedens-Edikt festhalten wolle. Aber glaubhafte, gute, reformierte Leute<br />

hätten von Verfolgungen berichtet. „Auch viele tausend arme Leute, darunter auch<br />

Weib und Kinder, die keine Rebellion begehen könnten, seien jämmerlich<br />

ermordet und umgebracht worden“. Er glaube aber, dass dies ohne Wissen und<br />

Genehmigung des Königs geschehen sei. Deshalb solle der König diese Übergriffe<br />

strafrechtlich ohne Ansehen der Person verfolgen lassen und die Übeltäter mit<br />

scharfen Urteilen bestrafen. Er empfahl dem König, den Religionsfrieden im<br />

Deutschen Reich als gutes Beispiel friedvollen Zusammenlebens nachzuahmen.<br />

Am 13.8.1568 traf Gervasius Barberius von Francourt im kurpfälzischen<br />

Hoflager bei Heidelberg ein. Er hatte Glück, denn Herzog Wolfgang hielt sich<br />

auch zur Beratung und Abstimmung bei seinem Freund Friedrich III. auf.<br />

Francourt legitimierte sich durch das Beglaubigungsschreiben des Prinzen von<br />

Condé. Er schilderte dem Kurfürsten und dem Herzog Wolfgang glaubhaft von<br />

den grausamen Verfolgungen. Die 1568 z.B. nach Hatzenbühl 91 in die Sudpfalz<br />

geflüchteten Hugenotten bestätigten sowohl die Verfolgung als auch ihre<br />

menschenverachtende Vertreibung. Herzog Wolfgang und der Kurfürst stimmten<br />

ihre Politik ab. Herzog Wolfgang versicherte sich der Genehmigung und<br />

Unterstützung des pfälzischen Kurfürsten.<br />

91 ) Die Hugenotten brachten Samen der Tabakpflanzen mit und säten sie aus. Hatzenbühl wurde<br />

dadurch der erste Ort Deutschlands, in dem Tabak angebaut wurde. Die Fürsten erkannten sehr<br />

schnell dies als Quelle zusätzlicher Einnahmen:


51<br />

Herzog Wolfgang reiste in seine Residenz Zweibrücken ab und Francourt folgte<br />

ihm am 10.9.1568. Er brachte ein Schreiben des Kurfürsten mit, indem er<br />

Wolfgang bat, die Hugenotten zu unterstützen. Der Kurfürst war finanziell dazu<br />

leider nicht in der Lage, denn er hatte noch Schulden durch den Kriegszug seines<br />

Sohnes Johann Casimir im Vorjahr.<br />

1568, Es war Samstag, der 13 November. Herzog Wolfgang, Pfalzgraf von<br />

Zweibrücken kam abends im Schloß Kaiserslautern an. Er sprach in<br />

nachbarlicher Weise mit dem ehrsamen Stadtrat und dem kurpfälzischen<br />

Amtmann. Er berichtete, der Herzog von Aumale (Dumal) sei mit einem<br />

stattlichen Heer auf sein Herzogtum Zweibrücken zugezogen. Herzog Wolfgang<br />

bat darum, die Stadt möge ihm noch in dieser Nacht 30 Hakenschützen zur<br />

Verfügung stellen. Dies konnte der Stadtvorstand aber unmöglich selbst<br />

entscheiden. Denn zuerst sei die Zustimmung des Kurfürsten einzuholen, bevor<br />

Lautrer Bürger dazu gezwungen werden könnten. Die Rechtsposition des<br />

Stadtrates war einhellig. Gleich am Sonntag entsandte der Amtmann einen<br />

Eilboten zum Pfalzgrafen Hans Casimir, der Hilfe versprach.<br />

1568, Dienstag, den 16 November. Herzog Wolfgang von Zweibrücken rüstete<br />

massiv weiter. Seine Vorbereitungen blieben keinem verborgen. Insgesamt<br />

versammelten sich nach und nach etwa 17.000 Kriegsknechte in der Südpfalz und<br />

im benachbarten Elsaß zu seinem Kriegszug 92 . Auch Kaiserslautern war indirekt<br />

davon betroffen. Aus Angst vor dem franzosischen Herzog Aumale (Dumal)<br />

angegriffen zu werden, stellte die Stadt zwei gute Kundschafter an, die von<br />

Saarbrücken aus recherchieren sollten. Außerdem sollten die Wachen verstärkt<br />

aufpassen und das Kersttor neu zusätzlich besetzt werden. Die Wachstunden an<br />

den Toren wurden bis nach Mitternacht ausgedehnt.<br />

1568, Freitag, der 26. November: Bereits 10 Tage später hatte sich die politische<br />

und militärische Situation verschärft. „Dieweil die Gefahr vor der Tür, dass der<br />

Herzog von Aumale (Dumal) mit Heereskraft den Herzog und Pfalzgrafen<br />

Wolfgang (von Zweibrücken) überzieht“ und die Gefahr wuchs, vom Herzog<br />

Aumale überrollt zu werden, beschloss der Lautrer Stadtrat, die Bürgerschaft zu<br />

mobilisieren. Am kommenden Montag sollten die Bürger gemustert werden. Sie<br />

seien durch den Bürgereid und bei angedrohter namhafter Strafe dazu verpflichtet.<br />

Sie wurden zudem aufgefordert, das gesamte Brennholz und den Dung in die<br />

Stadt zu schaffen, (damit die Truppen des Gegners nicht so leicht einen<br />

Stadtbrand entfachen konnten). Am Montag den 6 Dezember verpflichtete der<br />

Bürgermeister die neu angeworbenen Kriegsknechte, wie es Brauch war. Am<br />

gleichen Tag beschwerte sich der Stadtschlosser Meister Hans Frei. Er meinte,<br />

dass es ihm nicht zuzumuten wäre, für die alte Besoldung weiter zu arbeiten.<br />

Außerdem litt er unter der Doppelbelastung. Einerseits sollte er das marode<br />

Uhrwerk des Barfüßer-Ordens in Ordnung bringen, andererseits musste er den<br />

Wachdienst schieben. Die Stadtoberen vertrösteten ihn. Er sollte die Änderung der<br />

Uhr vornehmen und noch ein Jahr lang sein Bestes tun (a.a.O..., S. 70)<br />

1568, Freitag, den 24 Dezember. Bei der Musterung der Bürger ergaben sich<br />

erhebliche Ausrüstungsmängel. Der Stadtrat beschloss entsprechend des<br />

92 ) Im Februar 1569 zog Herzog Wolfgang los = 3 Hugenottenkrieg. Herzog Wolfgang starb am<br />

11. Juni 1569 vor Limoges an den Spätfolgen eines schlecht ausgeheilten Beinbruchs von<br />

1566, den er sich im Türkenkrieg 1566 zugezogen hatte. (Wundbrand)<br />

51


52<br />

52<br />

Musterungsregisters die fehlenden Waffen auf der Frankfurter Messe 93 zu<br />

kaufen.<br />

1569, Donnerstag, der 17. März. Herzog Hans Casimir hatte auf Befehl unseres<br />

gnädigsten Kurfürsten und Herrn (Friedrich III. ), seines Herrn Vater den<br />

ehrsamen Rat und die von den Gemeinden aufs Schloss bestellt und daselbst<br />

durch den alten Marschall den Landschaden feststellen ließ, der durch das<br />

französische Kriegsvolk im Elsaß und Straßburg herum etliche Mitgliedern des<br />

Reiches erbärmlich überfallen, mit Mord, Brand und Raub ganz beschwerlich<br />

angegriffen hatte.<br />

Der Kurfürst war äußerst besorgt, denn der Franzos (Herzog von Aumale) hätte<br />

auch von Metz aus, auf Zweibrücken losgehen können. Deswegen ordnete der<br />

Kurfürst in allen seinen kurpfälz. Städten und Flecken (Dörfern) an, alle seine<br />

Untertanen zu mustern. Es sollte alles zur Gegenwehr dienliche angeordnet und<br />

bestellt werden. Bereits in Germersheim und Billigheim war einiges Kriegsvolk<br />

eingetroffen (das Herzog Wolfgang angeheuert hatte). Auch würden in wenigen<br />

Tagen 100 fremde Hakenschützen in Kaiserslautern zur Verteidigung ankommen.<br />

Die Stadt solle ihre Kosten für Speis und Trank übernehmen und ihnen<br />

ziemliche Pfennige geben.<br />

3.10. Warum die Wallonen kamen<br />

Philipp II wuchs in Holland auf. Er kannte die sturen Niederländer. Den Aufstand<br />

wollte er blutig niederschlagen und so entsandte er den Herzog Alba, der als<br />

knochenhart und unerbittlich bekannt war. Im August 1567 erreichte Alba die<br />

niederländische Grenze. Sein Zug von Namur nach Brüssel glich einem<br />

Triumphzug, denn die Aufständischen hatten teilweise ein unverständliches Chaos<br />

verursacht. Sofort richtete Alba ein gnadenloses Blutgericht ein. Seine beiden<br />

Beisitzer waren Vargas und Del Rio. Dieses Blutgericht befasste sich nur mit<br />

den Tatbeständen Hochverrat und Glaubensverrat. Die Angeklagten konnten<br />

nur den Tod erwarten, die Bürgerlichen ließ er aufhängen und die Adeligen<br />

köpfen. Alba befahl am 9. September 1567 die Verhaftung der allzu<br />

vertrauensseligen Führer. Es handelte sich um den Grafen Egmont und Horn.<br />

Die beiden hatten gehofft, ihre militärischen Meriten für die spanische Krone<br />

würden sie vor Verfolgung schützen. Allein Wilhelm von Oranien war mit seinem<br />

Bruder gleich untergetaucht und so entkam er. Alba ließ in seinem religiösen und<br />

politischen Wahn alle Aufständischen verhaften, denen er habhaft werden konnte.<br />

Folter & Denunziation öffneten verschlossene Münder und füllten die Verliese.<br />

Als Alba sich sicher war, ließ er im Juni 1568 Egmont, Horn und weitere 6.000<br />

Mann öffentlich und massenweise hinrichten. Die Bevölkerung hatte noch<br />

vergeblich auf Gnade gehofft. Jetzt waren sie entsetzt und geschockt. Diese<br />

Grausamkeiten trieben Wilhelm nun massenweise offene und versteckte Helfer<br />

zu. Wilhelm von Oranien hatte immer auf großem Fuß weit über seine<br />

Verhältnisse gelebt. Jetzt bekam er wieder frisches Geld, zwar zum Teil auch zu<br />

Wucherzinsen.<br />

93 ) Frankfurt wurde bereits im 12. Jahrhundert der zentrale Messeplatz des europäischen<br />

Warenhandels. Dort ließen sich auch die Hersteller aller Waffenarten nieder. Alle europäischen<br />

Fürsten kauften in Frankfurt ein und staffierten damit ihre Kriegsknechte aus. Egal, ob es<br />

Langbogen, Armbrüste, Schwerter etc waren.


53<br />

1568. Wilhelm konnte wieder eine Armee finanzieren und aufstellen. Natürlich<br />

waren seine beiden kampferprobten Brüder, die Grafen Heinrich und Ludwig von<br />

Nassau dabei. Dies geschah auf der Ginsberger Heide bei Hilchenbach. Die<br />

folgenden Kämpfe verlor er gegen Alba. Geschlagen zog sich Wilhelm im<br />

Spätherbst 1568 mit seinen Brüdern durch die Picardie und Lothringen dem<br />

Herzog Wolfgang, Pfalzgraf zu Pfalz-Zweibrücken zu, um mit ihm 1569<br />

gemeinsam die Hugenotten zu bekämpfen. Der Prinz Wilhelm von Oranien hatte<br />

von dem geplanten Kriegszug gehört. Vielleicht hatte ihn auch Herzog Wolfgang<br />

eingeladen. Wie selbstverständlich begleiteten ihn seine Brüder, die Grafen<br />

Ludwig und Heinrich von Nassau 94 . Herzog Wolfgang nahm ihre Unterstützung<br />

an. Allerdings mussten sie aus eigener Tasche den Sold ihrer Truppen bis zum 11.<br />

Juni 1569 selbst bezahlen 95 . Denn Wolfgang hatte selbst kein Geld, aber<br />

Francourt garantierte für die Hugenotten die Bezahlung ab Limoges. Da die<br />

finanziellen Möglichkeiten des Prinzen auch eingeschränkt waren, konnte er nur<br />

einen Teil seiner Truppen halten. Es verblieben ihm 1.200 Reiter und 800<br />

Infanteristen. Zu ihnen stießen im Elsaß noch Franzosen, die an der<br />

Niederländischen Expedition des Oraniers teilgenommen hatten. Sie bildeten<br />

sehr oft die Avant Garde.<br />

1569 Nachdem Herzog Wolfgang im Juni 1569 bei Limoges gestorben war,<br />

versuchten die Truppenführer Graf von Mansfeld & Wilhelm von Oranien von<br />

den Hugenotten Führern Coligny Geld für ihre Leute zu bekommen. Aber<br />

vergebens. So verließen Wilhelm von Oranien und der Graf von Mansfeld mit<br />

einigen Tausend Soldaten das Lager der Hugenotten. Wilhelm von Oranien<br />

konnte seinen Truppenführern reiche Beute gegen die steinreichen Spanier<br />

versprechen. Theoretisch eine leichte Beute der Söldner. Aber wie so oft, es kam<br />

anders. Auch diesmal zog Wilhelm von Oranien den Kürzeren. Die Wallonen<br />

hatten ihn unterstützt. Jetzt mussten sie fliehen, um der Verfolgung Albas zu<br />

entkommen. Wohin? Wilhelm von Oranien schickte sie in die Pfalz, wohin er<br />

beste Verbindungen zum Kurfürsten Friedrich III. und dessen Sohn Johann<br />

Casimir (* 1543 - † 1592) hatte. Sie siedelten zuerst mit ihrem calvinistischen<br />

Pfarrer Dr. Clignet in und um Heidelberg, um dann mehrheitlich und endgültig<br />

sich in Otterberg niederzulassen.<br />

1572 – 1574 Was nun folgte, war eine Kette von sich abwechselnden<br />

Misserfolgen und Teilsiegen in der allmählichen Rückeroberung der Niederlande.<br />

Die Brutalität Albas erzeugte Gegendruck. Mit erfolgreicher Piraterie zu See und<br />

Guerillataktik zu Land schwächten die Holländer die Spanier. Ihnen gelang sogar<br />

die Eroberung Den Briels am 1. April 1572. Dies brachte die wohl entscheidende<br />

Wende. Es zeigte sich, dass die spanischen Truppen im Nordholland nichts<br />

ausrichten konnten. Sie hatten keine Schiffe, die von der See her die<br />

holländischen Städte hätten angreifen können und vom Land her, war dies auch<br />

unmöglich. Denn die Deiche waren gesprengt und das Vorland war unter Wasser<br />

gesetzt.<br />

94 ) Die Grafen Ludwig und Heinrich von Nassau fielen 1574 in der Schlacht auf der Mokerheide<br />

95 ) Wilhelm von Oranien finanzierte seine Kriegszüge aus der Mitgift seiner Frau Anna von<br />

Sachsen, die 100.000 Gulden mit in die Ehe brachte. Für uns nur schwer nachzuvollziehen,<br />

aber ein ganzes Bündel von Gründen wird wohl dazu geführt haben, dass Wilhelm Anna von<br />

Sachsen in ein dunkles Verließ sperren und dort kläglich verrecken ließ.<br />

53


54<br />

54<br />

1574 Nach weiteren Rückschlägen löste Philipp II. den Herzog Alba ab und<br />

ersetzte ihn durch Don Luis de Requesens y Zúniga. Die von ihm veranlasste<br />

Belagerung Leidens scheiterte am 3. Oktober 1574. Aber auch Wilhelm hatte<br />

harte Schicksalsschläge zu beklagen. Seine zwei Brüder, Ludwig und Heinrich<br />

von Nassau, fielen 1574 in der Schlacht auf der Mokerheide. Das war bitter,<br />

denn sie waren immer an seiner Seite gewesen und hatten alle seine Höhen und<br />

Tiefen mit durchlitten. Egal, ob es eine gewonnene Schlacht war, eine wüste<br />

Sauforgie oder ob sie geschlagen und verfolgt waren und flüchten mussten.<br />

1576, 5. März: Don Luis starb. Ein Häufchen kühner Calvinisten setzten<br />

daraufhin die spanischen Regierungsvertreter gefangen. Die spanischen Truppen<br />

liefen aus dem Ruder. Sie hatten monatelang keinen Sold bekommen. Sie rasteten<br />

aus und plünderten monatelang das Umland. Angesichts des Chaos und Elends<br />

trafen sich die Vertreter von Brabant, Flandern und dem Hennegau. Sie riefen die<br />

Generalstände zusammen und verhandelten in Gent mit den calvinistischen<br />

Vertretern aus Holland und Zeeland. Dieses ökumenische Zweckbündnis nannte<br />

sich die „Genter Befriedung“ 96 . Sein Ziel war die Vertreibung der spanischen<br />

Truppen.<br />

1576. Nach dem Tode Don Luis schickte Philipp II den berühmten Don Juan de<br />

Austria in diese aufmüpfige spanische Provinz. Allein schon sein Name<br />

versprach Erfolg. Denn er war der leuchtende Triumphator über die Mauren und<br />

Türken. Seine kluge Taktik hatte den Sieg von Lepanto 97 ermöglicht. Ihm sollte<br />

gelingen, woran seine Vorgänger gescheitert waren. Und tatsächlich, am 31.<br />

Januar 1578 schlug er die Holländer bei Gembloux. Dieser strahlende Sieg<br />

kostete ihn aber das Leben. Der eigene Minister Perez ließ Juan de Austria<br />

vergiften. Er starb am 10. Oktober 1578. Sein Nachfolger wurde Alexander<br />

Farnese.<br />

1579, 6. Januar: Auf seinen Druck hin schlossen die katholischen Provinzen<br />

Artois, Hennegau und die wallonischen Städte von Flandern, Lille, Douai und<br />

Orchies die Union von Arras. Sie verpflichteten sich zur gegenseitigen Wahrung<br />

ihrer Privilegien, zum Gehorsam gegenüber dem König von Spanien und zur<br />

Aufrechterhaltung des katholischen Bekenntnisses. Dieser Vertrag und die<br />

dadurch bedingten religiösen Repressalien könnten zahlreiche Wallonen zur<br />

Auswanderung gezwungen haben. Auf jeden Fall fällt die Union von Arras in<br />

den von den Historikern Prof. Christmann und Gerhard Kaller genannten<br />

Zeitraum, in dem weitere Wallonen nach Otterberg und Erlenbach kamen.<br />

3.11. Johann Casimirs Ansiedlungserlass<br />

Pfalzgraf Johann Casimir kämpfte für den reinen Glauben. Was in der Bibel<br />

stand war für ihn maßgeblich. Nächstenliebe war für ihn kein bedeutungsleeres<br />

Wort. Als die Hugenotten Hilfe brauchten, eilte er mit 6.000 Landsknechten zu<br />

ihrer Hilfe. Er zog damals bis vor Paris. Durch diesen Hilfszug hatte sich die<br />

Kurpfalz finanziell übernommen. Deshalb beteiligte sich Kurfürst Friedrich III.<br />

nicht am Kriegszug des Herzogs Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken (3.<br />

Hugenottenkrieg). Ideell unterstützte er ihn aber. Bereits Ende 1561 hatten sich<br />

96 ) La pacification de Gent, 8. November 1576<br />

97 ) Ludwig Pfandl, Philipp II, a.a.O. S. 472


55<br />

öfters Friedrich III.., seine beiden Söhne Ludwig Johann Casimir und Wilhelm<br />

von Oranien gesprochen. Aus dem gemeinsamen Glaubensbekenntnis entstand<br />

eine tiefe Männerfreundschaft. Man verstand sich blind und vertraute einander.<br />

Nur so ist es zu verstehen, dass flüchtende Flamen im Südwesten Schutz suchten<br />

und Kurfürst Friedrich III. 56 niederländischen Familien in Booten von<br />

Frankfurt kommend am 3. Juni 1562 am Rheinufer von Roxheim 98 begrüßte. Am<br />

folgenden Tag trafen die Aussiedler bereits in Frankenthal ein.<br />

Schon zu Lebzeiten eröffnete der Vater seinen Söhnen sein Testament. Der<br />

Erstgeborene Ludwig erhielt die Gebiete östlich des Rheins, während der jüngere<br />

Sohn Pfalzgraf Johann Casimir die kleineren Gebiete westlich des Rheins<br />

zugesprochen bekam. Das Gebiet mit Mannheim und Heidelberg sollte lutherisch<br />

bleiben, während die Oberämter Kaiserslautern, Wolfstein, Neustadt &<br />

Frankenthal reformiert waren. Die Wallonen waren reformiert und deshalb kam<br />

für sie nur die Ansiedlung dort in Frage. Besonders Otterberg war dafür<br />

prädestiniert, denn der Ort war entleert, vielleicht durch vorhergehende<br />

Pestepidemien. Nun war es an Pfalzgraf Johann Casimir die Neuansiedlung auf<br />

eine geordnete, rechtliche Grundlage zu stellen. Deshalb erließ er am 15.6.1579<br />

im Lauterer Schloß die Ansiedlungsordnung, Capitulation 99 genannt. Und dies<br />

war nicht unproblematisch, denn er durfte die Rechte der Alteingesessenen nicht<br />

beschränken! Auf Grund des väterlichen Testamentes siedelte die französisch<br />

reformierte Gemeinde Heidelbergs nach Otterberg um und natürlich ging ihr<br />

Pfarrer Dr. Clignet mit, der ursprünglich laut Biundo aus Amsterdam stammte<br />

und 10 Jahre lang bis zu seinem Tod diese Pfarrei betreute. Der Pfalzgraf übertrug<br />

noch im gleichen Jahr 1579 dem ersten wallonischen Pfarrer Dr. Clignet das<br />

Pfarrhaus links vor der großen Abteikirche. Finanziell sicherte er die Gemeinde<br />

ab, indem er ihnen auch die Stadtmühle übertrug. Durch dieses großzügige<br />

Geschenk wollte er sich sein Seelenheil sichern.<br />

Und die Franzosen aus Wallonien kamen reichlich, die vor den blutigen<br />

Religionskriegen, vor ihrer Verfolgung und Vernichtung durch die katholischen<br />

Spanier aus dem heutigen Belgien geflohen waren. Johann Casimir garantierte<br />

ihnen ihre religiösen Freiheiten. Unter ihnen war die Familie Jean Raquet oo<br />

Judith Gillet. Dies ging 100 Jahre lang bis 1688 gut. „Wegen der Invasion der<br />

französischen Truppen verließ Herr Charles Faucher Otterberg. Er gab neben<br />

anderen Gütern drei Tagwerk Land in Weyler auf. Die Siedlung hatte nahe der<br />

Walkerei gelegen, gegenwärtig ist dies die Beutlermühle. Dieses alte Haus war<br />

vormals seit 1580 im Besitz des ersten wallonischen Pfarrers Otterbergs, des<br />

Herrn Clignet, Doktor der Theologie gewesen 100 . Die damalige franz.<br />

Besatzungsmacht von 1689 änderte die alten garantierten Besitzverhältnisse. Die<br />

Stadt Otterberg wurde Eigentümer (Siehe unten). Pfarrer Jean Pierre Engelmann<br />

klagte ab 1716 vor kurpfälzischem Gericht, bis er 1720 Recht bekam und die<br />

98 ) Roxheim liegt am Altrhein, den ein Durchstich mit dem Hauptlauf des Rheins verband. Den<br />

Ankömmlingen wurden Gebäude und Grundbesitz des aufgehobenen Stiftes pachtweise<br />

überlassen, sie wurden kurpfälzische Untertanen und dem Oberamt Neustadt und dem<br />

Schultheißenamt Oggersheim unterstellt. Sie erhielten Religionsfreiheit und konnten ihren eigenen<br />

flämischen Prediger selbst bestimmen. (aus Heinz Amberger, Dero Stadt Frankenthal, S. 9 ff. )<br />

99 ) Capitulation, abgedruckt in Kaller, Gerhard, Otterberg, Otterbach 1976, S 346 ff.<br />

100 ) laut franz Akten des Konsistoriums, Band XII, Seite 298<br />

55


56<br />

56<br />

franz. reformierte Kirchengemeinde durch zwei wichtige Erlasse in ihre alten<br />

Rechte wieder eingesetzt wurde.<br />

3.12. Markt- & Forstordnungen von 1570<br />

1570, 1571 durchmarschierende Truppen richteten in KL große Schäden an 101 .<br />

Kaiser Maximilian II. bewilligte am 23.3.1571 der Stadt Kaiserslautern wegen der<br />

wiederholt erlittenen Kriegsschäden durch vandalisierende Söldner zwei<br />

Viehmärkte, den ersten am 2. Sonntag nach Ostern und den zweiten am 11.<br />

Oktober. Genauso schlimm waren die Folgen der Missernte des Jahres 1571.<br />

Zudem sei das gelagerte Korn vom Kornkäfer befallen worden, meldeten die<br />

kurpfälzischen Ämter (Vorläufer der Landratsämter). Dies führte insgesamt zu<br />

enormen Preissteigerungen und Hungersnöten vor allem bei der armen<br />

Bevölkerung. Die kurpfälzische Verwaltung erließ Exportverbote und<br />

subventionierte den Import massiv (siehe Urkunde 462 aus dem Urkundenbuch<br />

Band III der Stadt KL, S. 379 ff)<br />

1570 am 5.4.1570 erließ Kurfürst Friedrich III. in Heidelberg eine vorbildliche<br />

Forst 102 - und Bauordnung. Er schrieb für Neubauten verbindlich vor, dass alle<br />

Holzteile, die Wind & Wetter ausgesetzt sind, auf einem Mauerwerk von drei<br />

Schuh Höhe oberhalb des Erdreiches aufgesetzt werden müssen, damit sie nicht so<br />

schnell verfaulen. Außerdem dürfte nur Eichenholz für die tragenden Außenteile<br />

der Häuser verwendet werden. Diese neuen Regeln waren strikt und durch den<br />

Sachzwang notwendig geworden. Aber sie stießen auf breiten Widerstand, denn<br />

dadurch wurden Freiheiten eingeschränkt und Einkommen gekürzt. Sein Sohn<br />

Pfalzgraf Johann Casimir musste die Vorschriften nachbessern und Verbote<br />

lockern.<br />

1579, den 15. Juni. Johann Casimir ließ einen umfangreichen Wohn- und<br />

Verhaltenscodex ausarbeiten, den er am 15.6.1579 unterschrieb und dem er<br />

dadurch Rechtskraft verlieh. Mir erscheint der vierte Punkt sehr wichtig: Da heißt<br />

es unter anderem:<br />

Sie sollen sich des Holzhauens, des Grasens, des Eichel Auflesens, des Schüttelns<br />

Früchte tragender Bäumen (Buchen & Eichen) 103 und dergleichen in allen<br />

Wäldern und Orten enthalten, sofern er nicht ihr Besitz ist. Denn<br />

Zuwiderhandlungen werden bestraft und Schadensersatz ist zu leisten. Es ist ihnen<br />

aber unbenommen und frei erlaubt, das im Wald herumliegende Bruchholz auch<br />

nach einem Windbruch wie die anderen Bewohner aufzunehmen und soviel<br />

mitzunehmen, wie sie heimtragen können. Aber die Stämme und Haupthölzer<br />

müssen sie beim Förster bestellen, der es ihnen bewilligt. Das Bau- und Brennholz<br />

wird ihnen nach gebührender Bezahlung dann verkauft.<br />

101<br />

102<br />

) Dolch & Münch, Urkunde 458 aus dem Urkundenbuch der Stadt Kaiserslautern, Band III, KL<br />

2001, S. 375,<br />

103<br />

) Die Bucheln und Eicheln sind starke Energieträger. Auch schon früher gewannen unsere<br />

Vorfahren aus ihnen Speiseöl. Ich kann mich daran erinnern, als ich nach dem 2. Weltkrieg mit<br />

meinen Eltern mit Schaufel und Besen in den Wald ging und wir ihn unter den Bäumen<br />

kehrten. Die gefundenen Bucheckern brachte ich kleiner Knirps zum Ölmüller. Tage später<br />

holte ich das wertvolle Öl ab. Der Müller behielt für sich einen Teil des Öls zurück.


57<br />

1579: Pfalzgraf Johann Casimir empfing den Bürgermeister, den Stadtrat und<br />

die Bürger zu einer Audienz im Lauterer Schloss. Gegen die Resolution von 1570<br />

gab es massive Proteste, die damals natürlich sehr höflich vorgetragen wurden. In<br />

folgenden Punkten kam er den Bürgern entgegen. Er erlaubte weiterhin den<br />

Vogelfang und das Ausheben der Nester im Stadtwald, so wie es jahrhundert altes<br />

Recht war. Die Hirten sollten aber den Weidebetrieb während der Jagdsaison auf<br />

die Wildschweine unterlassen und ihre Hunde anleinen. Das gleiche galt für die<br />

Zeit der Hirschbrunst. Auch bezüglich der Ziegen kam er seinen Untertanen<br />

entgegen. Die Ziegen aus dem Reichs- bzw. Stiftswald auszuschließen hatte<br />

gerade die Armen schwer belastet, da sie sich keine Kuh haben halten können.<br />

Dagegen blieb die Jagd weiterhin verboten. Das Schießen war damals eine<br />

beliebte Leidenschaft der Bürger, die am Schießstand gemeinschaftlich gepflegt<br />

wurde. Wie bei allen Hobbys nahm es überhand. Der Pfalzgraf ermahnte die<br />

Bürger mehr an ihre Arbeit als an das Schießen zu denken 104 .<br />

Das waren bei Gott keine ruhigen oder sicheren Zeiten. Immer wieder zogen<br />

Kriegshorden durch oder der Pfalzgraf brauchte wehrhafte Männer. Da durch<br />

hohe Treffsicherheit aber auch die Wehrhaftigkeit der Bürger zunahm, kam er<br />

ihnen augenzwinkernd und folgerichtig entgegen. Am 18.7.1571 entschied der<br />

Pfalzgraf, dass die Stadt hinter seinem Lustgarten einen neuen Schießberg anlegen<br />

durfte. Er tauschte dafür den nördlichen Stadtgraben ein, in dem die<br />

Armbrustschützen geübt hatten (Armbrustgraben) Pergamenturkunde 477, lt.<br />

Urkundenbuch Band III.<br />

1579, am letzten Julitag ergänzte Pfalzgraf Johann Casimir huldvoll die neue<br />

Forstordnung. Etliche Bürger hatten sich nochmals beschwert oder hatten um<br />

Rechtsbelehrung gebeten, da die Vorschriften nicht eindeutig waren.<br />

„Er entschied auf Beschwerden der Bürger wegen des verbotenen Weidganges<br />

ihrer Geißen und Hämmel wiederholt und weise: Jedes für die jungen Schläge<br />

(Waldstücke) so schädliche und nachteilige Vieh (Geißen) müsse durchaus von<br />

dem Weidgange im Reichswalde ausgeschlossen bleiben, was den Bewohnern des<br />

Gersweilerhofes ja später, wegen ihrer Holzrechte darin, selbst wieder zu gute<br />

komme“ 105<br />

1579: am letzten Julitag war Pfalzgraf Johann Casimir wieder in seiner<br />

Lauterer Burg. Es lagen Anfragen, Bitten und Beschwerden vor, die entschieden<br />

werden mussten. Seine Rechtsexperten hatten vorgearbeitet und Johann Casimir<br />

entschied. Der Landschreiber erstellte daraufhin auf Pergament die Urkunde N°<br />

478, die auch gesiegelt wurde. Das Wesentliche lässt sich in folgende Punkte<br />

gliedern<br />

• Die Ottern sind possierliche und hoch intelligente Tiere. Deshalb waren sie<br />

Nahrungskonkurrenten. Sie bauten, wo sie es für richtig hielten Dämme<br />

und stauten Bäche. Sie störten unsere menschliche Planung und räuberten<br />

in den Fischteichen. Sie gefährdeten den Fisch- und Wildbestand. Deshalb<br />

beschäftigte die Kurpfalz berufsmäßige Otterfänger, die ihrerseits aber<br />

auch auf Informationen der Bewohner angewiesen waren. Joh. Casimir<br />

führte die Meldepflicht für die Otter-Vorkommen ein.<br />

104 ) Urkunde 476, a.a.O. S. 388<br />

105 ) Johann Keiper, a.a.O, Seite 61 ff.,<br />

57


58<br />

58<br />

• Der nächste Punkt betraf Ziegen und Schafe. Im 16. Jahrhundert und auch<br />

noch im 20. Jahrhundert konnten sich arme Leute keine Kuh halten. Sie<br />

ernährten sich von und durch die genügsamen Ziegen, die Milch und<br />

Wolle lieferten. Aber zur Schonung der jungen Eichen und Buchen durften<br />

die Hirten bzw. ihre Eigentümer sie nicht mehr in den Reichs- bzw.<br />

Stiftswald treiben. Die Menschen wussten sich nur dadurch zu helfen, dass<br />

sie ohne ihre Tiere in den Wald gingen und dort junge Eichen- und<br />

Buchenzweige abrissen und auf dem Kopf heim trugen. Diese Umgehung<br />

wurde schließlich auch verboten. Aber Johann Casimir kam seinen armen<br />

Untertanen entgegen. Er erlaubte ihnen die Beweidung der Waldweiden<br />

und Lichtungen.<br />

• Zur Gewinnung des wertvollen Harzes, kerbten die Arbeiter die Kiefern<br />

tief ein (oder wie sie damals hießen die Kienbäume). Dabei gingen<br />

manche sehr rücksichtslos vor. Sie verstümmelten die gesunden Kiefern<br />

dermaßen, dass man in der Sägemühle ihre Stämme nicht mehr zu Brettern<br />

schneiden konnte. Die Verordnung bedrohte die Harzgewinner. Sollte sich<br />

keine Änderung und Besserung eintreten, dann würde Johann Casimir<br />

sowohl den Kieferneinschlag, als auch die Harzgewinnung behördlich<br />

überwachen lassen. In diesem Zusammenhang erkannte der spätere<br />

Forstdirektor Johann Keiper, dass die Kiefer als Baumart hier erstmals<br />

genannt wurde.<br />

• Manche Sägmüller hatten sich über die hohen Abgaben beschwert. Die<br />

Pächter mussten nämlich ein Drittel der Einnahmen, bzw. jedes dritte Brett<br />

der kurpfälzischen Verwaltung als Pacht bzw. Steuer übereignen. Pfalzgraf<br />

Johann Casimir klärte erbost die Beschwerdeführer auf, dass das Holz aus<br />

seinem Wald käme und die Mühlen, Mühlgräben und Mühlteiche auf<br />

seinem herrschaftlichen Land stünden. Allerdings den Sägemüllern auf<br />

eigenem Land, in eigenem Betrieb reduzierte er die Abgaben. Vorher<br />

hatten sie jedes fünfte Brett abgeben müssen, von nun an war es nur noch<br />

jedes sechste Brett, selbst wenn es für den Eigenbedarf geschnitten würde.<br />

Diese Forstordnung war das letzte Wort des Pfalzgrafen Johann Casimirs. Er<br />

wollte in dieser nervigen Sache nicht mehr angegangen werden.<br />

1579: Im gleichen Jahr unterschrieb Pfalzgraf Johann Casimir noch die<br />

Rechtsgarantien (Kapitulationsurkunden) für die Wallonen 106 ). Sie durften ihre<br />

Sprache sprechen, somit auch den Gottesdienst und den Unterricht in Französisch<br />

halten.<br />

1604 Das ausgehende 16. Jahrhundert hatte zu einem Bauboom geführt. Lange<br />

Friedenszeiten und steigender Wohlstand verlangten nach stabilem Bauholz. Die<br />

Förster bestimmten einzeln dicke, jahrhunderte alte Eichen, die zu fällen waren.<br />

Dies raubte dem Wald den knorrigen Schmuck. Deshalb erließ der Kurfürst<br />

Ludwig folgende Verordnung:<br />

„Er habe den früheren Befehl deshalb gegeben, weil bisher immer wieder zu<br />

viele Eichenstämme verlangt worden seien und dadurch der Reichswald<br />

ziemlich erschöpft und verhauen werde. Deshalb ordnete er an, dass zum<br />

106 ) Diese Urkunden sind auf den 15.6.1579 und 4.7.1579 datiert. Sie befinden sich im Otterberger<br />

Stadtarchiv


59<br />

Hausbau nicht lauter Eichenholz, sondern zum Innenausbau auch<br />

geringwertige Holzarten genommen werden sollten. Es ginge nicht darum,<br />

den Höferern ihre Berechtigungen und Freiheiten zu entziehen, sondern es<br />

geschehe nur darum, damit sie und ihre Nachkommen dieselben umso<br />

länger genießen können. Dies wäre aber unmöglich, wenn wie bisher mit<br />

dem Fällen der Eichen gehaust würde.<br />

Der Kurfürst bestätigte das alte Weiderecht. Weiterhin durften die Hofbewohner<br />

jährlich ihre Schweine und Kühe sieben Tage lang vom 26. September bis zum<br />

2ten Oktober 107 in den Wald treiben und auch dort pferchen. Ihnen wurde jedoch<br />

verboten, die Eichen- und Buchbäume zu schütteln oder daran zu schwingen. Wer<br />

dabei erwischt wurde, dem drohte Strafe.<br />

Brennholz: Den Hofbewohnern wurde weiterhin gestattet, dürres Holz,<br />

liegend oder stehend mit zu nehmen. Das gleiche galt für zersplitterte Bäume<br />

nach einem Wind- oder Schneebruch. Auf keinen Fall sollten als Brennholz<br />

frisch geschlagene Bäume verwandt werden.<br />

Bauholz: „Wer einen neuen Bau macht oder einen alten ausbessern will, dem<br />

soll das nötige Holz in diesem Wald angewiesen werden. Dem Förster sollten<br />

dann jedes Mal fünf Schillinge Heller gegeben werden“<br />

1684: erließ der Kurfürst eine kuriose Jagd-Verordnung<br />

„Ohne unser gnädigste Spezialerlaubnis darf niemand durch die<br />

herrschaftlichen Waldungen und Wildgehege mit einem Gewehr gehen, es<br />

sei denn er habe das Schloss von seinem Gewehr abgenommen, welches er<br />

dann so lange in seinem Sacke aufbewahren muss, bis er wieder aus dem<br />

Wald oder Gehege gekommen ist (Keiper, a.a.O., S. 64)!<br />

3.13. Die ersten Türkenkriege 1529 bis 1568<br />

In Böhmen wurde Ferdinand I. zum Deutschen König gewählt, und die Stände<br />

von Mähren, Schlesien und der Lausitz bestätigten die Wahl. In Ungarn, das die<br />

Osmanen nach ihrem Sieg zunächst wieder geräumt hatten, kam es zu einer<br />

Doppelwahl: In Pressburg wurde der Habsburger, in Stuhlweißenburg der Fürst<br />

von Siebenbürgen und türkische Vasall Johann Zapolya zum König erkoren. Mit<br />

einer „Hofstaatsordnung“ richtete Ferdinand I. sogleich eine zentrale<br />

Verwaltungsstelle für alle seine Länder ein. Die Truppen Ferdinands vertrieben<br />

dann Zapolya aus Ungarn, doch die Türken waren nicht bereit, den Habsburger<br />

als Herrscher Ungarns anzuerkennen; als Verbündete Zapolyas rüsteten sie erneut<br />

zum Krieg.<br />

1529: Am 10. Mai brach Sultan Suleiman der Prächtige 108 mit einem riesigen<br />

Heer von rund 250.000 Mann von Konstantinopel auf. Am 8. September eroberten<br />

sie Budapest. Nun rückte die Armee rasch gegen das österreichische Erbland vor.<br />

107<br />

) Der uralte Zeitrahmen hieß drei Tage vor und drei Tage nach Michaelis. Der Stichtag war der 29.<br />

September.<br />

108<br />

) In der türkischen Geschichte führt er den Beinamen der „Gesetzgeber“ Unter ihm hatte das<br />

Osmanische Reich seine größte Ausdehnung<br />

59


60<br />

60<br />

Wehe, den armen Schweinen, die sich nicht in schützende Burgen flüchten<br />

konnten. Die fanatisierten Türken killten alle Knaben und Männer und die<br />

Mädchen und Frauen gingen in die Sklaverei. Schutt und Asche säumten die<br />

Blutspur des türkischen Heeres. So macht man keine Freunde.<br />

Der oberste Feldhauptmann Niederösterreichs, Graf Niklas von Salm traf rasch<br />

die notwendigsten Verteidigungsvorkehrungen, um Wien zu retten. Mitte<br />

September floh der kaiserliche Hof nach Linz. Und von den rund 3.000<br />

wehrhaften Bürgern Wiens blieben nur 400, unter ihnen Bürgermeister Wolfgang<br />

Treu, in der bedrohten Stadt. Salms gesamte Verteidigungsmannschaft bestand<br />

aus 2.600 Reitern und 10.000 anderen Söldnern.<br />

Am 19. September erschienen die Türken vor den Stadtmauern. Die Vorstädte<br />

außerhalb der Mauern gingen in Flammen auf, tatarische Streifscharen<br />

verwüsteten den Südosten Niederösterreichs. Bereits am 23. September war die<br />

Stadt von Suleimans Truppen in weitem Bogen von Simmering bis Heiligenstadt<br />

eingeschlossen. Auf der Donau lagen die türkischen Schiffe. Der Sultan hatte sein<br />

Hauptquartier vermutlich in Sankt Maria aufgeschlagen. Der Hauptangriff gegen<br />

die Stadt ging vom Lager des Großwesirs aus, das beim Laßlaturm an der Wien<br />

lag.<br />

Nach einem missglückten Ausfall schickte Sultan Suleiman der Prächtige einige<br />

Gefangenen mit der Nachricht in die Stadt, er würde Wien verschonen und weiter<br />

gegen Westen ziehen, um auf König Ferdinand I. zu treffen, wenn sich die Stadt<br />

ergäbe. Andernfalls würde er „am dritten Tag darnach, das wäre am Mittwoch<br />

dem Michaelistag (29. September) sein Frühstück in der Stadt zu sich nehmen.<br />

Er versicherte glaubhaft, er würde dann alle umbringen lassen, sogar das<br />

ungeborene Kind im Mutterleib Die Verteidiger sahen den blindwütigen Terror,<br />

den die Türken rings um Wien ausübten. So wollten sie nicht verrecken. Diese<br />

Grausamkeiten, nein so nicht. Die Verteidiger ließen sich nicht erschrecken und<br />

gingen nicht auf des Sultans Angebot ein. Die Männer wollten lieber auf den<br />

Wällen sterben und die Frauen planten mit ihren Kindern einen kollektiven<br />

Selbstmord.<br />

Die Türken beschossen am 29.9.1529 mit ihren schweren Kanonen vor allem das<br />

Kärntnertor. Gleichzeitig trieben türkische Bergleute nacheinander 40<br />

unterirdische Gänge gegen die Verteidigungsanlagen vor, um durch Sprengungen<br />

von unten die Verteidigungsanlagen zum Einsturz zu bringen. Die wachsamen<br />

Verteidiger erkannten dies und untergruben ihrerseits von der Stadt aus die<br />

gegnerischen Gänge und brachten sie durch Sprengungen zum Einsturz. Suleiman<br />

fluchte und vergatterte seine Offiziere zu unmenschlichen Anstrengungen, aber<br />

auch dies half nichts. Die Verteidiger hatten nichts zu verlieren. Durch mehrfache<br />

mutige und selbstlose Ausfälle und größte Wachsamkeit wurden diese<br />

Maulwurfarbeiten jedoch wirksam behindert.<br />

Die Verteidiger schlugen die immer wieder vorgetragenen Türkenattacken blutig<br />

zurück, zuletzt am 14. Oktober. Zornig gab Sultan Suleiman auf, denn auch eine<br />

tödliche Seuche dezimierte die Kampfstärke und Moral seiner Truppen. Am 16.<br />

Oktober zog endlich das türkische Heer in östlicher Richtung ab. Salms Truppen<br />

nutzten die Chance und stießen nach Ungarn vor; Raab, Komorn Erlau und<br />

Gran wurden zurückerobert. Doch Verhandlungen mit Zapolya verliefen


61<br />

ergebnislos, und 1532 versuchten die Osmanen erneut einen Vorstoß gegen Wien.<br />

Vergeblich berannten sie die Festung Güns und das Anrücken eines Reichsheers,<br />

sowie die Niederlage der tatarischen Reiterei in Niederösterreich erzwangen<br />

erneut ihren Rückzug.<br />

1547: Doch auch die Versuche des Deutschen Königs Ferdinands I. scheiterten,<br />

sein ganzes Erbe in Besitz zu nehmen. Nach der schweren Niederlage bei Ofen<br />

(Budapest), erkannte Habsburg die De-facto-Herrschaft des Sultans über einen<br />

Großteil Ungarns an. Ungarn wurde somit osmanische Provinz. Siebenbürgen<br />

hatte inzwischen einen eigenen Fürsten, der durch eine geschickte Schaukelpolitik<br />

die jeweilige Situation für sich nutzte.<br />

1547: Ferdinand I. erkaufte sich einen Waffenstillstand mit einem jährlichen<br />

Ehrengeschenk, einer Tributzahlung“ von 30.000 Goldstücken (Dukaten). Die<br />

Schwäche gegenüber den Türken war auch eine Folge des verhängnisvollen<br />

Bündnisses, das der „allerchristlichste König“ von Frankreich 1536 mit dem<br />

Sultan geschlossen hatte.<br />

1551: bot sich Ferdinand I. die Chance, doch noch in den Besitz Siebenbürgens<br />

zu kommen. Die Witwe Johann Zapolyas war zu einem Verzicht bereit. Doch die<br />

habsburgischen Truppen behandelten bei ihrem Einmarsch die Bevölkerung so<br />

grausam, dass die Siebenbürger den Sohn Zapolyas zum Fürsten wählten und die<br />

osmanische Oberhoheit den Österreichern vorzogen.<br />

1562: Die Türken rückten in Temesvar ein, und der deutsche König Ferdinand I.<br />

akzeptierte 109 im Frieden von Konstantinopel den türkischen Besitzstand und die<br />

Fortdauer der Tributzahlungen an das Osmanische Reich.<br />

1566 griff der junge Johann Sigmund Zapolya, Sohn des Vorgenannten, mit<br />

Unterstützung des Paschas von Temesvar das kaiserliche Ungarn an. Sogar der<br />

alte Sultan Suleiman der Prächtige rückte - zum 13. und letzten Mal - noch einmal<br />

ins Feld. Er starb während der Belagerung von Szigetvar, das die Bevölkerung<br />

unter dem heldenhaften Niklas Zriny verteidigte. Viele christliche Herrscher<br />

hatten es sich nicht nehmen lassen, dem Kaiser persönlich zu Hilfe zu kommen,<br />

so wie sie es auf dem Reichstag in Augsburg versprochen hatten.<br />

So auch Herzog Wolfgang von Pfalz-Zweibrücken. Der hatte auf seine eigenen<br />

Kosten 300 Reiter angeheuert, mit denen er Ende Juni 1566 Neuburg an der<br />

Donau verlassen hatte. Sein ältester Sohn, der 19jährige Prinz Pfalzgraf Philipp<br />

Ludwig ritt an seiner Seite. Am 18. August 1566 erreichten sie das kaiserliche<br />

Lager in Altenburg/Ungarn. Herzog Wolfgang war nicht wie die meisten der<br />

anderen Fürsten „ruhig unter den Zelten geblieben“, sondern kämpfte mit seinen<br />

Leuten ganz vorne mit. Dies brachte ihm zwar Anerkennung und Bewunderung<br />

ein, aber er riskierte auch einiges. Als er vom Pferd stürzte und sich dadurch den<br />

Schenkel brach, war für ihn und seine Expedition Schluss. Auch die Lautrer<br />

Bürger und Steinsetzer Peter Kreider & Arnold Schwarz hatte am Montag, den<br />

3. Juni 1566 Kaiserslautern verlassen, um gegen die Türken in Ungarn zu<br />

109 ) Ferdinand I, der Bruder des deutschen Kaisers Karl V. wurde 1531 zum Deutschen König<br />

gewählt.<br />

61


62<br />

62<br />

kämpfen, wie wir den Ratsprotokollen der Stadt Kaiserslautern 110 entnehmen.<br />

Peter Schwarz kehrte am 13.12.1568 zurück und spendete der Almosenkasse 5<br />

Gulden 111 . 1568 schlossen Kaiser Maximilian II. und Sultan Selim II. in<br />

Adrianopel wieder einmal Frieden.<br />

3.14. Die Bewohner Erlenbachs 1592 & 1611<br />

Der zweite Türkenkrieg & die Türkensteuern<br />

Die Grenze gegen die Osmanen war ständig von Raubzügen in das österreichische<br />

Gebiet bedroht. Der Sultan sah dies keineswegs als Krieg an, sondern für ihn und<br />

seine Wesire waren sie nur ein Beleg der militärischen Überlegenheit, die sich ja<br />

in den unterwürfigen jährlichen Tributzahlungen des Kaisers ausdrückten. Doch<br />

nun war Schluss mit Lustig. Der neue Kaiser Rudolf II. setzte auf dem Reichstag<br />

von 1592 die Türkensteuer durch, die in allen deutschen Landen und Dörfern von<br />

den Steuerbürgern zu zahlen waren, so auch in Erlenbach. Daher wissen wir, wer<br />

1592 in Erlenbach wohnte. Erlenbach hatte 14-18 Häuser. Steuer zahlten die<br />

Besitzenden, nicht die Tagelöhner: 1592 wohnten in Erlenbach 14 Großfamilien<br />

mit mindestens 100 Mitgliedern, ohne die Knechte und Mägde!<br />

1592 1611<br />

Becker, Peter eventuell † oder nach<br />

Bleuer, Sebastian<br />

Morlautern verzogen<br />

Braun Simon, Neubürger ?<br />

weggezogen oder †<br />

Braun, Simon Braun Jost, Sohn?<br />

Christmann Hans Christmann Hans<br />

Jung, Simon Simon Jung<br />

zog erst nach 1592 zu Kaulbacher, Hans<br />

zog erst nach 1592 zu Kuch, Stefan<br />

zog erst nach 1592 zu Mauckh, Adam<br />

Ochsenhorn, Hans eventuell † oder verzogen<br />

Rupp, Barbara, Georgs Witwe, Rupp, Adams Witwe<br />

starb vor 1611<br />

Rupp, Hans, † vor 1611 Rupp, Claus, Witwe<br />

Rupp, Conrad, Sohn des ?<br />

Rupp, Velten Rupp Velten ist 1611<br />

Schultheiß<br />

Schneider, Heinrich Schneider Heinrich<br />

Teutsch, Lorentz, † vor 1611 Seine Witwe zahlte 1611<br />

Steuern<br />

Teutsch, Nickel Teutsch, Peter, Sohn des<br />

110 ) Martin Dolch & Michael Münch, Ratsprotokolle der Stadt KL, KL 2002, S.17<br />

111 ) Keddigkeit, Jürgen, Sonderdruck aus KL Jahrbuch, KL 2005, S.92


63<br />

Nickel?<br />

Wagner, Peter nicht mehr genannt<br />

Weidenbach, Mathias Neubürger oder erst jetzt<br />

vermögend genug,<br />

Wentz, Hans, Schultheiß Neubürger oder erst<br />

jetzt vermögend genug<br />

Ziegel, Valentins Kinder Neubürger oder erst<br />

jetzt …<br />

1611: laut der Recherche des Gesangsvereins Erlenbach im Landesarchivs waren<br />

die Familiennamen Ochsenhorn und Becker aus Erlenbach verschwunden. Die<br />

Beckers könnten sich nach Morlautern verheiratet haben. Neue Namen waren<br />

Bleuer, Kaulbach, Kuch und Mauckh. Zogen sie in leer stehende Hütten, was<br />

unwahrscheinlich ist. Oder heirateten sie eine unserer immer schon sehr hübschen<br />

Erlenbacher Mädchen? Oder stiegen sie vom Taglöhner zum Ackerer auf?<br />

3.15. Erlenbachs Pfarrer 1601 – 1645<br />

Erlenbach hatte bereits seit der Reformation eine eigene Kirche mit Pfarrer, der<br />

im Pfarrhaus Erlenbach wohnte. Er betreute gleichzeitig die umliegenden Dörfer<br />

mit und war auch für Sambach zuständig. Gerhard Kaller schreibt in seinem<br />

Buch Band I. Seite 272: um eine reibungslose Versorgung der deutschen<br />

Gemeinde in Otterberg zu ermöglichen, wurde in 1600 die Kirchengemeinde<br />

Sambach nach Erlenbach „umgepfarrt “.<br />

Laut Biundo sind folgende reformierte Pfarrer Erlenbachs nachgewiesen:<br />

• Johannes Vietor, der am 5.9.1596 Schulmeister in Wendelsheim und<br />

Mörsfeld war. Am 21. Januar 1601 trat er die Pfarrstelle in Erlenbach an,<br />

die er bis 1611 betreute.<br />

• Johann Casimir Emphard (Empfard) aus Otterberg begann sein<br />

theologisches Studium in Heidelberg am 8.5.1594. Laut Biundo war er ein<br />

Sapientist. Vom 15ten November 1602 bis 1618 war er Pfarrer in<br />

Erlenbach. Möglicherweise war Johannes Vietor sein Vikar gewesen. Ab<br />

1618 betreute Emphard die Pfarrstelle in Pfeddersheim.<br />

• Es könnte sein, dass die Pfarrstelle dann 25 Jahre lang verwaist war. Der<br />

Sapientist Anton Schanck immatrikulierte sich am 28.6.1618 in der<br />

theologischen Fakultät Heidelberg. Von 1633 bis 1642 war er Pfarrer in<br />

Alsenborn, von 1642 bis 1645 der Hirte der Pfarrgemeinde Erlenbach.<br />

Danach verlor Erlenbach seine Eigenständigkeit und die Höferer und<br />

Erlenbacher wurden von Otterberg aus betreut. Das deutsch reformierte<br />

Kirchenbuch Otterberg beginnt im Mai 1650. In ihm sind auch die<br />

Familien Morlauterns ab 1650 verzeichnet.<br />

63


64<br />

64<br />

3.16. Pest, Pocken und Typhus<br />

Die Pest 112 im 16. & 17. Jahrhundert<br />

Die aus heutiger Sicht katastrophalen, unhygienischen Verhältnisse die damals<br />

herrschten, rührten von den nicht vorhandenen sanitären Lebensverhältnissen und<br />

dem hautnahen Zusammenleben auf engstem Raum in kleinsten Wohnungen her.<br />

Der Begriff der Wohnungen im heutigen Sinne ist hoch tragend, da sie mehr<br />

Behausungen und windschiefen Hütten ähnelten. Sie waren der Nährboden für die<br />

in tödlicher Regelmäßigkeit auftretenden und vernichtenden Seuchewellen. Und<br />

zudem die Kulturfolger, die von den Menschen gehassten und ekelerregenden<br />

Ratten, die nur sehr schwer in ihren Verstecken zu bekämpfen sind, die in ihrem<br />

Fell die Krankheitsträger, die Rattenflöhe 113 beherbergen. Die Pest war die<br />

gefährlichste und gefürchteste Krankheit von allen. Dank der akribischen Arbeit<br />

der Lauterecker Pfarrer können wir heute noch, nach über 400 Jahren nachlesen,<br />

wie entsetzlich „der schwarze Tod“ wütete. Für das Jahr 1573 zählen wir 125<br />

Pesttote, in 1583 waren es etwas weniger. Vernichtender Höhepunkt war die<br />

Pestzeit vom 12. Dezember 1596 bis zum 24. Oktober 1597. Der Pfarrer<br />

nummerierte alle Eintragungen im Sterberegister. Z.B. der Gestorbene N° 219 aus<br />

1597: „den 24. 7bris starb Adam Degens Sohn Johannes aus Lohnweiler,<br />

christlich zur Erde bestattet“. (natürlich sind dort noch etliche andere verstorbene<br />

Verwandte der heutigen Hefersweiler Steinhauer und Seelener Degen zu finden).<br />

Insgesamt waren es 256 Pesttote in einem Jahr 114 . Im Zeitraum vom 30. August<br />

1612 bis zum 16. November 1613 starben in Lauterecken allein 69 an der Pest 115 .<br />

Die nächsten großen Pestepidemien fielen in den 30jährigen Krieg und waren<br />

zwischen 1625 und 1635 (vgl. Abschnitt über den 30jährigen Krieg). Auf<br />

rätselhafte Art und Weise verabschiedete sich die Pest um 1700 aus Europa, wohl<br />

112 ) Die erste nachgewiesene Beulenpest war 262 n. Chr. in Rom, 541 n. Chr. in<br />

Konstantinopel. Die zweite große Pestwelle begann an einem sonnigen Herbsttag (1347) in<br />

der venezianischen Festung Kaffa auf der Krim. Die Mongolen katapultierten nach<br />

wochenlanger, vergeblicher Belagerung etliche Pestleichen über die hohen Stadtmauern.<br />

Innerhalb kürzester Zeit verbreitete sich die Seuche unter den europäischen Verteidigern. Die<br />

noch konnten, retteten sich auf die Schiffe. Die Galeeren, die mit Kranken überhäuft waren,<br />

landeten in Messina /Sizilien. Ganz Sizilien wurde erfasst und schon Weihnachten 1347<br />

starben in Venedig täglich 600 Menschen an der Pest. Florenz verlor damals die Hälfte seiner<br />

Bevölkerung. Die Alpen waren auch kein Hindernis für den schwarzen Tod. Ganz Europa<br />

wurde heimgesucht. Deutschland war 1349/50 dran. Bis 1351 nahm die europäische<br />

Gesamtbevölkerung seuchenbedingt um ein Drittel ab.<br />

113 ) Als die schreckliche China-Epidemie in 1893 ausbrach, entsandten die berühmten Forscher<br />

Robert Koch, Berlin, den Japaner Kitasato und Pasteur, Paris, Alexandre Yersin, ihre<br />

besten Assistenten nach Hongkong. Unabhängig voneinander entdeckten 1894 beide zur<br />

gleichen Zeit den Pesterreger, das Bakterium Yersina pestis. Es wurde aber nach dem<br />

Franzosen Alexandre Yersin benannt, da er als erster am 20. Juni 1894 mit wenigen Stunden<br />

Vorsprung diese plumpe Bakterie entdeckte. Es dauerte weitere 3 Jahre, bis dann von Paul<br />

Louis Simond der Übertragungsweg herausgefunden wurde. Er sperrte eine erkrankte Ratte<br />

in einen Glasbehälter und daneben in einem Drahtkäfig eine gesunde. Unmöglich, beide<br />

konnten keinen Kontakt haben, aber trotzdem erkrankte bald darauf die gesunde Ratte. Grund<br />

waren die Flöhe mit ihrer immensen Sprungkraft, die die Glashürde übersprungen hatten.<br />

114 ) An der Pest starben insgesamt 256 Personen in Lautereckens . Die Original Nummerierung<br />

stammt vom Pfarrer. Der letzte Pesttote war der Sohn des Landschreibers Hans Preiel am<br />

24.12.1597 mit der N° 256! (falsche Zahlen stehen in der Ortschronik Lauterecken)<br />

115 ) lt. Kirchenbuch Lauterecken. Die Nummerierung der Pesttoten erfolgte durch den Pfarrer!


65<br />

weil die einheimische Ratte ausgestorben war 116 . Von da ab waren Typhus, die<br />

Pocken und die Masern die schrecklichen Geißeln der Menschheit.<br />

Typhus – das Fleckfieber<br />

Die Kindersterblichkeit war erheblich. Oft war die allgemeine und/oder familiäre<br />

Ernährungslage schlecht. Die Mütter waren teilweise unterernährt und die Kinder<br />

kamen „in größter Schwachheit“ zur Welt und hatten somit keine<br />

Überlebenschancen. Es herrschte allgemein größte Armut und die Waschmaschine<br />

war noch unbekannt. Wahrscheinlich wurde nichts weggeworfen, auch des Toten<br />

letztes Hemd hatte für die Lebenden noch einen Wert. Es wurde gekürzt,<br />

verändert und umgenäht. Die Stoffe hatten leider eine sehr lange Haltbarkeit. Die<br />

Menschen waren verlaust und verwanzt. Das ist ein schlimmer Nährboden für das<br />

Fleckfieber, den Typhus. Ich füge ein Zitat aus der Brockhaus Enzyklopädie, das<br />

die Ansteckung, Krankheitsverlauf, Hygiene etc. anschaulich erläutert, an: „Das<br />

klassische Typhus wird durch Läuse (Kleiderläuse) von Mensch zu Mensch<br />

übertragen. Durch Kratzwunden gelangt der infizierte Kot der Laus in den<br />

menschlichen Körper. Nach einer Ansteckungszeit von 10–14 Tagen kommt es zu<br />

plötzlichen 8–10 Tagen anhaltenden Fieber um die 40 Grad mit heftigen Kopf-<br />

und Gliederschmerzen. Begleiterscheinungen sind Milzschwellung, Atemwegs-<br />

und Herzerkrankungen, Kreislaufschwäche. Der rote, kleinfleckige Ausschlag ist<br />

über den ganzen Körper verteilt. Gleichzeitig tritt eine Gehirnentzündung mit<br />

Bewusstseinstrübungen und unmotivierten Erregungen auf, die in 10 – 20 % der<br />

Fälle zum Tod führte“. Bei unvollständiger Heilung – wie damals üblich –<br />

konnten Hirnschäden zurückgeblieben sein.<br />

Soweit als Vorwort.<br />

1621, am 3ten Fastensonntag ist Ottilia, Hans Schuhmachers Frau, nachdem sie<br />

etliche Tage zuvor an der Hautsucht erkrankte, dienstags zuvor das Abendmahl<br />

empfangen, morgens nach 2 Uhr in den Kirchenbrunnen gestürzt und noch vor<br />

der Morgenpredigt von der ganzen Gemeinde herausgezogen und folgenden<br />

Dienstag auf dem Gottesacker, aber ohne Sang und Klang 117 , dem Teufel<br />

schadenfroh zu trotzen und anderen zum Schrecken, an einem besonderen Ort<br />

beim Apfelbaum begraben und die Leichenpredigt gehalten“. Handelt es sich um<br />

Verzweifelung, der zum Selbstmord führte? Auf jeden Fall, wurden auf diese Art<br />

und Weise Selbstmörder beerdigt!<br />

1734/35 dürfte in und um Otterberg diese furchtbare Seuche Hunderte von Opfern<br />

gefordert haben. Die Pfarrer schreiben nur von der Krankheit.<br />

1865: War es mangelnde Hygiene, die dem Tod eine reiche Ernte bescherte? In<br />

den Jahren 1865 und 1866 feierte der Typhus auch in Erlenbach einen<br />

überbordenden Ertrag.<br />

116 ) Die Wanderratte kam ursprünglich aus China und tauchte im 19. Jahrhundert in Europa auf!<br />

117 ) eine schöne Redewendung<br />

65


66<br />

66<br />

Die Pocken 118<br />

Im Kirchenbuch Lauterecken zählte der Pfarrer für das Jahr 1573 ausdrücklich<br />

genannt 16 Pockentote in Berschweiler und 23 in Wiesweiler. Die Pestseuchen<br />

tobten sich bis zum Ende des 17. Jahrhunderts aus; der schwarze Tod verschwand<br />

plötzlich und unerklärlich von der Bildfläche. Die Pocken waren dann neben dem<br />

Typhus die Seuchen des 18. Jahrhunderts. Diese Virenerkrankung hatte die Pest<br />

abgelöst, die ab 1700 in immer wiederkehrenden epidemischen Wellen ihre<br />

Spuren auf den Gesichtern der Pfälzer hinterließ. Im Gegensatz zur Pest gaben die<br />

schwarzen Pocken den Überlebenden eine lebenslange Immunität und die<br />

Überlebenschancen waren höher, aber sie waren durch hässliche Pockennarben<br />

gezeichnet. Die Pocken entwickelten sich zur ständigen Bedrohung und rafften in<br />

viel kürzeren Abständen im Otterberger Kirchenspiel (wie die Häufigkeit der<br />

Todeseintragungen im Kirchenbuch zeigt) Menschen dahin. Durch die<br />

zahlreichen, niedergeschriebenen Sterbefälle können die Seuchenjahre genau<br />

bestimmt werden. Allein aus den Aufzeichnungen des Sterberegisters Otterbergs<br />

lassen sich die Jahre 1720/21 und 1737 definieren.<br />

In unseren Dörfern des Kirchenbezirks Otterberg wüteten regelmäßig die Pocken.<br />

Während der Pfarrer regelmäßig jährlich nur etwa 20 Sterbefälle notierte, machte<br />

der Sensenmann ab 1734 eine sehr reiche Ernte. Die Seuche begann Anfang<br />

November 1734 und hielt über ein halbes Jahr lang an. Das erste Opfer war Maria<br />

Rosina Menton, die Witwe des schon längst verstorbenen Johann Heinrich<br />

Menton. Sie starb am 2.11.1734 im Alter von 60 Jahren. Sie war eine geborene<br />

Legrande. Tag für Tag trug der Pfarrer Johann Peter Engelmann 119 fleißig jeden<br />

Sterbefall ein. Jede Familie war davon betroffen. Im März 1735 war dies so<br />

schlimm, dass der französische Standortkommandant Montmoremy 120 noch am<br />

gleichen Tag die unverzügliche Beerdigung des an der grassierenden hitzigen<br />

Krankheit gestorbenen Hutmachers`s Johann Stephan Tollitz befahl. Diese<br />

kurze Notiz im Kirchenbuch belegt zudem, dass Otterberg und die Westpfalz<br />

damals franz. besetzt waren. Laut des franz. reformierten Kirchenbuchs waren in<br />

jedem Otterberger Haus französische Soldaten einquartiert. Sogar das Pfarrhaus<br />

des Jean Pierre Engelmann war derart voll, dass man nirgendwo Platz fand<br />

Versammlungen abzuhalten. Diese Seuche raffte in sieben Monaten weit über 100<br />

118 ) Die Idee der Pockenimpfung geht auf Lady Mary Montagu zurück, die als Frau des<br />

englischen Botschafters jahrelang in Istanbul lebte. Man schützte die schönen Haremsdamen<br />

vor den Pocken, indem man ihnen mit einem Messer Eiter aus einer Pockenpustel in den Arm<br />

ritzte. 1721 kehrte Lady Montagu nach England zurück. Sie war fest entschlossen, die<br />

Impfung in UK publik zu machen. King Georg I. griff die Idee auf. Er ließ dazu sieben zum<br />

Tode verurteilte Verbrecher impfen, die natürlich überlebten. Zum Dank wurden sie<br />

freigelassen. Zur Kontrolle wurden noch einige Kinder aus dem Waisenheim geimpft und auch<br />

sie erkrankten nicht. King Georg I. ließ daraufhin seine Enkel impfen, die unbeschadet das<br />

Ganze überlebten und nie an Pocken erkrankten.<br />

119 ) Engelmann Johann Peter, * 1683 in Holzbach bei Simmern, ab 1705 Studium in Basel. Pfarrer<br />

von 1715 bis zu seinem Tod in 1751. Sein Nachfolger war sein Sohn Erasmus Theodor<br />

Engelmann, der 10 Jahre lang bis 1761 die Otterberger Pfarrei betreute. Lt Kaller, Gerhard,<br />

Otterberger Chronik Band II, S. 162 ff.<br />

120 ) Kaller, Gerhard, schrieb über diese Zeit: „ Nach einem Einfall der Franhosen in Lothringen<br />

wurde der Reichskrieg erklärt, franz. Truppen zogen über Homburg und Kaiserslautern an den<br />

Rhein, wo sich im Mai 1734 bei Speyer die beiden Heere gegenüber standen, aber ohne<br />

entscheidende Kämpfe wieder trennten“ Es sieht also so offensichtlich aus, dass die Franzosen<br />

sich noch einige Zeit hier in der Pfalz aufgehalten hatten. Chronik Otterberg, II, S. 93 Den Namen<br />

des Kommandanten Montmoremy fand ich im Sterbeeintrag Tollitz, siehe oben.


67<br />

Leute hin (allein im reformierten KB stehen 120 Sterbefälle). Eine der letzten war<br />

Philippina Simbgen (geb. Pfaff), die Ehefrau des Ludwig Simbgen aus<br />

Morlautern, die am 13. Mai 1735 im Alter von 32 Jahren starb.<br />

Die Pockeninfektion war latent. Die Gefahr war allgegenwärtig. Fast in jedem<br />

Jahr notierte der franz. Pfarrer Engelmann mehr oder weniger Pockentote.<br />

1741: Die Krankentransporte erfolgten entweder im Handkarren oder mit dem<br />

von der Kuh, demPferd gezogenen Karch. Am 26.3.1741. starb zu Erlenbach ein<br />

lediger Kerl aus dem Bayrischen Land von Krumbach, so das Fieber gehabt und<br />

dabei wassersüchtig war, namens Leonhard Größer, den man auf einem Karch<br />

hierher (Otterberg) gebracht, und nachdem er das heilige Abendmahl empfangen,<br />

wieder fortgeführt worden, bis er endlich elendigerweise auf einem Karch<br />

verschieden, und allhier beerdigt worden , seines Alters 42 Jahre.<br />

Herr Pfarrer Johann Wilhelm Klingenschmidt aus Kreuznach notierte ab<br />

September 1745 wieder die Todesursachen. Nicht nur er, sondern auch die ihm<br />

folgenden Pfarrer schrieben als Nichtärzte Auffälligkeiten auf. Aus den<br />

Aufzeichnungen lassen sich die Jahre 1747 und 1761/62 und 1765 und 1772 und<br />

1777 als Pocken-Seuchenjahre bestimmen. Die Krankheitsbezeichnungen waren<br />

zwar mit „Porpula, Porpeln, Blattern“ unterschiedlich, aber die Todesangst vor<br />

dem schwarzen Tod war immer die gleiche.<br />

Die Tradition der korrekten Aufzeichnungen setzte erst Pfarrer Ludwig Conrad<br />

Hecht ab Mitte Mai 1780 fort. 1781 war in und um Erlenbach ein schlimmes<br />

Pockenjahr. Der Epidemie fielen u.a. folgende Erlenbacher zum Opfer:<br />

• Johann Peter Guttenberg, der reformierte Schulmeister in Erlenbach. Er<br />

war 69 Jahre alt gewesen, † 4.4.1781<br />

• Bernhard Hollstein, 31 Jahre alt. Er war Mitglied des Hubgerichtes, †<br />

5.8.1781,<br />

• Maria Elisabetha Knieriemen, die Ehefrau des Johann K. die am<br />

6.10.1781 im Alter von 40 Jahren verstorben war.<br />

Sehr auffällig, auch im Kriegsjahr 1793 häuften sich ab dem April die Sterbefälle.<br />

Seit dem Frieden von Lunéville war das linksrheinische Gebiet offiziell<br />

Bestandteil der Französischen Republik. Der Ortsvorsteher von Schneckenhausen,<br />

Jacob Dietrich, führte die damalige Dienstbezeichnung „Agent“. Er vermerkte in<br />

dem Bericht von 1800 an die Kantonsverwaltung, dass die „Platheren“, Blattern<br />

(Pocken) grassierten. Dies wird wohl auch in Erlenbach, Morlautern &<br />

Otterberg der Fall gewesen sein. Das Kirchenbuch verzeichnet ebenfalls für<br />

Heimkirchen und Wörsbach eine schreckliche Pocken-Epidemie. 1800 war das<br />

Jahr VIII/IX im Franz. Revolutionskalender, gerechnet ab der Ausrufung der<br />

franz. Republik am 22. Sept. 1792. Durch den großen spektakulären Impferfolg,<br />

den der englische Arzt 1796 Edward Jenner 121 mit Kuhpocken hatte, war der<br />

121 ) Edward Jenner (1749 – 1832) Er infizierte am 14.5.1796 den kleinen James Phipps mit<br />

dem Einverständnis des Vaters, mit Kuhpocken, die er aus einem Pocken der Melkerin<br />

Sarah Nelmes gewonnen hatte. Folge war nur kurzes Fieber, nur die beiden Narben am<br />

Oberarm blieben zurück. Danach infizierte Jenner den Jungen mit den gefährlichen Pocken<br />

67


68<br />

68<br />

Widerstand gebrochen. Napoleon befahl die Pocken Massenimpfungen, die ab<br />

1805 auch in der Pfalz, allerdings freiwillig, durchgeführt wurden. Allerdings<br />

drückten sich wohl die Meisten noch vor der Impfung. Denn nur so ist es zu<br />

erklären, dass diese tückische Krankheit 1808 und 1815 noch seuchenartig ihre<br />

zahlreichen Opfer z.B. in Erlenbach forderte.<br />

Nach dem Abgang Napoleons wurde die Pfalz 1816 bayerisch und die<br />

Verwaltung des Rheinkreises verfügte, dass keine Kinder mehr ohne die<br />

Pockenimpfung in die Schule aufgenommen werden durften. Danach traten in der<br />

Nordpfalz nur noch einzelne Pockenfälle auf (z.B. 1836) Aber dennoch waren im<br />

19. Jahrhundert die Pocken im übrigen Reichsgebiet noch weit verbreitet. Allein<br />

im Zeitraum 1871 – 1873 wurden im damaligen Deutschen Reich noch 175.000<br />

Pockenfälle mit 100.000 Todesopfern registriert. Grund: Immer wieder drückten<br />

sich Tausende aus Voreingenommenheit und Angst vor der Schutzimpfung<br />

Das verspätete Impfgesetz (für das Deutsche Reich) vom 8. April 1874<br />

formuliert: „Der Impfung mit Schutzpocken soll jedes Kind vor dem Ablaufe des<br />

auf sein Geburtsjahr folgenden Kalenderjahres unterzogen werden, sofern es nicht<br />

nach ärztlichem Zeugnis die natürlichen Blattern überstanden hat.... Jeder<br />

Impfling muss frühestens am sechsten, spätestens am achten Tage nach der<br />

Impfung dem impfenden Arzt vorgestellt werden. Über jede Impfung wird nach<br />

Feststellung der Wirkung von dem Arzte ein Impfschein ausgestellt.... Eltern,<br />

Pflegeeltern und Vormünder, deren Kinder und Pflegebefohlenen ohne<br />

gesetzlichen Grund und trotz erfolgter amtlicher Aufforderung der Impfung<br />

entzogen geblieben sind, werden mit Geldstrafen bis zu 50 Mark oder mit Haft bis<br />

zu drei Tagen bestraft“<br />

DER 30JÄHRIGE KRIEG 122<br />

4.1. Der Kriegsbeginn<br />

(von Marschall Henri Turenne)<br />

Ferdinand II. 123 Erzherzog von Österreich, König Böhmens und Ungarns wurde<br />

im Jahr 1619 nach dem Tod von Matthias (Maximilian) Deutscher Kaiser. Die<br />

und nichts geschah. Die Prozedur wiederholte Jenner mehrmals, aber James war immun und<br />

blieb gesund . Jenner legte der Royal Society seine Forschungsarbeit vor, um den<br />

ausgelobten Preis zu kassieren, die legte sich aber quer. Beachtung fand im Eigenverlag die<br />

Veröffentlichung „An inquiry into the causes and the effects of the variolae vacciniae“. Der<br />

Durchbruch war geschafft.<br />

122 ) gute Literatur: Philipp Casimir Heintz, Das ehemalige Fürstenthum Pfalz-Zweibrücken<br />

während des 30jährigen Krieges, 1. Auflage von 1810.<br />

123 ) Ferdinand II. * 1578 in Graz. Ein Habsburger Hauspakt verschaffte ihm 1617 die böhmische<br />

und 1618 die ungarische Krone. 1619 wurde er zum Kaiser gewählt. Er betrieb die<br />

Rekatholisierung . Er starb Anfang 1637 in Wien, 60jährig. Wenige Zeit vor seinem Tod wurde<br />

sein Sohn Ferdinand III zum Kaiser gewählt. Frankreich glaubte ihn wegen der<br />

Unregelmäßigkeit bei seiner Wahl nicht anerkennen zu können. In Frankfurt hatten die Spanier


69<br />

Protestanten Böhmens weigerten sich jedoch, ihm zu gehorchen und sie wählten<br />

den 22jährigen pfälzischen Kurfürsten Friedrich V 124 , den Chef der Union der<br />

Protestanten 125 zu ihrem König. Der Prinz akzeptierte die Wahl durch das<br />

böhmische Volk, da er sich einbildete, er hätte die gesamte protestantische Gewalt<br />

in seinem Kampf hinter sich. Aber die Ungarn, die Schlesier, die Moravier und<br />

der größte Teil des österreichischen Stammlandes ergriffen Ferdinands Partei.<br />

Ferdinand seinerseits engagierte den Herzog von Bayern, der bereits Chef der<br />

katholischen Liga 126 war. Der Papst schickte ihm daraufhin beachtliche Summen<br />

und der König Spaniens versprach ihm Truppen. Ferdinand gewann (mit einer<br />

Übermacht) zuerst die berühmte Schlacht (am Weißen Berg) bei Prag am<br />

8.11.1620 und dies war der Anfang einer langen Siegeskette. Sein Konkurrent, der<br />

Kurfürst Friedrich V. wurde aus Böhmen verjagt 127 , seiner Länder beraubt<br />

und als Kurfürst degradiert. Ferdinand übertrug diese Würde dem Herzog von<br />

Bayern.<br />

4.2. Die Spanier erobern die Pfalz (nach<br />

Anna Egler)<br />

Dieser Bericht beruht auf den wertvollen Recherchen der Anna Egler,<br />

die sie im Laufe ihrer mehrjährigen Arbeit sehr oft in die Archive<br />

nach Brüssel, Wien, Madrid, Würzburg, Speyer u.v.a. führte. Ihr Werk<br />

>Die Spanier in der linksrheinischen Pfalz 1620 – 1632 < wurde in<br />

Mainz 1971 veröffentlicht. Von unserer Stelle Dank und Anerkennung<br />

für diese Arbeit!<br />

Friedrich V. hatte sein böhmisches Abenteuer schlecht vorbereitet. Seine<br />

Entscheidung fiel aus dem Bauch, ohne an die politischen Folgen zu denken.<br />

Ferdinand war da schlauer und war von guten Fachleuten beraten. Er hatte es<br />

schlimmen Druck auf die Wahlberechtigten ausgeübt. Nach dieser Wahl stieg die Animosität<br />

gegen den Wiener Hof und der Krieg nahm seinen Fortgang. (so Turenne)<br />

124 ) Friedrich V. hatte am 14.2.1613 in London die Tochter des englischen Königs Jacob I. die<br />

Elisabeth Stuart geheiratet. Zu Beginn des Krieges stellte ihm sein Schwiegervater englische<br />

Truppen zur Verfügung, die in Heidelberg, Mannheim, Frankenthal und Mainz stationiert waren.<br />

Dadurch konnte Friedrich V. seine eigenen Soldaten nach Prag abziehen. Doch die Schlacht am<br />

Weißen Berg ging ja für ihn verloren. Nach und nach verlor er Macht und Ansehen. Er starb am<br />

29.11.1632 in Mainz. Der Zinksarg mit seinem Leichnam stand bis 1635 in der protestantischen<br />

Kirche von Frankenthal. Sein Herz wurde jedoch in einer silbernen Kapsel im Westchor der<br />

Katharinenkirche in Oppenheim beigesetzt. Bevor die Truppen Gallas im Juli 1635 die Stadt<br />

einkesselten, wurde der Zinksarg nach Sedan übergeführt.<br />

125 ) Die anderen wichtigen Mitglieder der Evangelischen Union waren der Herzog von<br />

Württemberg, der Landgraf von Hessen- Kassel, der Prinz von Anhalt, der Marquis von<br />

Durlach. Die Marquis von Ansbach und von Baden – Durlach.<br />

126 ) Die anderen Mitglieder der katholischen Liga waren die Kurfürsten von Mainz , Trier und<br />

Köln, der Erzbischof von Salzburg, die Bischöfe von Bamberg, Würzburg und Eichstedt, die<br />

Erzherzöge von Österreich und mehrere andere Deutsche Prinzen, der Papst selbst und der<br />

König von Spanien. Außerdem wurden sie von dem Kurfürsten von Sachsen unterstützt, der<br />

auf den Pfälzer eifersüchtig war und dem Landgrafen von Hessen Darmstadt, der mit dem<br />

Landgrafen von Hessen Kassel zerstritten war.<br />

127 ) Die böhmischen Rebellen kamen aufs Schafott, ihre Güter wurden eingezogen und verkauft.<br />

Wallenstein brachte dabei riesige Güterkomplexe an sich<br />

69


.<br />

70<br />

70<br />

leichter, den Kampf zu gewinnen. Während starke Truppenverbände in Böhmen<br />

die alte Ordnung wieder herstellten, nahmen spanische Truppen die Pfalz ins<br />

Visier.<br />

Die Invasion Rheinhessens und der Pfalz wurde politisch und militärisch gut<br />

geplant. Dem Oberkommandieren General Ambrosius Spinola standen über<br />

24.000 Soldaten zur Verfügung. Neben 18.000 Infanteristen standen 6.300 Reiter<br />

bereit. Am 9. August 1620 brach er von Brüssel aus auf, begleitet vom Marquis<br />

de Belveder. Am 18. August traf er bereits in Koblenz, dem allgemeinen<br />

Sammelplatz ein. Bei Ehrenbreitstein schlugen seine Truppen eine Brücke über<br />

den Rhein. Strahlenförmig gingen die einzelnen Truppenteile rechtsrheinisch vor.<br />

Die südlichste Gruppe stand sehr bald vor Mainz, das bereitwillig seine Toren<br />

öffnete.<br />

• 5.9.1620: Rheinübergang bei Mainz<br />

• 8.9.1620: Als die Unionstruppen vom Rheinübergang Spinolas hörten,<br />

verließen sie die Umgebung von Frankfurt & nahmen ihren Weg auf<br />

Oppenheim zu. Ihr Kommandant, der Markgraf Friedrich 128 von Ansbach<br />

& Brandenburg, stellte am 8.9.1620 seine Truppen bei Oppenheim in<br />

Schlachtordnung auf. Spinola nahm aber die Schlachtaufforderung nicht<br />

an. Er ging nach Nackenheim/ Nierstein. Unschlüssig zog sich der<br />

Markgraf von Ansbach auf Worms zurück und harrte dort passiv der<br />

Dinge.<br />

• 10.9.1620: Spinola schickte einige Kompanien Reitern und 5.000<br />

Söldnern mit 9 Geschützen nach Kreuznach. Die Vorhut mit ihrem<br />

Trompeter forderte die Übergabe im Namen des Kaisers. Die wenigen<br />

Verteidiger hatten da keine Chancen. Die Stadtverwaltung erbat sich eine<br />

Bedenkzeit von 24 Stunden, in der die Spanier anfingen Laufgräben, um<br />

die Stadt zu ziehen. Dies beeindruckte die Stadtväter und sie gaben auf.<br />

Die Stadt erhielt Sicherheitszusagen, musste aber innerhalb von drei<br />

Wochen 15.000 Taler aufbringen. Und dann kam Alzey dran, das auch<br />

schwach besetzt war! Nun räumten die spanischen Truppen die Gegend<br />

aus und requirierten, was sie bekommen konnten. Wehrte sich ein Dorf<br />

oder Städtchen, dann stand es ruckzuck in Flammen, wie Engelstadt,<br />

Guntersblum oder Essenheim und Obersaulheim.<br />

• 10.9.1620: Die Unionstruppen hatten sich nach Worms zurückgezogen<br />

und Spinolas Truppen übernehmen Oppenheim, das seine Tore nach<br />

kurzen Verhandlungen geöffnet hatte. Spinola ließ eine Bootsbrücke<br />

bauen und etliche Kompanien machten nun die Gegend um die Bergstraße<br />

bis nach Bensheim unsicher. „Die Mutter des Kurfürsten Friedrich V.<br />

bangte jetzt um ihre und ihrer Enkel Sicherheit. Sie flüchtete deshalb mit<br />

einigen Räten, sowie mit zahlreichen Einwohnern aus Heidelberg nach<br />

Württemberg“ 129<br />

128 ) Markgraf Friedrich von Brandenburg und Ansbach fiel in der Schlacht von Nördlingen.<br />

Außerdem war er Bruder der Pfalzgräfin Marie Eleonora oo Pfalzgraf Ludwig Philipp.<br />

129 ) Eggler, Anna, Die Spanier in der linksrheinischen Pfalz 1620 – 1632, Mainz 1971, S. 45 ff.


71<br />

• 12.9.1620:. Abmarsch aus Holland von 36 Kompanien holländischer<br />

Reiterei unter dem Oberkommando des Prinzen Heinrich von Oranien.<br />

Ihn begleiteten 2.000 englische Freiwillige unter dem Befehl des Horace<br />

de Veer, die King Jacob geschickt und bezahlt hatte. Bei Koblenz<br />

überschritt diese Truppe den Rhein und marschierte rechtsrheinisch<br />

weiter. Am 1.10.1620 überquerten sie den Main und vereinigten sich sehr<br />

bald mit den Unionstruppen in Worms.<br />

• Der deutsch, englischen, holländischen Truppenverband hatte den<br />

schlauen spanischen Rogeade -Bewegungen nichts entgegen zu setzen. Es<br />

kam zwar am 13. Oktober bei Alzey und 4. November zu ergebnislosen<br />

Scharmützeln. Aber den Führern der Unionstruppen fehlte es an<br />

Durchblick, weit reichende Operationen zu planen. Ausnahme bildete der<br />

unternehmungslustige Reiteroberst Michael Obertraut, dessen<br />

Reiterattacken mit denen von Blüchern einiges gemein hatten. Allerdings<br />

verhinderte er Ende 1620, dass die Spinola sich auf Kaiserslautern zu<br />

bewegen konnte. Seine Erfolge waren für die Spanier nur Nadelstiche, da<br />

den Unionstruppen- Führern ein Gesamtkonzept fehlte. Vielleicht<br />

blockierten sie sich eifersüchtig auch gegenseitig, so dass jede sinnvolle<br />

Aktivität unterbliebe.<br />

• Ende Nov. 1620: Bei einem spanischen Überraschungsangriff auf<br />

Osthofen nahmen die Spanier 400 Mann Fußvolk und eine gegnerische<br />

Reiterkompanie gefangen, ohne dass Truppen der Union aus Worms ihren<br />

Leuten zu Hilfe geeilt wären. Danach ging es in 46 Winterquartiere, wie<br />

Anna Egler recherchieren konnte. Dabei war die Linie Alzey,<br />

Oppenheim mit besonders starken Verbänden gesichert. Davon lagen<br />

allein in Alzey 3.200 und in Oppenheim 4.000 Mann, die es auch zu<br />

versorgen galt. Wen die Albisheimer Bevölkerung schließlich zu beliefern<br />

hatte, ist noch nicht recherchiert, aber auf jeden Fall mussten Lieferungen<br />

und Leistungen entweder nach Worms oder nach Alzey gekarrt werden.<br />

• Nov. 1620: Als Schutz Frankenthals zog Horace de Veer mit seinen<br />

Truppen in die seit 1608 zur Festung ausgebaute Stadt ein.<br />

1621<br />

• Das Jahr 1621 begann mit einem Waffenstillstand, der dank englischer<br />

Einwirkung offiziell bis zum 2.6.1621 dauerte. Im August stoßen die<br />

Spanier nach Westen vor und besetzen Kaiserslautern. Die Dörfer bis<br />

nach Bruchmühlbach werden geplündert. Allerdings bleiben auf<br />

Anweisung der Infantin die Dörfer des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken<br />

im Wesentlichen verschont.<br />

• Alles änderte sich entscheidend, als Graf Mansfeld mit seinen Truppen<br />

aus der Oberpfalz abmarschierte und am 23.10.1621 rettend vor<br />

Mannheim erschien.<br />

• Anfang Sept. 1621: Frankenthal hatte sich verteidigungsbereit gemacht.<br />

Dort lagen drei englische Kompanien unter dem Sergeantmajor John<br />

Borres, den Kapitänen Vervex und Dexter und weitere 9 deutsch bzw.<br />

71


72<br />

72<br />

holländische Kompanien. Oberbefehlshaber war Graf Wittgenstein. Die<br />

spanischen Belagerungsarbeiten begannen am 19.9.1620. Frankenthal<br />

war ringsum eingekreist. Am 29.9. erfolgte der erste spanische Angriff<br />

mit etwa 8.000 Mann, der jedoch misslang. Die Spanier zogen sich auf<br />

Staudernheim zurück.<br />

• Der Befehlshaber Corduba schickte noch dreimal am (6.10. am 8.10. und<br />

am 18.10.) seine Soldaten gegen die starke Befestigung, wo sie sich aber<br />

nur blutige Köpfe holten. Am 23.10 versuchte Corduba es nochmals<br />

friedlich. Er erschien mit einem Trompeter vor der Stadt, um Graf<br />

Wittgenstein zur Übergabe zu überreden. Aber vergebens.<br />

• Zur rechten Zeit eilte Graf Mansfeld herbei und sorgte für Entsatz.<br />

Corduba räumte kampflos seine Stellungen Für die Hilfe und<br />

Befriedigung seiner Söldner zahlte ihm Frankenthal 12.000 Gulden.<br />

Während der Belagerung tat sich der pfälzische Reitobrist Michael von<br />

Obertraut 130 hervor. Er trug den Spitznamen der „Deutsche Michel“ …<br />

Die Spanier hatten vor den Wällen Frankenthals 2.500 Mann verloren,<br />

während in der Stadt nur der Tod von 100 Soldaten und Bürgern zu<br />

beklagen war“ 131 .Anna Egler schätzt auf Grund der spanischen<br />

Dokumente den Verlust mit 1.000 spanischen Gefallenen.<br />

1622<br />

• 1622: „Tilly erschien in der Kurpfalz. Er belagerte und eroberte<br />

Mannheim & Heidelberg. In der Schlacht von Wiesloch am 27.4.1622<br />

schlugen ihn einer gemeinsamer Aktion die verbündeten Truppen des<br />

Grafen Mansfeld und des Markgrafen von Baden. Die Sieger trennen sich<br />

und prompt nutzte Tilly die Chance. Er stellt 10 Tage später am 6. Mai<br />

den Markgrafen von Baden bei Wimpfen am Neckar. Auf sich allein<br />

gestellt, verlor der Markgraf die Schlacht. Der Herzog von Braunschweig<br />

kam leider zu spät aus seinem Winterlager zu Hilfe und Tilly bereitete<br />

ihm bei Höchst eine Niederlage.<br />

• Nachdem Heidelberg und Mannheim gefallen waren, tauchte er Anfang<br />

November 1622 132 vor Frankenthal auf. Aber die Frankenthaler<br />

verteidigten sich mit dem Mut von Löwen. Während Tillys Soldaten an<br />

einer Stelle angriffen, verließen starke Reiterverbände unter Führung<br />

Obertrauts unbeobachtet das Nordtor. Sie nahmen unerwartet die<br />

Angreifer in die Zange und die überraschten kaiserlichen Generäle gaben<br />

die Belagerung auch wegen des frühen Wintereinbruchs und der<br />

mangelhaften Versorgungslage der Truppen auf. Sie rückten in das<br />

130 ) Hans Michael Elias von Obertraut (1574 – 1525) war 1610 Rittmeister über 500 Mann im<br />

Unionskrieg, 1619 Oberst über 300 Reiter im Dienst Friedrichs V. Er besetzte im September<br />

1621 Frankenthal. 1625 ernannte ihn Herzog Johann Ernst von Sachsen - Weimar im dänischen<br />

Lager in Verden zu seinem Generalleutnant. Er fiel bei Selze im Herbst 1625 (Egler, S. 48 unten)<br />

131 ) 425 Jahre Frankenthal, Beiträge zur Stadtgeschichte, diverse Autoren, Frankenthal 2002, S. 33 ff<br />

132 ) Der Pfarrer Daniel Greser von Albisheim verlässt daraufhin seine Pfarrstelle. Greser ist von<br />

1622 bis 1642 Pfarrer in Kirchheimbolanden. Von 1642 bis 1651 betreute er die Pfarrstelle<br />

Waldlaubersheim, Danach ist er bis zu seinem Tod am 9.12.1652 Inspektor des Amtes<br />

Kirchheimbolanden. Sein Sohn Franz Christian kam am 21.3.1643 in Waldlaubersheim zur Welt


73<br />

Winterlager ein. Lediglich die Papenheimer´schen Reiter und spanische<br />

Verbände blockierten die Zugangswege nach Frankenthal“.<br />

133<br />

• 1623: Der englische König Jacob dachte nicht nur an seinen pfälzischen<br />

Schwiegersohn Friedrich V., sondern auch an seinen potentiellen<br />

Nachfolger, seinen Sohn, den er mit dem habsburgischen Hause<br />

vermählen wollte. “Von spanischer Diplomatie umgarnt, schloss deshalb<br />

Jacob mit der Infantin Clara Eugenia Isabella nach Vorverhandlungen in<br />

Brüssel einen Vertrag über die kampflose Übergabe Frankenthals … Nach<br />

diesem Kontrakt wurde am 24.4.1623 das letzte pfälzische Bollwerk<br />

durch den englischen Stadtgouverneur John Bourgh an den Spanier<br />

Guilelmus Verdago übergeben. Danach durften die englischen Soldaten<br />

mit Waffen und allen Sachen frei abziehen und in ihr Vaterland<br />

zurückkehren“ 134 Frankenthal erhielt eine spanische Garnison mit 1.000<br />

Mann. Laut der Frankenthaler Chronik hatte die Stadt dann auch noch bis<br />

zum Frühjahr 1632 eine große Schar von Weibern und deren Kindern zu<br />

ernähren.<br />

• Wie damals so üblich, musste das Land die Besatzungstruppen ernähren.<br />

Die Landsknechte hatten immer den Tod im Auge. Sie verkauften ihre<br />

mörderische Zerstörungskraft an den Meistbietenden und nahmen bei der<br />

Requirierung wenig Rücksicht auf die armen Bauern, die bis auf den<br />

letzten Bluttropfen ausgepresst wurden. Am besten waren noch die<br />

Stadtbewohner dran, oder die, die sich hinter die Stadtmauern von<br />

Lauterecken und Meisenheim geflüchtet hatten. Die spanische<br />

Thronfolgerin (Infantin) schrieb deshalb 1631 an ihren Vater, dass die<br />

Pfalz unmöglich die Truppen ernähren könnte<br />

• Wie damals so üblich, musste das Land die Besatzungstruppen ernähren.<br />

Die Landsknechte hatten immer den Tod im Auge. Sie verkauften ihre<br />

mörderische Zerstörungskraft an den Meistbietenden und nahmen bei der<br />

Requirierung wenig Rücksicht auf die armen Bauern, die bis auf den<br />

letzten Bluttropfen ausgepresst wurden. Am besten waren noch die<br />

Stadtbewohner dran, oder die, die sich hinter die Stadtmauern von<br />

Lauterecken und Meisenheim geflüchtet hatten.<br />

Turenne berichtet weiter<br />

Der König Englands, Schwiegervater des Pfälzers und der König Dänemarks<br />

(Christian IV.), der die Schwester des abgesetzten Kurfürsten geheiratet hatte,<br />

unterstützten weiterhin dessen Interessen. Die vereinigten Provinzen<br />

(Niederlande) versprachen ihm Truppen und Geld. Und selbst Frankreich<br />

favorisierte insgeheim die Protestantische Liga und den degradierten Pfälzer. Der<br />

Krieg setzte sich weitere sieben Jahre fort, in denen der berühmte Wallenstein,<br />

General des Kaisers & Tilly, alle protestantischen Länder ruinierten. Diese beiden<br />

•<br />

133 ) (Chronik Frankenthal S. 34 a.a.O)<br />

•<br />

134 (Chronik Frankenthal S. 34 a.a.O)<br />

73


74<br />

74<br />

zwangen den dänischen König Christian nach mehreren verlorenen Schlachten auf<br />

Deutschland zu verzichten. Er unterdrückte und dämmte den Einfluss der<br />

Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg ein und entzog dem Herzog von<br />

Mecklenburg seine Ländereien, indem er sie zugleich selbst übernahm. Diese<br />

lange Siegesreihe machte Ferdinand zum mächtigsten Fürsten in Deutschland.<br />

Aber Frankreich wurde eifersüchtig und Kardinal Richelieu dachte über Mittel<br />

nach, wie man den schnellen Aufstieg (Erfolg) stoppen könnte. Ihm fiel kein<br />

wirksamerer Gedanke ein, als den General (Wallenstein) von seinen kaiserlichen<br />

Truppen zu trennen. Der Französische Außenminister hauchte dem Kaiser einen<br />

Argwohn gegen Wallenstein ein, der ihn dazu brachte, Wallenstein seines Armee-<br />

Kommandos zu entheben. Zur gleichen Zeit bemühte sich Richelieu, den Großen<br />

Gustav, König von Schweden als Chef der Evangelischen Union zu gewinnen.<br />

Denn dieser Monarch hatte alle Qualitäten ein wahrhafter Heros (Held) zu<br />

werden. Er war überzeugt davon, dass der Himmel nur ihm den Sieg gönnen<br />

würde. Er wollte der Beschützer der Freiheit Deutschlands & seiner Religion<br />

werden. Er beeilte sich, Frieden mit den Polen zu schließen. Aus dem Vertrag mit<br />

Frankreich zog er beachtliche Summen und er konnte damit Truppen in England,<br />

Holland und im ganzen Reich anheuern. Er landete auf der Insel Rügen und jagte<br />

im Juni 1630 die kaiserlichen Truppen fort. Diese glückliche Landung mündete in<br />

eine unglaubliche Siegesreihe. In weniger als zwei Jahren schlossen sich ihm die<br />

meisten Landesherren an. Er beherrschte bald das Gebiet vom Baltikum bis zur<br />

Donau.<br />

4.3. König Gustav Adolf überquert den Rhein<br />

(von Ludwig Frohnhäuser 135 )<br />

Im November 1631 hatten die (damals noch) disziplinierten schwedischen<br />

Truppen den Rheingau eingenommen, aber wieder fluchtartig verlassen. Gustav<br />

Adolf wollte in Eilmärschen nach Osten marschieren, um der durch Tilly<br />

bedrohten Reichsstadt Nürnberg zu Hilfe zu kommen. In Frankfurt erfuhr Gustav<br />

Adolf, dass Tilly die Belagerung Nürnbergs aufgegeben hatte. So konnte sich<br />

Gustav Adolf wieder der Eroberung der Festung Mainz zuwenden. Diesmal wollte<br />

er südlich von Mainz den Rhein überqueren. Die Mainzer Truppen hatten alle<br />

Schiffe und Boote an ihr Stromufer bringen lassen, um den Schweden den<br />

Rheinübergang unmöglich zu machen. Gustav Adolf überschritt den Main, ging<br />

nach Süden bis zur Modau-Mündung bei Stockstadt.<br />

Die Schweden erhielten zwei große Boote von Fischern, der eine stammte aus<br />

Nierstein, der andere kam aus Gernsheim. Am Morgen des 7. Dezember 1631,<br />

morgens um 6 Uhr startete die Überquerung und Landung. An Bord waren 300<br />

Soldaten der Leibgarde unter dem Kommando des Obristen Graf Niclas Brahe.<br />

Die Boote trieben lautlos ohne Ruderschlag den Rhein hinunter. Tags zuvor hatten<br />

andere schwedische Einheiten sich im Rücken der Mainzer Verteidiger auf dem<br />

Kühlkopf breit gemacht. Die Mainzer Reiter ritten drei vergebliche Attacken<br />

gegen die schwedischen Infanteristen. „Ein Berichterstatter sagte, dass jeder der<br />

Schweden eine Palisade vor sich getragen hätte, der ein guter Schutz gegen die<br />

135 ) Oppenheim, Geschichte einer Stadt, herausgegeben von der Stadtverwaltung Oppenheim, Seite<br />

137 - 140


75<br />

anstürmenden Reiter geworden sei. Der Rückzug der Spanier ging … teilweise<br />

nach Oppenheim. Nachdem das Gefecht entschieden war, ging Gustav Adolf<br />

persönlich über den Rhein. Und sang mit seinen Soldaten das Lied<br />

Aus meinem Herzens Grunde sag ich Dir Lob und Dank<br />

Nun begann der eigentlich Übergang des schwedischen Heeres am 8.12.1631 auf<br />

der langen Uferstrecke. Die Schiffe zum Übergang hatte der König mit<br />

Pferdewagen heranfahren lassen, die er bei hessischen Bauern hatte requirieren<br />

lassen. Die Oppenheimer Ortschronik schreibt, über die Nachen seien<br />

Scheunentore gelegt worden, auf denen die Kavalleriepferde transportiert wurden.<br />

Noch am gleichen Tag, ließ er Oppenheim von drei Seiten aus angreifen, die von<br />

1000 Spaniern verteidigt wurde. Die Einnahme der Stadt war relativ einfach. Als<br />

harte Nuss stellte sich jedoch die Burg heraus, die von ihren Verteidigern zäh<br />

verteidigt wurde. Dabei fielen viele Schweden. Das ganze endete in einem<br />

fürchterlichen Blutbad, das kein Verteidiger überlebte. Ende der Kämpfe war am<br />

9.12.1631 am Geburtstag des Königs.<br />

Überglücklich feierte er seinen Gottesdienst in der Katharinenkirche und rückte<br />

noch gegen Abend nach Mainz ab. Sein Winterquartier bezog er mit seinen<br />

Soldaten in und um Mainz, wo er am 19. Dezember 1631 seinen Vetter, den<br />

Herzog von Pfalz-Zweibrücken Georg Gustav empfing 136 .<br />

Mainz wurde von 1632 bis Ende 1635 zur Niederlage von Nördlingen die<br />

Hauptstadt Schwedens. Die Regierungsgeschäfte leitete der Kanzler<br />

Oxenstierna. Alle Beschlüsse des Schwedischen Reichstages, die Innen- und<br />

Außenpolitik Schwedens wurde von Mainz aus gelenkt.<br />

4.4. Die Schlacht bei Standenbühl<br />

vom 24. Mai 1632 (Hans Döhn)<br />

Quelle: Hans Döhn, Kirchheimbolanden, Geschichte einer Stadt, Kibo 1969<br />

• Im Laufe der Jahre 1630 und 1631 hatte die spanische Regierung in<br />

Brüssel fast 15.000 ihrer Soldaten aus dem Südwesten Deutschlands<br />

abgezogen. Zum Teil auch auf Wunsch der Infantin, die das Leiden der<br />

hungernden Bevölkerung gesehen hatte. Wegen der Zerstrittenheit der<br />

Alliierten kam keine einheitliche Strategie zustande. Durch die grob<br />

fahrlässig herbei geführte Inaktivität konnte im April 1632 ein<br />

kampfstarker spanischer Verband rheinabwärts ziehen und Speyer<br />

besetzen. Doch durch die instabile Situation in den Niederlanden, wurden<br />

sie durch Eilboten zurückgerufen. Auf dem Rückweg versammelten sie<br />

136 ) Albert Zink, Chronik der Stadt Lauterecken, 1968, S. 154 oben, Der älteste Sohn von Hans<br />

Georg war Georg Gustav. Er war ein gebildeter und weit gereister Mann, der mit Umsicht<br />

von 1592 – 1634 regierte. Georg Gustav war ein treuer Verbündeter seines Vetters des<br />

Schwedenkönigs Gustav Adolf. Denn sein Bruder Johann Casimir (1589 –1652) hatte 1615<br />

in Stockholm Catharina Wasa, der Schwester des Schwedenkönigs geheiratet. Vgl Pfälzische<br />

Geschichte, Band I, K´lautern von 2002, S. 307 ff.<br />

75


76<br />

76<br />

sich mit anderen spanischen Besatzungen in der Nähe von Frankenthal und<br />

sie wollten über die Trasse südlich des Donnersberges, Lauterecken über<br />

Trier in Richtung Brüssel abziehen.<br />

• Als diese Pläne in Pläne in Mainz bei den Schweden bekannt wurden,<br />

entschlossen sich die Schweden, den Gegner zu stellen. Am 23.5.1632<br />

brach Pfalzgraf Christian von Birkenfeld mit rheingräflichen,<br />

pfalzgräflichen und Schavelitzky´schen Reiterregimentern von Mainz aus<br />

auf. An schweren Waffen hatte er 17 Stück Geschütz und drei halben<br />

Carthaunen dabei. Sechs Obristen führten die Infanterie. Nach einem<br />

kurzen Biwak bei Alzey stießen die unter dem Befehl des Rheingrafen<br />

Otto Ludwig stehende Vorhut auf die Spanier, die bei Standenbühl<br />

gelagert hatten. Sie griffen an und vertrieben die Feinde. Inzwischen<br />

waren die Truppen unter Christian von Birkenfeld auf dem Schlachtfeld<br />

erschienen. Am nächsten Morgen (25.5.1635) nahmen sie die Spanier<br />

zwischen Standenbühl und Langmeil (Hahnweilerhof) so richtig in die<br />

Zange. Die Spanier hatten hohe Verluste. Sie hatten 1.500 gefallene<br />

Soldaten zu beklagen. Sie flohen und ließen ihre restliche Bagage zurück.<br />

Vorsichtshalber hatten sie aber am Vorabend schon ihre schweren<br />

Versorgungswagen nach Lauterecken vorausgeschickt An der Alsenz<br />

sprengten die Spanier die Brücke, so dass die protestantischen Truppen<br />

große Schwierigkeiten hatten, ihre schwere Waffen über den Fluss zu<br />

bringen. Das verschaffte den Spaniern etwas Luft.<br />

• Die verfolgenden alliierten Truppen blockierten den Weg nach<br />

Rockenhausen, um ein spanisches Vordringen über Kreuznach an den<br />

Rhein zu verhindern 137 . Von dort ging die Artillerie über die Höhen auf<br />

Lauterecken zu.<br />

• Die Spanier nahmen den leichteren Weg über Heiligenmoschel, aber<br />

immer wieder verfolgt von den schnellen Reitern, die den Spaniern keine<br />

Ruhe gönnten. Um in ihren Rückzug Ruhe zu bringen, stellten sich<br />

spanische Reiter den verfolgenden Schweden unter dem Obristen<br />

Stalhandskein den Weg und lieferten ihnen ein Gefecht. So gewannen die<br />

Vorderen an Zeit Nach der leichten Passüberquerung erreichten sie<br />

Schallodenbach. Der Abstieg über Mehlbach ins Lautertal könnte ein<br />

leichter Weg gewesen sein. Um aber vor Attacken sicher zu sein, mussten<br />

sie auch den Höhenweg Mohrbach, Relsberg, Höhenöllen benutzt haben.<br />

• Ein zweiter starker Truppenteil versuchte es wohl entlang der Alsenz über<br />

Winnweiler in Richtung Rockenhausen. Aber dort war Schluss. Die<br />

Spanier mussten über die hohen Bergrücken in Richtung Dörrmoschel<br />

und von dort in Richtung Nordwesten. Die durch Schaden klug<br />

gewordenen Dorfbewohner hatten zwar sich und ihr Vieh in schwer<br />

zugänglichen Tälern und Höhlen versteckt, aber viele wurden entdeckt. So<br />

wurden sie zuerst von den Spaniern und dann von ihren Befreiern, von den<br />

eigenen Truppen ausgeraubt.<br />

137 ) aus Markus Hoffmann, ein kulturhistorischer Reiseführer, herausgegeben von der<br />

Verbandsgemeinde Göllheim, 1997, Seite 184 ff


77<br />

• Am 26. Mai 1632 stellten sich die Spanier bei Lauterecken & Ulmet<br />

nochmals, aber auch diese mehr als Treffen eingestufte Kampfhandlungen<br />

gingen für sie verloren.<br />

• Die Spanier waren nun aus der Fläche vertrieben. Aber sie hielten<br />

Heidelberg und vor allem Frankenthal noch besetzt. Für die<br />

umliegenden Gemeinden waren die sporadischen Ausfülle und<br />

Versorgungsstreifzüge der Spanier der reine Horror. Die Belagerung der<br />

Festung übernahm der Rheingraf Otto von Salm. Da keine spanische<br />

Verstärkung mehr möglich war, schloss der spanische Kommandant<br />

Verell am 3.11.1632 mit Genehmigung der Infantin in Brüssel ein<br />

Gentleman Agreement 138 (siehe 16.10.1635) mit den Belagerern Daraufhin<br />

packten die Spanischen Soldaten mit ihren Familien ihre Sachen und<br />

zogen am 15.11.1632 mit ihren Waffen und fliegenden Fahnen aus dem<br />

nördlichen Stadttor in Richtung Mosel hinaus. Durch das westliche<br />

Festungstor marschierten die Schweden - herzlichst als Befreier &<br />

Freunde - begrüßt in Frankenthal ein Noch am gleichen Tag hielt der<br />

evangelische Pfarrer einen Dankgottesdienst in der hochdeutsch-<br />

reformierten Kirche bei volkreicher Versammlung (Kirchenbuch<br />

Frankenthal).<br />

• † 19.11.1632 starb Friedrich V. (* 26.8.1596) in Mainz an der Pest 139 . Sein<br />

jüngerer Bruder Pfalzgraf Ludwig Philipp, Fürst zu Lautern * 26.11.1602<br />

wurde Vormund seiner Neffen und kurfürstlicher Administrator.<br />

• Nach dem Abgang der Spanier hätte eine relativ ruhige Zeit gekommen<br />

können, die die Pfälzer hoffen ließ. In den Städten lagen zwar schwedische<br />

Truppen, die Hauptmacht ging wieder über den Rhein zurück und<br />

vereinigte sich wieder mit dem schwedischen König. Doch es sollte noch<br />

viel schlimmer werden. Die schwedischen Freunde benahmen sich<br />

schlimmer als vorher die Spanier. Teilweise raubten sie mit<br />

unvorstellbarer Brutalität das Letzte, was den Menschen geblieben war.<br />

• Geschockt von diesen schwedischen Siegeszügen berief Kaiser Ferdinand<br />

wieder Wallenstein in sein Amt, der sich enttäuscht nach Moravien<br />

zurückgezogen hatte. Dieser General balancierte geschickt das Glück des<br />

strahlenden, schwedischen Helden aus, während die schwedische<br />

Militärmacht im Südwesten (Schein) Siege errang. So musste Gustav<br />

Adolf schnell zurück und Wallenstein stellen. Er lieferte ihm endlich die<br />

Schlacht bei Lützen, in der Nähe von Leipzig. Trotz vieler Warnungen<br />

führte er selbst eine Reiterattacke an und wurde aus nächster Nähe 140 von<br />

einer Pistolenkugel tödlich getroffen. Sein nackter, ausgeraubter Leichnam<br />

wurde auf dem Schlachtfeld geborgen und nach Weißenfels gebracht. Der<br />

138 ) Diese Großzügigkeit zahlte sich 1635 zweifach aus Zum einen übergaben die Schweden am<br />

24.6.1635 Worms und zum anderen bekam Gallas Frankenthal ohne großen Kampf in seine<br />

Hände, nachdem seine Truppen von Ende Juni an vier Monate lang belagert hatten. Gemäß der<br />

ehrenhaften Vereinbarung vom 16.10.1635 durften die etwa 1.000 schwedisch, kurpfälzisch,<br />

zweibrückischen Soldaten mit all ihren Waffen und Fahnen bei klingendem Spiel abziehen. .<br />

139 ) Andere Autoren schreiben, er sei an den schwarzen Blattern gestorben.<br />

140 ) Seine Uniform wurde zerrissen geborgen und 1990 genau untersucht. Die Wissenschaftler kamen<br />

zum Urteil, er sei aus einer Entfernung von 3 bis 4 Metern erschossen worden.<br />

77


78<br />

78<br />

Apotheker Casparus König sezierte und balsamierte ihn dann ein. Sein<br />

Leichnam wurde mit einem großen Leichenzug nach Stockholm gebracht.<br />

Die schwedischen Truppen beanspruchten zwar den Sieg für sich, aber sie<br />

verloren ihren König am 6. November 1632 († 4.11.1632, laut Turenne,<br />

Histoire du Vicomte), der sich wegen seiner starken Kurzsichtigkeit<br />

verritten hatte.<br />

4.5. Die Katastrophe von Nördlingen von 1634<br />

• Nach dem Tode Gustav Adolf teilte der nun verantwortliche Kanzler<br />

Oxenstierna das Kommando der noch etwa 30.000 Mann starken<br />

schwedischen Armee auf. Die rein schwedischen Truppen kommandierte<br />

wohl sein schwedischer Schwiegersohn Graf Carolus von Horn und den<br />

anderen, den deutschen Teil unterstellte er dem Deutschen, dem 29<br />

jährigen Herzog Bernhard 141 von Sachsen Weimar. Bei der<br />

Geldbeschaffung und folglich der Bezahlung der Soldaten bevorzugte der<br />

Kanzler seinen Schwiegersohn Graf von Horn, während Herzog Bernhard<br />

größte Schwierigkeiten hatte seine Leute zu bezahlen. Gerade in seinen<br />

Einheiten begannen sehr schnell die Demoralisierung und die damit<br />

verbundene Disziplinlosigkeit. Gerade seine Kriegsknechte wurden das<br />

Synonym für Kriegsverbrechen, für Verbrechen gegen die Menschlichkeit.<br />

• Anfänglich war ihnen aber das Kriegsglück hold, dann häuften sich aber<br />

die Niederlagen wie die verlorene Schlacht bei Regensburg. Graf Horn<br />

wollte die Schlacht verschieben, da die „schwedischen“ Truppen mit<br />

24.000 Knechten viel zu schwach seinen. Er wurde aber von Bernhard und<br />

den meisten Offizieren verspottet. Wegen der Bernhardschen<br />

Überheblichkeit verkannte man die Stärke der kaiserlichen Truppen mit<br />

etwa 60.000 Soldaten. Am 27.8.1634 (= 5.9.1634) ließ Bernhard die<br />

starken kaiserlichen Truppen angreifen. Die abgeschlagenen Angriffe<br />

wurden mit einer leichtsinnigen Sturheit immer wieder wiederholt, bis am<br />

nächsten Tag (6.9.1634) Gallas Graf Horn mit einem genialen Schachzug<br />

angriff und den ganzen rechten Flügel der schwedischen Armee in die<br />

Flucht schlug und den Kommandierenden General Carolus von Horn<br />

gefangen nahm. Die schwedischen Verluste waren riesig, substantiell.<br />

Acht Tausend tote Schweden bedeckten das Schlachtfeld in dem engen<br />

Tal, besonders zwischen Ederheim und Hürnheim. An Führungskräften<br />

waren auf schwedischer Seite gefallen: Friedrich, der junge Markgraf von<br />

Brandenburg und Ansbach, Graf von Zerotin, Die Obristen Schneidewin<br />

141 ) Herzog Bernhard, * 6.8.1604, war der 11. Sohn des Herzogs Johann III von Sachsen Weimar oo<br />

der Maria. 1605 starb sein Vater und Vormund wurde der Kurfürst Christian II. von Sachsen.<br />

Seine geliebte Mutter starb 1617. Er kämpfte als Reiteroberst für den Dänenkönig Christian IV<br />

von Dänemark, der eine Schwester des unglückseligen Kurfürsten Friedrich geheiratet hatte. Als<br />

König Gustav 1631 eine deutsche Armee aufstellte, schlossen sich der Landgraf von Hessen<br />

Kassel und Herzog Bernhard von Weimar an. In dem Gefecht in Verden und in der Erstürmung<br />

des Schlosses Marienberg bei Würzburg am 8.10.1631 führte Bernhard die schwedische Vorhut<br />

an und zeichnete sich durch Kühnheit & Erfolg aus. Bernhard starb am 8.7.1639 in Neuenburg<br />

an der Donau. Wahrscheinliche Todesursache Pocken, manche Historiker vermuten auch Gift.


79<br />

und Wettberger. 142 Die schwedische Armee verlor ihre sämtliche<br />

Munition und Bagage, 4.000 Transportwagen und die gesamte Artillerie<br />

mit 80 schweren Kanonen. 6.000 Gefangenen unter ihnen waren die<br />

Generäle Graf Carolus von Horn, (ergriffen von den Werth´schen<br />

Reitern), Graf Kratz, Generalmajor Roßstein, Generalmajor<br />

Schavelitzky 143 u.v.a. Graf Carolus von Horn musste bis 1642 in<br />

bayerischer Gefangenschaft bleiben 144 Der Reichskanzler schob die Schuld<br />

für die Niederlage dem Herzog Bernhard von Weimar in die Schuhe.<br />

• Dieser glänzende Triumph hatte weit reichende politische Folgen 145 . Die<br />

kaiserlichen Truppen besetzten ganz Süddeutschland. Die meisten<br />

evangelischen Fürsten kuschten und schlossen sofort Frieden mit dem<br />

Kaiser, der sich in Heilbronn aufgehalten hatte. Nur noch der Herzog von<br />

Lüneburg und der Landgraf Wilhelm V. von Hessen-Kassel blieben bei<br />

der Stange. Ganz ungläubig las ich in den Unterlagen Turennes, dass der<br />

Erzbischof von Trier sich 1632 der protestantischen bzw. französischen<br />

Partei angeschlossen hatte (aber dafür schrecklich büßen musste).<br />

• Richelieu hatte das politische und militärische Gleichgewicht Europas im<br />

Auge und fürchtete das erstarkte deutsche Kaiserreich. Nun musste<br />

Richelieu wieder handeln. Richelieu trat in eine enge Liaison mit den zwei<br />

großartigen Menschen. Weimar & Oxenstierna. Alle zwei waren selten<br />

fähige (rare) Kapazitäten, der eine als Militär und der andere als<br />

Politiker. Der Herzog von Weimar, Prinz des ältesten Zweiges des Hauses<br />

Sachsen war schon vorher kommandierender und fähigster General unter<br />

dem Großen Gustav gewesen. Seit der Niederlage von Nördlingen hatte<br />

er noch 12.000 kampferprobte Männer unter sich, deren Offiziere nur<br />

darauf warteten, ihnen im Kampf mit ihrem Degen voran zu gehen. Die<br />

Schweden waren allerdings nicht mehr in der Lage, sie zu bezahlen. Der<br />

Herzog von Weimar suchte Zuflucht in Frankreich und der König<br />

(Ludwig XIII.) versprach ihm Hilfe. Durch den Vertrag von St. Germain<br />

en Laye garantierte er ihm beachtliche Summen, damit er während des<br />

ganzen Krieges seine Truppen unterhalten konnte. 146<br />

142 ) Quelle: Wenig, Johann Friedrich, Die Schlacht bei Nördlingen, Nördlingen 1834, S. 226<br />

143 ) Generalmajor Schavelitzky führt 1632 die Schlacht bei Standenbühl.<br />

144 ) Durch den am 30.1.1642 abgeschlossenen Vertrag kam Graf Carolus von Horn aus der<br />

Gefangenschaft frei. Die Franzosen tauschten ihn mit viel Pomp auf der Brücke zu Lahr gegen<br />

die gefangenen Feldherrn Werth, Buchhain und Hofkirchen aus. Der französische König<br />

zeichnete Horn mit einem wertvollen Degen aus. Horn kam nie wieder nach Deutschland zurück.<br />

Er starb am 10.5.1657. (Quelle: Weng, Joh. Friedrich, Die Schlacht bei Nördlingen, Nördlingen<br />

1834, S. 241 ff)<br />

145 ) Ferdinand hatte die böhmischen Rebellen dressiert, die Erbkrone war in sein Haus<br />

zurückgekehrt, Moravien und Schlesien gehörten wieder in sein Herrschaftsbereich, die prot.<br />

Liga war geschlagen und die Macht der Schweden angeknabbert. In die katholische Liga waren<br />

die Kurfürsten von Sachsen & Brandenburg mit dem Herzog von Wittenberg eingetreten<br />

146 ) „Diese Niederlage machte Weimar beim Schwedischen Hof suspekt. Sie betrachteten ihn als<br />

Ursache ihres Unglückes, denn er hatte gegen den Rat des Marschalls Horn gehandelt.<br />

Herzog Weimar wandte sich von Schweden ab, denn sie schenkten ihm nicht genug<br />

Aufmerksamkeit. Er folgte nun den Angeboten Frankreichs. Der (franz.) König bot ihm eine<br />

Jahrespension von 15.000 Goldstücken und jährlich 4 Millionen für die Unterhaltung einer<br />

Armee von 18.000 Mann, die sich der Herzog verpflichtete, dem Kommando des Monarchen<br />

zu unterstellen“ (Turenne, a.a.O , S. 38 ff.)<br />

79


80<br />

80<br />

• Am Anfang des Jahres 1635 reiste Oxenstierna von Mainz aus nach<br />

Frankreich. Er einigte sich mit Richelieu und schloss mit dem König in<br />

Compiegne einen neuen Vertrag, der 13 Jahre später auch Grundlage des<br />

Vertrages von Münster wurde. Durch ihn wurde Frankreich nämlich die<br />

Oberhoheit über das Elsass und die Stadt Breisach garantiert. Die<br />

protestantischen Führer verpflichteten, sich ihre Armeen dem<br />

französischen Oberbefehl zu unterstellen und Breisach & Konstanz<br />

einzunehmen. Zudem sollten in allen elsässischen Städten franz.<br />

Garnisonen eingerichtet werden.<br />

• In der Folge schloss Richelieu eine Folge von Verträgen, um im Jahr 1635<br />

aus vier Richtungen Spanien und seine weit gestreuten .Provinzen<br />

anzugreifen.<br />

4.6. Das Schicksalsjahr 1635<br />

Das Jahr 1635 begann wie das Jahr 1634 geendet hatte. Die restlichen 12.000<br />

schwedischen und deutschen Soldaten unter dem Herzog Bernhard von<br />

Weimar und dem schwedischen Politiker Kanzler Oxenstierna konnten sich<br />

rechtsrheinisch nicht mehr halten und drohten eingekesselt zu werden. Die<br />

Schweden und Franzosen waren in die Defensive gedrängt.<br />

• Der deutsche Kaiser drohte übermächtig zu werden. Dies war ganz und<br />

gar nicht im Interesse des franz. Königs. Kardinal Richelieu 147 mobilisierte<br />

18.000 Mann Kurzer Hand sagte er den Schweden frische französische<br />

Truppen zu. die in Richtung Saarbrücken marschierten, um sich mit den<br />

Schweden zu vereinigen. Diese Hilfe war aber nicht umsonst, sondern hatte<br />

einen hohen Preis. Die deutschen Verhandlungsführer verscheuerten das<br />

Elsass an Frankreich. Dies taten sie leichten Herzens und mit bösem<br />

Hintergedanken. Denn dies waren nämlich die Stammlande der Habsburger.<br />

Warum sollte man sie nicht mal richtig schädigen bzw. ärgern? Gerade<br />

deshalb schickte der österreichische Kaiser immer starke Truppenverbände<br />

in den Südwesten, um das Prestigeobjekt mit hohem Symbolcharakter doch<br />

noch für die Habsburger zu retten.<br />

• Am 23.1.1635 nahmen die kaiserlichen Truppen die von den Franzosen<br />

nachlässig gehütete Festung Philippsburg ein und konnten dadurch am 2.<br />

Februar fast ungehindert Speyer besetzen.<br />

• 31.3.1635: Die Schweden und Franzosen eroberten Speyer zurück. Nun<br />

kam die für die Schweden so üble Nachricht, dass der Herzog Karl von<br />

Lothringen einen Überfall auf Frankreich planen würde. Die französischen<br />

Truppen zogen sich deshalb eilig auf das franz. Staatsgebiet zurück, um den<br />

Angriff abzuwehren. Nur Bergzabern behielt eine französische Garnison,<br />

die den Marsch nach Westen über Dahn und Pirmasens verhindern sollte.<br />

Herzog Bernhard von Weimar war nun allein mit seinen eigenen schwachen<br />

147 Richelieu war der politische Denker und Lenker Frankreichs.


81<br />

schwedischen Kräften auf sich gestellt. Die Schweden bezogen nun ihr<br />

Lager zwischen Frankenthal und Worms. Alle in den kleineren Städten und<br />

Dörfern verstreuten schwedischen Garnisonen erhielten den Befehl, sich<br />

dort einzufinden. Das Limpach´sche Regiment unter dem Kommando des<br />

Otto Friederich Quandt verließ Zweibrücken. Ebenso der junge,<br />

unerfahrene (pfalz- zweibrückisch) Herzog Friedrich marschierte mit zwei<br />

Regimentern über Kaiserslautern in Richtung Frankenthal.<br />

• Frühjahr 1635: Der kaiserliche General Gallas stand nun<br />

rechtsrheinisch zwischen Heidelberg und Ladenburg und der schwedische<br />

Heerführer von Weimar wusste nicht, an welcher Stelle Gallas den Rhein<br />

überqueren würde. Den zwei (schwachen) Zweibrücker Regimentern<br />

übertrug er die Bewachung von Worms. Die Krux war, der junge Herzog<br />

Friedrich hatte im Gegensatz zu seinen Kapitänen keine Kampferfahrung.<br />

Deshalb vernachlässigte er die Verschanzung. so blieben seine frisch<br />

ausgehobenen Landeskinder aus den über 100 zweibrücker Dörfern<br />

teilweise schutzlos. Des weitern kamen die Lebensmittel nur spärlich,<br />

zudem war das Wormsers Land bis zum Donnersberg bereits leer<br />

geplündert. Bevor Bernhard nach Westen aufbrach, verlegte er am 8.6.1635<br />

ein Zweibrücker Regiment unter dem Kommando des Oberstleutnant Nisé,<br />

Major Kelter & der Kapitäne Roßberger, Itterschheim, Johann Nickel,<br />

Antonius Batur, Antonius Crusell 148 in die Festung Frankenthal, wo es bis<br />

nach dem 16.10.1635 verblieb.<br />

• 1635, 21. Juni: An diesem Tag gab Gallas den Befehl zur erneuten<br />

Rheinüberquerung. Die vorbereiteten Schiffe hatten eine schützende<br />

Brüstung gegen die zweibrückischen Gewehrkugeln, so dass die<br />

kaiserlichen Soldaten nahezu gefahrlos auf das linksrheinische Ufer<br />

zusteuern konnten. Die Zweibrücker Truppen wurden mit großer Heftigkeit<br />

angegriffen. Da der Herzog von Weimar sich bereits auf dem Rückzug<br />

befand, mussten sich die Zweibrücker verlustreich auch über Kaiserslautern<br />

zurückziehen, wobei es recht anscheinend recht hektisch zuging. In<br />

Webenheim wurde der Bürger Peter Wagner erstochen.<br />

• 24.6.1635: Die Verteidiger der Stadt Worms, die Truppen Weimars und<br />

die aus Zweibrücken durften mit all ihren Waffen frei abziehen. Die<br />

Belagerung der Festung Frankenthal begann, die sich jedoch auf die<br />

Einschließung gut vorbereitet hatte. In Frankenthal befanden sich mit<br />

Sicherheit mehr als 3.000 Soldaten. Darunter waren Reste der Truppen des<br />

Markgrafen Friedrich von Ansbach, Brandenburg, der in Nördlingen<br />

gefallen war.<br />

• Gallas hatte sein großes Magazin und sein Hauptquartier nach Worms<br />

verlegt, um von dort aus den Krieg und Terror in die gesamte Pfalz, Saar<br />

und Rheinhessen zu tragen. Mit seiner Hauptarmee verfolgte Gallas den<br />

Herzog von Weimar, während andere Abteilung nach Norden und Süden<br />

vorgingen. Die Zweibrücker Landmiliz löste sich angesichts dieser<br />

Bedrohung auf und die Bürger Bergzaberns und Annweilers öffneten<br />

freiwillig ihre Stadttore.<br />

148 ) Die Namen stammen aus dem Taufregister der Hochdeutsch Reformierten Gemeinde Frankenthal<br />

81


82<br />

82<br />

• Mit den abziehenden Schweden verließ der Pfalzgraf, seine Gemahlin<br />

und der gesamte Hofstaat Kaiserslautern. Dabei war auch der berühmte<br />

Hufschmied Simon Christmann aus Wörsbach, der Stammvater der vielen<br />

Familien Christmann.<br />

• Am 17. Juli kam die Avant Garde unter dem Kardinal de La Valette in<br />

Saarbrücken an. Seine Regimenter wurden von klugen Truppenführern wie<br />

Grammont, Guébriant und Turenne geführt, die allesamt später berühmt<br />

wurden und Militärgeschichte geschrieben hatten. Man gönnte den Truppen<br />

einige Tage Ruhe und dann ritt die fast 7.000 Mann starke Kavallerie ab.<br />

General Gallas gab daraufhin die Belagerung Zweibrückens 149 auf.<br />

4.7. In der Festung Frankenthal bis 16.10.1635<br />

Quelle Heinrich Herzog, Hochdeutsch Reformiertes Kirchenbuch Frankenthal 1622<br />

– 1653, Frankenthal 1985<br />

• 1634, Ende September: Wegen des Vormarsches der Kaiserlichen Truppen<br />

verließ der kurpfälzischen Administrator Pfalzgraf Ludwig Philipp mit<br />

seiner Gemahlin Maria Leonora & dem Erbprinzen das Heidelberger<br />

Schloss. Der gesamte offizielle Hofstaat begleitete in einem langen Tross<br />

die fürstliche Familie: Für die Sicherheit war die kurpfälzische<br />

Reiterschwadron & Leibkompanie unter der Führung des Majors Jacob<br />

Jung zuständig. Er durfte natürlich auch nicht den Zinksarg mit den<br />

sterblichen Überresten des unglücklichen früheren Kurfürsten Friedrich<br />

V. vergessen, der bis zum Juni 1635 eine vorübergehende Bleibe in der<br />

Stiftskirche Frankenthal gefunden hatte.<br />

• Sie alle suchten im Herbst bzw. Winter 34/35 Schutz hinter dem Rhein, in<br />

der kurpfälzischen, stark gesicherten Festung Frankenthal. Die Festung<br />

war rechtzeitig auf den neuesten Stand gebracht worden und zudem hatte<br />

sie eine ideale Lage. Außen herum gab es keine Anhöhen, von denen aus<br />

die Feinde hätten in die Stadt hinein schießen können. Von oben gesehen,<br />

sah Frankenthal aus wie eine stachelige Kastanie, geschützt durch 10<br />

Bollwerke. Davor waren Wälle und tiefe und breite Wassergräben. Da<br />

bissen sich alle Belagerer die Zähne aus. Es gelang weder den Spaniern<br />

1621, noch den Schweden 1632 Frankenthal zu nehmen. Wie es sich<br />

herausstellen sollte, konnten die Truppen Gallas die ekeligen<br />

Verteidigungsanlagen auch nach monatelanger Belagerung nicht im Sturm<br />

nehmen.<br />

• An Spitze der kurpfälzischen Hofbeamten stand der Kanzler Dr. Jonas<br />

Meisterlin 150 aus Obermoschel, die Rechtsanwälte (Johann Georg<br />

Zwingel) und Notare, die Kirchenräte Stefan Pfannmüller), die Pfarrer, die<br />

149 ) Der zweibrücker Herzog Johann II. war rechtzeitig nach Metz geflohen, wo er am † 10.8.1635<br />

verstarb. Der wallonische Pfarrer Otterbergs du Cloux Barthelemy hielt die Trauerrede.<br />

150 ) Die Tochter des Kanzlers Dr. Jonas Meisterlin war am 6.2.1635 Patin des Conrad Daniel Nebel,<br />

Sohn des Schwetzinger Kellers Ludwig Daniel Nebel. An ihrer Seite standen der Dr .Dr. Conrad<br />

de Spina aus Hanau, Abraham Golfert der Proviantmeister & Keller aus Eberbach.


83<br />

Beamten des Münzamtes (der Silberknecht Herr Christian Lieb), die<br />

Landschreiber (Samuel Meuer) und Kanzleischreiber = Sekretäre, die<br />

Archivare, Verwaltungsregistratoren (Catzengro Dieterich), Die Archivare<br />

hatten immer alle wichtigen Urkunden in schweren Truhen dabei, die<br />

weder in Feindeshand geraten, noch verloren gehen durften. Die reichten<br />

zum Teil bis in die Zeit Karls des Großen zurück. Die Gefahr gefälschter<br />

Urkunden mit den damit verbundenen Rechtsstreitigkeiten war immens.<br />

• Der Botenmeister (Ulrich Faber), seine Botengänger und die Kuriere<br />

waren die Verbindungsleute zur Außenwelt. Sie überbrachten die Briefe<br />

und Botschaften an andere Regierungen. Sattler, Leibkutscher (Hans<br />

Michael Gall & Christian Straßenberger) Stallknechte, Wagner &<br />

Hufschmiede waren für die Karossen bzw. für die Reit- und Kutschpferde<br />

zuständig.<br />

• Auch im privaten Bereich wurde die fürstliche Familie rundherum<br />

versorgt. Um sie kümmerten sich der Hofmeister, Köche wie der<br />

Mundkoch Hans Paul Braun, Mundschenk, die Hofschneider (Hans Jörg<br />

Dorman) Goldschmied, Kammerdamen & Dienstmägde<br />

• Aber nicht nur die Fürstliche Familie kam. Allein 1634 suchten<br />

zusätzlich über 100 Familien in der Festung Zuflucht. Im Verlauf der<br />

ersten sechs Monate des Jahres 1635, also bis zum Beginn der Belagerung<br />

kamen weitere 54 Familien. Da mussten alle zusammenrücken. Dazu<br />

kamen die vielen militärischen Einheiten, wie die Einheit Bettenberg,<br />

Obert Bernhold mit seiner Einheit, Kapitän Ettersheimer, Kapitän<br />

Heinrich Hallele, das Regiment Tuwadel unter ihrem Kapitän Hoff. Aber<br />

die Soldaten kamen nicht allein, sie hatten ihre Frauen dabei. Die Anzahl<br />

der Geburten stieg rasant an. Unter den Geburten der starken Jahrgänge ist<br />

etwa ein Drittel Soldatenfrauen, die entbunden haben. Ein Fünftel<br />

entfällt auf die Frauen der Hofbeamten, die die unterschiedlichsten Berufe<br />

hatten: Die andere Hälfte entfiel auf die Zugewanderten und die wenigen<br />

Einheimischen.<br />

•<br />

Jahr Geburten<br />

1630 7<br />

1631 8<br />

1632 73<br />

1633 63<br />

1634 123<br />

1635 202<br />

1636 65<br />

1637 49<br />

1638 29<br />

1639 58<br />

1640 75<br />

83


84<br />

84<br />

• Pfalzgraf Ludwig Philipp blieb mit seiner Gemahlin Maria Eleonora und<br />

dem Erbprinzen Gustavius Ludwig die Wintermonate im sicheren Schutz<br />

der Festungsanlagen. Dabei waren seine Leibkompanie, die gesamte<br />

Hofverwaltung, die Dienerschaft und das Staatsarchiv.<br />

• 15.2.1635: am wurden allein sechs Kinder nach dem Gottesdienst getauft.<br />

Darunter waren<br />

1. So auch Louisa Leonora Sibylla. Sie war die Tochter des fürstlichen<br />

Leibkutschers Hans Michael Gall und seiner Ehefrau Anna. Paten<br />

war das Fürstenpaar: „Mein gnädigster Herr, Herzog Ludwig<br />

Philipp, Pfalzgraf und dessen Gemahlin Maria Leonora, das<br />

Fräulein von Zweibrücken Anna Sibylla, der Silberknecht Herr<br />

Christian Lieb und Maria und Catharina, beide Kammermägde“<br />

2. Ludwig Friedrich, Sohn des Herrn Hans Jörg Dorman, Hofschneider<br />

des Pfalzgrafen Ludwig Philipp und seiner Ehefrau Sibylla.<br />

Gevattern waren der junge Prinz Gustavius Ludwig, Herr Johann<br />

Friederich Landas der Hofmeister, Herr Amtmann Jörg Pareus von<br />

Rockenhausen, Herr Kammermeister Thomas Würth, Jungfrau<br />

Amalia de Hammerstein und Jungfer Anna Maria, Tochter des Junkers<br />

Carl von Landas, Kirchenrat<br />

3. Jacob Samuel Reinick, Sohn des Herrn Licent jur Nicolaus Reinick<br />

aus Heidelberg und seiner Ehefrau Claudina Salome. Gevattern waren<br />

der Herr Landschreiber Samuel Meuer aus Heidelberg, der<br />

Schwager Jacob Jung, Major der Schwadron unter dem gnädigen<br />

Herrn Pfalzgrafen Ludwig Philipp und Anna Maria, die Ehefrau des<br />

Herrn Landschreibers.<br />

• 8.6.1635: Nachdem das Zweibrücker Regiment sich bei Worms nicht<br />

halten konnte, zieht es sich befehlsgemäß auf Frankenthal zurück und<br />

verstärkt die Frankenthaler Festungsmannschaft. Wie man unten<br />

nachlesen kann, hatten zumindest die älteren Soldaten immer ihre Frauen<br />

dabei. Viele von ihnen entbanden in den Monaten August – September<br />

1635. Ein Rückzug auf Zweibrücken war nicht geplant, denn der Herzog<br />

Bernhard wollte mit starken französischen Kräften die Truppen Gallas<br />

wieder aus dem westlichen Rheingebiet vertreiben 151 und wie man damals<br />

sagte, die Städte „entsetzen“.<br />

1. 14.6.1635: Taufe # 784 des KB: Getauft wurden an diesem Tag zwei<br />

Kinder: Darunter Christina Walpurgis, Tochter des Hans Peter Heil aus<br />

Mußbach, Korporal in der Kompanie unter dem Major des Regiments<br />

von Zweibrücken & seiner Ehefrau Catharina. Gevattern waren Hans<br />

Michel Schreiner, Soldat, Paul Ott aus Worms, Fouriergeschütz der<br />

151 ) und blieben dort bis nach dem 16.10.1635. Die Zweibrücker zogen mit den<br />

protestantischen Truppen danach in Richtung Westen und diese Einheit griff laut dem<br />

Akkord erst wieder 1636 in den Kampf ein.


85<br />

gleichen Kompanie und Ehefrau Christina Walpurgis, und Barbara aus<br />

Heidelberg, die Köchin des Majors.<br />

2. 21.6.1635: Taufe # 788: Zur Taufe brachten Henrich Breitert von Born<br />

und seiner Ehefrau ihren Sohn Philippus. Der Vater war Soldat aus dem<br />

Mainzer Gebiet unter der Fürstl. Gnaden von Zweibrücken Major<br />

Salomon Keller. Gevattern waren Philippus Dörche, Soldat des<br />

genannten Majors und die Ehefrau des Hans Wanderlich aus Frankenthal.<br />

3. 2.7.1635: „Auf den Bettag, als die Kaiserlichen unter Gallas die Stadt<br />

belagerten, wurde Anna, die Tochter des Peder Odewaldt, Gemeinsmann<br />

aus Oppau und seiner Ehefrau Anna getauft. Gevattern war Anna von<br />

Eppstein, eine Dienstmagd bei der Fuchsmüllerin.<br />

4. Juli, August 1635: Es ist auffällig, dass viele Zweibrücker Soldaten<br />

Frauen (in Frankenthal) ihre Kinder gerade in diesen Monaten auf die Welt<br />

bringen. Was war da 9 Monate vorher los? Frust, Verzweiflung oder kurze<br />

Momente von Glückgefühlen. Die Soldaten waren Profis und wollten<br />

natürlich in ihrem Kampf nicht allein sein. Da reisten ihre Frauen mit den<br />

Kindern mit. Das machte wohl auch ihren Kampf, ihren Existenzkampf<br />

etwas menschlicher. Die meisten zweibrücker Soldaten waren wohl aus<br />

dem Südwesten, aber es gab auch etliche aus Brandenburg, Dinkelsbühl<br />

(Hans Coppelt), Kitzingen (Michael Groß), dem Frankenland (Valentin<br />

Hauck), Lutzenberg in Württemberg (Nicolaus Türck) etc.<br />

5. Verwunderlich: es gab noch wenige englische & schottische Soldaten aus<br />

Edingbourgh. Waren sie organisierte Glieder einer Einheit oder als<br />

einzelne Landsknechte da, wo es was zu holen gab?<br />

6. Das Frankenthaler Kirchenbuch nennt auch die Obersten, Majore,<br />

Kapitäne, also die Führer etlicher anderer militärischen Abteilungen, deren<br />

Zuordnung ohne weiteres nicht möglich ist. Man müsste in den Archiven<br />

der ehemaligen Fürstentümer recherchieren, wer da mit involviert war.<br />

Auch die ranghohen Offiziere ließen sich verwöhnen. Sie hatten Knechte<br />

und Köche bzw. Köchin dabei.<br />

• Woher kennen wir die vielen Namen der Soldaten und die Damen &<br />

Herren des Hofstaates? Sie traten entweder als Paten auf oder ihre Frauen<br />

bekamen selbst Kinder und sind somit im Reformierten Kirchenbuch<br />

Frankenthals eingetragen. . Das genaue Datum des Abmarsches aus<br />

Frankenthal ist uns noch unbekannt, aber es spricht manches dafür, dass<br />

der Fürst und sein großer Hofstaat sich Mitte April 1635 nach Westen,<br />

nach Metz bzw. Sedan begaben.<br />

• Nachdem die französischen Truppen sich ab dem 17.9.1635 von Mainz<br />

aus in Richtung Saarland zurückgezogen hatten, war es für die Besatzung<br />

Frankenthals unsinnig, weiter diese Festung zu halten, denn auf absehbare<br />

Zeit konnten weder Lebensmittel, noch frische Truppen herangeführt<br />

werden. So nahm Graf von Wonsheim am 16.10.1635 das großzügige<br />

Angebot des Generals von Contrere an. Nachdem sie eine Woche lang<br />

ihre Waffen und ihr Privateigentum eingepackt hatten, verließen sie bei<br />

85


86<br />

86<br />

klingendem Spiel und wehenden Fahnen Frankenthal. Dieser freie Abzug<br />

beinhaltete das Ehrenwort im Jahr 1635 nicht mehr in die Kämpfe<br />

einzugreifen.<br />

4.8. Der Kroatensturm von 1635<br />

nach Heinz Friedel<br />

• >Die schwedischen Truppen unter der Führung des Großen Gustav waren<br />

bis in das Herz Deutschlands eingedrungen. Aber nach dem Todesstoß<br />

(funelle journée) von Nördlingen am 27.8.1634 152 , waren die<br />

Konföderierten, außer Stande irgendeine beachtliche Unternehmung<br />

durchzuführen. (Die Mehrzahl der protestantischen Staaten und freien<br />

Reichsstädte waren abgesprungen) und so mussten die Schweden sich auf<br />

die Verteidigung der Städte beschränken, die sie besetzt hielten.<br />

• Der kaiserliche General Gallas hatte in Worms sein Hauptquartier mit<br />

allen notwendigen Magazinen eingerichtet. Von dort schickte er<br />

Abteilungen los, um das Land zu verwüsten und um die Städte zu<br />

übernehmen, in denen die Schweden ihre Garnisonen hatten. Er hatte auch<br />

Mainz von dem Grafen Mansfeld schon seit drei Monaten belagern<br />

lassen. Er selbst war mehrere Male nach Zweibrücken gegangen, um die<br />

Verbindungen zu Lothringen zu kappen, das die Franzosen besetzt hielten.<br />

• Da der Herzog von Weimar starke französische Truppen erwartete, die er<br />

in Saarbrücken abholen wollte, ließ er das Gelbe Regiment 153 (eine<br />

Abteilung Reiter und ein Infanterieregiment) in Kaiserslautern. Er dachte,<br />

die Stadt könnte sich solange halten, bis er mit Verstärkung zurückkäme.<br />

Mit ihm verließ Ende Juni der Pfalzgraf, seine Gemahlin und der gesamte<br />

kurpfälzische Hofstaat Kaiserslautern und reiste in Begleitung der<br />

Schweden nach Saarbrücken.<br />

• Am 21. Juni 1635 überquerte Gallas mit seinen Österreichern, Ungarn,<br />

Kroaten und Polen wieder den Rhein, um den Schweden den Rest zu<br />

geben. Ab dem 24.6.1635 umzingelten die kaiserlichen Truppen die<br />

Festung Frankenthal und die unterschiedlichsten Verbände unter dem<br />

Kommando des Conrad von Monsheim hielten problemlos die starke<br />

Festung Frankenthal. Der Herzog von Weimar hatte ja versprochen mit<br />

18.000 ausgeruhten, französischen Soldaten zurückzukommen und die<br />

kaiserlichen Truppen zu vertreiben. Die kaiserlichen Truppen verfolgten<br />

die Schweden in Richtung Saarbrücken, um ihnen den Rückweg<br />

abzuschneiden. Außerdem konnten sie die stark befestigten Städte nicht<br />

einfach umgehen, sonst wäre ihre Versorgung gefährdet gewesen. So<br />

schnell wie möglich mussten diese Plätze eingenommen werden. Entlang<br />

ihres Zuges waren rücksichtslose Plünderungen an der Tagesordnung.<br />

152 ) Laut Marschall Turenne war dies am 6.9.1634. Liegen die unterschiedlichen Daten an dem<br />

Gebrauch der damals unterschiedlichen Kalender. Turenne benutzte den Gregorianischen Kalender<br />

153 ) Das Gelbe Regiment bestand aus Lappen, Finnen, Iren und Schotten und hatte an der Schlacht bei<br />

Nördlingen teilgenommen. Quelle: Weng Joh. Friedrich, die Schlacht bei Nördlingen,<br />

Nördlingen 1834


87<br />

Wehrten sich die Bauern oder verweigerten sie die Herausgabe ihres Viehs<br />

und der Nahrungsmittel dann waren Mord und Totschlag,<br />

Vergewaltigungen an der Tagesordnung,<br />

• 1635: 26. Juni Generalleutnant Gallas befahl dem Feldzeugmeister Graf<br />

Melchior von Hatzfeld den Aufbruch nach Kaiserslautern. Den<br />

Hauptteil der 7.000 Mann starken Armee stellten die Regimenter<br />

Hatzfeld (1.000 Pferde) und Lamboy 154 . Der Rest der Truppen setzte sich<br />

aus Polen, Kroaten und Ungarn zusammen. Die Armee führte kleine<br />

Kanonen mit, die aber noch während der Belagerung Lauterns um sechs<br />

schwere Geschütze verstärkt wurden. Sie konnten Eisenkugeln mit einem<br />

Gewicht von 10 kg verschießen. Die Geschütze standen im Bereich der<br />

heutigen Meisterschule. Aber die Lebensmittelversorgung der 7.000 Mann<br />

war ungenügend. Einige Beschaffungstrupps waren unterwegs und<br />

plünderten die umliegenden Dörfer und Höfe leer. Jeder Widerstand wurde<br />

sofort gebrochen und das Haus stand schnell lichterloh in Flammen. Am 3.<br />

Juli erhielt die Belagerungsarmee endlich 13.400 Pfund Brot, dass war<br />

lediglich eine Tagesration für die hungrigen Mäuler.<br />

• 1635, 11. Juli Hatzfeld befahl den Sturmangriff. Lamboy ritt nachts<br />

durch den Wald. Morgens erreichten sie die Niederungen in der heutigen<br />

Königstraße. Der Morast kostete viel Zeit, sie überwanden ihn zwar mit<br />

Leitern und Brettern, doch das dauerte zu lange. Der Angriff sollte an der<br />

Stadtmauer des Grünen Grabens erfolgen. So kam der Angriff Lamboys<br />

zu spät und dadurch schlug der Angriff fehl Seine Einheit holte sich nur<br />

blutige Köpfe. Er beklagte 50 Tote und 150 Verwundete. Dennoch war<br />

Hatzfeld zuversichtlich, die Stadt einnehmen zu können. Mehrfach<br />

forderte er die Stadt auf, die Stadttore zu öffnen. Er wollte dann die Bürger<br />

schonen. Aber die Antwort war höhnisches Gelächter. Langsam ging den<br />

Angreifern die Munition aus.<br />

• 1635, 17. Juli Die Angreifer schossen im Bereich des Schlosses ein breite<br />

Bresche in die Stadtmauer. Sofort ritt Graf Montecuccoli vor und drang<br />

mit seinen Leuten durch die Bresche in den Schlosshof und besetzte die<br />

Schlossanlage. Damit war das Schicksal der Stadt besiegelt. Von der<br />

Schlosswache fielen 31 Mann, nur vier, darunter der Kommandant<br />

überstanden den Angriff. Das Ludwigstor wurde von innen geöffnet und<br />

die kaiserlichen Soldaten rannten in die Stadt. Es kam es zu einem kurzen<br />

Straßenkampf, der eine halbe Stunde andauerte. Die Eroberer holten sich<br />

gleich Wein und Bier aus den Kellern und die Blutorgie konnte beginnen.<br />

Wer konnte, floh im Schutze der einsetzenden Julinacht über die südliche<br />

Stadtmauer. Verängstigte Frauen und Kinder suchten Schutz in den<br />

Kirchen. Die betrunkenen Soldaten steigerten sich in einen mörderischen<br />

Blutrausch, in dem es keine Menschlichkeit und kein Erbarmen mehr gab.<br />

Die schreienden Offiziere erreichten gar nichts mehr. Die Soldateska brach<br />

die Kirchentüren auf und dann…. Kein Horrorfilm kann zeigen, wozu<br />

Menschen fähig sind. Als die zurückkehrenden Franziskaner wieder ihre<br />

154 Lamboy, General, führte im Juni 1641 die Kaiserlichen Truppen (7000 Mann) zusammen mit<br />

den Truppen des Herzogs von Bouillon in der Schlacht von Marphée zum Sieg. Sedan war<br />

danach für kurze Zeit der Zufluchtsort der Pfälzer Regierung und Bevölkerung!<br />

87


88<br />

88<br />

Klosterräume betraten, fanden sie blutverschmierte Wände vor. Noch<br />

nachts schrieb Hatzfeld an Gallas seinen grauenvollen Bericht, den er zwei<br />

Tag später ausführlicher ergänzte.<br />

• 19. Juli, die Stadt war menschenleer. In der Stadtnähe fand Hatzfeld noch<br />

etwa 180 Leute, deren Vertreibung er verbot. Durch sie ließ er die Toten in<br />

der Stadt beerdigen. Einige Städter hatten sich auf die Burg Hohenecken<br />

gerettet, andere gingen nach Neustadt, Frankenthal, Zweibrücken und<br />

sogar nach Hanau, wie Heinrich Herzog nachweisen konnte. Nach<br />

zeitgenössischen Schätzungen dürften 1.500 Menschen am 17.7.1635<br />

umgekommen sein. Hatzfeld zog mit seinem Heer in Richtung Westen 155 .<br />

• Wenige Tage später erschien eine Abteilung der Kroaten vor der<br />

befestigten Stadt Kusel, die von ihren Bewohnern heldenhaft, den Tod der<br />

Lauterer vor den Augen, verteidigt wurde. Da die Stadtmauer von den<br />

wenigen Angreifern nicht zu knacken war, erreichten sie es durch eine<br />

teuflische Hinterlist, wie es Johann Georg Lehmann in seinem Buch 156<br />

auf seine 418 ff ausführlich beschreibt. Ein Zeitgenosse formuliert dies<br />

kurz und treffend: Anno 1635 ist die Stadt Kusel von den Kroaten nachts<br />

überstiegen und fast alles darinnen massakriert worden. Wie dann auch<br />

eines der merkwürdigsten ist, dass in eben desselben Jahres der Ruin im<br />

Lande so groß gewesen, dass im ganzen Ober-Amt Lichtenberg nur eine<br />

Kuh und hiermit in jener Stadt gar keine übrig geblieben“ (S. 419).<br />

• 8.8.1635: Der Herzog von Weimar und die französischen Truppen unter<br />

dem Kardinal de La Valette sind zurück und befreien Mainz aus der<br />

Umklammerung der kaiserlichen Truppen unter dem Grafen von<br />

Mansfeld. Ihnen gelingt es aber nicht nach Süden, nach Frankenthal<br />

vorzustoßen, denn der General Gallas hatte um Worms herum schützend<br />

vor der von ihm belagerten Stadt Frankenthal Stellung bezogen. Da die<br />

Gegend kahl gefressen, leer geräumt ist, beginnen die Franzosen am<br />

17.9.1635 mit dem Rückzug durch das Glan- und Nahetal und gaben<br />

dadurch Frankenthal auf. Die kaiserlichen Truppen unter Gallas<br />

verfolgen sie und machen ihnen richtig tagelang Feuer unter dem Hintern.<br />

• 8.10.1635: Der spanische Belagerungs-General Contrera teilte den Grafen<br />

Conrad von Monsheim mit, dass er in nächster Zeit nicht damit rechnen<br />

könne, der spanischen Umklammerung entrinnen zu können. Er machte<br />

den Verteidigern Frankenthals den Vorschlag des freien Abzugs, den die<br />

Verteidiger annahmen. Sie packten ihre Sachen und verließen mit all ihren<br />

Waffen bei wehenden Fahnen Frankenthal. So hatte sich das großzügige<br />

Verhalten der Schweden vom 3.11.1632 doch noch positiv ausgezahlt.<br />

(siehe oben). Der General Contrera machte sich danach in der Festung und<br />

in der Stadt bequem. Er verlangte von den Bürgern der Stadt Frankenthal<br />

hohe (Beitragszahlungen) Kontributionen und erhielt innerhalb von 8<br />

Monaten 71.938 Taler (Chronik der Stadt Frankenthal, S. 35)<br />

155 ) Die Stadt Kusel wurde zerstört, die Bewohner umgebracht.<br />

156 Lehmann Johann Georg, Vollständige Geschichte des Herzogthums Zweibrücken und seiner<br />

Fürsten, München 1867


89<br />

4.9. Flucht ins Metzer Asyl im Juli 1635<br />

• Zweibrücken hatte eine stabile Stadtmauer, die durch Türme und Gräben zu einem<br />

guten Verteidigungsring zusammengefügt waren. Zur Verteidigung waren die<br />

Reste der beiden zweibrückischen Regimenter unter dem jungen Herzog Friedrich<br />

und die Schweden unter dem Kommando des Obersten Reinold Rose bereit.<br />

• 23. Juni 1635: Angesichts dieser massiven kaiserlichen Bedrohung<br />

entschloss sich der Herzog Johann II. von Pfalz-Zweibrücken zur Flucht.<br />

Die schlimmen Nachrichten von der immer näher rückenden Front hatten<br />

größte Befürchtungen ausgelöst. Deshalb fing man an die Kostbarkeiten,<br />

die wertvollen Urkunden, die Kanzlei einzupacken und sich reisefertig zu<br />

machen. Das Ziel war klar. Es war Metz, eine stark befestigte Stadt, die<br />

seit über 80 Jahren zum Königreich Frankreich gehörte. Aber auch der<br />

Weg dorthin war nicht gefahrlos, obgleich das Bergschloss Bitsch eine<br />

franz. Besatzung hatte. Denn einige Truppenteile des Herzogs Karl von<br />

Lothringen 157 zogen umher, mordeten, raubten und machten die ganze<br />

Gegend nach Metz unsicher. Deshalb entschied man sich, den Schweden<br />

nach Saarbrücken zu folgen. Die Abreise war am 23.6.1635. Johann II.<br />

war es nicht vergönnt, seine Residenzstadt wieder zu sehen. Er starb kurze<br />

Zeit später in Metz.<br />

• Der Grafen Johann Ludwig von Nassau – Saarbrücken war 1620 vor den<br />

Spaniern aus seiner Residenz nach Metz geflohen, wo er am † 8.11.1627<br />

gestorben war. Sein Sohn Otto war erst 18 Jahre alt und stand dann noch<br />

drei Jahre unter der Vormundschaft seines ältern Bruders des Landgrafen<br />

Wilhelm Ludwig zu Saarbrücken. Aber Otto starb 23 jährig am<br />

24.11.1632 in Straßburg. Den Besitz um Kirchheim erbte nun der<br />

minderjährige Sohn der Graf Ernst Casimir zu Weilburg, der auch von<br />

1627 bis 1632 unter der Vormundschaft seines Bruders Wilhelm Ludwig<br />

gestanden hatte. Während der kurzen schwedischen Sicherungszeit von<br />

1632 – 1634 kehrte Graf Ernst Casimir zu Weilburg wieder ins Saarland<br />

zurück. Von dort schauter er ab und zu mal nach dem Rechten in seinem<br />

Amt Kirchheim am Donnersberg. Mit den zurückflutenden schwedischen<br />

Truppen floh die ganze Familie ins sichere Metz (und dann nach Sedan),<br />

wo sie bis 1650 blieb.<br />

• Aber auch ganz einfache Leute erkannten, rochen die Gefahr und nahmen<br />

Reißaus. So auch Jean Raquet 158 aus Otterberg, der mit der Judith Gillet<br />

verheiratet war. Die Familie ging nach Metz, wo sie sich anfänglich sicher<br />

157 ) Er und seine Truppen hatten sich in der Schlacht bei Nördlingen ausgezeichnet.<br />

158 ) Die Geschichte der Familie Raquet wurde von † Herzog Heinrich recherchiert. Zu diesem<br />

Zweck fuhr er nach Metz und fand wertvolle Informationen im dortigen Archiv. Wenige Tage<br />

später war er in Sedan, um im dortigen Archiv nach allen möglichen pfälzischen Flüchtlingen zu<br />

recherchieren. Er machte sich eine Mordsarbeit und scheute keinerlei Ausgaben. Sehr oft war er<br />

in Hanau, Frankenthal, Frankfurt um wichtige Spuren zu finden und etliche Schicksale aufklären<br />

zu können. Bei der Recherche Raquet stieß er auf Vorarbeiten von J..L. Calbat, der aus Blois<br />

sur Loire stammt.<br />

89


90<br />

90<br />

fühlte. Der in 1614 in Otterberg geborene Sohn David lernte die aus Metz<br />

stammende Marie Thierry kennen und lieben. Das Paar heiratete am oo<br />

25.8.1641 in Metz. Ihr erster Sohn Francoise kam noch am 2.8.1642 in<br />

Metz auf die Welt. Die Geburtsorte der anderen vier Kinder spiegeln die<br />

verschärfte Religionspolitik des Kardinals Richelieu und seines<br />

Gouverneurs Fabert wieder. Sie kamen allesamt in Hanau auf die Welt:<br />

• Jean, * November 1643<br />

• Nicolas, * 31.5.1646, war am 8.7.1666 Pate bei David Heidtweiller<br />

• Anne Marie, * 28.1.1649<br />

• Toussant, * 6.4.1651<br />

Das Paar zog spätestens 1654 wieder nach Otterberg. Dort kam Daniel<br />

Thomas * 20.8.1654 zur Welt Paten waren der Oberbürgermeister<br />

Lambrechts Daniel Thomas & Thomas Menton, Maire von Otterberg.<br />

David Raquet übte später das Amt des Schultheißen jahrelang aus!<br />

• 22. Juli: Der größte Teil des Gallas´schen Heeres ritt über Landstuhl und<br />

Homburg nach Zweibrücken, das eine schwedische<br />

Verteidigungsmannschaft unter dem Kommando des Oberst Rosen 159<br />

hatte. Die Residenz war rechtzeitig in Verteidigungsbereitschaft gebracht<br />

worden. Alle Häuser und Gebäude vor der Stadtmauer ließen die<br />

Verteidiger unter dem Protest der Eigentümer abreißen, um den<br />

Angreifern ja keine Deckung zu bieten. Gallas begann die Belagerung,<br />

aber die schwedische Besatzung wehrte sich äußerst geschickt. Gallas<br />

verschob die Eroberung, als die vereinigte schwedisch, französische<br />

Armee aus Saarbrücken anrückte und auf ihn losmarschierte. Um selbst<br />

nicht eingekesselt zu werden, zog sich Gallas in die Westpfalz zurück 160 .<br />

• Die schreckliche, äußerst grausame Kriegführung der verbrannten Erde,<br />

besonders ab Mitte Juli 1635, hinterließ ein Chaos, ein Nichts. (Laut<br />

Balthasar Venator soll es sogar zu Kannibalismus gekommen sein.) Fast<br />

nur noch total zerstörte Dörfer. Von K´lautern bis nach Saarbrücken war<br />

ein 60 km breiter verbrannter, total zerstörter Streifen, in dem niemand<br />

mehr lebte. Auch von Morlautern & Erlenbach war nicht mehr viel übrig.<br />

Jahrelang waren die Felder nicht mehr bestellt worden. Johannes Römer,<br />

der Chef des Oberamtes Lautern und Zeitgenosse des blutigen Geschehens<br />

berichtete lakonisch, „alle Hofbesitzer seien allesamt mit Tod<br />

abgegangen“. Anscheinend gab es schon 1635 nach der großen<br />

Pestepidemie kein Leben mehr. 2<br />

159 ) Rose kommandierte nach dem Tod des Herzog von Weimars die schwedischen Truppen,<br />

revoltierte gegen die Franzosen, als die Entlöhnung monatelang ausblieb.<br />

160 ) Diesmal hatte ein Wunder noch die Zweibrücker gerettet. Diese gute Nachricht überbrachten<br />

die Bürger ihrem Herzog Johannes II, der sich nach Metz geflüchtet hatte. Er überlebte die<br />

frohe Botschaft nur um wenige Tage. Er starb am 30.7.1635 in Metz.


91<br />

4.10. Von KL nach Meisenheim im Sept. 1635 (von<br />

Turenne)<br />

Übersetzt und redigiert von Detlef Uhrig<br />

Juli 1635 Laut Marschall Turenne hatten sich in Lothringen 18.000 bis 19.000<br />

französische Soldaten zum Marsch nach Deutschland versammelt. Sie wurden<br />

angeführt von dem Kardinal de la Valette. Sein Maréchal de Camp war der<br />

Vicomte de Turenne. Die französischen Truppen zogen über Kusel durch das<br />

Glantal nach Nordosten. Die Avant Garde kam schnell voran, denn es war vor<br />

allem Kavallerie. Sie vereinigten sich mit den Schweden am Rhein nahe bei<br />

Bingen Die beiden Generäle nahmen diese Stadt ein und marschierten<br />

gemeinsam auf die belagerte Festung Mainz zu, die bereits drei lange Monate<br />

lang von den Kaiserlichen belagert worden war. Sie zwangen dadurch den Grafen<br />

Mansfeld zum Rückzug auf Worms. Wenige Tage später begaben sich der<br />

Herzog von Weimar und de la Valette nach Frankfurt, die im Begriffe war, sich<br />

mit dem Kaiser auszusöhnen. Um die Treue der freien Reichsstadt zu erzwingen,<br />

legten sie eine starke französische Garnison nach Sachsenhausen. Zurückgekehrt<br />

kampierten die Soldaten vor den Festungsmauern der Stadt Mainz. Sie<br />

demonstrierten, dass sie Herr des Landes seien.<br />

General Gallas war in Worms. Aber er wagte weder eine Schlacht, noch kam er,<br />

um die Konföderierten in ihrem Mainzer Lager anzugreifen. Aber er wandte die<br />

Taktik der verbrannten Erde an, um die Franzosen & Schweden von ihrer<br />

Lebensmittelversorgung abzuschneiden. Der Marquis des Gonzagas bemächtigte<br />

sich auf Befehl Gallas aller Plätze, so dass nichts mehr im Lager der<br />

Konföderierten ankam. Die Lebensmittelpreise stiegen ins Unermessliche. Es war<br />

paradox, dass die feindlichen Soldaten unter Todesgefahr an unser Lager kamen,<br />

um uns Brot zu verkaufen. In dieser Zwangslage zeigte der Vicomte de Turenne<br />

seine Großherzigkeit. Er verkaufte sein wertvolles Geschirr und seine<br />

Ausstattung, um einen großen Teil seiner Truppen zu unterstützen. Aber die<br />

Hungersnot wurde so groß, dass die Soldaten gezwungen wurden, von Trauben<br />

und Kräutern zu leben. Und auch die Pferde hatten kein anderes Futter als die<br />

Blätter von den Bäumen und von den Weinstöcken. Die Regimentsführer berieten<br />

sich und man entschied sich für den Rückzug 161 über Kreuznach, Meisenheim<br />

und Lauterecken, wo der Herzog vorsorglich Depots hatte anlegen lassen. An<br />

einem schönen Herbsttag, dem 17.9.1635 ging es los So wäre es unverantwortlich<br />

gewesen, länger in diesem Mainzer Lager zu bleiben. Die beiden Generäle<br />

stationierten dort 4.000 Mann. Bei Nacht brachen sie das Lager ab und der Herzog<br />

von Weimar marschierte mit seinen Schweden an Wiesbaden vorbei durch den<br />

Rheingau. Herzog Bernhard versuchte wohl die feindlichen Beobachter zu<br />

täuschen, wie wenn er sich mit seinen Truppen in Richtung Koblenz bewegen<br />

würde Bei Bingen überquerten sie am 19.9.1635 (Turenne: 26. September) auf<br />

einer Brücke von Booten wieder den Rhein“ Soweit Turenne, Histoire, a.a.O. S.<br />

36 Sie drehten dann die Richtung und marschierten auf den Zielpunkt<br />

Rüdesheim/Kreuznach zu. Dieser mühselige Umweg kostete ihn zwei zusätzliche<br />

Kraft raubende Tage. Am 21ten abends kamen er und seine Soldaten todmüde in<br />

Rüdesheim an<br />

161 ) Durch den Rückzug gaben die Franzosen die Festung Frankenthal auf, die dann den Vorschlag<br />

des spanischen Generals Contrera vom 16.10.1635 annahm und mit all ihren Waffen abzog.<br />

91


92<br />

92<br />

Die französische Armeegruppe hatte den direkten Weg genommen und kam<br />

deshalb zwei Tag früher am verabredeten Treffpunkt Rüdesheim an. De La<br />

Valette hatte seinen ausgehungerten Truppen zwei Ruhetage gönnen können, die<br />

sie zur plündernden Raubversorgung nutzten. Die Dörfer des Amtes<br />

Waldböckelheim waren von ihnen entleert worden.<br />

Am 22.9.1735 rückte die alliierte Armee in Richtung Meisenheim ab. Inzwischen<br />

hatte sich Graf von Hatzfeld mit seinen Truppen von KL aus dort breit gemacht.<br />

Dieser direkte Rückweg war blockiert und ohne Kampf nicht zu gehen. Den<br />

Alliierten drohte die Gefahr eingekesselt zu werden. Vor sich hatten sie Hatzfeld<br />

und hinter sich Gallas. Nach Meinung Schaffners war das Gemetzel nicht<br />

zwischen Rehborn und Meisenheim, sondern am Disibodenberg vor Odernheim.<br />

>Die Spitze der vereinigten Armeen stand unter dem später so berühmt<br />

gewordenen französischen Marschall Turenne. Dieser sah von der Sattelhöhe<br />

zwischen Staudernheim und Odernheim herab, wie aus den Toren Odernheims<br />

heraus 4.000 bis 5.000 kaiserliche Soldaten in Richtung Disibodenberg sich<br />

bewegten. Herzog Bernhard ließ sofort auf dem Klosterberg schweres Geschütz<br />

auffahren und in die feindlichen Truppen feuern und schickte Infanterie und<br />

Kavallerie zum Gegenangriff. Mit dieser Attacke hatten die sieggewohnten<br />

kaiserlichen Soldaten nicht gerechnet. Entsetzt flüchteten sie und ließen ihre<br />

leichten Geschütze zurück< 162 Dieser Erfolg löste aber nicht das Problem. Gallas<br />

hatte weiterhin den taktischen Vorteil auf seiner Seite und verriegelte den<br />

schnellen, bequemen Weg zurück. Die Nacht verbrachte das Heer bei<br />

Sobernheim.<br />

Frühmorgens, am 23 September brachen die Alliierten ihr Lager ab und<br />

marschierten nach Sien. Nicht nur dass der Weg sehr hügelig und schlecht war,<br />

sondern auch die Nachhut wurde permanent von den leichten Reitern angegriffen.<br />

Die schweren französischen Geschütze blieben oft im Morast stecken und die<br />

ausgelaugten Geschützpferde mussten durch Pferde der Proviantwagen verstärkt<br />

werden. Die Wege gingen steil nach oben, aber genauso mühsam war der Abstieg<br />

für Mann und Pferde. Und der Himmel hatte sich auch noch gegen sie<br />

verschworen. Am nächsten Tag öffnete Petrus die Schleusen. Der Weg wurde für<br />

alle zur Tortur. Durchnässt, abgekämpft, mit nassen und kalten Matschfüßen<br />

campierten sie abends auf freiem Feld, bei dem Dorf Reichenbach.<br />

Nun lassen wir wieder Turenne zu Wort kommen: > Der Herzog von Weimar<br />

war auf seinem Rückzug äußerst geschickt. Er ließ Kanonen insgeheim eingraben<br />

und das gesamte unnötige Gepäck verbrennen, so dass der Marsch durch keinen<br />

unnötigen Ballast behindert wurde. Die beiden Armeen marschierten Tag und<br />

Nacht, ohne sich auszuruhen, über aufgeweichte und ungeeignete Wege, Berg<br />

rauf, Berg runter< Turenne schreibt weiter:<br />

„Die Geschichte lieferte nur wenige Beispiele eines so schwierigen Rückzuges.<br />

Die Franzosen warn ohne Saft und Kraft und von allen möglichen Krankheiten<br />

befallen. Ausgehungert durchquerten sie Wälder und Gebirge, verfolgt von den<br />

Kaiserlichen. Ein Armeeteil beachtete nicht mehr die gegebenen Befehle. Einige<br />

konnten die fehlende Wachsamkeit der Offiziere ausnutzen. Sie warfen sich auf<br />

die Feinde und hofften dadurch etwas gegen ihren Hunger zu finden. Andere<br />

162 ) Schaffner H., Vor dreihundert Jahren, Nordpfälzer Geschichtsverein, 1937, Heft 1


93<br />

entfernten sich rechts und links unerlaubt von der Truppe, um zu plündern.<br />

Während dieses schrecklichen Rückzuges ließ der Vicomte de Turenne die<br />

weniger wichtigen Sachen von seinen Wagen werfen. Dort nahmen dann die<br />

Soldaten Platz, die keine Kraft mehr zum Laufen hatten. Er teilte mit seinen<br />

Leuten alles Essbare, das sich finden konnte“.<br />

„So überquerten sie die Saar und kamen nach Lothringen. Zwischen<br />

Vaudrevange & Boulay legten sie sich dann in den Hinterhalt und erwarteten die<br />

kaiserlichen Reiter. Es kam zu einer schrecklichen Metzelei, in der die kaiserliche<br />

Kavallerie durch franz. Reiter verjagt wurden. 500 Kroaten aus der Armee Gallas<br />

wurden getötet, einschließlich einiger ihrer Offiziere. Nach 13 unendlichen<br />

Marschtagen waren sie in Sicherheit“ und nahmen dort ihr Winterlager. Die<br />

beiden Heerführer de la Valette & Weimar fuhren nach Paris, um sich mit<br />

Richelieu zu beraten.<br />

Nachdem das Koalitionsheer vertrieben war, erschien im Oktober 1635 der<br />

Feldherr Gallas wieder vor Zweibrücken, aber diesmal half kein Rettungsengel.<br />

Die kaiserlichen Soldaten erstürmten Zweibrücken und es erlitt das gleiche<br />

Schicksal wie vorher Kaiserslautern und Kusel. (siehe Joh. Georg Lehmann a.a.O.<br />

S. 427 ff.) Nun hauste die Pest auch wieder in seiner Mörderbande. Nach wenigen<br />

Tagen kehrte Hatzfeld wieder um. Durch neuerliche Plünderungen war die Pfalz<br />

eine wüste Gegend bis zum Rhein geworden. Nur noch mit einem Bruchteil seiner<br />

anfänglich 7.000 Mann kehrte er ins Winterlager am Rhein zurück.<br />

4.11. Die schreckliche Pestwelle schwappte von<br />

Nördlingen 1634 in die Pfalz über<br />

Wo die Pestwelle ihren Anfang nahm, lässt sich wohl nicht mehr feststellen. Fakt<br />

ist, dass die Stadt Nördlingen während der schwedischen Besetzung und der<br />

folgenden Belagerung im zweiten Halbjahr 1634 bereits 1.200 Pesttote zu<br />

beklagen hatte. Täglich holte sich die Seuche damals 10 Einwohner. Da müssen<br />

unglaubliche unhygienischen Verhältnisse und eine furchtbare Hungersnot<br />

geherrscht haben. Vom September 1634 bis zum Dezember 1634, also in nur 4<br />

Monaten verzeichnete der Pfarrer Nördlingens 1.207 Sterbefälle durch den<br />

Schwarzen Tod 163 . Ein Drittel der Nördlinger Bevölkerung wurde dahin gerafft.<br />

So spricht alles dafür, dass sowohl die geflohenen schwedischen Soldaten als auch<br />

die kaiserlichen Sieger die Seuche in die Pfalz – von Ost nach West -<br />

eingeschleppt hatten. Allerdings hatte es fast ein Jahr gedauert, bis in<br />

Lauterecken die ersten Pestleichen auf den Gottesacker gekarrt wurden.<br />

„Mit gnadenloser, grausiger Gewalt forderte der Pesttod in allen Gassen und<br />

Häusern (Lautereckens) seine Opfer. Worte reichen nicht aus, das unvorstellbare<br />

Elend zu schildern, das durch Ausraubung, Nichtbestellung der Felder, die<br />

Kriegsnot, die Bewohner an den Rand des Untergangs brachte. Nichts kann besser<br />

das Massensterben verdeutlichen, als ein Blick in das Sterberegister des<br />

Kirchenbuchs, in dem die Geistlichen vom 24. Juli 1635 bis zum 28. November<br />

163 ) Weng Johann Friedrich, Die Schlacht bei Nördlingen, Nördlingen 1834, S. 174 ff.<br />

93


94<br />

94<br />

1636 die erschütternde Ernte der Pest Tag für Tag sorgfältig registrierten,<br />

scheinbar ohne Furcht, eines Tages selbst Opfer der Seuche zu werden. Es waren<br />

der Toten zu viele, so dass die Geistlichen nur selten die Namen der Verstorbenen<br />

nannten und sich mit der Angabe der Zahl der täglich im Kirchspiel Lauterecken<br />

aus dem Leben gerissenen Einheimischen und Fremden begnügten“ 164 . Pfarrer<br />

Gregorius Schwarzkopf in Lauterecken gehörte am 24.7. zu den ersten 7<br />

Pesttoten überhaupt, seine Frau verstarb am 14.8.1635 mit 9 anderen Menschen.<br />

Die vom Diakon Johann Georg Schwindel und seinen Helfern geführten<br />

Totenlisten umfassen im Kirchenbuch mehr als 12 Seiten. Insgesamt verstarben<br />

„282 Bürger des Kirchenspiels, 62 Flüchtlinge, 14 Soldaten und Soldatenfrauen,<br />

zusammen 358 Personen“. Darunter waren auch einige der Nordpfälzer Vorfahren<br />

wie Degen, Hahn, Knapp und Steinhauer (Steinhawger) aus Lohnweiler,<br />

Wiesweiler und Lauterecken! Die vielen Toten hinterließen Lücken, Felder<br />

konnten nicht bestellt oder abgeerntet werden, Schuhe nicht hergestellt und Güter<br />

nicht transportiert werden. Die Infrastruktur erlitt auf Jahre schwere Schäden.<br />

Kinder standen plötzlich ohne Eltern und Geschwister da und waren Vollwaisen,<br />

die dann doch irgendwie aufwuchsen.<br />

4.12. Die schwedischen Truppen 1636/39<br />

Redigiert und übersetzt von Detlef Uhrig<br />

Während die französischen und schwedischen Truppen im lothringischen ihr<br />

Winterquartier 1635/36 bezogen hatten, reisten Weimar und La Valette nach<br />

Paris. Weimar war nach der Niederlage von Nördlingen in Schweden in Ungnade<br />

gefallen, denn der schwedische Hof betrachtete ihn als Ursache seines<br />

militärischen Unglücks, denn er hatte die Schlacht gegen den Rat des Marschalls<br />

Horns begonnen. Der Herzog war verärgert, weil ihn die schwedischen Minister<br />

mit Missachtung straften So trat der Herzog Bernhard von Weimar zwangsläufig<br />

in französische Dienste, nachdem ihn der schwedische Hof fallen gelassen hatte.<br />

Er erhielt eine Jahrespension von 15.000 Livres. Außerdem sagte ihm der König<br />

weitere 4 Millionen für den Unterhalt von 18.000 Soldaten zu, die aber der<br />

Autorität des französischen Monarchen unterstellt werden mussten.<br />

Der schlechte Erfolg des letzten Kriegsjahres 1635 hatte den Kardinal de la<br />

Valette dermaßen entmutigt, dass er das Kriegshandwerk aufgeben wollte. Der<br />

Regierungschef Kardinal de Richelieu erkannte aber Valettes Talente und<br />

verpflichtete ihn deshalb wieder, das Kommando über die französische Armee zu<br />

übernehmen. Auf Vorschlag Richelieus sollte er Saverne (Zabern) erobern. De la<br />

Valette sagte nur unter der Bedingung zu, wenn ich ihm (der Vicomte de<br />

Turenne) zur Seite gestellt würde.<br />

• Der Herzog von Weimar und de la Valette setzten die Truppen in<br />

Marsch, die Anfang Juni 1636 im Elsaß ankamen. Unsere Truppen griffen<br />

die Festung Zabern von zwei Seiten an. Der Herzog ließ vom Berg her<br />

eine Bresche in die österreichischen Verteidigungsanlagen schießen und<br />

im Sturmlauf seine Truppen angreifen. Sie wurden aber durch heftigste<br />

Gegenwehr zurück geschlagen. Zwei Tage später ließ er dies nochmals<br />

versuchen, wiederum ohne Erfolg. Ohne sich entmutigen zu lassen,<br />

164 ) Albert Zink, Chronik der Stadt Lauterecken, 1968, S. 183 ff


95<br />

unternahmen seine Truppen einen dritten, äußerst blutigen Versuch.<br />

Angestachelt durch diesen Widerstand verdoppelte er den Artillerie-<br />

Beschuss und beim vierten Angriff nahmen seine Leute endlich die<br />

Oberstadt ein. So blieb nur noch die Unterstadt mit dem Schloss in<br />

kaiserlicher Hand.<br />

• Als Turenne sah, dass die Bemühungen auf Seiten Valettes wenige<br />

Fortschritte machten, setzte er sich (von der Talseite) an die Spitze der<br />

franz. Truppen und überwand die Palisaden, durchquerte den<br />

Festungsgraben und stieg in die Mauerbresche ein. Wegen des heftigen<br />

Gewehrfeuers mussten sie dort kurz in Deckung gehen. Aber durch<br />

Turennes vorbildlichen Mut animierte er seine Soldaten, seinem Beispiel<br />

zu folgen. So konnte bis Ende Juni die Unterstadt und das Schloss<br />

eingenommen werden. Aber am letzten Tag der Belagerung passierte das<br />

Unglück. Der rechte Arm des Vicomte de Turenne wurde von einer<br />

Gewehrkugel (schwer) getroffen. Obwohl einige Chirurgen rieten, ihm den<br />

Arm abzuschneiden, behielt er diese schmerzliche Extremität. Die Heilung<br />

dauerte aber sehr lange.<br />

• „Kurze Zeit später riss der Gesprächsfaden zwischen dem Herzog von<br />

Weimar und dem Kardinal Richelieur Turenne schrieb, „der Vorhang ging<br />

herunter“. Denn Weimar machte den Krieg gegen die Kaiserlichen im<br />

Wesentlichen für sich und nicht mehr für Frankreich. Weimar war es satt,<br />

immer wieder dem Kardinal willfährig zu Diensten zu sein. Er glaubte nun<br />

stark genug zu sein, Breisach und Umgebung für sich zu behalten und dort<br />

seinen eigenen kleinen Herrschaftsbereich einrichten zu können. Aber<br />

Richelieu hatte ihn ja engagiert, um Breisach für Frankreich zu gewinnen.“<br />

• „Richelieu lud Prinz Bernhard, den Herzog von Weimar zu sich nach Paris<br />

ein, um mit ihm die Sache und die zukünftige Strategie abzusprechen.<br />

Aber Weimar lehnte ab und schickte stattdessen den General von Erlach<br />

an den Hof, den er übrigens zum Gouverneur von Breisach ernannt hatte.<br />

Diese Haltung erzeugte den Argwohn und Verdächtigungen des Kardinals.<br />

Außerdem wurde Richelieu nervös, als sich der Herzog Anfang Juli 1639<br />

in den Sundgau begab. In Neuburg wurde er indes schwer krank und starb<br />

nach 14 Tagen im Alter von 36 Jahren. Turenne war vom Herzog sehr<br />

angetan und lobte ihn in den nächsten 5 Zeilen seines Geschichtsbuches<br />

über den grünen Klee. Er notierte, Bernhard war der letzte seiner elf<br />

Brüder, aber er hätte sie alle an Mut, Edelmut, Klugheit, Geduld und<br />

Großzügigkeit übertroffen. Mit Recht hätte man ihn den „Rechten Arm<br />

des Großen Gustavs“ genannt“ 165 .<br />

• „Nach dem Tod dieses Generals bemühten sich der Kaiser, der König<br />

Frankreichs, die Herzöge von Bayern, von Lauenburg und von Lüneburg,<br />

der Herzog von Sachsen (der Bruder Weimars) und der Kurfürst Carl<br />

Ludwig 166 diese schwedischen Truppen für sich zu gewinnen. Vor allem<br />

165 ) Die einen Zeitgenossen vertraten die Meinung, er sei an der Pest gestorben, die in seinem Lager<br />

geherrscht hatte, andere vermuteten ein Giftanschlag.<br />

166 ) Der westfälische Friedensvertrag von 1648 sprach dem Sohn des glücklosen Kurfürsten<br />

Friedrich V. die Kurpfalz wieder zu. Außerdem schuf das Vertragswerk jetzt einen achten<br />

95


96<br />

96<br />

Carl Ludwig war besonders daran gelegen. Gleich nach dem Tod<br />

Bernhards war er zu seinem Großvater nach England gegangen, um dort<br />

25.000 englische Pfund Sterling in Empfang zu nehmen. Carl Ludwig<br />

reiste inkognito, wurde aber auf dem Weg ins Elsaß unterwegs in Mühlen<br />

erkannt. Richelieu ließ ihn auf dem Schloss Vincennes (bei Paris) solange<br />

bewacht unterbringen, bis er durch Bestechung der führenden<br />

schwedischen Generäle die Befehlsgewalt über die schwedischen Truppen<br />

erlangt hatte. Neuer Oberkommandant wurde der Graf General von<br />

Guébriant 167 . Allerdings starb der bereits am 14.11.1643 an den Folgen<br />

einer ernsthaften Blessur, die der General einige Tage vorher im Kampf<br />

um Rottweil erhalten hatte. (Turenne, a.a.O. S. 90, 91)<br />

4.13. Als Sedan bis 1641 noch ein Zufluchtsort für<br />

die Pfälzer war (von Turenne)<br />

Streit mit Richelieu, übersetzt und redigiert von Detlef Uhrig<br />

Turenne beschreibt mit deutlicher Sprache wie die Stadt Sedan 1641 ein Hort der<br />

politischen Neutralität gegen die Ungerechtigkeiten des Kardinals Richelieu<br />

wurde.<br />

Während sich Turenne durch seinen Militärdienst für Frankreich<br />

auszeichnete, war sein Bruder Frédéric Maurice 168 , Duc de Bouillon<br />

unglücklicherweise der spanischen Partei wegen seiner Freundschaft zum<br />

Comte de Soissons verpflichtet. Der Comte hatte sich vor vier Jahren (also<br />

in 1637) den Unwillen des Kardinals zugezogen. Dies geschah, als Richelieu<br />

1637 versuchte, seine Familie mit der des Grafen zu verbinden. Er hatte dem<br />

Comte vorgeschlagen, seine Nichte die Comtesse de Combalet zu heiraten.<br />

Anstatt glücklich zu sein, reagierte der Comte de Soissons mit einem<br />

Wutausbruch, der den ganzen Umfang des Hasses auf den Minister zeigte.<br />

Der Kardinal seinerseits war empört über die beleidigende Verweigerung<br />

und überlegte sich, wie er die beiden demütigen könnte. Der Comte de<br />

Soissons war sichtlich hochmütig, diesen adeligen Stolz aufgebracht zu<br />

haben. In dem Maße wie er den Kardinal missachtete, suchte er die<br />

Freundschaft aller Großen des Königreiches, die auch Richelieu hassten. Er<br />

Kurhut. Nach dem Friedensschluss verließ Carl Ludwig seine englische Königsfamilie und betrat<br />

am 1.10.1649 wieder Heidelberg. Carl Ludwig war ein tüchtiger, sparsamer Landesherr, der<br />

während seiner über 30jährigen Regierungszeit viele Kriegszüge in seinem Land hinnehmen<br />

musste. Sein Nachfolger wurde sein Sohn Kurfürst Carl, der allerdings bereits nach 5 Jahren im<br />

Jahr 1685 starb. Mit seinem Tod endete die Simmersche Linie.<br />

167 ) Guébriant, Jean Baptiste Budes, Comte de Guébriant, wurde 1602 in Plessis in der Bretagne<br />

geboren. Er kämpfte zuerst in den Niederlanden und kam 1638 zur schwedischen Armee. In der<br />

Schlacht bei Breisach in 1638 zeichnete er sich aus. Nach dem Tod Herzog Bernhard von<br />

Weimar übernahm er das Kommando. Zwei große Siege konnte er feiern. 29.6.1641 bei<br />

Wolfenbüttel und 1642 bei Kempen. Der Angriff auf Regensburg in Zusammenarbeit mit<br />

Torstensson scheiterte. Er starb am 14.11.1643 im Kampf um Rottweil. Seine Biographie wurde<br />

1656 veröffentlicht.<br />

168 ) Maurice heiratete 1634 die katholischeEleonore von Bergh. Die Hochzeit war von Kardinal<br />

Richelieu gefördert worden. Unter dem Einfluss seiner Frau konvertierte Maurice 1636 zum<br />

Katholizismus


97<br />

vereinigte sich mit dem Duc d´Orleans, um ein politisches Gegengewicht<br />

gegen Richelieu zu bilden.<br />

Richelieu brachte den König auf seine Seite und zwang den Duc de<br />

Soissons den Hof zu verlassen. Daraufhin zog er sich nach Sedan zurück<br />

Während seines Aufenthaltes entstand zwischen ihm und dem Duc de<br />

Bouillon eine enge und dauerhafte Männerfreundschaft. Beide hatten die<br />

gleichen Tugenden. Sie waren unerschrocken, liberal, wahrhaft, treu,<br />

ernsthaft, mit einem Wort, sie waren Ehrenmänner!<br />

Der Minister erneuerte einige Zeit nach den Verhandlungen sein Angebot an<br />

den Comte de Soissons (Grafen von Soissons), doch seine Nichte die<br />

Comtesse von Combalet zu heiraten. Irritiert durch die erneute Ablehnung<br />

forderte er den Herzog von Bouillon (= Bruder Turennes) auf, den Grafen<br />

von Soissons aus Sedan auszuweisen. Der Herzog antwortete, der König<br />

persönlich habe ihm versichert, er könne den Prinzen aufnehmen. Außerdem<br />

habe er dem Grafen von Soissons sein Wort gegeben, dass der niemals<br />

fürchten müsse, Sedan zu verlassen. Er habe das Recht der unwiderrufbaren<br />

Gastfreundschaft gegen diesen Prinzen, dass noch nicht einmal der König<br />

ihn davon entbinden könne. Heinrich V. und Ludwig XIII. hatten sich in<br />

mehreren Urkunden mit dem Herzog von Bouillon geeinigt, dass er die<br />

Garnison unterhalten und Truppen anwerben dürfe.<br />

Der Kardinal sprach beim König vor, um zu erreichen, dass die finanzielle<br />

Unterstützung für die Garnison entfallen solle, damit der Herzog von<br />

Bouillon gezwungen werden könnte, seinen Herrschaftsanspruch über Sedan<br />

zu verkaufen. Von diesem Augenblick an, zeigte der Herzog offen seine<br />

Gegnerschaft und wollte auch nicht aufhören, gegen ihn (Richelieu)<br />

Stimmung zu machen. Der Kardinal, der noch seinen Zorn verbarg, hatte<br />

erfahren, dass der Erzbischof von Reims, bekannt unter dem Namen Duc<br />

de Guise 169 , sich auch nach Sedan begeben hatte. So äußerte Richelieu<br />

gegenüber dem König, dass dieser Platz das Asyl für alle Aufrührer<br />

geworden sei. Es sei an der Zeit, Sedan wie La Rochelle auch von der<br />

Landkarte wegzurasieren.<br />

Diese zivilen Zweifel weckten den Mut des spanischen Königshauses, die<br />

sich mit Eifer darum bemühten, den Herzog von Bouillon und die nach<br />

Sedan geflüchteten Prinzen als Heerführer zu verpflichten. Der Kardinal<br />

Richelieu beschäftigte sich seinerseits mit allen Mitteln, wie man die drei<br />

Prinzen lächerlich machen könne. Sein Ziel war es, wie es im Französischen<br />

so drastisch heißt, ihnen bei lebendigem Leib die Haut abzuziehen. Dadurch<br />

wollte er dem Comte de Soissons seine Ämter, den Erzbischof von Reims<br />

169 ) Duc de Guise, war der zweite Sohn von Charles de Lorraine, Herzog von Guise. Er war<br />

Anhänger der Königin Mutter gewesen und war aus diesem Grund ins Exil gegangen. Er hatte<br />

nur den Namen und die Einkünfte eines Prälaten. Als er nach Frankreich zurückkam, wollte er<br />

die Prinzessin Anne de Conzague heiraten. Er fragte beim König um dessen Genehmigung nach<br />

und bat um seine Einkünfte von 400.000 Livres. Da der Kardinal Richelieu dies verhinderte,<br />

kehrte er nach Sedan zurück. (Turenne, a.a.O., S. 69)<br />

Charles de Lorraine kämpfte auf Seiten des Deutschen Kaisers. Gerade in der Schlacht bei<br />

Nördlingen waren er und seine Truppen an dem Erfolg Gallas in erheblichem Maße beteiligt.<br />

1644 hatte er mit seinen lothringischen Truppen Landau und Worms besetzt. Im September<br />

1644 durfte er mit seinen Truppen mit wehenden Fahnen und klingendem Spiel unter Mitnahme<br />

aller Waffen Worms verlassen.<br />

97


98<br />

98<br />

seine riesigen Einnahmen und dem Herzog von Bouillon sein Land<br />

abnehmen, Danach wären die drei erledigt gewesen.<br />

Richelieu startete seine geheimen Umtriebe, um sehr bald Sedan belagern zu<br />

können. Die drei Prinzen (des Friedens) ihrerseits schlossen einen Vertrag<br />

mit<br />

a) Ferdinand von Österreich, genannt der Kardinal Infant, Sohn des<br />

Philipp III, König von Spanien und<br />

b) Leopold Wilhelm, dem Sohn von Ferdinand II, Deutscher Kaiser<br />

Jeder der beiden versprach 7.000 Mann zu stellen und diese beiden Corps<br />

sollten dann gemeinsam nach Sedan marschieren. Der Kaiser war über<br />

dieses Engagement sehr froh und schickte den General Lamboy 170 mit<br />

7.000 Soldaten 171 .<br />

Kurze Zeit später nach der Vertragsunterzeichnung brachten die drei<br />

Prinzen des Friedens - wie sie genannt wurden (Herzog von Bouillon, Duc<br />

de Guise und Comte de Soissons) ein Manifest in Frankreich in Umlauf. In<br />

diesem Flyer verprügelten sie den Kardinal mit den widerwärtigsten<br />

Beschimpfungen, indem sie die Menschen an seine Undankbarkeiten<br />

gegenüber der Königin Mutter erinnerten. Sie schilderten die Grausamkeiten<br />

des Kardinals gegenüber seinen politischen Gegnern. Nichts ließen sie aus,<br />

weder seine Selbstgefälligkeit, noch die ungerechte Gewaltausübung seiner<br />

Verwaltung und alle seine Charakterfehler.<br />

Der Kardinal gab nun zornig dem Marschall de Châtillon den Befehl, mit<br />

seinen Truppen gegen Sedan vorzugehen. Er hatte 10.000 Mann zur<br />

Verfügung, während Marschall de la Meilenaye an der Spitze einer starken<br />

Armee in das Herz Flanderns vorstoßen sollte, um die Kräfte des Ferdinand<br />

von Austria zu binden. Dadurch sollte verhindert werden, dass der<br />

Kardinal Infant den Sedanern zu Hilfe kommen konnte.<br />

Während der Marschall de Châtillon in der Nähe von Sedan, beim Dorf<br />

Marphée lagerte, vereinigte der General Lamboy Anfang Juni 1641 die<br />

kaiserliche Armee mit der der drei Prinzen des Friedens. Danach<br />

marschierte er direkt auf die französische Armee los. Der Duc de Bouillon<br />

kommandierte die Kavallerie und der Comte de Soissons war für die<br />

Reserve verantwortlich. Der Herzog von Guise war nach Brüssel gegangen,<br />

um einen Vertrag auszuhandeln und war deshalb noch nicht zurückgekehrt.<br />

Als der Marschall de Châtillon seine Gegner erblickte, ließ er seine<br />

Truppen die Feinde aggressiv angreifen. Im ersten Schock hatte die<br />

königliche Armee große Vorteile. Aber dann fiel die Kavallerie der Prinzen<br />

über die Infanterie her und zwang sie zur Flucht. Châtillon verlor seine<br />

gesamte Infanterie. Die Mehrzahl seiner wichtigen Offiziere war entweder<br />

tot oder war in Gefangenschaft geraten. Der Herzog von Bouillon eilte zur<br />

Reserve, um seinem Freund dem Comte de Soissons die frohe Botschaft des<br />

totalen Sieges zu überbringen. Aber voller Entsetzen fand er ihn tot auf der<br />

Erde liegen, umgeben von seiner Garde. Durch eigene Unvorsichtigkeit war<br />

170<br />

) Lamboy war im Juli 1635 dabei, als die Stadt Kaiserslautern gestürmt und die Einwohner zum<br />

Großteil umgebracht wurden.<br />

171<br />

) Lamboy war im Juli 1635 dabei als Kaiserslautern gestürmt und der Großteil der Lauterer<br />

massakriert wurde.


99<br />

er umgekommen. Der Graf hatte mit dem Pistolenlauf das Visier seines<br />

Helmes nach oben schieben wollen und dabei hatte sich ein tödlicher<br />

Schuss gelöst.<br />

Der Marschall Lamboy überquerte nach dem Sieg die Meuse (Maas) und<br />

marschierte nach Norden, um sich mit den Truppen des Kardinals Infant zu<br />

vereinigen. Dadurch entblößte er Sedan und nahm dem Duc de Bouillon den<br />

Großteil seines militärischen Schutzes.<br />

Der Hass des Kardinals Richelieu war grenzenlos. Gleich nach dem<br />

Desaster schickte er den Marschall de Brezé mit starken Einheiten, die sich<br />

mit den Resten der Armee des Marschalls Châtillon vereinigten. Zusammen<br />

waren es 25.000 Mann. Der König Ludwig XIII. begab sich persönlich an<br />

die Grenze, um anzusehen, wie die Revolte gegen ihn beendet würde. Nun<br />

schien die Sache sehr einfach, denn der Duc de Bouillon stand allein mit<br />

seinen wenigen Truppen da, gegen einen überstarken Gegner. Selbst größte<br />

Tapferkeit seiner Soldaten, konnte den Fall Sedans nur hinausschieben.<br />

Aber da nahm das Schicksal eine unerwartete Wende<br />

Der König war in Mézieres angekommen. Die Mehrzahl der Herren sprach<br />

sich für den Duc de Bouillon aus. Ein Großteil der bedeutenden Adeligen<br />

sprach im Hass über den Kardinal, andere lobten dagegen seine<br />

Großzügigkeit. Den Ausschlag gab die Rede Cinqmar 172 , des jungen<br />

Oberstallmeisters Frankreichs. Er fiel nicht nur durch seinen Eifer auf,<br />

wie er für den Herzog von Bouillon sprach, sondern er drückte sehr deutlich<br />

die Fehler, die Ungerechtigkeiten des Kardinals und die daraus entstandenen<br />

Schäden für Frankreich aus. Er verdeutlichte die Entgleisungen gegenüber<br />

den drei Prinzen des Friedens. Unmittelbare Folge dieser Rede war, der<br />

König hob sofort alle Sanktionen gegen die drei Prinzen auf und setzte sie<br />

wieder in ihre alten Rechte ein. Der Duc de Bouillon versprach, alle<br />

Kriegsgefangenen aus der Schlacht von Marphée freizulassen und das<br />

gesamte Kriegsgerät wieder zurückzugeben. Der König und der Herzog<br />

söhnten sich für immer aus und der Duc de Bouillon wurde Kommandant<br />

der Armee im Piemont. Sedan wurde ein Platz der Neutralität und<br />

Zufluchtsort für Verfolgte. Dort suchten und fanden Tausende Pfälzer und<br />

auch der Pfalzgraf Ludwig Philipp & mit seiner Gemahlin Marie Eleonora<br />

Schutz.<br />

1641: Frédéric Maurice de la Tour d`Auvergne, Duc de Bouillon war 1636<br />

anlässlich seiner Hochzeit mit Charlotte de la Bergh zum Katholizismus<br />

übergetreten. Auf Grund der Vereinbarungen von Mézieres unterstellte der<br />

Duc sein bisher selbständiges Herzogtum der Krone Frankreichs und der<br />

Marschall Abraham de Fabert wurde zum ersten Gouverneur Sedans<br />

ernannt. Das zuständige Gericht war in Metz und Sedan gehörte ab 1642 zur<br />

Diözese Reims. Zu jener Zeit lebten in Sedan etwa 4.000 Protestanten und<br />

2.000 Katholiken<br />

Nach seinem Amtsantritt in Sedan setzte Fabert zuerst die gemäßigte<br />

Religionspolitik des Herzogs fort, aber er ergriff Maßnahmen, die auf lange<br />

Sicht die normale Entwicklung des Protestantismus schwächen würde. Denn<br />

er erließ z.B. am 23.2.1643 ein Dekret, das unter „die Wiedereinsetzung<br />

des katholischen Kultes“ bekannt wurde. Dadurch wurde der Transport der<br />

172 ) Henri Coiffier d`Effiat, Marquis de Cinqmar<br />

99


100<br />

100<br />

heiligen Sakramente zu den Kranken wieder erlaubt, ebenso wie die<br />

Prozessionen, die Gesänge bei Beerdigungen etc. Gleichzeitig unterstellte er<br />

die Störungen der Zeremonien unter Strafe. Er verbot bei Strafe, die<br />

Werkstätten und Geschäfte an katholischen Feiertagen zu öffnen 173<br />

4.14. Turenne erobert die Pfalz in 1644<br />

(von Turenne)<br />

Redigiert & übersetzt von Detlef Uhrig<br />

Nach der großen gewonnenen Schlacht von Freiburg/Breisgau (vom 28.7. bis<br />

5.8.1644) hielten Turenne und der Oberbefehlshaber Duc d`Enguien 1 mit allen<br />

führenden Offizieren Kriegsrat. Gegen die Mehrheit der meisten Anwesenden<br />

beschlossen die beiden Oberbefehlshaber die Kaiserlichen Truppen aus der Pfalz<br />

zu vertreiben und. die Eroberung der Festung Philippsburg in Angriff zu nehmen.<br />

Trotz größter Schwierigkeiten unternahmen sie dies, denn die Infanterie des Duc<br />

d`Enguien war halbiert, das Geld verschleudert und die Versorgung seiner<br />

Truppen musste über große Entfernungen erfolgen. Aber darauf nahm Prinz<br />

Enguien wenig Rücksicht. Turenne verließ nach einer Ruhepause von 4 Tagen<br />

am 9.8.1644 das Lager und marschierte mit den Weimar´schen Truppen<br />

linksrheinisch auf die Pfalz zu.<br />

Der Duc d´Enguien schickte in Vorbereitung der Belagerung Philippsburg seinen<br />

Versorgungschef Champlastreux, der Munition, Kanonen und Transportboote<br />

organisieren sollte. Champlastreux war ein äußerst intelligenter und aktiver<br />

Mensch, der sein Handwerk verstand. Deshalb hatte er es auch zum Intendanten =<br />

Versorgungschef des Duc gebracht.<br />

Der Vicomte de Turenne seinerseits ging seinerseits auch nach Breisach, um sich<br />

mit dem dortigen Gouverneur zu beraten. Sie diskutierten, wie und woher sie<br />

ausreichenden Mittel den Rhein hinunter bringen könnten. Turenne schickte den<br />

Tubal und den General Rosen (Nachfolger des Marschall Guébriant) mit einem<br />

Teil der Weimarer Kavallerie, einigen Dragonern und Musketenschützen voraus,<br />

um sich einiger linksrheinischer Forts oder Schlösser zu bemächtigen, ebenso<br />

sollten sie befestigte Kleinstädte in Besitz nehmen, die entlang der Route lagen.<br />

Nach Eilmärschen kam Turenne am 23ten August 1644 mit 3.000 Reitern und<br />

700 Infanteristen vor Philippsburg an. Der Duc d`Enguien brauchte auf der<br />

anderen Rheinseite zwei Tage länger.<br />

Die Festung Philippsburg lag am Rhein, geschützt durch sieben Bastionen, deren<br />

Wälle umzäunt und mit Palisaden abgesichert waren. Ganz außen herum regierte<br />

eine Verteidigungsböschung mit einer dichten, dornigen & lebenden Hecke.<br />

Davor war ein 200 Fuß breiter, sehr tiefer mit Wasser gefüllter Graben. Ein<br />

quadratisches Fort lag gerade 100 Schritte vom Rhein entfernt und war mit der<br />

Stadt durch eine Chaussee verbunden, die sechs Schritt breit und 800 Schritt lang<br />

173 ) Die Informationen der letzten beiden Absätze stammen aus der Doktorarbeit des Marc<br />

Schneider, evangelische Fakultät der Sorbonne, Paris 1949, Seite 6 ff. (unveröffentlicht)


101<br />

war. Sie erhob sich 5 Fuß hoch aus dem Moor 1 . Der Fluss machte dort einen<br />

Bogen und bildete einige Sümpfe. Auf der anderen Seite waren genug Wald,<br />

Heidekraut und landwirtschaftliche Flächen. Die Fortbesatzung bestand nur aus<br />

500 Infanteristen und 200 Reitern unter dem Kommando des Offiziers Bamberg,<br />

der über einen guten Ruf verfügte. Ihm standen 100 Stück Artillerie und<br />

ausreichende Munition zur Verfügung. So konnte er eigentlich eine lange<br />

Belagerung gut durchstehen. Der Angriff auf diese Befestigungsanlage war<br />

eigentlich nur frontal möglich.<br />

Am 16.8.1644 verließ Prinz Louis de Bourbon, = der Herzog von d´Enguien<br />

sein Lager und marschierte linksrheinisch den Rhein entlang und durchquerte die<br />

Grafschaft Baden Er führte die gesamte französische Infanterie der zwei Armeen<br />

und die Kavallerie an. Unterwegs nahm er noch eine stark befestigte Burg, mit<br />

einem Wassergraben außen herum ein, die nur wenige Meilen von Straßburg<br />

entfernt war. Nach dem langen 10tägigen Marsch stand seine Armee am<br />

25.8.1644 auf der gegenüberliegenden Rheinseite Philippsburgs. Nachdem Duc<br />

d`Enguien die militärische Situation erfasst hatte, beschäftigte er sich mit dem<br />

Rest des Tages mit der Lagerorganisation. Er beschloss, das Fort während der<br />

Nacht anzugreifen.<br />

Die französische Armee bezog ihr Lager bei Knaudenheim bis zum Bach<br />

(Graben), der die Ebene durchzieht. Die weimarsche Armee (früher<br />

schwedische) lag jenseits des Flusses bis nach Rheinhausen.<br />

Und dann wurde es Nacht. Die französischen Truppen setzten sich in Marsch, in<br />

Richtung Fort. Der Herzog nahm den Umweg durch das Wäldchen. Der Vicomte<br />

de Turenne näherte sich ihnen indessen über kleine Deiche, die durch den Sumpf<br />

führten. Da Bamberg nicht genug Infanterie hatte, hatte er sich nach Philippsburg<br />

zurückgezogen. Durch die kluge Operation Turennes kam er dem Duc d`Enguien<br />

noch vor Mitternacht zuvor und besetzte das verlassene Fort. So hatte er alles<br />

Notwendige getan, um die Stadt von dieser Seite her besser angreifen zu können.<br />

Am nächsten Tag begannen seine Soldaten die Belagerungsanlagen zu erweitern.<br />

In nur vier Tagen schaufelten sie einen Hohlweg von einem bis zum anderen<br />

Ende ihres Quartiers, von Knaudenheim bis nach Rheinhausen. Die<br />

Umwallungen erhielten zudem schützende Brüstungen<br />

Inzwischen erreichten die franz. Transportboote die Belagerer. Sie waren voll mit<br />

Kanonen, Munition und Lebensmitteln beladen. Der Konvoi war durch 300<br />

Soldaten an Bord geschützt gewesen. Außerdem hatten sie Brückenteile geladen,<br />

mit denen bauten die Pioniere in nur 24 Stunden eine Brücke von Knaudenheim<br />

nach Germersheim. Die Einnahme Germersheims war notwendig geworden, weil<br />

es sonst unmöglich war, Hilfeleistungen von dort zu unterbinden. Der Marquis<br />

d´Aumont ging mit 600 Infanteristen und 300 Reitern auf Germersheim zu. Nach<br />

zwei Tagen hatte er es eingenommen und dann kam Speyer an die Reihe. Turenne<br />

schreibt, Speyer habe nichts Besonderes, außer dem Kaiserlichen Gerichtshof 1 .<br />

Dort sei keine Garnison und die Stadt sei nur von einer einfachen Mauer und<br />

antiken Türmen, aber einem bösem Graben umschlossen. Speyer öffnete<br />

angesichts der Bedrohung freiwillig seine Tore und erhielt am 29.8.1644 eine<br />

französische Besatzung.<br />

101


102<br />

102<br />

Während der Marquis d´Aumont alle wichtigen Plätze entlang des Rheins<br />

einnahm, fing der Duc d`Enguien am 29. August an, Philippsburg anzugreifen.<br />

Aber zuvor hatte er Forts und Redouten anlegen lassen, wo es möglich war. Seine<br />

Soldaten hatten viele Bäume gefällt. Einerseits versperrten sie damit die<br />

Festungsausgänge, andererseits brauchten seine Mineure das Holz. Man hatte<br />

seine Annäherung beobachtet und gesehen, dass er nur mit einer Spitze den<br />

Angriff startete. Er befand sich auf einem sandigen Terrain, das sich in ganzer<br />

Breite bis zu den zwei Bastionen der Stadt erstreckte. Duc d`Enguien befahl zwei<br />

Attacken auf diesen Ort, den linken Flügel befehligte Grammont und Turenne den<br />

rechten. Durch heftiges Feuer, mussten sie sich immer wieder zurückzuziehen.<br />

Die Verteidiger sahen nur was tagsüber über der Erde geschah. Unbeobachtet ließ<br />

Duc d`Enguien von seinen Mineuren Gänge in Richtung Festung Philippsburg<br />

graben. Wegen des Sandes hatten sie leichte Arbeit, Nachteil war aber die<br />

Einsturzgefahr. Die Gänge mussten deshalb mit Stämmen und starken Ästen<br />

gesichert werden. Als die Arbeiter begannen die letzten Verteidigungsanlagen zu<br />

durchbohren, war die Festung nicht mehr zu halten. Der verteidigende Offizier<br />

Bamberg erkannte die ungünstige Situation und schloss deshalb schnell noch<br />

günstige Kapitulationsbedingungen ab. Bamberg und der Duc d´Enguien<br />

tauschten Geißeln aus und die österreichische Garnison verließ erhobenen<br />

Hauptes mit wehenden Fahnen und klingendem Spiel am 12. September mit zwei<br />

Kanonen Philippsburg.<br />

Nach der Eroberung machte es sich der Duc d`Enguien in Philippsburg bequem,<br />

zumal er durch Boten erfuhr, dass sich ihm der österreichische General Graf<br />

Merci näherte. Die Breschen, die seine Kanonen in die Verteidigungsanlagen<br />

geschossen hatten, ließ er schließen. Er war zufrieden mit dem Erreichten und<br />

wollte keinen weiteren Kampf. Dies kam seinen Soldaten entgegen, denn die<br />

franz. Armee war müde und schwach von dem harten Einsatz.<br />

Turenne wandte sich jetzt Worms zu. Diese Stadt wurde vom Herzog Charles de<br />

Lorraine (von Lothringen) gehalten, nachdem er alle seine Ländereien verloren<br />

hatte. Auf dem Weg nach Worms hatte Turenne seine gesamte deutsche<br />

Kavallerie und 500 Infanteristen dabei. Sie entsetzten unterwegs Flechsheim und<br />

Oberst Savari sollte Frankenthal einnehmen, was aber wegen der heftigen<br />

Gegenwehr nicht gelang.<br />

Angesichts des franz. Anmarsches komplimentierten die Wormser Bürger die<br />

Lothringer aus der Stadt heraus und öffneten Turenne die Tore. Von da aus<br />

marschierte Turenne auf Mainz zu und Rosen sollte Oppenheim einnehmen, das<br />

sich tatsächlich ohne Widerstand ergab, obwohl es damals ein sehr gutes<br />

„Schloss“ hatte.<br />

Turenne marschierte Tag und Nacht ohne Gepäck, um dem Feind zuvor zu<br />

kommen, der auch im Begriffe war, Mainz einzunehmen. Während sich Turenne<br />

Mainz näherte, sah er auf der anderen Rheinseite 1.000 Dragoner der Bayerischen<br />

Armee unter dem Kommando des Obersten Wolf, dem auch die Transportboote<br />

unterstanden, die auf Mainz zu schwammen. Als Turenne mit dem Herold und<br />

Trompeter vor dem südlichen Stadttor erschien, hielt Oberst Wolf bereits in der<br />

Stadt vor dem Domkapitel eine Rede, um die Verteidiger davon zu überzeugen,


103<br />

sich gegen die Franzosen zu verteidigen. Als Argument verwies er auf die<br />

bayerische Armee, die auf der anderen Rheinseite stünde.<br />

Die Herren des Domkapitels riefen daraufhin alle wichtigen Leute der Stadt<br />

zusammen und berieten sich mit ihnen. Sie beschlossen, nur mit dem Duc<br />

d´Enguien zu verhandeln und nur ihm die Stadtschlüssel nach einer ehrenhaften<br />

Kapitulation überreichen zu wollen. Sie verwiesen den Obersten Wolf mit seiner<br />

Delegation sofort aus Mainz. Sie ließen Turenne in die Stadt kommen und<br />

überbrachten ihm ihren Beschluss. Turenne benachrichtigte daraufhin den Duc<br />

d´Enguien, der sich sofort in den Sattel schwang und in einem scharfen Ritt in nur<br />

1 ½ Tagen mit 400 Reitern in Mainz ankam.<br />

Daraufhin kapitulierten die Mainzer Domherren 174 , nachdem die Stadt von<br />

Plünderungen und hohen Kontributionen verschont blieb. Turenne schreibt, Mainz<br />

sei ein beachtlicher Platz am Rhein gewesen. Vor allem weil es das Eingangstor<br />

zum Hessenland sei und zudem an der Mündung des Mains läge. Seine Kraft<br />

beruhe vor allem auf dem handwerklichen Geschick seiner zahlreichen Einwohner<br />

und nicht so sehr auf seinen vernachlässigten Verteidigungsanlagen. Die<br />

Einnahme wäre auch ohnedies sehr einfach gewesen, denn die Mainzer Garnison<br />

hätte nur aus wenigen Soldaten bestanden, die vom Domkapital bezahlt worden<br />

war.<br />

Turenne griff die Wolf´schen Dragoner an und beschoss erfolgreich deren Boote,<br />

so dass sie sich bis nach Aschaffenburg zurückzogen. Wegen des großen<br />

französischen Erfolges verpflichtete sich das Domkapitel auch, ihre Festung in<br />

Bingen aufzugeben. Dort zogen dann franz. Truppen ein.<br />

Turenne stationierte nun 400 franz. Soldaten in Mainz, die die alten<br />

Befestigungsanlagen reparieren und neue anlegen sollten. Um nun die ganze Pfalz<br />

in den Griff zu kriegen, schickte er den Marquis d´Aumont mit 1.200<br />

Infanteristen und 1.500 Reitern in den Südwesten, um auch Landau zu besetzen.<br />

Turenne schreibt, Landau liegt in einer Ebene, vier große Meilen (20 km) von<br />

Philippsburg entfernt. Es sei gut bevölkert und seine Verteidigungsanlagen<br />

bestünden aus einer Umwallung mit alten (antiken) Türmen. Außen herum sei ein<br />

halbmondartiger Wassergraben angelegt. Landau hatte eine Lothringische<br />

Besatzung von 400 Mann. Der lothringische Kommandant hatte einen Hilferuf an<br />

General Merci geschickt, der sich langsam rechtsrheinisch auf Landau<br />

zubewegte. Die französischen Belagerungsarbeiten liefen sofort<br />

erfolgsversprechend an. Bei der Besichtigung der Erdarbeiten wurde d´Aumont<br />

durch eine Gewehrkugel so schlimm verwundet, dass er wenige Tage später in<br />

Speyer starb.<br />

So kam Turenne nicht umhin, sich selbst um die Einnahme Landaus zu kümmern.<br />

Turenne ließ in nur drei Tagen den Schützengraben direkt auf den Festungswall<br />

zuführen. So konnten seine Leute dort eine Batterie aufbauen. Am fünften Tag<br />

kam der Duc d´Enguien, um den Fortgang zu beobachten. Der lothringische<br />

174 ) Der Mainzer Kurfürst glaubte nicht in Mainz in Sicherheit leben zu können und hatte sich<br />

nach Hermesheim (bei Koblenz) zurückgezogen. Die Domherren hatten in seiner Abwesenheit<br />

die Regierungsgewalt übernommen.<br />

103


104<br />

104<br />

Kommandant verhandelte mit Turenne die Übergabe und konnte danach mit<br />

seinen Truppen in Richtung West abziehen. Nachdem diese Stadt erobert war,<br />

pflückte Turenne Neustadt und dann Mannheim wie reife Früchte. Andere<br />

befestigte Plätze leisteten nun keinen Widerstand mehr und öffneten bereitwillig<br />

ihre Tore. Turenne schreibt, die franz Armee war Herr über die Pfalz von<br />

Straßburg bis rauf nach Koblenz, nur Frankenthal blieb unter spanischer<br />

Besatzung.<br />

Die Bewohner der Dörfer und Städte wurden mit Kontributionen schwer belastet.<br />

4.15. Friedensverhandlungen in Münster<br />

(von Turenne)<br />

übersetzt & redigiert von Detlef Uhrig<br />

1641: Die verschiedenen Machtzentren Europas träumten von einem<br />

allgemeinen Frieden. Dieser fatale Religionskrieg loderte bereits 21 Jahre im<br />

Deutschen Kaiserreich und hatte nach und nach die gesamte Christenheit<br />

erfasst. Alle Seiten feierten abwechselnd kurzfristig auf dem Rücken der<br />

Menschen ihre Erfolge, die die Landschaften und die Staatskassen ruiniert<br />

hatten. Ein einhelliger Schrei der Machthaber (Prinzen) und der Staaten<br />

verlangten den Frieden. Die Kurfürsten Sachsens und Brandenburg hatten<br />

die Könige Englands und Dänemarks engagiert, um zwischen den<br />

protestantischen Fürsten zu vermitteln. Auch Papst Urban VIII.. tat das<br />

Seinige auf Seiten der katholischen Liga. Der deutsche Kaiser hatte seine<br />

Getreuen nach Regensburg geladen, um mit ihnen nach geeigneten Mitteln<br />

zu suchen, um diesen Krieg zu beenden. Sie hatten lange Zeit über den<br />

fraglichen Verhandlungsort diskutiert und hatten sich auf Hamburg geeinigt.<br />

Dort wurde 1641 beschlossen, dass die Verhandlungen in Münster und<br />

Osnabrück in Westfalen sein sollten. Frankreich ging nach Münster und das<br />

Königreich Schweden war in Osnabrück, wo jeder der beiden Monarchen<br />

eine eigene Residenz besaß, wo ihre Bevollmächtigten wechselseitig<br />

kommunizieren und Beschlüsse herbeiführen konnten.<br />

Seit diesem Moment hoffte ganz Europa auf einen baldigen Frieden. Die<br />

Friedensverhandlungen begannen im März 1642. Aber der Kardinal<br />

Richelieu schätzte, dass die Zeit noch nicht gekommen sei, wo Frankreich<br />

genügend beachtliche Vorteile aus einem Frieden ziehen konnte. Die<br />

militärischen Expeditionen der Franzosen und der Schweden gingen fort und<br />

der Frieden rückte in weite Ferne. Doch dann starb Richelieu am 4.12.1642<br />

in Paris. Sein Nachfolger Mazarin führte den Krieg weiter. Aber die Erfolge<br />

wurden immer seltener<br />

1644: Vor allem nach dem Tod des Marschalls Guébriant schickte der<br />

neue Regierungschef Kardinal Mazarin seine Verhandlungsführer nach<br />

Münster. Er hatte mit den Grafen d`Avaux und Servien zwei sehr<br />

geschickte Persönlichkeiten ausgewählt, die nicht unterschiedlicher hätten<br />

sein können. („sehr gegensätzliche Charaktere“) Um weiteren hassvollen<br />

Streit zwischen ihnen zu vermeiden, schickte er als Chef den Herzog von


105<br />

Longueville nach Münster, damit diese Kommission einheitlich nach außen<br />

auftreten konnte. Die Friedensverhandlungen begannen endlich im April<br />

1644. Aber der Krieg in und um die Pfalz ging weiter. Philippsburg wurde<br />

umkämpft, Worms, Oppenheim und Mainz wurden eingenommen und zu<br />

franz. Garnisonen gemacht. Ende September wurden Landau →<br />

Neustadt→ Mannheim → und andere Plätze besetzt. Die pfälzische &<br />

rheinhessische Bevölkerung hatte finanziell und materiell schwer zu leiden.<br />

Turenne bzw. der Duc d´Enguien konnte 1644 Frankenthal nicht<br />

einnehmen. 1646 versuchte er es nochmals vergeblich. Eigentlich war die<br />

ganze Pfalz franz. besetzt außer Frankenthal. Die Spanier unter ihrem<br />

Kommandanten Frangipani, die seit 1635 Frankenthal besetzt gehalten<br />

hatten. 175 verteidigten sich erfolgreich Dies war eine spanische Insel im<br />

franz. Meer.<br />

1648: Nach vielen getrennten Verhandlungen der Österreichischen<br />

Botschafter mit Frankreich in Münster sowie mit den Schweden und seinen<br />

Verbündeten in Osnabrück unterzeichneten die Kriegsparteien am<br />

24.10.1648 den Friedensvertrag von Westfalen. Frankreich behielt das, was<br />

es sich im Krieg unter Turenne mit einem hohen Blutzoll und fast einem<br />

Staatsbankrott erkämpft hatte. Es bekam das österreichische Elsaß, Breisach,<br />

den Sundgau. Für die franz. Regierung war die Festung Philippsburg mit<br />

dem leichten Rheinübergang besonders wichtig.<br />

4.16. Was regelte der Friedensvertrag?<br />

An den Friedensverhandlungen in Osnabrück nahm ab Januar 1646 Dr. Jonas<br />

Meisterlin als Botschafter (Legat) teil. Er war Kanzler der Kurpfalz und trat dort<br />

im Namen des Pfalzgrafen Ludwig Philipp auf. Dr. Meisterlin stammte aus<br />

Obermoschel, in 2006 die kleinste Stadt von Rheinland-Pfalz. Im Rahmen der<br />

gegebenen Möglichkeiten holte er für die Kurpfalz das Best Mögliche heraus. Er<br />

erreichte folgendes<br />

Die Schweden erhielten für die Versorgung ihrer Truppen 24.000 Gulden,<br />

wovon auf Kaiserslautern 2.000 entfielen. Albisheim musste 1649 laut<br />

Schreiben im Archiv der VG Göllheim 240 Gulden aufbringen.<br />

Die Oberpfalz fiel an Bayern. Dafür erhielt die „Unterpfalz“ (Kurpfalz) die<br />

achte Kurwürde, die damals neu geschaffen wurde<br />

Neuer Kurfürst wurde der Carl Ludwig (* 22.12.1617, † 29.8.1680) Sohn<br />

des gescheiterten Kurfürsten Friedrich V. Dies setzten sowohl die Franzosen<br />

als auch die Schweden durch.<br />

175 ) Da Frankenthal im Vertrag von Münster nicht einbezogen worden war, blieb dort die spanische<br />

Besatzung. Nach zähen Verhandlungen in Nürnberg versprach Spanien gegen eine Geldzahlung<br />

Frankenthal und Besancon zu räumen. Am 3.5.1652 verließen 1.000 Soldaten mit ihren 4.000<br />

Angehörigen mit einer riesigen Beute Frankenthal. Der Kommandant Frangipani soll vor dem Tor<br />

die Erde geküsst haben und darauf einen Trunk auf das Wohl des Kaisers getan haben. (Quelle:<br />

Volkmar Christmann, 425 Jahre Frankenthal, März 2003, S. 35)<br />

105


106<br />

106<br />

Für den Verlust von Frankenthal erhielt die Kurpfalz Heilbronn<br />

Aus der Reichskasse bekam Kurfürst Carl Ludwig monatlich 3.000 Taler.<br />

Aus der schwäbischen und fränkischen Kreiskasse flossen ihm monatlich<br />

8.000 Gulden zu. Dafür verzichtete Carl Ludwig auf das Amt des<br />

Erztruchsess und ihm wurde das neu geschaffene Amt des Erzschatzmeisters<br />

übertragen.<br />

1652: Am 15.5.1652 brach ganz offen der Streit zwischen dem „jungen“<br />

Kurfürsten Carl Ludwig und dessen Onkel Pfalzgraf Ludwig Philipp aus.<br />

Ludwig Philipp hatte als Nachgeborener Sohn das Amt Kaiserslautern,<br />

Neustadt geerbt. Als Onkel war er Vormund des jugendlichen Carl Ludwig<br />

gewesen, nachdem dessen Vater 1632 gestorben war. 1653 eskalierte der<br />

Streit zwischen beiden, so dass sich der Reichstag in Regensburg damit<br />

beschäftigen musste. Am 2.12.1653 gelang ein Vergleich. Nach dem Tod<br />

Ludwig Philipps und seiner Gemahlin Maria Eleonore im Jahr 1675 erbte<br />

die Kurpfalz das Oberamt Kaiserslautern, während die Unterämter<br />

Wolfstein, Rockenhausen mit Bolanden, nebst Otterberg und Pflege<br />

Diemerstein beim Herzogtum Simmern und dessen Erben verblieben.<br />

TURBULENTE ZEITEN<br />

5.1. Neuanfang in der Westpfalz<br />

Pfalzgraf Ludwig Philipp 176 war der jüngere Bruder des politisch ungeschickten<br />

Kurfürsten Friedrich V., der sich in einem Anflug von politischer Blindheit zum<br />

Böhmischen König krönen ließ. Dieses waghalsige Abenteuer zerstörte das<br />

politische und religiöse Gleichgewicht des Heiligen Römischen Reiches Teutscher<br />

Nation und löste den Dreißigjährigen Krieg aus. Ludwig Philipp trat sein Erbe des<br />

kleinen, aber feinen Herzogtums Pfalz – Simmern an, mit der Hauptstadt<br />

Kaiserslautern. Er heiratete die sehr gebildete Maria Eleonora 177 , die Tochter des<br />

Kurfürsten von Brandenburg, die ihm immer eine kluge, geschickte Ratgeberin<br />

war. Eleonora hatte einen feinen Spürsinn für wichtige und zukunftsweisende<br />

Entscheidungen. Übrigens soll sie die Bibel im Urtext haben lesen können.<br />

Ludwig Philipp hatte anfänglich nur einen geringen politischen<br />

Entscheidungsspielraum. Als zuerst die spanischen- und dann die kaiserlichen<br />

Truppen sein Land besetzten, floh er zu seinen Verwandten (Oraniern) nach<br />

Holland und zu seinem Cousin, dem Herzog von Bouillon 178 , dem Herzog von<br />

176 ) Pfalzgraf Ludwig Philipp kam 1602 auf die Welt und starb 1655. Seine Eltern waren<br />

Friedrich IV, genannt der Aufrichtige, der mit Louisa Juliana von Nassau Oranien<br />

verheiratet war, einer Enkelin des Wilhelm von Oranien<br />

177 ) Maria Eleonora von Brandenburg * 1607 und starb am 2.2.1675 in Kreuznach. Nach ihrem<br />

Tod fiel Kaiserslautern, Erlenbach und der Gersweilerhof an die Kurpfalz zurück.<br />

178 ) Der Herzog von Bouillon senior, Souverain von Sedan, oo war mit Elisabeth von Nassau,<br />

Tochter des Wilhelm von Oranien und der Tochter der Charlotte von Bourbon. Seine<br />

Söhne waren der Feldmarschall Turenne und der Herzog von Sedan. Letzterer forderte vor


107<br />

Sedan. Zuerst war die fürstliche Familie in Metz in Sicherheit und dann lebte sie<br />

in Sedan. Beide Städte waren damals im heutigen Ostfrankreich und waren die<br />

Zentren des Kalvinismus. Sie boten den pfälzischen Flüchtlingen aus Lautern,<br />

Otterberg, Erlenbach und Morlautern Rückzugsgebiet und Schutz in diesem<br />

schrecklichen Krieg. Erst im Sommer 1644 erlaubten die Spanier dem<br />

Pfalzgrafen, sich in seinem Schloß in Kaiserslautern niederzulassen. Aber erst der<br />

Westfälische Frieden von 1648 gab den Pfälzern die Religionsfreiheit wieder<br />

zurück. Eine wichtige Voraussetzung für den Wiederaufbau. Der Pfalzgraf<br />

erkannte mit klarer Deutlichkeit, dass der Wiederaufbau nicht allein mit den<br />

pfälzischen Rückkehrern gelingen konnte. Deshalb rührte er die Werbetrommel<br />

und Hunderte von französischen Calvinisten kamen anfänglich aus Metz und<br />

Sedan, wie wir aus den Otterberger Kirchenbüchern entnehmen können. Dazu<br />

gehörten u.a. die Vilcains (= Wilkings), Villiards, Fortineux. In der dritten<br />

Einwanderungswelle kamen wiederum die Wallonen aus dem heutigen Belgien<br />

(Liège = Lüttich) und der Picardie 179 , dem heutigen Nordosten Frankreichs.<br />

Etliche flohen aus La Chapelle und Mons (Monts), als Turenne 1637 dort Krieg<br />

gegen die Spanier führte.<br />

Der Wald und die Natur eroberten altes Kulturland zurück. Herrliche<br />

Brombeerhecken und Gestrüpp überzogen ehemalige Äcker. Aus sicheren<br />

Rückzugsgebieten kamen nach und nach Überlebende zurück und krempelten die<br />

Ärmel hoch. Zuerst kamen ab 1579 die von den Spaniern verfolgten Holländer<br />

(Roos) zu uns. Im Verlauf der nächsten 150 Jahren zogen ganze Familien und<br />

Sippen aus der Schweiz, Frankreich, Belgien und Bayern zu uns. Wie die<br />

allem in 1641 erfolgreich Richelieu heraus und machte Sedan zu einem Zufluchtsort für<br />

politisch, religiös Verfolgte.<br />

179 ) Die Gründe für die Menschen aus der Picardie zu fliehen, waren dieselben wie bei uns. Krieg,<br />

Zerstörung, Plünderung, Vergewaltigung etc. 1637 befahl Richelieu seiner Armee unter dem<br />

Kommando des Kardinals de La Valette und dessen Bruders Herzog von Candale durch die<br />

Picardie nach Flandern einzumarschieren. Dabei war wieder der spätere Feldmarschall<br />

Vicomte de Turenne, der in seinem Buch auf Seiten 42 ff die Aktionen kurz beschreibt. Vor<br />

Flandern lagen aber die von den Spaniern besetzten Städte und Festungen in der Picardie:<br />

Landrecie im Hainaut, die durch 5 Bastionen und etlichen Wassergräben geschützt war.<br />

Zudem goß es aus Kübel, so dass Turennes Soldaten bis zum Gürtel im Wasser standen. Die<br />

Eroberung kostete viele Soldatenleben.<br />

Danach schickte de la Valette den Vicomte de Turenne aus, um Solre zu nehmen. Es war<br />

damals die am stärksten befestigte Burg, die eine spanische Garnison von 2.000 Soldaten<br />

beherbergte. „Der Vicomte attackierte so lebhaft, dass der Feind sich schnell ergab“. Turenne<br />

gibt in seinen Erinnerungen von 1637 weder Daten noch andere Details preis. Aber an eine<br />

andere Geschichte konnte er sich ganz gut erinnern. „Einige Soldaten hatten in der Burg eine<br />

Frau von außerordentlicher Schönheit gefunden. Sie präsentierten diesen Augenschmaus<br />

ihrem Kommandanten als das wertvollste Beutestück. Turenne war damals 26 Jahre alt und<br />

noch nicht sensibel genug, die Untaten seiner Soldaten zu bestrafen. Er überließ sie seinen<br />

Soldaten. Man riss ihr mit großer Brutalität die Kleider vom Leib und …Er ließ ihren<br />

Ehemann suchen, um sie ihm in seine Hände zu übergeben. Er sagte zu ihm: das war die<br />

Diskretion meiner Soldaten, die sie Deiner Frau schuldeten“ (Turenne, Histoire, S. 44)<br />

La Chapelle, war eine stark befestigte Stadt. Turenne konzentrierte zum Beschuss 30<br />

Kanonen, die zwei Tage lang die Stadt bombardierten. Am nächsten Tag konnte die Stadt<br />

eingenommen werden. Bei der Eroberung hatte es viele Tote gegeben. In diesem<br />

Zusammenhang nennt Turenne auch Mons (aus der 1684 --- 150 Menschen nach Otterberg<br />

flohen, siehe unten)<br />

107


108<br />

108<br />

Raquets, Cherdrons, Lessoin (Le Sogne), Veillards, Renards, Menton, Rollis,<br />

die die Herausforderung einer armseligen Pionierarbeit auf sich nahmen. Wichtig<br />

war ihnen die zugesicherte Religionsfreiheit, denn in ihrer Heimat waren sie z.T.<br />

wegen ihres Glaubens verfolgt worden. Und dann das Elend, das Ludwig XIII.,<br />

Kardinal Richelieu & auch Mazarin herauf beschworen, indem sie systematisch<br />

die Daumenschrauben anzogen, schon lange bevor Louis XIV. das Edikt von<br />

Nantes aufhob..<br />

5.2. Die Verfolgung in Sedan ab 1643<br />

(Dr. Marc Scheidecker, Paris 1949)<br />

Übersetzt und redigiert von Detlef Uhrig<br />

Es fällt auf, wenn wir das reformierte Kirchenbuch Otterbergs lesen, dass nach<br />

dem 30jährigen Krieg eine unglaubliche große Zahl von reformierten Franzosen<br />

zu uns zog. Sie kamen zum Teil im Geleit des Pfalzgrafen Ludwig Philipp und<br />

der Pfalzgräfin Maria Eleonora, die zuerst in Metz, die ab Juni 1635 zuerst in<br />

Metz und dann in Sedan 180 mit ihrem gesamten Hofstaat Zuflucht gefunden<br />

hatten. Dabei war auch der berühmte Hufschmied Simon Christmann aus<br />

Wörsbach, der dort als Witwer wieder geheiratet hatte.<br />

• Die französischen Einwanderungen in die menschenleere Pfalz dürften vor<br />

allem nach dem Friedensvertrag von Münster und Osnabrück in 1648<br />

erfolgt sein, als langsam Ruhe und Ordnung wieder einkehrten 181 . Bereits<br />

1650 war die Familie Simon Christmann wieder in der Westpfalz. Seine<br />

Frau Anna, geborene Menton, war am 22.10.1650 Patin bei dem Jean<br />

Isaac Massau. Simon selbst stand zusammen mit seiner Frau am 2.5.1651<br />

als Pate als Simon Froumi (aus Sedan) in der Otterberger Kirche über das<br />

Taufbecken gehalten wurde.<br />

• Aber warum verließen so viele Franzosen ihre fruchtbare und liebliche<br />

Heimat und zogen in die völlig zerstörte Pfalz? Man gibt doch nicht<br />

freiwillig seine vertraute Heimat auf! Was veranlasste Tausende von<br />

Menschen in einen fremden Sprach- und Kulturraum zu ziehen? Ich will<br />

dies anhand der gut dokumentierten Situation in Sedan beschreiben, die<br />

Dr. Marc Scheidecker in seiner unveröffentlichten Doktorarbeit an der<br />

Sorbonne Paris, zwischen 1946 – 1949 sehr gut recherchierte. Liebe<br />

180 ) Pfalzgraf Ludwig Philipp lebte mit seiner Gattin etliche Jahre im Exil in Sedan, wo seine<br />

Frau 5 ihrer insgesamt sieben Kinder zur Welt brachte. Übrigens war der Sedaner Herzog<br />

von Bouillon ein Cousin des Pfalzgrafen Ludwig Philipp.<br />

181 ) 1660: 10ter Mai: Auch sonst waren die Zeiten nach dem Dreißigjährigen Krieg sehr<br />

unsicher. Zahlreiche Söldner waren brotlos. Außer Morden und Plündern hatten sie nichts<br />

gelernt. Sie schlossen sich zu größeren oder kleineren Banden zusammen und überfielen<br />

ungeschützte Plätze. Auch die Obrigkeit hatte nicht viel Geld, um Landsknechte anzuheuern.<br />

So schlossen sich die Bürger zu Bürgerwehren zusammen. Dem Pfalzgraf blieb nichts<br />

anderes übrig, als diese Aufrüstung mit Gewehren im Nachhinein zu genehmigen. (Kaller,<br />

Band II, S. 63)


109<br />

Leser, erinnern Sie sich? Nach dem Treffen von Mézieres wurde Sedan<br />

1642 französisches Staatsgebiet. König Ludwig XIII . schrieb unter dem<br />

Datum vom 10.2.1643 und befahl dem neuen Gouverneur Abraham de<br />

Fabert den alten, katholischen Status wieder herzustellen, der vor 1556<br />

bestanden hatte. Fabert gehorchte und ermöglichte am 23.2.1643 durch<br />

sein berühmtes Dekret den Katholiken wieder die freie Religionsausübung.<br />

Dies war ganz im Sinne der katholischen Gattin des Duc de Bouillon<br />

(Eleonore von Bergh). Allerdings tastete er angesichts der protestantischen<br />

Bevölkerungsmehrheit (von 4.000 zu 2000 Katholiken) die Rechte der<br />

Calvinisten noch nicht an. Das anfänglichen Nebeneinander und die<br />

gegenseitige Duldung kippten sehr schnell in 1644.<br />

• Durch die Wiedereinsetzung des katholischen Kultus war es den<br />

Calvinisten verboten, an den hohen katholischen Feiertagen ihren<br />

Geschäften nachzugehen. Einige wenige Reformierte protestierten. Sie<br />

argumentierten, der Müßiggang an Fronleichnam würde Laster wie<br />

Faulheit, Ausschweifung, Unordnung nach sich ziehen. Entgegen des<br />

Dekrets öffneten einige Oppositionelle am Tag des Heiligen Peters am<br />

29.6.1643 ihre Geschäfte, was zu heftigen Debatten & zu Bestrafungen<br />

führte.<br />

• Das Jahr war 1644 durch weitere verschiedene Vorschriften<br />

gekennzeichnet. Sinnvoll war, dass die Sedaner Beamtenanwärter auf den<br />

franz. König den Treueid ablegen mussten. Der Erzbischof von Reims<br />

kam danach kurz vor Fronleichnam nach Sedan. Aufgrund der gehässigen<br />

Verabredung zwischen Fabert und dem Kirchenoberhaupt beschlossen<br />

sie, die Führer der Calvinisten zu erniedrigen. Fabert befahl, dass die<br />

Presbyter und Diakone, aber vor allem der evangelische Pfarrer am<br />

Fronleichnamstag, den Baldachin tragen mussten, unter dem der hämisch<br />

grinsende katholische Priester überheblich dahin schritt.<br />

• Fabert verbot im gleichen Jahr 1644, dass evangelischen Soldaten nicht<br />

mehr in die Garnison Sedan aufgenommen werden durften.<br />

• Ein besonders schlimmes Kapitel des religiösen Terrors geschah 1652.<br />

Fabert ließ auf Veranlassung des Louis de Marval die Schule der<br />

Verbreitung des Glaubens einrichten. Dort wurden zwangsweise die<br />

Töchter der Calvinisten untergebracht, wo sie der Ketzerei abschwören<br />

mussten. Ihr Aufenthalt dort betrug in der Regel 3 Monate, manche<br />

blieben länger, um in die „Mysterien des Glaubens“ unterrichtet zu<br />

werden. Marc Scheidecker stellte fest, dass vereinzelte Schülerinnen dort<br />

mehrere Jahre verblieben. Besonders brutal war, als man ein Jahrzehnt<br />

später den Widerspenstigen Hugenotten gegen jedes Menschenrecht ihre<br />

Kinder wegnahm, um sie zur Zwangsadoption gab oder z.T. in Klöster<br />

erziehen zu lassen<br />

• 1657 kommt der 18jährige König Ludwig XIV. (Louis XIV 182 ) nach<br />

Sedan. Louis wurde übrigens am 5.9.1639 in St. Germain en Laye als<br />

Sohn des Louis XIII. und der Anne von Österreich geboren. In Sedan legte<br />

er den ersten Stein für die neue Kirche der Kapuziner an der Corne de<br />

Floin. Anlässlich des Aufenthaltes kam es zum Gedankenaustausch, wie<br />

man die Ketzerei am schnellsten beenden könnte. Der junge König<br />

182 ) Ludwig XIV regierte absolutistisch nach dem Tod des Kardinals Mazarin von 1661 – 1716. Sein<br />

Nachfolger wurde sein Urenkel Ludwig XV<br />

109


110<br />

110<br />

favorisierte die Zwangsbekehrung oder die Ausweisung, während Fabert<br />

einen milderen Kurs favorisierte.<br />

• 1661 verlangte Fabert von den verbliebenen Protestanten im Sedaner<br />

Stadtrat, dass sie als Zeichen für seine Großzügigkeit und sein<br />

Entgegenkommen dem Irrglauben abschwören sollten, denn dies sei die<br />

einzige wahre Belohnung für seinen Einsatz für ihre Interessen und für die<br />

Liebe, die er ihnen entgegen gebracht hätte. Daraufhin hielten etwa 2.000<br />

Protestanten es für gut, katholisch zu werden. Fabert starb 1662 und die<br />

Politik verschärfte sich weiter. Den Bekehrten werden materielle Vorteile<br />

zuerkannt. Inzwischen war Marschall Turenne auch zum Katholizismus<br />

übergetreten. Er stiftete 50.000 Louisdor, um den Neubekehrten<br />

finanzielle Anreize zu geben.<br />

• Die Liste der Pressungen und Übergriffe in den nächsten Jahrzehnten ist<br />

lang. Die evangelische Akademie wurde 1662 aufgelöst und die Jesuiten<br />

ziehen in deren Räume ein. Die reformierte Bibliothek wurde für drei<br />

Jahre geschlossen, um gereinigt zu werden. Den Katholiken wird verboten,<br />

Ketzer zu heiraten und die Schwerkranken werden befragt, ob sie<br />

weiterhin dem Irrglauben verfallen sein mögen. 1662 veranlasste Ludwig<br />

XIV. den Neubau einer Kirche auf seine Kosten, wenn sich die Sedaner<br />

bekehren ließen. Die Kirche stand, aber die Reformierten blieben stur an<br />

ihrem Glauben hängen. Daraufhin gab König Louis XIV am 14.12.1667<br />

den Befehl, diese evangelisch reformierte Kirche in Sedan zu zerstören.<br />

• Der Kriegsminister Louvois gab im Oktober 1685 die Anweisung, ein<br />

Bataillon nach Sedan marschieren zu lassen. Er schrieb seine Majestät an<br />

und drückte aus, er würde es nicht bezweifeln, dass seine Majestät nichts<br />

dagegen haben würde, dass man die Soldaten bei den Protestanten wohnen<br />

lassen würde, was in Verbindung mit den anderen guten Zwängen, die wir<br />

ihnen auferlegen würde, ihre Anzahl sich erheblich vermindern ließe. Der<br />

König war von der Idee begeistert, zumal der Sohn Louvois das Dragoner<br />

Regiment kommandierte. Zur gleichen Zeit schickte Louvois mehrere<br />

Priester nach Sedan, um den Bekehrungsprozess zu beschleunigen. Die<br />

300 Dragoner gehörten zum Regiment de Champagne, das danach nach St.<br />

Quentin abkommandiert werden sollte. Die Protestanten entrüsteten sich,<br />

aber es half ihnen nichts. Die Dragoner nahmen vor allem bei den<br />

widerspenstigen Wortführern Quartier und hausten in deren Wohnungen<br />

wie die Schweine. Louvois zog daraufhin weiter die Eisen an und<br />

beorderte zusätzlich die Kavallerieregimenter de Dugart und de Florensac<br />

in das gesamte Herzogtum Sedan<br />

• Der Otterberger Pfarrer Achenbach war Zeitzeuge, aber er beschreibt<br />

nicht den massiven Zuzug in seine Pfarrei- mit den vielen<br />

Filialgemeinden. Die statistische Auswertung des Geburtsregisters ergibt<br />

für das Jahrzehnt 1650 - 1659 folgendes Bild:<br />

• 1650: 7 Geburten<br />

• 1651: 11 Geburten<br />

• 1652: 3 Geburten<br />

• 1653: 25 Geburten<br />

• 1654 29 Geburten<br />

• 1655 32 Geburten


111<br />

• 1656 32 Geburten<br />

• 1657 27 Geburten<br />

• 1658 10 Geburten<br />

• 1659 24 Geburten<br />

• Die meisten Einwanderer der 2. Einwanderungswelle scheinen also<br />

zwischen Ende 1652 und 1659 gekommen sein. Achenbach notiert in<br />

seinen Taufeinträgen, woher die Immigranten stammten. Ich war sehr<br />

verblüfft zu lesen, dass angesichts der vielen Familien mit französischen<br />

Nachnamen, doch nur relativ wenige Neuankömmlinge genannt wurden.<br />

Aus Sedan waren es 9 Familien, aus Liège 12, aus der Picardie 183 und<br />

dem Partoy wanderten je vier Familien ein.<br />

Aus Sedan stammen Aus der Gegend von Lüttich (Liège)<br />

Andrimon, Salomon Blaire, Jean<br />

Charpentier, Jean oo Sara Chenius, Henry Jean oo Catherine<br />

Froumi, Isaac oo Maria Clever, Henry Jean oo Cath<br />

Herman, Paul oo Anna Cordier, Thomas oo Lisette<br />

Loing, Israel oo Marth Dietrich von Flandern<br />

Loup, Daniel oo Rachel in 1659 Hanard, Pierre oo Marguerithe<br />

Renault, Jean & Tochter Jeanne Jacob Heinrich oo Anne Marie<br />

Vieillard, Peter oo Libauchand Micheroux André oo Anna Groffi<br />

Vilcain, Wilking Henry oo Micheroux Micheroux Piron oo Marie Rotel<br />

Ragivaux Antoine oo Susanne<br />

Renard, Martin oo Ottilia Gerwin<br />

Pollersch, Anna<br />

5.3. Die Einwohner Erlenbachs von 1650 bis 1688<br />

Die Pfalzgräfin Eleonora schenkte 1650 das inzwischen wegen seiner<br />

Eintragungen wertvolle Kirchenbuch der aufstrebenden reformierten<br />

Kirchengemeinde Otterberg, zu der auch Erlenbach, der Gersweilerhof und<br />

Morlautern gehörten. Der erste Pfarrer Johann Heinrich 184 Achenbach stammte<br />

aus Kreuznach. Sein Vater Georg 185 war als evangelischer Geistlicher,<br />

Aufsichtsbeamter und Inspektor der Pfarrer des Oberamtes Kreuznach eingesetzt.<br />

Danach war er dritter Pfarrer der Stadt Meisenheim 186 . Joh. Heinrich Achenbach<br />

führte das neue Kirchenbuch sehr gründlich. Er notierte die abgebende Gemeinde,<br />

bzw. Region in Frankreich, aus denen die Bürger stammten. Dazu kamen auch<br />

183<br />

) aus der Picardie : La Chapelle: Louis Grandam oo Marie & Pierre Jacques, genannt der Depp<br />

aus Cambrais, Arnold le Cardé.<br />

184<br />

) Joh. Heinrich Achenbach war ab 1659 Pfarrer in Langenlonsheim, wo er 1663 verstarb.<br />

185<br />

) Achenbach Georg, geboren in Lasaphe am Oberlauf der Lahn, starb 1649 in Kreuznach.<br />

Quelle: Herzog, Heinrich, Otterberg, genealogische Untersuchung, KL 1989,<br />

unveröffentlicht.<br />

186<br />

) Heintz, Philipp Casimir, Das ehemalige Fürstenthum Pfalz-Zweibrücken Anhang: Seite 5 der<br />

Anmerkungen, oben<br />

111


112<br />

112<br />

noch ihre Spitznamen. Achenbach war mit Maria verheiratet, deren<br />

Geburtsnamen er leider nicht angab. Im Kirchenbuch sind keine eigenen Kinder<br />

aufgeführt. So können wir davon ausgehen, dass Jean Henry und vor allem seine<br />

Frau über 50 Jahre alt waren. Pfarrer Achenbach weihte das Buch unmittelbar<br />

nach seiner Ankunft in Otterberg mit einem Taufeintrag ein. Es war Sonntag, der<br />

7 Juni 1650. Er schrieb:<br />

1650: „den 7. Heumonat 1650, der erste Sonntag nach meiner Ankunft in<br />

Otterberg, ist getauft worden ein …. Sohn mit Namen Hans Peter, der Vater ist<br />

ein Franzos papistischer Religion und heißet (Eintrag fehlt) die Mutter heißt die<br />

Küfer Ottel Die Pätter: Peter Schram, der andere Pätter Peter Molter, der dritte<br />

Hans Brüssel Die Goten: Hans Hansen Tochter, die andere Margretha Müllerin.<br />

Sein alle Bauersleute aus dem Kübelberger Amt gewesen“<br />

1655: Peter Villiard (Vieillard) wurde 1630 in Sedan geboren. Nach dem<br />

grausigen Krieg zog er mit etlichen reformierten Glaubensbrüdern in die Pfalz.<br />

Am 10.3.1655 heiratete er in Otterberg die Susanna Libauchand (Libauchamp)<br />

ebenfalls aus Sedan, Tochter des Jean Libauchand wohnhaft in Erlenbach<br />

1651: am 4.September gebar Ottilia, die Hausfrau des Martin Renard einen<br />

Knaben, dem sie auch den Namen Martin gaben. Martin Renard stammte aus<br />

Liege (Lüttich) und war Hofmann auf dem Gersweilerhof.<br />

Paten des Kindes waren<br />

• Caspar Reinhard Essert, Marburgscher Pfleger aus Otterberg,<br />

• Gregoir Renard, Bürger aus Otterberg und wahrscheinlich Bruder des<br />

Kindsvaters,<br />

• Guillaume (Wilhelm) Boduin (Baudevin) , Bürger Otterbergs<br />

• Maria, Frau des Herrn Menton, Bürgermeister Otterbergs,<br />

• Judith, geboren Louis, Frau des Jacob Menton, Bürger Otterbergs<br />

• Maria, Frau des Lambert la Croix, Bürger Otterbergs<br />

• Johanna, Frau des Hans Pouts (Jean)<br />

1655: 5.8.1655 kam Jean (Hans) Vilcain (Wilking) auf die Welt, Seine Eltern<br />

waren Henry und seine Frau Johanna Micharnat (auch Micheroux). Das Paar<br />

stammte ebenfalls aus Sedan und wohnte in Sambach. Paten waren:<br />

• Jean Cherdron, Sohn des Daniels, Bürger Otterbergs, der am<br />

26.8.1656 die Patin Susanna heiratete<br />

• Susanna, Tochter des Jean Censier, Bürgers von Otterberg.<br />

1656: 28.12.1656: Die Familie Renard vom Gersweilerhof bekam wieder<br />

Nachwuchs. Vater Martin stammte aus Liège (Lüttich) und war Hofmann auf dem<br />

Gersweilerhof. Laut Heinrich Herzog hieß seine Ehefrau Ontolotte. Der Pfarrer<br />

taufte das Kind auf den Namen Jean Jacob.<br />

1658: am 19.6.1658 kommt Jean (Johannes) auf die Welt. Sein Vater ist der in<br />

Erlenbach wohnende Jean Pierre (Hans Peter), genannt der Idiot von Tir, der in<br />

La Chapelle geboren wurde und seine Hausfrau Maria. Paten sind<br />

• Abraham Fouquet, Bürger Otterbergs<br />

• Jean Villiard (Veillard) von Erlenbach und


113<br />

• Susanna, die Frau des Peter Veilliard aus Erlenbach und<br />

• Johanna Rousin<br />

1665: Auf dem Gersweilerhof lebte die Familie Hubert Barrier. Seine Ehefrau<br />

hieß Marie le Blanc. Am 19.11.1665 kam ihr Sohn Peter auf die Welt.<br />

Taufzeugen waren Jean Batu und der Onkel Nicole Le Blanc.<br />

1668, am 3.6.1668 brachte wiederum der Klapperstorch den Hofleuten Barier<br />

Nachwuchs auf den Gersweilerhof. Die Tochter bekam den Vornamen Maria.<br />

Taufzeugen waren Peter Baltur, Wilhelm Louis, Catharina Groß und Jean &<br />

René Gourdain. Dem Ehepaar wurde am 5.11.1671 nochmals eine Tochter<br />

geboren, die den Vornamen Eva Magdalena (Matalena) erhielt. Die Taufzeugen in<br />

1671 waren die Herren Pirroth (Pierrot) und Gottfried Le Blanc. Den Herren<br />

standen zur Seite Magdalena Toler (Toller) Tochter des Andreas T und Eva Negin<br />

von Lautern.<br />

1670: am 20.2.1670 wurde dem Erlenbacher Ehepaar Johannes und Elisabetha<br />

Kaufmann die Tochter Susanna Catharina geboren. Taufzeugen waren Susanna,<br />

die Hausfrau des Jacob Backé (Pasquai, 1665 Steuerzahler in Otterberg) und<br />

Catharina und Caspar Becker<br />

1670: am 13.11.1670 war Caspar Becker Schultheiß in Erlenbach. Er und<br />

seine Ehefrau Catharina waren Taufzeugen des Caspar Meyer. Seine Eltern Jacob<br />

und Maria wohnten in Morlautern.<br />

1674: In Erlenbach lebte das Tagelöhner-Ehepaar Jacob und Magdalena<br />

Hoffmann. Am 13ten Juni gebar die Mutter eine Tochter, die den Namen<br />

Elisabetha Catharina erhielt. Paten waren Nicol Huet und der Schweizer Hans<br />

Ber.<br />

1680: 19.10. starb Peter Villiard (Vieillard) wohnhaft in Erlenbach, geboren in<br />

Sedan.<br />

1680: am 8.12.1680 wurde Michael Bremer von Almos bei Augsburg mit<br />

Elisabetha, der Witwe des Johannes Kaufmann, dem gewesenen Einwohner<br />

Erlenbachs copuliert.<br />

1680: am 16.9.1680 starb Peter Vieillard, * um 1630 in Sedan, Er hatte am oo<br />

10.3.1655 Susanne Libauchamp aus Sedan die Tochter des Jean Libauchamp aus<br />

Erlenbach geheiratet.<br />

1683: Hans Jacob Mörsch von Erlenbach (KL # 4893) wurde am 15.3.1683 mit<br />

Apollonia Berck von Grünstadt verheiratet (vgl.. Trippstadt oo 1731)<br />

1684: am 11.11.1684 ehelichte Johannes Jacob, der Sohn des Hofmannes Henrich<br />

Jacob auf dem Gersweilerhof die Tochter des verstorbenen Ludwig Wilking<br />

(Vilcain, Vulcain), der vor 40 Jahren aus Sedan in die Pfalz kam.<br />

1687: am 3.6.1687 heiratete Hans Nicolaus Becker von Erlenbach die Anna Engel<br />

Kremer von Otterbach.<br />

1688: am 8.1.1688 wurde Paulus Zuchtmann von Otterberg mit Anna Ottilia<br />

Jacob vom Gersweilerhof copuliert. Ihr Bruder Hans Wilhelm kam elf Monate<br />

später unter die Haube. Sein jüngerer Bruder Jacob Zuchtmann oo 29.11.1688<br />

Elisabetha Spiß (Spieß, Spies) von Schallodenbach.<br />

1688, Hans Wilhelm Jacob vom Gersweilerhof ehelichte Anna Catharina Beyer<br />

113


114<br />

114<br />

5.4. Immer wieder Kriege<br />

Kaum war Frieden, die Einwanderer hatten sich eingewöhnt und die Pfalz war<br />

aus dem Gröbsten heraus, ging es wieder rund. Zuerst die<br />

• Holländischen Kriege 1672 - 1678, dann folgten<br />

• die Reunionskriege 1680 - 84, dann<br />

• der Pfälzische Erbfolgekrieg 1688 – 1699 und zuletzt<br />

• der Spanische Erbfolgekriege bis 1714.<br />

Alle Schlachten fanden hier im Südwesten statt. Überall hatte Ludwig XIV seine<br />

Finger drin und versuchte seinen und Frankreichs Einfluss zu mehren. Der Rhein<br />

als natürliche Ostgrenze Frankreichs war eins seiner Ziele. Auch da war ihm jedes<br />

Mittel recht.<br />

Die Kriege Ludwigs XIV.<br />

Devolutionskrieg (1667/68): Nach dem Tod seines Schwiegervaters, Philipp IV.<br />

von Spanien, erhob Ludwig Anspruch auf die südlichen Provinzen der spanischen<br />

Niederlande. Begründet wurde der Anspruch durch das 'Devolutionsrecht'<br />

(einem rein privaten Vorzugsrecht, das im Erbfall für die Kinder erster Ehe in<br />

einigen Teilen der spanischen Niederlande galt). Als 1667 französische Truppen<br />

unter dem Feldmarschall 187 Turenne in die spanischen Niederlande<br />

einmarschierten, verbündeten sich diese mit England und Schweden. Der König<br />

brach das Unternehmen ab und behielt im Frieden von Aachen (1668) die Städte<br />

Lille und Dünkirchen.<br />

5.5. Von Brandschatzung & Mord<br />

1673 – 1674 (von Marschall Turenne)<br />

im „Holländischen Krieg“ (1672 - 1678)<br />

übersetzt von Detlef Uhrig<br />

Streng genommen war dies der dritte Holländische Krieg. In Geheimgesprächen<br />

kam zwischen England und Frankreich eine Kriegsallianz zustanden, um den<br />

Holländern den Garaus zu machen. Die beiden wollten die „Generalstaaten“ unter<br />

187 ) Turenne wurde 1611 geboren. Mit 15 Jahren wurde er Kadett, dann diente er vier Jahre als<br />

Kapitän, 1630 bis 1634 als Oberst, von 1635 – 1638 war er Feldmarschall unter de la Valette, 1638<br />

– 1643 Generalleutnant. Am 24.9.1643 sandte ihm die Königin den Feldmarschallstab. Bis dahin<br />

hatte er unter mehreren Generälen gedient und von ihnen gelernt. (Turenne, a.a.O. S. 85 )


115<br />

sich aufteilen. Der 21jährige Wilhelm von Oranien erkannte die Gefahr, dass es<br />

um die Existenz Hollands ging. Die Holländer wurden von Franzosen und<br />

Engländern zunächst fast überrannt. Als es dem Generalstatthalter Hollands,<br />

Wilhelm III. von Oranien, gelang, eine Koalition mit dem Kaiser, dem<br />

Deutschen Reich, Brandenburg, der Kurpfalz und Spanien zustande zu bringen,<br />

verstärkte sich der Widerstand. Als nächstes beseitigte er die zerstrittene<br />

Admiralsführung und machte aus der holländischen Marine eine wirksame<br />

Seemacht unter der Führung de Ruyters. Zwei Jahre lang lieferten sich englische<br />

und holländische Kriegsschiffe Seeschlachten mit wechselndem Ausgang.<br />

England brauchte 2 Jahre, um zu erkennen, dass Frankreich der lachende Dritte<br />

war. Im Frieden von Westminster und Breda klärten Holland und England die<br />

Streitpunkte. Ab 1774 unterstützte England die Allianz Hollands mit Dänemark &<br />

dem Kurfürst der Pfalz und mit dem Deutschen Kaiser<br />

Nun musste Ludwig XIV seine Kriegsziele allein erreichen. Er war selbstbewusst<br />

genug, nicht klein beizugeben. Warum auch? Er hatte gut ausgebildete Truppen,<br />

die unter hervorragender Führung stand. Der Krieg, die Schlachten fanden überall<br />

zwischen Basel und der Nordsee statt. Der Oberbefehlshaber Henri Turenne 188<br />

war während der 6 Jahre laufend unterwegs, nur unterbrochen von den<br />

entbehrungsreichen Winterlagern. Auf etwa 100 Seiten seines dicken 1.<br />

Buchbandes 189 beschreibt er diese hektischen und blutigen Jahre. Und dabei ging<br />

keiner mit Glacéhandschuhen vor. Auf wenigen Seiten seines Buches S. 512<br />

folgende wird er sehr konkret. Aber was ist Ursache und Wirkung? Die<br />

nachstehenden Textstellen betreffen alle das Jahr 1674. Sie sind alle auf<br />

Französisch geschrieben und von mir übersetzt worden. Turenne schreibt von<br />

sich in dritter Form = er.<br />

Turenne war von Basel aus nach Hochfeld in der Nähe von Saverne (Zabern)<br />

marschiert. Er musste sich beeilen, wenn er die Truppenvereinigung des<br />

Herzogs von Lothringen und des Grafen Caprara vereiteln wollte. Los ging<br />

es am 12. Juni. Er nahm die Kavallerie mit, die er auftreiben konnte und 1.500<br />

Mann Infanterie, die ohne Gepäck marschieren mussten, um schnell voran zu<br />

kommen. In nur zwei Tagen war er am Ziel. Aus Philippsburg nahm er sechs<br />

Kanonen mit und seine Soldaten fassten für drei Tage ihre Lebensmittel.<br />

Mittags, am 14. Juni überquerte er bei Philippsburg auf einer Bootsbrücke<br />

den Rhein. Er hatte sich mit den Regimentern Baupré und Calvo, die<br />

Dragoner des Fay und die Bataillone Douglas, Plessis und de La Ferré<br />

verstärkt. Und das Bataillon Picardie, es bestand aus verschiedenen<br />

Kompanien junger Soldaten. Diese Truppen hatten bereits in Philippsburg<br />

gelegen. Die Schlacht war am 16. Juni. Die Kaiserlichen hatten sich zwischen<br />

188 ) Henri Vicomte de Turenne, geboren in Sedan am 11.9.1611. Seine Eltern waren Henri de la<br />

Tour d´Auvergne, Herzog von Bouillon, Herr von Sedan & der Elisabetha von Nassau, Tochter<br />

des Wilhelm von Nassau, des Prinzen von Nassau und der Charlotte von Bourbon Montpellier.<br />

Sein Vater war der Großonkel des Kurfürsten Karl Ludwig. 1636: In dem Eroberungskampf um<br />

Saverne ging Turenne heldenhaft vor seinen Soldaten her, überquerte Palisaden und Gräben und<br />

stieg durch die Bresche. Am letzten Tag des Eroberungskampfes wurde Turennes rechter Arm<br />

durch eine Musketenkugel zerschmettert und fast amputiert.<br />

189 ) Sein Buch „Histoire“ = Geschichte wurde 60 Jahre nach seinem Tod in Paris 1735 veröffentlicht.<br />

Seine Aufzeichnungen enthielten viele politische und diplomatische Geheimnisse. Deshalb musste<br />

so eine lange Sperrfrist eingehalten werden. Im Band II wird sein wichtiger Briefwechsel mit den<br />

Spitzenpolitikern der damaligen Zeit publiziert.<br />

115


116<br />

116<br />

dem Wald und der Festung Sinsheim 190 verschanzt. Aber Turenne jagte sie<br />

geschickt aus ihren Stellungen. Der Sieg gehörte ihm und seiner Armee 191 .<br />

Die Feinde wurden in Richtung Norden bis hinter den Neckar gejagt. Der<br />

Vicomte glaubte, den Rhein wieder überqueren zu müssen, um die<br />

Maßnahmen der Feinde besser beobachten zu können. Außerdem wollte er<br />

alles Mögliche auf französischer Seite tun, um zur gleichen Zeit die Armee aus<br />

den pfälzischen Gegenden zu versorgen, die bisher am meisten verschont<br />

worden waren. Zuerst schickte er einige Kavallerie zum Plündern nach<br />

Wistock und passierte Mingelsheim, wo die Armee zwei Tage blieb. Dann<br />

erst überquerte er den Rhein bei Philippsburg, wo er die vier Bataillone ließ,<br />

die er wenige Tage vorher dort abgezogen hatte. Dann ging er nach Lachen um<br />

dort zu lagern. Es war ein großes Dorf in einer sehr fruchtbaren Ebene, das<br />

Lebensmittel und Wein im Überfluss liefern konnte. Lachen liegt 1 ½ Meilen<br />

von Neustadt entfernt Dort erfuhr seine Armee eine Verstärkung von 16<br />

Bataillonen, die aus 6.000 Pferden in vier Brigaden bestand, außerdem zwei<br />

Regimenter an Dragonern des Königs und der Königin. So wuchs seine Armee<br />

auf 16.000 Mann an. Während des Lageraufenthaltes in Lachen, schickte er<br />

mehrere Erkundungsabteilungen in alle Richtungen. Außerdem ließ er den<br />

Übergang in die Berge erkunden und nach einem Gewaltmarsch<br />

(Scheinangriff) in Richtung Kaiserslautern auf der anderen Seite des<br />

Gebirges, ließ er am 3. Juli seine Armee direkt auf Philippsburg<br />

zumarschieren. Dort nahm er die vier Bataillone wieder auf und überquerte<br />

dort den Rhein aufs Neue auf 20 Pontons. Bei Hockenheim schlugen sie für<br />

eine Nacht ihr Lager auf. Am nächsten Tag ging es nach Norden. Bei<br />

Weiblingen am Neckar, südlich nur 1,5 Meilen von Ladenburg entfernt, ließ er<br />

sie in Sichtweite der Kaiserlichen lagern.<br />

Die Kaiserliche Armee hatte sich nach ihrer Flucht bei Heidelberg wieder<br />

gesammelt. Bei ihrem Marsch auf Worms stießen die Truppen des Herzog von<br />

Bournonville zu ihnen. Insgesamt waren jetzt 13.000 bis 14.000 zusammen,<br />

die hinter dem Neckar postiert wurden. Die Verteidigungslinie ging von<br />

Ladenburg bis nach Mannheim. Sie hatten fünf Tage bei Ladenburg gelagert<br />

und die Stadt inzwischen verschanzt: Batterien waren angelegt und alle<br />

notwendigen Vorsichtsmaßnahmen unternommen, um sich gegen den<br />

Durchmarsch der Franzosen erfolgreich stemmen zu können. Aber vergebens,<br />

Turenne hatte einige Erkundungstrupps über den Neckar geschickt, die nach<br />

ihrer Rückkehr ihren Feldmarschall Turenne ein exaktes Bild über die Stärke<br />

und Lage der Kaiserlichen geben konnten. Die Herzöge von Lothringen und<br />

de Bournonville waren über diese Dreistigkeit sehr erstaunt. Wegen der<br />

erfolgreichen Reiterattacken 192 konnte sich die Kaiserliche Armee dort nicht<br />

halten und sie zogen sich über die schmale Bergstraße in Richtung Frankfurt<br />

zurück.<br />

Am 9. Juli 1674 nahm die Französische Armee Ladenburg kampflos ein, um<br />

dort zu lagern. Dies ist der Ort, wo Marschall de Turenne nach dem Rückzug<br />

der Kaiserlichen endgültig Herr in der Pfalz wurde (Denn er hatte bereits am<br />

190 ) Sinsheim liegt zwischen Philippsburg und Heilbronn. Es ist der Ort, in dem heute das<br />

Technikmuseum ist. Turenne schreibt damals „Sintzheim“<br />

191 ) In seinem Buch Histoire (= Geschichte) schildert Turenne sehr ausführlich den Schlachtverlauf<br />

und wie er den Sieg errang. Zur Darstellung gehört eine zweiseitige Schlachtskizze<br />

192 ) Turenne beschreibt diese Husarnritte auf Seite 511.


117<br />

16.6.1674 in der Schlacht bei Sinsheim die Kaiserliche Armee unter dem<br />

Kommando des Herzogs von Lothringen und des Grafen Caprara geschlagen<br />

und sie nun aus der Kurpfalz total hinausgekickt). Er ließ seine Truppen (nach<br />

den vorhergehenden Gewaltmärschen und Anstrengungen) im Müßiggang<br />

leben. Sie verbrauchten in weniger als drei Wochen derartig viele<br />

Lebensmittel, die Futtervorräte und die ganze Ernte des Landes, dass es den<br />

Feinden unmöglich war, sich dort zu ernähren 193 . Daraufhin gab die Mehrzahl<br />

der Bauern, Haus und Hof auf und sie verließen das Land. Sie wollten sich<br />

auch für diese Untaten rächen. Sie übten danach unglaubliche Grausamkeiten<br />

an allen Französischen Soldaten aus, derer sie habhaft werden konnten. Sie<br />

grillten einige über einem kleinen Feuer. Der Kopf war nach unten über die<br />

heiße Glut aufgehenkt. Und so ließen sie sie sterben. Anderen rissen sie das<br />

Herz und ihre Eingeweide heraus und anderen stachen sie die Augen 194 aus<br />

oder verstümmelten sie auf andere schlimme Weise. Danach stellten sie die<br />

geschundenen Leichen an Hauptwegen aus. Die Französische Armee sah diese<br />

Zurschaustellung an mehreren Stellen entlang ihres Marsches. Die<br />

Französischen Soldaten waren über diese Unmenschlichkeiten so entsetzt,<br />

dass sie sich ihren Rachegefühlen überließen“.<br />

Unsere Soldaten gerieten durch diese Schandtaten außer Kontrolle. Sie rasten<br />

wie die Furien mit ihrem Flammenschwert in der Hand durch die Gegend<br />

und brannten eine Menge von Burgen und Städten nieder. Und selbst kleine<br />

Dörfer mussten dran glauben. Ihre Rachgier war so grenzenlos, dass selbst die<br />

Offiziere sie nicht mehr zurückhalten konnten. Ohne die Drohungen &<br />

Befehle Turennes wären die furiosen Plünderungen und Übergriffe nicht zu<br />

stoppen gewesen (denn sonst hätten sie das ganze Land vernichtet). Er ließ<br />

exemplarisch die bestrafen, die mit der Feuerbrunst angefangen hatten. Aber<br />

er konnte sie nicht zum Tode verurteilen, ohne einen Aufstand zu riskieren.<br />

Und er gewann die Disziplin zurück, indem er Strenge, aber auch Großmut<br />

walten ließ“.<br />

Sein Gegner Kurfürst Carl Ludwig 195 , sein (Groß)Neffe, schickte ihm einen<br />

bitterbösen Brief (Appel) und machte ihm heftigste Vorwürfe. Der Herold<br />

193 ) Allerdings hatte bereits vorher die große kaiserliche Armee von fast 14.000 Soldaten die<br />

Gegend schon ausgeräumt. Da konnten Turennes Truppen nicht mehr allzu viel herausholen.<br />

194 ) Das Augen ausstechen war mit Sicherheit schon seit Jahrhunderten ein probates Mittel der<br />

Bestrafung bzw. des Terrors. In dem Buch „Der deutsche Bauernkrieg von Dr. Günther Franz,<br />

Berlin 1926“ Seite 341, 342 fand ich beispielsweise diese Bestrafungsart: Der Scharfrichter<br />

Augustin von Kitzingen erhielt für das Enthaupten 2 Gulden, für Finger abschlagen und Augen<br />

ausstechen jeweils 1 Gulden. Für Meister Augustin war es ein gutes Geschäft. Neben seinem<br />

Monatssold von 8 Gulden stellte er dem Markgrafen 80 Enthauptungen in Rechnung und stach<br />

69 Bauern die Augen aus und hackte ihnen zudem die Finger ab. Diese Exekutionen erfolgten<br />

ohne Gerichtsurteil, nur auf Befehl des Markgrafen<br />

195 Carl Ludwig ahnte, dass die Kurpfalz schutzlos Frankreich ausgeliefert war. Er glaubte,<br />

Familienbande könnte Land und Leute vor franz. Zerstörung schützen und verheiratete 1671<br />

seine 19jährige Tochter Elisabeth Charlotte (Liselotte von der Pfalz * 27.5.1652) mit dem<br />

Herzog Philipp I. von Orléans, dem Bruder des französischen Königs Ludwig XIV. Aber bereits<br />

1674 hauste Turenne in der Kurpfalz, wie wenn es Feindesland wäre. Leider erwiesen sich Carl<br />

Ludwigs Überlegungen als total falsch. Der Erbschaftsvertrag mit Frankreich diente jedoch<br />

nicht der Stabilisierung, sondern bewirkte das genaue Gegenteil. Denn nach seinem Tod in 1680<br />

und dem frühen Tod seines Sohnes Kurfürst Carl in 1685 leitete Ludwig XIV., Erbansprüche für<br />

seine Schwägerin ab, denn die Simmersche Kurlinie war in der Manneslinie ausgestorben,<br />

Louis XIV. forderte für seine Schwägerin und somit für Frankreich die Kurpfalz. Als diesen<br />

Ansprüchen nicht nachgegeben wurde, kam es nach 3jährigen Verhandlungen zum Pfälzischen<br />

Erbfolgekrieg, in dem das Territorium der Kurpfalz teilweise wiederum verwüstet wurde.<br />

117


118<br />

118<br />

war von einem Trompeter begleitet. Darin forderte er Turenne um<br />

Menschlichkeit und Rücksicht für seine Untertanen. Der Brief stammte vom<br />

27.7.1674 und war in Friedrichsburg verfasst worden. Er schrieb unter<br />

anderem:<br />

Ich glaube annehmen zu müssen, dass diese Schandtaten auf Eueren Befehl<br />

geschehen sind. Diese Vorkommnisse sind so außergewöhnlich und so<br />

unwürdig für einen Mann Euerer Qualität. Und ich kann mir dafür kaum die<br />

Gründe vorstellen. Jedermann ist über diese Handlungen so erstaunt. Ihr habt<br />

schon oft in meinem Land verschiedene Kriegszüge geführt, aber niemals ist<br />

von Eueren Truppen vergleichsweise Schlimmes geschehen. …..Es ist<br />

erschreckend, mit welcher Rücksichtslosigkeit die Orte angesteckt und in<br />

Asche gelegt werden, die die Kontributionszahlungen verweigert hatten.<br />

Mehrere Gefangene haben mir versichert, dass Ihr sie an meinen Bauern sich<br />

rächen lasst, indem Ihr behauptet, die toten Körper Euerer Soldaten seien von<br />

ihnen verstümmelt worden. Ähnliches hat man an den Gefangenen gemacht,<br />

die man in den Gefängnissen der Bischöfe von Straßburg und Speyer festhielt,<br />

um Euch einen Vorwand für Rache zu geben. …. Diese anwachsenden<br />

Strafaktionen widersprechen dem Christentum und lassen mich glauben, dass<br />

Euer Wandel aus irgendeinem Ärger und Verdruss über mich herrührt. Ich<br />

denke, während Ihr nichts für diese Elenden etwa übrig habt, Der Sehr<br />

Christliche König ließ Euch den Freiraum, damit Ihr Euch an mir befriedigen<br />

könnt. Dies ist (wohl) für Euch ein wertvolleres Gefühl als der Ruin & Elend<br />

meiner unglücklichen Untertanen. …Ich habe nur ein Gefühl der Rache, das<br />

ich meinem Land schulde. Wenn ich könnte, würde ich mich an die Spitze<br />

einer Armee stellen, vergleichbar wie Ihr sie habt. Aber ich kann um keine<br />

andere Rache als die des Himmels flehen. Aber sie erscheint mir gewaltiger,<br />

als die ihr aus meiner Hand erfahren könnt. Euer Vater, mein Großonkel in<br />

seiner Ungnade, den ihr so oft ruiniert habt, sei der Zeuge Euerer Reue, wie er<br />

es während Euerer Unverschämtheit und Maßlosigkeit ward. Gezeichnet. Carl<br />

Ludwig, Kurfürst der Pfalz.<br />

Der 63jährige Marschall Turenne beantwortete dieses Schreiben Er schrieb<br />

sachlich in 6 Zeilen, „Sie können versichert sein, die Feuer wurden ohne jeden<br />

Befehl gelegt. Die tot aufgefundenen Soldaten hätten ihre Kameraden derart<br />

erregt, dass sie derart außer Rand und Band gerieten, dass nichts mehr zu<br />

verhindern war“<br />

Turenne fuhr fort (S. 516) Nachdem wir alle Lebensmittel konsumiert hatten<br />

und alles was den Feinden in diesem Teil der Pfalz rechts des Rheins hätte<br />

dienen können, überquerten wir am 28. Juli wieder den Fluss bei<br />

Philippsburg. Wir lagerten (zum zweiten Mal) in Lachen, eine und ½ Meile<br />

von Neustadt (Weinstraße) entfernt, folglich auch in der Nähe von Landau<br />

und Weißenburg, wo wir uns länger als einen Monat aufhielten. Während<br />

dieser Ruhezeit, ergriff die Seuche unsere Armee. Es verging kein Tag, an<br />

dem ich die Kranken nicht besucht hätte. Ich unterstützte sie, indem ich mich<br />

immer wieder um die Sorgen und Bedürfnisse meiner „Kinder“ kümmerte. Ich<br />

sprach mit einer noblen Fürsorglichkeit zu ihnen. Und hierin erkannte man<br />

meine Güte für meine Soldaten. Und Turenne schrieb, sie hätten kaum Geld<br />

gehabt, um sich zu versorgen. Also was tun? In der Ortschronik von Lachen<br />

- Speyerdorf finden wir folgenden Satz:“ Neustadt und Lachen wurden von<br />

den Franzosen ausgeplündert und verwüstet“ 196 .<br />

196 ) Arbeitsgemeinschaft Lachen- Speyerdorf, Beiträge zur Ortschronik, Neustadt 1994, S. 62


119<br />

In und um Landstuhl hausten nach den verlorenen Schlachten von Sinsheim &<br />

Ladenburg Lothringische Truppen. Entsprechend der damaligen<br />

Rechtsauffassung und Infrastruktur war das Umland gezwungen, die<br />

kaiserlichen Truppen zu ernähren, wo es noch nicht einmal für die eigene<br />

Bevölkerung langte. Herumstreifende Reitergruppen plünderten, was sie<br />

fanden. Sie kamen bis in die Nordpfalz. Glück hatte, wer sich hinter die<br />

sicheren Stadtmauern Lauterns retten konnte oder Zuflucht hinter massive<br />

Burgmauern Schallodenbachs und Reipoltskirchen fand. Obwohl<br />

Kaiserslautern diesmal weitgehend verschont blieb, verdoppelte die<br />

Pfalzgräfin Maria Eleonora 1674 die Steuern, um etwas mehr Geld für die<br />

Sicherheit ausgeben zu können, aber die Stadtbefestigung Otterbergs war<br />

1674 immer noch nicht abgeschlossen.<br />

Nachdem Turenne am 26.7.1675 bei Sasbach/Offenburg ums Leben kam, war es<br />

mit der militärischen Überlegenheit vorbei. Frankreichs Truppen wurden über den<br />

Rhein zurück gedrängt.<br />

5.6. Französische Raubzüge 1676/77<br />

1676 Fortsetzungen der Zerstörungen im linksrheinischen Gebiet. Streifzüge<br />

durch den Westrich, Misshandlungen der Bewohner in und um Zweibrücken,<br />

Kaiserslautern und bei Bergzabern. In der Umgebung von Neustadt werden<br />

Dörfer geplündert und eingeäschert.<br />

April 1677: Die kaiserlichen Truppen überschritten bei Oppenheim den<br />

Rhein und drängen über Kreuznach, Lauterecken die Franzosen ins Saarland<br />

zurück. Auf dem Rückzug richteten die Franzosen überall planmäßige<br />

Zerstörungen an. Sie waren noch im April auf Raubzügen in Albisheim.<br />

Deshalb nahm Pfarrer Koch wegen der Kriegsgefährlichkeit nur noch Taufen<br />

zuhause vor. Beim Taufeintrag der Anna Catharina Diefenbach vermerkte er<br />

dies: Das Kind kam auf dem Heyerhof zur Welt Gevattern waren Anna<br />

Catharina Busch, Tochter des verstorbenen Johannes Busch und deren<br />

Mutter Anna Christina, Jacob Mertens vom gleichen Hof und seine Hausfrau.<br />

Das Schloss und die Stadt Zweibrücken werden geplündert und das Schloss in<br />

die Luft gesprengt. In der Umgebung von Zweibrücken, wie im Oberamt<br />

Lichtenberg und in der Vorderpfalz bei Bergzabern plündern und verwüsten<br />

franz. Soldaten die Dörfer. Vor den kaiserlichen Truppen müssen sie sich<br />

hinter Saarbrücken zurückziehen.<br />

17.4.1677: Die Franzosen brennen Saarbrücken nieder. Die sich<br />

anschließenden Kämpfe verlieren die kaiserlichen Truppen und ziehen sich<br />

deshalb über Kaiserslautern zurück 197 .<br />

25.11.1677, „wegen Kriegs Unruhe haben Hans Jacob Walther und seine<br />

Hausfrau Anna Maria (Fritz) im Schloss Schallodenbach ein Söhnlein auf<br />

den Namen Johann Cornelius getauft“.<br />

im Januar 1678 ist diese Notiz ins Kirchenbuch eingetragen worden: „Wentz<br />

Thielen (Diehl) von Mehlbach, jetzo aber wegen Kriegs Troublen zu<br />

197 ) Quelle dieses Artikels: Die Saarpfalz als Kriegsschauplatz seit drei Jahrhunderten, Sonderdruck,<br />

Band 3, Autor unbekannt, 1939, S. 13 ff (Pfalzbibliothek ZM 5771)<br />

119


120<br />

120<br />

Niederkirchen bey seinem Schwager Johannes Wildten sich aufhaltend, ein<br />

Söhnlein getauft“<br />

Im Frieden von Nymwegen (1678/79) erhielt Frankreich 10 elsässische<br />

Reichsstädte, die Freigrafschaft Burgund und die heutigen nordfranzösischen<br />

Städte Cambrai, Valenciennes. Holland erhielt sein Land zurück und<br />

Frankreich fühlte sich strategisch gefestigt. Ludwig XIV. hielt es angesichts<br />

seiner Machtfülle und der gleichzeitigen Schwäche des Deutschen Reiches<br />

nicht mehr für nötig, weitere Kriegserklärungen ergehen zu lassen.<br />

Nach dem Abzug der Franz. Truppen in 1678 und dem Friedensschluss von<br />

Nymwegen kam zuerst die Familie Herr und Frau Pierre de L´Eau mit ihren<br />

zwei Kindern nach Otterberg. Pfarrer Charles Faucher machte auf Seite 300<br />

folgende Einträge<br />

Dies sind Proselytes = Neubekehrte, die das Licht der Wahrheit favorisieren,<br />

die den Irrweg verlassen und dem Beispiel des Vaters der Gläubigen gefolgt<br />

sind. Sie folgen den Bewegungen ihrer Überzeugungen und werden umarmt<br />

von der Liebe unserer christlichen Religion. Sie bekannten sich in<br />

Anwesenheit unserer Kirchengemeinde:<br />

Pierre de L´Eau, (Peter Wasser), seine Frau und seine 2 Kinder empfohlen<br />

durch Herrn Pfarrer Ancillon, Pfarrer von Metz und Herrn Pfarrer Poitem<br />

von Mannheim und durch Herrn Porctevin ? an Herrn Pfarrer Charles<br />

Faucher (Pastor von Otterberg von 1678. Die Familie hat die Gegend von<br />

Noyan in der Picardie verlassen und hat der katholischen Kirche<br />

abgeschworen und. Sie wurden von unserer christlichen Religion umarmt und<br />

in Anwesenheit unserer Kirchenversammlung am 1. September 1679<br />

aufgenommen.<br />

zwei junge Männer, die auch am 1.9.1679 in die franz. Gemeinde Otterbergs<br />

ausgenommen wurden. Dies waren Pierre Cendre und Pierre Guillaume,<br />

beide aus Micheroux und junge Männer aus Raucourt.<br />

5.7. Das Revokationsedikt von<br />

Fontainebleau<br />

1685, 18. bis 22. Oktober, der Sonnenkönig hielt sich in seinem Jagdschloss<br />

Fontainebleau auf. Wilde Ausritte, Konzerte, Opern und prächtige Bälle<br />

wechselten einander ab. Und dazwischen fand Politik ihren Platz, oft nur unter<br />

vier Augen. Da und dort mal ein stummer Impuls und Ludwig XIV dirigierte sein<br />

Frankreich. Mit diktatorischer Gewalt fegte er im Revokationsedikt von<br />

Fontainebleau die letzten verbliebenen Religionsfreiheiten der Hugenotten aus<br />

dem Edikt von Nantes vom Tisch. Ludwigs Wort war Gesetz und keiner wagte es<br />

mehr, ihm zu widersprechen.<br />

Nun war sogar die Ausübung des reformierten Bekenntnisses überall, auch zu<br />

Hause verboten. Die Kinder mussten katholisch getauft und erzogen werden. Er<br />

wies die Polizei an, alle reformierten Gotteshäuser zu zerstören. Die reformierten<br />

Pfarrer hatten innerhalb von 14 Tagen ihre Bündel zu packen und das Land zu<br />

verlassen. Sie hätten auch abschwören können. Den Gläubigen war die<br />

Emigration bei schwerer Galeerenstrafe verboten und den Frauen drohte bei


121<br />

Flucht eine lebenslange Haftstrafe. Da überlegte es sich mancher, ob er nicht<br />

wechseln sollte. Denn katholisch zu sein, tut ja bekannter weise nicht weh.<br />

Im November 1685 verschärfte der französische Kriegsminister Louvois die<br />

Zwangsmaßnahmen. Zuerst sollten die Soldaten in den Häusern und Dörfern der<br />

Hugenotten recht zügellos hausen. Besonders brutal waren Zwangsadoptionen, so<br />

wie sie später auch die DDR praktizieren ließ.<br />

1686, im Januar: auf königlichen Befehl wurden den Eltern ihre Kinder<br />

zwischen 5 und 16 Jahren weggenommen und streng gläubigen Katholiken zur<br />

Erziehung übergeben. Mit heimlich zurückgekehrten Pfarrern machte der<br />

Schultheiß kurzen Prozess. Ruck, Zuck und man knüpfte das schwarze Schaf für<br />

jeden sichtbar am Marktplatz oder im Stadttor auf. Sollte ein Bürger auch nur aus<br />

Gutmütigkeit verzweifelten Auswanderern helfen, dann musste auch er mit der<br />

Todesstrafe rechnen. Die Denunziation blühte, denn es gab hohes Kopfgeld. Aber<br />

dennoch, die Freiheit lockte und so wollten die Protestanten nicht weiterleben.<br />

Die Verwandten der Autoren Partoy stammen aus Metz. Im Sommer 1687<br />

hatten sich mehrere Familienmitglieder in Geheimsitzungen verabredet, in die<br />

nahe Pfalz zu flüchten und dort ihr Leben neu zu organisieren. Sie hatten alles gut<br />

vorbereitet. Und anfangs lief es auch wirklich gut. Sie marschierten nur nachts<br />

und schliefen tagsüber im Wald. Sie hatten getrocknete Früchte dabei, um zu<br />

überleben. Sie mieden alle Dörfer. Dann kamen sie auf Zweibrücker Land und<br />

dort dachten sie, sie seien in Sicherheit. Sie atmeten auf. Doch weit gefehlt.<br />

Zweibrücken war im Zuge der Reunionskriege französisch besetzt und die<br />

Besatzer spürten sie in einer Hütte auf. Die Männer wehrten sich mit ihren Waffen<br />

gegen ihre Festnahme und dabei töteten sie zwei franzosische Soldaten. Doch sie<br />

wurden überwältigt und nach Metz ins Gefängnis überbracht. Am 21. Dezember<br />

1687 wurden die vier Männer auf dem Seille-Platz in Metz öffentlich<br />

hingerichtet. Das Hab und Gut der Hingerichteten wurde zugunsten der<br />

Staatskasse beschlagnahmt. Die älteren Söhne und Töchter kamen in<br />

Erziehungsanstalten und die Frauen verschwanden lebenslang in dunklen<br />

Türmen. 198<br />

Das grausame Vorgehen der französischen Polizei und des Militärs löste eine<br />

Massenflucht von bis zu 200.000 gut ausgebildeten Hugenotten aus, die mit<br />

offenen Armen in der Pfalz, Hessen und vor allem in Preußen aufgenommen<br />

wurden und dort mit ihrer mitgebrachten Fortschritts-Technologie Manufakturen<br />

gründeten.<br />

5.8. Die Einwanderungen von 1685/88<br />

(von Charles Faucher, Otterberger Pfarrer)<br />

Aufgrund des Terrors flüchteten Massen von Franzosen. Im Französisch<br />

Reformierten Kirchenbuch Otterbergs findet die Einwanderung folgenden<br />

schriftlichen Niederschlag:<br />

198 ) Detlef Uhrig, genealogische Recherche<br />

121


122<br />

122<br />

Januar 1684; Charles Antoine Conaer aus Lothringen hat unsere Religion in<br />

Anwesenheit unserer versammelten Kirchengemeinde angenommen.<br />

Die große Masseneinwanderung war 1685 aus Monts en Honau (lt Faucher)<br />

Mit diesen Menschen zog Pfarrer Charles Faucher 1689 dann nach Holzappel.<br />

(Aus Monts waren schon früher Immigranten gekommen. So wird Catharine,<br />

die Tochter des Jean Colas aus Monts am 15.6.1656 als Patin genannt. Diese<br />

frühen Einwanderer zogen andere nach!)<br />

1685 Einwanderungsverzeichnis<br />

im Originaltext sind die Namen unsortiert<br />

Abmand, Philippe<br />

André, Pierre<br />

Augustin, (ohne Vornamen)<br />

Benoit, George<br />

Blanquet, Jeean und Pierre<br />

Cornet, Jean<br />

de Hon, Lambert<br />

de la Forge, Michael<br />

Dieu, Pierre und Jean<br />

du Mont, Claude<br />

Du Pont, Simon<br />

Flamand, Antoine und Lambert<br />

Flandrin, Pierre, geboren in Tierrasse, genauso wie seine Frau<br />

und seine zwei Kinder<br />

Foyé, Nicolas und Pierre<br />

Maton, Antoine<br />

Mercier, Lambert, Jean, Lambert aus Bussi & André<br />

Poitier, George<br />

Roger, Pierre<br />

Syplis, Jean<br />

Urbain, Jaques, der Alte<br />

Urbain, Jaques, der Junge<br />

Urbain, Jean<br />

Villain, Vincent, Charles, Jean, Pierre und Louis<br />

(Diese) sind geboren, aufgezogen in der Romanischen Kirche<br />

nahe Monts en Honau, Niederlande, die mit ihren Familien, die<br />

Zahl von ungefähr 150 Personen ausmachen, haben im<br />

Jahr 1685 unsere Religion angenommen.<br />

1687 Jean Riffler<br />

hat unsere Religion an Ostern 1687 angenommen


123<br />

18.1.1688 Jacob Philippe de la Fouchardière,<br />

geboren in Nevers, Trigonometres ist am 18. Jan. 1688<br />

hier passé<br />

Kirchliche Vorschriften<br />

1673 – 1683 scheinen für Otterberg und Erlenbach stabile Verhältnisse gebracht<br />

zu haben, obwohl es in der Vorderpfalz, im Mannheimer Raum und auch im<br />

Westrich krachte. Dies erkennt man an der Vielzahl von Vorschriften 199 , die die<br />

Regierung der Kurpfalz erließ:<br />

• Die Pfarrer dürfen genau wie die anderen Offiziellen gestempeltes Papier<br />

benutzen (vom 1.2.1673)<br />

• Die Predigten dürfen nicht länger als 1 Stunde dauern. Diese Vorschrift<br />

vom 19.2.1673 wurde sechs Jahre später am 6.2.1679 nochmals durch den<br />

kurfürstlichen Befehl vom 6.2.1679 verstärkt. Der Kurfürst befiehlt<br />

ausdrücklich, dass die Pfarrer nicht länger als eine Stunde predigen dürfen.<br />

Die Zuhörer sind nicht verpflichtet, länger in der Kirche zu verbleiben.<br />

Logischerweise befahl die Polizeiordnung Anwesenheitspflicht während<br />

des gesamten Gottesdienstes. Die Gläubigen konnten die Zeit genau<br />

bestimmen, obwohl sie selbst keine Uhr hatten, denn vom Kirchturm<br />

erklang die Turmuhr stündlich.<br />

• Die Polizeiordnung soll mit den Textstellen IIL 3 v verlesen werden 200 .<br />

Um die polizeilichen Vorschriften zu verinnerlichen, befahl die Regierung<br />

vier Jahre später im Okt 1679, die Gesetze sollten am 1. Tag eines jeden<br />

Jahres (von der Kanzel) neu vorgelesen werden.<br />

• Im Hochzeits-Aufgebot (Proclamation) sollten keine zusammenhanglosen<br />

Dinge genannt werden, sondern nur Fakten, die die Vermählung betreffen.<br />

Das Paar sollte aber drei Florin (Gulden) bezahlen, wenn sie sich<br />

außerhalb ihrer zuständigen Gemeinde trauen ließ (29.6.1673 & 1.4.1677)<br />

• Während des Gottesdienstes darf man auch knien (Okt 1680)<br />

• Im November 1680 erlaubte der Kurfürst eine Kollekte zugunsten der<br />

Schulen im Amt Heidelberg.<br />

5.9. Toleranz & die Kalenderumstellung in<br />

1684 (Joh. Heinrich Bachmann 1764)<br />

Land zu besitzen oder besetzen ist eine Sache, sie geschickt zu verwalten eine<br />

andere. Dies gelingt nur, wenn der Verantwortliche sich in die Situationen<br />

199 ) Ordres du Sénat éclestique, Seiten 270 ff.<br />

200 ) vom 12. Juli 1673<br />

123


124<br />

124<br />

hineindenken kann und den Minderheiten Rechnung trägt. Darin zeigt sich dann<br />

die wahre Kunst, die langfristig Früchte trägt.<br />

1680 setzte Ludwig XIV. die so genannten 'Reunionskammern' ein, die für<br />

Gebiete, die er okkupieren wollte, irgendwelche Rechtsfiktionen aufstellten.<br />

Zahlreiche deutsche Städte wurden mitten im Frieden von französischen Truppen<br />

besetzt (Saarbrücken, Straßburg, Trier u.a.). Er ließ die so genannten<br />

Reunionskammern einrichten. Willfährige Juristen hatten Argumente<br />

herbeigezaubert, die keiner Überprüfung standhielten. Sie hatten den juristischen<br />

Auftrag, die politischen Gebietsansprüche irgendwie juristisch zu untermauern,<br />

um den militärischen Aktionen eine scheinbare Rechtfertigung zu verschaffen.<br />

Eines der Expansionsopfer war das Herzogtum Pfalz-Zweibrücken. Die<br />

Reunionskammer erklärte unser Herzogtum Pfalz Zweibrücken als Teil des<br />

französischen Staatsgebietes. Somit war der Herzog von Zweibrücken Untertan<br />

Frankreichs und sollte deshalb den französischen Treueid schwören. Auch schon<br />

vorher waren die Eigentumsverhältnisse verzwickt. Der schwedische König hatte<br />

Pfalz-Zweibrücken geerbt und war deshalb gleichzeitig dessen Herzog. Jedoch<br />

lebte er fernab von der Westpfalz. Er war auch Monarch, Majestät von Gottes<br />

Gnaden, stand deshalb auf gleicher Augenhöhe wie der Sonnenkönig und lehnte<br />

deshalb das Begehren (Vorgehen) Louis XIV als unverschämt ab.<br />

Der Schwedenkönig war weit weg und konnte nicht helfen. Auch der Deutsche<br />

Kaiser hatte im Osten dringendere Probleme. Er war gleichzeitig Kaiser von<br />

Österreich und ungarischer König. Das Osmanische Reich griff auf Veranlassung<br />

des christlichen Königs Ludwig XIV 1689 Österreich an und bedrohte massiv<br />

Wien.<br />

1684, 12. Dezember: Auch dies geschah unter der Schirmherrschaft Frankreichs.<br />

Ludwig XIV. hatte die Wiedervereinigung (= Réunion) mit dem linksrheinischen<br />

Gebiet angeordnet 201 . Für ihn handelte Monsieur de la Goupillière. Er war<br />

„Intendant“ (= Ministerpräsident) des neuen französischen Departements, das<br />

durch die Ströme Rhein, Mosel und Saar begrenzt war. Er war ein kluger Kopf.<br />

Am 12.12.1684 ordnete er im Namen seiner Majestät des franz. König die<br />

Einführung des Gregorianischen Kalenders an 202 : der genauer die<br />

Sonnenumrundung der Erde erfasst. Dies wissen wir durch den Eintrag des<br />

Pfarrers Dörhagen, Conrad im Heimkirchener Kirchenbuch vom 12.<br />

Dezember 1684.<br />

„Weil im Nahmen Ihro Königlichen Majestät in Frankreich anbefohlen<br />

von Weinachten an auch allhier die neue Zeit zu observieren, als werden<br />

nachgesetzte getauften Kinder, was die Sonntage betrifft, der neuen Zeit<br />

nach gesetzt werden“. Allerdings trauten die reformierten und<br />

lutherischen Pfarrer nicht der neuen, der katholischen Zeitrechnung. Und<br />

deshalb trugen sie über 20 Jahre lang alle Daten parallel mit der<br />

bekannten 10tägigen Verschiebung.<br />

201 ) „Als 1681, die Krone Frankreichs das Herzogthum Zweibrücken unter seine Hoheit gezogen hatte,<br />

so wurde auch gar bald die Katholische Religions-Übung in demselben eingeführt“ Bachmann,<br />

a.a.O, S 204<br />

202 ) Bachmann, Johann Heinrich. a.a.O. S. 204 ff


125<br />

1684, 21. Dezember: Auch dies geschah unter der Schirmherrschaft Frankreichs.<br />

Am 21.12.1684 erließ Monsieur de la Coupellières 203 im Namen seiner Majestät<br />

des franz. König folgende Toleranz-Vorschrift: 204 :<br />

1. In Orten, in denen 2 Kirchengebäude seien, sollte den Katholiken<br />

das kleinere zur Verfügung stehen.<br />

2. Hat der Ort aber nur eine Kirche, wie in Otterberg, dann sollten die<br />

Katholiken in dem Chor ihre Messe halten dürfen, während den<br />

Reformierten der größere Teil, das Langhaus zur Religionsausübung<br />

vorbehalten bleiben solle. Wo es nötig sei, könne auch das Langhaus<br />

vom Chor durch eine Mauer 205 abgetrennt werden, so wie es in der<br />

Abteikirche Otterberg dann auch geschah.<br />

3. Sollte der katholische Pfarrer einen Katholiken in dem Kirchenbezirk<br />

nachweisen, dann müsse dem Priester die Kirche zur Ausübung der<br />

Heiligen Messe geöffnet werden. Diese simultane Nutzung war aus<br />

heutiger Sicht zukunftsweisend, aber damals vielen ein Dorn im Auge,<br />

zumal sich die Pfarrer dann auch noch die Besoldung teilen mussten.<br />

Das tat dann richtig weh!<br />

Auch diese Regelungen wurden Bestandteil des umfangreichen<br />

Friedensvertrages von Ryswyk. Somit verbindlich für alle, egal zweibrückisch<br />

oder kurpfälzisch.<br />

Ein wichtiges Argument war die den Neubürgern gewährte Gewissenfreiheit und<br />

freie Religionsausübung. Das Patent versprach auch die Anstellung von<br />

Schweizer und französischen Predigern, sobald sich genügende Ansiedler<br />

„angepflanzt“ (= dauerhaft niedergelassen) hätten, Dabei sollten jedoch die<br />

bisherigen reformierten Gemeinden ihre deutschsprachige Liturgie beibehalten<br />

dürfen. Daraus entstanden in Otterberg dann drei evangelische Gemeinden, wovon<br />

eine französisch sprachig war.<br />

Das Einwanderungspatent des Kurfürsten war jedoch keine Rechtsreform (jus<br />

reformandi). Es war konform dem Pax Westphalica und der Analogie des<br />

Ryswyker Friedensschlusses 206 . Dadurch gab sich endlich ein Status quo<br />

zwischen den Religionen und die Regelung erzwang einen verpflichtenden<br />

Religionsfrieden. Ehen mit gemischten Ehepartnern erhielten von daher einen<br />

inneren religiösen Frieden, der von außen durch die Pfarrer nicht mehr gestört<br />

werden durfte. So saßen am häuslichen Tisch die reformierte Erlenbacher Mutter<br />

und ein katholischer Vater. Die Buben wurden katholisch und die Schwestern<br />

wurden reformiert getauft und erzogen. Die gleiche Regelung galt natürlich auch,<br />

203 ) Im Pfälzischen Erbfolgekrieg war Coupillière (Goupillière) wieder in der Pfalz. Am 25.11.1688<br />

nahm er als Intendant die Huldigung des Frankenthaler Stadtrates und Geistlichkeit entgegen. Aus<br />

Amberger Heinz, Dero Stadt Frankenthal, Frankenthal, S. 16<br />

204 ) Bachmann, Johann Heinrich. a.a.O. S. 204 ff<br />

205 ) In der Abteikirche wurde eine 1 Meter starke Trennmauer eingezogen.<br />

206 ) J.O.P. Art VII. Si vero aliqua communitas, eveniente mutationis cafu, domini fui<br />

Religionem amplexa, petierit suo fumtu exercitium, cou princeps cei domininus<br />

addictus est. Liberum esto, sine reliquorum praejudicio ei iliud, induigere, à<br />

successoribus non auserendum.<br />

125


126<br />

126<br />

wenn der Vater lutherisch und die Mutter reformierten Glaubens war 207 , wie<br />

der Vertrag von 1725 dann später auswies.<br />

Pfarrer Engelmann schrieb weiter, „man hat uns (zu dieser Ehe) einen<br />

Ehekontrakt geschickt, der in unserem Konsistorium aufbewahrt wird. Die zwei<br />

Ehepartner vereinbaren, dass die Buben lutherisch und die Mädchen im<br />

reformierten Glauben erzogen werden sollen. Und wenn der besagte Leicker vor<br />

ihr ohne Kinder stirbt, wird sie aus seinem Vermögen 100 Gulden erhalten. Stirbt<br />

sie aber vor ihm ohne Kinder, so soll er nach dem Tod des Zacharias Gaye und<br />

seiner Frau ein Drittel dessen Vermögens erben. Der Vertrag wurde am 24. Januar<br />

1725 geschlossen.<br />

Bei oder nach dem Hochzeitsessen dürfte es zu einem Eklat gekommen sein.<br />

Pfarrer Engelmann hielt in seinem Hochzeitsbuch unter NB fest, dass der Pfarrer<br />

Sauerwein ohne Abstimmung mit den Anderen, die Armen an die Hochzeitstafel<br />

eingeladen hätte. Anstatt wie in vergleichbaren Fällen die Heller und die Reste<br />

gleichmäßig unter den Brüdern der beiden Kirchengemeinden aufzuteilen.<br />

Dieses erzwungene friedliche Zusammenleben dehnte sich langsam auf die<br />

gesamte Gesellschaft aus und nahm den religiösen Eiferern ihre Motivation. Heute<br />

erzwingt die katholische Kirche jedoch wieder die katholische Trauung und die<br />

katholische Taufe der Kinder. (Aber was hilft es, wenn die Kirche ihre<br />

Anziehungskraft verloren hat und den Menschen nichts mehr vermitteln kann.<br />

Folgen: Kirchenaustritte, Kirchensteuereinnahmen brechen weg, Pfarrstellen<br />

werden gestrichen).<br />

Da Schule und Kirche eine Einheit darstellten, regelte die Verordnung von<br />

1703 auch den Schulbesuch. Da auch auf dem Lande an gar vielen Pfarreien nur<br />

ein Schulmeister war und es daher notwendig geschehen musste, dass Lutherische<br />

Kinder zu einem Reformierten oder reformierte Kinder zu einem lutherischen<br />

Schulmeister in die Schule geschickt wurden, so wurde sogleich verordnet, dass<br />

der Lehrer diese Kinder in beiden Katechismen unterrichten sollte. Dabei sollten<br />

alle unnötigen und anzüglichen Anführungen der Streitfragen vermieden bleiben.<br />

207 1725:. Am 8. Februar 1725 heiratete der ledige Jean Georg Leicker die Marie Susanne<br />

Gaye, Tochter des Zacharias Gaye, Bürger dieser Stadt. Der Bräutigam war von Beruf<br />

Müller und Sohn des verstorbenen Frederic Leicker, der in Wehrheim Hufschmied war. Er<br />

stammte aus dem Gebiet von Trier und Dillenburg, nahe Usingen. Georg war Lutheraner und<br />

seine Braut war reformierten Glaubens. Otterberg hatte übrigens seit Jahresanfang einen<br />

eigenen lutherischen Pfarrer. Es war Johann Michael Sauerwein 207 , der die Trauung<br />

vornahm Pfarrer Engelmann schrieb weiter, „man hat uns (zu dieser Ehe) einen<br />

Ehekontrakt geschickt, der in unserem Konsistorium aufbewahrt wird. Die zwei Ehepartner<br />

vereinbaren, dass die Buben lutherisch und die Mädchen im reformierten Glauben<br />

erzogen werden sollen. Und wenn der besagte Leicker vor ihr ohne Kinder stirbt, wird sie<br />

aus seinem Vermögen 100 Gulden erhalten. Stirbt sie aber vor ihm ohne Kinder, so soll er<br />

nach dem Tod des Zacharias Gaye und seiner Frau ein Drittel dessen Vermögens erben.<br />

Der Vertrag wurde am 24. Januar 1725 geschlossen.<br />

Bei oder nach diesem Hochzeitsessen dürfte es zu einem Eklat gekommen sein. Pfarrer Engelmann<br />

hielt in seinem Hochzeitsbuch unter NB fest, dass der Pfarrer Sauerwein ohne Abstimmung<br />

mit den Anderen, die Armen an die Hochzeitstafel eingeladen hätte. Anstatt wie in<br />

vergleichbaren Fällen die Heller und die Reste gleichmäßig unter den Brüdern der beiden<br />

Kirchengemeinden aufzuteilen.


127<br />

Dabei wurde weiterhin angeordnet, dass dergleichen Kinder bis zum 15. Jahr in<br />

ihrer Religion unterrichtet werden sollten. Diese Religions-Verfassung blieb zu<br />

Herzogs Gustavs Regierungsantritt gültig“ (Bachmann S. 216 und 217)<br />

1704: Die reformierten Geistlichen beschwerten sich über diese Regelung.<br />

Grund war, die Regelung nähme keine Rücksicht auf die Eheverträge der<br />

Eheleute. Außerdem sahen die Reformierten eine Ungleichbehandlung in der<br />

Handhabung der Religionsübertritte. Träte ein reformiertes Kind aus der<br />

gemischten Ehe zum Lutheranischen Glauben über, wäre das ganz einfach und die<br />

Beamten und Räte begrüßten dies. Umgekehrt warf man den lutherischen Kinder<br />

Knüppel zwischen die Beine und erschwerte den Glaubenswechsel. Die<br />

Regierung (Gouvernement) müsste dazu seine Genehmigung geben. Die<br />

reformierten Geistlichen erhielten jedoch keine zufriedenstellende Antwort. Denn<br />

jedes Land hat seine eigenen Gesetze, die sich aus der Landeshoheit herleiteten.<br />

„Den 28. Jenner 1719 hob Herzog Gustav die Königlich Schwedische<br />

Regierungs-Verordnung auf, kraft derer bei katholisch vermischten Ehen der<br />

Geistliche der protestantischen Religion des einen Ehegatten die Casualien<br />

verrichten sollte und befahl, dass die Katholiken den Protestanten völlig<br />

gleichgestellt werden sollten. Dadurch wurde die Verordnung von 1703<br />

vollkommen auch auf die katholischen Einwohner ausgedehnt.“<br />

Dadurch wird es auch verständlich, dass die Pfarrer Kinder aus gemischten Ehen<br />

einmal lutherisch, ein anderes Mal katholisch getauft hatten. .<br />

Das Bistum Metz versuchte diese liberale Regelung zu unterlaufen und verbat<br />

jede gemischte Ehe, wenn der Partner sich nicht katholisch copulieren 208<br />

(verheiraten) ließen. Die aus dieser Ehe stammenden Kinder mussten allesamt<br />

katholisch getauft werden. Die Verordnung des Herzogs Samuel Gustavs regelte<br />

weitsichtig auch diese Fälle. Die neue Religionsverordnung ermöglichte den<br />

evangelischen Pfarrern, das gemischt religiöse Paar entweder lutherisch oder<br />

reformiert zu trauen.<br />

Als dann die Franzosen abzogen, hatten die Bürger 80 Jahre Kriegselend hinter<br />

sich. Dies war schlimm und die Seelen trauerten. Aber das Leben ging weiter.<br />

Keiner konnte den Kopf in den Sand stecken. Und es ging wieder aufwärts.<br />

Überall wurde gemauert und gezimmert. Mit dem wachsenden Wohlstand ab 1720<br />

bauten die Bürger in und um Kaiserslautern herum immer schönere und größere<br />

Häuser. Und wieder war der Gemeindewald Erlenbach und der Reichswald um<br />

den Gersweilerhof herum wieder der Baustofflieferant. Dies ging bis an seine<br />

Leistungsfähigkeit.<br />

5.10. Pfälzischer Erbfolgekrieg (1688- 1697)<br />

Als Ludwig XIV. 1686 als Schwager der Elisabeth Charlotte von Orléans<br />

(Lieselotte von der Pfalz) Erbansprüche auf die Pfalz erhob, bildete sich das<br />

Bündnis von Augsburg, zu dem sich der Kaiser, Spanien, Schweden,<br />

Brandenburg, Sachsen, Hannover, Holland und Savoyen vereinigten. Schließlich<br />

trat auch noch England diesem Bündnis bei. Ohne Kriegserklärung brachen die<br />

französischen Armeen mit etwa 30.000 Soldaten 209 unter dem Kommando des<br />

Generals Ezéchiel de Mélac am 24.September 1688 über Trier in die Pfalz und<br />

208 ) copulieren = heiraten, alter Ausdruck bis zum Ende des 18. Jahrhunderts.<br />

209 ) Die Kurpfalz hatte damals 4.000 Soldaten; 1.700 davon waren in Frankenthal stationiert.<br />

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128<br />

128<br />

Nordbadens ein. Mélac befahl, „verbrennt die Pfalz“. Dies war Teil der Rache,<br />

dass Frankreich die Pfalz auch in dreijährigen Verhandlungen nicht zugesprochen<br />

bekam.<br />

18.11.1688: Frankenthal ergab sich als letzter linksrheinischer Platz Am<br />

Sonntag, den 21.11.1688 wurde Frankenthal dann drei Stunden lang<br />

geplündert. Die Festungsmauern wurden eingerissen und die Gräben verfüllt.<br />

Am 25.9.1689 morgens ab 8 Uhr wurde die menschenleere Stadt angesteckt.<br />

Sie brannte total nieder. Oberst d`Aloce vom Regiment Villeroy hatte dazu<br />

den Befehl gegeben (Angaben des Archivs Frankenthal)<br />

17.1.1689: beginnt die Zerstörung Heidelbergs und der umliegenden Dörfer.<br />

Fortsetzung der Brandschatzung war am 2.3.1689.<br />

5. bis 25.3.1689 Zerstörung Mannheims, linksrheinisch werden die<br />

Stadtbefestigungen von Oppenheim, Worms, Frankenthal und Speyer<br />

geschleift.<br />

25.5.1689: In Speyer 210 holten Soldaten auf der Suche nach Schmuck die<br />

Gebeine der Kaiser aus ihren Sarkophagen und warfen sie achtlos auf den<br />

Boden. Bevor die Soldaten die Häuser links der Linie Altpörtel & Dom am<br />

25.5.1689 ansteckten, gaben sie den Menschen eine halbe Stunde Zeit, ihre<br />

Behausungen zu räumen. Die Tränen & das Elend der Menschen erfreuten die<br />

Feuerteufel.<br />

25.5.1689: Worms brennt<br />

31.5.1689 Grünstadt und Wachenheim werden angesteckt.<br />

1689: Wegen der Invasion der französischen Truppen verließ Herr Pfarrer<br />

Charles Faucher Otterberg. Er ging mit über 100 Gläubigen nach Holzappel<br />

und war bis zu seinem Tod am 14.3.1690 auch deren erster Pfarrer. Er gab<br />

neben anderen Gütern drei Tagwerk Land in Weyler auf. Die Siedlung hatte<br />

nahe der Walkerei gelegen und gegenwärtig ist dies in der Nähe der<br />

Beutlermühle. Dieses alte Haus war vormals seit 1580 im Besitz des ersten<br />

wallonischen Pfarrers Otterbergs, des Herrn Clignet, Doktor der<br />

Theologie gewesen 211 .<br />

Die damalige franz. Besatzungsmacht von 1689 änderte die alten garantierten<br />

Besitzverhältnisse an der Stadtmühle und an dem Pfarrhaus der Französisch<br />

Reformierten Gemeinde. Außerdem verhinderten sie mit dem befreundeten,<br />

katholischen Kurfürsten Johann Wilhelm eine Nachwahl der Pfarrstelle<br />

Otterberg. Die Stadt Otterberg wurde Eigentümer. (Siehe unten). Pfarrer Jean<br />

Pierre Engelmann klagte ab 1716 vor dem höchsten kurpfälzischem Gericht in<br />

Heidelberg, bis er 1720 Recht bekam und die franz. reformierte<br />

Kirchengemeinde wieder in ihr altes Recht eingesetzt wurde. Aber die Stadt<br />

Otterberg und die Deutsch Reformierte Kirche Otterbergs erhoben dagegen<br />

Widerspruch und der Rechtsstreit ging jahrelang weiter.<br />

August 1689: Im heutigen Donnersbergkreis wurden Rockenhausen und<br />

Kirchheimbolanden und die umliegenden Dörfer, vielleicht auch Albisheim<br />

angezündet.<br />

210 ) 1688: Kurz vor dem Einmarsch wurde das Reichskammergericht nach Wetzlar verlegt.<br />

211 ) laut franz Akten des Konsistoriums, Band XII, Seite 298


129<br />

Sept. & Oktober 1689: Deidesheim (6.9.) Dürkheim, Frankenthal (25.9.1689)<br />

und Alzey (Oktober) werden sinnlos zerstört.<br />

Erst am Jahresende 1688 formierte sich der Widerstand der Reichsfürsten. Es<br />

dauerte ein weiteres Jahr bis der offizielle Reichskrieg gegen Frankreich<br />

erklärt wurde. 1689 kamen die Truppen des Schwäbischen Kreises (Truppen<br />

aus Württemberg, Baden und 31 Reichsstädten) zum Einsatz, die sich bis<br />

dahin in Ungarn im Abwehrkampf gegen die Türken 212 befunden hatten.<br />

1690: Vor den heranrückenden Deutschen zogen sich Mélacs Truppen zurück<br />

und ließen die Pfalz in Not und Elend zurück. Aber vorher fackelten sie die<br />

Felder ab und aus den Weinbergen rissen die Soldaten die Weinstöcke heraus.<br />

Es dauerte lange Jahre, bis der Wiederaufbau gelang. Opfer der Flammen<br />

wurden auch 200 Burgen, die keinerlei militärischen Zweck mehr hatten. So<br />

auch Alt- und Neuleiningen.<br />

1692: Die französischen Truppen drangen erneut rechtsrheinisch vor und<br />

sprengten endgültig das Heidelberger Schloss.<br />

In den meisten Schlachten blieb Frankreich siegreich. Große<br />

Entscheidungsschlachten zu Land gab es nicht. Zur See wurde die Flotte<br />

Frankreichs von den Engländern bei La Hougue vernichtet (1692). Die<br />

Überspannung der französischen Kräfte zwang Ludwig zum Einlenken. Im<br />

Frieden von Rijswijk (1697) musste Frankreich ein Teil der<br />

rechtsrheinischen Eroberungen. Die nun französischen Festungen Landau und<br />

Saarlouis markierten die neue Grenzlinie entlang der Queich und der Saar. Das<br />

Elsass mit Straßburg blieb französisch.<br />

Saar, Pfalz, Baden: Unsere Vorfahren waren schutzlos der rigorosen Politik<br />

Ludwig XIV ausgesetzt. Eigentlich dürften wir ihn nicht Sonnenkönig nennen. Er<br />

verdient aus unserer Sichte Attribute, die seine menschenverachtende Denkweise<br />

charakterisieren. Seine Truppen überfielen ungestraft und unbedrängt die Pfalz.<br />

Zuerst brannten sie Bergzabern und Zweibrücken nieder.<br />

1688: Der Schreiner Otterbergs Hans Brunner war anfangs des Jahres heimlich<br />

erschossen worden und wurde erst nach etlichen Wochen Anfang Mai 1688 im<br />

Wald gefunden. Sein Leichnam wurde am 5.5.1688 begraben.<br />

DAS LEBEN IM 18. JAHRHUNDERT<br />

6.1. Kirchen & Kirchenbücher 213<br />

6.1.1 Katholiken:<br />

212 ) (Der Reichstag in Regensburg hatte 1681 unter dem Eindruck der wachsenden Türkengefahr die<br />

Errichtung eines stehenden Heeres beschlossen, das die einzelnen Reichskreise - so auch der<br />

'Schwäbische Kreis' - zu stellen hatten)<br />

213 Quelle: Mayer E. Ortsgeschichte von Erlenbach in Pfälzische Geschichtsblätter (PFGBl 1, S.<br />

45 ff, eine monatliche Beilage zur Pfälzischen Presse<br />

129


130<br />

130<br />

Die Christianisierung kannte nur einen Glauben. Der Katholizismus löste die<br />

Vielgötterei der germanischen Vorfahren ab. Viele Jahrhunderte liegen im<br />

Dunkeln der Geschichte. Bis 1159 gehörte Erlenbach mit Otterberg zum<br />

Kirchenspiel Sambach. Unser Pfarrer unterstand dem Erzbischof von Mainz und<br />

dorthin flossen ein Teil der staatlichen Einnahmen. Dann tauchte mit dem Kloster<br />

Otterberg ein ungeliebter Konkurrent auf, der dem Pfarrer in Sambach Einfluss<br />

und Steuereinnahmen wegnahm. Aber dies war klein Einzelfall. Mit königlich,<br />

kaiserlichem Segen entstanden die Klöster Marienthal, Enkenbach, Lambrecht<br />

und so weiter. Aus Konkurrenz erwuchs Hass und innenpolitische Destabilität.<br />

Der Mainzer Erzbischöfe nahmen den intrigenreichen Kampf mit den Staufern<br />

auf, um sie zu schädigen, wo sie nur konnten. Gegen Ende des Mittelalters<br />

zerstörten dann noch die sinnlosen Fehden des Zweibrücker Herzogs Ludwig des<br />

Schwarzen mit dem Kurfürsten Friedrich dem Siegreichen bäuerliche und<br />

bürgerliche Existenzen. Die Reformation gab der katholischen Gemeinde den<br />

Rest. Aufschwung erlangte sie wieder im 30jährigen und in den nachfolgenden<br />

Kriegen. Aber die Rekatholisierung misslang. Die Kurpfalz blieb protestantisch<br />

und der Kurfürst gab die Richtlinien auch der Kirchen- und Schulpolitik vor. Da<br />

die Katholischen Kirchenbücher in Latein geschrieben sind, verschließt sich für<br />

mich den Nichtlateiner diese Informationsquelle. Aber im Franz. KB sind<br />

folgende Hinweise:<br />

Schockierend war folgende Notiz vom 13. Okt. 1727 auf Seite 289: „An alle<br />

Bürgermeister, Gerichtsschreiber und andere Personen, die von Amtswegen<br />

mit der Sache zu tun haben: Bei der letzten Schulvisite sahen wir, dass die<br />

katholischen Schüler weder lesen, noch schreiben können und dass die<br />

Kinder der Reformierten zu sehr viel mehr fähig sind.<br />

> Dass die Katholiken feiern können, weiß jedes Kind. In Otterberg schienen sie<br />

es jedoch 1729 etwas übertrieben zu haben. Mit Unterstützung des Kurfürsten<br />

schrieb der Oberste Kirchenrat aus Heidelberg. „Wir finden es sehr schlimm,<br />

dass die katholischen Feste (Otterbergs) zu profan sind, dass sie gegen die<br />

Deklaration verstoßen, an die sich auch die Reformierten halten müssen. Wir<br />

befehlen allen Pfarrern und Familienvätern, dass jeder in seinem Haus darauf<br />

achtet, dass er an Festtagen keine öffentliche Arbeit verrichtet und jeden Lärm<br />

vermeidet.“ (19.9.1729, pag 292)<br />

6.1.2. Lutheraner:<br />

Sie gehörten mal sehr früh zu Hochspeyer. 1717 kamen sie zu Kaiserslautern und<br />

ab 1722 zu Otterberg. Auf dem Foto vom 31.5.2005 sehen Sie das Lutherische<br />

Pfarrhaus Otterbergs 1725.<br />

Am 8. Februar 1725 (oo 8.2.1725) heiratete der ledige Jean Georg Leicker die<br />

Marie Susanne 214 Gaye, Tochter des Zacharias Gaye, Bürger dieser Stadt. Der<br />

Bräutigam war von Beruf Müller und Sohn des verstorbenen Frederic Leicker,<br />

der in Wehrheim Hufschmied war. Er stammte aus dem Gebiet von Trier und<br />

Dillenburg, nahe Usingen. Georg war Lutheraner und seine Braut war<br />

reformierten Glaubens. Otterberg hatte übrigens seit Jahresanfang einen eigenen<br />

214 ) Sie war noch für das unerlaubte Tanzen am →5.6.1724 in Otterbach zu 15 X Strafe verurteilt<br />

worden. Die Tanzveranstaltung war aus Anlass des Otterbacher Marktes, ein Tag nach Pfingsten<br />

gewesen. Sie war dort mit 5 Otterberger Freundinnen gewesen.


131<br />

lutherischen Pfarrer. Es war Johann Michael Sauerwein 215 , der die Trauung<br />

vornahm. Dieser Pfarrer stammte aus Langstadt bei Babenhausen und war Sohn<br />

des Gerichtsschöffen Christoph. Von 1720 -1721 war er in Unterschefflenz tätig.<br />

Von 1722 bis 1729 betreute er die Otterberger Lutheraner. Er ging danach nach<br />

Alsheim 216 II.<br />

1732: am 27.11.1732 schrieb die oberste Kirchenverwaltung in Heidelberg: Den<br />

Protestanten ist es erlaubt, ihre Kinder von dem Pfarrer ihres Wunsches taufen zu<br />

lassen, wenn es in ihrem Ort keinen lutherischen Pfarrer gibt:<br />

1736 - 1739: war Johann Georg Winter Pfarrer der großen lutherischen<br />

Kirchengemeinde 217 mit ihren zahlreichen Dörfern, die Mehlbach, Olsbrücken,<br />

Hirschhorn, Katzweiler, Sambach, Otterbach, Otterberg, Baalborn und<br />

Erlenbach umfasste. Auch die lutherischen Wolfsteiner Sterbefälle sind dort<br />

notiert. Er starb am 23.7.1739: Im lutherischen Kirchenbuch steht<br />

„Herr Johann Georg Winter, Evang. Lutherischer Pfarrer allhier<br />

starb an einer neunwöchigen Krankheit mit Auszehrung, den 25ten<br />

ejus unter zahlreicher Begleitung und Laufpredigt von Herrn Pfarrer<br />

zu Lautern namens Jäger und dem damals bestellten Vicarius<br />

Johannes Schlosser begraben alt 40 Jahr, 19 Tag. Leichenpredigt über<br />

Gen 47 x 9“.<br />

Nachfolger wurde Johann Schlosser, der bis Ende 1741 tätig war. Ihm folgte 1742<br />

Johann Peter Polch: verheiratet mit Maria Magdalena Bohl aus Straßburg. Sie<br />

starb am 25.4.1749. Sie hatte etliche Wochen lang gehustet und unter<br />

Atembeschwerden gelitten. Nach einem dreitägigen Krankenlager starb sie<br />

dienstags morgens um 2 Uhr sanft und selig im Herrn Jesus. Tags drauf wurde sie<br />

von Herrn Pfarrer Jungk von Münchweiler beerdigt. Sie wurde 56 Jahre alt. Ihr<br />

Ehemann beschrieb sie als tugendreich und liebreizend.<br />

Pfarrer Polch hielt fleißig die Todesursachen fest. So können wir ergänzend zum<br />

franz. KB gut den Seuchenverlauf der Jahre 1740 – 1750 verfolgen. Seine letzte<br />

Eintragung im Otterberger Sterberegister war am 19. September 1749<br />

Johann Conrad Söder 1749 – 1756<br />

Er wurde 1721 in Grünstadt geboren. Seine Eltern waren die<br />

Wagnermeisterfamilie Philipp & Johanna Elisabetha Schweidt. Er ging 8 Jahre<br />

lang in Grünstadt zur Schule, war von 1741 bis 1743 Student in Straßburg, danach<br />

in Halle. Seine erste Stelle war als Hauslehrer in Trarbach. Von 1746 bis 1748<br />

studierte er in Heidelberg. Seine erste Vikarstelle war in Otterberg 1748/49 unter<br />

Pfarrer Polch. Nach Polchs Tod am 19.9.1749 übernahm er dessen Amt bis 1756<br />

und wechselte danach nach Oppenheim, wo er am 16.4.1761 verstarb.<br />

215 ) Laut Gerhard Kaller, Ortschronik Otterberg, Band 2, S. 176. Sauerwein unterrichtete<br />

gleichzeitig die lutherischen Schüler. Er war bis 1729 in Otterberg, danach in Alsheim wo er<br />

allerdings abgesetzt wurde. Er starb dort am 1.3.1741 im Alter von 51 Jahren. (Biundo)<br />

216 ) Am 18.12.1731 erhielt Pfarrer Sauerwein die Genehmigung für eine Kollekte für die lutherische<br />

Kirche in Alsheim „am Alten Rhein“.( Lt pag 292 Otterberger Akten)<br />

217 ) Laut der Überschrift im Sterberegister. Seine Schrift erkennt man auch in früheren und<br />

späteren Registern.<br />

131


132<br />

132<br />

6.1.3 Die Reformierten<br />

Seit der Reformation bildeten der Gersweilerhof, Erlenbach, Morlautern ein<br />

Kirchenspiel. Ab 1600 bis 1648 war auch Sambach dabei. Die Kirche in<br />

Erlenbach verfiel wohl gegen Ende des 30jährigen Krieges und die Erlenbacher<br />

und Höferer kamen ab 1648 zur Pfarrei Otterberg. Französisch sprechende<br />

Gläubige aus Liège (Belgien = Wallonien) und aus Sedan, Metz (Lothringen)<br />

wanderten zuerst um 1579 und dann wieder nach 1648 ein. 1684 setzte eine<br />

Massenflucht aus der heutigen Picardie und dem Grenzgebiet zwischen Nordost-<br />

Frankreich (Monts) und dem heutigen Belgien ein, nachdem Ludwig XIV die<br />

frühere Religionsfreiheit für Null und nichtig erklärt hatte. Der Kurfürst und der<br />

Pfalzgraf garantierte ihnen Glaubensfreiheit. Sie durften eine eigene franz.<br />

sprechende Gemeinde mit eigenem Pfarrer bilden.


133<br />

Jacques Carron * 1655 in Frankfurt immatrikulierte sich am 20.6.1572 an der<br />

Uni Heidelberg. Von 1579 – 1599 war er französischer Pfarrer in Frankfurt.<br />

Vom 27.6.1602 bis 1605 betreute er die wallonische Pfarrei Otterbergs, ihm<br />

folgte: (Biundo # 735)<br />

1605 – 1614: Dr. Pierre Clignet aus Aachen, Sohn des ersten franz. Pfarrers<br />

Otterbergs. Er hatte auch in Heidelberg studiert und hatte sich eine Zeit lang in<br />

England und Holland aufgehalten. Vom 9.11.1605 bis 1614 war er der Hirte<br />

der Wallonen. (Biundo # 788)<br />

1633 bis 1638 Du Cloux, Barthélemy war wallonischer Pfarrer Otterbergs.<br />

Nach dem Kroatensturm von 1635 flüchtete er auch nach Metz. Er hielt die<br />

Trauerrede des am 10.8.1635 in Metz verstorbenen Herzogs Pfalz-<br />

Zweibrücken Johann II. (Biundo # 791)<br />

1649-1657 verwaltete Johann Heinrich Achenbach die wallonische<br />

Gemeinde Otterbergs. Er war mit Maria NN verheiratet. Seine Frau stand sehr<br />

oft als Patin zur Verfügung 218 . Von 1657-1659 war er Pfarrer der deutsch<br />

reformierten Kirche. Laut Biundo starb er am 12.3.1663 in Langenlonsheim.<br />

1660 – 1662: Benoit de Besson hatte in Genf Theologie studiert. Über 2<br />

Jahre war er Pfarrer Otterbergs.<br />

1662 bis 1667: August Couet aus Metz war franz. Pfarrer Otterbergs. Er<br />

müsste wohl 1667 in Otterberg verstorben sein. . Am 1.11.1668 war seine<br />

Witwe zusammen mit dem neuen Pfarrer Cerelott (auch Gresseau, Greslot)<br />

Patin/ Pate des Anthon de Hué gewesen. Antons Vater Johann war „Junker<br />

auf der Glashütte“.<br />

Ich entnahm dem Sterberegister der Französisch Reformierten Kirche, dass<br />

von 1668 bis zu seinem Tod 20.2.1678 Herr Antoine Cerelott 219 10 Jahre lang<br />

Pfarrer der Wallonen war. Der Sterbeeintrag schätzt den Verstorbenen auf 35<br />

– 36 Jahre 220 . (24.2.1670 ließ der deutsch reformierte Otterberger Schulmeister<br />

Johann Jacob Reiyff seinen Sohn Johann Nicola taufen).<br />

Schulmeister war seit 1652 Philipp Cordier, der im Alter von 70 Jahren am<br />

22.12.1682 starb. Laut Sterberegister war er 30 Jahre lang franz. Schulmeister<br />

der wallonischen Pfarrgemeinde Otterberg gewesen. Seine Ehefrau Marie<br />

Cloteau † 29.11.1688.<br />

Sein Nachfolger wurde Antoine Migeot, der bis zum 14.2.1714 den Kindern<br />

Lesen und Schreiben beibrachte. Ihm folgte Pfarrer Charles Faucher, der aus<br />

Nîmes stammte. Er hatte an der berühmten theologischen Fakultät Heidelberg<br />

studiert und war in Otterberg von 1679 bis 1689 Hirte der wallonischen<br />

Kirchengemeinde gewesen. Kurz vor der französischen Invasion 1689 verließ<br />

er Otterberg und ging mit vielen seiner Schäfchen nach Holzappel. Dies waren<br />

vor allem die aus der großen Einwanderergruppe von 1684 mit über 150<br />

Personen.<br />

218 ) Frau Maria Achenbach war Patin: 17.11.1650 bei Nicola Mansar/ 1.9.1653 bei Gerard Thiere/<br />

20.8.1654 bei Marie Jeanne Cordier, Tochter des Schulmeisters Guillaume und seiner Frau<br />

Madelaine Cordier, / 1.4.1654 bei George André Masseau, /24.5.1654 war er selbst Pate bei<br />

Salomé Catharine Renard/ 12.8.1654 bei Jacob Friedrich Scholl, /5.3.1656 bei Philippe<br />

Malthourné etc.<br />

219 ) auch Gresseau, Greslot geschrieben!<br />

220 ) Bei Biundo fehlt dieser Pfarrer.<br />

133


134<br />

134<br />

Die 1689 verwaiste Kirche betreute der deutsch reformierte Pfarrer Johannes<br />

Weldener 221 bis 1712. Er dürfte in der pfarrerlosen Zeit die wallonische<br />

Kirchengemeinde betreut haben.<br />

> Im Dezember 1715 führte die Kirchenverwaltung den bilingualen Franzosen<br />

Jean Pierre Engelmann in sein seelsorgerisches Amt ein, der bis zu seinem<br />

Tod in 1751 die über 300köpfige Gemeinde leitete. Dieser Mann war damals<br />

und ist noch heute für uns ein großer Glücksfall, da er fleißig und sehr<br />

detailliert die Kirchenbücher und die Konsistorialakten führte. Deshalb<br />

können wir uns ein sehr gutes Bild über die Jahre 1716 bis 1750 machen. Da<br />

er auch lang anhängige Rechtsstreitigkeiten führte und darüber berichtete,<br />

konnte ich wertvolle Information gewinnen, die sogar die Zeit ab 1579<br />

erhellen.<br />

In Otterberg und seinen Filialen haben wir deshalb zwei reformierte<br />

Parallelkirchen, die<br />

• Deutsch-Reformierte Kirche & als Konkurrenz und Ergänzung die<br />

• Französisch-Reformierte Kirche,<br />

die mehr oder weniger gut miteinander harmonierten. Sie teilten sich das<br />

Langhaus der Abteikirche und hielten abwechselnd sonntags um 8 Uhr und 10<br />

Uhr Gottesdienst. Die beiden Pfarreien waren um 1726 in etwa gleichstark, bzw.<br />

die Pfarrer hatten anfänglich ein gleich hohes Einkommen. Nach 1734/35 wurde<br />

die deutsch ref. Gemeinde stärker.<br />

Alle vier Kirchengemeinden unterstanden der Obersten Kirchenverwaltung in<br />

Heidelberg. Die Pfarrer wurden verpflichtet die Kirchenbücher vollständig zu<br />

führen und alle drei Jahre Statistiken über die Bevölkerungsentwicklung nach<br />

Heidelberg zu schicken.<br />

Die Hohe Regierung (La Haute Regence) befahl den Pfarrern wiederholt und<br />

eindringlich die Augen aufzuhalten. Wer sich an seiner Tochter verging Inzeste), (<br />

wurde ausgepeitscht und aus dem Land gejagt. Auch war die Heirat unter<br />

direkten Blutsverwandten verboten. Die Hochzeiten von Cousin und Cousine<br />

mussten gemeldet und konnten genehmigt werden. (Verordnung vom 10.9.1743)<br />

6.2. Die traurige Ausgangslage<br />

Ludwig XIV. machte eine rücksichtslose und aggressive Außenpolitik. Er<br />

reklamierte für seine Schwägerin die Liselotte von der Pfalz 222 das Staatsgebiet<br />

der Churpfalz als französisches Staatsgebiet. 1688 begann General Mélac mit der<br />

Invasion. In diesem Zusammenhang flüchtete der wallonische Pfarrer Charles<br />

Faucher mit über 150 Gläubigen aus Otterberg und ließ sich in Holzappel nieder.<br />

Die Besatzungsmacht und ihre Helfer verhinderten eine Neuwahl eines<br />

calvinistischen Geistlichen, so dass die Wallonen - Gemeinde bis Ende 1715 kopf-<br />

221 ) Weldener, Weldner Johannes, * um 1639 in Niedenheim (Niederhessen) 1667 – 1670<br />

Schulmeister in Schweigern, 1670 bis 1673 Kantor und Schulmeister in Oppenheim, 1670 bis<br />

1677 Schulmeister und Diakon in Billigheim. 1677 bis 1680 Pfarrer in Godramstein. Ab 22.8.1680<br />

bis 1712 Pfarrer in Otterberg<br />

222 ) Elisabeth Charlotte * 27.5.1652 Sie war die Tochter von Carl Lutdwig & Charlotte, Tochter des<br />

Landgrafen Wilhelm V. von Hessen-Kassel.


135<br />

und führungslos blieb. Dankenswerterweise hatte der Pfarrer der Deutschen<br />

Gemeinde Pfarrer Johannes Weldener die Wallonen seelsorgerisch bis 1712<br />

mitbetreut, allerdings sehr zum Unmut seiner deutschsprachigen Glaubensbrüder,<br />

die ihn am liebsten fortgejagt hätten.<br />

Ab 1704 verschärfte sich die politische Lage, da hier bei uns der Spanische<br />

Erbfolgekrieg ausgetragen wurde. Während dieser Jahre lagen mehr oder weniger<br />

viele französische Truppen in Otterberg bzw. Erlenbach. Unter ihrem Schutz<br />

raubten die Katholiken den Franz. Reformierten ihre materiellen Grundlagen und<br />

begannen mit der Rekatholisierung. Als dann am 14.2.1714 noch der franz.<br />

Schulmeister Antoine Migeot 63jährig gestorben war, zeigte die wallonische<br />

Kirche leichte Auflösungserscheinungen, die die Katholischen Priester schamlos<br />

ausnutzten. Sie fühlten sich als Herren und das genossen sie. Sie nahmen sich<br />

frech Rechte auf Kosten der anderen Glaubensgemeinschaften heraus. Die<br />

Unterlagen berichten leider nicht, wie die Schule zwischen 1714 und 1717 bis zur<br />

Einstellung des Schulmeisters David Bourgeois betreut wurde. Meiner<br />

Einschätzung nach werden die Presbyter und Diakone eine Kurzbeschulung der<br />

Schulpflichtigen so organisiert haben, damit wenigstens die Kinder Lesen und<br />

Schreiben lernen konnten.<br />

Allerdings hatten die Französischen Politiker in ihrer Selbstherrlichkeit die Kräfte<br />

Frankreichs weit überschätzt und die Zählebigkeit der deutschen Staaten<br />

unterschätzt. Mit dem Frieden von Baden am 7.9.1714 endete vorübergehend<br />

der starke militärische & politische Einfluss Frankreichs im Südwesten<br />

Deutschlands. Weitere Erleichterrungen brachte der Tod des Kurfürsten Johann<br />

Wilhelm 223 von Pfalz Neuburg, der während des Pfälzischen Erbfolgekrieges<br />

weitab in Düsseldorf gelebt hatte. Er regierte von 1690 bis 1716 und favorisierte<br />

die Katholiken. Da Heidelberg weitgehend zerstört war, war die kurfürstliche<br />

Verwaltung eine Zeit lang in Weinheim. Als der Kurfürst 1712 schwer krank war,<br />

gab die kurpfälzische Kirchenverwaltung am 27. Mai die Order an alle Kirchen,<br />

für ihn (täglich) während seiner Krankheit zu beten, die bis zum 9. Sept. 1712<br />

andauerte. Anscheinend war er derart geschwächt, dass er bereits vier Jahre später<br />

am 18.6.1716 in Düsseldorf im Alter von 58 Jahren starb.<br />

Da Jan Wilhelm 1716 todsterbenskrank war, übernahm Carl Philipp bereits am<br />

12. Juni 1716 die Regierungsgeschäfte. Alle Kirchengemeinden wurden<br />

angehalten, für den neuen Regierungschef Fürbittegottesdienste abzuhalten. (Laut<br />

„Ordres du Ven. Senat Éclestique“, Otterberger Archiv , S. 279). Für die<br />

Kurpfalz und den Südwesten änderte sich viel. Nicht nur, dass jetzt ein anderer<br />

Mann an der Spitze des Staates stand. Es wurde auch eine neue, aufgeklärte<br />

Politik gemacht. Die Bürger konnten langsam aufatmen, denn sie wurden von<br />

vielen Bedrückungen und Irritierungen befreit. Auch wirtschaftlich ging es<br />

bergauf. Es ist wohl ein großer Zufall, dass die Kurpfalz einen<br />

zukunftsorientierten Staatsmann erhielt und die Kirchengemeinde Otterberg<br />

tatkräftige Leute mit Visionen mit Pfarrer Engelmann einen hoch intelligenten<br />

Pfarrer bekam, der den Handlungs-Freiraum ausnutzte.<br />

223 ) Kurfürst Johann Wilhelm, Herzog von Jlich und Berg, * 19.4.1658 in Düsseldorf, † 18.6.1716<br />

in Düsseldorf. Seine Eltern waren Philipp Wilhelm (1615 – 1690) und Elisabetha Amalia<br />

Magdalena, Landgräfin von Hessen Darmstadt (1635 – 1709) Er war zwei mal verheiratet<br />

1. Ehe: Maria Anna Josepha Erzherzogin von Österreich: 2. Ehe in 1691 oo Anna Maria Louise,<br />

Prinzessin von Toscana Medici (1667 – 1743)<br />

135


136<br />

136<br />

Die Besatzer waren gegangen und viele Fremde kamen. Die kurfürstliche<br />

Verwaltung bekam kalte Füße und wies die Verwaltung und die Pfarrer an, „kein<br />

Fremder darf verheiratet werden oder sich hier niederlassen, bevor er nicht seinen<br />

Geburtsschein vorgelegt und einen lupenreinen Lebenslauf glaubhaft machen<br />

kann. (Anweisung vom 15.1.1718)“<br />

Es dauerte aber trotzdem noch 5 Jahre bis zum Ende des Jahres 1721 bis in<br />

Otterberg die Anmaßungen und Selbstherrlichkeit der Katholiken wieder<br />

zurückgedrängt werden konnten.<br />

6.3. Pfarrer Engelmann<br />

Franz. Reformierter Pfarrer 1715 – 1751<br />

übersetzt von Dédé Uhrig, prof pour économie<br />

1715 – 1751<br />

Aller Anfang ist schwer<br />

Der 32jährige Pfarrer Jean Pierre Engelmann 224 kam hoffnungsfroh Ende 1715<br />

nach Otterberg. Ob er wusste, worauf er sich da einließ? Denn Otterberg war, wie<br />

es sich für ihn herausstellte, eine spannungsgeladene Stadt mit vier zerstrittenen<br />

christlichen Gemeinden, die eifersüchtig einander beäugten und keiner dem<br />

anderen einen Vorteil gönnten. Vor allem die franz. reformierte Kirche und deren<br />

Kirchenmitglieder waren wenig beliebt. Ihre gewandte Zweisprachigkeit und die<br />

dadurch ermöglichte geschickte internationale Spendenaktionen von der Schweiz<br />

bis nach Irland erregten Missgunst. Wir sind über die Streitigkeiten und das üble<br />

Ränkespiel zwischen 1715 und 1750 bestens informiert, denn der neue Pfarrer<br />

legte ein umfangreiches Protokollbuch an, das im Laufe der Jahrzehnte auf über<br />

300 Seiten anwuchs. Dort trug er nämlich alle wichtigen Beschlüsse seines<br />

Kirchenvorstandes ein.<br />

Pfarrer Engelmann war auch ein geschickter Verwaltungsfachmann. Die<br />

vorgesetzten Behörden schickten Erlasse und Informationen, die wie alle<br />

Schriftstücke in der Truhe (coffre du Consistoire) aufbewahrt wurden. Diese<br />

Unterlagen sind alle verloren gegangen. Aber Herr Engelmann hatte „ein<br />

Amtsblatt“ angelegt. In dieses chronologische Verzeichnis „Ordres du Ven.<br />

224 ) Jean Pierre Engelmann (Angeôme) wurde am 9.9.1783 in Holzach geboren. Er war Sohn des<br />

Jerôme Corneille und der Marie Helene Theiß. Zum Theologiestudium war er in Basel. (laut<br />

Biundo Seite 99) Er sprach perfekt Französisch, das erkennt man an den vielen Hundert Seiten<br />

seiner Prokollführung in französischer Sprache. Solche Sprachkenntnisse & -fertigkeiten erlernt<br />

kein Deutscher in wenigen Jahren. Sein Sprachschatz ist umfassend und akademisch in seiner<br />

Wortwahl. Engelmann ging auch in eine französische Primärschule, denn seine Schrift ist<br />

romanisch und zeigt keinen einzigen Buchstaben der damals üblichen deutschen Kanzleischrift. Er<br />

sprach auch fließend Deutsch, aber er bevorzugte das Französische. Bei Einweihungen wählte er<br />

bewusst Französisch, während andere Festredner ihre Grußworte auf Deutsch verfassten. Die<br />

Oberschicht war in der damaligen Zeit sowieso frankophil. Ich kann mir gut vorstellen, dass er bei<br />

seinen zahlreichen Heidelberger Dienstreisen sowohl bei Gericht als auch mit seinen Vorgesetzten<br />

Französisch kommunizierte.<br />

Er heiratete am 6.4.1717 Marie Cunigunde Migeot, * 15.6.1694, † 15.9.1754. Sie war die<br />

Tochter des Schulmeisters Anthoine Migeot und der Marie Münch.


137<br />

Senat Ecléstiriale“ notierte er alle eingegangenen Schriftstücke mit einer kurzen<br />

Inhaltsangabe. Diese jeweils wenigen Zeilen sind doch so ausführlich, um sich ein<br />

gutes Bild machen zu können!<br />

Da unsere Franzosen aber auf keiner Insel der Glückseligkeit lebten, musste es<br />

zwangläufig zu Streit und Handgreiflichkeiten zwischen den Beteiligten kommen.<br />

Nicht nur Liebe, sondern vor allem Hass und Neid sind unheilvolle menschliche<br />

Triebfedern. Engelmann dokumentierte die Konflikte mit den Vorständen und<br />

Pfarrern der Deutsch Reformierten und der Katholischen Kirchengemeinde.<br />

Liebe Leser, bitte lesen Sie selbst, wie die Dinge damals zusammenhingen. Die<br />

Berichte wurden von Herrn Engelmann auf Französisch geschrieben. Sie zeigen,<br />

welches Organisationstalent in Pierre Engelmann steckte und wie viele starke<br />

Nerven er brauchte. Aber darüber hinaus hatte er einen hohen integrativen<br />

Charakter und konnte haltbare zwischenmenschliche Brücken bauen und<br />

konfessionelle Gräben überwinden. In dem Protokoll von 1724 wird er als<br />

durchsetzungsfähig, ernst und energisch, aber auch als sehr menschlich,<br />

ausgelassen und ausgesprochen höflich bezeichnet. Da Engelmann wie die<br />

meisten seiner Gemeindemitglieder auch fließend Deutsch sprach, war das<br />

Französisch für ihn keine unüberwindliche Sprachbarriere.<br />

Auch deutschsprachige Kaufverträge oder Notizen des Lautrer Ober Amtes sind<br />

festgehalten worden. Auch innerhalb der franz. Gemeinde wurde mit harten<br />

Bandagen gekämpft. Auch damals war wenig von christlicher Nächstenliebe zu<br />

spüren. Mobbing, üble Nachrede, ein umfangreicher Katalog von undenkbaren<br />

Gemeinheiten ist darin enthalten.<br />

Nun, am Sonntag, den 1.12.1715 hielt er seinen ersten Gottesdienst. Er predigte<br />

seinen >Schäfchen< von Frieden und Nächstenliebe. Seine ermahnenden Worte<br />

müssen auf fruchtbaren Boden gefallen sein. Aber heute wie damals hatten es die<br />

Menschen schwer, miteinander auszukommen. Wir Menschen sind nicht nur edel<br />

und gut. Einige von uns sind richtig fies. Schattenseiten unseres Charakters führen<br />

zu hässlichem Nachbarschaftsstreitigkeiten, Mobbing & Verleumdungen. So<br />

auch vor 300 Jahren: Engelmann hatte sich als Vermittler für Streitigkeiten<br />

angeboten und davon machten die verzweifelten Familien dann reichlich<br />

Gebrauch.<br />

1715, Sonntag, den 22 Dezember, Gerade mal drei Wochen im Amt, hatte sich<br />

Pfarrer Engelmann mit den gegenseitigen Beleidigungen zweier Frauen zu<br />

beschäftigen. Er zitierte die Frau des Elias Renard und des Daniel Collet zu sich,<br />

die jede Gelegenheit genutzt hatten, um sich gegenseitig verbal in den Dreck zu<br />

ziehen. Pfarrer Engelmann legte beiden eine saftige Geldstrafe auf. Er versöhnte<br />

die beiden streitbaren Damen unter der Bedingung, er würde die erste Frau wieder<br />

zu einer Geldstrafe von zwei Florentinern zugunsten der Armenkasse verdammen,<br />

die als erste von neuem wieder anfinge.<br />

1716: Vier Wochen später, am 22.1.1716 standen Eheprobleme auf der<br />

Tagesordnung des Konsistoriums unter dem Vorsitz des Pfarrers Engelmann: Die<br />

Versammlung hatte die 62 jährige Susanne Nisset 225 eingeladen, die mit Antoine<br />

Thal (59 Jahre alt) verheiratet war. Sie hatte ihren Ehemann verlassen und<br />

weigerte sich, zu ihm zurückzukehren, da er bösartige Charakterzüge hatte. Thal<br />

hatte versprochen, zukünftig ganz anders leben und sich verhalten zu wollen. Er<br />

225 ) Susanne Nisset (Misset) starb 68 jährig am 3.6.1722. Anthoine Thal † 2.2.1725<br />

137


138<br />

138<br />

versprach, sich besser zu führen. Sie sagte aber, sie würde lieber sehr weit<br />

weglaufen, als die Füße dieses Scheusals weiter zu ertragen. Kraft seines Amtes<br />

versöhnte Pfarrer Susanne Nisset mit ihrem Mann.<br />

1717 auch Pfarrer Engelmann hauste mehr als er wohnte. Am 24.6., endlich,<br />

also 18 Monate nach seiner Amtseinführung hatte die franz. Kirchenverwaltung<br />

ein Einsehen. Sie mietete vom Herrn Abraham Cherdron ein Haus mit allen<br />

Annehmlichkeiten (jener Zeit) an, das den Ansprüchen des Pfarrers Engelmann<br />

entsprach. Die Jahresmiete betrug 10 hfl. (Die französische Kirchenverwaltung<br />

übrigens erwarb dieses Haus am 20.1.1719). Dort empfing Engelmann am<br />

19.12.1717 die Frauen des Louis Massaux und Jeannette Almo, die Frau des<br />

Meisters Rheineisen. Die beiden gehässigen Weiber hatten sich auf exorbitante<br />

Weise gegenseitig beleidigt, so dass der Frieden der Kirchengemeinde gefährdet<br />

war. Er verdonnerte die beiden Streithühner zur Versöhnung und drohte<br />

derjenigen einen Gulden Strafe zur Zahlung in die Armenkasse an, die zuerst<br />

wieder anfangen würde. (pag 237)<br />

6.4. Engelmann<br />

1. Mobbing & böse Gerüchte<br />

1717: Pfarrer Engelmann fand in seiner Gemeinde auch seine Liebe des<br />

Lebens. Engelmann bekam über seine Schwiegermutter Migeot das notwendige<br />

Hintergrundwissen, wofür ein Anderer lange Zeit gebraucht hätte. Seine<br />

Vorgänger waren vor den einflussreichen Bürgern eingeknickt, die sich die fetten<br />

Pfründe unter den Nagel gerissen hatten. Der Mühlenpächter wollte ihm keine<br />

Pacht zahlen, obwohl die Einkünfte aus der Otterberger Stadtmühle ihm<br />

zustanden. Also musste Engelmann vor dem höchsten kurpfälzischen Gericht in<br />

Heidelberg klagen. Engelmann hatte sich dadurch gründlich unbeliebt gemacht<br />

und einige wollten ihn schnell loswerden. Kein Trick war zu schmutzig. Sie<br />

setzten Gerüchte in die Welt und schwärzten ihn beim Heidelberger Kurfürsten als<br />

Gockel, Gauner, Lügner und Verleumder an. Das konnte sich Engelmann nicht<br />

gefallen lassen. Für den 3.1.1717 berief er das Konsistorium 226 in sein<br />

Pfarrzimmer ein. Zu dem Gespräch kamen auch der Glashüttenbesitzer<br />

Heydweiller und der deutsch reformierte Pfarrer Geisweid hinzu.<br />

Pfarrer Engelmann verlangte Aufklärung. Jacob Fortineux erklärte, er habe<br />

davon sprechen gehört, aber dies sei für ihn Weibergewäsch gewesen und er habe<br />

den Gerüchten keine Aufmerksamkeit geschenkt. Auch Jean Pierre Cherdron<br />

sagte das Gleiche aus.<br />

Michael Renard, Noé Tibé und Jean Valentin Luttringhaus sagten aus, am 2.<br />

Weihnachtstag seien sie bei dem besagten Noé Tibé gewesen. Jean Cordier sei<br />

dort hinzugekommen. Er habe behauptet, Herr Pfarrer Engelmann habe aus<br />

Holland 300 Florentiner 227 erhalten, ohne dass er dies jemanden erzählt hätte. Auf<br />

Nachfrage habe Cordier dies 3 bis 4mal wiederholt. Aber es hätten auch 500 hfl<br />

gewesen sein können. Er hätte daraufhin den Pfarrer angesprochen. Der wolle<br />

226 ) Protokoll laut S. 232 des Konsistoriums<br />

227 ) Der Betrag war als Sicherheit für die anstehenden Gerichtskosten im Mühlenstreit vorläufig<br />

eingesetzt worden.


139<br />

aber nur die armen Leute quälen und nichts davon rausrücken. Außerdem habe<br />

sich Engelmann verpflichtet, alle drei Wochen in Kaiserslautern Gottesdienst<br />

abzuhalten, obwohl man ihn eigentlich hier dringend nötig habe. Es sei nicht<br />

einzusehen, dass Engelmann seinen Lohn aus Otterberg bekäme, aber woanders<br />

seine Leistung erbringen würde.<br />

Das Konsistorium gewann nach der Befragung des Noé Tibé den Eindruck, dass<br />

einige wenige nach Mitteln gesucht hätten, um den Pfarrer Engelmann davon zu<br />

jagen 228 .<br />

1717: am 19.1.1717 war ich (Daniel Raquet) bei Jacob Cordier, unserem<br />

Lektor. Jean Cordier kam auch dorthin. Er beschimpfte Engelmann mit<br />

lächerlichen Aussagen. Er sagte, der Pfarrer habe keinen (guten) Charakter und<br />

dies in Anwesenheit des Thomas Menton. Er behauptete, Engelmann sei niemals<br />

Vikar gewesen und würde sich mit fremden Federn schmücken. Das ist die<br />

Wahrheit, dass Jean Cordier diese Reden geschwungen hatte. Gez. Daniel<br />

Raquet.<br />

2. Kampf um Mühle & Pfarrhaus<br />

Pfarrer Charles Faucher ging 1689 vor der Invasion der französischen Truppen<br />

aus Otterberg weg. Es war die Zeit des Pfälzischen Erbfolgekrieges gewesen, der<br />

vor allem in der Vorderpfalz ausgetragen wurde. Aber auf Druck des Franz.<br />

Königs Ludwig XIV, wurden die kürzlich eingewanderten Franzosen des Landes<br />

verwiesen, um sich in Holzappel niederzulassen. Mit ihnen ging auch Charles<br />

Faucher, der auch in Holzappel deren erster wallonischer Pfarrer wurde. Er starb<br />

dort recht bald am 14.3.1690. Die Zeit der verwaisten Pfarrstelle nutzte die Stadt<br />

Otterberg, um sich rechtswidrig den Besitz der verwaisten wallonischen<br />

Pfarrgemeinde anzueignen. Sie bemächtigte sich des Pfarrhauses, das rechts vor<br />

der Kirche stand, direkt vis à vis des deutschen Schulhauses. Genau wie die<br />

Mühle. Nicht nur, dass sie deren Einkünfte behielt, sondern sie vergab sie auch für<br />

400 Gulden als Lehen, damals Erbbestand genannt. Das Geld steckte die Stadt<br />

Otterberg ein.<br />

Die verwaiste Pfarrstelle wurde ab 1694 von dem Pfarrer Johannes Weldner<br />

(Weldener) der Deutsch reformierten Kirche mit betreut. Er hatte den Besitz der<br />

Französisch Reformierten Kirche bei Weyler (Weiler) auf 100 Gulden geschätzt.<br />

Der bestand aus einem alten Haus von 1579 und drei Tagwerk Land. Erster<br />

Bewohner und vielleicht Erbauer war der erste franz. Pfarrer Clignet, Doktor der<br />

Theologie gewesen. Bevor Pfarrer Charles Faucher 1689 vor den französischen<br />

Invasionstruppen floh, nahm er 40 Gulden aus der Kirchenkasse und hinterließ<br />

eine Schuldverschreibung in gleicher Höhe.<br />

Fast dreißig Jahre lang konnten sich die Stadt Otterberg und die Pächterfamilie an<br />

dem Zustand erfreuen. Dann kam aber Pfarrer Engelmann, der bereits im Frühjahr<br />

1716 die Willkür der Stadt Otterberg anprangerte und den Besitz für die<br />

>wallonische Kirchengemeinde< wieder einforderte. Dies schürte eine hitzige<br />

Diskussion zwischen den Profiteuren und den Klägern an. Widerwillig folgte die<br />

228 ) Bei dem Gespräch am 3.1.1717 waren anwesend: Georg Ludwig Geisweid, Jean Henry<br />

Heydweiler (60 J) als Zeuge, David Rogivaux, Jacob Veillard der Ältere (47) , Abraham<br />

Digeon der Ältere (42 Jahre) , die Diakone Louis Massaux (53) und Antoine Profit:<br />

139


140<br />

140<br />

franz. Kirchengemeinde den eigenen pastoralen Argumenten. Sie glaubte an<br />

keinen Erfolg. Um des lieben Friedens willen, sagten sie ja. Pfarrer Engelmann<br />

strengte dann beim Oberamt in Lautern einen Prozess an. Daraufhin stellte das<br />

Oberamt am 5.5.1716 den strittigen Besitz unter seine treuhänderische<br />

Verwaltung und verbot dem Müller weder etwas an die Stadtverwaltung zu<br />

liefern, noch etwas an den wallonischen Pfarrer zu leisten, bis die Sache<br />

entschieden sei. Dabei drohte die Behörde dem Müller für einen Verstoß die<br />

saftige Geldstrafe von 50 Gulden an. Da die Gerichtskosten hoch und Zeit bis zur<br />

Entscheidung lang war, musste die wallonische Kirchengemeinde zur Sicherheit<br />

einen Kostenvorschuss von 250 Gulden 229 vorlegen. (laut franz. Akten, pag<br />

238) Dies war sein erster Erfolg.<br />

Der Prozess wurde in Heidelberg mündlich verhandelt. Deshalb begab sich<br />

Engelmann zweimal nach Heidelberg, um Dokumente und seine Rechtsauffassung<br />

überzeugend darzustellen. Dies war am 15. Febr. 1717 und am 2. Februar 1718.<br />

Jedes Mal zahlte der engagierte Pfarrer die Reisekosten aus eigener Tasche.<br />

1718: Das Oberamt verwies in seiner Stellungnahme auf die schwierigen<br />

Rechtsverhältnisse in der Zeit des pfälz. Erbfolgekrieges. „Der Canon sei<br />

sequestiert worden, als der Kirchenstatus à temporare Capitmationis sehr geändert<br />

war“ (Übersetzt heißt dies, der Besitz sei beschlagnahmt worden, als sich die<br />

kirchlichen Machtverhältnisse zeitweise geändert hatten. (Abschrift ))<br />

Daraufhin fuhr Pfarrer Engelmann mit einer Vollmacht am nächsten Tag nach<br />

Heidelberg (24.5.1718), um wieder in den Besitzstand der besagten Mühle gesetzt<br />

zu werden 230 . Der zuständige Heidelberger Senat fasste am 27.5.1718 folgenden<br />

Beschluss, der als Auszug im franz. KB enthalten ist.<br />

„Die Wallonische Gemeinde zu Otterberg und in dessen Namen<br />

Pfarrer Engelmann berichtet dem Churpfälz. Kirchenrath, dass am 24<br />

dieses Monats von dem Oberamt Lauterns eine Sentenz, wie aus<br />

kopierlicher Beilag zu ersehen, ergangen ist, dadurch das Pfarrhaus<br />

den Wallonen und die Mühle der geistlichen Administration<br />

zugestehen werden soll. Die besagte Mühle war anno 1579 durch den<br />

Beschluss des Pfalzgrafen (wie die Capitulation zeiget) zu<br />

Heilszwecken (Seelenheil) dem wallonischen Priester gestiftet<br />

worden.<br />

Der Senat befahl dem Otterberger Pfleger Witt in Lautern die<br />

Rückgabe des Pfarrhauses. Aber an dem 30jährigen Lehensvertrag<br />

sollte nichts mehr geändert werden. Zur Entschädigung verpflichtete<br />

er dem Pfleger Witt, dem Pfarrer jährlich eine Pacht von 20 Malter<br />

Roggen zu liefern. Das Kirchen-Amt wählte diesen Umweg, damit<br />

„der Pfarrer um seiner Sicherheit willen, nichts mit dem Müller<br />

und der Stadt möge etwas zu tun haben“ (Dieser Beschluss war von<br />

L:C: Mieg & dem Sekretär Creuth abgezeichnet) pag 240.<br />

229 ) laut franz. Actum Lautern vom 24. May 1718, pag 238. Das Geld rührte aus einer holländischen<br />

Spende, die zu diesem Zweck vorläufig herangezogen worden war. Diese Verwendung führte zu<br />

hässlichen verbalen Auseinandersetzungen und Verleumdungen<br />

230 ) Übrigens, die Reisekosten für diese 10tägige Reise von 19 fl und 46 Kreuzern zahlte Engelmann<br />

zuerst mal aus eigener Tasche


141<br />

1718: Am Dienstag, den 31. Mai händigte der Sekretär dem Pfarrer Engelmann<br />

den famosen Urteilsspruch aus. Stolz und beseelt machte sich Jean Pierre auf den<br />

Heimweg. Was hatte er für Verdächtigungen und Demütigung aushalten müssen.<br />

Darüber hinaus hatte Engelmann für diese Sache hohe Ausgaben gehabt. Am<br />

Freitag, den 3. Juni, freitags vor Pfingsten stieg er am Otterberger Rathaus aus<br />

der Postkutsche. Seine Ankunft und sein triumphaler Sieg verbreiteten sich wie<br />

ein Lauffeuer. Viele feierten ihn, aber die unterlegenen Gegner schmiedeten<br />

hassvolle Pläne gegen ihn und seine Familie. Schon in der Nacht von Freitag auf<br />

Samstag bewarfen dunkle Gestalten am frühen Morgen zischen 4 und 5 Uhr und<br />

in der Heiligen Pfingstnacht, nämlich am Pfingstmorgen zwischen 1 und 2 Uhr<br />

ständig mit großen Steinen durch das Fenster sein Bett. Pfarrer Engelmann hatte<br />

sich mit Weib und Kind in äußerster Leib- und Lebensgefahr befunden, zumal<br />

unter den Wurfgeschossen ein ungefähr zwei Pfund schwerer Stein war. An der<br />

hinteren Haus- und Küchentür hatten sie einen Zettel angebracht. Es hatte den<br />

Anschein, als ob er nachts in Abrahams Cherdrons Haus geschrieben worden<br />

wäre:<br />

„Du Welscher- Schelm, du sollst mit Steinen gejagt werden,<br />

von uns Deutschen und Katholiken sollst Du noch gesteinigt werden,<br />

Du Mühlen-Frevler<br />

Pfarrer Engelmann zeigte diese Morddrohung seinem Kollegen Georg Ludwig<br />

Geisweid 231 , der ganz entsetzt folgenden Kommentar dazu schrieb:<br />

„Wir leben in einer Zeit, da man sich nicht um den mörderischen Geist<br />

des Teufels kümmert, keiner sich an den guten Geist Gottes hält,<br />

sondern nur an Satans zerstörerische Kräfte. Diese ganze Niederschrift<br />

verfasste der deutsch reformierte Pfarrer Geisweid mit Betrübnis<br />

am 7.6.1718 232 “<br />

1718: am 10. August 1718 trat das Konsistorium 233 zusammen. Pfarrer<br />

Engelmann hatte auf der ganzen Linie gesiegt und nun war es an den<br />

Verantwortlichen der Kirchengemeinde, die Leistungen ihres Pfarrers<br />

anzuerkennen und ihm zu danken. Bei Gott, es fiel ihnen schwer genug. Sie<br />

bedauerten, ihn nicht genug unterstützt zu haben und ihm Kummer und Ärger<br />

bereitet zu haben. Er habe gegen jede Erwartung und Hoffnung den Prozess<br />

gewonnen. Nun waren sie auch bereit, ihm die entstandenen Kosten für die vielen<br />

Reisen zu erstatten. Zudem hatten sie sich zweimal Geld von ihm geliehen.<br />

Insgesamt waren fast 42 Gulden aufgelaufen. Engelmann hatte sich durchgesetzt.<br />

Von nun an galt in dieser Gemeinde das Wort des Pfarrers Engelmann.<br />

231 ) Geisweid, Georg Ludwig war vom 2.6.1716 an 9 Jahre lang Pfarrer der deutsch reformierten<br />

Kirche Otterbergs. Er war verheiratet mit Johanna Catharina Tochter des Johannes Culman<br />

und der Maria Anna Rosina Schön Er starb am 4.4.1725 nach 9tägiger Krankheit. Er wurde 54<br />

Jahre, 4 Monate und 18 Tage alt. Seine Leichenpredigt hielt der Vorgesetzte und Inspektor<br />

Johann Caspar Crutziger (Cruciger) aus Lautern<br />

232 ) franz. Kirchenbuch, Band XII, pag 260.<br />

233 ) Dem Gremium gehörten neben dem Pfarrer: Pierre Cherdron der Ältere, Paquy Le Songne,<br />

d.Ä. Jacob Veillard der Ältere, Abraham Digeon der Ältere, Daniel Raquet Diakon,<br />

Anthoine Profit und Louis Parg an<br />

141


142<br />

142<br />

Ein zweiter Punkt dieser Sitzung war die Auszahlung von Sozialhilfe an die<br />

Armen der wallonischen Gemeinde durch die Diakone. Engelmann setzte durch,<br />

dass die Diakone Antoine Profit und Daniel Raquet nur noch dann Geld<br />

auszahlen durften, wenn er vorher die Auszahlung genehmigt hatte.<br />

1718: Das Protokollbuch des Konsistoriums verzeichnete im Dezember noch zwei<br />

Sitzungen Am 8 Dezember legte das Gremium die pastoralen Reisebegleitungen<br />

fest, von denen sich die Mitglieder ach so gerne drücken wollten. Jeweils ein<br />

Kirchenältester und ein Diakon mussten ihn im nächsten Jahr an Ostern,<br />

Pfingsten, im September und in der Weihnachtszeit begleiten.<br />

1718: am 24 Dezember erschienen vor der Kirchenleitung Marie Renard, die<br />

Frau des Noé Tibé, Marie Bertram und die Frau des Paul Renard 234 . Diese<br />

zwei Schwägerinnen beleidigten sich gegenseitig in solch einer grausamen Art<br />

und Weise, dass der Familienfrieden gefährdet war. Die verbalen Angriffe<br />

geschahen aus Feindseligkeit und aus Hass heraus. Die Anwesenden machten<br />

beiden heftigste Vorwürfe und verlangte eine Korrektur ihres Handelns. Die<br />

Schwägerinnen wurden mit ihrer Zustimmung und zu ihrer Zufriedenheit wieder<br />

versöhnt. Sollte eine der Damen wieder mit niederträchtigen und schmutzigen<br />

Beschimpfungen anfangen, dann sollte die erste einen Ecus in die Armenkasse<br />

zahlen.<br />

1719: am 7.5.1719 musste Pfarrer Engelmann mal wieder gehässigen Streit<br />

zwischen den drei Schwestern schlichten. Der Kirchenälteste Herr Abraham<br />

Digeon und seine Schwester Nannette Digeon, die Frau des Henry Renard<br />

beklagten sich über ihre Schwester Rachel, die übrigens mit Jean Fromy<br />

(Froumy) verheiratet war. Rachel hatte immer wieder üble Gerüchte über ihre<br />

Geschwister verbreitet. Pfarrer Engelmann redete der Frau Froumy ins Gewissen,<br />

die daraufhin sich entschuldigte. Als Zeichen der Versöhnung reichten sich die<br />

Geschwister die Hände. Außerdem drohte der Pfarrer - wie in solchen Fällen<br />

üblich - allen Beteiligten eine Geldstrafe von 1 Gulden an, die als erste wieder mit<br />

dem Streit anfangen würden.<br />

6.5. Pfarr- & Schulhäuser & große Finanzprobleme<br />

Die Schulmeisterstelle war seit 174 verwaist. Es war höchste Zeit, einen Nachfolger<br />

zu bestimmen.<br />

1717: am 6. März (6.3.1717) war die Gesellschaft versammelt, um einen<br />

Vertrag mit dem zukünftigen Schuldiener 235 Herrn David Bourgeois zu<br />

schließen. Die Versammlung versprach ihm jährlich folgende Geld- und<br />

Sachleistungen zu zahlen: (vgl. → 24.8.1724)<br />

• eine Unterkunft,<br />

• einen Garten,<br />

234 ) Paul Renard † 25.9.1726, an Siene Fieber im Alter von 49 , seine Frau Marie Bertram †<br />

8.5.1742 im Alter von 61 Jahren, Noé Tibé verstarb an Skorbut am 27.6.1744<br />

235 ) Der Drehenthaler Glashüttenbesitzer Herr Heydweiler (Heidweiler) finanzierte seit 1708 das<br />

Gehalt des am 18.2.1714 verstorbenen Lehrers Migeot, Schwiegervater des engagierten Pfarrers<br />

Engelmann


143<br />

• acht Malter Roggen, drei davon aus der kurpfälzischen Staatskasse und<br />

fünf von der (franz.) Otterberger Kirchenverwaltung<br />

• drei Malter Hafer, die er vom Kurfürsten bekommen würde<br />

• an Geld 24 Gulden, sechs aus der Staatskasse und 18 vom Otterberger<br />

Konsistorium<br />

• einen Wagen Heu<br />

• sechs Ster Holz<br />

Diesen Vertrag 236 legte die franz. Kirchenverwaltung dem Kirchensenat in<br />

Heidelberg zur Genehmigung vor. Die Zustimmung erreichte Otterberg am<br />

14.6.1717. Noch an diesem Tag nahm Bourgeois dann auch seinen Dienst auf.<br />

Allerdings hatte es mit dem Garten und der Unterkunft einen Haken, da der<br />

Garten vom reformierten Schulmeister Müller nicht herausgegeben wurde und<br />

die Unterkunft eine Bruchbude war, durch die Regen und Wind hindurch bliesen.<br />

Es dauerte weitere drei Jahre, bis Bourgeois ordentlich untergebracht war und im<br />

Herbst 1720 seinen Garten bewirtschaften konnte (siehe weiter unten). 237 Auch<br />

inhaltlich schildern die Unterlagen das didaktische Konzept: Gemäß der<br />

Anweisung vom 2.11.1716 sollten die Schulmeister solange den Stoff<br />

wiederholen, bis die Schüler das Gelernte nicht mehr vergessen hätten. (pag 279)<br />

Besonders witzig fand ich die Anweisung vom 5.2.1723 an Herrn Bourgeois,<br />

dass er nur auf Französisch unterrichten durfte. Beschwert hatte sich sein<br />

deutschsprachiger Kollege, der in ihm einen Konkurrenten entdeckte.<br />

1719: am 6.1.1719 trat wieder das Konsistorium unter der Leitung des Pfarrers<br />

zusammen. Zwei wesentliche Punkte bestimmten die Tagesordnung.<br />

1. die Versammlung beschloss, die armen Familien der franz. Kirchengemeinde<br />

im notwendigen Maße zu unterstützen und somit die Diakone zur<br />

Geldauszahlung zu berechtigen.<br />

2. Der Lehrer Bourgeois schilderte sehr drastisch die Armut einiger Familien. So<br />

seien manche nicht in der Lage, das Schulgeld ihrer Kinder zu bezahlen. Aus<br />

diesem Grund würden sie vernachlässigt und in ihrer Entwicklung<br />

benachteiligt. Die Anwesenden beschlossen das Schulgeld der Erstklässler, des<br />

Simon Heuser, dem „Buben“ der Elisabetha Chaumont 238 und des Jacob<br />

Winter, dem Sohn der Catharine Raquet 239 zu übernehmen. 240<br />

236<br />

) pag 236, unter Hälfte.<br />

237<br />

) Neben diesem gesicherten Einkommen kassierten die Schuldiener bzw die Schulmeister noch<br />

von den Eltern Schulgeld. Da Schulpflicht herrschte, kamen die armen Eltern dadurch<br />

zusätzlich in Zahlungsschwierigkeiten. Folglich könnte es einige Schulschwänzer gegeben<br />

haben. Sieben Jahre später laut Beschluss der Kirchengemeinde vom →15.6.1724 erhielt<br />

Bourgeois 8 ½ Malter Korn und 17,51 Florentiner an Geld.<br />

238<br />

) Simon Heuser wurde 1712 als Sohn der Eheleute Elisabetha Chaumont und des Alexander<br />

Heuser geboren. Die Ehe war nicht sehr glücklich, er ließ seine Ehefrau mit vier kleinen Kindern<br />

sitzen. . Er stammte aus Langenbach an der Bergstraße. Wo er verblieb, ist unbekannt. Simon<br />

Heuser starb 22jährig an einem heißen Fieber am † 10.5.1734<br />

239<br />

) Jacob Winter kam 1712 auf die Welt. Sein Vater Jacob Winter starb früh, die Mutter Catherine<br />

Raquet † 25.4.1751<br />

240<br />

) am → 27.12.1724 beschloss das Konsistorium wieder einkommensschwache Familien zu<br />

unterstützen. Für 1725 bezahlte die Kirche den Kindern Simon Heuser, Noé Bouquio, Anna<br />

Marie Étienne und Jean Pierre Henry das Schulgeld<br />

143


144<br />

144<br />

1719, 20.1.1719. Das Konsistorium erwarb nun die Haushälfte des Abraham<br />

Cherdron mit Ställen, einen Brunnen, die Färberei und den Garten hinter der<br />

Färberei für 250 Gulden. (pag 244 und 245) Die sie bereits am 24.6.1717 für<br />

Pfarrer Engelmann für jährlich 10 Gulden angemietet hatte (siehe oben). Der<br />

Stadtschreiber Pistorius verfasste den Kaufvertrag auf Deutsch und dort steht<br />

unter anderem zu lesen<br />

„Es verkauft Abraham Cherdron 241 mit Konsens (Zustimmung) seiner<br />

ehelichen Hausfrau Anna Sybilla sein Halb Haus und zwar das unterste an<br />

der Lautrer Gass, welches samt Hofrecht, Stallung = Brunnen = Färberei<br />

und daran gelegenem Garten mit allem Zubehör, das unten an Johann<br />

Leonhard Dietrich und oben an des Käufers Teil und hinten an die<br />

Stadtmauer gelegen ist. Der vereinbarte Kaufpreis sollte innerhalb von zwei<br />

Jahren über den Pfleger Witt entrichtet werden. Zudem vereinbarten die<br />

Parteien, dass zwischen den zwei Grundstücken eine hohe Mauer zu<br />

errichten sei. Der Vertrag wurde von dem Stadtschreiber Herrn Pistorius<br />

ausgefertigt und von dem Raths-Bürgermeister Johann Philipp<br />

Morfilius 242 beglaubigt. Es unterschrieben Pfarrer Engelmann, Abraham<br />

Cherdron und seine Frau Anna Sybilla, Paquay le Soigne, (= Lesoine) Jacob<br />

Veillard, Abraham Digeon, Daniel Raquet, Antoine Profit und David<br />

Lacmann.“<br />

6.6. Immer neuer Ärger<br />

1719: Nach den Urteilen vom 24. und 31. Mai 1718 gaben sich die unterlegene<br />

Stadtverwaltung Otterberg und die Deutsch reformierte und Katholische Kirche<br />

noch nicht geschlagen. Sie ließen die „Franzosen“ erst mal ihren Scheinsieg<br />

auskosten, bevor sie im Februar 1719 wirkungsvoll zurückschlugen. Weder die<br />

Stadt noch der (kath.) Priester räumten oder gaben das vor der Kirche gelegene<br />

Pfarrhaus zurück. Sie pfiffen auf die zwei obigen Urteile. Der Rechtsstreit ging<br />

nun in das vierte Jahr und es war noch kein Ende abzusehen. Einziges Ergebnis<br />

war, die Französisch Reformierte Kirche war durch die Vorauszahlung der 250<br />

hfl. Gerichtskosten ruiniert und sie waren überhaupt nicht in der Lage, weitere 50<br />

Ecus als Kosten für die Zwangsvollstreckung zu entrichten. Außerdem beklagt die<br />

Aktennotiz vom Donnerstag, den 23.3.1719, Seite 247, das hinterhältige<br />

Vorgehen der Prozessgegner. Sie hätten außerdem erfolgreich den Hauskauf vom<br />

20.1.1719 angefochten. Sie argumentieren, es könne nicht sein, dass diese<br />

Gemeinschaft ohne Zustimmung des Kurfürsten ein Bürgerhaus erwerbe, um es<br />

dann in ein Pfarrhaus umzuwandeln. Die Nutzungsänderung hätte genehmigt<br />

werden müssen. Die franz. Kirchenverwaltung beschloss nun einstimmig, auf den<br />

Kauf des Hauses Abraham Cherdron zu verzichten. Stattdessen wollte die<br />

Kirchengemeinde sich um die kurfürstliche Zustimmung zu einer Spendenaktion<br />

bemühen. Aus der Kollekte sollte dann ein Bauplatz erworben werden, auf dem<br />

dann das neue Pfarr- und Schulhaus gebaut werden konnte. Die achtköpfige<br />

Führungsspitze beklagte das unchristliche Handeln der anderen Kirchen. Sie<br />

241 ) Abraham Cherdron, * 1673, † 28.3.1750, sein Vater Pierre † 20.11.1723<br />

242 ) Morfilius, Johann Philipp † 30.10.1730 im Alter von 79 Jahren, seine Frau Elisabetha<br />

Margretha Bauer starb ein halbes Jahr später am 2.6.1731. Sie war 79 Jahre, 4 Monate und<br />

wenige Wochen alt geworden.


145<br />

hätten ihre Hand ausgestreckt, aber ihre Brüder (die anderen) hätten ganz im<br />

Gegenteil sich daran erfreut, dass sie sich ruiniert hätten 243 .<br />

Anfang 1719 ging es in Otterberg wieder rund. Die deutsch reformierten zogen<br />

über die „Franzosen“ her. Am 15. Februar spitzte sich die Situation zu. Im Haus<br />

des Hans Adam Sternberger waren einige Leute aneinander geraten. Vor allem<br />

David d`Ármes, der Kirchenälteste der Deutsch Reformierten Kirche hätte<br />

beleidigende Worte über die wallonische Kirchengemeinde in Gegenwart des<br />

Thomas Simon gefunden. Thomas musste sich anschließend offensichtlich bei<br />

Pfarrer Engelmann darüber beklagt haben, denn Pfarrer Engelmann lud ihn<br />

daraufhin zu einem Informationsgespräch zu sich ins Pfarrhaus. Er erzählte,<br />

Pierre Cherdron und sein Schwiegersohn David d`Ármes hätten in seiner<br />

Gegenwart Lügengeschichten verbreitet und wären ausfallend geworden. Das<br />

ganze hätte bereits im Haus des Abraham Cherdron angefangen, wo mehrere<br />

Männer anwesend waren. Es musste eine hitzige Debatte gewesen sein. David<br />

Armes hätte den 38 jährigen Peter Paul 244 mit Leib und Seele hinter ihm<br />

gestanden, der auch stark vom Leder gezogen hatte. Gemeinsam hätten sie Simon<br />

Thomas beleidigt. Sie hätten ihn als >Abtreiber< bezeichnet. Sie hätten gerufen:<br />

ihr Wallonen, ihr Schelmenleut, wollt alles an Euch ziehen.<br />

6.7. Pfarrhaus & Schule wurden 1720 gebaut<br />

1719: 6.5.1719: Der wallonischen Kirchengemeinde ging am 6.5.1719 die<br />

Genehmigung der Kurfürstliche Verwaltung in Heidelberg zu, von dem damals<br />

35jährigen Handelsmann und Otterberger Bürger Herrn Jean Adolf Heydweiler<br />

einen Bauplatz zu kaufen auf dem das neue Pfarr- und Schulhaus gebaut werden<br />

sollten. Noch am gleichen Tag teilte der Kirchenrat dies dem<br />

Grundstücksverkäufer mit und bat ihn gleichzeitig, seinen bisherigen Garten nicht<br />

mehr zu bepflanzen. Jean Adolf Heydweiler 245 sah nun die günstige Gelegenheit,<br />

den Verkaufspreis nach oben zu korrigieren und forderte mehr als die gedachten<br />

40 Gulden. Aber Heydweiler konnte diese Forderung angesichts der prekären<br />

Finanzlage der franz. reformierten Gemeinde nicht mehr realisieren. In dem<br />

geführten Gespräch und dem sich anschließenden Vertrag beim Bürgermeister<br />

wurde auch die Grundstücksgröße von 80 x 50 Yard festgelegt.<br />

27.7.1719: Pfarrer Engelmann reiste innerhalb von wenigen Wochen schon<br />

wieder nach Heidelberg 246 . Diesmal blieb er 10 Tage. Er wollte zum einen die<br />

243 ) Diese Aktennotiz wurde von allen Anwesenden eigenhändig unterschrieben. Dies waren Pierre<br />

Cherdron, Paquay le Sogne, Jacob Veillard, Abraham Digeon, Daniel Raquet, Anthoine Profit,<br />

David Laman, Jean Pierre Cherdron.<br />

244 ) Johann Peter Paul * 9.10.1690, starb am 27.2.1749 im Alter von 58 Jahren<br />

245 ) Heydweiler, Johann Adolf war Mitglied der Deutsch Reformierten Kirche; † 22.2.1744 im<br />

Alter von 60 Jahren und etliche Wochen. Er war mit Anna Maria verheiratet, die am 7.10.1749<br />

im Alter von 62 Jahren und 14 Tagen verstarb. In diesem Sterbeeintrag wird Johann Adolf als<br />

Wollenwebermeister bezeichnet.<br />

246 ) 22.5.1719: Pfarrer Engelmann reiste mit Herrn Inspektor Cruciger, Herrn Keller, dem<br />

Kirchenältesten der Deutsch Reformierten Kirche und dem Kirchenältesten Bolus von Miesau<br />

nach Heidelberg. Die Vier waren Deputierte aller evangelischen Kirchen des Oberamtes<br />

Lautern. Ihre Bitte war die Wiedereinführung des Heidelberger Katechismus, der 1681 von<br />

dem damaligen Kurfürsten verboten worden war. Der Beschluss zur Reise war in dem Chor der<br />

Lauterer Stiftskirche gefallen, in dem sich alle Pfarrer und jeweils ein Kirchenältester wenige<br />

Tage vorher versammelt hatten.<br />

145


146<br />

146<br />

dringend benötigte amtliche Spendenerlaubnis erhalten, wenn die<br />

Spendensammler nicht als Bettler auftreten wollten. Zum anderen wollte er die<br />

Hochverehrte kurfürstlichen Forstverwaltung um das benötigte Bauholz aus dem<br />

kurfürstlichen Otterberger Wald bitten. Jeder Wunsch war so wichtig wie der<br />

andere. Am 2.8.1719 nahm Pfarrer Engelmann die Spendenerlaubnis in Empfang<br />

und erhielt außerdem die Zusage für 84 Eichenstämme. Gleichzeitig wies die<br />

kurfürstliche Forst- & Jagdverwaltung den Lauterer Forstmeister Rettig an, die 84<br />

Stämme zur Fällung auszusuchen & freizugeben.<br />

Kaum von der Reise zurück, schloss der Kirchenrat 247 am 17.8.1719 mit dem<br />

Zimmermann Christoph Zeusig von Winnweiler einen Werkvertrag über die<br />

Errichtung von zwei Fachwerkhäusern. Zeusig sollte dafür 135 Gulden und ein<br />

Fass Wein erhalten. Am gleichen Tag wurde man auch mit Philippe Daniel<br />

Froumy einig. Er sollte nach Hanau bei Frankfurt fahren, um dort bei den<br />

Glaubensbrüdern großzügige Spenden für den Hausbau einzusammeln. Man gab<br />

ihm als Reisegeld 4 Gulden mit und versprach ihm als Lohn für je 100 Gulden<br />

Spenden 30 Gulden (= 30 %). Man hatte sich von dieser Reise ein großes<br />

Spendenaufkommen versprochen. Doch seine Reise wurde finanziell ein absolut<br />

enttäuschender Reinfall, denn die Hanauer Calvinisten gaben ihm nur 4 Gulden.<br />

Der Betrag deckte noch nicht einmal die Reisekosten. Fromy (Froumy) kehrte<br />

mit hängenden Schultern frustriert wieder zurück. Dem franz. Kirchenrat stand<br />

nun der Angstschweiß auf der Stirn. Es musste unbedingt schnell Geld her.<br />

15.9.1719 in ihrem Gottvertrauen schickten die Otterberger zwei Leute zum<br />

Spendensammeln in die Schweiz. Dies waren der Lektor und Schuldiener David<br />

Bourgeois 248 und Jacob Tibé. Auch sie hatten eine Abschrift der kurfürstlichen<br />

Spendenerlaubnis bei sich. Ebenfalls erhielten sie als Reisegeld 4 Gulden. Als<br />

Lohn und Anreiz für ihren Spendenerfolg sollten sie ein Drittel der Spenden<br />

bekommen. Bei der Auswahl der Sponsoren 249 gingen sie diesmal geschickter<br />

vor. Wegen des großen Erfolges 250 , schickten sie danach jährlich einen<br />

Deputierten in die finanzkräftigen Zentren. Und dabei scheuten sie auch nicht<br />

die weitesten Reisewege. Anscheinend waren die Geldsammler erfolgreich, so<br />

3.6.1719: Seine Excellenz Herr Doktor Mieg, erster Rat des Hochverehrten Kurfürsten<br />

besuchte alle Kirchen und Schulen des Lauterer Amtsbezirks. Am Samstag, den 3.6.1719 kam<br />

er nach Otterberg und speiste mit einigen Leuten im Gasthaus Zum Löwen, die ihn von<br />

Lautern aus begleitet hatten. Gegen Ende des Essens schickte der edle Herr (und Schnorrer)<br />

nach 2 franz .Konsistorialräten, die das feudale Essen bezahlen mussten. Und dies bei leeren<br />

Kassen. Gastwirt war übrigens David Heydweiler, der 69jährig am 21.9.1730 verstarb.<br />

247 ) Der 8 köpfige Kirchenrat setzte sich wie folgt zusammen: Pierre Engelmann, die<br />

Kirchenältesten Pasquay le Soigné († 4.11.1734 mit 86 Jahren), Jacob Vieillard, Abraham<br />

Digeon, Daniel Raquet und die Diakone Antoine Profit, David Lacmann und Jean Pierre<br />

Cherdron<br />

248 ) Zum einen waren durch die Aufhebung der franz. Religionsfreiheit Zehntausende Calvinisten<br />

nach Holland und England geflüchtet, wo sie rasch zu Wohlstand gekommen waren. Ich<br />

war sehr überrascht zu lesen, dass der Schulmeister David Bourgeois 248 1719 dorthin reiste.<br />

Herr Engelmann hatte mit Bourgeois einen sinnvollen Vertrag geschlossen, der es Bourgeois<br />

erlaubte, während seiner Reise seinen Lebensunterhalt bezahlen zu können, andererseits ihn<br />

motivierte, besonders aktiv zu werden. Denn Bourgeois bekam ein Drittel der Spenden.<br />

249 ) Es waren u.a. die franz. reform Gemeinden in Holland, England und Frankfurt (Hanau).<br />

Außerdem bekamen sie 500 Gulden vom Landgrafen von Hessen-Kassel.<br />

250 ) Es waren 259 Gulden laut Kaller, Gerhard, Otterberg, Band 2, S. 167 unten. Ob dies nach<br />

Abzug der Provision war?


147<br />

dass sie am 3.8.1720 nochmals auf Spendenreise nach Holland und England<br />

geschickt wurden.<br />

Derweilen ging es in Otterberg Schlag auf Schlag voran. „Am 30. und 31 August<br />

gingen der kurfürstliche Forstmeister Rettig 251 und der Pfleger des Klosters,<br />

Herr Witt in den Otterberger Wald und markierten geeignete Eichen für die<br />

beiden Häuser im Fachwerkstil. Bereits am 4. September fällten die Zimmerleute<br />

und zahlreiche Arbeiter der Kirchengemeinde die 84 ausgesuchten, mächtigen<br />

Eichen an nur einem Tag. Am 14. September erhielt der Grundstücksverkäufer<br />

Adolf Heydweiler die vereinbarten 40 Gulden, die sich die franz. reformierte<br />

Kirchenverwaltung bei dem Müller der Eselsmühle Samuel Weckmann 252<br />

geliehen hatten. „Man tat dies in der guten Hoffnung, dass der Liebe Gott uns in<br />

diesem Unternehmen unterstützen werde. Zu seinem Lob und zu unserer Gnade“.<br />

Wieso gerade der? Er war der Schwager des Otterbergers Jean Jacob Fortineux,<br />

der am 7.5.1711 dessen Schwester Maria Elisabetha in Alsenborn geheiratet<br />

hatte. 253<br />

Im Winter 1719/1720 richtete Zeusig mit seinen Leuten das Bauholz. Im April<br />

1720 war es nun so weit. Am 22. und 23 April wurden die Fachwerkhäuser in nur<br />

zwei Tagen 254 errichtet. Diese Neubauten waren natürlich auch wertvolle<br />

Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen für die zahlreichen arbeitslosen Tagelöhner der<br />

französisch reformierten Kirchengemeinde.<br />

Neben den gelernten Zimmerleuten Zeusigs arbeiteten 30 Arbeiter der franz.<br />

Kirchengemeinde. Als Lohn erhielten die Otterberger Helfer an diesen zwei<br />

Arbeitstagen morgens frisches Brot und ein Glas Schnaps, mittags ein Sol (?)<br />

Brot und einen Schoppen Wein und abends das Gleiche wie morgens. Um 16<br />

Uhr konnten die Schaffer sich etwas erholen. Pfarrer Engelmann hält in se m<br />

Bericht fest, jeder sei damit sehr zufrieden gewesen. Wie wir gesehen haben, war<br />

das Brot neben dem Alkohol das Hauptnahrungsmittel der Arbeiter. Im Frühjahr<br />

1719 kletterten die Brotpreise derart, dass der Zimmermeister Zeusig bei dem<br />

vereinbarten Preis viel Geld verloren hatte. Anscheinend hatte er seine Arbeiter<br />

nicht mit Geld, sondern auch mit Brot bezahlt. Seine beiden Kompagnons Pierre<br />

& George Römer 255 drohten den Gesellschaftsvertrag zu kündigen, wenn die<br />

franz. Kirchengemeinde nicht mehr bezahlen würde. Der Kirchenrat sah dies ein<br />

251 ) Dieses Amt des kurfürstlichen Forstmeisters im „Reichswald“ war erblich und seit über 100<br />

Jahren übte jeweils der älteste Sohn Rettig das ertragreiche Amt aus. Sein Nachfahr Daniel<br />

Rettig ritt am → 4.10.1804 mit Napoleon über die Schlachtfelder um Kaiserslautern herum.<br />

252 ) Samuel Weckmann * 1.8.1684 auf der Eselsmühle als 2. Sohn des Müllers Severin<br />

Weckmann und der Anna Magdalena NN auf die Welt. Er war mit der Maria Magda<br />

Hackenbrug verheiratet und hatte 7 Kinder. Seine Schwester Maria Elisabetha oo Jean Jacob<br />

Fortineux. 1731 überfiel eine Räuberbande seine Mühle, fesselten ihn und ließ ihn liegen. Die<br />

Gangster nahmen alle Vermögensgegenstände mit. Samuel starb an den Verletzungen.<br />

253 ) Jean Jacob wurde am 17.10.1690 in Holzappel geboren. Er war Sohn des Jonas Fortineux<br />

und der Susanna Rosina Spohn. Er hatte am 7.5.1711 in Alsenborn die Maria Elis.<br />

Weckmann seine erste Ehefrau geheiratet, die 33jährig am 31.3.1728 im Kindbett starb.<br />

Insgesamt war er vier Mal verheiratet. Jean Jacob Fortineux wanderte mit seinen Kindern<br />

aus.<br />

254 ) Am 19. April 2006 entstand in Otterberg, auf dem Oberen Geißberg ein Fachwerkhaus auch<br />

nur in einem Tag. Dabei waren ein Kran und drei Arbeiter im Einsatz, die die vorgefertigten<br />

Holzteile zusammenfügten. Also nur 1/10 der Arbeitskräfte von 1719. Es ist verwunderlich<br />

wie schnell und akurat die Handwerker vor 300 Jahren arbeiteten.<br />

255 ) Die beiden Brüder hatten öfters Streit miteinander, der in 1721 eskalierte.<br />

147


148<br />

148<br />

und legte noch 7 Gulden drauf. Die Zimmerleute bauten in den nächsten Wochen<br />

die Fußböden und Decken ein, damit das Haus begehbar wurde.<br />

Am 26. Mai bestellte die Kirchenverwaltung bei Franz Faulhaber alle<br />

notwendigen Steine, den Sand und den Kalk. Er sollte dafür 50 Gulden erhalten.<br />

Als am 6.6.1720 die Ställe aufgebaut wurden, hätten viele Leute zugeschaut. Die<br />

Gipserarbeiten dürften erst gegen Mitte Oktober abgeschlossen worden sein, denn<br />

das Haus war bei seinem Erstbezug noch absolut feucht. Heute rechnet man mit<br />

einer Trockenzeit von 28 Tagen.<br />

1720: Am Montag, den 11. November bezog Pfarrer Engelmann das neue<br />

Pfarrhaus. Es war nicht riesig, bot aber einer großen Pfarr-Familie genug Platz.<br />

Leider war der Umzug voreilig, denn innen war es allerdings noch ganz feucht.<br />

Und zwar so stark, dass er riskierte, mit seiner Familie dort zugrunde zu gehen.<br />

Morgens waren Bett und Bettzeug von den Feuchtigkeit der Außenmauern und<br />

Wänden vollkommen nass. Dieser verfrühte Umzug ist sehr erstaunlich, zumal das<br />

Gebäude keine einzige Tür hatte und es erbärmlich zog. Grund für diesen<br />

voreiligen Umzug, war das inzwischen vergiftete Verhältnis zu dem früheren<br />

Vermieter Abraham Cherdron. Der hektische Umzug ist umso bemerkenswerter,<br />

als seine hochschwangere Frau Marie Cunigunde Migeot kurz vor der Geburt<br />

ihrer Tochter Charlotte Pauline Engelmann stand. Die Wehen hatten bereits<br />

eingesetzt. Am nächsten Tag, Dienstag abends um halb acht Uhr kam das<br />

Mädchen im neuen Pfarrhaus auf die Welt. Die feierliche Kindtaufe des kleinen<br />

Sonnenscheins war am darauf folgenden Sonntag, den 17.11.1720. Die Taufe 256<br />

nahm laut Taufeintrag Pfarrer Geisweid in der franz. Kirche vor. Der Vater<br />

schrieb ausdrücklich, dass Ludwig Geisweid die ganze Zeremonie auf<br />

Französisch hielt. An der zuerst feuchten Wohnung wird es wohl nicht gelegen<br />

haben, dass die kleine Charlotte fünfjährig bereits am Samstag, den 22.12.1725 an<br />

einem lang anhaltenden Fieber und am Ende an wässerigen Schwellungen<br />

verstarb.<br />

1720: ab 3. August: 1720 reiste Herr David Bourquoi, Lektor dieser Kirche als<br />

Deputierter nach Holland und England, um dort Geld einzusammeln. Leider war<br />

er in Amsterdam krank geworden und hatte dort sieben Wochen lang<br />

daniedergelegen. Er konnte erst in der Pfingstwoche 1721 zurückkehren. Der<br />

Erfolg der Reise lässt sich aus dem Buch der Kollekte ersehen. Auch die<br />

interessanten Reiseberichte überzeugten. Das Handgeld von einem Drittel der<br />

Einnahmen hatte ihm die Schmerzen und seinen Kummer gelindert. Diesen<br />

Provisions- Vertrag hatte ich mit ihm geschlossen. (vgl. nächste Spendenaktion<br />

24.6.1721) 257<br />

1721: ebenfalls am 24. Juni 258 trat das Konsistorium wegen Philippe Daniel<br />

Fromy zusammen, um noch einige Fragen wegen seiner Reise nach Frankfurt zu<br />

klären. Er war 1719 das erste Mal in diese reiche, freie Reichsstadt geschickt<br />

worden, um Spenden beim dortigen Französischen Konsistorium in Frankfurt zu<br />

256 ) Paten waren: Pfarrer Jacob Knochel von Oberingelheim, der Händler Sebastian Stuckrad<br />

von Lautern, Frau Charlotte Keller, die Ehefrau des Jean Henry Heidweiler (Chef der<br />

Drehenthaler Glashütte) und Frau Pauline, Frau des Andreas Hager, Bürger von<br />

Oberingelheim. Von Frau Hager kannte Engelmann nicht den Geburtsnamen. (Welche<br />

Beziehungen hatte Engelmann zu Ingelheim?)<br />

257 ) Gemäß Protokollbuch XII, Seite 298, erfolgte die Reisekosten- und Spendenabrechnung erst<br />

am 15.6.1724. Siehe unten, Suchbefehl →15.6.1724<br />

258 ) Suchbegriff für Excel → 24.6.1721. vorherige Spendenaktion siehe 3.8.1720


149<br />

sammeln. Er hatte laut Protokoll vom 17.8.1719 jedoch nur 4 Gulden erhalten.<br />

Viele der Frankfurter Kirchenleute schienen sich auch noch 2 Jahre danach wegen<br />

der mickrigen Spende zu schämen Sie schrieben, Philippe Daniel Froumy sollte<br />

nochmals kommen, um weitere vier Gulden in Empfang zu nehmen. → 3.8.1720<br />

1721: am Freitag, den 6ten Juli (6.7.1721) machte ich mit Jean Haque einen<br />

Vertrag, damit er die Schul-Glocken stimmen sollte. Denn unser Schuldiener<br />

Bourgeois beschwerte sich über den Glockenklang. Da er nämlich zum Läuten<br />

verpflichtet ist:<br />

• drei Mal während des Tages,<br />

• Sonn- und Feiertags und immer<br />

• an jedem ersten Mittwoch jeden Monats<br />

• bei Gefahren wie Brand, Unwetter<br />

erhält der Schuldiener zusätzlich jährlich vier Gulden. In 1722 war Lehrer<br />

Bourgeois wohl eine längere Zeit abwesend. Jean Henry Digeon übernahm für<br />

einen Gulden das Läuten. (aus KB, Band XII, Seite 267) Ob der Gulden dem<br />

Schuldiener Bourgeois abgezogen wurde, ist nicht vermerkt.<br />

1726: am 20.12.1726 prüfte das Konsistorium die Abschlussrechnung die vom<br />

Pfarrer Engelmann vorgelegt worden war.<br />

6.8. Mist vor der Kirchentür (1721)<br />

Hintergrund des ganzen Ärgers war die aggressive Außenpolitik Frankreichs.<br />

1689 entfachte Ludwig XIV den Pfälzischen Erbfolgekrieg und wenige Jahre<br />

später folgte auf unserem Gebiet der Spanische Erbfolgekrieg. Während dieser<br />

Jahre lagen mehr oder weniger französische Truppen in Otterberg bzw. Erlenbach.<br />

Unter ihrem Schutz raubten die Katholiken den Franz. Reformierten ihrer<br />

materiellen Grundlagen und begannen mit der Rekatholisierung. Hinzu kam die<br />

Kopflosigkeit der Franz. Reformierten Gemeinde Otterbergs. 1689 flüchtete<br />

Charles Faucher und bis 1715 war die Gemeinde ohne eigenen Pfarrer gewesen.<br />

Bis 1712 betreute der Pfarrer Johannes Weldener die Wallonen seelsorgerisch.<br />

Als dann am 14.2.1714 noch der franz. Schulmeister Migeot gestorben war, zeigte<br />

die wallonische Kirche leichte Auflösungserscheinungen, die die Katholischen<br />

Priester schamlos ausnutzten.<br />

Aber Frankreich hatte seine eigene Kräfte und die Zähigkeit des Deutschen<br />

Reiches und seiner Freunde unterschätzt. Selbst ausgepowert kam es am 7.9.1714<br />

zum Frieden von Baden, durch den unter anderem die Reformierten Kirchen<br />

wieder in ihre alten Rechte eingesetzt wurden. Es dauerte aber weitere sechs Jahre<br />

bis die Kurpfalz die Kraft zurück gewonnen hatte, dies auch in materielles Recht<br />

umzusetzen.<br />

10. Dezember 1720 Der „Landrat“ des Oberamtes Lautern gab den Katholiken<br />

die unbedingte Anweisung, den Reformierten Otterbergs wieder in ihre alten<br />

Rechte einzusetzen. Er gewährte eine Frist von 14 Tagen (auf Französisch<br />

15 Tage), die die Katholiken natürlich verstreichen ließen. Auch der<br />

gedruckte und verlesene Befehl vom 18.2.1721 blieb ohne Wirkung.<br />

10. März: Diesmal schrieb das Kirchenamt in Heidelberg und veranlasste die<br />

Wiedereinsetzung zum 17.3.1721. Es verfügte ausdrücklich:<br />

• Man kann niemand dazu verpflichten mit der Prozession zu gehen oder<br />

das Kreuz zu den Kranken zu tragen,<br />

149


150<br />

150<br />

• Arbeiten, die keinen Lärm machen, sind an katholischen Festtagen<br />

möglich,<br />

• Die Reformierten können nicht gezwungen werden, ihr Haus bzw. ihren<br />

Straßenabschnitt für die Prozession zu schmücken,<br />

• Niemand kann gezwungen werden, eine katholische Hebamme zu<br />

nehmen oder ihre Kinder durch diese oder kath. Diakone taufen zu<br />

lassen.<br />

• Was die Trauung gemischter Ehen betrifft, bleibt es bei der alten<br />

Erklärung.<br />

Was glauben Sie, lenkte die katholische Kirchenführung Otterbergs ein?<br />

Nein, im Gegenteil!<br />

11. April, am heiligen Karfreitag verließen die Katholiken in einer Prozession<br />

laut singend ihre Kirche und zogen runter vor unser Kirchenportal, um uns<br />

dort zu provozieren. An diesem Platz stellten sie auch ihr Kreuz ab,<br />

wogegen wir heftig protestierten. Außerdem kippte der französische<br />

Schulmeister seinen Mist vor unsere Kirchentür. Des Weiteren brachten sie<br />

fünf Tage später am Kreuz eine unerhört gemeine Inschrift an, die der<br />

Landrat am 28ten durch den Schreiner Daniel Louis entfernen ließ. Im<br />

Verlauf der nächsten Wochen eskalierte das skandalöse Auftreten der<br />

Katholiken. Insbesondere tat sich deren Schulmeister unrühmlich hervor.<br />

Dies hatte den Ehrenwerte Kirchensenat in Heidelberg aufgeschreckt und<br />

der ließ sich darüber informieren.<br />

3. Mai: Die Katholiken hatten den Brauch, dass der Priester die Kranken<br />

aufsuchte, um mit ihnen zu beten und eventuell die letzte Ölung zu geben.<br />

Der Pfarrer zog mit jeweils zwei Messdienern zu dem Haus des Kranken,<br />

wobei der erste das Kreuz trug. Die Gruppe wurde von einem Soldaten<br />

begleitet. Alle waren verpflichtet, zu knien, wenn der zu Verehrende an<br />

ihnen vorbei getragen wurde. Verweigerte ein Passant den Kniefall, dann<br />

durfte der Soldat ihn mit Schlägen auf die Knie zwingen. Am 3.5.1721 hob<br />

der oberste Kirchen Senat in Heidelberg diese Regelung auf. Die Fußgänger<br />

mussten jetzt nur noch zur Seite gehen und den Hut ziehen 259 .<br />

12 Juni, Donnerstag, am Fest Gottes betraten katholische Jugendliche die<br />

reformierte Kirche und behinderten die Deutsch Reformierten am Gebet. Sie<br />

machten mit der Kirchenglocke während des gesamten Gottesdienstes einen<br />

unglaublichen Lärm. Und dies auch während der anschließenden<br />

Kindstaufe. Dieser skandalöse Vorfall setzte sich draußen fort. Diese Bande<br />

eilte zum neuen Pfarrhaus, das sie zu plündern begannen. Herr<br />

Bürgermeister Daniel Thomas Raquet eilte herbei, um zu versuchen, sie<br />

aus der Stadt zu führen, wo er sie zur Strafe 3 Tage schmoren ließ, um sie zu<br />

bessern.<br />

13. Juni, Freitags: Der katholische Pfarrer wurde aufgefordert dem David<br />

d`Ármes den Betrag von 40 Kreuzern zurück zu erstatten, den er ihm als<br />

Strafe im Jahr 1718 abgenommen hatte.<br />

259 ) siehe den Erlass vom 8.6.1729: “Die reformierten Milizionäre oder Soldaten des Nationalen<br />

Regimentes können nicht gezwungen werden, bei katholischen Prozessionen zu assistieren oder<br />

zu dienen, weder sich auf die Knie zu werfen noch den Hut zu ziehen. (pag 291)“


151<br />

14. Juni: Ein Tage später, am Samstag, nach dem Fest Gottes, aber vor der<br />

Prozession, ließ der Bürgermeister in der ganzen Stadt durch den<br />

Polizeidiener (Sergeanten) kundtun, dass jeder seinen Gehweg und die<br />

Straße zu reinigen hätte. Und diejenigen, die nichts für die Prozession zu tun<br />

gedenken, sollten sich in ihren Häusern aufhalten. Das ganze war<br />

merkwürdig, warum nicht gesagt wurde, warum diese Order erging. Das<br />

Ganze ging auf den<br />

• katholischen Pfarrer,<br />

• den Herrn Bürovorsteher und<br />

• den Herrn Bürgermeister Raquet zurück, der katholisch war<br />

Am gleichen Tag sollte Marie Louise Faulhaber beerdigt werden.<br />

Während der Beerdigungs-Zeremonie stieg der katholische Schuldiener auf<br />

ein Podest direkt neben den Glockenseilen auf der Galerie, um die Söhne<br />

Faulhabers in ihrem Kirchengesang zu verbessern. Er ließ 5 bis 6mal die<br />

Fensterscheiben erklingen. Er kam alsbald wieder herunter, um die Seile<br />

wieder aufzunehmen. Am Ende seiner Störung pries er lauthals die Mutter<br />

Gottes und ließ wieder kath. Kirchenlieder erklingen. Er tat alles, um die<br />

Beerdigung zu stören. Ungefähr gegen 3 Uhr verschwand er mit einem<br />

Riesen Lärm.<br />

24. Juni, nachmittags: Nach diesem aggressiven Auftreten der kath. Jugendlichen<br />

und des Schulmeisters machte der Pfarrer Engelmann einen Vertrag mit dem<br />

Zimmermann Peter Römer 260 . Schul- und Pfarrhaus sollten sicher<br />

werden. Deshalb sollte um die zwei Gebäude ein hoher und massiver<br />

Bretterzaun aus Eichenholz entstehen. Zu diesem Zweck sollte Peter Römer<br />

dicke Pfosten in den Boden rammen und sie durch dicke Eichenbretter<br />

verbinden. Als weiteren Schutz gegen Vandalismus bekamen sowohl das<br />

Pfarrhaus als auch das Schulhaus bemerkenswerte Haustüren. Außerdem<br />

entstanden im Schulhof in der Hofecke gegenüber dem Backofen zwei<br />

Schweineställe. Dafür erhielt Peter Römer 9 Florentiner = hfl.<br />

15. Juli terrorisierten uns wieder die Katholiken. Punkt 10 Uhr begannen die<br />

Katholiken die Glocken zu läuten, während wir Wallonen beteten. Sie<br />

läuteten, während der Predigt, während aller Gebete, eigentlich während des<br />

ganzen Gottesdienstes. Ihre gehässige Ausrede war, sie hätten ein Kind vom<br />

Weinbrunner Hof zu beerdigen gehabt. Allerdings hatten sie den toten<br />

Körper bereits morgens um 7 Uhr vor das neue Portal gestellt. Unverschämt<br />

wie sie waren, begannen sie mit der Beerdigung, als auch wir um 10 Uhr<br />

mit unserem einstündigen Gottesdienst begannen, der bis 11 Uhr andauerte.<br />

1721: (7.7.1721) Am Samstag, den 7ten Juli 1721 betrat der Schuldiener Herr<br />

Bourgeois das neue schöne Schulhaus 261 , um dort zu wohnen und um dort<br />

den Unterricht zu halten. Die offizielle Einweihung war am Samstag, den<br />

28.7.1721. „Am 28. Juli 1721 hatte der Inspektor Johann Caspar Crusiger<br />

(Cruciger) die Güte, hierher zu kommen, um die neue Schule einzuweihen.<br />

Herr Sebastian Stuckrade 262 hatte ihn begleitet. Die Feierlichkeiten<br />

begannen mit einem Psalm-Gesang. Dann hielt Herr Cruciger auf Deutsch<br />

260 ) Peter Römer oo 1.4.1728 Johanna Elisabetha Cherdron, die Tochter des Abraham Cherdron.<br />

261 ) Es ist zweieinhalb stöckig . Neben dem zentralen Eingang mit drei Stufen sind links und rechts<br />

drei Fenster. Zeichnung in Kaller, Gerhard, Otterberg Bd II, S. 168<br />

262 ) Stuckrad, Sebastian, ein Händler aus Lautern, Patenonkel seiner Tochter Charlotte Pauline<br />

151


152<br />

152<br />

eine schöne Rede über das Schicksal und die Bestimmung dieser Kirche und<br />

Kirchengemeinde. Ich (Pfarrer Engelmann) sprach natürlich auf<br />

Französisch. In meiner Rede hob ich die Notwendigkeit von Schulen und<br />

Bildung hervor. Große Bedeutung käme der Erziehungsaufgabe der Eltern<br />

zu. Ebenso fand ich lobende Worte über unseren Schuldiener Bourgeois.<br />

Gegen Ende sangen wir einen Psalm zusammen und ich spendete der großen<br />

Versammlung ihren Segen, die derart zahlreich war, dass alle Straßen, selbst<br />

die Seitenstraßen voll von Leuten waren. Übrigens beschult unser<br />

Schuldiener 80 bis 90 Kinder. Jährlich erhält er dafür 2 Gulden von<br />

„Weckes“. Zusätzlich bekam er einen kleinen Garten zugeteilt.<br />

Nach der Einsegnung des Schulhauses begab sich der Inspektor Cruciger in<br />

das Pfarrhaus. Dort hatte er auf Befehl des Herrn Pflegers Witt den<br />

64jährigen (deutsch reformierten) Schulmeister Johann Georg Müller 263 zu<br />

sich bestellt. Er befahl dem älteren Lehrer einen seiner zwei Schulgärten<br />

dem wallonischen Schulmeister Bourgeois abzugeben. Da der Garten ja<br />

bepflanzt war, sollte der wallonische Pfarrer ihm als Entschädigung Geld für<br />

die Arbeit und die Pflanzen geben. Nach dem Gespräch ging Bourgeois mit<br />

Herrn Inspektor zu dem besagten Garten und nahm ihn in Besitz. (Diese<br />

Aktion war notwendig gewesen, nachdem sich der Schulmeister Müller<br />

jahrelang erfolgreich geweigert hatte, einen der beiden Gärten abzugeben.).<br />

25.8.1721 erschien vor hiesigem Consistorium Jean David Pierot, der der franz.<br />

reform Gemeinde angehörte. Er berichtete, er sei am 17. Juli zufällig<br />

(occasionshalber) in David Lacmanns Behausung gekommen, als dort<br />

unter anderem Disputen (Discours) von Abraham Digeon ein<br />

Wollenknapp allhier, von der Wallonen Gemeinde, dermaßen über die<br />

deutsche Gemeinde gelästert worden sei, dass er Pierot dies nicht länger<br />

verschweigen könne. Unter anderem habe der besagte Digeon die deutsche<br />

Gemeinde beschuldigt (angefochten), dass sie zur gleichen Zeit vorgehabt<br />

hätte, die Wallonen auszurotten. Besonders habe sich der grobe Knecht und<br />

Galgenvogel, der Schulmeister Schneider hervor getan. Tatsächlich hätten<br />

die „Deutschen“ den Wallonen die Kirche mit Gewalt entreißen wollen. Die<br />

>Hundsschläger< wollten mit Prügeln und Hunden vorgehen, diese üblen<br />

>Galgenvögel und GewürmReformierte Teutsche Consistorium< ein<br />

Protokoll, das als Kopie Bestandteil des Franz. Reformierten Kirchenbuchs<br />

wurde. Das Protokoll ging an das Oberamt in Kaiserslautern. Die Beamten<br />

des Lautrer Oberamtes machten sich nun ernsthafte Sorgen über den<br />

Otterberger Religionsfrieden, zumal Mitglieder der katholischen Gemeinde<br />

zu Übergriffen neigten. Die Beschuldigungen Jean David Pierots lösten<br />

heiße Diskussionen aus und beschäftigten alle mehr als drei Monate.<br />

263 ) Müller, Johann Georg, † 18.5.1728 im Alter von 71 Jahren, somit im Juni 1657 geboren.<br />

264 ) Heydweiler = Heidweiler = Heidweiller, Eigentümer der Drehenthaler Glashütte


153<br />

24. August: Der Ehrenwerte Kirchenrat in Heidelberg versetzte die Reformierte<br />

Kirche (auch Otterbergs) wieder in ihre Rechte auf der Grundlage des<br />

Friedenvertrages von Baden von 1714, wobei den Katholiken eine Frist<br />

von nochmals 8 Tagen eingeräumt wurde.<br />

30. August (30.8.1721) erschienen vor mir (Pfarrer Engelmann) die Brüder<br />

Heinrich und David Römer, die einige Schwierigkeiten miteinander<br />

hatten. Sie hatten sich gegenseitig beleidigt und hatten miteinander<br />

Zwietracht während einer langen Zeit. Sie wurden versöhnt, dass derjenige,<br />

der als erster wieder mit dem Streit beginnen würde, Unruhe zu stiften,<br />

müsse eine deftige Strafe in die Armenkasse bezahlen.<br />

Am Dienstag, den 2. September zitierte Baillif 265 (= Amtmann) die zwei<br />

Zeugen zu sich. Es waren Abraham Digeon, der Tuchhändler und David<br />

Lacmann der Ältere. Sie waren zugegen gewesen, als Jean David Pierot<br />

die Verantwortlichen der Deutsch Reformierten Kirche in unentschuldbarer<br />

und beleidigender Form verleumdet hatte. Da David Digeon 266 seine<br />

hasserfüllten Unterstellungen nicht beweisen konnte, verurteilte ihn der<br />

Amtmann (= Baillif) zu dreitägiger Kerkerhaft in Lautern. Der<br />

Verurteilte wurde im Oktober festgenommen und in das „Verließ<br />

geworfen.“<br />

Am Tag drauf, den Mittwoch, den 3.9.1721 suchte mich Joh. Heinrich<br />

Faulhaber der Ältere auf, um sich über Abraham Digeon zu beklagen,<br />

denn er habe ihn als Zeugen für die obige haarsträubende Geschichte<br />

benutzen wollen. Faulhaber sagte, eigentlich habe er nichts gegen Digeon,<br />

was aber wahr sei, müsse wahr bleiben. Ich besänftigte die Beiden und zur<br />

Versöhnung reichten die Zwei sich die Hand. Ich erteilte daraufhin den zwei<br />

Streithähnen meinen Segen.<br />

22. September: So ließen sich Herr Heyler und der Bezirkssekretär Hamann<br />

am Montag nach Otterberg kutschieren, um den Klagen der französisch &<br />

deutsch reformierten Gemeinden auf den Grund zu gehen. Zu dem Gespräch<br />

waren die Pfarrer der franz. (Engelmann) und deutschen Kirchengemeinde<br />

(Geisweid) wie auch die katholischen Pater Quavirian und Agritius<br />

eingeladen worden. Zugegen war auch der Bürgermeister Daniel Thomas<br />

Raquet.<br />

Da es Mittagszeit war, wollte man zuerst speisen. Herr Heydweiler war für<br />

den Service zuständig, ihm half der Beklagte Jean David Pierot. Am<br />

Nachbartisch saßen die Kirchenältesten der Deutsch Reformierten Kirche:<br />

die Herren Keller, Palmann und Hofmann, (der stellvertretender<br />

Bürgermeister) jeder von ihnen mit einem Glas Wein. Diese deutsch<br />

reformierten Herren begannen sich über die sehr pikanten Gerüchte und die<br />

Geschichten lustig zu machen, die ja erst kürzlich geschehen waren. Der<br />

deutsche Pfarrer Geisweid erzählte in groben Zügen die haltlosen<br />

Lügengeschichten Pierots. Er schilderte auch die Übergriffe der kath.<br />

Jugendlichen vom 12.6.1721. Er wandte sich zwei- bis dreimal an den<br />

Pfarrer Engelmann. Pastor Geisweid wünschte ausdrücklich, dass der<br />

elende Pierot endlich seine haltlosen Lügenmärchen zurücknehmen sollte,<br />

265 ) Funktion eines heutigen Landrates.<br />

266 ) Laut vorliegendem Protokoll bezeichneten die Deutsch Reformierten Digeons Aussagen<br />

als Schändung und Schmähung . Er sei sein gottloser Lästerer.<br />

153


154<br />

154<br />

damit die gehässigen Nachreden ein Ende nehmen sollten. Herr Engelmann<br />

reklamierte seinerseits die unverschämten Übergriffe der katholischen<br />

Jugend und des katholischen Schuldieners. Die Herren gerieten über die<br />

gegenseitigen Vorwürfe und haltlosen Verleumdungen miteinander derart<br />

in Zorn, dass sie vergaßen, die süßen Pillen der Mildtätigkeit & christlicher<br />

Nächstenliebe zu schlucken. (so schrieb Engelmann)<br />

Nach dieser hektischen Diskussion ließ Herr Heyler direkt danach– noch in<br />

Otterberg- von dem katholischen Sekretär Baillival ein Protokoll<br />

anfertigen. Heyler hatte sich persönlich davon überzeugt, dass die Vorwürfe<br />

Pierots völlig aus der Luft gegriffen waren und dass er Machtworte<br />

sprechen musste, wenn die Spannungen nicht weiter eskalierten sollten.<br />

Deshalb entschied er unter dem Datum vom 27. September 1721 wie folgt:<br />

„Weil der Kläger Pierot seine Anklage nicht beweisen konnte und der damit<br />

einen Aufstand unter beiden Gemeinden verursacht hat, ist selbiger<br />

dermaßen zur künftigen Wahrung des Religionsfriedens zu einer dreitägigen<br />

Haftstrafe condammiert (verurteilt) worden, Lautern den 27ten 7bris 1721,<br />

gezeichnet Heyler, Oberamt Lautern“ (franz. KB Band XII, S.260<br />

22. September: Noch am 22.9. entschied der Baillif folgendes und erteilte<br />

den Katholiken nachstehende Auflagen<br />

• Zur Wiedergutmachung muss der katholische Pfarrer an die<br />

Reformierten Kirchen 2 Gulden zahlen,<br />

• Der katholische Schulmeister darf die Glocken nicht mehr während<br />

des Gottesdienstes der Reformierten läuten<br />

• Die Deutschen dürfen morgens um 8 Uhr Gottesdienste abhalten,<br />

• Dem katholischen Schulmeister ist es verboten, seinen Mist vor die<br />

Kirchentür der Reformierten Kirche zu kippen.<br />

6.9. Schulden & kein Geld<br />

1722: 28.8.1722: Am Montag, den 24. August 1722 legte Pfarrer Engelmann dem<br />

Kirchenvorstand seinen Rechenschaftsbericht über die Ausgaben des Schul- &<br />

Pfarrhauses vor, der den Zeitraum von 1719 bis zum 17.8.1722 betraf. Alle<br />

Ausgaben waren vernünftig und angemessen. Die Kassenprüfer fanden alles in<br />

Ordnung. Sie waren rundum zufrieden. Darunter waren unter anderem:<br />

• Abraham Digeon lieferte 12 Ster Holz für Schule und Pfarrhaus.<br />

Er bekam dafür 1,20 hfl.<br />

• Henry Digeon läutete in Abwesenheit des Schuldieners<br />

Bourgeois die Glocken. Dafür bekam er 1,00 hfl.<br />

• Frau Catharina Digeon lieferte die ganzen Jahre schöne<br />

Blumensträuße für das Pfarrhaus und den Kirchenraum. Als<br />

Anerkennung erhielt sie 1,30 hfl.<br />

• Da waren noch an Herrn Paquay Le Sogne alte Rechnungen<br />

offen. Er hatte Steine für die beiden Häuser geliefert, ihm standen<br />

10 hfl zu.<br />

• Hamann Sauvit war gewiss ein guter Freund und Mitglied<br />

unseres Consistoriums, er sollte 50 hfl bekommen.


155<br />

• Und da waren noch die Bauleistungen des Herrn Daniel Thomas<br />

Raquet, die mit 50 hfl honoriert werden sollten.<br />

• Und da waren noch 0,20 Gulden, die wir Herrn Daniel Thomas<br />

Raquet schuldeten. Er hatte in Lautern für uns Wein gekauft, den<br />

Jacob Veillard (Villiard) und Abraham Pfaff angeliefert hatten.<br />

Der Landgraf von Hessen-Kassel hatte eine großzügige Spende von 500 Gulden<br />

zugesagt und den Betrag bei seinem Besuch in Heidelberg abgegeben. Der<br />

Kurfürst gab das Geld zur Verwaltung dem Heidelberger Kirchensenat. Das Geld<br />

war aber in Otterberg noch nicht eingetroffen. Die Kirchenkasse war somit<br />

gähnend leer. Pfarrer Engelmann vertröstete die Bauunternehmer mit der<br />

Spendenzusage des Landgrafen.<br />

1723: 24.2.1723: der Kirchenvorstand war wegen der vielen Briefe versammelt,<br />

die dieser Tage eingegangen waren. In einem wurde ich (Pfarrer Engelmann)<br />

gebeten, nach Frankfurt zu reisen, um wieder Spenden in Empfang zu nehmen.<br />

Kaum war ich von der Reise zurück, musste ich nach Heidelberg, um Vorwürfe<br />

abzuwenden, die unsere Kirche bedrohten. Andererseits hatte der S.A.S.<br />

Landgraf von Hessen-Kassel viel Geld gespendet. Der Betrag sollte für die<br />

Kirchensanierung verwendet werden. Aber der verehrte Kirchensenat wollte nicht<br />

das Geld zur Bezahlung alter Schulden verwendet wissen. Es kam ein Vergleich<br />

zustande. 50 Ecus sollten zur Bezahlung der dringlichsten Schuldentilgung<br />

eingesetzt werden. Die Gläubiger hatten sich zwar anfänglich mit Schuldscheinen<br />

zufrieden gegeben, aber ihnen brannten selbst auch die mangelnde Liquidität auf<br />

den Nägeln. So forderten sie bei jeder Gelegenheit Engelmann auf, sich um die<br />

Auszahlung des großen Restbetrages zu kümmern. (siehe 7.5.1724)<br />

1723: am 8.9.1723 bat mich das Konsistorium, nochmals eine Reise nach<br />

Heidelberg zu machen, um dort den Restbetrag aus der Spende des S.A.S. Herrn<br />

Landgrafen von Hessen Kassel in Empfang zunehmen.<br />

1723: 7.10.1723, am ersten Mittwoch des Monats Oktober erschien vor mir die<br />

Frau des Georg Wattier 267 . Sie erzählte, ihr Mann sei während des ganzen Jahres<br />

krank gewesen und hätte deshalb nicht arbeiten können. Sie fragte, ob wir nicht<br />

die Güte hätten, ihr einige Gulden (Florin) zu leihen. Ich stimmte zu und ließ ihr in<br />

drei Raten ohne Schuldschein 4 Gulden auszahlen.<br />

1724: am 7. Mai 1724 (7.5.1724) trafen sich drei Hauptgläubiger im Pfarrhaus.<br />

Es ist verständlich, dass sie dem Pfarrer Jean Pierre Engelmann heftig zusetzten,<br />

denn es ging auch um ihre Existenz. Sie hatten weitere Leistungen auch im<br />

Hinblick der Spendenzusage des Landgrafen von Hessen-Kassel erbracht. Nun<br />

wollten sie endlich Geld sehen. Da musste es wohl hoch hergegangen sein. Pfarrer<br />

Engelmann beschrieb zwar nicht die Stimmung, man kann sich aber gut vorstellen,<br />

wie gereizt da gefordert und argumentiert wurde. Der Pastor versicherte glaubhaft,<br />

die Auszahlungsverzögerung läge nicht an ihm, sondern am Kirchen Senat in<br />

Heidelberg. Darauf verlangten die Gläubiger einstimmig, da müsse jemand<br />

unverzüglich nach Heidelberg fahren, um die Auszahlung zu beschleunigen.<br />

Engelmann schreibt im Einzelnen:<br />

267 ) Wattier, George, * 3.6.1689, † 5.11.1745<br />

155


156<br />

156<br />

1. Jacob Veillard (Villiard) bat eindringlich, ihm 100 Ecus der<br />

hessischen Spende im Voraus zu zahlen, die noch in den Händen des<br />

ehrwürdigen Kirchen-Senats sei, damit er seine Schuld an Wasem von<br />

Dielkirchen bezahlen könne.<br />

2. Herr Daniel Thomas Raquet verlangte, ihm solle im Voraus aus der<br />

besagten Spende die Summe von 100 Gulden ausgehändigt werden.<br />

(Seit 1722 hatte er also den Bau und Ausbau der Gebäude weiter<br />

vorangetrieben und war in Vorlage getreten)<br />

3. Abraham Louis fordert eindringliche 30 Gulden Abschlag im Voraus.<br />

Der Betrag sei eine Restschuld, die die Kirchengemeinde dem<br />

verstorbenen Pfarrer Charles Faucher noch geschuldet habe. Der<br />

Betrag sollte an seinen Sohn Carl Theodor, Pfarrer in Casselle (Kassel)<br />

gezahlt werden.<br />

Die Versammlung diskutierte das weitere Verfahren. Sie kamen zu folgendem<br />

Beschluss. Am nächsten Montag, den 12. Mai sollte der Schulmeister Bourgeois<br />

nach Heidelberg fahren. Er sollte dort beim ehrwürdigen Kirchen Senat vorstellig<br />

werden und Kopien der drei Schuldverschreibungen vorlegen. Die Original-<br />

Obligationen sollten jedoch gesiegelt dem Herrn Inspektor in Lautern überreicht<br />

werden, um ja sicher zu stellen, dass sie nicht im Papierkorb der Justiz<br />

verschwinden, sondern dass der Eingang im Protokollbuch der Stadt registriert<br />

wird. (Dienstweg). Nach baldiger Bearbeitung soll Herr Inspektor den Betrag an<br />

Herrn Engelmann auszahlen. (aus franz. Protokoll, vgl. S. 269, Band XII franz.<br />

KB)<br />

1724: am 3.6.1724 hatte sich die Gesellschaft versammelt. Tagesordnung war die<br />

Spenden- und Reisekostenabrechnung des Schulmeisters David Bourgeois. Aus<br />

dem Sitzungsprotokoll ist nicht ersichtlich, welches Spenden- und Reisejahr dies<br />

betraf. Nach dem Inhalt dürfte es die lange Spendenreise von 1720/21 gewesen<br />

sein. Bitte lesen sie:<br />

„am 15.6.1724 versammelte sich die Gesellschaft. Herr David Bourgeois<br />

Schulmeister gab Rechenschaft über seine Spenden-Sammelaktion zur<br />

Zufriedenheit und Befriedigung der ganzen Gemeinde ab….Der besagte<br />

Herr Bourgeois übergab gleichzeitig eine Bittschrift. Er schilderte, während<br />

seiner siebenwöchigen Krankheit in Holland hätte er um sein Leben<br />

gefürchtet und das wenige Geld, das er in Holland gesammelt hätte, hätte er<br />

ausgeben müssen. Darüber hinaus hätte er zwei Louis d´Or geopfert, die er<br />

in England bekommen hatte. Er habe auf seinen Reisen sehr viel zu erleiden<br />

gehabt, auch seien seine Kosten hoch gewesen, dass es ungerecht sei, ihn<br />

allein die Bürden tragen zu lassen. Daraufhin beschloss man mit der<br />

Mehrheit der Stimmen, ihm 7 Gulden und 47 Kreuzer zu zahlen, zuzüglich<br />

50 Gulden für seine Bemühungen<br />

Am gleichen Tag gewährte das Konsistorium dem Schulmeister Bourgeois<br />

folgendes Gehalt: Er sollte ab dem 1. Juli 8 ½ Malter Korn und an Geld den<br />

Betrag von 17 fl. 51 X (Kreuzer) bekommen.


157<br />

6.10. Tanz & Familienzwist<br />

Die Menschen vor 300 Jahren kannten nicht unser luxuriöses Leben, aber sie<br />

waren nicht weniger glücklich. Sie genossen genauso die schönen Seiten des<br />

Lebens, so wie wir es heute auch tun. Jung sein war und ist wie Schweben. Die<br />

Liebe ist eine herrliche Achterbahn der Gefühle. Die ernsten Probleme waren<br />

auch damals wie heute weit weg, obwohl das Elend, die Krankheiten und das<br />

Sterben allgegenwärtig waren. Die Obrigkeit erließ eine Vielzahl von<br />

Vorschriften, die wie ein Korsett die Freiheiten der Menschen einschränkten.<br />

Aber hielten sie sich auch daran? So z.B. das Tanzverbot vor und nach Feiertagen.<br />

So war in der Kurpfalz (mit Sicherheit auch im Zweibrückischen) der Tanz vor<br />

und nach Pfingsten strengsten verboten. Doch da lesen wir auf Seite 300 im Band<br />

XII des franz. Reformierten Protokollbuches:<br />

Am 15.6.1724 tagte der Kirchenrat Otterbergs. Als 3. Punkt der Tagesordnung<br />

hatten sie sechs Mädchen vorgeladen, die gegen das strenge Tanzverbot<br />

verstoßen hatten. Sie hatten am 5. Juni anlässlich des Marktes in Otterbach der<br />

dortigen Tanzveranstaltung beigewohnt. Am Vorabend war noch Pfingsten<br />

gewesen und sie hatten am Abendmahl teilgenommen. Die zwei Mädchen, die<br />

getanzt hatten, mussten 15 Kreuzer bezahlen, die vier anderen Begleiterinnen<br />

hatten je 10 Kreuzer Strafe zu entrichten. Das Protokollbuch benennt<br />

• Anne Jeanne, Dienerin bei Valentin Luttringshausen (15 X)<br />

• Marie Susanne Gaye 268 , Tochter des Zacharias Gaye (15 X)<br />

• Jeanne Elisabeth Bouquio, Tochter des Daniel B (10 X)<br />

• Marie Elisabeth Bouquio Tochter des Jacob B, (10 X)<br />

• Catherine Renard, Tochter der Marie Raquet (10 X)<br />

• Charlotte Renard, Tochter des Paul Renard (10 X)<br />

16.6.1724: Da am Vortag das Konsistorium nicht alle Probleme hatte abhandeln<br />

können, vertagte es sich auf den nächsten Tag. Auf der Tagesordnung stand nun<br />

der heftige Streit zwischen Maria Louis, der Frau des Jean Pierre Cherdron und<br />

der Anne Marie Tibé, Frau des Valentin Luttringshausen. Die zwei Frauen<br />

hatten Streit wegen eines verendeten Hahnes bekommen und hatten sich<br />

gegenseitig beleidigt und hatten zweimal das Abendmahl verpasst. Nach<br />

ernsthaftem Tadel und guten Ermahnungen wurden die beiden Streithähne<br />

miteinander versöhnt und ermahnt keinen Streit wieder anzufangen, sonst hätte<br />

ihnen eine Strafzahlung in die Armenkasse gedroht.<br />

6.11. Alter Immobilien - Rechtsstreit 1689 - 1724<br />

Pfarrer Engelmann kämpfte an vielen Fronten. Dass er dies managen konnte,<br />

beweist seine hohe Intelligenz und das dazu notwendige Organisationsvermögen.<br />

Nun eine Geschichte, die im Band XII, S.298 ff von ihm beschrieben worden ist:<br />

268 Sie heiratete am 8.2.1725 den Lutheraner Jean Georg Leicker . Die Eheleute schlossen einen<br />

Ehevertrag, wonach ihre Mädchen reformierten und ihre Buben lutherischen Glaubens erzogen<br />

werden sollten. Siehe → 5.2.1725<br />

157


158<br />

158<br />

Der Doktor der Theologie N. Clignet 269 wurde 1579 der erste Pfarrer der<br />

Wallonischen Kirchengemeinde Otterbergs. Er baute in der kleinen<br />

Siedlung Weyler ein gemischt genutztes Wohn- & Bauernhaus, zu dem drei<br />

Tagwerk Land gehörten. Dieser Besitz war und blieb anscheinend im<br />

Eigentum der Kirchengemeinde. Der Pfarrer Charles Faucher floh 1689<br />

vor den französischen Invasionstruppen, weil er als Calvinist die<br />

Verfolgung und Abstrafung der Katholiken fürchtete. Aus der Kirchenkasse<br />

nahm er 40 Gulden und hinterließ darüber einen Schuldschein (Obligation)<br />

Ab 1694 betreute der Pfarrer der Deutsch Reformierten Kirche Johannes<br />

Weldner (Weldener) die französischen Gläubigen. Er taufte deren Kinder,<br />

feierte das Abendmahl mit der Gemeinde, sprach den Ehesegen und<br />

beerdigte deren Toten. Dies wollte er aber nicht umsonst tun. Im Hinblick<br />

auf den von ihm geschätzten Wert der Immobilie von Weyler in Höhe von<br />

100 Gulden, wollte er 60 Gulden haben. Aber keiner gab ihm einen<br />

rechtsgültigen Schuldschein. Da die Franzosen seine Geldforderungen<br />

ablehnten, übertrug er 1714 seine Ansprüche an die Verwaltung der<br />

Katholischen Kirche. Ob er aber von den Katholiken Geld dafür bekam, ist<br />

aus den Akten nicht ersichtlich.<br />

Da die wallonische Pfarrei auch um 1700 immer noch kein Geld hatte,<br />

verkaufte sie ihre Forderung gegenüber Charles Faucher an Herrn Thomas<br />

Menton. Er starb bald darauf und da seine Witwe ohne Einkünfte war,<br />

verarmte sie sehr schnell. Sie veräußerte die Forderung an diesem<br />

Kirchengut in Weyler an Nicolas Closset. Und von ihm geriet das Papier<br />

mit den damit verbundenen Genussrechten in die Hände der Katholiken<br />

Pfarrer Engelmann war ein Kämpfer, der auch in schwierigen Situationen<br />

nicht die Übersicht verlor. Er suchte nach Möglichkeiten, diesen kleinen<br />

Besitz wieder in kirchliches Eigentum zurückzuführen. Er schrieb 1720 den<br />

Sohn des Charles Faucher Herrn Carl Theodor Faucher 270 , Pfarrer der<br />

wallonischen Gemeinde in Casselle (= Kassel) an und bat um die Güte,<br />

dieses als Geschenk der Otterberger Gemeinde zu machen. Er wiederholte<br />

das Schreiben in 1721 und 1723. Erst am 1.5.1724 kam das<br />

Antwortschreiben des Herrn Faucher, das vom 14.4.1724 datiert war. Er<br />

schenkte darin das Gut der franz. reformierten Kirche, unter der Bedingung,<br />

dass die wallonische Kirchengemeinde, die Kosten und Gebühren der<br />

Rückübertragung bezahlen sollten. Sie sollte sich mit Nicol Closset einigen<br />

und ihm das verlangte Kapital von 40 fl plus Gebühren zahlen. Aber die<br />

Forderungen Clossets waren exorbitant. Er verlangte zusätzlich 66 Gulden<br />

und 22 ½ Kreuzer, die wohl aus der Dienstleistung Weldeners stammten.<br />

Aber der dadurch entfachte Prozess hatte einen längeren Atem, als man<br />

glaubte. Am 2.8.1724, das war der erste Mittwoch des Monats, bat mich das<br />

Konsistorium wieder nach Heidelberg zu fahren, denn der Rechtsstreit um<br />

269 ) Clignet N., stammte aus Amsterdam, wurde von dort von den Spaniern vertrieben. Er war von<br />

1567 bis 1578 Pfarrer der wallonischen Gemeinde bei Heidelberg und zog mit dem größten Teil<br />

seiner Gemeinde nach Otterberg. Er war bis 1586 Pfarrer in Otterberg, wo er auch verstarb. Sein<br />

Sohn Balduin wurde am 4.5.1573 im Gymnasium Hornbach aufgenommen. (laut Biundo, # 787)<br />

270 ) Carl Theodor Faucher wurde um 1682 in Otterberg geboren und wuchs in Holzappel auf. Laut<br />

Biundo war er 1701 bis 1703 Pfarrer in Friedrichsthal, aber die meiste Zeit war er Pfarrer in der<br />

Pfarrkirche zu Kassel, wo er auch 1743 verstarb. Ich kann mir gut vorstellen, dass er es war, der<br />

die großzügige Geldspende des Landgrafen von Hessen Kassel einfädelte.


159<br />

den kleinen Besitz Weyler ging seinem Ende entgegen. Außerdem sollte ich<br />

bei dieser Gelegenheit den Restbetrag aus der Hessischen Großspende<br />

loseisen, die immer noch von dem Kirchensenat eingefroren war. Das Geld<br />

wurde auch dringend zur Bezahlung der anstehenden Gerichtskosten<br />

benötigt. Die Abreise war für Montag, den 7ten August vorgesehen. Aber<br />

am Vortag (Sonntag) erreichte mich das Schreiben des Hochverehrten<br />

Kirchlichen Kirchensenats mit der Aufforderung eine umfangreich<br />

statistische Aufstellung der Otterberger Gläubigen mitzubringen. Sie stellten<br />

eine ganze Reihe von Fragen. Unter anderem wollten sie wissen, welche<br />

Familien rein wallonisch und wie viele deutsch/wallonisch seien. Auch<br />

welch andere Nationalitäten vertreten seien. Gäbe es schweizerisch –<br />

wallonische Ehen? Ob die Söhne genauso gut Deutsch wie Französisch<br />

sprächen. Wie viele Personen lebten in jeder Familie?<br />

Da ich diese Fragen in der Eile der Zeit nicht so schnell und umfassend<br />

beantworten konnte, bat ich den Schulmeister und den Gemeindesekretär<br />

um Mitarbeit. Wir brauchten drei Tage, um alle Fragen zufrieden stellend zu<br />

beantworten. Danach lebten in der wallonischen Gemeinde am Stichtag<br />

7.8.1724 insgesamt 314 Personen, die aus 179 Kindern und 185 bereits<br />

konfirmierten Gläubigen bestanden 271 . Durch diese Recherche verschob<br />

sich der Abreisetag auf Mittwoch.<br />

Als ich (Pfarrer Engelmann) in Heidelberg ankam, zahlte mir der<br />

Ehrenwerte Kirchensenat sofort die restlichen 95 Gulden aus der Hessischen<br />

Spende aus, um damit das besagte Gut (Weyler) ohne jede Schwierigkeiten<br />

auslösen zu können. Das Gericht verfügte, dass Closset seine 40 Gulden<br />

und zusätzlich 26 Gulden an Gebühren erhalten sollte. Es wurde auch<br />

festgelegt, dass der Gesamtbetrag von 66 Gulden in Anwesenheit des<br />

Zeugen Bürgermeisters Hoffmann überreicht und quittiert werden sollte.<br />

Ich repräsentierte sehr gut unsere Kirche und sagte, Otterberg hätte die<br />

zahlreichste (=größte) wallonische Kirchengemeinde der Kurpfalz. Und es<br />

sei meine Aufgabe, ihren Bestand zu sichern. Der Ehrenwerte Kirchensenat<br />

gewährte mir ein Jahresgehalt von 50 Ecus und einen ½ Fuder Wein. Ich<br />

trug auch die Sorgen über die Schule und die des Schulmeisters vor. Man<br />

versprach mir weitere Hilfen oder „Süßigkeiten“ (= Sonderzuwendungen)<br />

Auf Seite 302 Aktenanhang der Konsistorialakten sind zwei Schreiben in<br />

Kopie eingefügt. Das erste stammt vom (Donnerstag) 10.8.1724, ausgestellt<br />

in Heidelberg vom Pastor Creutz, dass Pfarrer Engelmann 75 Gulden an<br />

Geld und einen halb Fuder Wein erhalten soll.<br />

Das zweite Schreiben war daraufhin der Erlass (Dekret) der Churfürstlichen<br />

Administration in Mannheim vom Montag, den 14. August 1724 an den<br />

Pfleger Witt in Otterberg, dem Pfarrer Engelmann rückwirkend für das Jahr<br />

1724 und auch zukünftig 75 Gulden (= 50 Ecus) zu zahlen. Diese<br />

Verfügung wurde von den drei Herren: B. Linck, J. Wilhelmi und Jacobi<br />

unterschrieben.<br />

271 ) Laut Gerhard Kaller, Band 2, S. 163: waren es 91 Familien: 46 waren rein französisch = 92<br />

Personen. 26 wallonische Männer hatten deutsche Frauen und in 19 Familien war die Mutter<br />

französisch sprechend. Demnach waren 49 Personen entweder Witwer, ledig oder sonst wie<br />

alleinstehend.<br />

159


160<br />

160<br />

6.12. 1724 ein erfolgreiches Spendenjahr<br />

Tagung vom 24.8.1724<br />

1724: 24.8.1724 trat das Konsistorium wieder unter meinem Vorsitz zusammen.<br />

Auf der Tagesordnung standen folgende Punkte<br />

• Rechnungsprüfung über den 2. Bauabschnitt des Neubaus des Pfarr- und<br />

des Schulhauses seit dem 17.8.1722 und bis heute, die zur vollen<br />

Zufriedenheit und Befriedigung der gesamten Versammlung<br />

vorgenommen wurde.<br />

• Das Mähen der Wiesen durch Halfrique Othem während der letzten drei<br />

Jahre (also seit 1721). Dafür sollte er pro Jahr 1 fl 40 X erhalten. Das<br />

Gleiche stand dem Abraham Louis für 1724 zu. Er sollte 4 fl dafür<br />

erhalten. Außerdem fand ich in der alten Spendenabrechnung aus Köln,<br />

auf der Rückseite des Blattes 19, dass ihm ⅔ eines Gold Louis d´Or<br />

zustünden. Er hatte aber nur ½ Louis d´Or (Goldstück) erhalten.<br />

• Und da waren noch die Forderungen des Herrn Bourgeois. Er hatte im<br />

letzten Mai eine Dienstreise nach Heidelberg gemacht und noch kein<br />

Geld dafür bekommen. Außerdem hatte er Reparaturen und<br />

Veränderungen im Schulhaus getätigt. Zudem hatte er in den Wiesen<br />

Entwässerungsgräben gezogen. Man kam mit ihm überein, für all seine<br />

Mühen und Anstrengungen die Summe von 65 Gulden auszuzahlen,<br />

sobald man dies könne.<br />

• Die kurpfälzischen Sachleistungen an den Schulmeister Bourgeois<br />

standen immer noch offen. Am 1.7.1724 hatte er 8 ½ Malter Roggen<br />

bekommen sollen Der Pfleger Witt wurde verpflichtet, ihm am nächsten<br />

Tag den Roggen zu liefern und zudem am 1.10.1724 nochmals die gleiche<br />

Menge. (vgl. → 6.3.1717)<br />

• Es wurde beschlossen, aus der besagten Summe von 300 fl aus Holland,<br />

50 fl mit 100 florins anzufordern, die noch in Frankfurt lägen. Zu diesem<br />

Zweck wolle man auf Herrn Stückrad von Lautern einen<br />

Auszahlungsschein über 100 Ecus ziehen, der zusammen mit den<br />

angefallenen Zinsen für sieben Monate 103 Ecus ausmachen würde. Herr<br />

Paquay le Soigne sollte gegen seinen eigenen Schuldschein und einer<br />

Hypothek auf seinen Besitz berechtigt werden, das Geld in Frankfurt zu<br />

holen. (am 24.8. schreibt Engelmann bereits von dieser großzügigen<br />

Spende und erst am 8.9.1724 zeigt er den Brief aus Amsterdam)<br />

• Die Nutzung des kleinen Gutes Weyler wurde festgelegt. Demnach sollte<br />

Engelmann ⅔ nutzen und dem Schulmeister 1/3 des Ertrages zustehen<br />

Tagung vom 8.9.1724<br />

1724, am 8. September (8.9.1724) versammelte sich die Gemeinschaft und<br />

(Pfarrer Engelmann) ich präsentierte ihnen ein Schreiben des Ehrenwerten<br />

Wallonischen Konsistoriums aus Amsterdam. Man teilte uns mit, dass eine<br />

großherzige Person, die weder bekannt, noch genannt werden wollte, nur um den<br />

Segen Gottes zu erhalten, unserer Kirche den Betrag von 300 Holländischen


161<br />

Gulden gespendet hätte. Das macht in deutschem Geld 156 Ecus & 54 X oder<br />

234 fl & 54 X. (Der in Aussicht gestellte Betrag machte die Anwesenden<br />

offensichtlich sehr glücklich, so dass sie den Fuß von der Ausgabenbremse<br />

nahmen. Das Geld wurde sofort verteilt)<br />

Gleichzeitig trug uns der Schulmeister Herr Bourgeois seine Bitte vor, endlich<br />

auch bezahlt zu werden. Er hatte 15.6.1723 uns seine Rechnung vorgelegt, die<br />

noch offen stand. Seine Gläubiger würden ihn unter Druck setzen.<br />

Man beschloss außerdem aus der besagten Summe 4 fl, 47 X an mich zu bezahlen<br />

und für das Dreivierteljahr, beginnend mit dem 1.12.1723 bis zum 1.9.1724 den<br />

Betrag von 112 fl und 30 X (Kreuzer)<br />

Tagung vom 27.12.1724<br />

Die versammelte Kirchenleitung blickte mit Stolz auf die Leistungen vergangener<br />

Jahre zurück. Nur Dank Gottes, seiner Gnade war dies möglich gewesen. Sie<br />

erinnerten sich, dass die Gemeinde solange ohne Pfarrer gewesen sei und es hätte<br />

die Gefahr bestanden, dass sie vollständig ausgelöscht worden wäre. Vor allem in<br />

den Jahren 1704 und 1714 war es besonders schlimm gewesen, nachdem der Herr<br />

Schulmeister Migeot gestorben war und die Kirchengemeinde vollständig kopflos<br />

war. Wir selbst, aber auch unsere Feinde hätten gerne gesehen, wenn unser kleines<br />

Licht erloschen wäre. Aber durch die Gnade Gottes erhielten wir einen Pfarrer,<br />

wie ihn die wallonische Pfarrgemeinde niemals vorher hatte. Durch seine Kraft<br />

seien die Mühle und das alte Schulhaus, der kleine Grundbesitz in Weyler<br />

zurückgegeben worden und umfangreiche erfolgreiche Spendenaktionen hätten<br />

wieder eine solide Basis geschaffen. Als ewigen Dank sollte ein Dankgottesdienst<br />

am 10. Januar 1725 abgehalten werden.<br />

• Man konnte nun beruhigt in die Zukunft blicken und viel Gutes tun. Die<br />

ärmsten der Halbwaisen brauchten in 1725 kein Schulgeld zu zahlen. Dies<br />

waren Simon Heuser, Noé Bouquio, Anne Marie Etienne und Jean<br />

Pierre Henry. (siehe → 6.1.1719)<br />

• Auch an die zwei ärmsten Witwen dachte man. So war Louis Étienne am<br />

18.4.1723 im Alter von 30 Jahren und 6 Monaten gestorben. Seiner Witwe<br />

Elisabethe La Valle sprach das Konsistorium vier >Bichets grains des<br />

pauvres< (Armenunterstützung) zu. Seine Tochter Anne Marie war vom<br />

Schulgeld befreit worden (siehe oben). Die Witwe des Pierre Baulard<br />

bekam die Hälfte. (Der Todestag des Pierre Baulard ist im KB nicht<br />

festgehalten worden.)<br />

• Für die Kirchenreinigung suchte die franz. Kirchenverwaltung drei<br />

Witwen, die jeweils Samstags vor den Konfirmationen gemeinsam mit den<br />

Frauen der „Deutschen“ das Gotteshaus (= franz. temple) reinigen würden<br />

(Demnach waren in 1725 mindestens neun Frauen mit der<br />

Kirchenreinigung beauftragt)<br />

6.13. Gesangbuch, Säufer, geile Böcke und anderes<br />

Die Aufzeichnungen des Pfarrer Engelmanns in 1725 betreffen unterschiedlichste<br />

Bereiche, von denen ich die spektakulärsten herausgreife:<br />

161


162<br />

162<br />

• Der Herr Inspektor schrieb unter dem 20ten März, der Ehrenwerte<br />

Kirchensenat in Heydelberg habe ein neues Gesangbuch in Deutscher<br />

Sprache drucken lassen. Die Pfarrer, die es gerne hätten, sollten es sich<br />

kommen lassen. Der Buchpreis sei je nach Lederart etwas unterschiedlich.<br />

Das Buch in Haut des Wildschweins würde 68 X und in der Haut eines<br />

Kalbes 70 X kosten. (Ich wählte bewusst die direkte Französische<br />

Wortwahl, um die wertvolle Buchbindung zu veranschaulichen.) Diese<br />

Bücher durften aus der Armenkasse bezahlt werden.<br />

• Der Juni und Juli 1725 waren derart verregnet, dass auf Anweisung des<br />

Kurfürsten der oberste Kirchenrat landesweit die Anweisung gab, am 22.<br />

Juli einen Tag des Gebets- und der Fürbitte zu halten, um die Gnade und<br />

Schutz Gottes zu bitten, denn jedermann befürchtete einen totalen<br />

Ernteausfall. Und tatsächlich, danach wurde es ein wenig besser.<br />

• Am 19. September kam der Befehl von oben, wie Disziplinlosigkeiten<br />

behandelt werden sollten. Die Anweisung betraf ausdrücklich die Lügner,<br />

Säufer, die geilen Böcke und Speichellecker. Die sollten zuerst<br />

abgemahnt werden. Die Sünder sollten sich reumütig zeigen und dann ihr<br />

Fehlverhalten öffentlich vor der Kirche bedauern. Sollten sie sich weigern<br />

sich zu bessern, sollte dies von der Kanzel herab öffentlich gemacht<br />

werden. Dann wollte man dieses unwürdige Mitglied durch die Kirche<br />

bestrafen.<br />

• Am 26. September sollten die Pastoren dem Ehrenwerten Kirchensenat in<br />

Heidelberg eine Aufstellung über ihre Gläubigen schicken, aus der die<br />

Anzahl der Männer, Frauen und Kinder hervorgehen sollte. Diese<br />

Anweisung betraf alle drei christlichen Kirchen, egal ob lutherisch,<br />

reformiert oder katholisch.<br />

• Am 11ten Oktober kam die Anordnung für eine glückliche Niederkunft<br />

und gesundes Wochenbett der Frau Gräfin, Gattin des Kurfürsten zu<br />

bitten. Das Kind Prinz Charles kam am 24. November morgens um 5 Uhr<br />

auf die Welt.<br />

• Unter dem Datum vom 3. November erlaubte die Kurfürstliche<br />

Verwaltung eine Spendensammlung zum Wohle der Kirchenreparatur in<br />

Rockenhausen.<br />

• Das folgende Dekret ist datiert vom 22.11.1725. Die Steuerkommission<br />

hatte den Wert der Otterberger Stadtmühle auf 130 fl geschätzt. Sie<br />

schrieb, diese sei ein Gut der wallonischen Kirche. Pfarrer Engelmann<br />

wies auf die schlimmen Folgen des Religionskriegs hin. Die<br />

Kriegskommission hätte am 21. August 1725 die Mühle für frei erklärt.<br />

Die Schatzung beträfe also nicht die Mühle, sondern die Stadt Otterberg.<br />

Außerdem sei der Wert auf 50 fl taxiert worden, die anderen 80 Gulden<br />

des Wertes sollten aus anderen Quellen erstattet werden. (Was genau<br />

hinter diesen Worten steckt, ist interpretationsfähig)<br />

6.14. Einrichtung von Witwenkassen<br />

Im Monat November 1726 kam ein interessantes Dekret des Hochverehrten<br />

Kultur-Senats aus Heidelberg an. Fakt war, starb der Pfarrer, dann verarmte sehr<br />

schnell seine Witwe. Dieser soziale Absturz war himmelschreiend und erbarmte


163<br />

das Herz des Kirchen- Senats. Er verordnete & gründete die Einrichtung von<br />

Unterstützungskassen für die Witwen der reformierten Pfarrer (=<br />

Witwenkassen). (In diesen Fonds zahlten die lutherischen Pfarrer nichts ein).<br />

Demnach sollte jeder Pfarrer 1 % seines Einkommens für 1726 und 1727<br />

einzahlen, bis 100 Gulden erreicht seien. Der Senat tagte turnusgemäß diesmal auf<br />

dem Münchhof. Der zukünftige Sitz sollte auf dem neuen Schloss in Mannheim<br />

sein.<br />

Zu diesem Zweck schrieb der Oberste Kirchensenat mittels Rundbriefe die<br />

Pfarreien an. Er verlangte von den Pfarrern und Schulmeistern eine exakte<br />

Aufstellung all ihrer Einkünfte, die in Getreide, Wein und Geld bestanden. Die<br />

Statistik sollte dann über den Inspektor Cruciger an die Verwaltung in Heidelberg<br />

gehen. (pag 291 unten) Durch die erste Sammlung kamen übrigens 33 Gulden<br />

zusammen.<br />

Name des Pfarrers<br />

Betrag in<br />

fl<br />

1734 1736<br />

Inspektor Cruciger von Lautern 4,0 8,82<br />

Recteur de Lautern 1,30<br />

Conrecteur de Lautern 1,12<br />

Minister Fischer, zweiter Pfarrer 3,0 2,30<br />

Pierre Engelmann, wallonischer Pfarrer<br />

Otterbergs<br />

3,0 1,42 3,50<br />

Herr Pistor, deutscher Pfarrer Otterbergs 3,0 2,00 4,30<br />

Herr Myrtesius, Pfarrer von Alsenborn, †<br />

29.3.1734<br />

3,0 † 4,20<br />

Herr Wagner, Pfarrer von Rockenhausen 3,0 2,36 5,00<br />

Herr Soling, Pfarrer in Katzweiler 3,0 2,00 3,30<br />

Herr Seuterling, Pfarrer von Steinwenden 3,0 3,00 5,00<br />

Herr Müller, Pfarrer von Miesau 3,0 1.3ß 5,00<br />

Rothselberg keine 1,30 2,0<br />

Trippstadt keine 2,00<br />

Herr Jung, Rektor in Lautern, Pastor in<br />

Wallalben<br />

Herr Moelter, Konrektor in Lautern 1,30<br />

2,0 1,00<br />

Waldfischbach keine 2,00 2,20<br />

Herr Himmelsberger, Pastor in Wolfstein, der<br />

eine Spende ankündigte<br />

1,45 2,40<br />

Zweikirchen 1,36<br />

Herr Vigelius, Pfarrer in Alsenbrück 0,45 1,30 1,50<br />

Summe 33,20 33,24 55,20<br />

163


164<br />

164<br />

Die gesunkenen Einnahmen der Pfarrer im jahr 1734 spiegeln die gesunkenen<br />

Pfarrereinnahmen durch die Besetzung französischer Truppen wieder. Neben<br />

Otterberg waren Rockenhausen, Miesau und der Pfarrbezirk Katzweiler betroffen.<br />

In die Einnahmen von 1736 sind auch die „Sapiences“ in Höhe von 20 Gulden<br />

eingerechnet. Obwohl die Beiträge zur Routine wurden, kamen die meisten<br />

Pfarrer in Zahlungsverzug und die Kirchenverwaltung musste immer wieder per<br />

Rundbrief mahnen.<br />

6.15. Kindtaufen vor 1730<br />

1721: Am Montag, den 30ten Juni kam Maria Barbara Raquet, die Tochter des<br />

David Raquet und der Anne Marie Froumy (Froumi) auf die Welt. Am Sonntag,<br />

den 6ten Juli war die Taufe: Paten waren:<br />

• Herr Pierre Hubin, Bürger und Tuchfabrikant dieser Stadt,<br />

• Maria Barbe Bopp(in), Frau des Herrn David Heydweiler, Besitzer des<br />

Gasthauses >Zum Goldenen Löwen < (seine erste Ehe oo 10.10.1688)<br />

Hinweis des Pfarrers: dies war das 19. Kind des Ehepaares<br />

1721: am r kam Marie Susanne, Tochter des Herrn Pierre Lavalle auf die<br />

Welt. Pierre Lavalle war Chirurg Otterbergs. Er war mit Marie Toussaint<br />

verheiratet. Die Kindstaufe war dienstags. Als Paten standen<br />

• Herr Guillaume Pommier, Händler aus Isenburg bei Frankfurt,<br />

• Herr Jean George Merck, lediger Sohn des Kilian Merck, Vogt aus<br />

Imsbach<br />

• Susanne Gayet, Frau des Pierre Toccard, Schuhmacher und Bürger<br />

Otterbergs,<br />

• Marie Susanne, Tochter des Daniel Thomas Raquet, Gerichtsschreiber<br />

und Bürgermeister der Justiz.<br />

1722. am Samstag, den 25. April 1722 gegen 10 Uhr morgens wurde Auguste<br />

Louise Geisweid geboren. Die Eltern waren der 51 jährige Pfarrer Herr Ludwig<br />

Geisweid und seine Frau Jeanne Catharina Culman. Das Kind wurde von mir<br />

(Pfarrer Engelmann) in einer deutschen Predigt getauft. Patentante war die<br />

Großmutter des Kindes Maria Anna Rosine geb. Schoen (Schön), Witwe des<br />

verstorbenen Herrn Johann Culman (Kullmann), im Leben Mitglied des<br />

Gerichts dieser Stadt.<br />

Die franz. Pfarrgemeinde hielt intensive Kontakte zu den anderen geflüchteten<br />

Franzosen aus dem kriegerischen Sonnenreich Ludwig XIV. Sie stellten den sehr<br />

jungen (18jährigen) Le Talle aus Hanau als Lehrer ein, sammelten persönlich<br />

Geld bei ihren Glaubensbrüdern in ganz Westeuropa. Auch nach dem Auszug<br />

vieler Freunde und Verwandte nach Holzappel blieb man in Verbindung und lud<br />

sich gegenseitig zu Familienfesten ein: Bei der Kindtaufe des Isaac Menton am<br />

9.1.1724 war Isaac Besancon aus Mannheim anwesend.<br />

1723: Am Donnerstag, den 9ten April kam Pierre Paul Cherdron auf die Welt.<br />

Seine Eltern waren David Cherdron und Anne Margarethe Spitz. Die Kindtaufe<br />

war sonntags drauf. Die Paten waren<br />

• Peter Paul, Küfer und Bürger Otterbergs


165<br />

• Paul Jacob Cherdron, Sohn des Meisters Jaques Cherdron aus<br />

Holzappel<br />

• Maria Christine Andreas, Frau des Jean Philippe Wattier<br />

• Susanne Profit, Tochter des Antoine Profit, Diakon unserer Kirche<br />

1723: am Donnerstag, den 20ten Mai kam Marie Elisabeth Etienne morgens<br />

zwischen 8 und 9 Uhr auf die Welt. Sie war die Tochter des vor 5 Wochen<br />

verstorbenen Louis Etienne, der 30jährig am † 18.4.1723 verschieden war. Dies<br />

war ein harter Schlag für die hochschwangere Frau Elisabeth Lavalle gewesen.<br />

Die Halbwaise wurde am folgenden Sonntag getauft. Paten waren:<br />

• Gerichtsherr Daniel Thomas Raquet, des Gerichts<br />

• Herr Pierre Toccard, Schuhmacher und Bürger Otterbergs<br />

• Frau Marie Cunigunde Migeot, Frau des Pfarrers Pierre Engelmann,<br />

• Philipp Heinrich Schenck, und<br />

• Jeanne Elisabeth Rinck, Frau des Peter Busch, Einnehmer der Stadt.<br />

1724<br />

Am Donnerstag, den 3. Februar zwischen 21 & 22 Uhr Am Donnerstag, den<br />

3. Februar zwischen 21 & 22 Uhr starb Marie Susanne Maus, geborene<br />

Raquet, im Kindbett, wo sie seit Montag den 31. Januar um5 Uhr gelegen<br />

hatte. (Ihr Sohn Benjamin kam am Montag, 5 Uhr auf die Welt. Das<br />

Problem war, die Nachgeburt war in ihr geblieben. Der Chirurg (Lavalle,<br />

Lavalle) kam, der auf Anweisung des Herrn Doktors, am Donnerstag 13 und<br />

14 Uhr "sie ihr von Hand zog". Sie starb am gleichen Tag zwischen 9 und 10<br />

Uhr abends. Sie war weniger24 Jahre, weniger 15 Tage alt. Die<br />

Leichenpredigt hielt Pfarrer Engelmann über Gen 35, n 17.18. Der kleine<br />

Benjamin wurde am Sonntag, den 6ten Februar getauft. Seine Paten waren<br />

seine Großeltern David Raquet und Anne Marie Fromy (Froumy)<br />

1725: Maria Elisabetha Moers, Tochter der Eheleute Caspar Mörs von<br />

Erlenbach und seiner ehel. Hausfrau Maria Elisabetha NN (unleserlich) ist<br />

geboren am 8. Oktober nachmittags gegen 2 Uhr und getauft worden<br />

Sonntags, den 14ten Patter war Caspar Villiard (Veillard) von Erlenbach<br />

ledigen Standes, Goden: Anna Elisabetha Jost, Carl Jost von Sambach<br />

eheliche Tochter und Maria Elisabetha Mangold, des Herrn Schultheißen<br />

Mangolds zu Erlenbach eheliche Tochter.<br />

Das Jahr 1726<br />

1726: am Sonntag, den 10.2.1726 kam Johann Berg, Sohn der Eheleute<br />

Johann Jost Herbach und seiner Ehefrau Anna Margretha Kleinin morgens<br />

zwischen 8 und 9 Uhr auf die Welt. Ist getauft worden freitags auf dem<br />

Gersweilerhof, war der 15te. Paten & Goten waren<br />

• Georg Glück, Wagner und Bürger, (Onkel)<br />

• Johann Jacob Korn, auch Bürger (Onkel)<br />

• Catharina Kleinin, Georg Glücks Hausfrau (Tante) und<br />

• Barbara Herbach, Johann Jacob Korns Hausfrau (Tante)<br />

165


166<br />

Das Paar hatte 1725 geheiratet!<br />

166<br />

1726: am 19.3.1726 wurde Anna Sara, Tochter der Eheleute Christoph<br />

Breyer und seiner Frau Anna Maria aus Erlenbach am Dienstag geboren.<br />

Die Taufe war am Sonntag, den 24ten. Die Paten waren<br />

• Caspar Villiard von Erlenbach,<br />

• Balthasar Jung, Schafhirte in Erlenbach, (später Schwiegervater des Peter<br />

Herbach)<br />

• Sara Profit, Frau des Antoine Profit und<br />

• Anna Catharina Jung, Hausfrau des Balthasar<br />

1726: am Mittwoch, den 3.4.1726 wurde Anna Barbara, Tochter des Heinrich<br />

Heydweiller und seiner Hausfrau Anna Catharina Wolff von Erlenbach geboren.<br />

Die Taufe war am 8ten. Paten und Goden waren<br />

• Conrad Wolff, der Mutter Bruder aus Erlenbach,<br />

• Anna Margretha Heydweiller, Tochter des David Heydweiller<br />

1726: am Sonntag, den 1.9.1726 wurde Johannes Wilking (Vilcain) geboren.<br />

Seine Eltern waren Johann Adam Wilking (Vilcain) und Maria Margretha<br />

Mörschin, beide von Erlenbach. Die Taufe war am Sonntag, den 8. September.<br />

Paten und Goden waren:<br />

• Johannes Weber, Bürger und Hufschmied,<br />

• Johannes Mangold, Schultheiß von Erlenbach,<br />

• Susanna, des Leonhard Dietrich Hausfrau<br />

• Johannetta, des obigen Schultheißen eheliche Hausfrau<br />

6.16. Mischehen & Soldaten- Hochzeiten<br />

1725:. Am 8. Februar 1725 heiratete der ledige Jean Georg Leicker die Marie<br />

Susanne Gaye, Tochter des Zacharias Gaye, Bürger dieser Stadt. Der<br />

Bräutigam war von Beruf Müller und Sohn des verstorbenen Frederic Leicker, der<br />

in Wehrheim Hufschmied war. Er stammte aus dem Gebiet von Trier und<br />

Dillenburg, nahe Usingen. Georg war Lutheraner und seine Braut war<br />

reformierten Glaubens. Otterberg hatte übrigens seit Jahresanfang einen eigenen<br />

lutherischen Pfarrer. Es war Johann Michael Sauerwein 272 , der die Trauung<br />

vornahm<br />

Pfarrer Engelmann schreibt weiter, „man hat uns (zu dieser Ehe) einen<br />

Ehekontrakt geschickt, der in unserem Konsistorium aufbewahrt wird. Die zwei<br />

Ehepartner vereinbaren, dass die Buben lutherisch und die Mädchen im<br />

reformierten Glauben erzogen werden sollen. Und wenn der besagte Leicker vor<br />

ihr ohne Kinder stirbt, wird sie aus seinem Vermögen 100 Gulden erhalten. Stirbt<br />

sie aber vor ihm ohne Kinder, so soll er nach dem Tod des Zacharias Gaye und<br />

272 ) Laut Gerhard Kaller, Ortschronik Otterberg, Band 2, S. 176


167<br />

seiner Frau ein Drittel dessen Vermögens erben. Der Vertrag wurde am 24. Januar<br />

1725 geschlossen.<br />

Bei oder nach dem Hochzeitsessen dürfte es zu einem Eklat gekommen sein.<br />

Pfarrer Engelmann hielt in seinem Hochzeitsbuch unter NB fest, dass der Pfarrer<br />

Sauerwein ohne Abstimmung mit den Anderen, die Armen an die Hochzeitstafel<br />

eingeladen hätte. Anstatt wie in vergleichbaren Fällen die Heller und die Reste<br />

gleichmäßig unter den Brüdern der beiden Kirchengemeinden aufzuteilen.<br />

1728: Am Dienstag, den 10ten Februar (10.2.1728) erhielten Herr Jean Pierre<br />

Le Talle, Lektor und Schuldiener dieser (französischen) Kolonie und Fräulein<br />

Sara Profit, die Tochter des Antoine Profit (Bürger dieser Stadt) ihren<br />

Hochzeitssegen. Das Paar hatte sich am 7.12.1727 verlobt. Der Lehrer Le Talle<br />

stammte aus Hanau und war Sohn des Abraham le Talle. (Er trat als 18jähriger<br />

1726 sein Amt an, als Nachfolger des Schulmeisters Bourgeois. Er starb bereits †<br />

am 2.10.1745 im Alter von 37 Jahren. Er war somit 19 Jahre lang Lehrer der franz<br />

ref. Gemeinde).<br />

Die Pfarrer der drei evangelischen Kirchen verstanden sich anfänglich<br />

offensichtlich gut 273 und vertraten sich gegenseitig bei Krankheit und<br />

Abwesenheit. Im Frühjahr 1728 lag Pastor Johannes Pistor an Fieber krank<br />

danieder. Herr Engelmann vertrat ihn und hielt die Gottesdienste der deutsch<br />

reformierten Kirche auf Deutsch<br />

1728: am Dienstag, den 30ten März erhielten Jean Nicolas Lambert, Sohn des<br />

verstorbenen Johannes Lambert von Birren im Bezirk Metz und Maria<br />

Margaretha Schuler, Tochter des verstorbenen Casimir Schuler, im Leben Bürger<br />

dieser Stadt den Ehe- Segen auf Deutsch durch den wallonischen Pfarrer, da der<br />

deutsche Pfarrer Fieber hatte. (oo 30.3.1728)<br />

1728: Am Donnerstag den 1. April erhielten Georg Römer, * in Bolanden,<br />

von Beruf Zimmermann, lediger Sohn des Nicolas Römer und Jeanne Elisabetha<br />

Cherdron, Tochter des Abraham Cherdron, den Ehe-Segen in deutscher Sprache,<br />

da der Pastor der deutschen Gemeinde noch krank war.<br />

Soldaten des Kurfürsten von der Pfalz waren Berufssoldaten. Der Kurfürst<br />

versorgte sie, wenn sie gesund oder krank waren. Aber eine besondere Fürsorge<br />

wollte er nur für sie und nicht für deren Familien übernehmen. Deshalb verbot er<br />

ihnen auch; während der langen Dienstzeit zu heiraten. Aber in den meisten<br />

Fällen hatten sie bereits mit ihren Lebensgefährtinnen Kinder. Aber heiraten<br />

durften sie erst, wenn sie aus dem Militärdienst ausgeschieden waren. Pfarrer<br />

Engelmann traute 1728 und 1729 zwei ehemalige Soldaten. Bitte lesen Sie selbst<br />

1728: am 31. Oktober, abends wurden durch die Hand des wallonischen Pfarrers<br />

im Pfarrhaus Valentin Spohn, Sohn des Nicolaus Spohn und Maria Magdalena<br />

Fix(in) katholisch römischen Glaubens getraut. Sie stammte aus Monheim im<br />

Gebiet von Neuburg, Pfalz Superieur (Pfalz Zweibrücken). Diese zwei Personen<br />

hatten ein Kind zusammen. Jedoch bevor er sie heiraten konnten, war der besagte<br />

273 ) 1730 und 1731 scheint das Verhältnis zwischen Engelmann und Pfarrer Pistor getrübt<br />

gewesen zu sein. Da fand ich auf Seite 292 folgenden Vermerk Engelmanns: „am 4.4.1731<br />

forderte Herr Inspektor Cruciger die beiden Pastoren und die Konsistorien auf, in Einheit und<br />

Brüderlichkeit zu handeln und jeder der beiden Pfarrer sollte der eine dem anderen in der<br />

Verwaltung im Namen des Heiligen Geistes helfen, so wie das früher auch üblich war.<br />

167


168<br />

168<br />

Spohn Soldat gewesen und er konnte sie nicht heiraten, solange er diente.<br />

Nachdem er seinen Abschied erhalten hatte, bat er drum verheiratet zu werden,<br />

jedoch ohne Proklamation. Der Herr Inspektor (Cruciger) befahl mir am 28ten<br />

Februar, das Paar zu verheiraten, aber mit dem Versprechen in die Hand, dass sie<br />

ihre Kinder im reformierten Glauben erziehen würden. Und da der zuständige, der<br />

deutsch reformierte Pfarrer abwesend war, traute ich die beiden mit Zustimmung<br />

des Herrn Inspektors in meinem Pfarrhaus, nachdem ich ihnen den<br />

Hochzeitsschein ausgehändigt hatte. Dies entsprach den vorgegebenen neuen<br />

Vorschriften seiner Hoheit des S.A.E. Kurfürsten. Anwesend waren seine<br />

Schwäger, der Schlosser Herr Daniel Thomas Raquet und Peter Römer.<br />

1728: Elias Louis, der Sohn des Kirchenältesten Jean Lous und das katholische<br />

Fräulein Catharina Cronenberg, eine Witwe wollten heiraten. Diese zwei<br />

Personen hatten sich das Eheversprechen gegeben, mit der Zusage, ihre Kinder im<br />

Sinne der reformierten Kirche zu erziehen und Mitglieder der wallonischen Kirche<br />

zu werden. Das Paar hatte ein gemeinsames Kind, das am 14.5.1724 geboren<br />

worden war. Sie wünschten schon damals zu heiraten, aber da er Soldat im Dienst<br />

des S.A.E. Kurfürsten der Pfalz war, konnte er die Hochzeitsgenehmigung nicht<br />

erhalten. Er musste erst seine Dienstzeit ableisten. Am 28.11.1728 wurde er<br />

entlassen. Sie suchten den katholischen Pfarrer auf, aber der Priester wollte weder<br />

die Proklamation vornehmen noch die Sakramente der Ehe spenden, weil ihm die<br />

Ehefrau nicht versprach, ihre bisherigen noch die zukünftigen Kinder im<br />

katholischen Glauben erziehen zu lassen. So baten sie mich, sie zu trauen<br />

So nahm ich am Sonntag, den 6ten März, 1729 am Abend, bei Kerzenlicht im<br />

Pfarrzimmer die Trauung vor. Anwesend waren die Kirchenältesten die Herren<br />

David Raquet, Abraham Digeon, Jean Pierre Cherdron und Jean Louis der<br />

Vater des Bräutigams.<br />

6.17. Hofnachrichten<br />

Vor 300 Jahren gab es zwar weder Radio noch Fernsehen. Verordnungen und<br />

Erlasse wurden per Schelle verkündet. Die Nachricht von überregionaler<br />

Bedeutung kam per Rundbrief, die der Pfarrer von der Kanzel herab verlas.<br />

Darunter waren auch Krankenberichte und Todesnachrichten::<br />

• Am 11. August 1717 sollten alle in die Kirche kommen. Wir wollten<br />

beten, damit Gott unsere Kaiserlichen Truppen im Kampf gegen die<br />

Türken segnen möge<br />

• Am 5ten Januar 1718 sollte man für die Frau S.A.S. kurfürstliche<br />

Prinzessin Elisabeth Auguste beten, wegen ihrer Hochzeit mit dem<br />

S.A.S. Prinzen von Sulzbach ihrem Verlobten.<br />

• Am 11ten Oktober 1725 kam die Anordnung, für eine glückliche<br />

Niederkunft und gesundes Wochenbett der Frau Gräfin, Gattin des<br />

Kurfürsten zu bitten. Das Kind Prinz Charles kam am 24. November<br />

morgens um 5 Uhr (gesund) auf die Welt.<br />

• Die Regierung schrieb uns am 21.12 1727, eine große Krankheit habe<br />

unvorhergesehen unseren geliebten Landesherrn befallen. Wir wurden<br />

gebeten, außerordentliche Gebete in den Kirchen und Schulen


169<br />

abzuhalten, um eine baldige Wiederherstellung und dauerhafte Gesundheit<br />

unseres Souveräns zu erhalten.<br />

• 1728: Die Hohe Landesregierung gab am 15. August 1728 ein<br />

Kommunique über den schlechten Gesundheitszustand des Kurfürsten<br />

heraus, das am 18ten durch den Herrn Inspektor an uns übermittelt wurde.<br />

Die Hohe Regierung ordnete Bitten und Fürbitten an, um die Gnade Gottes<br />

für unseren Herrn S.A.E. Kurfürsten Karl Philipp zu erlangen, der<br />

schwer krank daniederlag. Ich (Engelmann) veröffentlichte diese Bitt- und<br />

Gnadenaktion am Donnerstag, den 19ten. Bereits am nächsten Morgen<br />

um 8 Uhr waren die wallonischen Gemeindemitglieder in unserer Kirche<br />

versammelt. Wir flehten Gott inständig, er möge unserem Landesherrn<br />

seine Gesundheit wieder voll schenken und sie ihm noch einige Jahre<br />

bewahren. Die Deutschen kamen aus gleichem Grund um 10 Uhr in der<br />

wallonischen Kirche zusammen.<br />

Am 23. Aug. veranlasste der Ehrenwerte Kirchensenat nochmals einen<br />

außerordentlichen Jugend- und Gnadengottesdienst, der landesweit am 8.<br />

September über die Psalm-Texte 86 x 9 bis zum Ende und über Esa 48 x<br />

17,18,19 und Hebräer 6 x 7, 8 abzuhalten war. Dasselbe wurde am 23.<br />

dito wiederholt. Dann kam am 1. Oktober die erlösende Nachricht, dass<br />

unser Landesvater voll und ganz wieder hergestellt sei. Deshalb hielten wir<br />

am 3.10. in allen reformierten Kirchen des Oberamtes Kaiserslautern einen<br />

Dankgottesdienst ab.<br />

• 1728:. Es war Sonntag, der 14. Februar, da hielten wir laut Anweisung<br />

des Ehrenwerten Kirchensenats den Trauergottesdienst. Anlass war das<br />

Ableben von S.A.S. Madame la Princesse und Pfalzgräfin Elisabeth<br />

Auguste, Tochter des regierenden Kurfürsten Karl Philipp und<br />

Ehefrau des Herrn Pfalzgrafen von Sultzbach. Sie war am Freitag, den<br />

30ten Januar zwischen 1 und 2 Uhr nachmittags gestorben, nachdem man<br />

aus ihr einen toten Prinzen gezogen hatte. Zudem ließen wir<br />

auftragsgemäß alle Glocken 6 Wochen lang läuten. Und zwar täglich drei<br />

Stunden lang: Morgens zwischen 6 und 7 Uhr, am Mittag ab 11 bis 12<br />

Uhrund am Abend von 6 bis 7 Uhr<br />

Die oben stehende Order erreichte uns am Freitag, den 6 Februar mitten in<br />

der Nacht. Die zwei reformierten Pfarrer liefen, um Herrn Palmann zu<br />

finden, der in Abwesenheit des Herrn Bürgermeister Valentin Keller die<br />

Amtsgeschäfte führte Der wies über den Stadtbürgermeister den Chef der<br />

Wachmannschaft an, zwei seiner 10 Leute sollten am nächsten Tage mit<br />

dem regelmäßigen Trauergeläut beginnen. (pag 289)<br />

• 1729: Der Herr S.A.S. Pfalzgraf war krank. Der Oberste Kirchensenat<br />

ordnete einen Bittgottesdienst an und gab auch die Bibelstellen vor. Aber<br />

alles Beten am 8. Juli war umsonst.<br />

• 1729 Der Herr S.A.S. Pfalzgraf und Prinz von Sultzbach war gestorben.<br />

Aus diesem Anlass ordnete die oberste Kirchenbehörde am 19. Juli 1729<br />

ein Totengeläut an: Man sollte 6 Wochen lang täglich dreimal alle<br />

Glocken und zwar von morgens um 6 bis 7 Uhr, mittags von 12 bis 13<br />

Uhr und am Abend von 6 bis 7 Uhr läuten Aus diesem Grunde sorgten<br />

sich die Otterberger Bürgermeister und auch der Erlenbacher Schultheiß<br />

169


170<br />

170<br />

und Schulmeister darum, ob für diesen täglichen Kraftakt auch genügend<br />

Leute bereitstanden. (pag 292 oben)<br />

6.18. Ausläufer des Polnischen Erbfolgekrieges von<br />

1733 /35<br />

Schon wieder waren die bedrohlichen Gewitterwolken des nächsten Krieges am<br />

Himmel. Am 17.10.1733 verschickte der in Heidelberg ansässige Ehrenwerte<br />

Kirchensenat einen gedruckten Rundbrief, „der den Krieg betraf. Er bat darin den<br />

Pfarrer, zwei außerordentliche und eindringliche Friedens-Gebete pro Woche zu<br />

halten. Anhaltspunkt war der Hinweis auf geeignete Psalme. Pfarrer Engelmann<br />

hielt deshalb jeden Mittwoch und Samstag um 8 Uhr morgens Bittgottesdienste<br />

ab“ Die Deutsch Reformierten waren jeweils zwei Stunden später zusammen.<br />

23.12.1733 Die Otterberger Kirchengemeinde trat wie jedes Jahr im Dezember<br />

zusammen, um wie üblich für das kommende Jahr 1734 einen neuen<br />

Kirchenvorstand zu wählen. Aber wegen dieser unsicheren Kriegszeiten plädierte<br />

Pfarrer Engelmann dafür, das Konsistorium so zu belassen, wie es war.<br />

Einstimmig wurde dies beschlossen und als Nachrücker für den am 24.1.1733 an<br />

offener Schwindsucht (Tbc) verstorbenen Herrn David Raquet wählte die<br />

Versammlung Herrn Jean Pierre Cherdron“<br />

Und dann kamen sie. Hier in der Westpfalz gab es aber keinen militärischen<br />

Widerstand. .Erlenbach, Otterberg und die anderen Orte des Kirchspiels bekamen<br />

eine große französische Besatzung. Davon blieb keine Hütte oder Haus verschont.<br />

Selbst in den neuen Pfarr- und Schulhäusern logierten französische Soldaten.<br />

Deshalb konnte Pfarrer Engelmann über ein halbes Jahr im Pfarrhaus keine<br />

Versammlung abhalten. Um die Stimmung nicht anzuheizen, verordnete die<br />

weiter funktionierende kurpfälzische Verwaltung am 26.5.1734 als erstes<br />

Bürgerruhe, Kein Pfarrer sollte von der Kanzel öffentlich über die<br />

Kriegsgründe 274 nachdenken (raisonnieren) Die Hohe Regierung untersagte den<br />

Predigern zudem über andere Religionen herzuziehen, sie zu verleumden und<br />

unter keinen Umständen zu beleidigen. Außerdem dürfte kein Pfarrer<br />

kurpfälzische Soldaten ohne Genehmigung ihres Regimentes verheiraten. Sehr<br />

274 ) Kriegsgrund war der Kampf um die Thronfolge in Polen August II., der Starke, Kurfürst von<br />

Sachsen und König von Polen, war am 1. Februar 1733 verstorben. Um den polnischen<br />

Königsthron bewarben sich Stanislaus Leczynsky und August III., der Sohn Augusts des<br />

Starken. Der französische König Ludwig XV. unterstützte Stanislaus, für August entschieden<br />

sich der deutsche Kaiser Karl VI. und die Zarin Anna Iwanowna von Russland. Hierüber kam<br />

es zum polnischen Erbfolgekrieg, der von 1733 bis 1738 dauerte und erneut hohe Lasten von<br />

vielen pfälzischen Gemeinden forderte.<br />

Als im Herbst 1733 sächsische Truppen in Polen einmarschierten, erklärte der französische<br />

König Deutschland den Krieg. Der französische General Belle Isle ordnete von Metz aus die<br />

Belagerung der Festung Trarbach an. Trier wurde besetzt. Das Reich gab dem bereits<br />

70jährigen Prinzen Eugen den Oberbefehl über die Reichsarmee.<br />

Die Franzosen hatten am 29. Oktober 1733 über Kehl die deutsche Grenze überschritten,<br />

wegen des bevorstehenden Winters aber bei Straßburg Winterquartiere bezogen. Alles, was die<br />

Besatzungsarmee benötigte, musste die Bevölkerung des besetzten Gebietes beibringen.


171<br />

viel deutlicher ist die Anweisung vom 20.9.1735, die die Bezeichnung<br />

„Reiteraktionen“ trägt. „ Man muss sein Möglichstes tun, um geheime Geburten<br />

(Wochenbette) von Prostituierten zu verhindern, denn hinterher würden die<br />

Kinder oft umgebracht oder massakriert“. Dieser Befehl ist eine Wiederholung der<br />

Verordnung vom 18. Februar 1726“, in der die Huren als verdächtige und<br />

unkeusche Personen benannt werden.<br />

„Da die franz. Soldaten in Otterberg (und Umgebung) so zahlreich und in allen<br />

Häusern untergebracht waren und selbst das Pfarr- und Schulhaus dermaßen mit<br />

Franzosen belegt war, dass der Otterberger Kirchenvorstand keinen Platz fand, um<br />

sich zu treffen, beschloss man, das Konsistorium 275 so zu belassen wie es war,<br />

ohne Neuwahlen durchzuführen. Anstelle des verstorbenen Diakons Paul Jacob<br />

Digeon wurde der Pfarrer verpflichtet, selbst die Verwaltung des Geldes bis zum<br />

6. März 1735 zu übernehmen Anstelle des Verstorbenen benannte man den<br />

Herrn Jean Pierre Hubin. Sonst beließ man es beim Alten. Noch nicht einmal<br />

ein Nachrücker für den toten Jacob Menton wurde berufen“<br />

Die französische Armee hatte es sich bequem gemacht. Anstatt ein Winterquartier<br />

irgendwo auf freiem Feld aufzuschlagen, mussten alle Bewohner des Kirchspiels<br />

Soldaten aufnehmen. Die Einwohner hatten die Kosten der Unterbringung der<br />

französischen Soldaten zu tragen. Die Bürger wurden dadurch dreifach gestraft.<br />

Durch die teueren Kostgänger stiegen die Lebensmittelpreise. Zudem hatten<br />

einige französische Soldaten, eventuell die Offiziere ihre Mätressen, Geliebten im<br />

Schlepptau Aber am schlimmsten war die vernichtende Typhusseuche, die<br />

gleichermaßen unter Freund und Feind wütete. Da die Seuche jeden gefährdete,<br />

befahl der französische Stadtkommandant Otterbergs Montmoremy, dass die<br />

Toten noch am Sterbetag unter die Erde müssten.<br />

Durch die französischen Kontributionen sind Erlenbach und Otterbach wie die<br />

Schafe nur geschoren 276 , aber nicht geschlachtet worden. Andere pfälzische<br />

Dörfer waren schlimmer dran.<br />

6.19. Der Kirchenrat 1736 – 1738<br />

• Die Franzosen waren abgerückt und das normale Leben schien wieder<br />

seinen Lauf zu nehmen. Auch die Kirchengemeinden wählten wieder wie<br />

üblich am Jahresende ihren Vorstand für das nächste Kalenderjahr, der aus<br />

vier Presbytern (Ältesten) und vier Diakonen bestand. Am Sonntag, den<br />

11. Dezember 1735 war es wieder so weit. Nach dem Gottesdienst wählten<br />

die Gläubigen für das Jahr 1736 Herrn Antoine Profit anstelle des<br />

ausscheidenden Noé Tibé, (der zum Diakon gewählt wurde) und für den<br />

verstorbenen Jacob Menton kam Herr Valentin Luttringhausen. Auch<br />

bei den Diakonen bestand ein fester Rang, so dass jede Position einzeln<br />

gewählt wurde: 1.) Jean Pierre Hubin, 2.) Noé George Tibé (→ Henry<br />

Baudevin), 3.) Francois Daniel Renard (→ Isaac Froumy) 4.) Jean Digeon<br />

(→ David Renard)<br />

275 ) Das Konsistorium für 1735 bestand aus drei Ältesten: Noé Tibé, Jean Daniel Raquet, Jean<br />

Pierre Cherdron und den 4 Diakonen Henry Baudevin, Isaac Froumy, David Renard und Jean<br />

Pierre Hubin<br />

276 ) Albisheim musste Betten in die Festung Frankenthal liefern<br />

171


172<br />

172<br />

• 14.12.1736: Die Gemeinde war wieder versammelt, um das Konsistorium<br />

für das Jahr 1737 neu zu wählen. Herr Engelmann konnte die Mitglieder<br />

überzeugen, in der momentanen, schwierigen Situation den<br />

Kirchenvorstand nicht zu wechseln. Auf die Kirchengemeinde kämen<br />

etliche Unwägbarkeiten zu, die nur mit erfahrenen Männern an seiner Seite<br />

zu bewältigen wären. Nachdem der Pfarrer die Gründe dargelegt hatte,<br />

beschloss die Gesellschaft mit der Mehrheit ihrer Stimmen, den<br />

Kirchenvorstand für das Jahr 1737 so zu belassen, wie er war.<br />

• Am 23. Dezember 1737 gab es wieder Neuwahlen und die Versammlung<br />

wählte mit der Mehrheit ihrer Stimmen an Stelle des Jean Daniel Raquet,<br />

den Anwalt oder Vogt dieser Stadt Herrn Philippe Daniel Froumy.<br />

David Lacman nahm die Stelle des Daniel Raquet ein und auch bei den<br />

Diakonen gab es zwei Änderungen: Neu im Gremium waren auch Jean<br />

Philipp Wattier (→ Jean Pierre Hubin), Jean Vent 277 ( → Georg Noé<br />

Tibé)<br />

6.20. Glück & Trauer (eine Übersicht der Erlenbacher Familienereignisse<br />

bis 1750)<br />

Quellen sind die Deutsch- & Französisch Reformierten & die Lutherischen<br />

Kirchenbücher Otterbergs. Inwieweit das katholische KB herangezogen werden<br />

kann, hängt von den Latein-Kenntnissen des Autors ab.<br />

277 ) Jean Vent starb am 13.1.1742 auf tragische Weise, weil ihm niemand helfen konnte. „Er<br />

hatte ein großes Geschwulst am Kopf und heißes Fieber. Der Chirurg hatte sich<br />

geweigert, ihn zu schneiden. Während seine Frau den Chirurgen heim begleitete, nahm<br />

Jean um 2 Uhr nachmittags sein Rasiermesser, um sich selbst zu rasieren, wie er es<br />

üblicherweise immer tat. Aber unglücklicherweise schnitt er sich in die Gurgel, woran er<br />

eine 1/4 Stunde später starb. Man informierte die verantwortlichen Mediziner und den<br />

Gerichtsbeamten, die den Fall untersuchten und die gaben die Leiche frei. Jean wurde<br />

ehrenvoll am 16. Januar gegen Abend begraben. Er war alt ungefähr 30 Jahre.“ Aus dem<br />

franz. Sterberegister


173<br />

Vorwort: In allen Bereichen waren Erlenbach und der Gersweilerhof nie Inseln.<br />

Die Kriege fegten über die beiden Orte hinweg und die Seuchen machten vor den<br />

Hütten nicht halt. Genauso waren die familiären Bande. Alle Familien waren mit<br />

allen anderen über viele Ecken miteinander versippt. Deshalb wäre es töricht, die<br />

genealogische Forschung auf Erlenbach zu beschränken<br />

1683: am 15. März ehelichte Hans Jacob Mörsch (Mersch) von Erlenbach<br />

Apollonia Berck von Grünstadt. (Heinrich Herzog verweist hier beim H.J.<br />

Mörsch auf das Bürgerbuch KL # 4893 und Trippstadt oo # 173)<br />

1688: lebte auf dem Gersweilerhof Hans Wilhelm Jacob, der am 27.4.1688 Anna<br />

Catharina Beyer (Breyer) heiratete.<br />

1700: 2. Juli, David Schöneck, Sohn des Wilhelm Schöneck von Morlautern<br />

heiratete die Tochter des Herrn Schultheißen Caspar Becker von Erlenbach.<br />

1712: 10. Juli, Johann David Schneider, Sohn des Johann Matthes Schneider von<br />

Erlenbach heiratete Susanna Margretha Rupp, Tochter des Johann Peter Rupp<br />

aus Erlenbach<br />

1713, 31. Januar, Johannes Villiard (Veillard) von Erlenbach heiratete Maria, die<br />

Tochter des Nicolaus Utzig von Otterberg.<br />

1717: 19.6.1717 starb Sabina Christina Villiard, Ehefrau des Caspar Villiard von<br />

Erlenbach im Alter von 44 Jahren.<br />

1717: 29.6.1717 starb Jacob Villiard (Veillard) von Erlenbach im Alter von 50<br />

Jahren.<br />

1724: am Dienstag, den 12.12.1724 wurde Johann Leonhard Herbach, der Sohn<br />

des Jacob Herbach vom Gersweilerhof und seiner ehelichen Hausfrau geboren<br />

und Sonntags, den 17ten getauft worden. Taufzeugen waren Leonhard Schmidt<br />

von Neunkirchen und seine eheliche Hausfrau, Großvater und Großmutter<br />

mütterlicherseits.<br />

Was war in 1725?<br />

• Dienstag, den 27.2.1725 wurde David Mörsch, Caspar Mörsch von<br />

Erlenbach und seiner ehel. Hausfrau Söhnlein geboren und getauft<br />

worden sonntags, den 4. März. Taufzeugen waren David Cherdron und<br />

seine ehel. Hausfrau Anna Catharina von Erlenbach<br />

• am Donnerstag, den 1.3.1725 wurde Johann Paul Knieriemen, der Sohn<br />

des Joh. Theobald Knieriemen des Jüngeren und seiner ehelichen Hausfrau<br />

Söhnlein geboren und am Mittwoch, den 7ten dito getauft. Taufzeugen<br />

waren Paul Knieriemen, Johann Jacob Cherdron und Maria Schneider,<br />

alle drei waren wohnhaft in Erlenbach. Dieser Junge starb 19jährig<br />

1744.<br />

• „Charlotta Elisabetha Catharina Heydweillerin, des Herrn Frantz Henrich<br />

Heidweiller, Hüttenherr auf der Drehenthaler Glashütte und Frau<br />

Catharina Micheroux, beider Eheleute Töchterlein ist samstags vor<br />

Ostern, den 31.3.1726 morgens geboren worden und getauft am<br />

Donnerstag den 5ten April, an eben dem Tag als Herr Pfarrer Geisweid<br />

gestorben ist. Taufzeugen waren Herr Valentin Keller, Rathsverwandter<br />

dahier und Herr Johann Michael Wolff, Bürger und Handelsmann in<br />

Baumholder, beide Onkels und Frau Anna Charlotta, geborene Keller,<br />

Herrn Johann Henrichs Heydweillers Eheliebste auch Hüttenherr auf<br />

173


174<br />

174<br />

besagter Glashütte, und Jungfrau Elisabetha Micheroux, Herrn Francain<br />

Micheroux eheliche Tochter, beide Tanten (tantes)“<br />

• „am Mittwoch den 18.4.1725 wurde Johann David Wilkain (Vilcain,<br />

Wilking) Johann Adam Vulcain und Maria Margretha (Margritha)<br />

Mörsch, beider Eheleute Söhnlein sonntags, den 22ten dito geboren und<br />

getauft worden. Patter waren Johann Jacob Weichteich, Bürger und<br />

Steinhauer von Lautern, David Böhmer, Herrn Georg Böhmers<br />

nachgelassener Rathsverwandter dahier Sohn Goden waren Maria<br />

Catharina, des Patters Weichteich eheliche Hausfrau und Jeanne<br />

Elisabetha Vulquins, Jean Vulquins eheliche Tochter“ (Der Vater Adam<br />

starb † 13.10.1734 in Erlenbach im Alter von 33 Jahren) Der Bruder<br />

Johann Wilhelm kam am Donnerstag, den 20.12.1731 auf die Welt.<br />

• Mai, Johann Jost Herbach, Sohn des Peter Herbach, Hofmann auf dem<br />

Gersweiler Hof und Jungfer Maria Margretha Klein, Tochter des Jacob<br />

Klein, Einwohner, Schneidermeister und Krämer von Ulmet werden<br />

copuliert.<br />

• am Sonntag, den 5.8.1725 wurde gegen Mittag Maria Susanna Korn,<br />

Tochter des Jacob Korn und der Maria Barbara geborene Herbachin<br />

geboren und am 9ten getauft. Patter ist Henrich Dichon (Digeon) ledigen<br />

Standes Goten Maria Susanna, Hausfrau des Philipp Hermann,<br />

Weißgerber und Anna Maria Herbachin, ledigen Standes vom<br />

Gersweilerhof.<br />

• 8.12.1725 wurde Maria Susanna Winter, Tochter der Eheleute Jacob<br />

Winter und seiner Ehefrau Catharina Raquet abends gegen 4 Uhr in<br />

Sambach geboren und den 10ten getauft. Patter waren Bartholomäus<br />

Helwig, Rathsverwandter hier, Noé Tibé, Wallone und ledigen Standes,<br />

Goden waren Susanna Helwig, eheliche Hausfrau des Leonhard Dietrich,<br />

Bürger und Tuchmacher, Maria Susanna Renner, ledigen Standes, Tochter<br />

des verstorbenen Jacob Renner.<br />

1726: 18. Juni: Wilhelm Schopp, Gemeinsmann und Witwer aus Otterbach<br />

heiratete Anna Sabina Rupp, Tochter des Johann Peter Rupp aus Erlenbach. Sie<br />

starb am 24.1.1763 im Alter von 56 Jahren.<br />

1726: 12. November: Johann Peter Knieriemen wurde mit Jungfer Anna<br />

Christina, Tochter des Mathias Brügel von Weselberg, sickingische Herrschaft im<br />

Schulhaus zu Erlenbach copuliert.<br />

1727: 22. April, Heinrich Cherdron, Sohn des verstorbenen Abraham Cherdron<br />

von Erlenbach heiratete Anna Maria, die Tochter des Peter Herbach, Hofmann<br />

auf dem Gersweilerhof. Die Copulation (Eheschließung) geschah im Erlenbacher<br />

Schulhaus<br />

Das Jahr 1728<br />

• 13. Januar: Johann Jacob Cherdron von Erlenbach heiratete Maria<br />

Magdalena Fischer von Messersbach<br />

• am 15. Februar starb Valentin Caub, ehemaliger Schulmeister in<br />

Erlenbach. Er hatte auch in und außerhalb der Pfalz an der Schule gedient.<br />

Er wurde alt 74 Jahre, 3 Monate, 3 Wochen, er wurde am 17ten begraben


175<br />

• am 21ten März starb Maria Magdalena Caub, geborene Schüler, 2.<br />

Ehefrau des Schulmeisters Valentin Caub. In 1. Ehe war sie mit David<br />

Schreiber verheiratet. Sie wurde ungefähr 78 Jahr alt.<br />

• am 29. Mai starb Anna Maria Herbach, Ehefrau des Peter Herbach,<br />

Hofmann auf dem Gersweilerhof, begraben am 31ten. Der Witwer<br />

heiratete am 22.2.1729 die Schäferstochter Christina Jung. Ihr Vater<br />

Balthasar war Schäfer zu Erlenbach und wohnte dort im Schäferhaus.<br />

• am 12. Dezember starb Paul Knieriemen von Erlenbach im Alter von 54<br />

Jahren. (Seine Witwe hieß Anna Elisabetha)<br />

Im Jahr 1729<br />

• 1. Februar. Johann Paul Knieriemen, der Sohn des Theobald Knieriemen<br />

heiratete Maria Elisabetha, die Tochter des Erlenbacher Schultheißen<br />

Johannes Mangold. Laut dem vermissten Lagebuch war er auch noch<br />

1741 tätig. (Ihr Bruder Johannes heiratete am 23.6.1744)<br />

• Am 14.2. starb Peter Rupp, Gemeinsmann in Erlenbach im Alter von 72<br />

Jahren und 8 Monaten.<br />

• am 17.2. starb Maria Elisabetha Wirth, geborene Haufbauen<br />

(Hausbauer), Witwe des David Wirth, sie ist die Schwiegermutter des<br />

Peter Herbach, Hofmann auf dem Gersweilerhof. Sie wurde am 1. März<br />

in Erlenbach begraben.<br />

• am 22. Februar: Peter Herbach, Witwer und Hofmann auf dem<br />

Gersweilerhof heiratete Christina Jung, die Tochter des Johann Balthasar<br />

Jung, der damals Schäfer in Erlenbach war. (Sie starb am 2.7.1776 als<br />

betagte Frau im Haus des Erlenbacher Schäfers; lt Sterbeeintrag lebte sie<br />

am Bettelstab!)<br />

• am 6ten April starb Johann Theobald Knieriemen, Gemeinsmann in<br />

Erlenbach im Alter von 52 Jahren. → seine Witwe Margretha starb am †<br />

6.2.1760 im Alter von über 80 Jahren.<br />

1730: am 31.10. heiratete David Schöneck von Morlautern, Sohn des David die<br />

Maria Catharina Maurer, Tochter des Johann Adam Maurer aus Ransweiler.<br />

Sie starb als Witwe im Alter von 86 Jahren am 21.9.1781<br />

Im Jahr 1731:<br />

• 10.4.1731 Johann Caspar Cherdron, * 19.1.1711, Sohn des Abraham<br />

Cherdron von Erlenbach, heiratet Maria Susanna Haaß, Tochter des<br />

Johann Georg Haas, Schneider und Bürger in Otterberg. Er starb am<br />

16.4.1733. Ihre 2. Ehe war bereits am 4.8.1733<br />

• 17.4.1731 Theobald Villiard, Sohn des verstorbenen Jacob Villiard<br />

(Veillard) aus Erlenbach († 29.6.1717 im Alter von 50 J), heiratete Anna<br />

Catharina Kirch, Tochter des Georg Kirch, Hofmann auf der Drehenthaler<br />

Glashütte<br />

175


176<br />

176<br />

• Am Freitag, den 15.6.1731 gebar die Rosina Catharina Cullmann in<br />

Erlenbach 278 , ihren Sohn Johannes Laurentius. Als Vater des Kindes gibt<br />

sie Johannes Leibich von Dienheim bei Oppenheim an, der auch<br />

reformierter Religion war. Johannes ist Dragoner bei Capitain Frey vom<br />

Herzogl. Gräflichen Wittgensteiner Regiment und war bei der Kindstaufe<br />

am 19. Juni anwesend. Taufzeugen waren Leonhard Herbach, der eheliche<br />

Sohn des Peter Herbachs vom Gersweilerhof und Maria Salome<br />

Knieriemen, Tochter des verstorbenen Pauls Knieriemen von Erlenbach.<br />

Wie auch Lorentz Bayer, Dragoner in dem vorgenannten Regiment war.<br />

• 4.9.1731 Johann Leonhard Haffner, Sohn des Theobald Haffner von<br />

Erfenbach heiratete Maria Catharina, die Tochter des am 6.4.1729<br />

verstorbenen Theobald Knieriemen aus Erlenbach.<br />

• 21.10.1731: am Sonntag kam Johann Peter Fischer auf die Welt. Die<br />

Eltern Lorenz und Anna Sybilla Riemenschneider freuten sich und ließen<br />

den Sohn am Donnerstag, den 25.ten in Erlenbach taufen. Johann Peter<br />

war übrigens Hirte auf dem Gersweilerhof. Als Paten standen die Eheleute<br />

Johann Peter Herbach und Anna Christina Jung vom Gersweilerhof und<br />

der Onkel Joh. Christoffel Fischer von Rohrbach.<br />

• 20.12.1731, es war Donnerstag kurz vor Weihnachten und Maria<br />

Margretha Mörsch schenkte ihrem Sohn Johann Wilhelm Wilking<br />

(Vilcain, Vulcain) das Leben. Der Kindsvater war Johann Adam<br />

Wilking 279 . Taufzeugen waren der Rotgerber Johann Wilhelm Anspach<br />

und Maria, Frau des Strumpfwebers Valentin Luttringhausen aus<br />

Otterberg. Erlenbacher Paten waren Johann Wilhelm Schopp und Anna<br />

Elis Knieriemen, Witwe des Pauls, der am † 12.12.1728 im Alter von 54<br />

Jahren gestorben war.<br />

1732: am 20.8.1732 starb Barbara Biber, geborene Hartmann im Alter von<br />

ungefähr 49 Jahren. Sie stammte aus Diettelsheim aus der Grafschaft<br />

Marienborn. Sie war die Ehefrau des verstorbenen Erlenbacher Hirten<br />

Henrich Biber gewesen.<br />

Im Jahr 1733<br />

• am 16ten April starb Johann Caspar Cherdron (* 19.1.1711) Einwohner<br />

und Hufschmied zu Erlenbach im Alter von 21 Jahren und 3 Monaten. Er<br />

hatte am 10.4.1731 die Maria Susanna Haaß geheiratet. Er war also bei<br />

der Hochzeit 19 Jahre alt gewesen. (→ 4.8.1733)<br />

• am 7ten Mai starb Valentin Jäger, geboren in Neuhofen in Hessen, Amt<br />

Schwarzenfels, der sich mit Frau Anna Catharina, Tochter des Valentin<br />

Müller auf der alten Glashütte samt den Kindern etliche Jahre aufgehalten<br />

hatte, starb als Beisasse in Erlenbach, im Alter von 45 Jahre.<br />

• am 4.8.1733 heiratete Johann Jacob Höhn, Hufschmied, Sohn des<br />

Antonius, Erbbeständer zu Neuhemsbach die Maria Susanna Haaß,<br />

Witwe des Caspar Cherdrons, Hufschmied in Erlenbach. Der am<br />

16.4.1733 im Alter von 21 Jahren gestorben war. (Ihr Vater war Johann<br />

Georg Haaß, ein Schneider aus Otterberg).<br />

278 ) die Tochter des Philipp Reinhard Cullmann, Bürger zu Lautern<br />

279 ) Johann Adam Wilking † 24.12.1734


177<br />

• 29. September: Johann Leonhard Herbach, Sohn des Peter Herbach vom<br />

Gersweilerhof heiratete Maria Johannetta Schneider, Tochter des Peter<br />

Schneider von Erlenbach.<br />

• am 5ten Oktober starb Anna Catharina Riemenschneider, Frau des<br />

reformierten Schulmeisters Jost Riemenschneider im Alter von 77<br />

Jahren. Sie ist eine geborene Lemmer und stammt aus Metz. (Ihre<br />

Tochter Catharina war mit David Cherdron, dem Kirchenvorsteher zu<br />

Erlenbach verheiratet. 280 .<br />

• 18ten 8bris wurde Maria Margretha Meyer von Erlenbach begraben, alt<br />

34 Jahr.<br />

• den 3ten Nov ist Maria Catharina Kraftin zu Erlenbach begraben<br />

worden, alt 34 Jahr.<br />

1734: Polnischer Krieg & wieder französische Besatzung,<br />

• 8. Mai: Johann Leonhard Kaffitz (Caffitz), Sohn des Hubert von<br />

Neukirchen heiratete Anna Margaretha Schneider, Tochter des Johann<br />

David Schneider von Erlenbach, die am 14. Mai 1787 im Alter von 73<br />

Jahren verstarb. Anna Margretha muss also um 1714 geboren sein<br />

• am 2ten September starb Maria Catharina Schneider, eine geborene<br />

Mörsch, Witwe des Matheis (Matthias) Schneider, gewesener Einwohner<br />

von Erlenbach im Alter von ungefähr 86 Jahren<br />

• am 13.10.1734 starb Johann Paul Wilking im Alter von 34 Jahren.<br />

• am 21ten Dezember starb Barbara, die so genannte Schweizerin, eine arme<br />

Frau, die sich 20 Jahre lang in Erlenbach aufgehalten hatte, im Alter von<br />

50 Jahren.<br />

1737: am 5.3. wurde Johann Jacob Herbach mit Maria Eva Hegel, Tochter des<br />

Johann Georg Hegel, Glasmacher auf Drehenthal kopuliert.<br />

1738: am 4.2. wurde Sebastian Altmaaß, Sohn des Sebastian A. von Sambach mit<br />

der Anna Margretha Knieriemen († 12.4.1784 im Alter von 60 Jahren), Tochter<br />

des Theobald Knieriemen von Erlenbach kopuliert.<br />

1738, 2. Juli: Lorenz Scheid, Witwer und Kuhhirte auf dem Gersweilerhof<br />

heiratete Elisabetha, die Witwe des Nicol Borg, gewesener Tagelöhner auf dem<br />

Kreuzhof.<br />

1738: 18.11.: Johann Philipp Heyl, Jun vom Weinbrunner Hof wurde mit Maria<br />

Magdalena Schneider, des Peter Schneiders eheliche Tochter copuliert.<br />

(Erlenbach, luth. KB)<br />

Im Jahr 1740:<br />

• 13. Oktober, Johann Jacob Münch, Sohn des verstorbenen Christian<br />

Münch von Neukirchen heiratete Catharina Schneider, die Tochter des<br />

David Schneider, Einwohner in Erlenbach.<br />

• 9.8. die Jungfrau Maria Margretha Mangold, Tochter des einflussreichen<br />

Erlenbacher Schultheißen Johannes Mangold heiratete den Müller Johann<br />

280 ) Steinebrei Hans, 300 Jahre Auswanderung aus Otterberg, Kaiserslautern 1999, S. 40<br />

177


178<br />

178<br />

Jacob Heckmann, Sohn des Müllermeisters Valentin Heckmann aus<br />

Großkarlbach. (siehe oo → 1.2.1729 & → 23.6.1744)<br />

• 13.10. wurde Johann Jacob Münch, Sohn des verstorbenen Christian<br />

Münch von Neukirchen mit Catharina, Tochter des David Schneider,<br />

Einwohner von Erlenbach kopuliert<br />

• 23. Oktober starb Jost Riemenschneider, reformierter Schulmeister in<br />

Erlenbach im Alter von 80 Jahren und 8 Monaten. Seine Frau war bereits<br />

am 5. Oktober 1733 im Alter von 77 Jahren verstorben. Sie stammte aus<br />

Metz und war eine geborene Lemmer, sie war also eine Hugenottin, die<br />

durch die Religionspolitik Ludwig XIV vertrieben worden war. Ihr<br />

Urenkel wurde 1823 wiederum Lehrer in Erlenbach<br />

1741: am 17.1. Johann Valentin Haaß (luth), weyland Simon Haaßens<br />

gewesener Bürger zu Rockenhausen ehelicher Sohn wurde mit Maria<br />

Magdalena, weyland Paul Knieriemen († 12.2.1728) eheliche Tochter<br />

reformiert copuliert.<br />

1742, 2. Juli, Valentin Knieriemen, Sohn des verstorbenen Paul Knieriemen (†<br />

12.12.1728) heiratete Barbara Knobel, Tochter des verstorbenen Jacob,<br />

gewesenen Beisassen von der Weinbrunner Glashütte.<br />

1742, 13. November: Johann Jacob Schlabach, Witwer und Hirte in Erlenbach<br />

heiratete Anna Catharina, Witwe des Valentin Jäger von der alten Glashütte.<br />

(Seine erste Frau Catharina Elisabetha war am 15.4.1742 gestorben)<br />

1744: 23.6.: Ist Johannes Mangold, des Johannes Mangold, Herrn Schultheißen<br />

zu Erlenbach ehelicher Sohn und Elisabetha Catharina des Jacob Carra,<br />

Erbbeständer auf Münchschwanderhof nach dreifacher Proclamation nach<br />

gehaltener Hochzeits-Predigt copuliert worden. (→ seine Schwester oo 1.2.1729)<br />

vgl. lutherisches Kirchenbuch pag 216, oo Maria Margretha in 1740.<br />

1744, 17.11.1744 Peter Herbach der Hofmann auf dem Gersweilerhof: seine<br />

Söhne sind vor 7 Jahren in das neue Land (Amerika) gezogen. Er wurde auch am<br />

15.1.1744 erwähnt.<br />

1745: 25. Mai: Gebert, Johannes, Witwer von Erlenbach heiratete Maria Clara,<br />

Tochter des Abraham Jung von Konken, Oberamt Lichtenberg, Herzogtum<br />

Zweibrücken.<br />

1745: 7.8.1745 wurde Maria Catharina Mangold, Tochter des Johann Mangold,<br />

Gm in Erlenbach geboren und † 16.1.1782<br />

1746: 1. Februar: Es heiratete Georg Peter Becker, ein Schmied, der mit Anna<br />

Eleonora Tochter des Meisters Morphilius (Morfilius), Bürger und Schmied in<br />

Otterberg in Hurerei gelebt. NB Die zwei Personen haben sich vor der<br />

Eheschließung fleischlich vermischt. Vor der Copulation war sie 8 Tage im<br />

Kindbett gewesen. Am Tage der Taufe von Anna Magdalena wurden die beiden<br />

nach getaner Kirchenbuße copuliert.<br />

1746: 23.6.1746 luth. KB: ist Johannes Mangold, des Johannes Mangold Herrn<br />

Schultheißen zu Erlenbach ehelicher Sohn und Elisabetha Catharina des Jacob<br />

Carra, Erbbeständer auf dem Münchschwanderhof nach dreimaliger<br />

Proklamation bei gehaltener Hochzeitspredigt copuliert worden.<br />

1749: am 9.10.1749 starb in Erlenbach der Korporal (Soldat) der kurfürstlichen<br />

Armee Johann Peter Mörsch im Alter von 26 Jahren, 8 Monaten und etlichen


179<br />

Tagen. Er war der Sohn des Caspars und der N. Mörsch. Seine Mutter war an<br />

seinem Todestag 64 Jahre alt. → Sie starb 5 Jahre nach ihm am 16.12.1754 im<br />

Alter von 69 Jahren. Die Familie gehörte der Deutsch Reformierten Kirche an.<br />

1751: am 10.6.1751 starb der Soldat Franz Henrich Mehlbeck im Alter von 33<br />

Jahren und 4 Monaten.<br />

6.21. Leiden & Sterben 1724 – 1751<br />

Jean Pierre Engelmann war seit Ende 1715 Pfarrer der französisch reformierten<br />

Gemeinde Otterbergs. Aber erst ab 1725 notierte er penibel die zahlreichen<br />

Sterbefälle. Aber seine ersten Aufzeichnungen bis 1724 sind teilweise<br />

unvollständig und sagten zuerst nichts über die individuellen Todesursachen aus.<br />

Durch Häufungen und Vergleich mit anderen Kirchenbüchern können wir heute<br />

bis 1723 ziemlich sicher Seuchen in Erlenbach und Umgebung nachweisen. Die<br />

Alten starben wohl an Altersschwäche, aber was war mit den Kindern und den<br />

unter 50 Jährigen. Woran starben die? In keiner Zeit berichten die vier Pfarrer<br />

etwas von Krankheiten und deren Verläufe.<br />

Doch dann nach 1724 änderte sich das schlagartig. Pfarrer Engelmann hatte die<br />

nervenaufreibenden Prozesse hinter sich und nun hatte er Zeit für die<br />

Familienaufzeichnungen. Das Sterberegister (le mortuaire) des Peter<br />

Engelmann offenbart nun die Leiden der Menschen und dokumentiert das Sterben<br />

fast 27 Jahre lang. Nicht nur dass er die Todkranken zu Hause aufsuchte und mit<br />

ihnen betete und sah und horte, worunter sie litten.<br />

Die Verstorbenen wurden im Haus oder neben dem Haus aufgebahrt und am<br />

Beerdigungstag von der Familie hinausgetragen. Der Pfarrer ging voraus und die<br />

Trauergemeinde schritt hinter dem Sarg her. Da die meisten arm waren, war ihr<br />

Leichnam in einem Sack eingenäht und lag auf einer Bahre. Die Beerdigungen<br />

erfolgten immer zur vollen Stunde und die Kirchenglocken läuteten die<br />

Zeremonie ein. Jedermann erkannte am Glockenton, ob ein Mann, eine Frau oder<br />

ein Kind zu Grabe getragen wurde. Auf dem Weg zum Grab sang die<br />

Trauergemeinde entsprechende Lieder und die Klageweiber weinten unaufhörlich.<br />

Bei den Selbstmördern oder den Ungetauften war dies anders. Den Pfarrern, egal<br />

ob reformiert oder lutherisch, war es untersagt, diese Verblichenen mit Gesang,<br />

Glocken, Geräuschen und Zeremonien (wie ein stilles Gebet) zu beerdigen. Sie<br />

wurden also sang- und klanglos in einer abseits gelegenen Friedhofsecke<br />

beerdigt. So verlangte es die Hohe Regierung in ihrem Erlass vom 31. Mai 1743.<br />

Mit den Ungetauften dürften Juden und Mennoniten gemeint gewesen sein<br />

Heutige Krankheiten verlaufen vielfach harmlos, damals waren sie teilweise<br />

tödlich. Patienten mit schweren, unheilbaren Erkrankungen erfahren heute<br />

Linderung, eine Schmerztherapie. Wenn wir den Tod als unseren Freund ansähen,<br />

würden wir schmerzfrei, beseelt der Ewigen Ruhe entgegen gleiten. Doch vor<br />

300, 250 Jahren war das ganz anders gewesen.<br />

Die vom Pfarrer Jean Pierre Engelmann gemachten Beschreibungen in seinem<br />

Sterberegister, führen uns das Sterben im frühen 18. Jahrhundert als einen<br />

grausamen Prozess des Leidens, der Schmerzen, der Hoffnungslosigkeit vor<br />

179


180<br />

180<br />

Augen. Die Angehörigen sahen verzweifelt zu, wie der geliebte Mensch zum Teil<br />

aufglühte und dann dahin siechte. Kein Arzt, keine Medizin konnten Linderung<br />

bringen. Wir können das Elend, die Tränen das Unglück der Sterbenden und ihrer<br />

Angehörigen nur erahnen. Nachstehend: einige Zitate aus dem französischen.<br />

Sterberegister, mit dem Versuch einer Systematisierung der Todesursachen:<br />

Erklärung zum Friedhofsfoto: Dieser Friedhof wurde 1830 geöffnet und löste den<br />

alten Friedhof ab, auf dem das „Neue Schulhaus“ vor 120 Jahren errichtet wurde.


181<br />

Ernährungsmängel<br />

Für mich war es schockierend zu lesen, dass in und um Erlenbach sich einige<br />

Menschen nicht gesund und ausreichend ernähren konnten. Bisher war ich der<br />

Meinung, nur auf langen Seefahrten konnte Skorbut ausbrechen. War dies<br />

Vitaminmangel? Sehr überraschend, dass gerade im Juli jemand an Skorbut stirbt,<br />

wo eigentlich viele Früchte zur Verfügung stehen. Was waren die Ursachen?<br />

Missernten, Armut? Hatte sich die Familie Louis der äußerst vitaminreichen<br />

Kartoffel verweigert?<br />

1728: am Dienstag, den 20ten Juli starb zwischen 2 und 3 Uhr morgens<br />

Daniel Louis am heißen Fieber, begleitet von Skorbut-Flecken und einem<br />

Schlag am 9. Tag seiner Krankheit. Er wurde 33 Jahre minus 15 Tage alt.<br />

Auf Wunsch seiner Frau beerdigte ich ihn mit einem Lied des Psalms 23 am<br />

Mittwoch den 21ten dito. (Wahrscheinlich führten mehrere Ursachen zu<br />

seinem frühen Tod!)<br />

1728: Am Montag, den 29ten November gegen 5 Uhr am Abend starb an<br />

heißer Krankheit, begleitet von Skorbut Jean Lotharius Sigismone<br />

Massance. Er war 27 Jahre, 8 Monate und 6 Tage alt (somit geboren am<br />

23.3.1701)<br />

10.5.1731 Marie Salomé Raquet, Tochter des Herrn Daniel<br />

Donnerstag Thomas Raquet, Schreiber der Justiz, starb am<br />

Donnerstag, den 10. Mai gegen 4 Uhr nachmittags<br />

an einem Skorbut Anfall oder Mattigkeit, alt 7 Jahre<br />

weniger 3 Wochen<br />

1.5.1733<br />

Freitag, am ersten Tag des Mai starb Abraham Daniel Le<br />

Talle<br />

an den Masern. Sohn des Abraham Le Talle, alt<br />

1 Jahr und 6 Wochen.<br />

(wurde mit seiner Tante zusammen begraben)<br />

2.5.1733 Samstag, den 2. Mai gegen 4 Uhr morgens starb an<br />

einer Art Skorbut und Mattigkeit Marie Susanne<br />

Le Talle, Frau des David d´Armes, sie war<br />

34 Jahre und 3 Wochen und 3 Tage alt.<br />

Die beiden wurden zusammen beerdigt.<br />

17.6.1733 Am Mittwoch, den 17. Juni zwischen 7 und 8 Uhr<br />

morgens starb nach einem Skorbut- Anfall, der vor<br />

zwei Jahren mit schrecklichen Bauchschmerzen<br />

begonnen hatte. 6 Wochen vor seinem Tod bildete<br />

sich an seinem Bauchnabel ein Geschwulst, das<br />

aufplatzte und eine Art Eiter floss heraus. Genauso<br />

181


182<br />

182<br />

wie aus seinem Gesäß. (Es starb) Jean David Winter,<br />

Sohn des verstorbenen Jacob Winter, alt 18 J, 6 M<br />

(seine Mutter Cath. Raquet starb 66 jährig → † 25.4.1751<br />

27.6.1744 Noé Tibé, starb am 27. Juni gegen 7 Uhr morgens an<br />

einer Sorte ärmlichen Fiebers und an Skorbut,<br />

war alt 65 Jahr minus 2 Monate<br />

(siehe Francois Tibé † 23.11.1740<br />

Kindbett & Frauenleiden<br />

• 1724: Am Donnerstag, den 3. Februar zwischen 21 und 22 Uhr starb<br />

Marie Susanne Maus, geborene Raquet im Kindbett, wo sie seit<br />

Montag, den 31. Januar um 5 Uhr gelegen hatte. Das Problem war, die<br />

Nachgeburt war in ihr geblieben. Der Chirurg Lavalle kam, der auf<br />

Anweisung des Herrn Doktors am Donnerstag zwischen 1 und 2 Uhr<br />

nachmittags sie (die Nachgeburt) ihr von Hand zog. Sie starb am gleichen<br />

Tag zwischen 21 und 22 Uhr<br />

• 1726: 10. Oktober: In der Nacht vom Donnerstag auf Freitag, vom 10. auf<br />

den 11. Oktober, zwei Stunden nach Mitternacht, starb Anne Cherdron,<br />

Witwe des Paul Cordier dem Ersten und Frau des Michael<br />

Rheinberger, in 2. Ehe, an einer äußerst schmerzhaften Gebärmutter,<br />

gefolgt von einem Geschwulst, daher rührte eine Verhärtung des ganzen<br />

Körpers. Am Sonntag, den 6ten hatte sie hinter dem Paravent (Schirm)<br />

eine Schröpfung gemacht und sie hatte die Regel wieder bekommen. Am<br />

folgenden Tag ergriff sie ein Schüttelfrost und wahnsinnige Schmerzen an<br />

der Gebärmutter, woran sie am vierten Tag ihrer Krankheit starb. Sie<br />

wurde 51 Jahre und 1 Monat alt.<br />

• 1728: Am Mittwoch, den 31. März, gegen 6 Uhr abends starb Marie<br />

Elisabetha Weckmann, Frau des Jacob Fortineux 281 im Kindbett,<br />

nachdem sie 8 Tage lang an der Geburt ihres Kindes gearbeitet hatte. Sie<br />

hat einen Sohn am gleichen Tag (31.3.) geboren, der sofort getauft und<br />

Pierre genannt wurde, war aber zwei Stunden nach der Geburt gestorben<br />

und ward im Sarg in ihre Arme gelegt worden. Sie wurde am 2. April<br />

durch den wallonischen Pfarrer beerdigt, da der deutsche Pfarrer der<br />

Kirchengemeinde krank war. Sie war 33 Jahre weniger 5 Wochen alt.<br />

(Der Eintrag im deutsch reformierten Kirchenbuch dagegen ist dürftig).<br />

281 ) Maria Elisabetha Weckmann kam im Januar 1693 auf der Eselsmühle auf die Welt. Sie heiratete<br />

1711 in Alsenborn Jean Jacob Fortineux, * 17.10.1690 in Holzappel. Sie lebte nicht lange. Ihr<br />

Mann heiratete insgesamt vier Mal und wanderte 1742 in die USA aus


183<br />

• 1729: Am Freitag, den 13. Mai, starb im Kindbett Anne Susanne<br />

Cordier, nachdem sie eine Viertelstunde vorher einen Sohn zur Welt<br />

gebracht hatte. Sie war die Frau des Jean David Louis und starb ungefähr<br />

eine Stunde nach Mittag, sie war 28 Jahre, 3 Monate und 15 Tage alt.<br />

• 1733: Am Samstag, den 7. November gegen 10 Uhr morgens starb im<br />

Wochenbett Marie Salomé Cordier, die Frau des Nicolaus Kümel. Das<br />

Kind blieb bei ihr, vielmehr im Arm haltend, nachdem Herr Dr. Vermker<br />

sie geschnitten (Kaiserschnitt) hatte. Sie war 29 Jahre weniger 3 Monate<br />

alt.<br />

Lungenerkrankungen:<br />

24.1.1733 Am Samstag, den 24. Januar, nach 2 Uhr des Morgens<br />

starb Herr David Raquet, an offener Schwindsucht und<br />

Wassersucht, er hatte am 20. und 23ten jeweils gegen<br />

Mitternacht zwei Schlaganfälle, er wurde 67 J und 2 M<br />

(sein Sohn Jean Pierre starb 31jährig an Epilepsie →<br />

22.1.1742 Susanne Elisabeth Rochelle, Witwe des verstorbenen<br />

Herrn Daniel Thomas Raquet, starb am Montag den<br />

22. Januar um 11 Uhr vor Mittag an Lungen-Mattigkeit<br />

alt 54 Jahre<br />

10.8.1742 Philipp Henry Wattier, Sohn des George Wattier<br />

starb an der Beklemmung der Brust, die ihn oft<br />

befallen hatte, am Freitag den 10.Aug, alt 3 J, 1 M 17 T * 23.6.1739<br />

(Der Vater Jean George Wattier starb → † 5.11.1745<br />

27.3.1743 Jean Christoph Weld, geboren in Sembach, starb am<br />

Mittwoch den 27. März um 11 Uhr vor Mittag an<br />

einer Lungen-, Rippenfellentzündung gefolgt von einem<br />

Schlaganfall, alt 43 Jahre<br />

4.6.1730 Sonntag, den 4. Juni starb an einer Schwindsucht<br />

verursacht durch einen Ausfluss, an dem er sechs<br />

lange Jahre, jeden Tag gelitten hatte, étant tombé<br />

sur (fur) les parties Nobles Jean Philippe Cherdron<br />

Sohn des Herrn Pierre Cherdron, alt 18 Jahre, 6 W<br />

und 4 Tage<br />

5.4.1744 Francois Bernhard, Sohn des Herrn Bernhard<br />

Hutmacher dieser Stadt, starb an Verstopfung der<br />

Brust und an Krämpfen am Ostersonntag um 17 Uhr<br />

und wurde Osterdienstag durch Herrn Kandidaten<br />

183


184<br />

184<br />

Blasius 282 entsprechend der Anweisungen des Herrn<br />

Inspektors beerdigt.<br />

8.4.1751 Jean Valentin Luttringhausen, starb an „Quarte Fiebe“r<br />

an galié Brust, Kolik und bösartigem Ausfluss um<br />

Mitternacht von Donnerstag auf Freitag, 8 auf 9. April<br />

alt 59 Jahre, 6 Monate und 8 Tage<br />

wurde am Ostertag beerdigt.<br />

(seine Frau Anne Marie Tibé war 42 jährig gestorben † 21.3.1735<br />

Durchblutungsstörungen & Herzschwäche<br />

9.4.1726 Am Dienstag, den 9. April zwischen 8 und 9 Uhr abends<br />

starb Mathieu Guillot, Flüchtling aus Frankreich<br />

geboren in Sainte Croix, in der Nähe von Die im<br />

Dauphiné an einem schwarzen Bein, alt 94 Jahre, 4 M<br />

26.10.1729 Am Mittwoch, den 26. Okt. zwischen Mittag und<br />

13 Uhr starb an Mattigkeit in Folge eines Schlaganfalls<br />

Frau Elisabeth Etienne, Frau des Abraham Bouquio<br />

Sie hatte bereits vor 8 bis 9 Jahren einen gehabt, den<br />

zweiten an Ostern und den dritten Schlag ungefähr<br />

vor 6 Wochen. Sie war ungefähr 45 Jahre alt.<br />

Windpocken oder Masern in 1725?<br />

Der reformierte Pfarrer Geisweid war seit Anfang Januar 1725 schwer krank, so<br />

dass er sein Amt nicht mehr ausüben konnte. Er starb am 5.4.1725. Die<br />

Beerdigungen, Hochzeiten und Taufen der Deutsch Reformierten Gemeinde nahm<br />

für ein halbes Jahr Pfarrer Pierre Engelmann vor, bis die Aufsichtsbehörde einen<br />

Nachfolger bestimmt hatte. Die Kirchenbucheintragungen im Reformierten<br />

Kirchenbach von Jan- Juli 1725 jedoch nahm ein Unbekannter vor, vielleicht der<br />

Schulmeister oder ein Kirchenältester.<br />

Die zahlreichen Kleinkinder starben 1725 an den Kinder- Blattern. Die Seuche<br />

kannte keine Gemarkungsgrenze.<br />

Masern<br />

282 ) Blasius, Johannes, immatrikulierte sich 1728 in Heidelberg, war 1744 bis 1752 reformierter<br />

Inspektor Bobstadts, von 1752 bis 1771 Spektor der wallonischen Pfarrei Billigheim † 1771,<br />

Quelle Biundo # 411


185<br />

scheinen im Verlauf der letzten Jahrhunderte eine sehr häufige Krankheit mit<br />

Todesfolge gewesen zu sein. Sie trat laut Kirchenbuch seuchenhaft im Jahr<br />

1725/26 auf. Der Begriff Masern taucht erstmals in den folgenden Jahren auf.<br />

1733: Freitag, am ersten Tag des Monats Mai 1733 starb Abraham Daniel Le<br />

Talle an den Masern. Sohn des Abraham Le Talle, alt 1 Jahr und 6 Wochen. Er<br />

wurde zusammen mit seiner Tante Marie Susanne Le Talle, der Frau des David<br />

d´Armes beerdigt, die samstags an einer Art Skorbut und Mattigkeit im Alter<br />

von 34 Jahren, 3 Wochen und 3 Tagen gestorben war. (Es ist für den Laien<br />

auffällig, dass Engelmann hier zwei unterschiedliche Krankheiten angibt)<br />

11.4.1738 Jean Francois Nicolai, Sohn des Georg N, starb am<br />

Freitag, den 11.4. um 8 Uhr abends an Masern und<br />

Krämpfen (siehe auch → † 1.1.1743)<br />

10.5.1738 Marie Madelaine Wattier, Tochter des Jean Philipp<br />

Wattier, starb am schleichenden Fieber der Masern<br />

am Dienstag den 10ten Mai, alt 7 J, 8 M und 4 Tage<br />

6.5.1738 Maria Louis, Tochter des Jacob Karl Louis starb<br />

an Masern und Krämpfen am Pfingstmontag den<br />

6ten Mai morgen, alt 47 Wochen minus 1 Tag.<br />

Ruhr<br />

verursacht durch verseuchtes Trinkwasser, forderte regelmäßig ihre Opfer. Hier<br />

einige Beispiele:<br />

1726, Am Samstag, den 3. August, morgens um 6 Uhr starb Daniel Le Jeune<br />

(Jung), Sohn des verstorbenen Daniel Jung und der Elisabeth Digeon an einem<br />

Fieber, begleitet von der Ruhr, alt 46 Jahre und 2 Monate.<br />

1727: Am Montag, den 15. September, zwischen 6 und 7 Uhr morgens starb Anne<br />

Marie Simon, Witwe des Jean Haque (Hach) an der Ruhr, sie war 64 Jahre und<br />

8 Tage alt.<br />

1734: Montags, morgens vor dem Sonnenaufgang verstarb an der Ruhr Anna<br />

Maria Etienne, Tochter des Louis Etienne, alt 16 Jahre und 1 Monat. (Dies ist<br />

besonders bemerkenswert, da gerade zu dieser Zeit der Typhus innerhalb von 6<br />

Monaten fast 100 Menschen ins Grab holte)<br />

1738: Maria Susanna Raquet, Witwe des Hermann Bauer, starb an Ruhr am<br />

Montag, den 14. Juli, abends um 6 Uhr, war 66 Jahre alt.<br />

1744: Marie Susanne, geb. Simon, Frau des Martin Dellai, starb an einem<br />

Défluction der Ruhr, Harngrieß und Steinen, am Sonntag, den 26ten 7bris nach 11<br />

Uhr abends, sie war 72 Jahre und 26 Tage alt.<br />

185


186<br />

186<br />

1734: Am Donnerstag, den 20. Mai, um 4 Uhr morgens verstarb an dieser<br />

Krankheit, die mit einem Fieber beginnt, gefolgt von Erbrechen, dann<br />

Schwellungen, zuerst am lou, dann am ganzen Körper, mit einem großen Feuer,<br />

Peter Heinrich Cherdron, Sohn des Hans Peter Cherdron, alt 4 Jahre, 4 Monate,<br />

weniger 4 Tage.<br />

1738: am 11. Februar: Maria Magdalena Cherdron, Tochter des David<br />

Cherdron starb an Kopfweh und Erbrechen, gefolgt von Krämpfen. Die Krankheit<br />

dauerte 3 Tage, am Mittwoch, den 12. Februar morgen zwischen 3 und 4 Uhr, alt<br />

11 Jahre und 2 Monate.<br />

Schlaganfall<br />

3.12.1740 Samstag, den 3. Xbre morgens starb an inneren<br />

Krämpfen und einem Schlaganfall Maria Catharine<br />

Engelskirch, Tochter des Jean Balthasar Engelskirch<br />

Schwiegersohn und Aufseher des Herrn Winterstein<br />

in der Glasbläserei (Glashütte)<br />

17.2.1740 Mittwoch, den 17.2. gegen 8 Uhr abends starb nach<br />

dem dritten Schlaganfall Judith Fortineux, Frau des<br />

Hans Adam Müller, alt 57 Jahre, weniger 11 Tag<br />

3.3.1742 Antoinette Morion, Witwe des verstorbenen<br />

Samstag August Wattier, starb am Samstag den 3. März<br />

morgens zwischen 8 und 9 Uhr ganz plötzlich, während<br />

sie ihre Suppe aß an Altersschwäche und Schlaganfall,<br />

alt 80 Jahre<br />

12.10.1740 Jean Francois Renard, Sohn des Franz Daniel Renard<br />

Mittwoch starb am heißen Nessel-Fieber, am Mittwoch den<br />

12. 8bris am 8ten Tag seiner Krankheit, alt 7 J minus 3 M<br />

23.11.1740 Francois Tibé, Sohn des Noé George Tibé starb<br />

am Ausfluss, dehnte sich über die Achselhöhle<br />

aus und befiel das Herz, verursachte eine Hitze mit<br />

Krämpfen, starb in der Nacht vom 23. auf den 24 9bre<br />

alt 14 Monate und 13 Tage.<br />

5.12.1740 Jean Heinrich Eckhard, Bürger und Nagelschmied<br />

dieser Stadt; starb am 5. Xbre am 11.Tag seiner<br />

heißen Krankheit an einem plötzlichen Schlaganfall,<br />

alt 36 Jahre und 3 Wochen


187<br />

19.12.1740 Marie Susanne Schüler, Frau des Jean Pierre Hubin<br />

starb am Montag, den 19. Xbre um die Mittagszeit<br />

am 5. Tag ihrer hitzigen Krankheit<br />

alt 25 Jahre minus 4 Monate<br />

6.4.1741 Jacob Villiard starb an diene blähender Kolik<br />

36 Stunden der Krankheit am 6. April, um 7 Uhr<br />

morgens, alt 71 Jahre minus 6 Wochen<br />

9.5.1742 Anne Susanne Renard, Tochter des Jacob Renard,<br />

Mittwoch starb an Masern oder vielmehr an Pocken, die ihr<br />

zuerst die Sinne am Mittwoch, den 9. Mai um 10 Uhr<br />

abends am dritten Tag der Krankheit genommen<br />

(keine Altersangabe)<br />

Pocken<br />

17.12.1733 Am Donnerstag, den 12 Xbre starb gegen 3 Uhr<br />

Donnerstag nachmittags an Pocken und Krämpfen Marie Sara<br />

Tochter des Herrn Jean Pierre Le Talle, Schulmeister † 2.10.1745<br />

dieser Kirchengemeinde (ohne Altersangabe)<br />

22.6.1745 Marie Cunigunde Wattier, Tochter des Jean Philipp Wattier<br />

Dienstag starb am dritten Tag ihrer Krankheit an den Pocken, zuerst<br />

hatte sie nur ganz wenige Pocken, dann war aber der ganze<br />

Körper blau von ihnen. bedeckt. Und das Blut rann durch<br />

After und Scheide, durch Mund, Nase und selbst durch die<br />

Augen. Sie starb dienstags, den 22. Juni, morgens um 9 Uhr<br />

sie war 3 Jahre 7 Monate und 17 Tage alt.<br />

Gelbsucht & Wassersucht<br />

1726: Am Sonntag, den 29. Dezember, morgens um 6 Uhr starb Jean Hacque<br />

(Hach) an einer Wassersucht, die ihn am 10. Oktober wie durch eine<br />

Beklemmung der Brust ihn krank machte. Und 8 bis 16 Tage später begingen<br />

diese Teile sich aufzublähen. Die Schwellung stieg bis zu seinem Herz. Am 12.<br />

Dezember öffnete der Chirurg diese Dinger und eine große Menge Wasser floss<br />

heraus. Am 24. Dezember bekam er hohes Fieber (Feuer) und die Vergiftung. Er<br />

starb im Alter von 54 Jahren, 2 Monaten und 8 Tagen = * 21.10.1672.<br />

187


188<br />

188<br />

1730: Am Sonntag, den 19. Dezember gegen 8 Uhr morgens starb an einer<br />

Wassersucht Frau Judith De Groot, Witwe des Herrn Matthieu Gabel, gesagt von<br />

meiner Tante bei Herrn Jean Heydweiler, alt 79 Jahre. (Jean Heydweiler war<br />

67jährig am 4.2.1724 gestorben)<br />

1733: Am Mittwoch, den 18. November, um 3 Uhr morgens starb an Cachexie<br />

oder verursacht von Gelbsucht, begleitet von Quarte Fieber, gefolgt von<br />

Wassersucht pectorale nach einem Schlag vor 28 Stunden Herr Daniel Thomas<br />

Raquet, Gerichtsschreiber und Ältester dieser Kirche, alt 53 Jahre, 8 Monate und<br />

12 Tage.<br />

1745: Jean Georg Wattier, starb am Freitag, den 5. November gegen 4 Uhr<br />

morgens an einem Ausfluss am rechten Knie, der die Folge einer wassersüchtigen<br />

Verletzung war. Er schlief 2 Jahre lang wegen der grausamen<br />

Schmerzen auf der linken Seite. Und am Abend vor seinem Tod glühte sein Bein.<br />

Er wurde 56 Jahre, 5 Monate und 2 Tage alt.<br />

27.4.1747 Marie Louise Faulhaber, Frau des Daniel Hertzog<br />

Müller der Ölmühle starb an einer Sorte der Hektik<br />

begleitet von starkem Fieber und Gelbsucht am<br />

Samstag, den 22. April, um 11 Uhr vor Mittag, alt<br />

24 Jahre, 10 Monate und 18 Tage. * 9.6.1722<br />

22.8.1747 Marie Louis, Frau des Herrn Francois Faulhaber<br />

Dienstag Bürgermeister der Justiz, starb an schwarzer Gelbsucht<br />

und Wassersucht am Dienstag, den 22. August zwischen<br />

1 und 2 Uhr morgens, alt 52 Jahre, 5 M und 15 Tage<br />

2.8.1748 Jean Philipp Le Talle, Sohn des Abraham Le Talle<br />

starb an Quarte Fieber, gefolgt von Hektik und starker<br />

Wassersucht, die bis in die Zehenspitzen ging<br />

er litt 9 Wochen und am Ende hatte er Krämpfe<br />

gestorben am Freitag, Tag des Sanarif, 2. August<br />

gegen 2 Uhr nachmittags, war 19 Jahre alt.<br />

Der Keuchhusten<br />

ist eine akute, stark ansteckende Infektionskrankheit der oberen Luftwege, die<br />

damals epidemisch auftrat. Vor allem Kleinkinder sind/waren davon betroffen.<br />

Nach einer Inkubationszeit von 7 – 14 Tagen kommt es zu einem<br />

katharrähnlichen Stadium. Die anschließende Anfallphase ist durch die<br />

typischen krampfartigen Hustenstöße gekennzeichnet. Die 5 – 50 Anfälle<br />

innerhalb eines Tages, treten vor allem nachts auf und sind mit Lufthunger,<br />

Erstickungsgefühl sowie Blaufärbung des Gesichts (blauer Husten) begleitet. Bei<br />

Kleinkindern unter vier Monaten fehlen diese charakteristischen Anfälle. An ihrer<br />

Stelle kommt es zu lebensbedrohlichen Erstickungsanfällen. Die meisten<br />

Todesfälle treten in diesem Alter auf. Auch heute sterben noch Kinder wie damals<br />

an dem plötzlichen Kindstod, Welch ein Schock für die Eltern, wenn sie morgens


189<br />

ins Kinderbett schauen und ihr Sonnenschein aus unerklärlichen Gründen<br />

verstorben ist.<br />

Diese hohe Kindersterblichkeit hielt bis ins 20. Jahrhundert hinein an. Sehr<br />

erstaunlich, bis 1920 war in Erlenbach jeweils mindestens die Hälfte der<br />

verstorbenen Kinder, bei durchschnittlich 2 Totgeburten.<br />

6.22. Auswanderungen bis 1750<br />

Die Massenflucht von 1709<br />

Zuerst die Viehseuche von 1708, dann der brutale Horrorwinter von 1708/09. Es<br />

drohte eine Hungersnot, zumal die französischen Truppen als Folge des<br />

Pfälzischen und Spanischen Erbfolgekrieges alles konfisziert hatten.<br />

Ausreichendes Saatgut gab es nicht, das Vieh war weggetrieben und<br />

abgeschlachtet. Ein Viertel der Pfälzer entflohen der Not. Nur weg, den Rhein<br />

runter. Sie folgten den englischen Verlockungen und Versprechen, Virginia,<br />

North Carolina, New York und Pennsylvania aufzubauen. Seit 1706 hatte Josua<br />

Harsch unter dem Pseudonym Josuah Kochenthal eine Werbeschrift<br />

herausgegeben, die jeweils schnell vergriffen war und deshalb mehrmals neu<br />

aufgelegt wurde. Sie hatte die Auswanderungswelle „maßgeblich beeinflusst, weil<br />

in ihr der Eindruck erweckt wurde, als hätten alle Auswanderungswilligen von der<br />

britischen Regierung die gleiche Hilfe und Unterstützung zu erwarten, die<br />

Kochenthal und seine Gefährten zuteil geworden waren. Die propagandistische<br />

Wirkung dieser Broschüre war ungeheuerlich“. 283<br />

Hans Steinebrei 284 fand mehrer Otterberger Familien, die unsere Heimat<br />

verließen. Dies waren unter anderem Nicolaus Kuntz und Johann Adolf Weber.<br />

Im Frühsommer 1709 lagerten, vegetierten allein 40.000 Pfälzer in selbst<br />

gegrabenen Erdhöhlen vor den Toren Londons, um auf den Abtransport nach<br />

Amerika zu warten. Pro Schiff konnten damals nur 200 – 300 Personen<br />

mitgenommen werden. Das damals dort herrschende Elend, Chaos, Seuchen kann<br />

man sich nur schwer vorstellen. Das Elend war katastrophal, so dass die<br />

Hungernden jedes Angebot annahmen, um diesem zum Himmel schreienden Leid<br />

zu entrinnen. Die oben genannten Nicolaus Kuntz und Adolf Weber verdingten<br />

sich nach Irland. Aber auch dort kamen sie auf keinen grünen Zweig, so dass sie<br />

1718 wieder in Otterberg auftauchten.<br />

Auf den Schiffslisten konnten etliche Personen festgestellt werden, die aus<br />

unseren Dörfern stammen. Hans Steinebrei fand die Familie Franz Lucas, dem<br />

mit Frau und sechs Kindern 1709 die Auswanderung gelang.<br />

Weihnachten 1709 schifften sich in London 3.000 Pfälzer ein, aber die Schiffe<br />

verließen erst Ostern 1710 den Hafen, nachdem der neue Gouverneur New Yorks<br />

an Bord gegangen war. Die Überfahrt dauerte zwei Monate und mehr als 600<br />

Pfälzer gingen tot in Leichensäcken über Bord. Eins der 10 Schiffe strandete in<br />

283 ) Pfälzer in Amerika, Herausgeber: Institut für Pfälzische Geschichte, 1995, S. 22 ff.<br />

284 ) Hans Steinebrei, 300 Jahre Auswanderung aus Otterberg, Otterbach 1999, Seite 14 ff<br />

189


190<br />

190<br />

Sichtweite New Yorks, aber ohne dass einer der Passagiere oder Besatzungsleute<br />

ertrunken wäre. Wegen der großen Ansteckungsgefahr steckten die englischen<br />

Behörden die Neuankömmlinge dann erstmal in Quarantäne.<br />

Die englische Kolonialverwaltung ließ im August 1710 die Neuankömmlinge den<br />

Hudson River stromaufwärts ansiedeln. Ihre Aufgabe war es, für die Admiralität<br />

aus dem Holz Teer und Pech zu kochen, um damit die vielen, vielen Schiffe<br />

abdichten zu können „Aber das Unternehmen scheiterte. Das für den Unterhalt der<br />

Kolonisten seitens der britischen Regierung bereitgestellte Geld floss in die<br />

Taschen des gerissenen Indianeragenten Robert Livingston. Bald herrschten<br />

wiederum Hunger und Not in den armseligen Blockhütten der Palatines. Mitte<br />

1711 brach die Unzufriedenheit unter den Eingewanderten offen aus. Selbst durch<br />

Gewalt waren sie nicht mehr zur Weiterarbeit zu bewegen. Nach vergeblichen<br />

Beschwichtigungsversuchen überließ sie daher Gouverneur Hunter die Pfälzer<br />

zuletzt einfach ihrem Schicksal. Nach dieser Revolte blieben etwa 200 Pfälzer<br />

Familien am Hudson River. Im März 1713 zogen 50 Familien unter indianischer<br />

Führung zum Schoharie, wo sie sieben neue Siedlungen gründeten. Sie erhielten<br />

die Namen der Familienchefs: Brunnendorf, Fuchsdorf, Gerlachsdorf, Hartmanns-<br />

, Kneiskern-, Schmidts- und Weisendorf“ 285<br />

Aber auch diesen Niederlassungen war wiederum keine Zukunft beschieden, da<br />

der Fiskus und Landspekulanten den Palatines erneut das dem Urwald<br />

abgerungene Land streitig machte. Nach unliebsamen Prozessen brachen deshalb<br />

die meisten noch einmal nach Westen in das Land der Irokesen auf. Mittelpunkt<br />

dieses Gebietes wurde Stone Arabia, das später in Palatine umbenannt wurde<br />

1739 erbauten die Kolonisten sich ihr kulturelles Zentrum, eine Schule und<br />

Kirche, in der noch jahrzehntelang auf Deutsch gelehrt und gepredigt wurde. Sehr<br />

schnell wuchs die Bevölkerung auf 3.000 Menschen. Die Palatines (Pfälzer)<br />

waren dadurch stark genug, sich in den Indianerkriegen zu behaupten, die<br />

zwischen 1740 und 1783 viele Blutopfer forderten.<br />

Ein nicht unbeträchtlicher Teil dieser Siedler, darunter die Familie Ried 286 aus<br />

Baalborn, entschloss sich einer Einladung des Gouverneurs Keith zu folgen und<br />

nach Pennsylvania zu ziehen. Mitten im Winter 1722/23 bahnten sie die ersten<br />

einen Pfad durch die Wildnis zum oberen Susquehanna. Von hier ließen sie sich<br />

auf Flößen flussabwärts bis zur Einmündung des Swatara treiben und paddelten<br />

dann flussaufwärts, bis sie das Tal der Schildkröten erreichten Unter Führung von<br />

Hartmann Windecker konnten sie hier endlich in Penn`s Woods ihre Heimstätte<br />

errichten. 1728 folgte eine weitere Familiengruppe unter Conrad Weiser, der noch<br />

im gleichen Jahr Womelsdorf gründete. Die freundliche Aufnahme der<br />

Zugewanderten zog weitere Kolonisten nach, die im 18. Jahrhundert Pennsylvania<br />

bevorzugten.<br />

Auswanderung 1730 – 1770<br />

Wie Sie oben gelesen haben, waren in Otterberg und Umgebung in jedem Haus<br />

französische Soldaten einquartiert. Die wollten versorgt werden. Mit Sicherheit<br />

285 ) Palatines in America, a.a.O. S.23 ff.<br />

286 ) Johann Jacob Fortineux, * 17.10.1690 in Holzappel heiratete in 4. Ehe am 15.1.1739 in Rohrbach<br />

die Maria Elisabetha Culman, die Witwe Ried.


191<br />

bezahlten sie keinen Kreuzer für ihren Unterhalt. Vielleicht waren in den 14<br />

Häusern des Gersweilerhofes keine Soldaten untergebracht, aber mit Sicherheit<br />

kamen die Höferer in dieser über halbjähriger Otterberger/Erlenbacher<br />

Besatzungszeit nicht ungeschoren davon. Was die Höferer nicht freiwillig gaben,<br />

wurde ihnen mit Gewalt entrissen.<br />

Zudem rissen die Seuchen und Krankheiten Jahr für Jahr, Tag für Tag geliebte<br />

Menschen aus dem Leben. Am schlimmsten wütete das Fleckfieber in 1734 und<br />

1735. Für die Betroffenen war es aber auch genauso schlimm, wenn ihre<br />

Angehörigen an der Mangelerkrankung Skorbut oder an der Schwindsucht elendig<br />

eingingen. Keine Kinderkrankheit verschonte die Bevölkerung 1738 grassierten<br />

die Masern. Nichts sprach dafür, hier in diesem eigentlich so schönen Landstrich<br />

zu bleiben.<br />

6.23. Familie Fortineux wanderte 1742 aus<br />

Text: So wird ein Bündel von gravierenden Gründen unsere armen Vorfahren aus<br />

diesem Land getrieben haben. Darunter waren Jost Herbach mit seiner Familie und<br />

sein Schwager Johann Henrich Cherdron, deren Schicksal von William Henry<br />

Harbaugh (Herbach) recherchiert wurde. Hans Steinebrei fand 37 Otterberger, die in<br />

diesem Zeitraum diesem Kirchspiel den Rücken zukehrten. Die Stammbäume der<br />

Familie Fortineux und ihr Schicksal in Amerika wurde von der Familie selbst<br />

recherchiert und in einem dicken Buch 1989 in den USA veröffentlicht.<br />

(Quellenangabe in der Fußnote)<br />

Fortineux, Johann Heinrich, * 22.9.1708, getauft am 25.9.1708 ging am<br />

19.6.1730 in Rotterdam an Bord der Thistle of Glasgow. In Dover gingen<br />

nachmals Passagiere an Bord. Das Schiff erreichte nach über 2 Monaten am<br />

29.8.1730 Philadelphia. Er war der erste der Familie Fortineux, der in der<br />

Neuen Welt ankam. Mit anderen Deutschen Siedlern ließen sie sich<br />

nordwestlich von Philadelphia in Falkners Swamp nieder. Johann Heinrich<br />

schrieb dann die Stadtverwaltung in Otterberg an und bat um die Auszahlung<br />

seines Erbteils. Dabei ließ er auch Grüße an seine Schwester ausrichten.<br />

Heinrich heiratete die Maria Catharina Berger, wann und wo konnte nicht<br />

festgestellt werden. Aber ihr erstes Kind Susanna Catharina kam im Oktober<br />

1737 auf die Welt und wurde am 17.6.1738 von Pfarrer Stoever getauft. Der<br />

Vater kam bei einem Gewitter im Juli 1753 um, als er im Vorgarten seines<br />

Hauses von einem Blitz getroffen wurde. Seine Frau war eine erfolgreiche<br />

Geschäftsfrau gewesen. Durch Geschick machte sie viel Geld und konnte so<br />

1755 und in 1761 jeweils 436 acres Land kaufen. Sie starb in 1794. ) 287<br />

287 ) Quelle: The Fortineux Familiy in America, USA 1989 by Fortiney<br />

Genealogy Family Inc. Library Catalogqu Cord # 89 – 51498, Seite 85<br />

191


192<br />

192<br />

Fortineux Jonas, † in Landcaster, PA nach 1750 * 11.9.1677<br />

USA 1742 Oo Rosina Spohn oo 15.9.1701<br />

Die Auswanderer gingen in Rotterdam an Bord des Schiffes Loyal Judith<br />

und kamen am 23.9.1742 in Philadelphia an<br />

Kinder<br />

1 Maria Rosina * 22.4.1704<br />

USA 1739 2 Johann David * 15.6.1706<br />

blieb in Otterberg 3 Jacob * um 1707<br />

USA 1737 4 Johann Franz * 15.3.1711<br />

5 Johann Michael * 15.3.1711<br />

USA 6 Johann Michael * 9.1.1714<br />

USA 1737 7 Melchior, * in Landstuhl * 9.7.1716<br />

USA 1742 8 Maria Rosina, * in Landstuhl * 30.10.1718<br />

USA 1742 9 Maria Catharina, * Landstuhl * 23.9.1721<br />

USA 1742 10 Maria Magdalena, * Landstuhl * 23.3.1724<br />

USA 1742 11 Johann Jonas, * Landstuhl * 15.4.1728<br />

Fortineux, Jonas,* 11.9.1677 in Otterberg, Strumpfstricker oo Rosina Spohn<br />

aus Katzenbach bei Rockenhausen. Als der das Segelschiff „Loyal Judith“ in<br />

Rotterdam betrat, begleiteten ihn seine Frau Maria Susanna Spohn und drei<br />

seiner Töchter. Dies waren Maria Rosina, Maria Katharina und Maria<br />

Magdalena und sein jüngster Sohn Johann Jonas, 14 Jahre alt. Jonas dürfte<br />

wohl Analphabet gewesen sein, denn er machte auf der Schiffsliste hinter<br />

seinem Namen ein Kreuz. . Das Schiff erreichte nach über zwei Monaten<br />

Philadelphia am 23.9.1742. Vier seiner Söhne waren bereits in America und<br />

hatten das Geld für die Überfahrt bezahlt. Dies waren Franz oo mit Elisabetha<br />

Magdalena Wurtz, Michael und Melchior, die 5 Jahre vorher ausgewandert<br />

waren und in Lancaster Pennsylvania siedelten. Dann war noch David mit<br />

seiner Frau, die drei Jahre vorher am 3.9.1739 in Philadelphia von Bord<br />

gegangen waren. So war die Familie was fast komplett, nur Jacob war in<br />

Otterberg geblieben (* 1707) 288<br />

Fortineux, Johann Jacob der Ältere, * 17.10.1690 in Holzappel, jüngster Sohn<br />

des zeitweilig nach Holzappel geflüchteten Jonas Fortineux und der Sara<br />

Menton, war in Otterberg Bäcker, wo er zwischen1718 und 1737 in<br />

Steuerlisten aufgeführt wurde. Er war viermal verheiratet. Sein Sohn Samuel<br />

* 24.7.1723 wanderte 1742 aus.<br />

288 ) Quelle: The Fortineux Familiy in America, USA 1989 by Fortiney<br />

Genealogy Family Inc. Library Catalogqu Cord # 89 – 51498, Seite 85


193<br />

6.24. Jost Herbach vom Gersweilerhof in<br />

den U.S.A.<br />

By William Henry Harbaugh<br />

Peter Herbach was probably born in the Netherlands in 1674. The presumption<br />

that the Herbachs came from the Netherlands is based on the following. The<br />

church book of the Protestant congregation of Waldfischbach states that Braun<br />

Herbach came from the Netherlands & had his daughter baptized in the church of<br />

Heltersberg in 1693. At that time he lived on the Aschbacherhof no more than 4<br />

miles south of Kaiserslautern. The same record indicates that Braun Herbach was<br />

a Mennonite. The church book of the Reformed congregation at Otterberg reports<br />

that the Mennonite Wilhelm Herbach became a member of that church in 1710.<br />

Since the family name Herbach was unknown in the Palatinate until the later part<br />

of the seventeenth century, it is reasonable to assume that the few Herbach in the<br />

Kaiserslautern area at that time were all of one stock<br />

Peter Herbach 289 was married with Anna Maria Wirth. He had with her at least<br />

5 children. She died on May 29 th 1728 on their little farm on the Gersweilerhof.<br />

The widower was fit enough to marry a second time on March 27 th 1729. His<br />

young second wife Christine Jung, was the daughter of the shepherd of<br />

Erlenbach. This couple had another son. His name was Johann Peter. It is<br />

unknown whether the young stepmother came along with the older children of her<br />

husband.<br />

At least two children of Peter Herbach & Anna Maria Wirth emigrated to the<br />

U.S.A. probably in 1737. This had been:<br />

• Jost Herbach, * about in 1700, he was a farmer. He married in the famous<br />

old (German Reformed) Church of Otterberg on May 3 rd 1725. His bride<br />

Maria Margaretha Klein was the daughter of Jacob Klein, a master tailor<br />

and grocer of Ulmet, a small village 20 miles northwest of KL. The young<br />

family lived on the Gersweilerhof, where all their four children are born.<br />

Their first boy Johann Berg was born on Jan. 10 th (→ * 10.1.1726) and<br />

baptized on next Friday on the Gersweilerhof. Godfathers were the uncles<br />

Johann Jacob Korn oo Herbach and Georg Glück who was married with<br />

a sister of the kids mother.<br />

• Anna Maria Herbach married on April 22 nd 1727 Johann Henrich<br />

Cherdron, * July 8 th 1706 in Otterberg. His parents were the pretty rich<br />

Abraham Cherdron & his wife Anna Margretha Veillard (Villiard) They<br />

left Germany perhaps together with the family of their brother in law. In<br />

any case their five children 290 had been with them on board<br />

1. Johann Peter, bapt 12.2.1728<br />

289 ) Peter Herbach died on May 13 th in 1753 on the Gersweilerhof, in the age of 79 years, where he<br />

owned a farm. His second wife died † 2.7.1776 in miserable poverty<br />

290 ) Liste laut: Steinebrei, Hans, 300 Jahre Auswanderung aus Otterberg, Otterbach 1999, S. 40<br />

193


194<br />

194<br />

2. Maria Catharina, * 16.2.1730<br />

3. Johann Leonhard, * 10.9.1732<br />

4. Eva Margretha, * 3.12.1734<br />

5. Johann Caspar, * 31.3.1737<br />

In any event, the farmer Jost Herbach Jest’s sister Anna Maria married on April<br />

22nd 1727 Johann Henrich Cherdron 291 , born 8.7.1706 in Otterberg. These two<br />

families emigrated in 1737. This is established by the protocols of the council of<br />

Kaiserslautern for 1744. These state that Jost Herbach left for the New Land<br />

seven years earlier.<br />

Die Überfahrt war mit Sicherheit nicht kostenlos. Woher hatte Jost das viele Geld<br />

für sich und seine große Familie? Außerdem erwarb er in Pennsylvania Land und<br />

landwirtschaftliche Geräte. Nach Ansicht von Henry Harbaugh und meiner<br />

Überzeugung nach, verkaufte er seinen Hof auf dem Gersweilerhof und<br />

finanzierte damit den Transfer und den Neubeginn in den heutigen U.S.A.<br />

Jost war wie sein Schwager ein Mann voller Energie, Initiative und<br />

Unternehmungslust. Sonst hätten sie diese abenteuerliche Atlantik Überquerung<br />

nicht unternommen und wären sehr schnell gescheitert. Er war größer als jeder<br />

Durchschnitts-Einwanderer. Jost war wie ein Familienforscher schrieb, ein<br />

Kraftprotz mit energischem Geist, viel Mut. Ein ganzer Kerl, der sich mutig den<br />

Gefahren stellte und mit Zähigkeit das Grenzleben gestaltete.<br />

1739 besaß Jost Harbaugh bereits 100 Acres Land in Maxaway township. Dies ist<br />

ein Tal zwischen Reading und Alertown. Wenige Jahre später steht sein Name in<br />

der Steuerliste als einer der ersten dauerhaften Siedler westlich des majestätischen<br />

Susquehanna Stromes. In diesem lieblichen York County = Bezirk lebten fast<br />

ausschließlich Deutsche. Dort baute er 1743 ein Blockhaus, 40 Fuß im Quadrat<br />

groß und half, die Deutsch Reformierte Kirche in der neuen Siedlung Kreutz<br />

Creek zu gründen. Neben der Schule entstand auch eine deutschsprachige Schule,<br />

in die seine in Amerika geborenen Kinder lesen und schreiben lernten.<br />

Mit seiner ersten Frau Maria Margretha Klein hatte er zwei weitere Söhne.<br />

Nach ihrem Tod heiratete Jost wieder, denn seine kleinen Söhne waren<br />

unversorgt. Auch seine zweite Frau stammte aus Deutschland. Mit ihr zeugte er<br />

drei Töchter. Jost starb 1762. Sein Besitz hatte einen Wert von schätzungsweise<br />

1.000 Pfund Sterling. Dies war in jener Zeit eine relativ große Summe. In seinem<br />

Testament legte er fest, dass all seine Kinder den gleichen Betrag erben sollten,<br />

egal ob jung oder alt<br />

Während seine jüngsten Kinder zur Schule gingen, zogen seine drei ältesten<br />

Söhne in klassischer Pionier Art in Richtung Westen. Georg, der älteste siedelte<br />

in einem fruchtbaren Tal, in der Nordwest Ecke des Frederick County, im<br />

heutigen Staate Maryland, direkt hinter der Mason und Dixon Linie. Seine<br />

jüngeren Brüder Ludwig & Jacob zogen nach und sie teilten das riesige Land<br />

unter sich auf. Deshalb erhielt diese Gegend sehr bald den Namen Harbaugh<br />

Valley.<br />

291 ) Cherdron, Joh. Heinrich * 22.4.1727 in Otterberg. His parents are Abraham Cherdron & Anna<br />

Margretha Veillard


195<br />

6.25. Wetter & Unwetter bis 1793<br />

in der Nord- und Westpfalz<br />

In früheren Jahrhunderten waren die jahreszeitlichen Unterschiede anscheinend<br />

viel krasser als heute. Sehr kalte, schneereiche Winter und heiße trockene<br />

Sommer. Und natürlich alle 10 Jahre, entsprechend der Sommerflecken 292 ,<br />

verregnete Jahre. Der Odenbach und seine zufließenden Bäche spiegelten sowohl<br />

längere Trockenheit als auch die Regenperioden wider. Und im Juli (jeden Jahres)<br />

krachte es immer wieder. Schwere Gewitter gingen nieder und brachten<br />

Verderben.<br />

1633/34: Der Winter war so kalt, dass der Rhein zugefroren war. (laut Marschall<br />

Turenne)<br />

1658: „Elisabetha Orth, Hausfrau des Johann Orth, > 1. Februar 1658 im Alter<br />

von 64 Jahren, 46 Jahre in der Ehe gelebt, als man den Leichnam zur Erde<br />

bestattet, ist ein solch großer Schnee gewesen, dass man schwerlich zum<br />

Gottesacker hat kommen mögen; viel Schnee sey bey der Leich gewesen, dass<br />

70jährige Männer dergleichen nicht gedachten“ 293 Der ganze Winter war überaus<br />

bitterkalt und lang anhaltend. Es gab sehr viel Schnee. Die Wintervorräte waren<br />

schnell aufgebraucht. Damit das Vieh nicht verhungerte, holten die Bauern das<br />

Stroh von den Strohdächern und verfütterten es. Aber nicht nur die Haustiere und<br />

die Bevölkerung litten Not, auch „ist viel Wildbrett, zumal Hasen, Reh und Vögel<br />

gestorben“ 294 Die anormale Kälteperiode dauerte nach Überlieferungen bis etwa<br />

zum 10. April Das Frühjahr blieb kalt und nass. Die Wachstums- und Reifephase<br />

für die Feldfrüchte war viel zu kurz, so dass die magere Ernte eine Hungersnot<br />

auslöste.<br />

„Es ist dieses Jahr (1680) eine solch schreckliche Kält gewesen, dass die Mosel<br />

von Koblenz bis obenhin zugefroren war, dass man auch bis Trier ohne<br />

Abwechslung über das Eis auch mit einem schweren Last hat fahren können.“ Im<br />

Juni gab es regional überdurchschnittlich viele Gewitter, die die Feldfrüchte<br />

verwüsteten und das unreife Obst von den Bäumen schlug. Der Juli und August<br />

sollen extrem trocken und heiß gewesen sein. Der Herbst war regenreich. Der<br />

Novemberschnee läutete einen langen harten Winter 1681 ein. Das Frühjahr<br />

begann viel versprechend, aber wochenlange Trockenheit ließ alle Hoffnungen<br />

und Träume verdörren. Die Ernte war dementsprechend miserabel Gemäß uralter<br />

Tradition zahlt der Bauer am Martinstag seine Pacht und Steuern.<br />

1681. Der für Nußbach, Hefersweiler und Relsberg verantwortliche Steuercensor<br />

(Steuereinnehmer) Hans Michel Keypp aus Rudolfskirchen ritt am 10.<br />

November von Hof zu Hof, um die fälligen Steuern zu kassieren. Nach einer<br />

freundlicher Begrüßung und einem Gasttrunk kommt Keypp zur Sache. Er hat<br />

einen Auftrag. Er will die fälligen Abgaben einnehmen. Unsere Großbauern<br />

wollen natürlich alles bis auf den letzten Heller zahlen, aber das schlechte Wetter<br />

in 1680 und 1681 hatte allen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Beim<br />

292 ) so sagen die Meteorologen<br />

293 ) Kirchenbuch Lauterecken, Sterberegister<br />

294 ) Rüdiger Glaser, Klimageschichte Mitteleuropas, Primus Verlag, Darmstadt 2001, S. 156 ff<br />

195


196<br />

196<br />

besten Willen, die Bauern zahlten, was sie konnten, das Meiste blieben sie<br />

allerdings schuldig. Keypp erstellte daraufhin eine Schuldnerliste, die noch heute<br />

im Landesarchiv Speyer, C 23, # 7 aufgehoben wird. Einige Beispiele:<br />

Hans Wilhelm Scheer, Hefersweiler, 28 Gulden<br />

Philipp Kissel, Hefersweiler 14 Gulden<br />

Michel Braun, Relsberg, bleibt schuldig, 33 Gulden, 3 Kreuzer<br />

Hans Petter, Relsberg, bleibt schuldig 38 Gulden, 7 Kreuzer<br />

Schermers seine Erben, bleiben schuldig 56 Gulden (Morbach)<br />

Insgesamt addierte Keypper 316 Gulden Steuerschulden<br />

1708, am 28. August arbeitete Johann Peter Eckhard in Neu Wolfstein.<br />

Abends auf dem Heimweg nach Wörsbach geriet Johann Peter in ein schweres<br />

Gewitter. Es ist nicht überliefert, ob er unter einem Baum Schutz suchte.<br />

Zwischen Rossbach und Relsberg erschlug ihn ein Blitz<br />

1708: Eine Katastrophe folgt der anderen. Nach der schlimmen Viehseuche in<br />

1708, war der Winter 1708/1709 extrem hart. Es wird berichtet, dass in der<br />

Vorderpfalz sogar der Wein in den Kellern gefroren sei und die Vögel tot vom<br />

Himmel fielen. Dieser extreme Winter löste wohl die größte Auswanderungswelle<br />

in 1709 aus.<br />

1712, am 4. Juni verheerte ein Wolkenbruch das Land (Ortschronik<br />

Niederkirchen S. 54 und 297) und bedeckte die Talsohle „vom Bruch aufwärts in<br />

Richtung Norden (wahrscheinlich die Harzhütte) hoch mit Geröll und Grund. An<br />

diesem Unglückstag wurde die Bellenmühle total zerstört, die erst 13 Jahre<br />

vorher wieder errichtet worden war. Die Wassermassen hatten nichts als einen<br />

Steinhaufen übrig gelassen. Was nicht zu glauben ist, sogar die Mühlsteine<br />

wurden ein gutes Stück von der Mühle getrieben. 1 “ 295<br />

1720: Der Winter war sehr mild, aber regenreich. Es goss wie aus Kübel Die<br />

Wege waren matschig, die Bäche oft unpassierbar. Pfarrer Feuerbach wollte am<br />

5.1.1720 Johannes Müller 296 in Rudolfskirchen taufen, der am 3. Januar in Seelen<br />

auf die Welt gekommen war. Pfarrer Feuerbach war es bei bestem Willem<br />

unmöglich, das heilige Sakrament zu spenden. Denn der Odenbach führte<br />

Hochwasser und der Pfarrer „konnte wegen des grässlichen Hochwassers nicht<br />

über die Bach kommen“. Deshalb nahm Pfarrer Streuber von Rathskirchen die<br />

Taufe vor (Kirchenbucheintrag Seelen)<br />

1720, am 1. Juli, nachts um 2 Uhr ging im Odenbachtal ein schreckliches<br />

Sommergewitter nieder. Alle hatten mit Recht fürchterliche Angst, denn der<br />

1 ) Die Ortschronik Niederkirchen bezieht sich auf einen Akt, im Besitz von Frau Elsa Maier<br />

295 ) Die Bellenmühle existierte bereits vor 1618. Im Jahr 1650 erhielt Anton Schmidt die<br />

Betriebserlaubnis Seine Tochter Elisabetha heiratete Martin Neubrecht, der nach dem Tod des<br />

Schwiegervaters die Mühle führte. Auch nach dem frühen Tod Martin Neubrechts im Jahre<br />

1707 blieb die Mühle im Familienbesitz. Die Tochter Barbara, * 5. Januar 1701, oo 17. Febr.<br />

1722 Johannes Edinger. Die Familie Edinger betrieb die Mühle mindestens bis 1798.<br />

296 ) Eltern: Johann Heinrich Müller oo Maria Catharina


197<br />

liebe Gott strafte wieder mit wütenden Blitzen und ohrenbetäubenden<br />

Donnerschlägen das sündige Leben. Viele fielen in ihren elenden Hütten und<br />

Häusern auf die Knie und beteten lauthals und baten flehentlich um Verschonung.<br />

Die Todesangst war berechtigt. So auch die 17jährige Maria Catharina Forell 297<br />

aus Relsberg, die beim reichen Pfarrer Feuerbach für ein Jahr angestellt worden<br />

war. Sie betete inbrünstig mit dem Knecht zusammen in der untersten Pfarrstube<br />

und dann: „mit einem entsetzlichen Donnerschlag traf der Blitz die auf den Knien<br />

Betende und tötete sie augenblicklich. Bei sehr volkreicher Versammlung wurde<br />

sie am 2ten Juli christlich zur Erde bestattet. Ihres Alters 17 Jahr weniger 14<br />

Wochen“. Der noch nicht erfundene Blitzableiter hätte Wunder gewirkt.<br />

1725: Der Juli, vielleicht auch der Juni 1725 waren so verregnet, dass auf<br />

Anweisung des Kurfürsten der oberste Kirchenrat die allgemeine Order gab, am<br />

22. Juli einen Bitt- und Fürbittegottesdienst abzuhalten. Man bat Gott, uns doch<br />

seine Gnade und sein Erbarmen zuteil werden zu lassen, denn man befürchtete<br />

allgemein, der Dauerregen würde die ganze Ernte verderben. Tatsächlich hörte<br />

der Regen danach ein wenig auf (Page 283 der franz. Akten Otterbergs)<br />

1727: Der Witwer Michael Becker wollte am 9.12.1727 die Witwe Anna Maria<br />

Schwab in der lutherischen Kirche zu Rudolfskirchen ehelichen. Beide stammten<br />

aus Seelen. Damals war es üblich, dass die ganze Hochzeitsgesellschaft in<br />

feierlichen Zug sich zur Kirche begab Dies war aber wegen des hohen Schnees<br />

unmöglich. So traute Pfarrer Feuerbach das Paar in der lutherischen<br />

Konfessionsschule Seelen. Mit Sicherheit war dies genauso feierlich. Und die<br />

Hochzeitsgesellschaft konnte direkt vor Ort, ohne großen Kraftaufwand feiern<br />

„1728, sonntags, den 18. Juli, war in dieser Gegend ein sehr großes Donner-<br />

und Hagelwetter. Die meisten Schloßen waren alle wie große Baumnüsse, viele<br />

aber unter denselben wie große Hühnereier. Es hat alles im Feld, sonderlich zu<br />

Heinzenhausen, Lohnweiler und Berschweiler, erschlagen, so dass die armen<br />

Leute gar nichts ernten können. Dabei war so große Wasserflut, wodurch viel<br />

Vieh und an anderen Orten auch Menschen ertrunken. Gott lasse diese Warnung<br />

nicht vergebens sein, sondern lasse sie dahin gelingen, dass wir Buße tun“ 298<br />

1728, freitags, den 30. Juli, war in dieser ganzen Gegend ein starkes<br />

Erdbeben, doch ist alles gottlob, ohne Schaden abgegangen. Wie hernach die<br />

Zeitungen gemeldet, so ist es in Worms und anderen Orten viel stärker gewesen,<br />

indem es Schornsteine, Häuser und Mauern umgeworfen! Gott lasse uns diese und<br />

andere Dinge merken und lernen den mächtigen Gott zu fürchten!“ 299<br />

1733, Montagnachmittag, den 18. Mai, zwischen 1 und 2 Uhr ist ein starkes<br />

Erdbeben vernommen worden. Es tat drei Stöße, die ersten zwei waren gewaltig,<br />

297 ) Forell, Maria Catharina, * 16.9.1702 in Niederkirchen, Tochter des Hanß Jacob Forell &<br />

Gödel, Anna Barbara, wurde in 1717 mit 13 ¾ Jahren konfirmiert. Hans Jacob Forell war<br />

wahrscheinlich Müllerknecht auf dem Aßbacher Hof. Er stammt ais Mörsfeld bei Alzey und<br />

wurde um 1671 geboren, er starb am 25.2.1726 in Relsberg (Sohn des Johann Heinrich Forell)<br />

298 ) Chronik der Stadt Lauterecken, 1968, S. 219, oben,<br />

299 ) ebenda, S. 219,<br />

197


198<br />

198<br />

dass nicht allein alle Gebäude erschüttert, sondern auch Steine von den<br />

Schornsteinen gefallen und Risse in die Mauern gekommen. An anderen Orten ist<br />

dienstags noch einmal eine Erschütterung verspürt worden. Ach, wenn doch<br />

dadurch die harten Herzen der Menschen sich zur Buße bewegen ließen!“ 300<br />

1735, 20. Januar führte der Odenbach starkes Wasser. Es war so schlimm, dass<br />

Pfarrer Feuerbach nicht den reißenden Fluss überqueren konnte. Aber wer sollte<br />

die Beerdigung des Johann Nicol Lanzer in Seelen vornehmen, der 2 Tage<br />

vorher 46 jährig verstorben war. Wie so oft, sprang sein Schwiegersohn Wendel<br />

Schneider, Pfarrer in Heimkirchen ein, der nur den kurzen Höhenweg zu nehmen<br />

hatte. (Kirchenbuch Seelen)<br />

1739, „den 21ten April wurde Johann Leonhard Philippi, des weyland Peter<br />

Philippi, Gemeinsmann in Rudolfskirchen nachgelassener ehelicher Sohn mit<br />

Maria Catharina, Johann Beckers, Schneider und Gemeinsmann in Seelen<br />

eheliche Tochter im Schulhaus eingesegnet. Weilen von meinem Krankenbett<br />

nicht konnte abkommen, so hat Herr Pfarrer Schneider von Heimkirchen den<br />

Copulations Actum wegen des anhaltenden Wetters und Schnees zu Seelen in<br />

Rudolph Mohrs Haus verrichtet“. Dies schrieb Pfarrer Johannes Feuerbach ins<br />

KB Seelen. Übrigens war Rudolf Mohr ein Schweizer Einwanderer, der am<br />

30.10.1703 Anna Christina, die Witwe des Albini Lantzer geheiratet hatte. 1714<br />

hatten ihn die Reichsgrafen von Reipoltskirchen zum Schultheißen gemacht.<br />

Dieses Amt begleitete er bis zu seinem Tod am 10.4.1754. „Er starb ganz<br />

plötzlich, ohne krank zu sein. Seines Alters 84 Jahr, 4 Monate und 10 Tage“<br />

„1741 war die Kälte so groß, dass sie die von 1709 übertroffen hat. Auch das<br />

Wasser hat viel Schaden getan, indem es sechsmal ausgeloffen und von dem<br />

Schlossgraben bis fast an den Kirchhof gegangen“ 301 . Trotz regionaler<br />

Unterschiede ist dieser Winter der kälteste des 18. Jahrhunderts gewesen 302<br />

„Anno 1742 ist der Glan zu Meisenheim (wegen Trockenheit) still stehen<br />

geblieben, des Nachts um 12 Uhr bis den anderen Tag 10 Uhr“. 303<br />

Am 24. August 1746 ist ein unglückliches Donnerwetter eingefallen,<br />

dergleichen die hiesige Gegend noch nicht erlebte. In den umliegenden Orten<br />

entstanden bis Meisenheim große Schäden. In Niedereisesbach wurde eine<br />

Nürnberger Bibel, die in der Stube auf dem Fenster gestanden und auf ein Stück<br />

Holz zu liegen kam, (vom Wasser des Glans) bis Rehborn mitgenommen und dort<br />

unbeschädigt herausgefischt. In Offenbach wurde das Brauhaus zum Löwen samt<br />

den darauf gebauten Zimmern und dem Hausrat in den Glan getrieben. In der<br />

Klosterkirche stand das Wasser einen Tag danach noch 8 Zoll (25 cm) hoch. (KB<br />

Lauterecken)<br />

300 ) ebenda, S. 219,<br />

301 ) Albert Zink, Chronik der Stadt Lauterecken, 1968, S. 219 unten<br />

302 ) Rüdiger Glaser, Klimageschichte Mitteleuropas, a.a.O. S. 180<br />

303 ) Aus dem Deckblatt des Handbuchs von Johann Peter Braun, leider ohne Datumsangabe ; Die<br />

Jahre 1741 bis 1744 waren extrem trocken, ebenso 1757 (lt. Rüdiger Glaser)


199<br />

1751 Das Kirchenbuch Niederkirchen berichtete von einem Unglück am 7. Mai<br />

1751, als der unbeaufsichtigte Johann Peter Pfleger zur Mittagszeit „in die<br />

Bach fiel und ertrunken ist“. Der Pfarrer schreibt, am 6. May hätten heftige<br />

Regenfälle den Odenbach anschwellen lassen. Oder nach einer langen<br />

Trockenperiode, wie in 1752, als katastrophale Regenfälle niedergegangen seien,<br />

die das Odenbachtal überschwemmt hätten. In Niederkirchen, bei der<br />

Biegenmühle, ertrank am 15. Juli die unverheiratete, 36jährige Anna Juliana<br />

Gödel aus Hefersweiler, die zu Besuch bei ihren Geschwistern war. Sie war<br />

gerade dabei, Forellen zu putzen!<br />

1754: Am 4ten März 1754 kam Wilhelm Mohr, der Sohn der Eheleute Johann<br />

Michael Mohr und seiner Ehefrau Anna Catharina auf die Welt. Die Mohrs<br />

stammten aus der Schweiz und waren R.R. = Reformierter Religion, eine der<br />

drei akzeptierten christlichen Glaubensrichtungen nach dem 30jährigen Krieg. Die<br />

Mohr Familie lebte inmitten der lutherischen Nordpfalz. Heute versteht keiner<br />

mehr, was überhaupt die Christen trennt. Aber damals. Wilhelm, der Sohn des<br />

Schweizer Immigranten Rudolphs war integriert. Glauben hin, Glauben her.<br />

Wegen minimalster theologischer Differenzen isoliert zu sein. Nein, er fühlte sich<br />

in Seelen sauwohl und ließ seinen Sohn Johann Jacob vom lutherischen Pfarrer<br />

taufen. Die Paten waren aus Berzweiler, Messersbach, Reichsthal Gemeinsam<br />

wollte die Gesellschaft mit dem Pfarrer in die Rudolfskirchener Kirche<br />

prozessieren. Aber „die sehr kalte Witterung in loco Seelen“ machte einen Strich<br />

durch die Planung. Die Taufe fand im Seelener Schulhaus statt<br />

(Kirchenbucheintrag Seelen).<br />

1757: Das im Februar abgegangene Eis verursachte Zerstörungen, wie sie die<br />

ältesten Leute noch nicht erlebt hatten. In den Wiesen hätten drei und mehr<br />

Schuh 304 (etwa 90 cm) hoch der Kies und Schutt gelegen. Das Wasser hätte die<br />

Äcker zerrissen, die Wintergerste weggerissen. Zur Schadensbeseitigung seien<br />

drei oder mehr Jahr notwendig gewesen! 305<br />

1760, 2. Juli, Unwetter in Neuhemsbach 306 : Ein Neuhemsbacher, * 1756 und<br />

1836 dort gestorben, berichtete von einem schrecklichen Unwetter. Den<br />

Erzählungen nach, soll seine Mutter ihre Familie aufgefordert haben, auf die Knie<br />

zu fallen und zu beten, denn der „Jüngste Tag“ sei da. „Man hörte in der Luft nur<br />

Getöse, als wenn alle himmlischen Heerscharen in Anzug wären, um mit der Welt<br />

Gericht zu halten“ Einige Tage später verbreitete sich die Nachricht, dass<br />

Neuhemsbach fast gänzlich zerstört sei. Das plötzlich einsetzende Unwetter<br />

überraschte viele Hemsbacher auf dem freien Feld, wo sie bei Erntearbeiten<br />

waren. Kein Baum, kein Strauch boten Schutz. Die eiergroßen Schloße verletzten<br />

die Schutzlosen derart am Kopf, dass sie mit blutigen Köpfen heimeilten. Auch da<br />

gab es keinen großartigen Schutz mehr, denn der Hagelsturm hatte die<br />

Strohdächer zerstört. Dies war schlimm, aber reparabel Am schlimmsten aber war,<br />

dass die Ernte vernichtet war und sie ohne fremde Hilfe verhungern mussten. Die<br />

Gebete und die Not erweichten so das Herz des Prinzen Sayn von Wittgenstein,<br />

dass sie in seinem Wald Holz fällen und auf eigene Rechnung verkaufen durften.<br />

304 ) Schuh und /oder Fuß, war die alte Maßeinheit<br />

305 ) Albert Zink, Chronik der Stadt Lauterecken, 1968, 314<br />

306 ) Oskar Weller, Schloßen schlagen blutige Köpfe, aus „Die Rheinpfalz“, 2.7.2003<br />

199


200<br />

200<br />

Da doch mit staatlicher Hilfe alles ziemlich glimpflich verlaufen war, beschlossen<br />

die Neuhemsbacher auf Vorschlag und Drängen des Pfarrers Höpfners von<br />

Sembach, den 2. Juli als Schloßentag, als Buß-, Bet- und Dankestag jährlich mit<br />

einem Festgottesdienst zu feiern..<br />

1764: den 31ten Januar wurde Michel Willrich, Erbbeständer und Witwer zu<br />

Berzweiler mit Anna Elisabetha, Michel Hasemanns, Gemeinsmann und<br />

Kirchenvorstehers zu Nußbach Tochter, nach geschehener 3mahliger<br />

Proklamation wegen allzu stürmischen Wetters in Berzweiler im Haus<br />

copuliert“ (KB Berzweiler)<br />

1764: „Johann Peter Lanzer, Wagner in Seelen, wurde den 6ten März mit<br />

Maria Magdalena Sattler, des Schuhmachermeisters von Finckenbach, Heinrich<br />

Sattlers Tochter pravia trina Proclamation in loco Seelen, weilen man wegen des<br />

tiefen Schnees nicht nach Rudolfskirchen (Kirche) kommen können, in des<br />

dasiegen Censoren Peter Schwab Haus copuliert“ (aus dem Hochzeitsregister<br />

Seelen von 1764)<br />

1770: Dieser Winter war extrem hart. Jeden Tag Schneefälle, besonders die<br />

Höhenlagen waren betroffen. So auch in Seelen. Johannes Zimmer hatte<br />

rechtzeitig im Herbst den Hochzeitstermin mit seiner geliebten Anna Catharina<br />

Geip festgelegt. Da unser Pfarrer Feuerbach für viele Dörfer im Umkreis<br />

zuständig war, mussten sich die Verlobten auch nach ihm richten. Am 18.<br />

Februar sollte die Ehe in der festlich geschmückten, neuen Kirche in<br />

Rudolfskirchen geschlossen werden. Aber der Wettergott machte dem Paar einen<br />

Strich durch die Rechnung. Feuerbach kam im Schlitten nach Seelen und dann<br />

war Schluss. Er hielt die Zeremonie im lutherischen Schulhaus Seelen ab, da<br />

„wegen des tiefen Schnees“ der Gang nach Rudolfskirchen einfach unmöglich<br />

war.<br />

1770/ 1771: Kaum hatte sich die Landwirtschaft erholt, brachen neue<br />

Unglücke herein, die Missernten der Jahre 1770 und 1771 in ganz Westeuropa<br />

und in deren Gefolge eine allgemeine Hungersnot. Die Getreidepreise<br />

explodierten und waren fast unbezahlbar. Um Saatgut kaufen zu können, mussten<br />

die Bauern einen Kredit von z.B. 200 Gulden aufnehmen. Sie gaben<br />

Wiesengrundstücke, Äcker, Gebäude im Wert von über 400 Gulden als<br />

Unterpfand. Konnten Zins und Tilgung dann nicht gezahlt werden, so war dies<br />

für die Familie eine Katastrophe.<br />

1776: Aus dem unveröffentlichten Handbuch des Johann Peter Braun 307 ,<br />

Niederkirchen, (letzte Seite) entnehmen wir folgenden Eintrag: „Den 17ten Juli<br />

hat der Herr, großer Gott, Donnerwetter geschickt in der Nacht um ein Uhr, dass<br />

die Früchte auf dem Felde alle zerschlagen wurden, dass man keine Handvoll<br />

mehr kann schneiden, kein Korn, kein Spelz (= Dinkel), kein Haber (= Hafer) und<br />

gar keine Früchte mehr auf dem Felde und die Bäume aus den Wurzeln gerissen<br />

und dem Johannes Braun, ein Kelter Schob 308 , ein Viehstall, ein Bierhaus, den<br />

307 ) Johann Peter Braun, Niederkirchen, * 16.12.1807, > 7.9.1884, oo 13.2.1830 Carolina Braun<br />

308 ) Wir würden heute Kelterschuppen schreiben!


201<br />

Schweinstall, die Gartenmauer, alles aus dem Boden gerissen, viel Rindvieh<br />

verstorben, viel Schwein ersoffen und sind ersoffen 445 Stück Schaaf. Die<br />

Ziegeln sogar auf den Häusern, und die Fenster in den Häusern verschmissen,<br />

dass keine mehr ganz geblieben“! In der gleichen Nacht wurde auch das Haus des<br />

Johann Peter Steinhauer 309 ein Opfer des nieder brausenden Hochwassers. Er hatte<br />

den Fehler gemacht, zu nahe an der breiten Bachfurt des Odenbachs zu bauen.<br />

Danach baute er auf den Hewwel!<br />

Auch entlang des Lautertals gingen die Gewitter nieder. Die Lauter schwoll sehr<br />

schnell an und wurde zum reißenden, unberechenbaren Fluss. Am Nachmittag<br />

gleichen Tags brach schreckliches Unglück über die Familie Johann Wilhelm<br />

Jung 310 von Kreimbach herein. Der älteste Sohn Johann Wilhelm Jung, geb. am<br />

23.7.1742, wollte ein Schaf aus der Lauter ziehen, dessen Fell und Wolle sich mit<br />

Wasser voll gesogen hatte. Schnell verlor er den Boden unter den Füßen. Er<br />

konnte nicht schwimmen, er schrie um Hilfe und ging unter. Seine Mutter, die<br />

53jährige Maria Susanna Jung, geborene Walter, eilte zu Hilfe. Verzweifelt,<br />

jede Angst überwindend, sprang sie in den Bach, aber auch sie war<br />

Nichtschwimmerin. Der reißende Fluss riss sie mit sich und sie ertrank ebenfalls.<br />

1780: Der Winter war kalt und schneereich. Der spätere Deputierte Johann<br />

Michael Zimmer, * 26.1.1748 heiratete am 13.2.1780 an seinem Heimatort<br />

Seelen Maria Elisabetha Geib (:* 23.4.1749) nicht wie geplant in der<br />

romantischen Rokoko Kirche zu Rudolfskirchen. Der Schnee lag so hoch, dass<br />

Pfarrer Vollmar das Paar in Seelen copulierte<br />

Klaus Knecht berichtet: „das Frühjahr 1780 begann mit einer anhaltenden<br />

Trockenheit, die den Odenbach zu einem Rinnsal austrocknen ließ und die<br />

Hefersweiler Mühle zum Erliegen brachte. Nur stundenweise konnte gemahlen<br />

werden, weil dem Mühlrad die nötige Wasserantriebskraft fehlte. Die Trockenheit<br />

weitete sich in den folgenden Jahren zu einer Dürreperiode aus. Zum Jahresende<br />

1780 ging es jedoch nochmals stürmisch zu. So lesen wir im Relsberger<br />

Kirchenbuch. Am 2 November 1780 ging Anna Ottilia Scheers des Wilhelm<br />

Scheers Ehefrau mit ihrem Sohn ins Feld an die Arbeit. Über der Arbeit wurde sie<br />

von einem heftigen Schlag gerührt, dass sie Knall und Fall tot zur Erde niederfiel,<br />

den 4ten wurde sie begraben, war alt 62 Jahr.<br />

Der Sommer 1783 war extrem lang und heiß. Keine Regenfälle. Der Odenbach<br />

und die Seitenbäche führten kaum Wasser, so dass die Müller von Rathskirchen<br />

und Hefersweiler ihre Mühlen stilllegen mussten. Die Ernte fiel dementsprechend<br />

erbärmlich mager aus. Der Herbst mit seiner geringen Obsternte brachte auch<br />

kaum Entspannung. So war für die nächsten Monate Schmalhans Küchenmeister<br />

angesagt. Wegen der geringen Erträge, blieben die meisten die Pacht und die<br />

Steuerzahlung ganz oder teilweise schuldig. Der Müller Jacob Frank musste<br />

während der Odenbach und somit der Mühlbach wenig Wasser führten, bei<br />

weniger wasserarmen Mühlen mahlen lassen.<br />

309 ) Johann Peter Steinhauer, Drehermeister, * 10.8.1723 in Wiesweiler, > 4.12.1795,<br />

Stammvater der Hefersweiler Steinhauers und Armbrusts!<br />

310 ) Johann Wilhelm Jung oo 11. April 1741 Maria Susanna Walter, * 24.1.1723 in Kreimbach,<br />

der älteste Sohn Johann Wilhelm Jung * 23.7.1742 ertrank am 17. Juli 1776 in der Lauter<br />

201


202<br />

202<br />

Der Winter von 1783/84 war jedoch extrem kalt und sehr schneereich. (wie ab<br />

1776 – 1780). Der tagelange Schneefall setzte Weihnachten 1783 ein. An einem<br />

Tag fielen sogar 45 cm Schnee. Am 15 Januar 1784 lagen in Seelen 4 Schuh und<br />

9 Zoll = 1,54 m Schnee. Drei Monate lang sei der Mühlteich in Rathskirchen bis<br />

auf den Grund zugefroren gewesen. Der Winter war so verheerend, dass die<br />

Bauern teilweise Stroh von ihren Dächern holten, um ihre Tiere zu füttern.<br />

Johann Michel Klein aus Relsberg arbeitete als Mühlknecht in Wolfstein. Die<br />

Kälte, abwechselnd Tauwetter, der einsetzende Eisgang gefährdeten das Mühlrad<br />

und das Mühlwerk der Wolfsteiner Mühle. Johann Michel Klein aus Relsberg<br />

wollte an der laufenden Mühle das Eis von der Staumauer weghacken. Glatteis<br />

und mangelnde Vorsicht führten zu einem schrecklichen Unfall Klein rutschte<br />

aus und wurde vom Mühlrad erfasst. Keiner konnte mehr helfen. Das sich<br />

kraftvoll drehende Mühlrad zerdrückte seinen Körper gegen den ausgemauerten<br />

Boden. Klein war sofort tot und sein Leichnam war entsetzlich „zerstückelt“. Joh.<br />

Christian Vollmar schrieb ins Relsberger Sterberegister: „Am 20ten Jänner 1784<br />

wurde Johann Michael Klein in Wolfstein begraben, nach dem er den Tag vorher<br />

durch das Eis unter das Mühlrad gekommen und verstückelt wurde“.<br />

Der krasse Wärmeeinbruch und Wetterumschwung am 27. und 28. Februar 1784<br />

mit seinen starken Regenfällen brachten abwechselnd starken Eisgang und große<br />

Überschwemmungen 311 im engen Tal mit sich. Schlamm, Geröll, Wasser setzten<br />

den Mühlen erheblich zu. Es wird berichtet, dass der Müller Frank drei Jahre lang,<br />

nicht die Pacht hätte bezahlen können. Er musste zudem einen Kredit aufnehmen,<br />

um die Schäden beheben zu können. Die Arbeiten zogen sich bis zum Sommer<br />

hin.<br />

Der Ablauf der Katastrophe wurde minutiös von verschiedenen Beobachtern an<br />

verschiedenen Orten der Kurpfalz zeitgleich festgehalten. Deurer beschreibt den<br />

Ablauf in Heidelberg wie folgt:<br />

„ Es war indessen Donnerstag, den 26ten Hornung, (26.2.1784) abends, dass<br />

diesmal Lärm geschlagen und geschossen wurde, indem das Wasser schon sehr<br />

jählings zu steigen anfing... Alle Straßen wurden mit Pechkränzen beleuchtet und<br />

überall starke Wachen zur Beobachtung des Wassers und Eises gehalten. Gegen<br />

12 Uhr war wieder Ruhe, in der Stadt ging man schlafen. Verschiedene Herren<br />

waren noch bis 2 Uhr nachts auf der Brücke. Und weil sie vermuteten, dass sich<br />

noch nichts ereignen würde, verließen sie diese wieder. Es war aber kaum Freitag,<br />

morgens um 5 Uhr, so donnerten ferne Schüsse, sogleich fiel in der Stadt ein<br />

Schuss auf den anderen, die Glocken läuteten zum Sturm, die Trommeln lärmten.<br />

Alles erwachte. Man nahm eine kaum merkbare Bewegung des Eises wahr,<br />

welches sich in seiner ganzen Masse ein Stück Weges sanft fort schob, die<br />

gedeckte Brücke wie einen Federballen von den Pfeilern, im dem Eise aufrecht<br />

stehend, langsam mit sich hinweg führte. Und zwar ein Stück bis gegen<br />

311 ) Der erste starke Eisgang in Heidelberg war zeitgleich auch am 18.1.1784. Noch hielt diese<br />

wunderschöne Sandsteinbrücke. Noch Ende Februar 1784 wehrte sich die Bevölkerung<br />

vergeblich mit Sprengungen gegen die Eisbarrieren. Das zerstörerisches Gemisch aus<br />

entwurzelten Bäumen, mitgerissenen Balken und meterdicken Eisschollen drückte gegen die<br />

Brückenbögen und brachte sie am 26. Februar sieben von ihnen zum Einsturz, wie auf dem<br />

Gemälde von Ferdinand Kobell zu sehen ist. (Rüdiger Glaser, Klimageschichte<br />

Mitteleuropas, Primus Verlag, Darmstadt 2001, S.207)


203<br />

Neuenheim, wo es mitten im Neckar stehen blieb, ein Stück bis an das Magazin<br />

und ein Stück wieder aufwärts. Zur gleichen Zeit wurden einige ansehnliche<br />

Gebäude teils weggerissen, teils sehr beschädigt... Die Brückenstücke wurden<br />

zertrümmert, fortgetrieben. Die Mühlen stürzten ein. Die Neumühle ganz. Der<br />

Müller, der sie erst neue erbaut hatte, wurde ein blutarmer Mann. ...“ 312<br />

Das Hochwasser von 1784 war wohl das Schlimmste der letzten 500 Jahre.<br />

1784 Alles hatte sich gegen unsere Bevölkerung verschworen. Petrus strafte<br />

alle; nun folgte im Sommer die schlimmste Dürre. Das Wasser blieb aus, die<br />

Felder verdorrten. Angesichts der amtlichen Schilderungen der damaligen<br />

trostlosen Verhältnisse ist es kaum vorstellbar, dass die Einwohner nicht<br />

hungerten. Selbst die sonst so strenge Herrschaft hatte ein Einsehen und gewährte<br />

Stundungen, Befreiungen. Aber es kam viel schlimmer,<br />

am 28. Juni 1785 brach über Mitteleuropa, auch im mittleren Odenbachtal mit<br />

den Schwerpunkten Hefersweiler und Niederkirchen eine regelrechte Sintflut<br />

herein, die die beiden Dörfer wieder unter Wasser setzte und unermesslichen<br />

Schaden anrichtete. Eine riesige Auswanderungswelle setzte ein. Die Familien<br />

Eisenlöffel, Greilach, Demant, Welker, Dech und Schwarz verließen das<br />

Odenbachtal 25 Taglöhner seien damit beschäftigt gewesen, den Mühlgraben,<br />

den Mühlteich von Schlamm, Sand und Geröll zu befreien. Müller Frank bat um<br />

Pachterlass, aber die Obrigkeit reduzierte den Pachtzins nur um die Hälfte.<br />

1789: Der Sommer war wieder extrem trocken. Von Mitte Mai bis Ende Juli<br />

regnete es wochenlang nicht. Das Korn vertrocknete, Gras und Klee wuchsen<br />

nicht. Die katastrophale Folge: eine erschreckend geringe Ernte, kaum Heu und<br />

Stroh musste für viel Geld, das nicht vorhanden war, gekauft werden. Der<br />

Hefersweiler Müller Frank teilte mit allen Bauern das Schicksal der<br />

Ernteausfälle. Die Meisten hatten größte Schwierigkeiten, ihre Familie und die<br />

Tiere durch den Winter zu bringen. Die guten Erntejahre 1790 und 1791 brachten<br />

zwar etwas Entlastung, aber das Horrorjahr 1793 machte alle Hoffnungen<br />

wieder zunichte.<br />

1793: Ein Jahr voller Gegensätze. Der Juli war äußerst heiß und trocken. Die<br />

Menschen suchten Abkühlung. Die Jugend ging zu den nahe liegenden Weihern<br />

und tobte dort herum. So auch am 14ten Juli. Die Otterberger trafen sich am<br />

Lanzenbrunner Weiher. Das Unglück wollte es. Joh. Nicolaus Linn verlor die<br />

Füße unterm Boden Er fiel und ging unter. Der 22jährige Nichtschwimmer hatte<br />

keine Chance, er ertrank. Zwei Tage später wurde er beerdigt. Auch die folgende<br />

Geschichte ist dem Sterberegister des lutherischen Kirchenbuchs Otterberg<br />

entnommen:<br />

Den 15ten Juli gab der Königlich Preußische Inspektor von der Mehl Kolonne<br />

Christian Braun nach einem kalten Trunk in äußerster Hitze seinen Geist<br />

plötzlich auf und ist am Schlag und Steckfluss dieser Train Inspector beym<br />

Königl. Proviant Fuhrwagen gestorben. War aus Eggersin in Pommern gebürtig,<br />

52 Jahre alt. 34 Jahre diente er als Wachtmeister beim Hochl. Kurland Regiment<br />

312 ) Rüdiger Glaser, a.a.O, Seite. 205 ff.<br />

203


204<br />

204<br />

von Wollfrath und 1 Jahr als Train Inspektor dem König von Preußen. Am 17. Juli<br />

wurde er cum pompa (mit großen militärischen Ehren) in Katzweiler beerdigt.<br />

Im Herbst dagegen regnete es, was die Wolken so hergaben. Ein Regenschauer<br />

folgte dem anderen. Tagein, tagaus, so wie es wohl nur alle 100 oder 200 Jahr<br />

wieder vorkommt. Auch im November gab es schwere Regenfälle, die die Täler<br />

unpassierbar machten. Die franz. Truppen unter dem 25jährigen General Lazare<br />

Hoche versuchten dennoch am 26. November 1793 an mehreren Stellen mehrmals<br />

vergeblich das überflutete Lautertal zu überqueren. Sein Ziel war es, die<br />

deutschen Alliierten, unter preuß. Führung anzugreifen, die sich auf dem lang<br />

gestreckten Bergrücken zwischen dem Schlachtenturm in Morlautern bis rüber<br />

zur heutigen Wohnsiedlung Husarenäcker verschanzt hatten. Erst nach dem die<br />

Pioniere befehlsgemäß zwei Brücken 313 errichtet hatten, konnte er seinen Angriff<br />

starten.<br />

6.26. Dorfschultheiß Johannes Mangold<br />

Nach 1648: Irgendwann wohnten wieder ausreichend Menschen in Erlenbach, die<br />

ihr Auskommen hatten. Mit den Menschen kam der Neid, der Ärger mit dem<br />

Nachbarn, selbst unter Verwandten flogen die Fetzen. Da blieb nur eins, der Staat<br />

schaffte Ordnung und Rechtssicherheit. Das kurpfälzische Oberamt in<br />

Kaiserslautern fasste Morlautern und Erlenbach zu einer Verwaltungseinheit<br />

zusammen. Der erste uns bekannte Erlenbacher Schultheiß war Caspar Becker.<br />

Am 14.3.1688 war er der erstgenannte Pate bei der Kindtaufe seines Neffen<br />

Johann Caspar Steinmetz in Wörsbach. Um 1700 war Joh. C. Becker noch im<br />

Amt und Würden. Denn seine Tochter NN heiratet am 2. Juli 1700 David<br />

Schönbeck, Sohn des Wilhelm Schönbeck aus Morlautern 314 . Leider sind unsere<br />

Kirchenbücher lückenhaft, so dass wir nicht wissen, wann Caspar Becker starb.<br />

Um 1720 bestellte das kurpfälzische Oberamt den Erlenbacher Johannes<br />

Mangold zum gemeinsamen Schultheißen von Morlautern und Erlenbach. Ihm<br />

standen zwei ehrbare Bürger zur Seite, die das Amt der Gerichtsschöffen<br />

begleiteten. Johannes Mangold war eine sehr einflussreiche Persönlichkeit mit<br />

weit reichenden Kompetenzen Das Aufgabenfeld des Schultheißen Johannes<br />

Mangold war umfassend. Er führte die Landesgesetze aus und bildete somit die<br />

Exekutive, wie wir heute sagen. Er managte vielfältige kommunale Aufgaben und<br />

erfüllte gleichzeitig teilweise die Aufgaben heutiger Notare. Unter anderem war<br />

er zuständig für die<br />

• Einhaltung der Dorfordnung. Die Schultheißen bestellten auf Zeit die<br />

Kuh- und Schweinehirten und engagierten die Schäfer. Die<br />

Jahresverträge mussten verlängert oder ein anderer Hirte verpflichtet<br />

werden. Die Schäferhütten waren wie das Armenhaus eine kommunale<br />

Einrichtung. Die Beweidung war systematisch und geschah im<br />

Einvernehmen mit den Bauern (Ackerern), den Grundstücksbesitzern.<br />

313<br />

) Die erste Brücke war zwischen Katzweiler und Sambach und die zweite zwischen Erfenbach<br />

und Otterbach<br />

314<br />

) Sie starb vor 1714, denn der Witwer Schönbeck heiratete am 10.1.1714 wieder. !


205<br />

• Anschaffung und Haltung des Dorfstieres, Fassel genannt. Der Halter<br />

bekam eine jährliche Gebühr für Futter, Arbeit und Risiko.<br />

• Handhabung der Polizei-Verordnungen. Dazu gehörten die<br />

Überwachung der Schulpflicht bis zum 12. Lebensjahr und die<br />

Einhaltung des Konfessionsalters von 14 Jahren. Schon früher konnten<br />

die Zecher nicht unbegrenzt im Wirtshaus sitzen, die Einhaltung der<br />

Polizeistunde wurde mit Argusaugen überwacht.<br />

• Schulgebäude und deren Einrichtung. Sie waren Gemeindesache. Die<br />

Schulhaus- Glocke erfüllte vielfältige Zwecke und das Läuten musste<br />

organisiert sein. Die Schuldiener bzw. Schulmeister jedoch wurden von<br />

der Landeskirche bestellt und von dem zuständigen evang. reformierten<br />

(auch lutherisch) Otterberger Pfarrer überwacht. Zur Schule gehörte ein<br />

Schulgarten, aus dem heraus sich die Lehrerfamilie versorgte.<br />

• Aufsicht über die Wege und Stege. Dies schloß natürlich die Pflege,<br />

und die Reparaturen mit ein.<br />

• Führung des örtlichen Lagerbuches, dem Vorläufer des Grundbuches<br />

• Beurkundung der Grundstücksverträge und der hypothekarisch<br />

abgesicherten Kredite. In diesem Zusammenhang fiel der Gottespfennig<br />

an, eine Gebühr von 2 Kreuzern, die der Pfarrei zufloss.<br />

Wahrscheinlich finanzierte sich die Almosenkasse teilweise aus dieser<br />

„Grunderwerbsteuer“. Der Schultheiß und seine Schöffen<br />

unterschrieben diese Grundstücks- und Kreditverträge mit.<br />

• Die Schultheißen überwachten die Ausführung der herrschaftlichen<br />

Befehle, wie z.B. das Läuten der Hochzeitsglocken aus Anlass einer<br />

kaiserlichen Hochzeit<br />

• Die Besteuerung der Untertanen, damals Schatzung (Schazung)<br />

genannt, sollte den unterschiedlichen Einkommen und Vermögen<br />

gerecht werden. Die Schultheißen erhoben Steuern und Pachtgebühren<br />

und trieben sie mitunter auch zwangsweise bei. In Erlenbach oblag dies<br />

von 1740 - 1768 dem Zehnt-Schultheißen („Cent-Schultheiß“) Joh<br />

Villiard.<br />

„In den Städten wie Kaiserslautern und Wolfstein hatte der Schultheiß,<br />

Bürgermeister und der Rath die niedere Gerichtsbarkeit inne In den Städten<br />

schien es unterschiedliche Rechte und Privilegien gegeben zu haben. Die<br />

ordentliche Bürgerliche Gerichtsverfassung sah die Kontraktschreiberei und<br />

Waisenschreiberei vor. Bachmann erklärt leider den Unterschied nicht (vgl S. 269<br />

oben) Dies war wohl eine Prozessordnung, die je nach Herkommen und<br />

Privilegien zuständig war.<br />

6.27. Schule & Lehrer Erlenbachs<br />

1558 packte Herzog Ottheinrich die Gründung, bzw. die Reform des<br />

Schulwesens an. Er ließ sich von Fachleuten beraten und berief Johann<br />

Marbach 315 von Straßburg, Hieronymus Pesold, Augustin Eck, Walter Drechsel,<br />

315 ) „Im Jahre 1564 wollte Herzog Wolfgang den ausgezeichneten Theologen Dr. Johann<br />

Marbach, Präsident des Kirchenkonvents in Straßburg zu seinem Kirchenrat und<br />

Generalsuperintendenten des Herzogtums Zweibrücken berufen, um dessen Dienste zur<br />

Überwachung der Kirchen- und Schulangelegenheiten und Abfassung der consilia theologies<br />

205


206<br />

206<br />

Cunman Flinsbach & Dr. Veit Ruder. Was dabei herauskam, war revolutionär.<br />

Das Schulsystem der Zweibrücker wurde in Deutschland richtungweisend. Jeder<br />

Ort erhielt eine Kinderschule, die später Volksschule genannt wurde. Sie bestand<br />

aus vier Klassen, damals Häuflein 316 genannt. Jede Gemeinde musste ein<br />

Schulhaus, nebst Türmchen für die Schulglocke errichten. Die Dörfer schafften<br />

außerdem eine Glocke an, die stündlich geläutet wurde. Sie bestimmte den<br />

Tagesablauf und war Orientierung. Bei Geburten, Hochzeiten, Tod und<br />

Beerdigungen erklang sie im bestimmten Rhythmus, so dass jeder Bescheid<br />

wusste. So hörte jeder, ob ein Mann oder eine Frau gestorben war. Bei Brand und<br />

Katastrophen läutete der Schuldiener Sturm und holte Hilfe herbei.<br />

In Bergzabern, Zweibrücken, Kusel & Meisenheim entstanden zudem höhere<br />

Trivialschulen. Sahnehäubchen waren die im Jahr 1559 eröffneten Gymnasien<br />

in Hornbach und zu Lauingen im Herzogtum Neuburg.<br />

Doch wer unterrichtete in den Volksschulen? Die Kirchenbehörden bestellten<br />

Schuldiener und Schulmeister. Der Schulunterricht war ein wichtiger Bestandteil<br />

des kirchlichen und somit täglichen Lebens. Von daher bot es sich an, erstmals<br />

Pfarramtkandidaten mit dem Unterricht zu beauftragen. Wie z. B. Johann Jacob<br />

Reuß. Er war erst mal mehrere Jahre Schulmeister, bevor die Kirchen- und<br />

Staatsverwaltung ihn zum Pfarrer in Geinsheim bestallte. Die Kurpfalz hatte<br />

wegen des verstaatlichten katholischen Kirchenvermögens ausreichend<br />

Finanzmittel, um die Schuldiener und Schulmeister nach damaliger Auffassung<br />

gut zu bezahlen. Die Stadt Landau errichtete 1527 die erste deutsche, lutherische<br />

Schule. Der deutsche Schulmeister hatte im Katechismus und im Lesen und<br />

Schreiben zu unterrichten. 20 Jahre später bestellte der Landauer Stadtrat noch<br />

einen Rechenmeister, der das Bildungsspektrum ergänzte.<br />

Sehr viel schwieriger war die Einrichtung des Schulwesens in der ärmeren West-<br />

und Nordpfalz. Aber gerade Pfalzgraf Johann Casimir forcierte und<br />

subventionierte sehr großzügig die Errichtung von Dorfschulen und die<br />

Einstellung von Lehrern durch erhebliche Zuschüsse. Zweibrücken war Vorreiter<br />

und verabschiedete die Polizeiordnung, die es ermöglichte Schulschwänzern vom<br />

Dorfbüttel vorführen zu lassen. Als wesentliches Erfordernis eines Lehrers wurde<br />

überall dessen Rechtgläubigkeit betrachtet. Dies ist mit dem Hintergrund der<br />

Reformation verständlich, als sich ehemalige katholische Priester und Mönche um<br />

einen Job bewarben, den sie innerlich aber nicht auszufüllen gedachten.<br />

Für die Zeit 1520 – 1600 ist wenig Material über die deutsche Volksschule<br />

erhalten. Dies beklagte schon Dr. Philipp Keiper 317 , der in 1892 die Ergebnisse<br />

seiner Forschungsarbeit veröffentlichte.<br />

6.28. Erlenbachs Lehrer im 18. Jahrhundert<br />

Es ist wohl nicht festgehalten, wann und wo in Erlenbach nach dem<br />

Dreißigjährigen Krieg wieder Unterricht gehalten wurde. Interpretationsfähige<br />

Aussagen finden wir in dem Sterberegister der reformierten Kirche.<br />

zu gebrauchen. Der Magistrat in Straßburg entließ jedoch Dr. Marbach nicht aus seinen<br />

Diensten“ und gestattete ihm nur, als Berater tätig zu werden Dr. Nathanel Schlichtegroll<br />

Herzog Wolfgang von Zweibrücken und Neuburg, München 1850, S. 22 ff.<br />

316 ) Originalschreibweise von 1557 aus der Kirchenordnung!<br />

317 ) Keiper, Philipp, Neue urkundliche Beiträge zur Geschichte des gelehrten Schulwesens im<br />

früheren Herzogtum Zweibrücken, Zweibrücken 1892, Pfalzbibliothek ZM 3726


207<br />

1728: am 15. Februar starb Valentin Caub, ehemaliger Schulmeister in Erlenbach<br />

, er hatte auch in und außerhalb der Pfalz an der Schule gedient. Er wurde alt 74<br />

Jahre, 3 Monate, 3 Wochen, er wurde am 17ten begraben<br />

1728, am 21ten März starb Maria Magdalena Caub, geborene Schüler, 2. Ehefrau<br />

des Schulmeisters Valentin Caub. In 1. Ehe war sie mit David Schreiber<br />

verheiratet. Sie wurde ungefähr 78 Jahr alt.<br />

Valentin Caub ist 1653/54 geboren und wanderte in die Pfalz ein. Egal wo er<br />

lebte, hatte er an der Schule gedient. Allerdings war er nicht mehr im Amt, als er<br />

verstarb. Denn der Pfarrer schreibt, der ehemalige Schulmeister. Schon vor<br />

seinem Tod hatte also der Erlenbacher Schultheiß im Einvernehmen mit dem<br />

zuständigen Pfarrer einen Nachfolger ausgesucht. Er hieß Jost<br />

Riemenschneider und war auch schon kein junger Mann mehr: 1740, 23.<br />

Oktober starb Jost Riemenschneider, reformierter Schulmeister in Erlenbach im<br />

Alter von 80 Jahren und 8 Monaten. Seine Frau war bereit am 5. Oktober 1733 im<br />

Alter von 77 Jahren verstorben. Sie stammte aus Metz und war eine geborene<br />

Lemmer, sie war also eine Hugenottin, die durch die Religionspolitik Ludwig<br />

XIV vertrieben worden war. Ihr Urenkel wurde 1823 wiederum Lehrer in<br />

Erlenbach<br />

1754: am 8.3.1754 starb Anna Catharina Schwed, Hausfrau des Hermann<br />

Schwed, Schulmeister in Erlenbach im Alter von 59 Jahren und 9 Monaten. Der<br />

Enkelsohn mit gleichem Namen Hermann Schwed wurde am 11. März 1777 im<br />

Erlenbacher Schulhaus mit Maria Sibylla, der Tochter des Wilhelm Schopp aus<br />

Erlenbach kopuliert 318<br />

Das Erlenbacher Kirchenbuch ist noch nicht vollständig ausgewertet. So könnte<br />

es wohl sein, dass Johann Peter Gutenberg aus der Heidelberger Gegend Jost<br />

Riemenschneider folgt. Vom Alter her, spricht nichts dagegen.<br />

318 ) Herzog, Heinrich, Otterberger Hochzeitsdaten, Seite 39, # 518<br />

207


208<br />

208<br />

Beschreibung des Fotos: Erlenbach erhielt 1830 den heutigen Friedhof. Der alte<br />

Friedhof erschien dem Gemeinderat als ideales Baugelände für das „neue“<br />

Schulgebäude. 1887 begann der Bau des obigen Schulhauses. Allerdings war der<br />

Neubau zuerst anderthalb stöckig. Die Bauzeit war zwei Jahre. Die Steine kamen<br />

aus dem Steinbruch Joseph Winter. Die Baukosten betrugen 21.150 Reichsmark<br />

und wurden durch einen 15jährigen Kredit finanziert. Ab 1923 musste das<br />

Gebäude aufgestockt werden, denn die Klassenmesszahlen wurden endlich<br />

herabgesetzt und 1926 wurde das 8. Schuljahr eingeführt. Die Baukosten<br />

übernahm das Arbeitsamt. Vier arbeitslose Erlenbacher Maurer und Steinhauer<br />

bekamen dadurch Arbeit.


Fortsetzung von Seite 275<br />

209<br />

1781: am 4.4.1781 starb Herr Johann Peter Gutenberg, reformierter<br />

Schulmeister in Erlenbach im Alter von 69 Jahren. Sein Nachfolger wurde sein<br />

Sohn Johann Wilhelm Gutenberg, der bis 1817 Lehrer in Erlenbach war. Joh.<br />

Wilhelm heiratete am 12.2.1782 Margretha Boos. Die Schwester Anna<br />

Katharina ehelichte am 22.1.1788 im Erlenbacher Schulhaus Nicolaus<br />

Knieriemen.<br />

1782, 12.2.1782: Johann Wilhelm Gutenberg, reformierter Schulmeister in<br />

Erlenbach wurde mit Margaretha Boos, Tochter des Otterberger Schulmeisters<br />

copuliert. Die Gutenbergs stammen aus Heidelberg. Wilhelm war 1816 noch im<br />

Erlenbacher Schuldienst tätig.<br />

6.29. Die mittlere Gerichtsinstanz in KL<br />

Die Land- und Stadtschultheißen standen unter der Aufsicht des Oberamtes<br />

Meisenheim. Für Beschwerden und Widersprüche konnte das Oberamt angerufen<br />

(= appelliert werden) Bei bürgerlichen Angelegenheiten konnte der Kläger<br />

alternativ das Oberamt oder den Stadtrat in Kaiserslautern anrufen. Beide<br />

Gremien waren für juristische Fragen mit Fachleuten besetzt. Bei dieser<br />

konkurrierenden Gerichtsbarkeit stand es dem Kläger frei, ob er in erster Instanz<br />

beim Oberamt oder vorm Stadt-Rechtsausschuss klagen wollte. Dies erkennen wir<br />

aus den Ratsprotokollen der Stadt Kaiserslautern 319 . Dabei stand es jedoch dem<br />

Oberamt frei, ob es die Klage annahm oder die Klage an den Stadtrat verwies.<br />

1566, Dienstag, den 10 Dezember sind die drei Flur und Waldschützen<br />

mit Namen Bernhardt Pfeil, Michael Schwein und Petter von Erlenbach<br />

einbestellt- und einvernommen worden, ihnen sämtlich und insbesondere<br />

Michel Schwein wurden die Leviten gelesen. Denn sie sollten treulich<br />

auf den Wald aufpassen. Sie waren aber pflichtvergessen und wären<br />

woanders gewesen. Das Ratsprotokoll hält fest, in neuerlicher Zeit sei<br />

wieder ein gesunder, guter Baum des Best Götzen ohne Bewilligung und<br />

Wissen des Waldmeisters zu Brennholz umgehauen worden. Den drei<br />

Waldhütern sei die gebührende Strafe auferlegt worden. Der<br />

Niederschrift ist nicht zu entnehmen, ob die Drei entlassen wurden.<br />

(Ratsprotokolle KL, Fall 119, gefunden von Herbert Schmelzer,<br />

Husarenäcker)<br />

1568, Dienstag, den 26. Oktober, Der Stadtrat verhandelte den<br />

schweren Sittenverfall eines ledigen Bender-Gesellen, der mit der ledigen<br />

Magd des Hans Melcher Hurerei begangen hatte Hurerei war damals der<br />

voreheliche Geschlechtsverkehr nicht Verheirateter. Der nicht genannte<br />

Geselle hatte vor der Verhandlung bereits 8 Tage im Turm gebüßt. Der<br />

Rat fällte folgendes Urteil: Die sittenlose Magd wurde aus der Stadt<br />

verwiesen und der Stadtrat beließ es bei der bereits abgesessenen Strafe.<br />

(Fall 209, Seite 66)<br />

319 ) Ratsprotokolle der Stadt Kaiserslautern 1566 – 1571, herausgegeben von Martin Dolch und<br />

Michael Münch, Kaiserslautern 2002, S. 48 ff<br />

209


210<br />

210<br />

1568, Dienstag, den 16 November. Herzog Wolfgang von Zweibrücken<br />

rüstete zu seinem Kriegszug, um den Hugenotten zu helfen 320 . Auch<br />

Kaiserslautern war davon betroffen. Aus Angst von dem franzosischen<br />

Herzog Aumale (Dumal) angegriffen zu werden, stellte die Stadt zwei<br />

gute Kundschafter an, die in Saarbrücken recherchieren sollten.<br />

Außerdem sollten die Wächter verstärkt aufpassen und das Kersttor neu<br />

besetzt werden. Die Wachstunden an den Toren wurden bis nach<br />

Mitternacht ausgedehnt.<br />

1568, Freitag, der 26. November: Bereits 10 Tage später hatte sich die<br />

politische und militärische Situation verschärft. „Dieweil die Gefahr vor<br />

der Tür, dass der Herzog von Aumale (Dumal) mit Heereskraft den<br />

Herzog und Pfalzgrafen Wolfgang (von Zweibrücken) überzieht“ und die<br />

Gefahr wuchs, vom Herzog Aumale überrollt zu werden, beschloss der<br />

Lautrer Stadtrat, die Bürgerschaft zu mobilisieren. Am kommenden<br />

Montag sollten die Bürger gemustert werden. Sie seien durch den<br />

Bürgereid und bei angedrohter namhafter Strafe dazu verpflichtet. Sie<br />

wurden zudem aufgefordert, das gesamte Brennholz und den Dung in die<br />

Stadt zu schaffen, (damit die Truppen des Gegners nicht so leicht einen<br />

Stadtbrand entfachen konnten). Am Montag den 6 Dezember<br />

verpflichtete der Bürgermeister die neu angeworbenen Kriegsknechte,<br />

wie es Brauch war. Am gleichen Tag beschwerte sich der Stadtschlosser<br />

Meister Hans Frei. Es sei ihm nicht zuzumuten, für die alte Besoldung<br />

weiter zu arbeiten. Außerdem leide er unter der Doppelbelastung.<br />

Einerseits soll er das marode Uhrwerk des Barfüßer-Ordens in Ordnung<br />

zu bringen, andererseits müsse er den Wachdienst schieben. Die<br />

Stadtoberen vertrösteten ihn. Er solle die Änderung der Uhr vornehmen<br />

und noch ein Jahr lang sein Bestes tun (a.a.O., S. 70 )<br />

1566, Freitag, den 24 Dezember. Bei der Musterung der Bürger ergaben<br />

sich erhebliche Ausrüstungsmängel Der Stadtrat beschloss entsprechend<br />

des Musterungsregisters die fehlenden Waffen auf der Frankfurter Messe<br />

zu kaufen.<br />

1569, Donnerstag, der 17. März. Herzog Hans Casimir hat auf Befehl<br />

unseres gnädigsten Kurfürsten und Herrn (Friedrich III. ), seines Herrn<br />

Vater den ehrsamen Rat und die von den Gemeinden aufs Schloß bestellt<br />

und daselbst durch den alten Marschall den Landschaden feststellen<br />

lassen, der durch das französische Kriegsvolk im Elsaß und Straßburg<br />

herum etliche Mitgliedern des Reiches erbärmlich überfallen, mir Mord,<br />

Brand und Raub ganz beschwerlich angegriffen hatte.<br />

Der Kurfürst war äußerst besorgt, der Franzos (Herzog von Aumale)<br />

könne von Metz aus auch auf Zweibrücken losgehen. Deswegen ordnete<br />

der Kurfürst in allen seinen kurpfälz. Städten und Flecken (Dörfern) an,<br />

alle seine Untertanen zu mustern. Es sollte aller zur Gegenwehr dienliche<br />

angeordnet und bestellt werden. Bereits sei in Germersheim und<br />

Billigheim einiges Kriegsvolk eingetroffen. Auch würden in wenigen<br />

Tagen 100 fremde Hakenschützen in Kaiserslautern zur Verteidigung<br />

320 ) Im Februar 1569 zog Herzog Wolfgang los = 3 Hugenottenkrieg. Herzog Wolfgang starb am<br />

11. Juni 1569 vor Limoges an den Spätfolgen eines schlecht ausgeheilten Beinbruchs von<br />

1566, den er sich im Türkenkrieg 1566 zugezogen hatte. (Wundbrand)


211<br />

ankommen. Die Stadt solle ihre Kosten für Speis und Trank übernehmen<br />

und ihnen ziemliche Pfennige geben.<br />

1570, Mittwoch, der 10. Mai. Die Familie Wentz aus Erlenbach klagte<br />

vor dem Stadtrat Lautern alte Rechte ein. Die Spitalverwaltung<br />

verweigerte der Familie Wentz die tägliche Weinration. Ihr standen ein<br />

Maß und ihm zwei Dreiling zu. Der Stadtrat fällte eine vorläufige<br />

Entscheidung, die der Protokollant wie folgt festhielt: „Ist ihm der<br />

Bescheid (gegeben) worden, man könne jetzt keine abschließende<br />

Abrede tun. Er soll eine kleine Zeit Geduld haben, bis die<br />

Gemeindeherren des Spitals zusammen gekommen seien. Soll ihm zu<br />

Wissen getan werden und alsdann, da man der Abrede zufrieden, soll es<br />

kein Mangel haben“ 321<br />

Die Stadtjuristen hatten die ganze Bandbreite von möglichen und unmöglichen<br />

Fällen zu beurteilen und Recht zu sprechen. So klagte die Familie Lindenmaier<br />

gegen den Nachbarn Guetfreund. Die Lindenmaiers beklagten, der Schornstein<br />

der Nachbarn sei viel zu niedrig und sie würden durch den stinkigen Rauch<br />

belästigt. Sie hätten mehrmals in aller Güte vergeblich versucht, den Nachbarn zu<br />

bewegen, den Kamin zu erhöhen. Sie verlangten, Guetfreund solle endlich seinen<br />

Schornstein höher aufmauern. Die Richter wurden aufgefordert, diesen Missstand<br />

in Augenschein zu nehmen. (Fall 120 + 545)<br />

„Der Ehebruch eines Verheirateten mit einer ledigen Person, also noch mehr die<br />

geringe Fleisches-Verbrechen, werden nicht peinlich (= strafrechtlich), sondern<br />

bürgerlich bestraft. Die Untersuchungskosten bestreitet der Landesherr aus seinem<br />

Aerarium, wenn der Missetäter nichts im Vermögen hat“. (Bachmann S. 270<br />

unten)<br />

Den Ämtern und Oberämtern oblag die Strafverfolgung und somit die<br />

Strafprozesse (damals peinliche Prozesse genannt). Kurfürst Friedrich. schaffte<br />

in seinem Herzogtum die Folter (= das hochnotpeinliches Halsgericht) nach 1754<br />

ab. Er stellte somit die uralten Gebräuche von Hofgerichts-Schöffen, Blut-<br />

Schöffen, Zeter-Geschrei, Beischaffung des Galgens, Rad, Ketten & Henker-Ims<br />

und dergleichen ab. Allerdings „waren die Grenzen des Territoriums auch die<br />

Grenzen der peinlichen Gerichtsbarkeit“. Mit anderen Worten, in Mainz und Trier<br />

wurde weiter gefoltert.<br />

Stellte der Förster (Forst-Bediente) den Forstfrevler, so wurde er „sofort“ in der<br />

Gegenwart des Amtmanns oder vor dem Oberamt bestraft. „Höhere Forst-<br />

Verbrechen, als Wild-Dieberei, Brandstiftung und dergleichen wurden von einer<br />

Forst-Kommission geahndet, die sich aus einem Juristen, Aktuaris (Schreiber) und<br />

einem Deputierten des Forstoberamtes zusammensetzten. (Bachmann S. 271)<br />

Die dritte Instanz in dem Kurpfälzischen Rechtsstaat war das Ober-<br />

Appellationsgericht. Nach der Heidelberger Prozessordnung reichte das Oberamt<br />

den strittigen Fall an die Regierung weiter, die nach rechtlicher Würdigung den<br />

Fall dem Appellationsgericht zur Entscheidung übergab. Es hätte aber auch Fälle<br />

gegeben, dass sich die klagende Partei die Überlassung der Akten gewünscht<br />

hätte, statt das Ober-Appellationsgericht anzurufen. „Um in der Justizpflege die<br />

möglichste Unparteilichkeit zu zeigen, wird solches zwar erlaubt“. Der Appellant<br />

musste dann aber seine Verzichtserklärung auf Berufung beeiden, um nachher<br />

321 ) Protokollbuch der Stadt, # 546, gefunden von Herbert Schmelzer, Husarenäcker<br />

211


212<br />

212<br />

niemanden ungerechterweise wegen Rechtsbeugung beschuldigen zu können.<br />

„Bei Revision und allen wesentlichen Teilen des Prozesses würde die Kammer-<br />

Gerichts-Ordnung zum Grunde gelegt werden“. Bei Streitigkeiten wie z.B. mit<br />

der angrenzenden Reichsgrafschaft Sickingen 322 war logischerweise das<br />

Reichsgericht zuständig, wenn eine gütliche Einigung nicht möglich war<br />

6.30. Wo ist unser Grundbuch von 1740<br />

hingekommen?<br />

Auch im Mittelalter verlangte die Rechtssicherheit die Einführung des<br />

Lagerbuchs/ Saalbuchs. Wir vermuten, dass auf einem Reichstag<br />

dementsprechende Empfehlungen ausgearbeitet hatten. Fakt ist, dass 1557 in der<br />

Kurpfalz, in Stetten es bereits ein Saalbuch gab (Quelle VG Göllheim, Archiv<br />

Albisheim, # 35). Im unseligen 30jährigen Krieg ging viel verloren, so auch viele<br />

Akten aus der Zeit vor 1648. Aus welchem Jahrhundert das 1990 noch in<br />

Privathänden des Landwirten von Wächter vorhandene Saalbuch stammte, lässt<br />

sich leider nicht mehr feststellen. Nur die Eintragungen könnten darüber<br />

Auskünfte geben. Schade dass die Autoren der Ortschronik Morlautern nicht den<br />

Mut hatten, die Herausgabe des Lagerbuchs gerichtlich einzuklagen.. Aber wir<br />

wissen mit absoluter Sicherheit, 1740 existierte eins. Joseph Lorenz<br />

veröffentlichte 1993 die Ortschronik Morlautern. Im Zuge seiner Recherche fand<br />

er das gemeinsame Lagerbuch der Gemeinden Erlenbach und Morlautern aus<br />

dem 18. Jahrhundert. Nach seinen Aussagen war es ein dickes Buch. Dies ist kein<br />

Wunder, denn um 1830 existierten in Erlenbach mehr als 1.350 Grundstücke.<br />

Dieses Lagerbuch war 1793 im Hause des damaligen Schultheißen. Als die<br />

Franzosen im Januar 1794 Morlautern besetzten, warfen sie die alten Dokumente<br />

und das Lagerbuch aus dem Fenster. Sie machten Feuer und warfen die<br />

Dokumente in die Flammen. Das dicke Lagerbuch überstand dies alles. Es war<br />

danach 200 Jahre in Sicherheit. Die nächsten Bürgermeister hüteten diesen Schatz<br />

wie ihren Augapfel Irgendwann nahm der Morlauterer Bürgermeister von<br />

Wächter dieses Lagerbuch mit nach Hause, bevor es weggeworfen wurde. Joseph<br />

Lorenz musste bitten und betteln, bis er sich einige Kopien aus dem „privaten“<br />

Lagerbuch machen durfte, denn der Besitzer machte. Eigentumsansprüche<br />

geltend. Nun wollte ich Einblick nehmen und dieses Buch fotografieren 2005:<br />

Aber nun ist es weg, nicht mehr auffindbar!<br />

Aus dem Wenigen können wir folgendes rekonstruieren.<br />

Die Husarenäcker existierten bereits 1741. Die Äcker erhielten also nicht erst<br />

1793 ihren makabren Namen, sondern schon sehr viel früher. Wir halten es nicht<br />

für ausgeschlossen, dass sich im Dreißigjährigen Krieg dort ein schreckliches<br />

Reitergemetzel abspielte.<br />

322 ) Bachmann formuliert: „vermög des erhaltenen uneingeschränkten Privilegiums und der<br />

Kaiserlichen Wahl-Kapitulation bei dem Ober=Appellations=Gericht Prozessus“


213<br />

1741: 27. Juli Auf diesen Husarenäcker hatte die Witwe des Stephan Villiard<br />

(Veillard) ein Grundstück. Es war 1 Morgen und 4 Ar groß. Einerseits lag es am<br />

Waldrand, andererseits grenzte es an das Grundstück des Peter Schneider.<br />

Johannes Mangold aus Erlenbach war jahrelang Schultheiß der Doppelgemeinde<br />

Morlautern – Erlenbach.<br />

6.31. Erlenbacher Familiennachrichten 1750 - 1795<br />

1750: Hermann Heyel von Otterbach und Margretha Schuff vom Reichenbacher<br />

Hof wurden verheiratet. Sie hatten sich vor ihrer Ehe fleischlich vermischt. Ihr<br />

Kind wurde 14 Tage vorher getauft. Ihr Sohn Johann Daniel oo 20.2.1787 die<br />

Christina Haffner aus Erfenbach.<br />

1751, am 9.1.1751 wurde Michael Fuhr, Sohn des verstorbenen F. Fuhr von<br />

Stockborn mit Anny Margretha Simgen, Tochter des Nicolaus. Simben von<br />

Morlautern kopuliert.<br />

213


214<br />

214<br />

1751, 2. November: Der Witwer Johann Paul Knieriemen heiratete Maria<br />

Elisabetha Schneider, Tochter des David Schneider von Erlenbach (Seine 1. Ehe<br />

mit Maria Elisabetha Knieriemen war am 1. Februar 1729<br />

1752, am 3.9.1752 wurde Catharina Elisabetha Braunbach von einem Ast am<br />

Baum erschlagen. Sie wurde laut lutherischem Kirchenbuch am 30.3.1746 in<br />

Erlenbach geboren und ist die Tochter des Johann Conrad Wilhelm Braunbach.<br />

1753: 6.3.1753 Johannes Simgen, Sohn des † Heinrich, Einwohner von<br />

Morlautern (verstorben am 12.1.1743 im Alter von 30 Jahren und 1 Monat)<br />

ehelichte Catharina, Tochter des † Ludwig Simgen, Einwohner von Morlautern,<br />

der am 11.12.1740 im Alter von 40 Jahren und 5 Monaten verstorben war.<br />

(Cousin & Cousine) Catharina Simgen heiratete in 2. Ehe am 28.4.1767 den<br />

Johann Henrich Kunz aus Mölsheim. Der Witwer Kunz ehelichte in Erlenbacher<br />

Schulhaus am 13.8.1775 Susanna Stutzenberg, Tochter des verstorbenen Valentin<br />

Stutzenberger von Stockborn.<br />

1754: am 8.3.1754 starb Anna Catharina Schwed, Hausfrau des Hermann<br />

Schwed, Schulmeister in Erlenbach im Alter von 57 Jahren und 9 Monaten.<br />

(siehe Heinrich Herzog, Otterberger Sterbeakten, S. 80)<br />

1754: am 30.4.1754 wurde Georg Simgen, Sohn des verstorbenen Heinrich<br />

Simbgen aus Morlautern mit Maria Magdalena Tochter des Theobald<br />

Knieriemen, GM in Erlenbach, kopuliert.<br />

1754: am 16.12.1754 starb N Mörsch, die Witwe des Caspar Mörsch aus<br />

Erlenbach im Alter von 69 Jahren! Ihr Sohn Johann Peter war Soldat des<br />

Kurfürsten, im Range eines Corporals. Er starb 26 jährig am 9.10.1749<br />

1755: am 15.11.1755 wurde Nicolaus Simbgen (Simgen,) aus Morlautern mit<br />

Maria Catharina Tochter des Peter Knieriemen aus Erlenbach kopuliert. Das Paar<br />

lebte dann in Erlenbach. Er starb am 2.2.1770, sie am † 16.8.1785 im Alter von<br />

52 Jahren<br />

1756: am 27.4.1756 wurde Hermann Knieriemen, Sohn des verstorbenen N. K,<br />

gewesener GM in Erlenbach mit Susanna Catharina, Tochter des Schultheißen<br />

Simbgen von Morlautern kopuliert.<br />

1756 21. September heiratete Conrad Metz, Witwer und GM von Erlenbach die<br />

Anna Maria Knieriemen, Tochter des Peter Knieriemen, GM in Erlenbach. Seine<br />

erste Ehe war am 18.8.1733 mit Anna Barbara Simbgen von Morlautern<br />

1758, 28. Mai, Theobald Knieriemen, Sohn des Leonhard Knieriemen, GM in<br />

Erlenbach heiratete Johanna, Tochter des Albin Burckardt, GM in Dörrenbach.<br />

Er ging am 26.4.1764 mit Anna Catharina, der Witwe des Nicolaus Knieriemen<br />

die zweite Ehe ein.<br />

1760: 3.2.1760 starb Margretha Knieriemen, Witwe des Theobald Knieriemen<br />

im Alter von über 80 Jahren.<br />

1760, am 4.3.1760 starb Theobald Knieriemen, GM in Erlenbach. Seine Witwe<br />

Appolonia † 18.3.1761<br />

1760: 2.11. wurde Johann Leonhard Knieriemen, Sohn des Johannes<br />

Knieriemen und seiner Ehefrau geboren und am 4.11 getauft. Taufzeugen sind<br />

gewesen: Leonhard Haffner und Maria Catharina seine Hausfrau und Anna<br />

Appolonia, Theobald Knieriemens Gemeinsmann hinterlassene Wittib


215<br />

1762, am 24.10.1762 starb Johann Georg Simbgen, GM aus Erlenbach im Alter<br />

von 35 Jahren. (1760 wurde er bei der Taufe der Zwillinge Johann Conrad &<br />

Maria Philippina Korn als Schultheiß von Mohrlautern genannt).<br />

Jahr 1763:<br />

• am 24. Januar starb Maria Sabina Schopp, geb. Rupp, Ehefrau des<br />

Wilhelm Schopp aus Erlenbach im Alter von 56 Jahren. Sie hatten am<br />

18.6.1726 geheiratet.<br />

• 12. Februar, Heinrich Jost von Obermehlingen heiratete Anna Margaretha<br />

Haffner, Tochter des Leonhard, GM von Erlenbach<br />

• am 30. Januar starb Maria Elisabetha Heyl, geborene Haffner, die<br />

Hausfrau des Nicolaus Heil von Otterbach, alt 54 Jahre und 2 Monate<br />

• 13.6.1763 starb Abraham Eckel, Sohn des Peter Jacob aus Otterberg.<br />

Abraham war gemeiner Soldat im Efferichen Regiment gewesen.<br />

• am 20. July starb N. Simbgen, ein gemeiner Soldat, Sohn des Peter<br />

Simbgen, Schultheiß von Erlenbach<br />

1764, 26.April heiratete Theobald Knieriemen, Witwer von Erlenbach die Anna<br />

Catharina, Witwe des Nicolaus Knieriemen aus Erlenbach. → vgl. 28.5.1757<br />

1764, am 2.11. starb Susanna Catharina Herbach, eine Witwe, die sich bei dem<br />

Kuhhirten aufgehalten hatte.<br />

Jahr 1766:<br />

• 1766, 3. April Johann Bernhard Holstein heiratete Anna Catharina, die<br />

Tochter des Leonhard Caffitz (Kaffitz), Gerichtsmann von Erlenbach. Er<br />

starb am 5.8.1781 im Alter von 31 Jahren.<br />

• 1766, 22. Mai heiratete Nicolaus Schwem, Witwer und GM von<br />

Erfenbach die Charlotta Korn, Tochter des gewesenen Jacob Korn,<br />

Beständer zu Gersweilerhof<br />

• 1766, 13. Juni: Conrad Heimberger heiratete Maria Catharina Mangold,<br />

Tochter des Johannes Mangold, GM in Erlenbach. Er starb am 24.11.1777,<br />

sie † 16.1.1782, * 7.8.1745 (vgl luth. Kirchenbuch).<br />

Jahr 1767<br />

• 8.1.1767: Johann Jacob Korn, Sohn des verstorbenen Jacob Korn,<br />

Temporalbeständer auf dem Gersweilerhof wurde mit Sybilla, Tochter<br />

des Peter Knieriemen, Gemeinsmann aus Erlenbach kopuliert.<br />

• 1767: am 26.1.1767 heiratete Georg Adam Knieriemen, Sohn des Peter<br />

Knieriemen die Barbara Schaum, Tochter des † Caspar Schaum,<br />

Untertan in der Lampertsmühle. ( → Georg Adam † 26.5.1780<br />

• 1767, am 10ten Februar starb Paul Knieriemen von Erlenbach, (seine 1.<br />

Hochzeit war am 1.2.1729 mit Maria Elis Mangold)<br />

• 1767, am 24 April starb Leonhard Haffner aus Erlenbach.<br />

1768: Paul Knieriemen heiratete am 22. September im Erlenbacher Schulhaus<br />

Susanna, Tochter des verstorbenen Peter Korn! (Sie † 25.12.1780 )<br />

215


216<br />

216<br />

1769, am 9. Januar heiratete Peter Herbach im Erlenbacher Schulhaus die Maria<br />

Barbara Cherdron, Tochter des Jacob Cherdron aus Erlenbach (Er ist Sohn des<br />

Peter Herbach, der in zweiter Ehe 1729 die Christine Jung, Tochter des<br />

Erlenbacher Schäfers Balthasar Jung ehelichte) Peter Herbach starb am 9.3.1788<br />

in Erlenbach<br />

1769: am 13.2. starb Friederica Charlotta König (Koenig) Tochter des Pfarrers<br />

Johann König in Otterberg. Die Schwester Maria Elisabetha war am 7.12.1768<br />

gestorben.<br />

1769: 19.10.1769 fand man Adolf Keller auf dem Erlenbacher Feld. Nach<br />

geschehener Sektion (Obduktion) wurde er begraben.<br />

1769, am 24.11.1769 starb Jacob Bischoff, ein gemeiner Soldat im<br />

Rodenbach´schen Regiment.<br />

1770: 2.2.1770 starb Nicolaus Simbgen, GM in Erlenbach, der am oo 15.11.1755<br />

die Maria Catharina Knieriemen geheiratet hatte. Seine Frau † 16.8.1785<br />

1770, am 11.7.1770 starb der Totengräber Peter Bodevin, (Baudevin)<br />

1771: am 8.1.1771 wurde Adam Wagner von Rodenbach mit Anna Barbara<br />

Haffner von Erlenbach kopuliert.<br />

1772: 25.2. oo Theobald Knieriemen aus Erlenbach Margretha Schutzmann von<br />

der alten Glashütte.<br />

1772: Johann Villiard (Veillard), Hirte auf dem Gersweilerhof wurde mit<br />

Catharina Zahn, Tochter des Daniel Zahn, Hirte auf dem Schacherhof copuliert<br />

1772:am 20.10.1772 wurde Philipp Jacob Schilling, Schreinermeister geboren in<br />

Hof ( † 26.3.1775) mit Maria Juliana, Tochter des Johannes Profit, wallonischer<br />

Schuldiener kopuliert.<br />

1773, 25. Mai. heiratete Johann Leonhard Haffner, Sohn des verstorbenen<br />

Leonhard oo die Maria Christina Mangold, Tochter des Johannes Mangold, GM<br />

in Erlenbach. (vgl 4.5.1785.) Der Bräutigam starb am 21.1.1836 und Christina am<br />

† 30.11.1819<br />

1773: am 28.5.1773 stirbt Peter Knieriemen, GM aus Erlenbach<br />

1773, 9. November; Friedrich Dick, Sohn des Michael, Viehhirte in Alsenz<br />

wurde mit Anna Elisabetha, Tochter des Valentin Morscher Tagner in Erlenbach<br />

nach 3maliger Proclamation im Schulhaus Erlenbach copuliert. (Sie starb am<br />

29.12.1785 im Alter von 40 Jahren. Dick heiratete am 18.4.1786 zum zweiten Mal<br />

Anna Maria Margretha Heymann (Hömann) von Obersulzbach, die<br />

Eheschließung war auch im Erlenbacher Schulhaus). (Der Sohn aus dieser Ehe<br />

Johann Friedrich * 20.3.1815 oo 19.1.1847 Maria Catharina Barth).<br />

1774: am 23.3.1774 starb Georg Peter Simbgen, Schultheiß von Morlautern und<br />

Erlenbach.<br />

1775, 26.3.1775 starb Jacob Schilling, der am 20.10.1772 die Maria Juliana Profit<br />

geheiratet hatte.<br />

1775: 30.3.1775 starb Elisabetha Herbach, Ehefrau des N. Herbach aus<br />

Erlenbach!<br />

1775: am 27.12.1775 wurde Benedikt Becker, Sohn des gewesenen David<br />

Becker, Erbbeständer des Münchhofes bei Hochspeyer mit Susanna Christina


217<br />

Simbgen, Tochter des Nicolaus Simbgen aus Erlenbach im Erlenbacher<br />

Schulhaus copuliert.<br />

1776, am 22.1.1776 heiratete im Erlenbacher Schulhaus Conrad Schottinger,<br />

Sohn des Philipp Schottinger die Maria Catharina Caffitz, Tochter des Leonhard<br />

Kaffitz. Conrads Mutter starb 60jährig am † 20.6.1782<br />

1776, am 2. Juli (2.7.1776) starb in Erlenbach eine betagte Frau, die ihr Brot am<br />

Bettelstab suchte und sich beim dasiegen Schäfer aufhielt. Namens Christina<br />

Herbachin. (Sie könnte die 2. Ehefrau des Peter Herbach gewesen sein, die am<br />

22.2.1729 geheiratet hatte. Sie war übrigens eine geborene Jung, die Tochter des<br />

damaligen Erlenbacher Schäfers)<br />

1776: am 22.8.1776 heiraten in Erlenbach Wilhelm Schmitt von Alsenborn und<br />

Maria Elisabetha, Tochter des Theobald Schneider<br />

1777: am7.5.1777 heiratete Georg Samuel Strauß die Tochter des Johannes<br />

Mangold, Maria Elisabetha<br />

1779, am 21.2.1779 kam Maria Magdalena Korn auf dem Gersweilerhof auf die<br />

Welt. Ihre Eltern waren Jacob und Sybille Knieriemen. Maria Magdalena<br />

ehelichte am 23.11.1809 den Johann Adam Laudenbach, der am 1.12.1787 in<br />

Erlenbach das Licht der Welt erblickte.<br />

1780: am 26.5.1780 starb Georg Adam Knieriemen, Gemeinsmann aus<br />

Erlenbach. Er hatte am 26.1.1767 Barbara Schaum, Tochter des Caspar Schaum,<br />

Untertan in der Lampertsmühle geheiratet.<br />

1780: am 14.6.1780 starb der ledige Adam Knieriemen im Alter von 30 Jahren<br />

Das Jahr 1781<br />

• am 4ten April starb Herr Johann Peter Gutenberg, reformierter<br />

Schulmeister in Erlenbach im Alter von 69 Jahren. Sein Sohn Johann<br />

Wilhelm wurde sein Nachfolger. Er starb 1817 in Erlenbach.<br />

• am 18.5.1781 oo in Erlenbach Paul Knieriemen, Witwer die Maria<br />

Magdalena Cherdron aus Erlenbach<br />

• am 5ten August starb Bernhard Hollstein, Gerichtsmann in Erlenbach im<br />

Alter von 31 Jahren. (siehe oo 3.4.1766).<br />

• Catharina Strauß * 11.11.1781 Tochter der Eheleute Georg Samuel<br />

Strauß und der Elisabetha Mangold, die am 7.3.1777 in Erlenbach<br />

geheiratet hatten. Catharina oo am 19.1.1809 den aus Mehlbach<br />

stammenden Joh. Jakob Wilking * 1.9.1783<br />

1782, 12.2.1782: Johann Wilhelm Gutenberg, (Guttenberg) reformierter<br />

Schulmeister in Erlenbach wurde mit Margaretha Boos, Tochter des Otterberger<br />

Schulmeisters copuliert. Gutenberg stammt aus Heidelberg und war 1816 noch<br />

im Erlenbacher Schuldienst.<br />

1783: 25.2.1783 heiratete in Erlenbach Leonhard Knieriemen die Margretha<br />

Wilking von Mehlbach (siehe dortiges Sippenbuch; übrigens ihr gemeinsamer<br />

Sohn Leonhard * 1801 in Erlenbach oo 1.4.1826 Anna Margretha Haag aus<br />

Rockenhausen)<br />

217


218<br />

218<br />

1783: Catharina Magdalena Dick wurde am 28.5.1783 in Erlenbach geboren.<br />

Ihre Eltern Friedrich Dick, Viehhirte aus Alsenz & Anna Elisabetha Morsch †<br />

29.12.1785 → oo 9.11.1773<br />

1783: am 23.10.1783 kam in Erlenbach Jacobina Elisabetha Barth auf die Welt.<br />

Ihre Eltern waren Johann Michael Barth & Eva Fleck, die aus Mölschbach<br />

zugezogen waren. . Im Alter von 27 Jahren heiratete sie am 30.11.1811 Johann<br />

Nikolaus Zimmer * 2.7.1788 aus Oberarnbach.<br />

1784: 12.4.1784 starb Anna Margretha Altmaaß, geborene Knieriemen aus<br />

Erlenbach, die am oo 4.2.1738 Sebastian Altmaaß aus Sambach geheiratet hatte.<br />

Sie war lt KB 60 Jahre alt geworden.<br />

1784: 13.7.1784 ehelicht im Erlenbacher Schulhaus Johannes Karch von<br />

Morlautern die Maria Elisabetha Eicher von Hirschhorn.<br />

1784, am 29.7.1784 heiratet der ehemalige Mennonite Heinrich Galle, jetzt<br />

reformierter Religion die ledige Charlotta Wenzel von der Drehenthaler<br />

Glashütte.<br />

1785, am 4ten Mai (* 4.5.1785) wurde Elisabetha Haffner, Tochter des Leonhard<br />

Haffner und seiner Ehefrau Christina Mangold geboren, Die Eltern hatten am<br />

25.Mai 1773 geheiratet. (siehe oben). Elisabetha selbst heiratete am 9.2.1809<br />

Johann Heinrich Barth, der am 31.7.1773 in Mölschbach geboren wurde. Ihre<br />

Hochzeit wurde früh morgens um 4 Uhr im Rathaus in Kaiserslautern<br />

geschlossen. Elisabetha wurde 62 Jahre alt und starb am 10.11.1843, ihr Mann<br />

starb 4 Jahre vor ihr am 26.9.1839 im Alter von 66 Jahren.<br />

1785, 9.6.1785 oo am 9. Juni Johannes Mangold von Erlenbach heiratete Maria<br />

Magdalena Cherdron vom Münchschwander Hof. Ihr Sohn Johannes kam am<br />

29.5.1791 auf die Welt. Seine Hochzeit war am 15.10.1840 in Otterberg mit der<br />

aus Erlenbach stammenden Anna Maria Catharina Knieriemen, * 27.10.1805.<br />

1785: am 29.12.1785. Dezember starb Anna Elisabetha geb. Morscher, die erste<br />

Ehefrau des Friedrich Dick aus Erlenbach. Sie war 40 Jahre alt. (Diese erste Ehe<br />

war auch im Erlenbacher Schulhaus am 9.11.1773 geschlossen worden!) Der<br />

Witwer heiratete am 18.4.1786 die Anna Maria Margaretha Heymann von<br />

Obersulzbach.<br />

1786: 18.4.1786 heiratete der Witwer Friedrich Dick aus Erlenbach im Schulhaus<br />

Erlenbach Anna Maria Margretha Hoimann (Heymann) aus Obersulzbach.<br />

Dicks erste Ehefrau war am 29.12.1785 verstorben. Ihr Sohn Johann Friedrich<br />

kam am → 7.7.1790 auf die Welt!<br />

1786: 12.9.1786 Hochzeit im Erlenbacher Schulhaus: Johann Dietrich Schranz<br />

mit Katharina Haaß<br />

1787: am 20.2.1787 heiratete in Otterbach Johann Daniel Heil (Heyl) in erster<br />

Ehe Christina Haffner von Erfenbach. Diese Ehe wurde Ende 1793 geschieden.<br />

In 2. Ehe ehelichte Daniel die Anna Catharina Barth, * 9.10.1775 in Mölschbach.<br />

Die Familie Barth war inzwischen nach Erlenbach gezogen. Die Eheschließung<br />

war am 14.2.1794 im Erlenbacher Schulhaus. Ihre Eltern Johann Michael und<br />

Maria Eva Fleck hatten in Mölschbach geheiratet.<br />

1787, 13. November, der Witwer Johannes Löb wurde im Schulhaus Morlautern<br />

mit Philippina Anderist vom Hagelgrund copuliert.


219<br />

1787, * 1.12.1787 Laudenbach, Johann Adam, Sohn des Leinewebers Adam &<br />

und seiner Frau Elisabetha Thomann. Er heiratete am 23.11.1809 Maria<br />

Magdalena Korn, * 21.21.1779, Tochter des Joh. Jacob & Knieriemen Sybilla.<br />

1788: am 22.1.1788 wurde Nicolaus Knieriemen mit Anna Katharina<br />

Gutenberg(erin) im Erlenbacher Schulhaus kopuliert. Sie ist die Tochter des<br />

verstorbenen Schulmeisters. Ihr Bruder Johann Wilhelm oo 12.2.1782 Margretha,<br />

die Tochter des Otterberger Schulmeisters Boos.<br />

1788, am 15ten Hornung wurde Georg Michael Braunbach, der Wolfskreiser<br />

im Alter von 87 Jahren nach Erlenbach zur Erde bestattet. (luth. Kirchenbuch)<br />

1788: Dorothea Henrietta Ball erblickte am 14.11.1788 in Erlenbach das Licht<br />

der Welt. Ihr Vater war der Tagner Johann Peter Ball, ihre Mutter hieß Maria<br />

Elisabetha Hach. Dorothea ehelichte am 3. März 1814 den 2 Jahre jüngeren<br />

Johann Friedrich Dich, * 7.7.1790 in Erlenbach.<br />

Im Jahr 1789<br />

• am 21. April wurde Johann Leonhard Hollstein mit Anna Catharina<br />

Knieriemen im Schulhaus Erlenbach nach 3maliger Proclamation<br />

copuliert. (21.4.1789)<br />

• Doppelhochzeit zweier befreundeter Soldaten: am 2.6.1789<br />

• a) Cordier Conrad, Soldat = Gemeiner im Schwimheld´schen Regiment<br />

und Jacobina Ginsteinger<br />

• b) Faber, Bernhard, Gemeiner unter dem kurpfälzischen<br />

Schwimheld´schen Regiment und Charlotte Klein<br />

• am 19. Oktober wurde Adolf Keller tot auf dem Erlenbacher Feld tot<br />

aufgefunden und nach geschehener Sektion begraben.<br />

• am 4. Dezember kam Anna Margretha Knieriemen auf die Welt. Mit<br />

den Eltern Leonhard und Margretha Wilking freute sich die zahlreiche<br />

Verwandtschaft. Anna Margretha heiratete am 16.4.1811 Heinrich Eichert<br />

13.2.1789 aus Rohrbach<br />

1790, am 19. Januar (oo 19.1.1790) heiratete Jacob Herbach die ledige<br />

Elisabetha Margretha Knieriemen aus Erlenbach. Jacob Herbach verstarb am<br />

14.2.1839<br />

1790: am 7.7.1790 kam Johann Friedrich Dick auf die Welt. Seine Eltern waren<br />

das Tagelöhner-Ehepaar Johann Friedrich Dick und Margaretha Heymann. (1773<br />

war Joh. Friedr. Dick noch Viehhirte gewesen. Die Eltern hatten am oo<br />

18.4.1786 den ewigen Bund zur Ehe geschlossen). Gemäß Hochzeitsakt #<br />

64/1814 heiratete Joh. Friedrich Dick junior am 3.3.1814 die 25 jährige Dorothea<br />

Henriette Ball, die am 14.11.1788 in Erlenbach auf die Welt kam.<br />

1790 am 29.6.1790 heiratete Heinrich Haffner in Erlenbach die Philippina<br />

Knieriemen<br />

1790: 23.9.1790, heiratete Johannes Heuser, Witwer und Otterberger<br />

Löwenwirt die Maria Katharina Dick aus (Kusel)?<br />

1791: am 29.5.1791 kam Johannes Mangold auf die Welt. Er war der Sohn des<br />

Johannes Mangold und der Maria Magdalena Cherdron, die am 9.6.1785 den<br />

219


220<br />

220<br />

Bund der Ehe geschlossen hatten. Johannes junior heiratete am 15.10.1840 in<br />

Otterberg Anna Maria Catharina Knieriemen, * 27.10.1805 in Erlenbach<br />

1791: 7.6.1791, ehelicht der Witwer Johann Peter Kaffitz die Barbara Gnädig aus<br />

Neukirchen<br />

1791: am 13.9.1791 wird Johann Jacob Korn vom Gersweilerhof mit Christina<br />

Becker von Erlenbach copuliert<br />

1792: am 8.1.1792 wird Heinrich Mertz von Erlenbach mit Catharina Schneller<br />

von Münchweiler, katholischer Religion zu Erlenbach copuliert. Ihre Tochter<br />

Elisabetha Margretha kam am 27.9.1807 morgens um 4 Uhr auf die Welt, wie wir<br />

in der Geburtsurkunde 174/1807 lesen.<br />

1792: am 7.2.1792 heiratete Theobald Knieriemen von Morlautern die Carolina<br />

Korn vom Gersweilerhof. Ihr Sohn Theobald kam laut Geburtsurkunde am<br />

6.12.1807 nachts um 1 Uhr auf die Welt.<br />

1793: 22.1.1793 Peter Hafner (Haffner) oo Elisabetha Müller von der<br />

Gallapmühle. Hochzeit war im Erlenbacher Schulhaus<br />

1794: am 25.11.1794 heiratete Georg Haffner, ref. Wittwer, Bürger Erlenbachs<br />

die Catharina Magdalena Dietz, lutherisch, von Erlenbach.<br />

1794: 25.12.1794: die Hochzeit war in Otterbach: Valentin Lackmann, Sohn des<br />

Hermann Lacmann von Otterbach oo Anna Maria Knieriemen von Erlenbach<br />

1795: Hochzeit im Erlenbacher Schulhaus: Samuel Strauß, Witwer von<br />

Erlenbach oo Philippina Anderist, Witwe des Johannes Löb von Morlautern,<br />

beide reformiert. Ihre erste Heirat mit dem Witwer Johannes Löb war am<br />

13.11.1787 im Schulhaus Morlautern. Sie stammte lt Kirchenbuch aus dem<br />

Hagelgrund.<br />

1795: 13.1.1795 Hochzeit auf der Althütte, Philipp Schutzmann, Witwer wurde<br />

mit Barbara Knieriemen, ledig von Erlenbach kopuliert.<br />

6.32. Die Auswanderung in die Batschka 323 1783/84<br />

Die Habsburger hatten jahrelange Kriege gegen die Türken geführt und alle<br />

gewonnen, dadurch „befreiten“ sie große Landstriche. Aus ökonomischen,<br />

militärischen Gründen musste der riesige, menschenleere Donauraum wieder<br />

bevölkert, urbar gemacht werden. Der Bedarf an Menschen war so groß, dass die<br />

Regierung in Wien ein großzügiges, für deutsche Bauern und Handwerker<br />

lukratives Siedlungsprogramm auflegte. Werber mit weit reichenden Vollmachten<br />

traten ab 1781 auch im protestantischen Südwesten auf, nachdem in den letzten 30<br />

Jahren nicht ausreichend viele katholische Neubürger nach Österreich gezogen<br />

waren. Die Österreicher konnten sich frei in den süddeutschen Fürstentümern<br />

bewegen, denn damals bestand noch formal das „Heilige Römischen Reich<br />

Deutscher Nation“, deren Chef der österreichische Kaiser Joseph II. war. „Das<br />

von ihm erlassene Ansiedelungs-Patent vom 21. September 1782 wurde in vielen<br />

Tausend Exemplaren gedruckt und war – nicht zuletzt dank der Tätigkeit der<br />

323 ) Heffner, Angela, Tscherwenkaer Familien, Karlsruhe 2002, CD


221<br />

pfälzischen Werbezentrale in der österreichischen Grafschaft Falkenstein 324<br />

(Winnweiler) bald auch“ 325 in der ganzen Pfalz verbreitet. Durch die garantierten<br />

Zusicherungen malten sie die Zukunft der Auswanderungswilligen in rosaroten<br />

Farben. Paradiesische Aussichten, denn die Neubürger sollten frei und keine<br />

Leibeigenen mehr sein. Jeder Bauer, Siedler erhielt<br />

• den allgemeinen Hausrat,<br />

• vier Pferde und/oder 88 Gulden, Ackerland und ein genormtes<br />

Kolonistenhaus, 20 m x 6 m,<br />

• Anschubfinanzierungen, um den Winter 1785/1786 überstehen zu<br />

können,<br />

• Saatgut, Futter für die Tiere, um die Äcker in 1786 bestellen zu können,<br />

• Handwerker, wie Wilhelm Wilking aus Erlenbach, bekamen zudem<br />

pauschal einen Kredit von 50 Gulden zur Anschaffung von Werkzeugen.<br />

• Ein Pfarrer erhielt später die astronomische Summe von 50 Gulden pro<br />

Monat.<br />

So ist es nicht verwunderlich, dass innerhalb kürzester Zeit in den Krisenjahren<br />

1783/85 sich mehr als 10.000 Menschen aus Hessen, dem Rheintal, der Pfalz,<br />

Baden-Württemberg und dem Elsaß zur Auswanderung in die Batschka<br />

entschlossen. Die ganze Gegend der Nordpfalz schien auswandern zu wollen. Die<br />

Straßen, Wege waren überfüllt. Johann Eymann 326 , * 23.4.1764 in Duchroth<br />

schreibt in seinem Reisebericht, aus seinem kleinen Geburtsort Duchroth seien<br />

zwischen 1783 und 1785 allein 41 Familien mit insgesamt 143 Personen<br />

ausgewandert. 31 gingen nach Galizien, 10 in die Batschka. Der Ort heißt Sivac.<br />

Aber die meisten waren Leibeigene und mussten sich freikaufen. Unsere<br />

Vorfahren hatten zwar etwas Eigentum, aber kaum Bargeld. Verkauften sie ihren<br />

Besitz, kassierte der zuständige Schultheiß den festgelegten Prozentsatz, z.B. 10<br />

% des Erlöses. Etlichen Bewohnern war dies zu unbequem, lästig oder ganz<br />

einfach unmöglich. Sie machten sich heimlich auf die Socken. Der zuständige<br />

Schultheiß beschlagnahmte dann das Vermögen der Verschwundenen und ließ es<br />

zugunsten der Staatskasse verkaufen, versteigern! Der Exodus wurde zum echten<br />

Problem in Kaiserslautern, Heimkirchen, Niederkirchen, Duchroth und<br />

anderenorts. Die Herrschaften, die Oberämter waren vom Ausmaß der<br />

Auswanderung überrascht. Ihre Reaktionen: Verbot des Freikaufs und<br />

Auswanderungsverbot bei strengster Strafe. Sonntags verlasen die Pfarrer die<br />

herrschaftlichen Befehle von der Kanzel Außerdem forderte er die Untertanen auf,<br />

ihre Nachbarn anzuzeigen, wenn sie Auswanderungsvorbereitungen trafen.<br />

324 ) Der letzte Graf Wilhelm Wirich von Daun verkaufte 1660 die reiche Grafschaft Falkenstein<br />

an den Herzog von Lothringen an seinen Lehnsherrn. Der übertrug den Besitz an seinen<br />

natürlichen (= unehelichen) Sohn den Prinzen von Vandement. Der kinderlose Prinz starb<br />

1723. Die Grafschaft Falkenstein fiel an den lothringischen Herzog Leopold zurück. Durch die<br />

Personalunion Lothringen und dem Kaiserhaus Österreich kam die Grafschaft unter die<br />

österreichische Hofverwaltung. Johann Keiper, a.a.O. S. 90<br />

325 ) Pfälzische Geschichte, Band 1, Kaiserslautern 2002, S. 378 unten<br />

326 ) Johann Eymann, * 23.04.1764 in Duchroth, † 30.9.1847 in Neu Sivac leitete die Ansiedlung<br />

der Siedlung Werbass, war gleichzeitig auch Rechnungsführer. Später war er Lehrer und<br />

Notar. Als Zeitzeuge beschrieb er die Besiedlung der Batschka, „ Der Deutsche Kolonist“<br />

221


222<br />

222<br />

Dem verlockenden kaiserlichen Angebot konnte auch Wilhelm Wilking 327 aus<br />

Erlenbach nicht widerstehen. Er wurde am Donnerstag, den 20.12.1731 in<br />

Erlenbach geboren 328 . und war Schreinermeister. Er hatte am 7.1.1762 in<br />

Kaiserslautern Magdalena Trott geheiratet, eine Tochter des Bäckermeisters<br />

Sebastian Trott und der Anna Margretha Deidesheimer. Das Paar hatte etliche<br />

Kinder. Magdalena Trott starb und der Witwer ehelichte Maria Barbara<br />

Grosserth (Grossarth aus Kaiserslautern. Sie gebar ihm in Lautern zwei Töchter.<br />

Am 3. April 1784 stellt Wilhelm Wilking beim kurfürstlichen Oberamt den<br />

Antrag, mit seiner Familie ins kaiserliche Polen auswandern zu dürfen. Aber das<br />

Oberamt hatte die strikte Anweisung, alle Anträge abzulehnen. So widerfuhr es<br />

auch Wilhelm Wilking, als er am 19. April beim Oberamt vorsprach. Diese<br />

Ablehnung hielt ihn aber trotzdem nicht davon ab, mit seiner Familie bei Nacht<br />

und Nebel abzuhauen. So wie damals vorgeschrieben, meldeten sie sich in<br />

Regensburg beim österreichischen Gesandten an. Auf dem Floß ging es dann<br />

weiter stromabwärts. Die Familie kam am 30. August 1784 in Wien an. Laut der<br />

Wiener Einwanderungsliste waren außer seiner Ehefrau bei ihm:<br />

• Ein lediger Bursche aus Niedermehlingen und seine Kinder<br />

• Leopold Wilking, * 1.1.1764 in KL, oo 1788 Maria Rosina Schmidt<br />

• Ottilia Wilking, * 20.9.1765 in KL<br />

• Elisabetha, * 16.5.1773 in KL oo Heinrich Greifenstein<br />

• Salome Charlotta, * 26.10.1775<br />

• Anna Catharina, * 1780 oo Nicol Busch.<br />

Nach dem Winterquartier siedelte die Familie in Tscherwenka im Donaubogen.<br />

Der Stadtrat in Lautern beschlagnahmte das bescheidene Vermögen der Wilkings<br />

und ließ es zugunsten der Stadtkasse versteigern. Maria Barbara Grossarth starb<br />

bereits am 11.12.1787 in Tscherwenka und. Johann Wilhelm Wilking wurde fast<br />

84 Jahre alt. Er starb am 13.1.1814<br />

In Wien angekommen, schrieb Joh. Wilhelm Wilking seinen Freunden und<br />

Verwandten. Die Faktendarstellung vom erhaltenen Handgeld und der gut<br />

organisierten Reisebegleitung war natürlich eine glatte Einladung, es den<br />

Wilkings nachzutun und im nächsten Jahr zu folgen, denn es schienen ja noch<br />

Siedlerplätze in Tscherwenka zu geben. Gemeinsam machten sich etliche Lautrer<br />

Familien gemeinsam auf und wanderten gemeinsam dem Abenteuer Ungarn<br />

entgegen. Sie kamen zusammen am 14. Oktober 1785 in Wien an und empfingen<br />

je Person 2 Gulden Handgeld:<br />

• Peter –Andrae, * um 1750. Er heiratete am 2.7.1782 in Altleiningen die<br />

Catharina Philippina Mayer, die am 23.1.1747 in KL geboren wurde. Sie<br />

war die Tochter des verstorbenen Johann Heinrich Mayer und der Anna<br />

Margretha Trott. Andrae sah für sich und seine Familie keine<br />

Existenzgrundlage mehr in der Pfalz. Sie wanderten aus und nahmen die<br />

allein stehende Schwiegermutter Anna Margretha Trott mit, die eine Tante<br />

zu den Kindern Joh. Wilhelm Wilkings war.<br />

327 ) Die Wilkings stammten eigentlich aus Sedan und waren reformierte Hugenotten.<br />

328 ) seine Eltern waren Johann Adam Wilking, Vilcain und Maria Margretha Mörsch. Taufpaten: Joh.<br />

Wilhelm Anspach, Maria, Valentin Luttringhausen des Strumpfwebers Hausfrau, Joh. Wilhelm<br />

Schopp von Erlenbach & Anna Elis , Paul Knieriemens Witwe.


223<br />

• Peter Bischof, * 1760, auch reformiert<br />

• Maria Hertel, * in KL, reformiert<br />

6.33. Vernunft oder Liebe & Leidenschaft<br />

Johann Georg Schramm<br />

Von Angela Heffner aus Karlsruhe 329<br />

Joh. Georg Schramm hatte das Schneiderhandwerk erlernt und war nach<br />

Kaiserslautern gezogen. Er war ältester Geselle des Schneidermeisters Christoph<br />

Heinrich Bauer, der am 3.10.1748 verstarb. Was lag jetzt näher, als die Witwe Maria<br />

Catharina zu heiraten. Diese Zweckehe war für beide Seiten vorteilhaft und damals<br />

nicht außergewöhnliches. Er konnte sich selbständig machen und die Witwe war<br />

versorgt. Am 12.7.1751 erwarb er dann das Lautrer Bürgerrecht. Aus dieser Ehe<br />

stammten zwei Söhne: Ludwig, * 8.1.1753 † 12.3.1767 und Jacob, * 13.2.1760.<br />

Vielleicht lag es Altersunterschied zu seiner 7 Jahre älteren Frau oder sie war<br />

dominant und machte dem Bauernbub deutlich, wem er seinen Wohlstand verdankte<br />

Georg Schramm war ein angesehener Schneidermeister. Für die städtischen<br />

Bediensteten fertigte er deren Uniformen an. Darüber hinaus übte er für die Stadt<br />

Kaiserslautern mehrere wichtige Ämter aus. Eine Zeitlang diente er auch als<br />

bezahlter Schreiber (scribent). Daneben fertigte er auch Stadtpläne, für die er<br />

zusätzlich entlohnt wurde. Er genoss es, jemand zu sein. Auf jeden Fall, Johann<br />

Georg Schramm kam in viele Häuser, so auch in das des Schlossmüllers Seel, der<br />

eine bildhübsche Tochter hatte. Es war wohl grenzenlose Liebe auf den ersten Blick,<br />

da verliert man sehr schnell die Füße unterm Boden. Georg Schramm und die 23<br />

Jahre jüngere Anna Catharina Seel 330 . schwebten auf himmlischen Wolken und<br />

vergaßen um sich herum die rechtliche Realität.<br />

Ehebruch war damals strafbar und die Lautrer Richter verurteilten ihn zu einer<br />

einjährigen Haftstrafe, die er im kurpfälzischen Zentralgefängnis in Mannheim<br />

abzusitzen hatte. Das Jahr läuterte ihn aber nicht, im Gegenteil Kurze Zeit nach<br />

seiner fand er bei seinem Bruder in Mannheim Unterschlupf. Lange hielt er es nicht<br />

alleine aus. Er kehrte nach Kaiserslautern zu seiner Geliebten Anna Catharina Seel<br />

zurück. Die Sittenwächter liefen Sturm. Der Stadtrat lud die beiden Sünder vor und<br />

vergatterte sie bei Androhung strengster Strafen zur Unterlassung des verbotenen<br />

Handelns. Zur Anschauung sperrte der Stadtvorstand Anna Catharina Seel mal<br />

kurzer Hand für einen Tag in den Turm. Aber auch dies half alles nichts. Liebe<br />

überwindet Berge. Am 13. Juni 1774 schenkte Anna Catharina Seel ihrem Sohn Carl<br />

Ludwig Alexander das Leben. Das Paar wird wohl aufgeatmet haben, als die Ehefrau<br />

Schramm dann endlich am 6.2.1783 im Alter von 69 Jahren starb.<br />

Eigentlich wäre nun ihr Weg ins Glück frei gewesen, aber das Paar und ihr Sohn Carl<br />

Ludwig wurden geschnitten und öffentlich beleidigt. So packten sie ihre<br />

Habseligkeiten und wanderten nach Ungarn aus. Johann Georg Schramm meldete<br />

sich am 25.8.1784 in Wien mit Weib und einem Sohn an. Als Herkunftsort gab er<br />

329 ) Angela Heffner, die Auswanderung in die Batschka, CD, Karlsruhe 2002, S. 452 ff<br />

330 ) Seel, Anna Catharina, * 7.4.1745 in Kaiserslautern. Tochter des Schloßmüllers Johann Peter Seel<br />

und der Anna Catharina Scheer.<br />

223


224<br />

224<br />

Stadt Lautern in der Pfalz an. Er war von Beruf Bauer, Schneider und Schulmeister.<br />

er sei 50 Jahre alt und reformierter Religion. Tatsächlich war er aber 63 Jahre, denn<br />

er wurde ja bereits am 13.3.1721 in Ohmbach bei Altenkirchen geboren. Seine Eltern<br />

hießen Theobald und Maria Elisabetha. Er musste sich verjüngen, denn sonst hätten<br />

ihn die Österreicher nicht als Siedler angenommen.<br />

Angela Heffner hatte das weitere Schicksal der drei weiter verfolgen können. Joh.<br />

Georg Schramm half bei der weiteren Ansiedlung der Siedler im Donau-Bogen. Die<br />

von ihm ausgestellten Urkunden sind noch heute erhalten und im Archiv in Budapest<br />

einzusehen. Sein Sohn Carl Ludwig heiratete am 24. April 1792 in Tscherwenka<br />

Maria Angelica Hess, die am 11. Juni 1775 in Heiligenmoschel geboren wurde. Sie<br />

ist die Tochter von Albert Hess und Maria Margretha Bayer.<br />

6.34. Und leise ruft der Wald<br />

1763, 16. August: unsere Bürger bekamen bei Bedarf kostenlos Bauholz aus dem<br />

Reichswald. Dies geschah nach Absprache mit dem Förster. Aber die kurpfälzische<br />

Regierung hatte ganz einfach nur an ihre Interessen gedacht und zu viel Holz<br />

verkauft. Große Mengen wurden über die Bäche und die Lauter nach Norden geflößt.<br />

Auch die Harz- und Pottaschbrenner hatten durch das verstärkte Fällen dem Wald<br />

schwer geschädigt. So konnte es nicht weitergehen. Die Bürgermeister klagten und<br />

die Verantwortlichen schlossen vor dem kurpfälzischen Kammergericht in<br />

Kaiserslautern folgenden Vergleich 331 , von denen die wichtigsten Punkte hier<br />

abgedruckt sind<br />

1. Die Hofkammer erkennt die alten Rechte der Stadt, Erlenbachs und der<br />

anderen Gemeinden der Reichswaldgenossenschaft hinsichtlich des Bau- und<br />

Brennholzes an.<br />

2. Das Erdgeschoß der Hausneubauten muss vollständig aus (Sand)Stein<br />

errichtet werden.<br />

3. Die Bürger verzichten fünf Jahre auf den Bezug von Kiefer- Bauholz.<br />

4. Die Harzbrenner dürfen weiterhin Lager- und Gipfelholz zur Produktion<br />

beziehen.<br />

5. Die Wagner, Gestellbauer bekamen unentgeltlich Holz zur Herstellung von<br />

Pflügen und Geschirren. Aber man dachte auch die Küfer und Böttcher, sie<br />

konnten weiterhin kostenlos Eichenholz für Fässer (Dauben) und Bottiche<br />

beziehen.<br />

6. Die Gebühr für jeden gefällten Stamm betrug 1 Kreuzer<br />

7. Die Hofkammer bestätigt generell das Weide- und Rauhfutter- Recht der<br />

Höferer Bewohner, das nicht von der Willkür des Forstbediensteten abhängig<br />

ist.<br />

8. Bestimmung von drei Wochentagen an denen das Brennholz geholt werden<br />

kann. Dies waren jeden Montag, Mittwoch und Freitag zwischen Michaelis<br />

bis zum Georgentag (29. September – 23. April)<br />

331 ) Johann Keiper, der Reichswald bei Kaiserslautern, Kl 1895, Seite 65 ff und Entscheidung des<br />

Präfekten Rudler aus dem Jahr 1806 (Akten des Stadtarchivs a VII 174)


225<br />

9. Der Grenzumgang solle alle 10 Jahre stattfinden.<br />

Ziele: Der Wald sollte sich wieder erholen und auch weiterhin auch den Bürgern<br />

uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Tatsächlich entlastete die „Einführung<br />

des Stein-Hausbaues“ langfristig den Wald (Keiper, S. 12 unten)<br />

Forstmeister Rettig: Die Familie Johann Daniel Rettig erwarb spätestens 1698<br />

das Recht des Forstmeisters. Dieses Recht war vererbbar. Alle Erstgeborenen<br />

hießen Johann Daniel Johann Keiper fand in den alten Unterlagen, dass es schon<br />

1730 in Kaiserslautern ein Forstamt gab. Der Leiter war Johann Daniel Rettig.<br />

Sein ältester Sohn hieß ebenfalls Johann Daniel Dessen Enkel ritt 1806 mit<br />

Napoleon über die Schlachtfelder von 1793.<br />

Kreuznach gehörte im 18. Jahrhundert zur Kurpfalz. In der Saline Kreuznach<br />

ließen die Kurfürsten Salz erzeugen. Dazu brauchte man viel Holz. Aber woher<br />

nehmen. Zwischen 1745 – 1748 ließ der Kurfürst Carl Theodor die Lauter<br />

begradigen, damit Holzstämme bis zu einer Länge von 10 m geflößt werden konnten.<br />

Ich vermute, die Flößung war erst hinter der heutigen Kläranlage Kaiserslautern<br />

möglich. Früher war dort die Gallapmühle mit einem großen Mühlteich vorne dran.<br />

6.35. Johann Michel Barth zieht nach Erlenbach<br />

Ein Auszug aus dem zukünftigen Familienbuch Erlenbach<br />

Die Barths stammen eigentlich aus Hochspeyer. Jacob Barth kam etwa um 1683 auf<br />

die Welt. Der Witwer heiratete am 7.11.1747 in Hochspeyer Maria Elisabetha<br />

Brutscher. Der erste Sohn aus dieser Ehe ist Johann Michael Barth, der am 9.8.1748<br />

auf die Welt kam. Der Vater Jacob starb bereits 1 Jahr nach der Geburt seines Sohnes<br />

Michaels. Am 29.4.1770 heiratete Michael die Maria Eva Fleck aus Mölschbach. In<br />

1781 zog das Paar nach Erlenbach, wo auch die Charlotta Elisabetha auf die Welt<br />

kam. Der Grund des Umzugs ist unbekannt. Von nun entwickelte sich Erlenbach als<br />

ein weiteres Zentrum der Sippe Barth.<br />

225


226<br />

226<br />

6.36. Erlenbachs adelige Nachbarn in 1792<br />

Liebe Leser, Johann Keiper fertigte 1895 die nachstehende Karte an. Sie zeigt die<br />

politische Zersplitterung der Pfalz im Jahr 1792 um Kaiserslautern, Erlenbach<br />

herum. Vieles wird Ihnen neu sein. Wussten Sie, dass Otterbach im Besitz der<br />

Gräfin von der Leyen war? Schallodenbach gehörte den Grafen von Sickingen und<br />

Heiligenmoschel war Staatsgebiet des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken. Die<br />

Gemarkung des Gersweilerhofes erstreckte sich über den Eselsbach bis zum<br />

Berghang hin. Die Karte beweist deutlich, dass Morlautern seit 1336 zum Gericht<br />

Kaiserslautern, Erlenbach aber Otterberg zugehörig war. Vielleicht resultiert daraus<br />

die frühere gegenseitige Ablehnung oder Rivalität zwischen den Hebbelrutschern<br />

und den Strahleseln. (→ 1336 oben)


227<br />

227


228<br />

228<br />

KRIEGE, TERROR & WANDEL<br />

7.1. Die Preußen marschierten nach Paris, aber Custine<br />

eroberte die Pfalz in 1792<br />

• Das 18. Jahrhundert ist das Jahrhundert der Aufklärung, des<br />

Fortschritts, der Entdeckungen. Forschung und Technik erklimmen<br />

ungeahnte Höhen, Symbol dieser Entwicklung könnte der erste<br />

blau/goldfarbene Heißluftballon sein, der nach seinem Entdecker als<br />

Montgolfiere am 19.9.1783 im Schlosspark von Versailles vor den<br />

staunenden Augen des franz. Hofes, vor Ludwig XVI in die Luft stieg und<br />

symbolhaft die kommende Zeit an den Himmel malte. Die Gesellschaft<br />

entwickelte sich rasant, nur Ludwig der XIV, vor allem seine Frau<br />

Marie Antoinette (die Schwester des Österreichischen Kaisers)<br />

klammerten an der absoluten Macht und verschliefen den Wandel zur<br />

konstitutionellen Demokratie, der die Macht der Bourbonen bis heute<br />

gesicherte hätte. Am 26.4.1792 erklärte dann die neu gewählte franz.<br />

Nationalversammlung dem Österreichischen Kaiserhaus den Krieg.<br />

Worauf die französische Armee unter Marschall Rochambeau 332 und<br />

General Lafayette 333 in die österreichischen Niederlande einrückten.<br />

• 1792, 7. Februar. Österreich, Preußen und mehrere kleinere Staaten<br />

schlossen einen Beistandsvertrag, der die Vertragsparteien zur<br />

gegenseitigen Unterstützung verpflichtete. Durch den franz. Einmarsch in<br />

die Niederlande war der Casus Belli gegeben. Die Preußen rückten am<br />

19.8. mit 40.000 Soldaten in Lothringen ein. Der Landgraf von Hessen<br />

Darmstadt führte selbst seine 6.000 Mann starke Truppe an. Der Kurfürst<br />

von Mainz unterstellte 2.000 Soldaten den Preußen. Diese Allianz war<br />

anfänglich erfolgreich. Im Namen des französischen Königs besetzten sie<br />

die Festungen Longwy und Verdun Ziel war Paris, die Befreiung des<br />

franz. Königs, Schwager des österreichischen Kaisers. Die Alliierten<br />

wollten den Revolutionären eine Lektion erteilen und den König wieder in<br />

sein Amt einsetzen.<br />

• Aber der Vormarsch der royalistischen Truppen geriet durch die<br />

denkwürdige Septemberschlacht, durch die „Kanonade von Valmy“ (80<br />

km östlich von Reims) zum Desaster, das zwangsläufig die siegreichen<br />

Revolutionstruppen enorm aufbaute. 1792, 21. Sept.: Die Preußen zogen<br />

sich zurück. Die französische Nationalversammlung verkündete prompt<br />

daraufhin am 21.9.1792 die Republik. Dieses Datum ist auch der<br />

Nullpunkt, der Eckpunkt des neuen Kalenders, der auch in der Pfalz ab<br />

1798 (1798 = Jahr VI der Franz. Republik) galt. In Paris tanzte der Bär.<br />

332 ) Marschall Rochambeau führte das franz. Expeditionskorps an, das 2 Jahre in Nordamerika<br />

gegen die Engländer kämpfte. Unter ihm kämpfte auch unser berühmtes KönigLudwig<br />

Regiment Zweibrücken Regiment, mit dessen Hilfe er im Oktober 1781 die englischen<br />

Truppen in Yorktown, Virginia einkesselte und bezwang.<br />

333 ) Graf Lafayette war General unter Washington. Lafayette opferte sein ganzes Vermögen für den<br />

Freiheitskampf der Amerikaner


229<br />

Die Bürger feierten mehrere Tage lang ihre Revolution und ihre<br />

erfolgreichen Truppen 334 .<br />

• 1792, 24. Oktober: Die Nachricht des franz. Überraschungscoups<br />

schlug wie eine Bombe im preußischen Hauptquartier ein. Die preußische<br />

Armee war ja sowieso nach dem Desaster von Valmy auf dem Rückzug,<br />

zudem war sie erheblich durch die grassierende Ruhr geschwächt. Nun<br />

hatten sie es eilig, diese unnötige Scharte auszuwetzen, die ihnen Custine<br />

beigebracht hatte. Mit vereinten Anstrengungen gelang ihnen am 2.<br />

Dezember die Rückeroberung Frankfurts. Doch wie sollte Mainz<br />

zurückerobert werden? Inzwischen hatte der Winter eingesetzt und die<br />

Problemlösung musste warten.<br />

• Doch ein Unglück kommt selten allein. Die franz. Revolutionäre<br />

waren kluge politische Denker und clevere Strategen. Die Preußen hatten<br />

wohl in ihrer Arroganz ganz vergessen, dass Landau eine starke<br />

französische Festung war, die man nicht ungestraft unbeachtet links liegen<br />

lässt. Von dort startete der General Graf Adam Philipp Custine den<br />

Angriff in die entblößte deutsche Flanke. Ohne große Verluste fielen ihm<br />

Speyer, Frankenthal, Worms und Oppenheim in die Hände, deren<br />

Magazine reich gefüllt waren. Da spielten etliche Faktoren eine Rolle, dass<br />

Custine auch ohne Gewaltanwendung in Besitz der Festung Mainz kam.<br />

Am 22.10.1792 übergab eine Mainzer Abordnung am Oberen Weisenauer<br />

Weg die Stadtschlüssel an Custine und seine Offizieren. Nun stand den<br />

Revolutionstruppen der Weg offen in das Reichsgebiet. Unverzüglich<br />

pflückte Custine Frankfurt, die reiche Handels- und deutsche<br />

Krönungsstadt. Ob die Frankfurter freiwillig Geld raus rückten oder<br />

geplündert wurden, ist dem Autor unbekannt. 335<br />

• Die französische Mainzer Garnison zählte 23.000 Mann und dem<br />

General standen auf engem Raum 270 Geschütze zur Verfügung. Die<br />

Verteidigungsanlagen waren auf dem kriegstechnisch höchsten Stand, da<br />

konnten die Besatzungskräfte gelassen den preußischen Anstrengungen<br />

entgegen sehen. Am 23.12.1792 war die Stadt bereits in Kriegszustand<br />

versetzt worden und ab dem 26.1.1793 hatte der Kommandant seine<br />

Festung in Alarmstufe gelb /état des siège versetzt. Alles war ausreichend<br />

vorhanden, um eine lange Belagerung durchzuhalten. Die Preußen konnten<br />

kommten.<br />

Alliierte Gegenschläge in 1793<br />

• 1793, 22. März: Es hatte lange gedauert, bis die Führer des deutschen<br />

Reiches sich zusammengerauft und eine einheitliche Lösung verabschiedet<br />

hatten. Auf dem Reichstag zu Regensburg 336 erklärte das Reich der<br />

französischen Republik den Krieg. Aber was war schon das Deutsche<br />

334 ) Am 21.1.1793 wurde Louis XVI auf dem Place de la Concorde hingerichtet.<br />

335 ) Keiper, Johann, Die deutsch-französischen Kämpfe in der Pfalz und im Pfälzerwald, Speyer<br />

1932, in Mitteilungen des Historischen Vereins der Pfalz, S. 5 ff<br />

336 ) Regensburg war seit 1594 der ständige Sitz des Reichstages.<br />

229


230<br />

230<br />

Reich? Der pfälzische Kurfürst Carl Theodor tanzte aus der Reihe und<br />

erklärte seine Neutralität. Im Nachhinein kostete ihn dies bis 1814 den<br />

Verlust großer Teile seines Herrschaftsbereichs.<br />

Die beiden Heerführer Wurmser und König Friedrich Wilhelm II hatten folgende<br />

Strategie verabredet:<br />

1. Die große österreichische Armee unter General Wurmser sollte vom<br />

Badischen aus die französische Festung Landau zuerst isolieren und dann<br />

einnehmen. Deshalb überquerte der österreichische General Dagobert<br />

Wurmser 337 am 31.3.1793 bei Ketsch unterhalb von Speyer den Rhein<br />

und fing an, die franz. Festung Landau zu belagern.<br />

2. 1793: am 26 und 27. März überquerten bei Bacherach etwa 64.000<br />

alliierte Truppen den Rhein, während 20.000 rechtsrheinisch unter dem<br />

Kommando des Generalleutnants von Schönfeldt weiter auf Mainz<br />

losmarschierten, um es weiträumig einzuschließen. Insgesamt waren es<br />

also 84.000 Mann, mit denen König Friedrich Wilhelm II: den<br />

Franzosen Paroli bieten wollte. Es war eine Allianz aus Preußen, Sachsen,<br />

Hessen & Kurpfälzern Die unter preußischer Führung stehende 84.000<br />

Mann starke Armee wurde geteilt.<br />

3. Dem Herzog von Braunschweig mit seinen 40.000 Soldaten fiel die<br />

Aufgabe zu, quer durch die Pfalz, von Bitsch bis nach Idar Oberstein, eine<br />

Verteidigungslinie aufzubauen, um französischen Heeren die Befreiung<br />

der Festungen Mainz und Landau unmöglich zu machen. Pirmasens und<br />

Kaiserslautern waren die zentralen Bollwerke, die den Weg nach Osten<br />

verriegelten. Im weiten 50 km entfernten Vorfeld, stationierte der Herzog<br />

zur Informationsgewinnung schnelle Reiterverbände, die die franz.<br />

Armee- Bewegungen melden sollten, damit die Preußen entsprechend der<br />

Gefährdungslage ihre Truppen an die mutmaßlichen Brennpunkte<br />

verschieben konnten.<br />

4. König Friedrich Wilhelm II selbst hatte den Oberbefehl über die 44.000<br />

Mann starken Mainzer Belagerungstruppen. Die linkrheinischen Truppen<br />

unterstanden dem Generalleutnant Graf Friedrich Adolf von Kalkreuth,<br />

während die rechtsrheinischen vom General Schönfeldt relativ selbständig<br />

aufgestellt wurden.<br />

7.2. Die Belagerung von Mainz bis zum 25.7.1793<br />

Das Hauptquartier des preußischen Königs war zuerst bis zum 30.3. etwas<br />

zurückgezogen in Alsheim und wurde mit Beginn der Einschließung am<br />

14.4.1793 nach Bodenheim vorverlegt. Der westliche Belagerungsring spannte<br />

337 ) Graf von Wurmser wurde 1724 im Elsaß geboren. Er hatte den siebenjährigen Krieg gegen<br />

Friedrich II. mitgemacht und wurde 1787 Reitergeneral Seine Kriegsführung 1793 war<br />

ungeschickt. In den norditalienischen Schlachten gegen Napoleon versagte er kläglich.<br />

Wurmser starb am 22.8.1797 in Wien.


231<br />

sich über Laubenheim, Hechtsheim, Marienborn, Finthen bis nach Marienborn.<br />

Dem König und seinen zwei Generälen standen folgende Einheiten zur Verfügung<br />

Preußen 18.174 Mann<br />

Österreicher 11.275 Mann<br />

Kursachsen 3.957 Mann<br />

Hessen Kassel 3.771 Mann<br />

Hessen-Darmstadt 3.754 Mann<br />

Kurpfalz 1.262 Mann<br />

Allerdings fehlte den Belagerern die Artillerie und es dauerte sehr lange, bis sie<br />

heran geschafft war. Zudem hatten die Preußen bedeutende logistische<br />

Schwierigkeiten, ihre vielen Soldaten zu versorgen, so dass die Disziplin, die<br />

Kampfbereitschaft sehr stark litten. Die Franzosen bemerkten dies mit großer<br />

Freude und es machten ihnen viel Spaß, die Preußen durch unerwartete Ausfälle<br />

zu erschrecken.<br />

Inzwischen entwarfen die Offiziere mögliche Angriffspläne. Es kristallisierten<br />

sich 2 Möglichkeiten heraus, die kontrovers diskutiert wurden. Am 22.5.<br />

entschied sich der König nach langem Zögern für den Plan der früheren<br />

französischen Ingenieur Offiziere, die nach der Revolution in preußische Dienste<br />

eingetreten waren. Aber auch diesen Plan widerrief der König, da die dazu<br />

notwendigen Kanonenboote nicht rechtzeitig eingetroffen waren. Erst in der<br />

Nacht vom 16. auf den 17. Juni wurde der Startschuss zum breit angelegten<br />

Geschützangriff gegeben, denn solange hatte es gedauert, das gesamte<br />

Belagerungsgerät, die Geschütze mit ihrer Muniton zur neuen Angriffsfront nach<br />

Hechtsheim/ Laubenheim zu transportieren. Aus einer Entfernung von 1.200<br />

Schritt nahm die preuß Artillerie den Kampf mit den Festungsgeschützen auf. Die<br />

Soldaten trieben nach und nach Laufgräben bis auf 400 Schritt = 260 Meter an<br />

die Festungswerke heran.<br />

Was da aus 207 Geschützen in vier Wochen auf die Stadt herunterregnete war<br />

furchtbar. Daniel Dumont schrieb 1793 in seinen Erinnerungen, der Brand in der<br />

Nacht vom 28. auf den 29. Juni war entsetzlich. Abends um 10 Uhr fingen die<br />

beiden Domtürme Feuer und das Langhaus brannte. Die umstehenden Häuser<br />

standen in Flammen. An mehreren Stellen der Stadt entstanden mehrere<br />

Feuersbrünste, etliche Häuser brannten bis auf die Grundmauern nieder. Goethe<br />

hatte das Bombardement von der Schanze von Marienborn aus beobachtet. Er<br />

schreibt, wir sahen diesem schrecklichen Schauspiel zu. Es war eine sternenhelle<br />

Nacht, die Bomben schienen mit den Himmelslichtern zu wetteifern.<br />

Dieses Bombardement wiederholte sich Nacht für Nacht und war der reine<br />

Terror. Ein anderer Beobachter berichtete über die Nacht vom 15. auf den 16ten<br />

Juli 93. „Die heutige Nacht war eine der fürchterlichsten. Um 10 Uhr kam ein<br />

anhaltender entsetzlicher Regen …an Granaten, Haubitzen, feurigen Kugeln und<br />

Bomben auf Mainz, welcher ununterbrochen bis gegen 3 Uhr andauerte und an<br />

mehreren Orten schrecklich zündete. Am Schloss flog ein Pulverwagen in die Luft<br />

und auf der Zitadelle und Eisgrube stürzten viele Gebäude ein…. Diese Kanonade<br />

war die stärkste während der ganzen Belagerungszeit….. Die Sachsen beschossen<br />

231


232<br />

232<br />

Mainz Kastel so heftig, dass ein beträchtlicher Teil des Ortes in Asche gelegt<br />

wurde 338 .“<br />

Die Preußen konnten das Bollwerk Mainz nicht nehmen und der franz.<br />

Kommandant General d´Oyré kam nicht raus. So schloss man am 23.7.1793<br />

einen Akkord, der jeden als Sieger erschienen ließ. General d´Oyré erhielt freien<br />

Abzug. Mit klingendem Spiel und wehenden Fahnen verließ der General am<br />

25.Juli an der Spitze seiner noch 18.000 Mann starken Truppe die Festung Mainz.<br />

Alle schweren und leichten Waffen hatten sie mitnehmen dürfen. Der preußische<br />

General nahm mit seinen Truppen die Parade des vorbei marschierenden Gegners<br />

salutierend ab. Dies verlangte die Offiziersehre. Ein stolzer Anblick. D´Óyré<br />

begab sich mit seinen Truppen ins Elsaß. Ihm wurde Anerkennung zuteil, denn<br />

er hatte eine Armee, viele Menschenleben gerettet.<br />

Die Pariser Gewalthaber sah das adelige Gehabe als Verrat an. Sie machten<br />

kurzen Prozess und ließen Custine am 28. August 1793 guillotinieren<br />

7.3. November 1793: die Schlacht bei Morlautern<br />

Die Pfalz war im Sommer 1793 ein einziges Aufmarsch- und Kampfgebiet. Der<br />

Herzog von Braunschweig baute von Idar Oberstein bis nach Bitsch eine lange<br />

Verteidigungslinie auf. Sie nutzte geschickt die geographischen Vorteile des<br />

Lautertals und die Weiher und Sümpfe um Lautern herum. Nicht nur dass da<br />

zusätzlich Zehntausende von Soldaten waren, die mussten auch ernährt werden.<br />

Zwar konnten die Fourageure einiges in der Region aufkaufen, aber das reichte<br />

bei Weitem nicht aus, denn die Böden sind schlecht und die Landwirtschaft<br />

konnte die einheimische Bevölkerung kaum selbst ernähren. Also musste Getreide<br />

und das (lebende) Schlachtvieh teilweise von jenseits des Rheins geholt werden.<br />

Damals war dies eine logistische Meisterleistung.<br />

Den Transport erledigten >Colonnen


233<br />

Nach diversen Scharmützeln bei Blieskastel, Contwig, zogen sich die preußisch,<br />

alliierten Truppen auf die stark befestigte Linie Pirmasens, Kaiserslautern,<br />

Lauterecken zurück. Am 14. September 1793 versuchten die franz.<br />

Revolutionstruppen ohne Sinn und Verstand die preußische Stellung gerade an der<br />

schwierigsten, unzugänglichsten Stelle in Höhe der „Schäfergasse in Pirmasens,<br />

unterhalb der heutigen Kreissparkasse“ zu knacken, was natürlich besonders<br />

sinnlos und erfolglos war.<br />

Die Generäle<br />

31. Oktober 1793: die französische Revolutionsregierung übergab die Führung<br />

der 40.000 Mann starken Mosel-Armee dem erst 25 jährigen General Lazare<br />

Hoche, der am 25.6.1768 in Montreuil bei Versailles geboren wurde. Er führte<br />

seine Armee in zwei Linien auf die stark befestigte Stellung der Preußen um<br />

Kaiserslautern heran, und vereinigt sie mit den Truppen, die den Angriff auf<br />

Pirmasens durchgeführt hatten. Starke Regenfälle (Jahrhundert – Regenfälle)<br />

hatten das Lautertal schwer passierbar gemacht. Die stark befestigten Stellungen<br />

im Westen Kaiserslauterns (heute Rittersbacher/ Hohenstaufen Gymnasium auf<br />

dem Bänjerrück) waren nicht zu knacken, eventuell auch nicht das Ziel des franz.<br />

Angriffplans. Der General Traponnier hatte zwar die preußische Vorhut aus<br />

ihren Stellungen an der Vogelweh vertrieben, aber die stark befestigte Stellung<br />

des Herzog von Weimars auf der „Galgenschanze“ konnte er nicht nehmen. So<br />

war ihm der Zugang nach Lautern verwehrt und er konnte den Preußen nicht in<br />

den Rücken fallen. War es jugendliche Hektik oder Unbesonnenheit des leitenden<br />

Generals? Er wollte den planmäßigen Aufmarsch seiner Truppen nicht abwarten.<br />

Er veranlasste seine Generäle in vier Divisionen von jeweils 10.000 Mann auf die<br />

stark befestigte Stellung der Preußen (unter dem Kommando des 58jährigen<br />

Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig 340 - Lüneburg) vorzugehen.<br />

Der Herzog von Braunschweig hatte die topographischen Gegebenheiten auf der<br />

lang gestreckten Morlauterer Höhe geschickt genutzt. Im Westen, dort wo etwa<br />

der Schlachtenturm steht, war eine quadratische Befestigungsanlage (= Redoute)<br />

aus Erdwällen und Verhauen. Rechts davon waren in einer langen Kette bis zum<br />

Opel-Händler die Geschütze positioniert. Der Herzog war schon ein Fuchs. Seine<br />

Verteidigung war gut durchdacht. Am Morlauterer Friedhof und weiter östlich<br />

standen Geschütze, die Angreifern aus Erlenbach den Weg erschwerten. Den<br />

rechten Flügel bildeten seine leichten Reiter 341 . Sie biwakierten auf halber Höhe<br />

vom Gersweilerhof bis zum 2. Feldweg. Sie lagen verdeckt, für die französische<br />

Truppenführung nicht erkennbar. 342 Um die Stellung einzunehmen, wollte Hoche<br />

mit Angriff aus vier Richtungen die gepanzerte Nuss knacken, wobei er die<br />

Bedrohung durch die etwa 1.600 preußischen und sächsischen Reiter nicht sehen<br />

konnte. Denn der Herzog hielt sie hinter dem Berg!<br />

Blücher verteidigt den Norden<br />

340<br />

) Herzog v. Braunschweig * 1735 in Wolfenbüttel, † 10.11.1806 in Ottensen, Cousin Friedrich<br />

des Großen<br />

341<br />

) Dies waren 3 Schwadronen Reiter Churland, 4 Schwadronen die Dragoner des Obersten Voss,<br />

342<br />

) Daher stammt die Redewendung: „Hinterm Berg halten“<br />

233


234<br />

234<br />

Am 26. Nov. 1793 war Oberst Gerhard Leberecht von Blücher 343 bei Waldmohr<br />

auf starke franz. Kolonnen gestoßen. Seine Aufgabe war es, das Glantal zu<br />

sichern und mit den Kaiserlichen Vorposten bei Baumholder Kontakt zu halten.<br />

Die franz. Divisionen gingen vor und die preußisch-, sächsischen Reiter zogen<br />

sich hinter die Lauter zurück. Blücher besetzte die Höhen von Einöllen, Relsberg,<br />

Morbach und Schallodenbach. 29.11.1793:<br />

„Bei Schneckenhausen erreichte ich einige Höhen, von welchen ich<br />

bemerken konnte, dass eine feindliche Kolonne von Katzweiler<br />

gerade auf Morlautern im Marsche war. Ich schickte 100 Reiter rechts<br />

in den Wald und blieb mit den übrigen auf der Straße nach<br />

Kaiserslautern. Bald darauf kam der Major v. Hampesch sehr eilig<br />

entgegen gesprengt und benachrichtigte mich, dass wir dem Feinde<br />

ganz nahe wären. Ich eilte mit meiner Avantgarde vorwärts, um mich<br />

selbst zu überzeugen und fand, dass der jenseitige Teil des Waldes<br />

stark mit Infanterie besetzt war, von welcher ich gleich Feuer bekam.<br />

Ich zog mich mit den Escadrons aus dem Walde heraus und setzte<br />

mich auf die Höhen von Schneckenhausen fest. Durch den Vormarsch<br />

der Division Ambert war Blücher von der preußischen Hauptmacht<br />

abgeschnitten und konnte nicht sofort in die Schlacht bei<br />

Kaiserslautern eingreifen.<br />

Die Schlacht beginnt<br />

27. November, Hoche hatte am seine 86 schweren Geschütze geballt auf dem<br />

Mayen Berg jenseits der Lauter aufstellen lassen.<br />

28. November, Punkt 12 Uhr eröffneten sie mit ihrem großkalibrigen Kanonen<br />

die Schlacht. Aber die Preußen blieben ihnen nichts schuldig.<br />

Sie hatten eine an Kaliber schwächere, an Zahl überlegene<br />

Geschützmasse der französischen entgegen, da außer den 29<br />

Batteriestücken noch eine Anzahl von Bataillonsgeschützen mitwirkte.<br />

Zudem befand sich die Französische Artillerie auch dadurch im<br />

Nachtheil, dass sie in ziemlich enger Linie stand, während die<br />

Preußischen Geschütze, weit auseinander gezogen, zusammen wirken<br />

konnten. Beide Artillerien hatten in dem heftigen Kampfe, der bis zum<br />

Abend anhielt, nicht unerheblich Verluste. Die Preußischen Batterien<br />

allein hatten gegen 50 tote Pferde. Zu einer eigentlichen Entscheidung,<br />

einem Niederkämpfen oder auch nur Dämpfen des feindlichen Feuers<br />

kam es jedoch nicht. Das Artilleriefeuer gegen die preußische<br />

Infanterie blieb indessen wirkungslos, da die Geschosse zu hoch<br />

gingen.<br />

28.11.1793: Der Schlachtbeginn war für 14 Uhr vorgesehen. Hoche lief<br />

ungeduldig hin und her und wartete auf die Einsatzbereitschaft der Division<br />

343 ) Gerhard Leberecht von Blücher, 1742 im damals schwedischen Rostock geboren. Kämpfte<br />

in der schwedischen Armee im Siebenjährigen Krieg gegen Preußen. Wurde 1760 gefangen<br />

und wurde preuß. Offizier. Wegen seiner Tapferkeit und bekannten Husarenstreiche stieg er<br />

schnell die Karriereleiter nach oben. Nahm aus Zorn 1770 seinen Abschied und trat 1787<br />

wieder in die preuß. Armee ein. Wurde 1813 Generalfeldmarschall und befehligte die<br />

Schlesische Armee. Entschied die Schlacht von Waterloo in 1815.


235<br />

Ambert, die sich aber verlaufen hatte. Der General wollte nach Gehrweiler und<br />

das liegt hinter Höringen. So waren sie durch eigenen Fehler befehlsgemäß falsch<br />

geführt worden, wie sie erst am Abend enttäuscht feststellten. . So fehlte Hoche<br />

der starke linke Flügel, der von den Husarenäckern aus auf Morlautern zustürmen<br />

sollte.<br />

Angriff aus Erlenbach heraus<br />

15.30 Uhr: Hoche konnte und wollte nicht länger warten, da es Ende November<br />

doch sehr früh dunkel wird.<br />

Er gab den Befehl zum Angriff. Dieser begann jedoch nicht<br />

gleichzeitig, sondern nacheinander an drei Stellen.<br />

Gegen 3 Uhr erschien die erste feindliche Angriffskolonne südöstlich<br />

Erlenbachs. Einige Infanterie-Bataillone, darunter ein Bataillon des<br />

Regiments Royal Deux-Ponts, vertrieben rasch einige Schützen, die<br />

das 11. Bataillon Viettinghoff beim Rückmarsch in Erlenbach<br />

zurückgelassen hatte. Sie erstiegen die Höhe gerade in der Richtung<br />

auf das Regiment Voß zu. Größere Massen begannen sich hier zu<br />

entwickeln. Die Preußische Kavallerie blieb ihrer Überlieferung aus<br />

großer Zeit getreu. Sobald der Feind auf der Höhe erschien, griff ihn<br />

das Regiment Voß in breiter Front an. Die Karabinieres (die verdeckt<br />

unter der heutigen Betonstraße in Richtung Gersweilerhof gelauert<br />

hatten) warfen sich zudem in seine linke Flanke. Die Überraschung<br />

gelang, das Entsetzen der Franzosen war groß. Die sächsischen Reiter<br />

trieben das Zweibrücker Regiment den Abhang (durch die<br />

Steinbruchstraße, Röhrbrunnen) in das Dorf Erlenbach zurück. Am<br />

Dorfrand, der vom II. Bataillon des Regiments Deux-Ponts verteidigt<br />

wurde, saßen die Karabinieres ab, räumten im feindlichen Feuer die<br />

Hindernisse weg, „richteten in einem erbitterten Handgemenge ein<br />

grenzenloses Blutbad“ an und kehrten dann, da das sumpfige Thal<br />

(zwischen dem Röhrbrunnen und der heutigen Ortsverwaltung) eine<br />

weitere Verfolgung unmöglich machte, mit der erbeuteten Fahne in<br />

Richtung ihrer alten Stellung (oberhalb des Gersweilerhofes) zurück<br />

Infanterieangriff aus dem Lautertal heraus<br />

In den frühen Nachmittagsstunden waren die 10.000 Soldaten der Division Huet<br />

von der heutigen B 270 das Ruhetal hinauf unbemerkt durch den dichten Wald<br />

gegen Morlautern geklettert. Dann brach der Hauptsturm los.<br />

15.40 Uhr: Unter persönlicher Führung der französischen Generale Hoche, Huet<br />

und Morton preschten etwa 10.000 Mann mit überraschendem Ungestüm aus den<br />

Büschen des Ruhetals hervor und stürmten todesmutig, auf breiter Linie,<br />

geradewegs gegen die Redoute und die rechts und links davon aufgestellten<br />

Bataillone los. Unterstützt vom Geschützfeuer (Mayenberg) hatten sie schutzlos<br />

ein freies Feld von 550 Metern zu überqueren. Die Preußen hatten den<br />

strategischen Vorteil der starken Verschanzung, die ein ruhiges und gezieltes<br />

Feuern erlaubte. Der blindwütige Ansturm dauerte 17 Minuten, dann brach der<br />

Angriff unter dem anhaltenden Kleingewehr und Kartätschenfeuer in sich<br />

zusammen. Nun gingen das Regiment Kalckstein, die Musketier-Bataillone von<br />

Knobelsdorff und die zwei Kompanien Braunschweig mit klingendem Spiel<br />

235


236<br />

236<br />

zum Gegenangriff über, daraufhin wichen die Franzosen in den schützenden Wald<br />

zurück. Sie mussten viele Tote und schreiende Verwundete zurücklassen.<br />

16.10 Uhr: Zu spät oder ein Entlastungsangriff? Aus Richtung des westlichen<br />

Erlenbachs kam frische französische Infanterie, aber auch die Reste des gerade<br />

geschlagenen Zweibrücker Regiments hervor und bedrohten im Sturmlauf die<br />

Redoute. Der Herzog von Braunschweig schickte Boten zur Hilfe. Die<br />

preußischen Karabiniers kamen gerade den Berg hoch aus Erlenbach. Sie<br />

sammelten sich und ruckzuck galoppierten sie zusammen mit den drei sächsischen<br />

Schwadronen Kurland in Richtung des heutigen Opelhändlers und fielen<br />

erfolgreich in die linke, ungeschützte Flanke der Franzosen. Wie damals so<br />

üblich, führten die Generäle Kalkreuth und Gersdorff selbst die Reiter an.<br />

16.30 Uhr: Drei franz. Kavallerie-Regimenter kamen ihrer bedrängten Infanterie<br />

zur Hilfe und fielen den preußischen Dragonern in den Rücken. Es entbrannte ein<br />

wilder Reiterkampf, der blutig mit Pistole und dann mit Säbel ausgetragen wurde.<br />

General von Gersdorff warf sich mit seinen Kurland Dragonern der<br />

Französischen Reiterei entgegen und drängte sie zurück, übersah aber, dass er<br />

selbst eingekesselt wurde. General von Kalkreuth kam noch rechtzeitig und haute<br />

ihn raus. Gemeinsam vertrieben sie die französische Infanterie und Kavallerie.<br />

Allmählich brach die Dunkelheit herein und beendete das grausige Abschlachten.<br />

Der Herzog von Braunschweig war über die späte Aggressivität Hoches<br />

überrascht und gewarnt. Deshalb blieben alle Soldaten nachts unter dem Gewehr.<br />

18.30 Uhr: General Rosboth marschierte von Lauterecken in Richtung<br />

Morlautern. Durch den Angriff Hoches wurden er und Blücher vom Herzog<br />

getrennt. Sie biwakiert deshalb zwangsläufig nördlich von Schneckenhausen.<br />

Um einen Boten zu schicken, war es zu spät und durch den Wald viel zu<br />

gefährlich. Rosboth ließ das verabredete Kanonenzeichen von 8 Schüssen<br />

abgeben. Dadurch erfuhr der Herzog, wo Rosboth steckte und konnte beide in<br />

seine Planungen einbauen.<br />

Abends, nachts bereiteten die Gegner den Kampf des nächsten Tages vor, wobei<br />

die preußischen Alliierten in der glücklicheren Lage waren. Ihre Soldaten waren<br />

schnell versorgt und mit frischer Munition ausreichend eingedeckt. Die<br />

französischen Soldaten hatten es jedoch sehr viel schwieriger, denn es scheint bei<br />

ihnen ein logistisches Desaster geherrscht zu haben. Dass die Truppenführer<br />

schnell den Kampf suchten, ohne auf die notwendige Versorgung zu achten,<br />

musste sich bitterlich rächen, zumal der Dauerregen die Wege für die schweren<br />

Versorgungswagen fast unpassierbar gemacht hatte. In der Nacht ließ Hoche auf<br />

dem Osterberg noch 22 schwere Geschütze in Position bringen. Er nahm noch<br />

einige Truppenverschiebungen vor. Er gruppierte die Brigade Paillard vom<br />

linken auf den rechten Flügel um, als Verstärkung für die Division Huets und<br />

die Brigade Simon sollte vom Reichenbacher Hof auf Otterberg zumarschieren.<br />

Zweiter Tag<br />

Die Soldaten Amberts waren viele Stunden ununterbrochen auf den Beinen<br />

gewesen, bevor sie sich gerademal für zwei bis drei Stunden niederlegen konnten.<br />

Dann erreichte sie nachts um 2 Uhr der Befehl, nach Otterberg zu marschieren.<br />

Kurz nach Tagesanbruch kamen sie dort an. Am besten waren die Soldaten Huets<br />

dran, die sich nur wenige Kilometer hinunter ins Ruhetal zurückgezogen hatten.


237<br />

Am nächsten Morgen überschritt General Dubois mit seiner Division bei<br />

Sambach wieder die Lauter. Er marschierte durch den Lauerhof nach<br />

Otterberg, um von dort aus die preußischen Truppen unter dem Oberst Szekuly<br />

mit leichtem Geschütz zu beschießen. Am zweiten Schlachttag nahmen etwa<br />

20.000 franz. Soldaten teil. Ihnen standen auf der Hochfläche von Morlautern<br />

7.500 preußische und sächsische Truppen gegenüber. Trotz der zahlenmäßigen<br />

Übermacht gab es keine Entscheidung zu Gunsten der Franzosen, obwohl sie<br />

gegenüber dem Vortag ihre strategischen Positionen etwas verbessert hatten.<br />

Am 30. November (3. Schlachttag) fiel die Entscheidung. Hoche versuchte durch<br />

einen Zangengriff seiner Truppen die starke Stellung der Preußen und Sachsen zu<br />

nehmen. Die Truppen Huets kamen wieder aus dem schützenden Wald des<br />

Ruhetals hervor. „Es entwickelte sich sehr lebhaftes Infanteriefeuer“, aber der<br />

Angriff wurde blutig abgeschlagen.<br />

Auf den Husarenäckern:<br />

Der erste Angriff war wieder gegen den rechten Flügel der Preußen gerichtet. Der<br />

damalige Generalleutnant (Generalstabsoffizier) Amberts, Molitor, der spätere<br />

Marschall, ging mit vier Bataillonen über Erlenbach und über den Buchberg<br />

gegen den Bornberg vor. Schon zur Deckung des Marsches Paillards ist<br />

wahrscheinlich der Buchberg frühzeitig besetzt worden und es ist wohl möglich,<br />

dass Molitor hier einige Vorpostentrupps zurückgedrängt hat. Nach<br />

Französischen Angaben hat Molitor beim Vorgehen einigen Widerstand<br />

gefunden. Von preußischer Seite sind darüber keine Angaben darüber Akten<br />

kundig.<br />

Kurz nach Tagesanbruch glaubte der Herzog von Braunschweig, welcher soeben<br />

auf dem rechten Flügel bei dem Grenadier-Bataillon Rohdich eingetroffen war,<br />

zu bemerken, dass der Bornberg vom Feinde besetzt sei. Er ritt mit dem Obersten<br />

von Schlieden und dem Kapitän von Wussow vor, um sich hiervon zu<br />

überzeugen und befahl hierauf den beiden Sächsischen Bataillonen, Kurfürst und<br />

Anton, welche im zweiten Treffen auf dem rechten Flügel standen, die Höhe, es<br />

koste, was es wolle zu nehmen. Das Bataillon Rohdich sollte gleichzeitig auf<br />

Erlenbach vorgehen, einige Schwadronen der Regimenter Kurland, Karabiniers<br />

und Voß sollten die rechte Flanke decken.<br />

General von Kalkreuth leitete den Angriff persönlich. Das Bataillon Kurfürst<br />

ging in erster Linie vor, das Bataillon Anton folgte als rechte Staffel<br />

Die Franzosen leisteten auf dem Bornberg hartnäckigen Widerstand. Das in der<br />

Front angreifende Bataillon Kurfürst verschoss sich beinahe gänzlich. Dem<br />

Bataillons-Kommandeur, Obersten von Stammer wurde das Pferd unter dem<br />

Leibe erschossen. Er selbst und sein Adjutant wurden verwundet. Schließlich als<br />

sich die Einwirkung des Bataillons Anton geltend machte und auch Erlenbach<br />

vom Bataillon Rohdich besetzt war, wurde die Höhe genommen. Molitor nahm<br />

nochmals auf dem Buchberg Stellung. Ohne weitere Verstärkung abzuwarten,<br />

setzten die Sächsischen Bataillone den Angriff fort und nahmen auch diese Höhe.<br />

General von Kalkreuth wurde hierbei verwundet. Die Sächsische Militärkapelle<br />

(Tambours gingen links in Richtung Erlenbach und schlugen den Preußischen<br />

Grenadiermarsch.<br />

Die Sachsen drangen dem zurückgehenden Feinde bis an den Rand des Otterbach-<br />

Tales nach. Auf dem Buchberg stellten sie einige Sächsische Geschütze und eine<br />

237


238<br />

238<br />

preuß. Bataillonskanone auf, die von dort die große franz. Batterie in die Flanke<br />

nehmen konnten.<br />

Die Sachsen und Preußen hatten den Franzosen den linken Flügel gestutzt. Nun<br />

war die Verbindung zu Blücher und Rosboth frei. Der Austausch an<br />

Informationen, Mensch und Material konnte beginnen.<br />

Den Franzosen geht die Munition aus<br />

Gegen 11 Uhr machte sich bei der Französischen Artillerie der Mangel an<br />

Munition fühlbar, und nun begann ein offenbares Übergewicht der preußischen<br />

Artillerie. Der französische Oberbefehlshaber war außer sich. Er sah sich genötigt,<br />

den Rückzug zu befehlen. Der Herzog bemerkte das schwächer werdende<br />

feindliche Artilleriefeuer. Der Feind trat den Rückzug an. Der Herzog nutzte die<br />

Gunst der Stunde und ging er zum Angriff über. Er ließ die Schützen der<br />

Infanterie heraustreten und warf mit ihnen die vor der ganzen feindlichen Front<br />

ausgeschwärmten leichten Truppen in die Schlacht. Hinter den Schützen traten die<br />

Infanterie Bataillone an. Von allen Seiten brach nun die Kavallerie zur<br />

Verfolgung vor.<br />

Blücher greift an<br />

Blücher ritt mit seinen Husaren von Schneckenhausen in Richtung Sambach.<br />

„Er fasste den Entschluss, durch den Wald zwischen Schneckenhausen und<br />

Otterbach zu dringen, teils um den Feind zu beunruhigen, teils auch um ihn zu<br />

nötigen, mit Artillerie auf mich zu feuern, damit der Herzog dadurch erführe, wie<br />

nahe ich ihm sei“. „zu der Zeit, als bei Morlautern die Entscheidung eintrat, war<br />

Blücher beim Lauerhof von der Brigade Simon mit Artilleriefeuer begrüßt<br />

worden. Doch um 11 Uhr ging den Franzosen die Munition aus und der Herzog<br />

befahl den Gegenangriff. Blücher erhielt zusätzlich zwei Eskadrons des<br />

Leibregiments und griff die zurückflutende Infanterie bei Sambach an, die im<br />

Begriffe war, die Brücke zu überqueren. Der französische Befehlshaber behielt<br />

klaren Kopf und ließ Truppen in Viererreihen (4 Mann en linie) in Stellung<br />

gehen, um den Reiterangriff abzuwehren. Die Franzosen fielen auf die Finte der<br />

fliehenden Reiter rein und verfolgten die abreitenden Husaren. In diesem Moment<br />

fielen die Reiter des Leibregiments in die feindliche Flanke. „Diesen Augenblick<br />

nutzte ich; ich rief meinen Leuten zu „kehrt euch um“ und sie, voll Zutrauens,<br />

befolgten sogleich meinen Befehl Ich stürzte mich mit ihnen in unsere außer<br />

Fassung gebrachten Gegner und diese wurden nun völlig über den Haufen<br />

geworfen. Der Feind wurde mit ansehnlichem Verlust durch Sambach durch und<br />

bis über die Lauter gejagt. Jetzt erhob der Feind eine äußerst heftige Kanonade,<br />

die er bisher hätte anwenden können, weil ich noch mit dessen Kavallerie im<br />

Handgemenge war. Ich zog mich bis auf eine Kanonenweite zurück. Überhaupt<br />

war der Verlust auf unserer Seite sehr gering. Der brave Oberstleutnant von<br />

Esebeck (vom Ingweilerhof) bekam eine leichte Kopfwunde.<br />

Blücher schreibt in seinem Tagebuch:<br />

„Ich kann behaupten, dass ich fast nie einem verwickelteren Gefechte<br />

beigewohnt habe, als dieses war. Umso mehr freute ich mich, dass es so<br />

glänzend zu unserem Vorteil ausschlug. Einer unserer Offiziere, der<br />

Leutnant von Katzler riss mich durch seine Warnung aus der<br />

augenblicklichsten Gefahr. Es befand sich nämlich ein feindlicher<br />

Offizier in dem Hohlweg am Lauerhof mit der gespannten Pistole hinter


239<br />

mir. Leutnant von Katzler rief mir zu und mein gutes Pferd sprang mit<br />

wenigen Sätzen aus der Gefahrenzone. Mein Verfolger fand selbst den<br />

Tod.“<br />

„Der Feind erlitt auf dem Rückzug nicht unerhebliche Verluste, seine in<br />

Unordnung geratene Kolonne vermischte sich am Lampertsmühlen- Hofe<br />

mit einer zweiten, welche aus dem Otterbachtal zurückkam. Die<br />

Französische Kavallerie machte der abziehenden Infanterie durch einen<br />

glücklichen Vorstoß Luft“. „Wenn nach den preuß. Berichten auch bei<br />

dem Zusammenströmen eine ziemliche Unordnung entstanden ist und<br />

viele Franzosen in die Lauter springen mussten, so ist der Rückzug im<br />

Ganzen doch mit Geschick und Ruhe ausgeführt worden. Der später<br />

berühmt gewordenen Blücher schrieb: „mit mehr Ordnung, als ich ich<br />

(mir) jemals gedacht hätte“ (S. 362 ff, die Schlacht bei Kaiserslautern,<br />

heraus., vom Großen Generalstabe, Abtheilung für Kriegsgeschichte,<br />

Ernst Siegried Mittler und Sohn, Berlin 1893). Der Verlust an Menschen<br />

und Material war für beide Seiten groß. Die Preußen und Sachsen hatten<br />

etwa 900 und die Franzosen 2.300 Gefallene zu beklagen, die teilweise in<br />

Massengräbern auch in der Nähe des Morlauterer Schlachtenturms<br />

beerdigt wurden. Auch Einzelschicksale sind bekannt. Am 1. Dezember<br />

starb Hauptmann Steinsdorf an einer Wunde, die er sich in der Schlacht<br />

„bey dem hiesigen Galgenberge empfangen hatte“. Und wurde am 2ten<br />

Dec von Insp. Pauli mit einer Standrede beerdigt“ Hauptmann<br />

Steinsdorf gehörte übrigens dem preußischen Regiment Viettinghoff<br />

an. (Eugen Reis, Kaiserslautern im 18. Jahrhundert, Band 2, S. 1049)<br />

Erlenbach und die Verwundeten<br />

Es ist nicht überliefert, wie sich der dreitägige Kampf auf Erlenbach und seine<br />

Bewohner ausgewirkt hatte. Die Otterberger Kirchenbücher weisen große Lücken<br />

auf Die Erlenbacher waren einfache Leute, aber nicht dumm. Als die<br />

französischen Truppen sich näherten, packten sie ihre Habseligkeiten und flohen<br />

mit dem Vieh in den Wald nach Baalborn und Sembach. Sicherlich hatten sich<br />

indes die französischen Offiziere des Königlich Zweibrücker Regiments in<br />

ihren Häusern gemütlich gemacht und sich die frei laufenden Hühner köstlich<br />

zubereiten lassen<br />

Die gewitzten Höferer brachten wohl auch ihr Vieh und Saatgut vor den Preußen<br />

in Sicherheit. Ihr Weg führte wohl den Schallbrunnen in eine ungewisse<br />

Sicherheit, während die preußischen und sächsischen Offiziere der Bataillone<br />

Churland, Carabinieres und Viettinghoff in ihren Betten schliefen.<br />

Der blutige Kampf in, um und durch Erlenbach hatte schreckliche Opfer. Der<br />

preußische Kriegsbericht zählt eigentlich nur die Opfer auf. 2.000 tote Franzosen<br />

und 800 eigene Leute Der Leser erhält dadurch innerlichen Abstand zum<br />

eigentlichen schrecklichen Geschehen. Am besten waren wohl die Gefallenen<br />

dran, die von einer Kugel getroffen wurden und den Sekundentod fanden. Was<br />

war aber mit den Blessierten, denen ein Arm abgehackt war oder denen durch<br />

239


240<br />

240<br />

Artillerie- Beschuss 344 ein Bein abgerissen wurde? Die Schlacht war ein<br />

unerbittliches Abschlachten. Heroisch für die unverwundeten Sieger, die<br />

triumphierten und jubelten. Aber die grässlich Verletzten, die schreiend von<br />

grauenhaften Schmerzen gequält, unversorgt herumzuckten. Es war wohl eine<br />

Gnade, wenn abends die Sieger den Schlachtplatz abgingen und den<br />

Hoffnungslosen den Todesstoß oder den Gnadenschuss gaben.<br />

Was man so alles fand<br />

Herr Burghard-Fallot fand diese beiden Goldmünzen auf seinem Grundstück im<br />

Welchental Der vermutliche Verlierer war wohl ein franz. Revolutionssoldat.<br />

Seine königliche Ablehnung machte aber nicht vor den königlichen Goldmünzen<br />

von 1786 und 1787 halt<br />

Sehr viel interessanter als die Goldmünzen ist diese Kupfermünze, die Frau<br />

Deubel in ihrem Garten im Nauwald fand. Ludwig XVI wird 1793 als König der<br />

344 ) Die leichten Kanonen verschossen Eisenkugeln mit einem Gewicht von 400 – 840 Gramm.<br />

Bei der hohen Abschuss- Geschwindigkeit waren sie absolut tödlich. Diese Kugeln wurden auf<br />

dem Schlachtfeld gefunden.


241<br />

Franzosen angesehen. Diese Münze wurde von Thomas Brenner, Kaiserslautern,<br />

Ochsenberg 33 fotographiert.<br />

Schlacht gewonnen, Krieg doch verloren<br />

Der franz. Kriegsminister Carnot hielt trotz des Dilemmas seine schützende<br />

Hand über den geschlagenen General Lazare Hoche. „Eine Niederlage sei kein<br />

Verbrechen“, so Carnot. Er erkannte das große strategische Genie Hoches, der<br />

noch 7 große Schlachten für Frankreich gewinnen sollte. Hoche erhielt zur<br />

weiteren Unterstützung 10.000 Mann von der Ardennen Armee und ging dann mit<br />

der Rhein-Armee gegen den Herzog von Braunschweig vor, um die belagerte<br />

franz. Festung Landau aus der Umklammerung zu befreien. Hoche bewies nun in<br />

den nächsten Wochen großes strategisches Geschick, so dass sich die preußisch/<br />

sächsischen Truppen hinter den Rhein zurückzogen und das linksrheinische<br />

Gebiet den Franzosen überließen. Am 28. Dez. 1793 zog Hoche in Landau ein!<br />

Im Jahr 1797 übernahm er den Befehl über die 80.000 Mann starke Maas- und<br />

Sambre-Armee, eröffnete den Feldzug mit dem kühnen Rhein Übergang bei<br />

Neuwied, schlug die Österreicher in drei Schlachten und 5 Gefechten. Lazare<br />

Hoche starb am 18. September 1797 in Wetzlar an einer Unterleibskrankheit im<br />

Alter von 29 Jahren.<br />

Lazare Hoche eroberte für Frankreich das linksrheinische Gebiet. Die Pfalz war<br />

somit zuerst fremdes, besetztes Gebiet, das es auszuplündern oder wie es damals<br />

hieß, auszuleeren galt. Ein besonderes negatives Beispiel für sinnlose<br />

241


242<br />

242<br />

Kriegsverbrechen ist das Niederbrennen der heutigen Kreisstadt Kusel 345 am 26.<br />

Juli 1794. Morgens um 10 Uhr erschienen franz Freiwillige, die sich friedvoll und<br />

unauffällig verhielten, aber ein eingespieltes Team im Abfackeln von Städten,<br />

auch in Frankreich, waren. Dann ritten 200 Reiter in die Stadt und der<br />

kommandierende Offizier forderte die Bevölkerung auf, innerhalb von 30<br />

Minuten die Stadt zu verlassen, denn sie würde abgebrannt werden. Der<br />

Polizeidiener rannte mit seiner Schelle durch die Kleinstadt und verkündete den<br />

Kuselern das kommende Unheil Die „Freiwilligen“ trugen Heu und Stroh in die<br />

Häuser und innerhalb weniger Minuten brannte ganz Kusel. Das in den Ställen<br />

346<br />

angebundene Vieh verbrannte jämmerlich. Alle verloren ihre Existenz. Die<br />

Ziele der Franz. Revolution „Krieg den Palästen, Friede den Hütten, Befreiung<br />

aller Unterdrückten“ wurden menschenverachtend verraten.<br />

7.4. Plünderungen & Kämpfe in 1794<br />

Der Sieg war zwar da, nur nicht vollkommen. Der einsetzende Schnee- und<br />

Schneeregen ließen einen frostigen Winter erwarten. Nach alter Tradition suchte<br />

der preußische Oberbefehlshaber ein sicheres Winterquartier, um seinen Truppen<br />

Regeneration zu gewähren, anstatt den Gegner demütigend zu schlagen. Blücher<br />

hatte es dem Herzog zwar vorgemacht und mit überraschenden Angriffen die sich<br />

zurückziehenden franz. Truppen stark verwirrt. Aber auf Grund des Befehls<br />

zogen sich die Preußen und Sachsen weg vom Gebirge in die Vorderpfalz zurück.<br />

Durch diese traditionelle, aber falsche Passivität vergab der preuß. Heerführer die<br />

Chance, den geschwächten Gegner entscheidend zu vertreiben. Dieser Fehler<br />

rächte sich bitterlich. denn Hoche zog sich nicht nach Frankreich zurück, sondern<br />

vereinigte seine Truppen mit weiteren 50.000 Mann, die ihm das Pariser<br />

Direktorium zur Verfügung gestellt hatte. Zusammen standen nun 90.000 Mann<br />

unter seinem Kommando. Allein war er nun viel zu stark für die Preußen oder<br />

Österreicher. Zusammen hätten sie es geschafft, aber Wurmser lehnte ab. Er<br />

wollte den Sieg, den Ruhm für sich allein.<br />

Hoche zog über Pirmasens auf die Festung Landau zu, um sie aus der<br />

Umklammerung österreichischer Truppen zu befreien. Hoche schlug zudem am<br />

26. Dezember 1793 vernichtend die österreichischen Truppen. Arrogant wie<br />

Wurmser war, hatte er Hilfsbitten an den preuß. Sächsischen Truppenführer<br />

unterlassen. (Näheres siehe im Anhang)<br />

Der Herzog von Braunschweig hatte nicht nur Hoche als Gegner. Was ihn<br />

eigentlich zermürbte, war das miserable Verhältnis zum „verbündeten“<br />

österreichischen kommandieren General Wurmser, der seine Aktionen nicht mit<br />

dem Herzog abstimmte, sondern im Gegenteil auch noch kontraproduktive<br />

Entscheidungen fällte. Nach der desaströsen Niederlage Wurmsers reichte der<br />

345 ) eine äußerst ausführliche & phantasievolle Beschreibung von Ernst Schworm, Die<br />

Niederbrennung der Stadt Kusel in Pfälzische Geschichte, Band 1, Kaiserslautern 2002, Seite<br />

359 ff.<br />

346 ) Ernst Schworm, der Brand von Kusel im Jahre 1794, Westricher Kalender 1994, S. 66 ff.


243<br />

Herzog von Braunschweig resignierend seinen Rücktritt ein. Der Preußische<br />

König ersetzte ihn durch den alten Feldmarschall von Möllendorf<br />

Die preuß, sächsische Truppen zogen sich ins Winterquartier an den schützenden<br />

Rhein zwischen Bingen, Mainz und Oppenheim zurück. Dadurch überließen sie<br />

weite Teile der Pfalz den französischen Truppen, die sich hemmungslos aus dem<br />

bereits ausgebeuteten Land heraus ernährten. Eigens ausgebildete französische<br />

Plünderungsspezialisten durchkämmten rücksichtslos auch die abgelegensten<br />

Dörfer, Haus für Haus. Nichts entging ihnen. Sie rissen die Holzfußböden raus,<br />

zertrümmerten Türen und Schränke auf der Suche nach Verborgenem. Alle<br />

Speicher, Keller und Ställe ließen sie entleeren. Den Bauern blieben nur die<br />

Augen, damit sie ihr Elend beweinen konnten. Dieser schreckliche Winter<br />

1793/1794 ging als Plünderwinter in die pfälzische Geschichte ein. Zum Spott<br />

schlachteten die Entleerer gelegentlich die geliebte Kuh direkt vor den weinenden<br />

Augen der Bauernfamilie. So schafft man kein Vertrauen, so gewinnt man keine<br />

Freunde.<br />

19. April: Krieg kostete heute wie damals viel Geld. Preußen und Sachsen<br />

wollten und konnten den Krieg allein nicht mehr tragen. Es ging um<br />

Grundsätzliches. Republik oder Monarchie. Auf diplomatischen Wegen hielten<br />

Preußen und Sachsen bei der englischen und holländischen Krone die Hand auf,<br />

um finanzielle Unterstützung zu erhalten. Erst durch den Vertrag von Den Haag<br />

vom 19.4.1794 verpflichteten sich die Niederlande und das Vereinigte Königreich<br />

monatlich 50.000 £ an Preußen und Sachsen zu zahlen. Nun endlich fand sich<br />

Preußen bereit, den Krieg weiter zu führen. So unterschiedlich die Partner waren,<br />

so verschieden waren auch die Kriegsziele. Die Holländer plädierten natürlich für<br />

den nördlichen Flankenangriff mit Marsch auf Paris, um die latente militärische<br />

Bedrohung von sich abzuwenden.<br />

16. Mai: Das preußische Kriegskabinett traf sich in Mainz. Mehrere Minister und<br />

Generäle diskutierten die strategischen Möglichkeiten. Aus dem großen Plan<br />

entstand eine kleinmütige Entscheidung. Es ging nicht nach Paris, der<br />

Hauptschlag sollte gegen die Truppen des Generals Ambert geführt werden, der<br />

sich auf dem Höhenrücken (Ochsenberg, Schafsberg) zwischen dem<br />

Gersweilerhof und Erlenbach Position bezogen hatte.<br />

Ambert hatte 8 Bataillone Infanterie und 6 Reiterstaffeln zur Verfügung 347 .Der<br />

preußische Feind konnte nur aus Nord- Nordost kommen. Deshalb gruppierte er<br />

seine Verteidigungskräfte sinnvollerweise rundum auf den Höhen um<br />

Kaiserslautern herum. Die französische Karte zeigt zwischen den Husarenäckern<br />

und dem Schlachtenturm 3 mal 4 Infanterieeinheiten und südlich unter der<br />

Betonstraße (oberhalb des Gersweilerhofes) versetzt davon 3 mal 4<br />

Reitergruppen. Anscheinend hatten die Truppenführer vor dem Wald schützende<br />

Verhaue anlegen lassen, um vor plötzlichen Überraschungen gefeit zu sein. Er<br />

hatte die Strategie des Herzogs von Braunschweig kopiert und sich in dessen<br />

Verteidigungsanlagen bequem gemacht. Allerdings hatte er von der Vogelweh bis<br />

nach Hochspeyer und von Erlenbach bis zum Lämmchesberg seine 10.000<br />

Soldaten aufgestellt. Geschlossen wären sie eine respektable Macht gewesen, aber<br />

so zersplittert hatte Ambert keine Chance. Die Preußen vernichteten seine<br />

Truppenteile, einen nach dem anderen.<br />

347 ) Franz. Karte von 1794<br />

243


244<br />

244<br />

Der auf der nächsten Seite eingescannte Kartenausschnitt ist Teil einer franz.<br />

Militärkarte, die die Truppenverteilung am 23. Mai 1794 zwischen 8 und 9 Uhr<br />

zeigt. Der Maßstab ist 1: 40.000. Der Maßstab ist sowohl in Meter als auch in<br />

franz. Klaftern ausgedrückt. 1794 gab es in Erlenbach genau 34 Häuser.<br />

Die Division des Generals Ambert bestand aus 8 Bataillonen und 6<br />

Reitergeschwadern, die die Höhen von Hochspeyer und Fischbach<br />

genauso besetzt hatten wie den Kaiserberg im Norden Kaiserslautern<br />

und den Bergrücken von von Otterbach bis nach Erlenbach. An diesem<br />

Tag hatten sie ebenso das breite Tal bei Erfenbach, aber auch die<br />

Kreuzung an der Vogelweh in ihrer Hand. Dadurch kontrollierten sie die<br />

Straßen von Homburg und Kusel. Der General Möllendorf hatte alle<br />

seine Truppenteile in Marsch gesetzt, die aus den Richtungen Göllheim/<br />

Winnweiler, von Ramstein, aber auch von Schallodenbach auf<br />

Kaiserslautern zumarschierten. 348 .<br />

348 La Division du Général Ambert, composée de 8 batillons et de 6 escadrons occupe les hauteurs de<br />

Hochspeyer et Fischbach, le Plateau du Kaysersberg au Nord de Kaiserslautern, celui de Morlautern,<br />

les hauteurs de Erlenbach et Otterbach, ainsi que le débouché d´Erfenbach, deplus une position<br />

couverte d´un grand abbatis près de la ferme de Vogel Weeh, vers la jonction des routes de Homburg<br />

et Landstuhl et celle de Cusel per Ramstein. Le Général Mollendorf avait toutes ses colonnes en<br />

mouvement sur les chemins de Ramstein, Schallodenbach, Winnweiler et Göllheim, de manière à<br />

pouvoir déboucher à la même heure sur les positions de la Divison de Général Ambert


245<br />

Möllendorf verlegte sein Hauptquartier nach Kirchheimbolanden. Der Vormarsch<br />

geschah in vier Kolonnen<br />

1794, 23.Mai Der Angriff auf Ambert<br />

General Kalkreuth ritt mit seiner Kavallerie dem Glantal entlang. Über Kusel<br />

und Ramstein bewegte er sich schnell auf Kaiserslautern zu. Sein Oberst<br />

245


246<br />

246<br />

Romberg nahm morgens sehr früh die französischen Stellungen an der Vogelweh<br />

ein.<br />

General Knobelsdorff kam mit seinen Husaren durch die Nordpfalz. Er hatte<br />

seine Truppen geteilt. Teile ritten durch das Odenbachtal, andere bogen in<br />

Lauterecken in das Lautertal und bewegten sich so auf Kaiserslautern zu. Die<br />

letzte Nacht hatten seine Truppen vor Katzweiler kampiert. Ausgeruht<br />

marschierten sie auf Morlautern zu. In Otterbach schlugen sie die franz.<br />

Verteidiger. Als Ortskundiger teilte Knobelsdorff seine Truppen. Eine starke<br />

Truppe ging über den Osterberg, eine zweite den bekannten Weg durch das<br />

Ruhethal vor. Die dritte Kolonne ritt auf die Galappmühle zu, ohne auf allzu<br />

großen Widerstand zu stoßen. .<br />

Der Herzog von Württemberg war mit seinen Dragonern über Winnweiler,<br />

Heiligenmoschel, Schallodenbach, Otterberg nach KL unterwegs. Laut franz.<br />

Quellen standen die Revolutionstruppen noch um 9 Uhr morgens auf dem<br />

Bergrücken. Die Württemberger bewegten sich über die Gemarkung Erlenbach,<br />

über den Buchberg, Husarenäcker auf KL zu. Angesichts der überlegenen<br />

gegnerischen Truppen und wegen der drohenden Gefahr eingekesselt zu werden,<br />

zog Ambert seine Truppen durch Kaiserslautern in seine durch Verhaue<br />

geschützten Stellungen auf der Galgenschanze und dem Lämmchesberg zurück.<br />

Gegen 10 Uhr morgens vereinigten Knobelsdorff und Württemberg ihre Kräfte<br />

und ritten durch den Hagelgrund („Tal des Hagelbachs“) nach KL Diesmal<br />

machten die Preußen keine halbe Sachen. Vereint gingen die Truppen<br />

Kalkreuths, Knobelsdorff und des Herzogs gegen die verschanzten Franzosen<br />

vor. Nach einer kurzen wirkungsvollen Kanonade stürmten die Preußen auf die<br />

Befestigungswerke los. Mit aufgepflanzten Bajonetten und Säbeln tobte der<br />

blutige Kampf hin und her. Es dauerte vier Stunden, bis die Preußen endlich die<br />

franz. Stellungen eingenommen hatten. Den franz. Überlebenden blieb diesmal<br />

nur die Flucht über Trippstadt nach Pirmasens. Übrigens machten die Preußen<br />

1.300 Kriegsgefangene, die vorübergehend in den Kirchen Lauterns eingesperrt<br />

wurden.<br />

Die Französischen Truppen zogen sich über Trippstadt auf die Linie Pirmasens<br />

Landau zurück. Dort gruben sich einerseits die Franzosen, andererseits die<br />

Preußen in sichere Stellungen ein. Nun war Stellungskrieg angesagt. Die Pariser<br />

Revolutionsregierung gab aber den Befehl heraus, das linksrheinische Gebiet zu<br />

erobern.<br />

17. Juni. Der Oberkommandierende der Rheinarmee General Michaud hielt in<br />

Landau eine Kommandeur-Besprechung ab, an der die Generäle Moreaux,<br />

Ambert, St. Cyr und Dessai teilnahmen. Anwesend war das<br />

Direktoriumsmitglied Hertz, der die Forderungen seiner Regierung unterstrich.<br />

Das Ziel war klar, aber nur wie erreichen? Der Vorschlag des jüngsten Generals<br />

St. Cyr wurde angenommen. Es war einsichtig, einen schweren Keil zwischen die<br />

Österreicher und Preußen zu treiben. Die Vorbereitungszeit waren 14 Tage. Die<br />

Truppen, das Material mussten bereitgestellt werden. Der konzertierte Angriff<br />

begann am<br />

2. Juli. Angriffsziel waren die preußischen Stellungen um Edenkoben. Der Druck<br />

sollte so stark sein, dass die preuß. Generäle Truppen aus dem Gebirge abziehen<br />

mussten. Durch die geschickten Schachzüge Blüchers misslang der erste Versuch.


247<br />

12. und 13. Juli Die französischen Truppen griffen mit aller Macht die<br />

preußischen Stellungen zwischen dem Eschkopf und Leimen bei Johanniskreuz,<br />

an. Und diesmal gelang der Durchbruch. Die preußischen Truppen zogen sich<br />

über, Kaiserslautern, Erlenbach, Otterberg nach Kirchheimbolanden zurück. Die<br />

West- und Nordwestpfalz war nun schutzlos der beginnenden der franz. Willkür<br />

ausgesetzt.<br />

26. Juli; Ein besonderes negatives Beispiel für sinnlose Kriegsverbrechen war das<br />

Niederbrennen der heutigen Kreisstadt Kusel 349 an jenem Tag. Morgens um 10<br />

Uhr erschienen französische „Freiwillige“, die sich friedvoll und unauffällig<br />

verhielten, aber ein eingespieltes Team im Abfackeln von Städten, auch in<br />

Frankreich, waren. Dann ritten 200 Reiter in die Stadt und der kommandierende<br />

Offizier forderte die Bevölkerung auf, innerhalb von 30 Minuten die Stadt zu<br />

verlassen, denn sie würde abgebrannt werden. Der Polizeidiener rannte mit seiner<br />

Schelle durch die Kleinstadt und verkündete den Kuselern das kommende Unheil<br />

Die „Freiwilligen“ trugen Heu und Stroh in die Häuser und innerhalb weniger<br />

Minuten brannte ganz Kusel Das in den Ställen angebundene Vieh verbrannte<br />

jämmerlich. Alle verloren ihre Existenz.<br />

350 Die Ziele der Franz. Revolution „Krieg<br />

den Palästen, Friede den Hütten, Befreiung aller Unterdrückten“ wurden<br />

menschenverachtend verraten.<br />

7.5. Die letzten Gefechte in 1794<br />

Am 17. September löste der Erbprinz von Hohnlohe den K & K General von<br />

Wantersleben ab und gleich kam wieder Schwung in die preußischen Aktionen.<br />

Der Erbprinz sammelte seine Truppen bei Göllheim. Blücher war inzwischen<br />

zum Generalleutnant geworden. Ihm unterstanden preuß, österreichische und<br />

Kurpfälzische Reiter. Sein Auftrag war es, Wattenheim & Leistadt zu befreien<br />

und dann auf Lautern zuzureiten. Dies gelang problemlos.<br />

18. September: General von Voß hatte den Schorleberg bei Alsenborn wieder<br />

in preuß. Hände zu bekommen und General von Wolfrath sollte sich um<br />

Sembach kümmern. Wer von uns kennt nicht die Landschaft zwischen Sembach<br />

und Enkenbach. Es ist ein leicht welliges Plateau, ein ideales Reitgelände.<br />

Voß und Wolfraths hatten aber die leichten Reiter des franz. Generals Meunier<br />

nicht auf ihrer Rechnung, die einerseits durch die Talsenke von der Eselsfürth aus,<br />

andererseits von den Husarenäckern, am Gersweilerkopf vorbei, durch den<br />

späteren Truppenübungsplatz plötzlich den Preußen in die Quere kamen. Ein<br />

Glück, dass Blücher seine vorderpfälzischen Aufgaben so schnell gelöst hatte und<br />

wie als Blitz aus heiterem Himmel erschien. Er kippte nochmals den franz. Sieg.<br />

In mehreren Gefechten schlugen seine Reiter drei franz. Kavallerie Bataillone.<br />

Das heftigste Gefecht lieferte sich Blücher am Fröhnerhof. Die Franzosen<br />

flüchteten in Richtung Westen, durch den Wald auf Morlautern zu. Die Angst saß<br />

ihnen im Nacken. Blücher gönnte sich und seinem Gegner keine Pause. Blücher<br />

jagte sie weiter vor sich her.<br />

349 ) ausführliche Beschreibung von Ernst Schworm, Die Niederbrennung der Stadt Kusel in<br />

Pfälzische Geschichte, Band 1, Kaiserslautern 2002, Seite 359 ff.<br />

350 ) Ernst Schworm, der Brand von Kusel im Jahre 1794, Westricher Kalender 1994, S. 66 ff.<br />

247


248<br />

248<br />

20. September: Der Erbprinz hatte inzwischen die Brigade Sibaud nach einem<br />

kurzen Kampf aus Fischbach vertrieben. Nun war auch sein Weg nach<br />

Kaiserslautern frei. Kurz vor Lautern bekam sein Dragoner-Regiment nochmals<br />

Ärger. Am Hölzengraben sahen die Franzosen noch eine kleine Chance, den<br />

preuß. Vormarsch zu stoppen, aber vergebens. Der franz. General Gavrois hatte<br />

mit wenigen 100 Mann den Kaiserberg besetzt. Jetzt sah er für sich und seine<br />

Truppen keine Chance mehr und sie räumten Kaiserslautern kampflos in Richtung<br />

Hohenecken. Am Dorfrand Hoheneckens kam es zu einem erbitterten Reiterduell<br />

zwischen Blücher und den Schutz suchenden franz. Reitern. Nun kam das<br />

unerwartete Wunder für die französischen Heerführer und Soldaten.<br />

Der preußische Oberbefehlshaber Möllendorff war inzwischen 70 Jahre alt. Er<br />

war durch und durch Preuße und kein Rheinhesse oder Pfälzer. Am Liebsten wäre<br />

er gleich heimgeritten. Der ganze Stress und Ärger hier wuchsen ihm über den<br />

Kopf. Er tat sich überaus schwer, die Situationen schnell zu erfassen und die<br />

richtigen Entschlüsse zu fassen. Inmitten seines bedächtigen Vormarsches auf<br />

Trier zu, erhielt er die schlimme Nachricht, die Österreicher hätten aus den<br />

Niederlanden heraus den Rückzug angetreten. So kam er auf die Schnapsidee in<br />

Geheimverhandlungen einen Waffenstillstand auszuhandeln. Ende Juli hatte er<br />

den Kreuznacher Rentner G. H. Schmerz mit Vollmachten nach Basel geschickt.<br />

Nach einigem Hin und Her kam Schmerz mit einem Vertragspapier nach Mainz<br />

zurück. Sofort schickte Möllendorff seinen Adjutanten mit entsprechendem<br />

Befehl nach Kaiserslautern. Darin stand, der Erbprinz solle sich unverzüglich auf<br />

Mainz zurückziehen. Zuerst war der Erbprinz sprachlos. Er glaubte, nicht was er<br />

las. Dann wurde er vor Zorn rot und tobte wegen des Schwachsinns mehrere<br />

Stunden nur so herum. Zum Glück war Möllendorff nicht anwesend, mit<br />

Sicherheit hätte ihn der Erbprinz sonst umgelegt.<br />

25. September: Der Erbprinz informierte Blücher, der von Ramstein aus, über die<br />

Pfeifermühle, Mehlbach, Schallodenbach, Heiligenmoschel sich in Richtung<br />

Mainz begab. Zwischen Winnweiler und Münchweiler wartete er auf den<br />

Erbprinzen, dessen Nachhut er dann bildete.<br />

7.6. 1795/96: Raub, Mord &<br />

Vergewaltigung<br />

In der Unterlagensammlung des verstorbenen Wilhelm Theobald entdeckte ich<br />

die vom Pfarrer Ernst Dick veröffentlichte folgende Geschichte: „Reipoltskirchen<br />

zur Zeit der französischen Revolution“ Dort ist nachzulesen:<br />

In 1795 waren die preußischen Truppen jedoch wieder erfolgreich auf dem<br />

Vormarsch. Deshalb verstärkte der französische Kriegsminister seine eigenen<br />

Truppen. Am 6. Nov 1795 (6.11.1795) zogen starke französische Verbände von<br />

Reipoltskirchen über Rathskirchen nach Rockenhausen in Richtung Front. 6.000<br />

Soldaten mussten versorgt werden. Sie taten, was damals üblich war. Die mit der<br />

Versorgungsbeschaffung beauftragten Soldaten gingen rücksichtslos vor. Jedes<br />

Dorf, jedes Haus wurde durchsucht, Verschlossene Haustüren ganz einfach<br />

eingetreten. In Nußbach wehrte sich der 65jährige Peter Schwab 351 . Mit der<br />

351 ) Einträge im Copulationsregisters Nußbach durch Pfarrer Webner:


249<br />

Mitgabel verteidigte er seinen geringen Besitz. Seinen sinnlosen Mut bezahlte er<br />

mit dem Leben. Drei Kopfschüsse beendigten sein Leben. Dann steckten die<br />

uniformierten Mörder das Haus an und verhinderten laut lachend jeden<br />

Löschversuch. Die herbeigerufene Tochter Elisabetha Catharina wollte ihrem<br />

daliegenden Vater helfen. Ein Soldat schoss ihr in den Kopf Als Elisabetha<br />

Catharina 352 sich nochmals erheben wollte, spaltete ein anderer ihr mit seinem<br />

Säbel den Schädel Jede Hilfe, jeder Widerstand waren sinnlos. In äußerster<br />

Gefahr rettete Catharinas Ehemann Johann Jacob Stein, der Schuldiener, sein<br />

und das Leben seiner Schwäger (vgl Fußnote 91). Leider fehlt dieses wichtige<br />

Urkundenblatt 269/270 353 im Original Kirchenbuch Nußbach. Es wurde von<br />

einem Idioten vor 1960 fein säuberlich herausgetrennt, als die Kirchenbücher<br />

noch im Archiv der Gemeinde Nußbach lagen. Deshalb konnte der Eintrag auf<br />

eventuelle Lesefehler nicht verifiziert werden!<br />

Beschämt muss ich eingestehen, Vergewaltigungen gehörten auch damals zum<br />

illegalen Recht des Stärkeren. Ein Eintrag aus dem Kirchenbuch Heimkirchen:<br />

Maria Susanna Klein hatte in 3. Ehe am 2. September 1783 David Keller aus<br />

Einöllen geheiratet. Sie hatten zusammen vier Kinder. David starb leider am<br />

27.4.1794 im Alter von 33 Jahren. Susanne kümmerte sich rührend um ihren<br />

Nachwuchs. Bestimmt halfen ihr die Verwandtschaft dabei. Ende Oktober 1795<br />

streiften franz. Fourageure durchs Land. Sie nahmen alles mit und ließen keine<br />

Gelegenheit aus, um gedankenlos ihren Neigungen zu frönen. Die 41 jährige<br />

Susanna war allein auf dem Hof. Sie gab an, gegen Ende des Oktobers 1795 sei<br />

sie allein zu Hause gewesen war. Zwei französische Soldaten wären auf den Hof<br />

gekommen, hätten sich ihrer bemächtigt und sie geschwängert. Das Kind<br />

Johannes kam am 26. Juli 1796 auf die Welt.<br />

1796, im Oktober und November steckte die französische Sambre- und Maas<br />

Armee wieder in großen Schwierigkeiten. Auf der Verteidigungslinie Wolfstein,<br />

Nussbach, Rathskirchen und Rockenhausen waren 7.000 Soldaten stationiert. Ihre<br />

Versorgung bereitete den Franzosen, aber vor allem der Bevölkerung größte<br />

Schwierigkeiten. Die Bürgermeister konnten die geforderten Auflagen nicht<br />

erfüllen. So holten sich die Versorgungseinheiten selbst das Notwendige. Sie<br />

raubten die letzten Lebensmittel und stürzten dadurch die bereits verarmte<br />

Bevölkerung in allergrößtes Elend. In Hefersweiler wehrte sich Johannes Gauer.<br />

Am 18.11.1796 erschossen ihn französische Marodeure von hinten mitten durchs<br />

Herz. Es bleibt ein Wunder, wie damals die Menschen den Winter überlebten.<br />

Aber es ging auch ohne Vergewaltigung. Es war vielleicht außer Lust, auch tiefe<br />

Zuneigung im Spiel Im Mai/ Juni 1796 waren verbündete kaiserliche Soldaten in<br />

1) „den 16ten Jenner 1798 wurde Johann Gustav Schwab, des dahier verlebten Johann Peter<br />

Schwab, vid pag 270 h.Ludwig hinterlassener Sohn mit Anna Elisabetha, des zu Marienthal<br />

verstorbenen Schuldiener Friedrich Stein hinterlassene ledige Tochter … copuliert“<br />

2.) „den 6ten August 1799 wurde Peter Schwab, des am 6ten 9bris 1795 hinterlaßenem Peter<br />

Schwabs ältestem Sohn mit Anna Margretha Linnebacher, des dasiegen Schmiedmeisters<br />

Nicklaus Linnebachers in den Ehestand eingesegnet“. Anna Margretha kam am 7.12.1777<br />

auf die Welt. Ihr Vater Johann Nickel war katholisch, ihre Mutter Maria Elisabetha war<br />

lutherisch!<br />

352 ) Eintrag durch Pfarrer Webner im Copulationsregister Nußbach: den 11ten Juny 1793<br />

(11.6.1793) wurde dasieger Herr Joh. Jacaob Stein mit Elisabetha Catharina, dasiegen<br />

Gemeinsmann Peter Schwab ledige Tochter prov tria procl in den Ehestand eingesegnet<br />

353 ) Die Mormonen ließen 1960 die beiden Kirchenbücher Nußbach verfilmen. Leider fehlte<br />

schon bei der Verfilmung das Blatt 269/270.<br />

249


250<br />

250<br />

Heimkirchen, die Quartier suchten. Maria Barbara Mayer war seit dem 16 Mai<br />

1794 Witwe des Hofbeständers Felix Mayer, der an einer langwierigen Krankheit<br />

im Alter von 53 Jahren verstorben war. Sie stand mit vier kleinen Kindern allein<br />

da. Die jüngste Tochter Maria Catharina war am 21. März 1794 auf die Welt<br />

gekommen, Zwei Monate später war sie aber schon Halbwaise. Emotional und<br />

finanziell für die junge Witwe eine Katastrophe. Sicher war sie froh, als ein<br />

kaiserlicher Soldat bei ihr übernachtete. Sie fragte weder nach seinen Namen,<br />

noch nach dessen Regiment. 9 Monate nach diesem One-Night-Stand kam am 8<br />

März 1797 Friederica Catharina auf die Welt. Hebamme war Elisabetha<br />

Catharina, die Ehefrau des Friedrich Ludwig Haaß aus Dörrmoschel Frau Haaß<br />

übernahm bei dem kleinen Würmchen auch die Patenschaft.<br />

Aber Liebe und Leidenschaft fragt nicht nach Nationalität, sie überwindet<br />

Sprachgrenzen. Maria Catharina Philippi, * 17.3.1768 in Rudolfskirchen hatte<br />

sich in George Mounot verliebt, einen französischen Grenadier, der in<br />

Heimkirchen kurzfristig Dienst tat. Am 24. November 1797 kam die gemeinsame<br />

Tochter Anna Catharina in Heimkirchen zur Welt. Leider geben weder das<br />

Kirchenbuch noch die französischen Standesamtsakten Auskunft über das weitere<br />

Schicksal der Drei.<br />

Das schreiende Elend der Jahre bis 1797 ist verklungen und zum Glück auch<br />

vergessen. Härtere menschliche Prüfungen und jüngere Schicksale ließen dieses<br />

Trauma bald in blanken Hass gegen den Erbfeind umschlagen. Die Ackerer<br />

ackerten schwer, sie ersetzten das Zugvieh durch übermenschliche<br />

Anstrengungen. Die Männer zogen zum Teil jahrelang abwechselnd den Pflug<br />

und die Frauen drückten den Sporn in die harte Erde.<br />

7.7. Segen der französischen Verwaltung<br />

Erst die napoleonischen Expansionspolitik und -kriege machte aus der besetzten<br />

Pfalz französisches Staatsgebiet. Der Rhein wurde zur Staatsgrenze gegenüber<br />

Deutschland. Die französische Besatzungsmacht war zuerst konzeptionslos und<br />

sie handelte dementsprechend. Ihre Soldaten waren undiszipliniert und verstießen<br />

zwischen 1794 und 1796 1000fach, massiv gegen die Menschenrechte der<br />

Einwohner. Die Lautrer und Erlenbacher durchlebten ein schreckliches<br />

Wechselbad der Gefühle. Den angstvollen Plünderjahren folgte der forcierte,<br />

planvolle Aufbau in der Pfalz.<br />

Heute, im Abstand von 200 Jahren dürfen wir die „Franzosenzeit“ als<br />

Wendepunkt, als Neubeginn in allen Bereichen würdigen. Die Leibeigenschaft<br />

wurde aufgehoben und die Gewerbefreiheit eingeführt. Die bisherigen Grenzen<br />

zwischen dem lutherischen, kurpfälzischen Niederkirchen und dem katholischen,<br />

sickingischen Schallodenbach entfielen endlich. Ade den Kleinstaaten<br />

354 .<br />

• Die Einführung des modernen, staatlichen Standesamtes 355 zum<br />

22. September 1798 führte zu korrekten und umfassenden<br />

354 ) Am 23. Januar 1798 hob die Pariser Regierung die bisherige territoriale Gliederung<br />

westlich des Rheins auf. Es entstanden die Departements (Regierungsbezirke) Rhein und<br />

Mosel, Donnersberg, Saar und Ruhr.<br />

355 ) aufgrund der Verordnung über den Zivilstand vom 1. Mai 1798


251<br />

Eintragungen, Voraussetzung jeder Verwaltung. Jetzt gab es keine<br />

zufälligen Eintragungen mehr, abhängig von der Lust und Laune der<br />

geistlichen Herren! Fortschrittlich war auch die Einführung der<br />

Zivilehe in 1798. Zuerst musste sich das Paar vorm Standesbeamten<br />

ihr Jawort geben, bevor die Zwei sich kirchlich trauen lassen konnten.<br />

Im Deutschen Reich kam dieses fortschrittliche Gesetz erst 1876 zur<br />

Anwendung (siehe unten)!<br />

• Allgemeingültige Gesetze. Einführung des vorbildlichen Code<br />

Civil in 1804. Die Regierung erließ die dazu notwendige<br />

Zivilprozessordnung in 1806 (Code de procedure civile) Beide blieben<br />

bis zur Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches ab 1.1.1900 gültig.<br />

Wesentliche Regelungen flossen ins BGB und in die ZPO ein!<br />

Genauso der Code Pénale, das neue Strafgesetzbuch von 1810, das<br />

allgemeine Rechtssicherheit brachte und die willkürliche Verhaftung<br />

oder Vertreibung beendete. Einführung der bis dato unbekannten<br />

Gewaltenteilung. Einrichtung unabhängiger Gerichte (siehe unten)!<br />

• Die Flucht bzw. Vertreibung des bisherigen blutsaugenden<br />

Adels, der auch nach 1815 nie mehr Fuß in der Pfalz fassen konnte.<br />

Am 26. März 1798 (6. Germinal des Jahres VI der Franz. Republik)<br />

wurden sämtliche franz. Gesetze und Verwaltungsvorschriften bei uns<br />

eingeführt. Der Artikel V. der Verfassung der konstituierenden<br />

Nationalversammlung lautete: “Die Lasten aller Art sind abgeschafft“.<br />

Mit diesem Tag verschwanden alle Zehnten und sonstigen<br />

Feudalabgaben in der Pfalz für immer. Wie erleichtert haben unsere<br />

Bauern wohl aufgeatmet, als sie kein Getreide und andere Produkte<br />

mehr abliefern mussten, wofür sie sich das ganze Jahr über hatten<br />

abrackern müssen.<br />

• Versteigerung, Verkauf des Kirchen- und Adelsbesitzes, wobei die<br />

bisherigen Pächter ein Vorkaufsrecht hatten! So ersteigerte z.B. der<br />

Hefersweiler Bürgermeister Johannes (Jean) Bacher 356 aus Hefersweiler<br />

am 30. Nov. 1808 Teile des früheren Amtshauses von Reipoltskirchen<br />

nach dem „Ritus der drei brennenden und verlöschenden Kerzen“, wie es<br />

in Frankreich Gesetz und bei uns üblich wurde. Das letzte Gebot erhielt<br />

den Zuschlag, wenn die 3. Kerze erlosch! Die Versteigerung war in<br />

Lauterecken!<br />

• Bau der großen, breiten, befestigten Landstraßen, genannt<br />

Kaiserstraßen, sie waren Alleen. Gelegentlich hießen/heißen sie auch<br />

Pariser Straße: - Paris, Saarbrücken, Kaiserslautern, Mainz, -<br />

Kaiserslautern, Dürkheim, Mannheim;<br />

• Einführung von moderner Medizin und Krankenhäusern, auch für<br />

geistig Behinderte! Einführung der Pockenimpfung ab 1805.<br />

• Einführung des dezimalen und metrischen Systems in der Pfalz. Bis<br />

dahin galt in jedem Kleinstaat, in jeder reichsunabhängigen Stadt ein<br />

anderes Maß- und Gewichtssystem, das entweder am Stadttor oder am<br />

356 ) Johannes Bacher war Bürgermeister des Gemeindeverbandes Hefersweiler mit Seelen,<br />

Relsberg, Berzweiler, Rathskirchen, Rudolfskirchen und gleichzeitig Standesbeamter dieses<br />

Gemeindebezirks<br />

251


252<br />

252<br />

Rathaus zur Rechtssicherheit angebracht war. Die Revolutionäre<br />

erfanden das Gramm, Kilogramm, die Tonne, als Maßeinheit den<br />

Meter 357 und der Rauminhalt kann nun durch Liter/Kubikmeter bestimmt<br />

werden. Riesige Vorteile durch die Standardisierung für Handel,<br />

Gewerbe und Forschung. Die politisch Verantwortlichen der Pfalz und<br />

ganz Bayern waren fortschrittlich, weit vorausschauend. Als die Pfalz ab<br />

1819 systematisch vermessen wurde, hatten die alten Maße keine Chance<br />

mehr. Die Messung der Basisstrecke vom Turm der Loretokirche<br />

Oggersheim bis zum nördlichen Domturm in Speyer ergab exakt<br />

19.795,3890 Meter 358 Auch die ersten Kataster-Karten Erlenbachs von<br />

1830 sind metrisch ausgelegt 359 . Im übrigen Reich dauerte es aber<br />

Jahrzehnte, bis sich das metrische System allgemein durchgesetzt hatte!<br />

Einige wenige deutsche Staaten stellten 1860 den Antrag, den Meter für<br />

ganz Deutschland einzuführen. Sehr spät, erst am 29.4.1869 gelang der<br />

allgemeine Durchbruch des metrischen Systems in ganz Deutschland 360 .<br />

• Fleischbeschau in 1811: „Alles für den Verkauf bestimmte Vieh soll<br />

vor dem Schlachten besichtigt und öffentlich geschlachtet werden. Kein<br />

fremdes Vieh kann ohne Gesundheitszeugnis eingebracht werden ... Den<br />

Juden von Offenbach, Cappeln, Grumbach, Odenbach und<br />

Reipoltskirchen ist es ausdrücklich und zu allen Zeiten untersagt, in den<br />

Gemeinden der Mairie Lauterecken geschlachtetes Fleisch zu verkaufen<br />

oder anzubieten. Sie können jedoch in dem Ort Lauterecken nach der<br />

Besichtigung des Viehes und Vorzeigen eines Gesundheitsattestes<br />

schlachten und Fleisch verkaufen“ 361 . In Hefersweiler lebten die<br />

verschwägerten Viehhändler Moses David 362 und Isaak Hirsch mit ihren<br />

Familien. Weitere Viehhändler (marchands des bestiaux) der Region<br />

waren Abraham Israel und Jacob Herz, beide aus Rathskirchen 363 .<br />

• Die Revolutionäre hatten sich richtigerweise dem Verstand verschrieben.<br />

Sie befreiten Frankreich mit wenigen sehr blutigen Schlägen vom<br />

maroden Geflecht der Unfreiheit, Ungleichheit und Willkür. Doch die<br />

Einführung des Französischen Revolutionskalenders 364 war nicht<br />

vernünftig und musste deshalb scheitern. Es gab 12 Monate von je 30<br />

Tagen und die noch fünf fehlenden Kalendertage folgten hinter den 360<br />

Tagen im September. Sie hießen blumig Tag der Tugend, der Begabung,<br />

der Arbeit, der Meinung und der Belohnungen.<br />

357 ) Die drei Konsulen beschlossen 1802 die Einführung des Meters. Er entsprach 3 franz. Fuß<br />

358 ) Das Vermessungs- und Katasterwesen in der Pfalz, Landesvermessungsamt Rheinland-Pfalz,<br />

Koblenz 1992, Seite 73 ff<br />

359<br />

Angegeben sind als Hinweis für die damals älteren Benutzer: 2.000 Meter = 2.500 Schritt!<br />

360<br />

) Das Vermessungs- und Katasterwesen in der Pfalz, Landesvermessungsamt 1992, Seite 299<br />

ff.<br />

361<br />

) Chronik der Stadt Lauterecken, Seite 229;<br />

362<br />

) Acte de mariage, Kaiserslautern, standesamtliches Urkundenbuch auf Französisch vom 18.<br />

Vendemiaire XII,!<br />

363 ) Acte de Naissance, mairie de Kaiserslautern, du vingt deux jour du mois de Vendemiaire l´an<br />

treize. (gefunden im Stadtarchiv Kaiserslautern)<br />

364 ) der Kalender wurde durch das Konventionsdekret vom 5.10.1793 rückwirkend auf den 22.<br />

September 1792 eingeführt. Das war der 1. Vendémiaire des Jahres I und per 1.Januar 1806<br />

von Napoléon wieder außer Kraft gesetzt.


253<br />

7.8. Erlenbach & die Stadt<br />

1797, 4. Nov. Das Pariser Direktorium beauftragte den Elsässer Franz- Josef<br />

Rudler mit der Verwaltungsreform. Rudler war ein kluger Kopf. Er teilte das<br />

linksrheinische Gebiet nach franz. Vorbild in Departements ein. Unser<br />

Departement hieß >Donnersberg< und reichte von der Queich rauf bis nach<br />

Bingen. Hauptstadt wurde Mainz. Das Departement untergliederte sich in<br />

Kantone. Kaiserslautern war schon in Kurpfälzischer Zeit Oberamt gewesen und<br />

verfügte über Verwaltungsfachleute, die der Unterpräfekt Karl Ludwig Pettersen<br />

gerne in die Verwaltung einbaute.<br />

21.9.1798 Die Französischen Denker bauten eine vernünftige Verwaltung auf. Sie<br />

packten Städte und Dörfer so zu Verwaltungseinheiten zusammen, dass jeder<br />

Kanton (= Verbandsgemeinde = Municipalverwaltung) wie Otterberg,<br />

Winnweiler, Wolfstein etwa 10.000 Einwohner hatte. Dies erschien das Optimum<br />

für eine kostengünstige Administration zu sein. So auch Kaiserslautern. Der<br />

Lautrer Bezirk reichte von Dansenberg bis nach. Erlenbach. Erlenbach war im<br />

französischen Sprachgebrauch ein „Dépendance“, ein abhängiges Außengebiet.<br />

Die räumliche Entfernung der Erlenbacher zur neuen Kernstadt Lautern war<br />

größer als nach Otterberg. Bei standesamtlichen Eintragungen gingen allein für<br />

den Hin- und Rückweg gut 3 Stunden drauf. Kam ein Kind auf die Welt, musste<br />

zudem der Vater anfänglich das Kind im Kaiserslauterer Rathaus vorzeigen,<br />

wobei das Geschlecht des Kindes (im Hinblick auf die spätere Wehrpflicht)<br />

amtlich festgestellt wurde. Diese von vielen als Schikane empfundene Vorschrift<br />

wurde recht bald wieder aufgehoben.<br />

Der Unterpräfekt Pettersen berief den Chirurgen Ludwig Schellhaaß zum<br />

Präsidenten = zum Vorsitzenden des „Stadtrates“ Sein Sohn Ludwig avancierte<br />

im Stadthaus zum Sekretär. Bürochef wurde der bekannte reformierte Pfarrer<br />

Johann Adam Ludwig Hepp 365 . Pfarrer Hepp verdiente durch seine<br />

Beamtentätigkeit nun genug Geld, um seine zahlreichen Kinder ernähren zu<br />

können.<br />

Das alte Rathaus 366 in der Steinstraße war vom Stadtrat 1770 eingeweiht worden.<br />

Hier residiert der Bürgermeister, für uns Erlenbacher war der gewählte Adjunkt =<br />

Ortsvorsteher verantwortlich, um federführend die dörflichen Interessen zu<br />

wahren. Das neu gegründete Standesamt erhielt alle bereits beschlagnahmten<br />

Kirchenbücher der umliegenden Gemeinden. So hatte es Einsicht und Überblick<br />

über die Bevölkerung. Die Vorteile liegen und lagen auf der Hand. Kein junger<br />

Mann konnte sich mehr der allgemeinen Wehrpflicht entziehen. Die gegenseitigen<br />

365 ) Johann Adam Ludwig Hepp wurde nach dem Tod des Otterberger Pfarrers Johann Wilhelm<br />

Weickum, † 9.9.1781 Pfarrer in Otterberg. Hepp * 1751 in Frankenweiler, hatte in Göttingen,<br />

Utrecht und Heidelberg studiert. . Seine franz. Sprachkenntnisse konnte er im Diensten des<br />

Barons de Lefort in Straßburg pflegen. Vor Otterberg war Hepp drei Jahre lang Vikar in<br />

Freudenheim gewesen. Bis zur Schlacht bei Morlautern im November 1793 war Hepp<br />

Otterberger Pfarrer. → siehe Kaller, Gerhard, Chronik Otterberg, Bd II. S. 164 ff. Sein<br />

Nachfolger war Bernard Fréderic de Félice.<br />

366 ) Wegen der Vielzahl der Aufgaben wurde es im Rathaus sehr bald sehr eng. Der Unterpräfekt<br />

mietete 1802 deshalb das benachbarte Stadtpalais der Familie Gervinius an. Die Stadt Kl<br />

erwarb es 1809. Bis zum Neubau des 22 stöckigen Betonklotzes beherbergte es die<br />

Stadtverwaltung.<br />

253


254<br />

254<br />

Kontrollmeldungen der Kantonsverwaltungen untereinander deckten<br />

Unregelmäßigkeiten und Bigamie auf. So hatte der Schuster Peter Wiegand aus<br />

Baalborn am 18.9.1782 in Odenbach die Elisabetha Francis geheiratet, obwohl er<br />

bereits verheiratet war. Als dies 1796 offenkundig wurde, ließ der Staatsanwalt 367<br />

Joseph Wachmann die beiden verhaften und in den Turm einsperren. Beide kamen<br />

erst wieder am 13. Thermidor VI (13.7.1798) in Freiheit. Ihre Ehe wurde am<br />

27.April 1800 vom Lauterer Standesbeamten annulliert.<br />

1804, 4 Oktober (4.10.1804): Kaiser Napoleon besuchte das Schlachtfeld von<br />

1793 Der Forstmeister Franz Daniel Rettig 368 begleitete Napoleon den ganzen Tag<br />

und erklärte ihm alle Stationen des Schlachtverlaufs 369 .<br />

1806, 18. Juli Jahrhunderte lang hatten die Erlenbacher und Höferer für ihre alten<br />

Waldrechte im „Staatswald“ gekämpft. Zuerst gegen die deutschen Könige, dann<br />

zuletzt gegen die kurpfälzische Forstverwaltung. Immer hatten sie Recht<br />

bekommen. Denn Recht ist Recht, egal welches Regierungssystem gerade mal<br />

herrscht. Um die endlosen Prozesse zu beschleunigen, waren die Erlenbacher zu<br />

Konzessionen bereit So schlossen sie Vergleiche, in die die Juristen aber immer<br />

wieder Fallen einbauten, um sich Hintertürchen für neue taktischen Spielchen und<br />

Beschränkungen zu lassen. Die schlauen Förster kannten dies und drangsalierten<br />

die Erlenbacher, wo sie nur konnten. Einmal setzten sie den Hebel im Wald am<br />

Schallbrunnen an, dann verboten sie den Höferern die Nutzung des Waldes an den<br />

Hängen des Felsenthales (zwischen dem Gersweilerhof und Reichswald von<br />

Morlautern) Aber die Erlenbacher beharrten und pochten auf ihren Recht. So<br />

klagen sie vor dem Kurpfälzischen Hofgericht (2. November 1775), dann<br />

bestätigte das Ober Appellations Gericht am 3. Juni 1776 wiederum den Vergleich<br />

von 1763. Die nun französische, kaiserliche Forstverwaltung schikanierte<br />

weiterhin die Erlenbacher. So wandten sie sich Hilfe suchend zuerst an das<br />

Friedensgericht in Kaiserslautern, das die Entscheidung dem Präfekten des<br />

Departements überließ. In seinem zwölfseitigen Urteil bestätigte er die<br />

Erlenbacher Rechtsposition 370 . Dort steht ausdrücklich: „Der Gemeinde<br />

Erlenbach wird in den Distrikten Hagelgrund, Gersweilerkopf und Kohlplatte<br />

des Otterberger Waldes das Raff- und Stückholz und die Kuh- und Schmalzweide<br />

zugewiesen“.<br />

Der Otterberger Notar Christian Julius Jacobi ließ das Urteil Rudlers wie es<br />

heißt Wort für Wort genau übersetzen und erteilte eine Abschrift, die die<br />

Urkundennummer 219 trägt. Für seine Arbeit berechnete er 3 Francs und 33<br />

Centimes.<br />

Aber einen generellen Unterschied in der Holzgewinnung führte die französische<br />

Forstverwaltung doch ein. Jahrhunderte lang fällten die Arbeiter die Bäume<br />

selektiv, während die Franzosen den Kahlschlag einführten, aber in regelmäßigen<br />

367<br />

Joseph Wachmann, Direktor der Anklage-Jury des Bezirks Kaiserslautern. Laut Hochzeitsakt<br />

vom 7. Tag Floreal des Jahres VII<br />

368<br />

) Franz. Daniel Rettig wurde später Kreisforstinspektor und Forstrat zu Speyer. Die Bürger<br />

wählten ihn in den Bayerischen Landtag, der 115 Abgeordnete umfasste.<br />

369<br />

) der Bericht Rettigs wurde von Johann.Georg. Lehmann veröffentlicht, siehe urkundliche<br />

Geschichte der Bezirkshauptstadt Kaiserslautern in „Die Heimat“ 1887, Nr. 73<br />

370<br />

) Kopie: im Stadtarchiv, aus dem Archiv Erlenbach, aufbewahrt unter Waldrecht a VII 174<br />

Stadtarchiv K´lautern


255<br />

Abständen einen starken Rüstbaum (baliveaux) stehen ließen, so dass von dort<br />

aus durch natürliche Versamung der Wald schnell nachwachsen konnte<br />

371 . Dieses<br />

Prinzip muss jedoch den Forstmeister Rettig sehr gestört haben, denn seiner<br />

Meinung war der Wald in einem schrecklichen Zustand.<br />

1808 und 1809 war Johann Daniel Witt Standesbeamter. Zudem war er zweiter<br />

städtischer Adjunkt. Witt als vermögender Bauernsohn in K´lautern hatte über die<br />

Volksschule hinaus eine gute Ausbildung genossen. Natürlich sprach er somit,<br />

fließend Französisch, wie es beim Bildungsadel üblich war. Für die Lautrer<br />

Oberschicht gab es somit keine Sprachbarrieren.<br />

Bürgermeister war der Apotheker Goswin Müllinghoff. 372 Eigentlich stammte<br />

er aus Ladenburg und hatte sich als Kurpfälzer Untertan in Kaiserslauterns<br />

niedergelassen. Kraft Amtes war er gleichzeitig Chef des Standesamtes. Im Akt<br />

N° 7/1808 notiert der >sécretaire de la Mairie< Ludwig Schellhaaß, 38, die<br />

Ehescheidung des Mediziners Dr. Wilhelm Daniel Koch (37 Jahre) von seiner<br />

Ehefrau Catharina Roebel, 27 Jahre. Sie stammte aus Katzweiler. Das<br />

Scheidungsurteil fällte die 1.Gerichtsinstanz in Kaiserslautern, die auch im alten<br />

Rathaus richtete.. Das Urteil überbrachte der Gerichtsvollzieher Louis Houzeau.<br />

Diesen Scheidungsakt unterschrieb Goswin Müllinghoff.<br />

1808: Im April und Mai war in Kaiserslautern das Infanterieregiment >Polano-<br />

Italienne< stationiert. Innerhalb von 7 Wochen starben im städtischen Hospital<br />

drei Soldaten: 373<br />

† 1.4.1808 Ztotniky, 39 Jahre, geboren in Miata, Polen (1. Kompanie des<br />

1. Bataillons des 2. Infanterie-Regiments Polano- Italienne<br />

† 14.5.1808, Anton Matulerich, 30 Jahre Grenadier, geboren in<br />

Witkawicyk (gleiche Kompanie, s.o.)<br />

† 18.5.1808, Antonio Grebo, 20 Jahre, Fusilier, geboren in Cagio, Alpes<br />

Maritime, (6. Kompanie, 2. Bataillon, 27. Regiment)<br />

Die Zivilehe war ein riesengroßer Fortschritt. Es war allerhöchste Zeit gewesen,<br />

die Ehe aus dem Schoß der Kirche zu nehmen, wo christliche Borniertheit viel<br />

Unheil unter denen anrichtete, die gegen die Kirchenregeln lebten. Die<br />

einheitlichen Vorschriften in ganz Frankreich verlangten detaillierte Auskünfte<br />

über das Brautpaar und dessen Eltern, wie die Urkunden beweisen Das Papier ist<br />

fest, handgeschöpft, einem dünnen Karton nicht unähnlich. Die Niederschrift<br />

erfolgte mit spitzer Feder. Die Urkundsbeamten notierten mit schwarzer Tusche.<br />

Egal wo in der Pfalz, die Schreiber gaben sich sehr viel Mühe und malten die<br />

Fakten auf mit Bleistift vorgezeichneten Linien. Meistens ist bereits das Lesen ein<br />

großer Genuss. Diese Akten dokumentieren einen neuen Stil, eine neue<br />

Grundhaltung gegenüber den Menschen. Obwohl die Revolutionäre die Kirche<br />

entmachtet hatten, so hielten sie doch an der Ehe fest. Ich habe das Gefühl, sie<br />

festigten dieses Institut sogar. Zum einen mussten beide Elternpaare der<br />

Eheschließung zustimmen, zum anderen mussten vier Trauzeugen zugegen sein.<br />

371 ) Keiper, a.a.O , Seite 12 ff. Keiper weist darauf, dass die bayrische Forstverwaltung dieses<br />

Prinzip ausbaute und ganz radikal ein ganzes Waldstück abhaute.<br />

372 ) Friedel, Heinz, Kaiserslautern, Kaiserslautern 1995, S. 136. Gowin † 27.6.1811 in KL<br />

373 ) Sterberegister der Stadt Kaiserslautern von 1808, Stadtarchiv,<br />

255


256<br />

Ein Beipiel 374 .<br />

256<br />

1809, 9 Februar, um 4 Uhr morgens. Standesbeamter ist der stellvertretende<br />

Bürgermeister Johann Daniel Witt. Vor ihm erschienen sind der 35 jährige<br />

Johann Heinrich Barth und seine Braut Elisabetha Haeffner (Haffner), 25 Jahre<br />

alt. Bei wohnten in Erlenbach. Beide wollen heiraten. Die formalen<br />

Voraussetzungen hatten sie erfüllt. Heinrich Barth legte die<br />

Einverständniserklärung seiner Eltern vor, die sie einige Tage zuvor beim Notar<br />

Adam Rohr in KL erteilt hatten. Die Eltern der Elisabetha waren anwesend und<br />

willigten in diese Ehe ein. Daniel Witt stellte fest, dass die Eheankündigung 2mal<br />

im Abstand von 14 Tagen an der Außentür des Rathauses ausgehangen hatte und<br />

niemand gegen die Ehe Einspruch erhoben hatte. Der Stadtschreiber hatte die<br />

Hochzeitsurkunde bereits vorbereitet, die Witt nun vorliest:<br />

• Johann Heinrich Barth ist Ackersmann und wurde am 31. Juli 1773 in<br />

Mölschbach geboren, Seine Eltern sind Michael Barth und Maria Eva<br />

Fleck. Alle drei leben in Erlenbach<br />

• Elisabetha Haeffner ist 23 und wurde in Erlenbach am 4. Mai 1785<br />

geboren. Ihre Eltern sind Leonhard Haeffner (Ackersmann) und Christina<br />

Mangold.<br />

• Trauzeugen sind Joh. Nicolaus Bauß, 65, Stadtpolizist, Gottfried Bauß 30,<br />

Leineweber, Jacob Bauß, 27 Leineweber und Ludwig Schellhaas der<br />

Stadtsekretär.<br />

Es ist ein unglaublicher Glücksfall, dass diese standesamtlichen Urkundenbücher,<br />

wenn auch nur teilweise - erhalten geblieben sind. Die Bayern ordneten in 1817<br />

die Pfalz neu. Kaiserslautern war groß und Otterberg relativ klein. Die bisherigen<br />

Stadtgemeinden Erlenbach, Otterbach und Sambach wurden Otterberg<br />

zugeschlagen, wo sie besser aufgehoben waren. Außerdem erhielt die Otterberger<br />

Verwaltung eine bessere, kostengünstigere Auslastung Ein kluger Otterberger<br />

Verwaltungsfachmann ließ gegen 1870 ein alphabethisches Verzeichnis für alle<br />

Hochzeiten, Geburten und Sterbefälle ab 1798 anlegen, das im Otterberger Archiv<br />

aufbewahrt ist. Beide zusammen sind Brücken zwischen dem Kirchenbuch und<br />

den erhaltenen korrekten staatlichen Aufzeichnungen ab 1818. Leider sind etliche<br />

standesamtliche Aufzeichnungen zwischen 1800 und 1807 teilweise verloren<br />

gegangen, bzw. vernichtet worden, trotzdem kann der Forscher sich aus diversen<br />

Quellen ein ergänzendes Bild machen.<br />

Die bayerische Staatsverwaltung war klug genug, die gesamte fortschrittliche<br />

franz. Verwaltung in ihren Strukturen zu übernehmen und weiter zu führen. Die<br />

frühere „Verbandgemeinde Otterberg“ blieb weiterhin Verwaltungs- Zentrum,<br />

das durch zusätzlichen Gemeinden Morlautern, Erlenbach und Sambach gestärkt<br />

wurde. Durch diese Gebietsreform lebten etwa 10.000 Menschen in der<br />

Otterberger Verbandsgemeinde, damals Canton genannt. Chef, Oberbürgermeister<br />

374 ) lt Hochzeitsakt wurde die Trauung morgens um 4 Uhr vollzogen. Dies ist schon sehr seltsam.<br />

Deshalb ist es auch verständlich, dass das Brautpaar weder Verwandte noch Freunde zur<br />

standesamtlichen Trauung mitgebracht hatten. Der Brautvater Joh. Michael Barth hatte durch<br />

eine notarielle Erklärung seine Einverständnis gegeben. Es könnte wohl deswegen gewesen<br />

sei, weil seine Frau Maria Eva Fleck bereits schwer krank war.


257<br />

war der schlaue Jacob Raquet. Raquet war ein kluger Fuchs, der viel für Otterberg<br />

und seine Familie erreichte. Nach seiner Pensionierung ging das Amt nahtlos auf<br />

seinen Sohn Christian über Die ab 1818 angeordnete Aktenführung und dadurch<br />

erhaltenen „Heiraths-Acten“ sind ein riesiger Fundus für alle Interessierten. Aus<br />

der Aktenlage stellt sich uns folgendes dar:<br />

1. Diese Akten sind sauber, aussagekräftig und übersichtlich gegliedert! Als<br />

erstes erscheint klar und eindeutig Jahr, Monat und der Tag, an dem das<br />

Brautpaar vor dem Standesbeamten = Bürgermeister der Gemeinde<br />

Hefersweiler im Kanton Wolfstein, des Bezirks K´lautern, im Rheinkreise des<br />

Königreiches Bayern ihre Eheabsicht erklärten und vermählt wurden! Der<br />

Beamte hielt genau die Daten über den Bräutigam fest. Sein Alter, das<br />

Geburtsdatum des deutschen und franz. Revolutionskalenders, seine Eltern,<br />

deren Alter und eventuell das Todesdatum des Vaters und der Großeltern,<br />

wenn seine Eltern schon „verlebt“ (gestorben) waren.<br />

2. Leistete der Bräutigam Wehrdienst ab, so legte er den „Entlastungsscheins“,<br />

(später „Entlassungsscheins) z. B. des „obersten Rekrutierungsrathes zu<br />

Speyer“ vor, der zu den Akten genommen wurde. Daraufhin leistete der<br />

Reservist noch den Staatsbürger Eid vor dem Bürgermeister! Die<br />

Eisenbahnlinie Kaiserslautern – Ludwigshafen wurde ab 1848 betrieben. Eine<br />

Sensation für die jungen Rekruten, wenn sie in der 4. Klasse kostenlos in die<br />

Kaserne nach Germersheim fahren durften.<br />

3. Und die Eltern erklärten ihre Zustimmung zur Hochzeit. Starb die Ehefrau und<br />

die jüngere Schwester wollte ihre Stelle einnehmen, dann musste ihre<br />

„Majestät der König“ die Einwilligung zur Hochzeit mit dem Schwager geben<br />

4. Das Gleiche galt für die Braut: Name, Alter, Geburtsdatum, großjährig (= 21<br />

Jahre alt), Name und Alter der Eltern. Waren Sie gestorben, wurden die<br />

Großeltern benannt. Waren auch sie schon verstorben, notierte der Beamte<br />

auch deren Sterbedaten fein säuberlich. Hatte die Braut keine Verwandte in<br />

aufsteigender Linie mehr, ersetzte der Friedensrichter die Zustimmung der<br />

Eltern durch sein Votum.<br />

5. Die Heiratsankündigung wurde an zwei Sonntagen hintereinander an der<br />

„Haupttüre des Gemeindehauses“ angebracht. Stammte ein Partner aus einer<br />

anderen Gemeinde, so geschah dies dementsprechend auch dort. Bei dieser<br />

Gelegenheit entstand der meiner Meinung nach sehr schöne Brauch, dass<br />

Freunde und Verwandte am Kasten kleine Blumensträuße je nach Jahreszeit<br />

anbrachten, um ihre Sympathie, Zuneigung zu demonstrieren. Am<br />

Hochzeitstag nahm das Brautpaar diese kleinen Blumengeschenke ab und<br />

dekorierte damit die Hochzeitstafel. Wenn keine Einreden gegen die Ehe<br />

vorgebracht wurden, wurde das Paar in Anwesenheit der noch lebenden Eltern<br />

und vier männlicher Trauzeugen vermählt, die üblicherweise enge Verwandte<br />

oder auch enge Freunde waren. Gelegentlich hing der Haussegen schief oder<br />

das Brautpaar war fremd. Bei einem Zeugenmangel sprangen dann städtische<br />

Beschäftigte ein. Dadurch erfahren wir, wer Polizist etc war. Diese Vorschrift<br />

hatte schon die franz. Verwaltungsvorschrift eingeführt!<br />

257


258<br />

258<br />

6. Diesen „Hochzeiths-Akt“ unterschrieben das Brautpaar, die Eltern und die<br />

vier genau benannten männlichen Zeugen. Der Standesbeamte i.d.R.<br />

gleichzeitig der Bürgermeister hielt genau fest, welcher der Anwesenden des<br />

„Schreibens“ unkundig war. Gemäß der Erlenbacher - Holzbezugsliste von<br />

1836 konnten 23 % der Familienoberhäupter nicht ausreichend schreiben, Dies,<br />

obwohl wir seit 1567 ein Schulpflicht hatten, die die Bayerische Regierung per<br />

Gesetz verschärfte. Unsinn machen und Schulschwänzen waren damals auch<br />

schon Usus. Gegen Mitte des 19. Jahrhunderts nahm die Fähigkeit des<br />

Schreibens aller deutlich zu! Die Hochzeitsakten des 19. Jahrhunderts sind<br />

somit eine super gute Quellen der Geschichts- und Ahnenforschung.<br />

7.9. Geburts- & Hochzeitsakten<br />

Die französischen Standesämter nahmen im September 1798 ihre Arbeit auf,<br />

nachdem die Pfalz integrierter Bestandteil des Französischen Staates geworden<br />

war. Das für Erlenbach jetzt zuständige Standesamt war im alten Rathaus in<br />

Kaiserslautern gegenüber der Martinskirche.<br />

1807: Vor uns liegt der Geburtsakt N° 22 des Johann Herbach, der vom Beamten<br />

Daniel Witt ausgefertigt wurde. Vor ihm war morgens um 9 Uhr der Landwirt<br />

Jakob Herbach (37 Jahre alt), aus der Gemeinde Erlenbach erschienen. Er<br />

erklärte, seine Ehefrau Elisabetha Knieriemen hätte gestern Abend um 11 Uhr<br />

ein Kind männlichen Geschlechts geboren, dem sie den Vornamen Johann<br />

gegeben hätten. Die besagte Erklärung gab Jacob Herbach in Anwesenheit der<br />

beiden Zeugen Johann Wilhelm Guttenberg, 375 58 Jahre, Schulmeister zu<br />

Erlenbach und dem Bäcker Johann Gelbert, 37 Jahre aus Kaiserslautern ab.<br />

(Übrigens hatte das Paar am 19.1.1790 in Erlenbach geheiratet. Jacob Herbach<br />

starb am 14.2.1839). Der zweite Vornamen der Frau Knieriemen war Margaretha.<br />

(laut dem reformierten Kirchenbuch)<br />

375 ) Guttenberg, Gutenberg, Johann Wilhelm starb 1817 in Erlenbach. Er stammte aus Heidelberg<br />

und war 40 Jahre Lehrer in Erlenbach gewesen.


259<br />

Dieser Geburtsakt ist klar und eindeutig. Der Vater und die Zeugen hatten eine<br />

schöne, gut lesbare Schrift<br />

7.10. Stammbaum der Barth Familie bis 1813<br />

1 BARTH, Johann Michel {1}, Ackersmann<br />

* 09.08.1748 Hochspeyer † 29.07.1821 Erlenbach #1 29.04.1770 Mölschbach<br />

FLECK, Maria Eva * 19.10.1749 Mölschbach † 03.12.1814 Erlenbach x2 vor<br />

1821 Erlenbach REINHEIMER, Barbara † vor 1821 Erlenbach<br />

Kinder (1):<br />

1. Maria Elisabetha * 30.08.1771 Mölschbach<br />

2. Johann Heinrich, genannt der Große (3)<br />

* 31.07.1773 Mölschbach † 26.09.1839 Erlenbach<br />

3. Anna Catharina (9) * 09.10.1775 Mölschbach<br />

4. Martha Catharina (10) * 12.06.1778 Mölschbach † 10.12.1840 Erlenbach<br />

5. Charlotta Elisabetha (13) * 24.03.1781 Erlenbach † nach 1846<br />

6. Jacobina Elisabetha (18) * 23.10.1783 Erlenbach † nach 1849<br />

7. Maria Catharina (19) * 16.07.1789 Erlenbach<br />

8. Leonhard Ackersmann * ca. 1795 Erlenbach<br />

9. Martha Katharina (20) † 10.12.1840 Erlenbach<br />

259


260<br />

260<br />

2 BARTH, Johann Heinrich, genannt der Große {2}, Ackersmann<br />

* 31.07.1773 Mölschbach † 26.09.1839 Erlenbach x 09.02.1809 Erlenbach<br />

HAFFNER, Elisabetha * 04.05.1785 Erlenbach † 10.11.1843 Erlenbach<br />

Kinder:<br />

1. Leonhard (4) * 16.10.1810 Erlenbach † nach 1861<br />

2. Johann Heinrich III. (5) * ca. 1812 Erlenbach<br />

3. Catharina (6) * um 1814 Erlenbach † 1839<br />

4. Carolina (7) * um 1818 Erlenbach<br />

5. Jacob (8) * 25.08.1821 Erlenbach † 18.10.1875 Kaiserslautern<br />

6. Charlotta * 18.03.1826 Erlenbach oo 03.02.1846 Erlenbach<br />

Johann Nicolaus SCHMITT<br />

7.11. Die Barth-Familie eroberte Erlenbach<br />

„Im Jahr 1809, am 9ten Februar morgens um 4 Uhr (oo 9.2.1809), erschienen vor<br />

mir Johann Daniel Witt, dem zweiten Adjunkten des Bürgermeisteramtes, dem<br />

Standesbeamten der Gemeinde Kaiserslautern…. Die Brautleute:<br />

• Johann Heinrich Barth 376 , 35 Jahre alt, geboren in Mölschbach am<br />

einunddreißigsten Juli siebzehnhundert und drei und siebzig, wohnhaft in<br />

376 ) siehe das Familienstammblatt Punkt 4.33 auf Seite 220 dieses Buches


261<br />

Erlenbach, ehelicher Sohn des Michael Barth, Landwirt in Erlenbach und<br />

seiner Ehefrau Eva Fleck. Die beiden haben ihr Einverständnis am fünften<br />

Januar dieses Jahres beim Notar Adam Mohr in dessen Sekretariat<br />

abgegeben<br />

• Und Elisabetha Haffner, dreiundzwanzig Jahre alt, geboren im besagten<br />

Erlenbach am vierten Mai siebzehnhundert fünfundachtzig (* 4.5.1785),<br />

eheliche Tochter des Leonhard Haffner, Landwirt, dort wohnend,<br />

anwesend und zustimmend und von Maria Christina Mangold, seiner<br />

Ehefrau. „ 377<br />

die untere Hälfte der Urkunde<br />

Das Aufgebot hing entsprechend der gesetzlichen Vorschriften zum ersten Mal<br />

am 29. Januar und das zweite Mal am Sonntag, den 5. Februar aus.<br />

Die Hochzeitsurkunde unterschrieben Freunde des Bräutigams. Dies waren<br />

Johann Nicolaus Bauß, 65, Sergeant der Stadt, Gottfried Bauß, 30, Leineweber,<br />

Jakob Bauß, 27, Leineweber und Ludwig Schellhaas, 38, Sekretär des<br />

Bürgermeisteramtes.<br />

Der Bräutigam, der Vater der Braut, sowie die Braut erklären nicht schreiben zu<br />

können.<br />

Die standesamtliche Trauung war am 9.2.1809, morgens um 4 Uhr. Ein<br />

verrückter Termin. Da ging natürlich kein Erlenbacher freiwillig mit zum<br />

377 Die Haffners hatten am 25.5.1773 im Schulhaus zu Erlenbach geheiratet. (Christinas Vater<br />

hieß Johannes Mangold)<br />

261


262<br />

262<br />

Standesamt, also mussten Fremde die Urkunde unterschreiben. Es waren die<br />

Bauß, die im Bürgermeisteramt Dienst taten.<br />

Die Urkunden wurden bis 1814 auf Französisch geführt. Nachdem die<br />

Französischen Truppen das Land verlassen hatten, blieb jedoch ihre vorbildliche<br />

Verwaltung intakt. Das Königreich Bayern erkannte<br />

Joh. Nicolaus Zimmer oo Jaqueline Barth<br />

1811: Am 30.9.1811, morgens um 11 Uhr, erschienen vor dem Bürgermeister<br />

Carl August Luft obiges Brautpaar. Sie hatten die Eltern und die vier gesetzlich<br />

vorgeschriebenen Trauzeugen bei sich. Luft war Mitglied der Franz. Ehrenlegion<br />

und als Bürgermeister gleichzeitig oberster Standesbeamter.<br />

Die Urkunde beschreibt detailliert die Abstammung der Brautleute. Johann<br />

Nicolaus Zimmer kam am 2.7.1788 in Oberarnbach zur Welt. Sein Vater Joh.<br />

Nic. Verstarb bereits am 25.1.1809 wie die beigefügte Sterbeurkunde aussagte.<br />

Seine Mutter Elisabetha stimmte der Ehe zu. Die Braut Jaqueline (= Jacobina)<br />

Barth kam am 23.10.1783 in Erlenbach auf die Welt. Ihre Eltern waren Johann<br />

Michael Barth und Eva Fleck: (siehe Familienblatt 4.33. auf Seite 220)<br />

Die Trauzeugen:<br />

1. Der erste Zeuge war der Freund Johann Wilhelm Guttenberg, 64 Jahre alt,<br />

war Schulmeister in Erlenbach.<br />

2. Der zweite Zeuge ist besonders interessant: Daniel Heil (Heyl * um 1769)<br />

stammte aus Otterbach, war 42 Jahre alt Von Beruf war er Hufschmied. In<br />

erster Ehe hatte er am 20.2.1787 Christina Hafner von Erlenbach<br />

geheiratet. Ende 1793 wird er wohl geschieden worden sein, nachdem die<br />

Franzosen kurzfristig nach der Schlacht von Morlautern die Scheidungen<br />

ermöglichten. Er heiratete am 14.2.1794 Katharina Barth, die Schwester<br />

der Braut Jaqueline. Somit war Daniel Heil sein Schwager<br />

3. Dritter Zeuge: Heinrich Barth, 26 Jahre, Ackerer (Bruder)<br />

4. vierter Zeuge: Valentin Theis, 44 Jahre, ein Schwager aus Dörrnbach<br />

7.12. Die Wurzeln der Familie Marky<br />

Die Abstammung der Familie Marky ist höchst interessant. Sie spielt für die<br />

Familiengeschichte eine bedeutende Rolle. Nach zeitraubenden und teueren<br />

Recherchen fanden wir die aufschlussreichen Urkunden. Die Markys waren<br />

katholisch und lebten seit 1673 in Reipoltskirchen. Im Zuge der Rekatholisierung<br />

waren sie von dem Reichsgrafen Reipoltskirchen aus der Eifel dort angesiedelt<br />

worden.<br />

Georg Franz Marky 378 kam am 19.6.1783 in Reipoltskirchen auf die Welt. Seine<br />

Eltern waren Johann Nicolaus Marky und die aus Seelen stammende Anna Maria<br />

Lanzer. Seine Mutter starb am 1.12.1790 als Joh. Peter 13 und Georg Franz 7<br />

378 ) Sein Bruder Johann Peter kam 25.5.1777 in Reipoltskirchen auf die Welt. Am 5.3.1811<br />

heiratete Johann Peter in erster Ehe die 36 jährige Johannetta Henrietta Elisabetha Degen<br />

aus Reipoltskirchen, * 5.1.1775. Sie war die Tochter des Johann Michael Degen und der<br />

verstorbenen Barbara Cloos, † 27. Pluviose des Jahres 11.


263<br />

Jahre alt waren. .Dies war bitter für den Vater und die beiden Buben. Also war es<br />

mehr als vernünftig, dass Joh. Nic. Marky nochmals heiratete. (Er starb am<br />

5.3.1807)<br />

Georg Franz Marky war für den franz. Militärdienst zu alt und konnte so fast<br />

sorgenlos in die Zukunft sehen. Er fand dann auf dem Ingweilerhof Arbeit, zuerst<br />

beim Freiherrn von Esebeck. Dann kam die schwierige Zeit der Umstellung. . Die<br />

Esebecks flüchteten hinter den Rhein und ihr Besitz wurde 1806 zerstückelt und<br />

anschließend versteigert. Der französische Staat übernahm die Regie und die<br />

Gemeinden verwalteten sich selbst. Reipoltskirchen und der Ingweilerhof kamen<br />

zur Verbandsgemeinde Becherbach.<br />

Auf dem ehemaligen Hofgut der Zweibrücker Herzöge, dem Ingweilerhof waren<br />

auch Mägde beschäftigt. So auch Maria Margretha Wurster aus Albisheim<br />

(zwischen Kibo & Worms) Georg Franz Marky und Maria Margretha Wurster<br />

arbeiteten hand in hand und so ist es kein Wunder, dass sich Georg Franz sich in<br />

das 6 Jahre jüngere hübsche Mädchen verliebte. Sie war am 26.9.1789 in<br />

Albisheim zur Welt gekommen. (Ihre Eltern Joh. Philipp Wurster & Anna<br />

Barbara Baab). Dort hatte sie auch die Schule sehr erfolgreich besucht. Das sieht<br />

man an den Unterschriften des Heiratsaktes. Sie hatte eine dekorative, eine sehr<br />

geübte Handschrift. 379<br />

Georg Franz & Maria Margretha poussierten miteinander und sie wurde<br />

schwanger. Am 10. Juli hochschwanger, bestellte das Brautpaar das Aufgebot,<br />

aber ihr erstes Kind Johann Philipp kam ihnen am 19.7.1808 zuvor. Die<br />

standesamtliche Trauung war dann am 24.7.1808, morgens um 10 Uhr im<br />

zuständigen Standesamt Becherbach. Der Standesbeamte war der Bürgermeister<br />

von Becherbach und Nußbach Michael Clemens<br />

Trauzeugen waren wie damals üblich nur Männer:<br />

1. Jakob Wurster, 57, der Onkel der auch auf dem Ingweilerhof lebte,<br />

2. Johann Peter Marky, 32, der Bruder,<br />

3. Adrian Merle, 65, Landwirt aus Reipoltskirchen und<br />

4. Nicolaus Engel, der Schullehrer, 45 J, aus Reipoltskirchen.<br />

Der Hochzeitakt N° 8, der im Original im Archiv der Verbandsgemeinde<br />

Meisenheim aufbewahrt wird, geht über eine ganze Seite. Auffallend ist die sehr<br />

dekorative Handschrift der jungen Braut Maria Margretha Wurster.<br />

Weitere Kinder dieses Paares:<br />

• Susanne Elisabetha, * 10.12.1809, Ingweilerhof<br />

• Carolina, * 25.01.1812 Ingweilerhof<br />

• Susanne Elisabetha * 6.12.1812 auf dem Ingweilerhof oo 3.1.1837 in<br />

Erlenbach Heil Johannes, * 25.6.1812 in Otterbach Sohn des<br />

Tagelöhners Hermann Heil und der Gertraude Sutter<br />

379 ) Isaac Wurster war Küfer und zog 1704 nach Albisheim. Er stammt aus Württemberg.<br />

263


264<br />

264<br />

Georg Franz Marky und Maria Margretha Wurster zogen Ende 1813 auf den<br />

Gersweilerhof. Der Grund ist uns unbekannt. Dort lebten 13 weitere Familien, wie<br />

die Knieriemens und Karchs. Beide hatten ledige, stramme Söhne und Maria<br />

Margretha Wurster zwei hübsche Schwestern. So kam es, wie es kommen musste.<br />

Maria Elisabetha Wurster, * 20.1.1795 heiratete Johann Adam Karch und<br />

Johann Theobald Knieriemen nahm Maria Barbara Wurster * 12.1.1799 oo<br />

am 29.2.1816 vorm Standesamt in Kaiserslautern zur Frau. Und so war man<br />

schnell und auf angenehme Art und Weise miteinander versippt. Dort kamen auch<br />

die anderen Marky- Kinder auf die Welt<br />

• Johannes, * 25.11.1814 Gersweilerhof, am † 9.1.1891 gestorben,<br />

oo 2.3.1847 in Erlenbach Klein Philippina, * 10.3.1824 in Erlenbach,<br />

Tochter des Johannes Klein, Ackersmann und der Dorothea Eyer.<br />

• Theobald, * 28.3.1817 in Erlenbach, † 20.10.1883 in Erlenbach<br />

• Elisabetha * 5.12.1819 in Erlenbach, † 21.9.1847 oo Benkel<br />

Philipp aus Dansenberg<br />

• Dorothea *16.5.1825, Gersweilerhof, oo 30.3.1848 in Erlenbach<br />

den Schwager und Witwer Philipp Benkel<br />

• Elisabetha, * 22.4.1832<br />

Georg Marky starb im Alter von 63 Jahren am 5.4.1846 auf dem Gersweilerhof,<br />

Akt Nr. 3/1846, seine Frau Maria Margretha Wurster nach 1850<br />

7.13. Lieferungen nach Mainz, Dürkheim 380<br />

Die pfälzischen Soldaten kamen zur Grundausbildung in die Festung Metz.<br />

Danach verteilte sie die Armeeverwaltung an alle Fronten Frankreichs zum<br />

Einsatz. Natürlich waren auch unsere Soldaten in franz. Uniformen auch<br />

heimatnah stationiert. Die Französische Armee unterhielt in Kaiserslautern,<br />

Landau, Dürkheim und vor allem in Mainz große Truppenkontingente, die<br />

versorgt werden mussten. Die Last hatte die gesamte Bevölkerung des<br />

zuständigen Departements Donnersberg zu tragen.<br />

Die mächtige Festung in Mainz musste versorgt werden und alle<br />

Gemeindeverwaltungen gaben zwangsweise seit Anfang 1794 mit Abstand das<br />

meiste Geld hierfür aus. Die Gemeindeverwaltungen unseres Departements<br />

erstellten Listen, in denen alle Haushalte namentlich aufgeführt wurden. Alle<br />

Familien hatten regelmäßig Geld und oder Warenn abzuliefern. Wären diese<br />

Listen erhalten, könnten sie sehr gut mit den Kirchenbüchern abgestimmt werden.<br />

Da blieb für zivile Projekte kein Geld übrig. . Aus der Pfalz und Rheinhessen<br />

gingen riesige Mengen an Nahrungsmittel, Tierfutter wie Heu und Stroh nach<br />

Mainz.Diese Leistungen wie Butter, Schlachtvieh, Hühner etc wurden einzeln in<br />

den Listen genannt, so wie sie für die Gemeinde Albisheim allesamt noch<br />

bündelweise erhalten sind. Alles kam auf Pferdewagen und unsere Leute waren<br />

380 ) Gemeindeabrechnungen aus dem Jahr 1808, befindlich im Archiv Otterberg


265<br />

tagelang von zuhause weg. Den einzigen Erlenbacher, den ich fand war Johannes<br />

Mangold. Er war mit seinem Pferden und Wagen 18 Tage lang für die Armee<br />

nach Mainz unterwegs. Aus der Gemeindekasse erhielt er danach für sich und<br />

seine Pferde tagtäglich je 2 Gulden, also 36 Gulden. Leider „krepierte“ auch noch<br />

sein Pferd auf dem Kasernengelände in Mainz und das Pferdegeschirr wurde ihm<br />

auch noch dort geklaut. Der Heimweg war für ihn somit mühsamer. Hatte er<br />

Glück, dann konnte er streckenweise mitfahren, sonst war auf Schusters Rappen<br />

heimwärts. Des Nachts schlief er in Heuschobern. Die Gemeinde erstattete ihm<br />

fürs Pferd den vorher geschätzten Wert von 36 hfl und fürs Material nochmals<br />

2,20 Gulden. Hoffentlich konnte sich Mangold dafür gleichwertigen Ersatz<br />

beschaffen.<br />

Aber fast allen erging es so. Kaum waren die Wagen in Mainz angekommen,<br />

waren sie abgeladen. Die Pferde brachte man in den Stall, um sie zu füttern und<br />

der Bauer, hier Fuhrmann wurde verpflegt und dann legte er sich nieder. Für die<br />

große Mainzer Besatzung war Fleisch Mangelware. Bis zum Morgen verschwand<br />

das Pferd, wurde geschlachtet und landete in den hungrigen Soldatenmägen.<br />

1808 kaufte die Gemeinde Erlenbach Getreide für die Französische<br />

Militärverwaltung bei Jacob Laufer von Otterberg, um sich von den Auflagen<br />

zu befreien. Laufer lieferte 1.275 kg Getreide für 331,90 FF. nach Mainz. Die<br />

Transportkosten von 91,52 FF erstattete natürlich auch die Gemeinde Erlenbach.<br />

Wenn wir dann den Preis je Doppelzentner errechnen (331,9 12,75) kommen wir<br />

zu dem erstaunlichen Preis von 26 FF je Doppelzentner. Ein Preis, von dem<br />

unsere heutigen Landwirte nur noch träumen. Daran gemessen, war der Preis für<br />

ein Pferd für 78 FF doch relativ gering.<br />

Diese monatlichen Kriegslasten waren für die Gemeinden und die Bürger immens.<br />

Ende Januar 1814 waren die französischen Truppen weg, aber die neuen, die<br />

preußisch/ russischen Soldaten mussten auch versorgt werden. Kamen unsere<br />

Bürger vom Regen in die Traufe. War das Ende der Französischen Republik für<br />

die Menschen hier eine Befreiung? Aus den Albisheimer Akten erkennt man, dass<br />

bis 1840 Bürger und Gemeinden noch die Lasten für die Napoleonischen Kriege<br />

haben tragen müssen.<br />

7.14. Harte Strafen für Kriegsdienstverweigerung &<br />

Fahnenflucht<br />

Die Einführung der Allgemeinen Wehrpflicht hätte ja auch Vorteile haben<br />

können. Aber die vielen berühmten „heroischen“ Napoleonischen Schlachten &<br />

Kriege verschlangen Hunderttausende junger Männer. Das eventuell traurige &<br />

elende Schicksal vor Augen, in Spanien, Italien oder im Osten scheußlich zu<br />

verrecken, konnte und wollte viele nicht aushalten, zumal die Liebe zur<br />

französischen Nation noch schwach entwickelt war. Da die<br />

Kriegsdienstverweigerung und die Fahnenflucht massiv zunahmen, erließ der<br />

Kriegsminister am 11.1.1807 ein verschärftes Gesetz, das die Bestrafung der<br />

„Widerspenstigen Conscribierten“, ihrer Hehler und Mitschuldigen<br />

erleichterte, bzw. beschleunigte. Der Präfekt Jeanbon St. André schreibt in<br />

265


266<br />

266<br />

seinem Erlass auf Seite 3, dass bis Ende Juni 1809 allein in unserem Departement<br />

5.000 Wehrpflichtige sich ihrer Verpflichtung entzogen hätten<br />

Da damals noch nicht alle Bürgermeister gut genug Französisch sprachen, um die<br />

mehrseitige Anordnung zu verstehen, ließ Jeanbon St. André, der amtierende<br />

Präfekt des Departements vom Donnersberg am 5. Juli 1809 allen<br />

Bürgermeistern das 12seitige Gesetz auf Deutsch gedruckt zustellen und sie<br />

hatten den Empfang mit Ort, Datum Unterschrift zu bestätigen.. Die<br />

Bürgermeister mussten danach die harten Paragraphen per Schelle in allen<br />

Dörfern und Städten verkünden: St. André schreibt unter anderem:<br />

• „Die Erhebung dieser verschiedenen Geldstrafen geschieht künftig auf<br />

Befehl des Präfekten und unter der Aufsicht des Unterpräfekten, … in<br />

ihren respektiven Bezirken. Bevor ich Ihnen, meine Herren, über die<br />

Obliegenheiten spreche, welche Sie Ihrerseits bei diesem Geschäfte zu<br />

erfüllen haben, will ich Sie mit den Verfügungen der verschiedenen<br />

Gesetze und Dekrete bekannt machen, zufolge derer die oben erwähnten<br />

Strafen erkannt werden.“<br />

• Indem Sie dann Ihre Untergebenen unterrichten, werden die<br />

Konscribierten, die ihre Pflicht nicht erfüllen, der Soldat, welcher seine<br />

Fahne verlässt, der öffentliche Beamte, welcher kein wachsames Auge<br />

auf die Strafbaren hat, der Bürger, welcher Letztere begünstigt und<br />

endlich diejenigen, welche sich in Konscribierten- Sachen mischen, von<br />

Unwissenden Gelder erpressen und die oberen Behörden zu hintergehen<br />

suchen, die Strafe kennen lernen, welche ihrer erwartet.<br />

• In Gemäßheit der Gesetze vom 17. Ventôse achten (= 8.3.1800), 6. Floréal<br />

elften (= 26.4.103) und des kaiserlichen Dekrets vom 8. Fruktidor<br />

dreizehnten Jahres (26.4.1805), wird ein jeder Konscribierte, welcher zum<br />

Marschieren aufgerufen wird und sich nicht stellt oder sich stellt, aber auf<br />

dem Wege zur Korps desertiert, vom Tribunal in erster Instanz seines<br />

Bezirks zu einer körperlichen Strafe und nebst dieser zu einer aus seinem<br />

eigenen Vermögen oder der seiner Eltern zu entrichtenden Geldstrafe<br />

von 1.500 Franken verurteilt.<br />

• Das Gesetz vom 24 Brumaire sechsten Jahres verordnet eine Geldstrafe<br />

von 500 bis zu 2.000 Franken gegen jeden öffentlichen Beamten, welcher<br />

überzeugt wird, die Desertion eines Soldaten begünstigt oder den<br />

Abmarsch eines Konscribierten verhindert oder verzögert zu haben.<br />

• Das nämliche Gesetz erkennt eine Geldstrafe von 300 bis 3.000 Franken<br />

gegen jeden Bewohner Frankreichs, welcher wissentlich einen Ausreißer<br />

verheimlicht, sein Entlaufen begünstigt oder ihn auf irgendeine Art den<br />

gegen ihn gesetzlich gemachten Verfolgungen entzogen hat.<br />

• Das Gesetz vom 28. Nivôse siebenten und das Dekret vom 8. Fructidor<br />

dreizehnten Jahres erkennen eine Strafe von 300 bis 1.000 Franken gegen<br />

jeden Arzt oder Chirurgen, jeden bürgerlichen Beamten und gegen jeden<br />

Ober- und Unteroffizier der Armee, welche falsche Gebrechen attestiert<br />

oder für Untersuchungen oder sonstige Verrichtungen Geschenke<br />

annehmen. Zu meinem größten Missvergnügen habe ich wahrgenommen,<br />

dass viele Konscribierte mit lügnerischen Zertifikaten von den<br />

Bürgermeistern und Munizipalräten versehen waren, die ihnen falsche


267<br />

Gebrechen bezeugten Man wird zukünftig mit größter Strenge dagegen<br />

verfahren.<br />

• Auffällig ist, dass sich die meisten Widerspenstigen freiwillig stellten,<br />

nicht in der Absicht, um zu einem Korps abzugehen, sondern als<br />

dienstuntauglich in ihre Gemeinde zurückgeschickt zu werden. Viele<br />

haben sich selbst zu diesem Zweck Gebrechen beigebracht oder sich die<br />

Selbstverstümmelung durch niederträchtige Menschen machen lassen. Der<br />

Rekrutierungsrat hat sie auf der Stelle arretiert und als doppelt Strafbare in<br />

das Depot (Gefängnis) nach Straßburg führen lassen.<br />

• Neben den Geldstrafen wird von dem Tribunal auch noch eine<br />

körperliche Strafe und zwar nach Befund der Sache ausgesprochen.<br />

• Die Zahlungspflichtigen haben binnen von 8 Tagen die Strafe im Bureau<br />

des Einnehmers zu entrichten. Wenn nicht, muss der Einnehmer sofort<br />

mahnen. Die Eltern, bzw. Vormünder hafteten persönlich mit ihrem<br />

gesamten Vermögen, dass die Söhne ihrer Pflicht nachkommen. Die vom<br />

Bürgermeister veranlasste Zwangshypothek überstieg in der Regel den<br />

Wert der Immobilien. War also ein Gezogener flüchtig, so ruinierte er in<br />

der Regel seine Familie. In Vorbereitung der Zwangsversteigerung hatte<br />

der Bürgermeister den Wert des Grundstückes zu schätzen. Maßgeblich<br />

waren die Größe, die Bausubstanz und der Ertragswert. Daraus ergab sich<br />

der Schätzwert.<br />

• „Wenn nach Ablauf dieser vierzehntägigen Frist die Zahlung unterblieb,<br />

so wird die Zwangsvollstreckung des gesamten Besitzes durchgeführt.<br />

Sollten sich innerhalb der festgesetzten Zeitfristen kein Steigerer finden<br />

oder ist die darauf gebotene Summe zu gering, so muss der Einnehmer<br />

bieten. Alsdann fallen diese Grundstücke dem Staate anheim und werden<br />

als Domänen-Güter verwaltet“.<br />

• „Ich hoffe, dass die Strenge in Ausübung dieser Maßregeln, viele<br />

widerspenstige Konscribierte dazu bestimmen wird, ihr begangenes<br />

Verbrechen durch ein freiwilliges Stellen gut zu machen und dadurch von<br />

sich und ihren Eltern die Vollziehung des Urteils abzuwenden.<br />

• Meine Herren Bürgermeister und Einnehmer, Sie haben keine Ursache,<br />

furchtsam zu Werke zu gehen, denn die Oberen Gewalten werden Sie<br />

gegen jede Bosheit schützen.<br />

Ich warne Sie, etwas zu attestieren, wenn Sie nicht von der Wahrheit<br />

überzeugt sind. Seien Sie vielmehr darauf bedacht, zu verhüten, dass die<br />

oberen Behörden hintergangen werden. Ich schließe nun mein Schreiben mit<br />

der Bitte, sich mit den darin enthaltenen Verfügungen genau bekannt zu<br />

machen und diese nach Pflicht und Gewissen zu vollziehen.<br />

Ich grüße Sie<br />

Jeanbon St. André<br />

267


268<br />

268<br />

7.15. Die optische Telegraphenlinie<br />

Paris, Metz, Mainz von 1813<br />

Das franz. Revolutionsdirektorium erkannte sehr schnell die Vorteile eines<br />

aktuellen, unverzüglichen Informationsaustausches. Die erste Telegraphenlinie<br />

nach dem System Chappe wurde bereits 1794 zwischen Paris und Lille in Betrieb<br />

genommen. 1798 war die Linie Paris – Straßburg einsatzbereit. Der weitere<br />

Ausbau der schnellen Nachrichtenübertragung in Richtung Mainz unterblieb<br />

allerdings jahrelang. 1812 war Napoleon wegen der katastrophalen Niederlage<br />

und quasi Vernichtung seiner 600.000 381 Mann Armee in Russland sehr eilig nach<br />

Frankreich zurückgekehrt. Er gab aber seine Expansionspläne und die<br />

Vorherrschaft in Europa nicht auf; er rüstete auf! Vor allem brauchte er schnelle<br />

Informationen über Vorgänge jenseits des Rheins. Deshalb befahl er am 13. März<br />

1813 den Bau der optischen Telegraphenlinie Metz – Mainz. Über den Fortgang<br />

der Bauarbeiten ließ sich Napoleon täglich unterrichten, was deren Bedeutung<br />

unterstrich. Bauleiter war Abraham Chappe, der Bruder des verstorbenen<br />

Erfinders. Die Bauarbeiten gingen so schnell voran, dass bereits nach einer<br />

Bauzeit von 75 Tagen die Linie stand. Sie hatte 105.000 Francs gekostet. Alle<br />

Baubeteiligten waren sehr engagiert. Oft streckten die verantwortlichen Beamten<br />

Geld aus eigener Tasche vor und arbeiteten selbst hart wie die Arbeiter.<br />

Hektisch nach der preußischen Kriegserklärung vom 16. März 1813, verließ<br />

Napoléon am 15.4.1813 Paris, machte vom 17. bis zum 24. April Station in<br />

Mainz. Am 27. war er schon wieder in Erfurt. Mit seiner Ankunft begann die<br />

erfolgreiche Offensive der franz. Armee. In zahlreichen kleinen und großen<br />

Gefechten 382 behielt Napoléon die Oberhand. Das erste Telegramm 383 wurde am<br />

29. Mai 1813 von Mainz aus nach Paris übermittelt. Es enthielt die Anweisung,<br />

rasch frische Truppen in den Osten zu schicken.<br />

Auf den höchsten Bergen entlang des Glans mit einer großen Rundumsicht, in<br />

einem Abstand von etwa 30 km, waren in Rekordzeit hohe Türme errichtet<br />

worden, so auch wenige Kilometer südlich von Meisenheim, von denen aus, die<br />

verschlüsselten Botschaften weitergegeben wurden 384 .<br />

381 ) Auf dem Marsch nach Moskau hatte Napoleon vornehmlich Soldaten aus den<br />

Rheinbundstaaten mitgenommen, so dass die meisten der Gefallenen rechtsrheinische<br />

Deutsche waren!<br />

382 ) Gefechte bei Merseburg, Weißenfels, Halle. Am 1. Mai bei Poserna, 9. Mai bei Dresden,.<br />

Am 20. und 21. Mai bezwingt in der verlustreichen Schlachten bei Bautzen und Wurschen die<br />

preuß./ russische Armee. Es fallen 22.000 Franzosen und 10.850 Russen und Preußen. Einen<br />

Tag später, am 22. Mai besiegt Napoleon in der Schlacht bei Markersdorf die russische<br />

Armee.<br />

383 ) Der Telegraph bestand aus einem 4,62 m langem Balken, an dessen Enden zwei Bretter<br />

gefestigt waren. Durch die Stellung der Hölzer zueinander konnten 196 Zeichen übermittelt<br />

werden. Die Telegramme wurden in Paris bzw. Mainz chiffriert, bzw. anhand umfangreicher<br />

Wort- und Satzbücher dechiffriert. Die Turmbesatzungen kannten eigentlich nur das<br />

Kommando für Anfang und Ende. Die Turmbesatzungen lasen mittels starker Fernrohre die<br />

Botschaft und gaben sie dann unverzüglich weiter.<br />

384 ) Heute stehen dort die riesigen Windräder und dekorieren die Landschaft und wandeln unsere<br />

Steuergelder mit 0,15 – 0,20 € je KW in private und kommunale Einnahmen um!


269<br />

Nach einem kurzen Waffenstillstand und der Kriegserklärung Österreichs<br />

errang Napoléon am 26./27. August 1813 bei Dresden einen glänzenden Sieg über<br />

Russen, Preußen und Österreicher. Er drängte die Preußen und Russen bis nach<br />

Schlesien hinein. In der Niederlausitz, kämpfte auch der zwangsweise rekrutierte<br />

französische Soldat Johann Jacob Steinhauer aus Hefersweiler 385 , der von dort,<br />

aus Liebweß, am 12. August 1813 seinen Eltern in Hefersweiler das letzte Mal<br />

geschrieben hatte. Allerdings verlor Napoleon Mitte Oktober 1813 die<br />

entscheidende Schlacht, die Völkerschlacht bei Leipzig, gegen einen<br />

zahlenmäßig weit überlegenen Gegner.<br />

Napoleon ließ seine Nachrichten aus Sachsen und Schlesien durch reitende<br />

Eilboten zu Marschall Kellermann nach Mainz bringen und über die<br />

Telegraphenlinie nach Paris übermitteln. Mit dem Ende Napoleons kam auch das<br />

schnelle Ende dieses modernen Nachrichtensystems. Am Neujahrstag 1814<br />

überschritt Marschall Blücher mit seiner Armee den Rhein bei Kaub und<br />

marschierte noch am gleichen Tag in Kreuznach ein. Die Telegraphenlinie wurde<br />

sofort unterbrochen und bis Ende Januar 1814 waren alle Telegraphenstationen<br />

bis Metz besetzt. Teilweise verteidigten die Besatzungen ihren Turm tapfer, aber<br />

oft sinnloser weise bis zum letzten Mann. Welch ein Irrsinn! Das verstand man<br />

damals unter Ehre!<br />

7.16. Das französische Straßenbauprogramm<br />

ab 1794<br />

Jeder der auf den pfälzischen Straßen reiste, schimpfte wie ein Rohrspatz über die<br />

ausgefahrenen Wege. Dies reduzierte sowohl die Reisegeschwindigkeit, schüttelte<br />

aber auch die Passagiere in den Kutschen durch und durch. Ganz zu schweigen<br />

von der Ermüdung des Materials. Alle vorhergehenden kurpfälzischen und<br />

zweibrücker Machthaber beschlossen Pläne, die aber nur teilweise realisiert<br />

worden waren. In den wilden Jahren zwischen 1792 und 1798 tobten die Kämpfe<br />

hin und her. Jeder der auf dem Vormarsch oder Rückzug mit seinem schweren<br />

Kriegsgerät war, verfluchte diese beschissene Infrastruktur. Natürlich hatten es die<br />

Reiter immer am einfachsten. Sie konnten von A nach B immer den kürzesten<br />

Weg nehmen, wenn nicht grade ein Weiher, eine Schlucht oder Steilhang im Weg<br />

war. Aber die schweren Wagen der Händler, der Fourageure, die schweren<br />

Kanonen bedurften eines festen, ebenen Untergrundes. Der Hauptverkehr zur<br />

Festung Mainz, verlief meist über die gut ausgebaute Strecke Homburg<br />

/Meisenheim.<br />

„Nach dem Frieden von Lunéville betrieb das Direktorium in Paris eine<br />

systematische Straßenbaupolitik in den neuen linksrheinischen Départements. Die<br />

bewährten Anordnungen und Gepflogenheiten des französischen Mutterlandes<br />

wurden nun auch in der Pfalz angewandt. Die Regierung legte besonderen Wert<br />

auf gute Verkehrsverbindungen. Maßgeblich ist das Dekret vom 16.12.1811, das<br />

die Verwaltung der Kaiserlichen- und der Départements Straßen betraf. Die<br />

Verordnung umfasste 9 Bereiche mit insgesamt 118 Artikeln, sie galt übrigens<br />

385 ) Johann Jacob Steinhauer, geboren am 17.4.1792, blieb verschollen. Fiel er oder wurde er<br />

als Kriegsgefangener erschlagen? Man wird es nicht mehr erfahren!<br />

269


270<br />

270<br />

noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts in der bayerischen Pfalz. Die<br />

Kaiserstraßen waren von strategischer Bedeutung und hatten im Gebiet des<br />

Departements Donnersberg eine Länge von fast 126 km. Sie wurden bevorzugt<br />

ausgebaut, als Voraussetzung schneller Truppenbewegungen. Es waren übrigens<br />

dies die früheren Straßen und Alleen in der heutigen Pfalz und im Saarland<br />

„Route de Première Classe“ 386 von Paris, Homburg, KL, Alzey, Mainz. Im Raume<br />

KL finden wir nach dem Dekret nur noch eine „Kaiserliche“ Straße III. Klasse,<br />

die von Metz nach Bad Dürkheim führte.<br />

Die bedeutende Departement Straße erster Klasse führte von Mainz, Bingen,<br />

Meisenheim über Kusel, Homburg, Saarbrücken nach Paris. Durch die vielen<br />

kaiserlichen Truppenbewegungen, den endgültigen Rückzug Napoleons und die<br />

nachrückenden preußischen und russischen Truppen war diese Straße total<br />

zusammengefahren und glich wohl nur noch einem Feldweg. Alle damals noch<br />

vorhandenen Straßen gehörten zu den Departements Straßen, deren Bau und<br />

Unterhaltung Aufgabe der Bezirke und Gemeinden waren, während die<br />

Kaiserstraßen als Land- und Heerstraßen auf Kosten des franz. Staates gebaut<br />

und gepflegt wurden. Die Kantonsverwaltung vergab die Straßenbauarbeiten in<br />

zwei Losen an den günstigsten Bieter, eins für das Material und das zweite für die<br />

Bauarbeiten. Allerdings war die Zahl der bietenden Bauunternehmer beschränkt,<br />

denn der leitende französische Bauingenieur hatte bereits eine Vorauswahl anhand<br />

einer moralischen Bewertung und der handwerklichen Qualifikation getroffen.<br />

Der Unternehmer musste zudem dann eine Kaution in Höhe der Bausumme<br />

stellen.<br />

Persönlichkeiten mit Weitblick stellten sich engagiert in den Dienst der<br />

zukunftsweisenden Sache. Der Präfekt ernannte 1800 den sehr fähigen und<br />

erfolgreichen Unternehmer Johann Michael Ludwig Gienanth 387 zum<br />

„allgemeinen Berater für Handel, Landwirtschaft und Künste“ (Conseiller<br />

Général de Commerce, d´Agriculture et des Arts). 1805 vertraute er ihm noch die<br />

Straßenverwaltung für das gesamte Département an, dem er in der kurzen Zeit für<br />

Jahrzehnte seinen Stempel aufdrückte.<br />

Der Unterpräfekt Petersen aus Kaiserslautern verordnete, dass alle Feldwege<br />

mit Obstbäumen zu bepflanzen seien. Die Umsetzung erfolgte ab 1803. Fleißig<br />

pflanzte man Hunderte von Obstbäumen an, die von französischen Baumschulen<br />

geliefert wurden. Dieses vorbildliche Werk setzte die Bayerische Regierung des<br />

Rheinkreises fort. Bedauerlicherweise lichten sich (2006) diese schönen<br />

Obstbaumalleen. Der vernünftige alte Brauch ist so langsam in Vergessenheit<br />

386 ) Keller zitiert an dieser Stelle: Dr. Siebenpfeiffer, „Handbuch der Verfassung, Gerichtsordnung<br />

und gesamten Verwaltung Rheinbayerns, Neustadt/Haardt 1833, S. 149,<br />

387 ) Johann Ludwig Michel Gienanth (franz. Jean Louis) * 15.10.1767 in Hochstein bei<br />

Winnweiler, besuchte 1783 die Kameral – Hochschule zu Kaiserslautern, studierte 1784 in<br />

Heidelberg und absolvierte an der Bergakademie in Clausthal, Harz.. Er leitete ab 1788 das<br />

Eisenwerk Meiringen im Berner Oberland. Nach dem Tod seiner beiden älteren Brüder<br />

übernahm Jean Louis die Eisenwerke Hochstein, Trippstadt, Schönau und Leiningen und<br />

erwarb Eisenberg hinzu. Als die Pfalz 1816 zu Bayern kam, beauftragte ihn der bayerische<br />

König mit der Organisation der ersten freien Wahl den „Landrat der Pfalz“ (= Landtag), dem er<br />

dann selbst auch angehörte. 1817 wurde Jean Louis vom bayerischen König geadelt und dann<br />

am 27.9.1835 zum Freiherrn ernannt! Die Gienanths sind Hugenotten, die 1686 aus dem<br />

Burgund ins Saarbrücker Land flüchteten. Damals hießen sie noch Guinand. Johann Ludwig<br />

Gienanth > 13.12.1848


271<br />

geraten! Das Gleiche gilt für die die Streuobstwiesen, die wieder systematisch<br />

auch in Erlenbach angelegt werden müssten. Vorbild könnte die schmale Wiese<br />

des Karl Horn sein, die von der Betonstraße im 90 ° Winkel direkt auf die<br />

Kreuzung Hauptstraße, Matzenberg zuläuft.<br />

Bereits 1803 fasste die Leitung des Departements unter der Führung Rudlers den<br />

Ausbau der Strecke Mainz ↔ Paris über Kaiserslautern. Die Lauterer<br />

Kommunalpolitiker erkannten gleich ihre Chance. Als die Reisepläne Napoleons<br />

für 1804 bekannt wurden, verabschiedeten die Verantwortlichen einstimmig den<br />

Plan, Kaiserslautern auf den Vordermann zu bringen. Eine ähnliche Aktion, wie<br />

sie zur Vorbereitung der WM 2006 lief. Der Weiher vor dem Fackeltor wurde<br />

trockengelegt und ein schöner Platz angelegt, eine Augenweide für alle, die nach<br />

Kaiserslautern kamen. Die ersten Häuser an der unteren Pariser Straße entstanden.<br />

Die Stadtväter ließen die Pflasterung in der Fackel-, Markt- und Steinstraße in<br />

Ordnung bringen und die schönen Häuser erhielten einen neuen Anstrich. Der<br />

Kaiser konnte kommen.<br />

Am 4. Oktober 1804 war es endlich soweit. Der große Tross kam, angeführt vom<br />

Kaiser. In seinem Schlepp etliche Marschälle. Napoleon erhielt einen Empfang<br />

nach seinem Geschmack. Der Forstmeister Daniel Rettig ritt mit ihm über Stock<br />

und Stein und zeigte Napoleon wichtige Stationen der Schlacht von 1793.<br />

Meistens ging es im gestreckten Galopp. Dass Rettig mit seinem Zweibrücker<br />

Fuchs mithalten konnte, überzeugte Napoleon, dem Landgestüt Zweibrücken ein<br />

paar Vollblüter zur Zuchtverbesserung zu schicken. Abends war der Empfang.<br />

Pettersen stellte dem Kaiser die einflussreichen Leute des Stadtkreises vor.<br />

Bürgermeister Müllinghoff gewann den Kaiser dafür, die neue Kaiserstraße durch<br />

die Innenstadt zu führen und nicht als Umgehungsstraße entlang der Stadtmauer<br />

um die Kernstadt herum zu führen. Dies kam der Gastronomie und dem Gewerbe<br />

in der Kernstadt zugute. Leider standen erst 1810 die notwendigen Mittel zum<br />

Bau der Kaiserstraße zur Verfügung. 1811 begann dann der Straßenbau.<br />

Die Kaiserstraße konnte nur der Anfang sein, andere Querverbindungen waren<br />

genauso wichtig. Wie sollten denn die langen Baumstämme von über 20 m Lange<br />

zum Kreuzhof/Galappmühle gelangen, wenn nicht über eine befestigte<br />

(chaussierte) Straße. Napoleon hatte sich stets an den Informations- Ritt mit dem<br />

Forstmeister Daniel Rettig erinnert und die weitere Begradigung der Flüsse<br />

Lauter, Glan und Nahe befohlen. Dadurch konnten dann mehr als die 10 m langen<br />

Holzstämme geflößt werden. Mit der Begradigung der Lauter und damit der<br />

Befestigung des Flussufers ging der Ausbau der Lauterstraße einher. .<br />

Leider war der Zeitraum bis zum Abzug der französischen Truppen im Januar<br />

1814 viel zu kurz, um entscheidende Verbesserungen des Straßensystems<br />

herbeiführen zu können. Die napoleonische Zeit mit ihren Gesetzen und der neuen<br />

Straßenbauverwaltung hatte aber wesentlichen Einfluss auf die neuzeitliche<br />

Entwicklung des Straßensystems. Ab 1816 setzte die Regierung des bayerischen<br />

Rheinkreises den Weiterausbau des pfälzischen Straßennetzes fort; sie konnte<br />

dabei auf die gesammelten technischen Erfahrungen vergangener Jahrzehnte<br />

zurückgreifen. Ab 1824 wurde der Bau der Staatsstraße Bingen – Homburg im<br />

Raume Kusel begonnen.<br />

271


272<br />

272<br />

1832: Inzwischen gehörte Erlenbach zur VG Otterberg. Der Gersweilerhof und<br />

Erlenbach waren politisch unbedeutend, aber immerhin der Wohnort von nun fast<br />

500 Leuten. Die Kleinbauern kamen geradeso über die Runden, während die<br />

vielen Tagelöhner und Kleinstbauern permanent am Hungertuch nagten. Am 5ten<br />

Juni 1832 schrieben Otterberger Bürger die Königlich Bayerische Regierung des<br />

Rheinkreises an. Sie schilderten die schlimmen Straßenverhältnisse zwischen<br />

Kaiserslautern, Otterberg und Heiligenmoschel Sie regten an, Verbindungsstraßen<br />

zur Kaiser- und Lauterstraße zu bauen. Dadurch könnten eine Zeitlang<br />

Otterberger und Erlenbacher Tagelöhner Arbeit und Brot finden. Diesem<br />

interessanten Schreiben entnehmen wir, dass aus der Armenkasse 500<br />

hilfsbedürftige Bürger zu unterstützen seien. Der eingestellte Betrag von 400<br />

Gulden, aber bei weitem nicht ausreicht, allen ein menschenwürdiges Leben zu<br />

ermöglichen. Otterberg hatte damals 3.500 Einwohner und sei damit<br />

hoffnungslos überbevölkert 388 gewesen. .<br />

388 ) vgl. Kaller Gerhard, Otterberg, Otterbach 1981, S. 527 ff


273<br />

2. Band<br />

1816 – 1914 DIE BAYERISCHE ZEIT<br />

In Folge des Wiener Kongresses kam die Pfalz am 1.Mai 1816 zu Bayern. Er<br />

bildete einer von damals acht Kreisen. In Speyer, um den Dom herum residierte<br />

die Königlich Bayrische Kreisregierung, die von dem Regierungspräsidenten<br />

geführt wurde. Im unterstanden zwei Kammern, die des Inneren und die der<br />

Forsten. Die Bayerische Landesregierung hatte die Pfalz in Bezirke<br />

untergliederte. Chef war der jeweilige Bezirksoberamtmann. Die Bezirke und die<br />

Kantone waren französische Erfindungen. Ihre vorbildliche Verwaltung<br />

übernahmen die Bayern. So wurden aus französischen bayerische Beamte. Für uns<br />

gab es eine kleine Veränderung, wahrscheinlich eine Verbesserung. Erlenbach<br />

kam nun zum Kanton Otterberg. Dadurch verkürzten, halbierten sich die Wege.<br />

Diese Kantone hatten die Funktionen heutiger Verbandsgemeinden. Chef war der<br />

„Oberbürgermeister. An Spitze der Dörfer standen Bürgermeister und an ihrer<br />

Seite wirkten stellvertretend die Adjunkten. Nur Erlenbach und der<br />

Gersweilerhof hatten keinen Bürgermeister, sondern je einen Adjunkten. Die<br />

Gemeinden verwalteten sich selbst. Der Gemeinderat beriet alle kommunalen<br />

Angelegenheiten.<br />

273


274<br />

.<br />

274<br />

8.1. In Otterberg war bis 1904 die Erlenbacher<br />

Gemeindeverwaltung<br />

:Das alte Otterberger Rathaus


275<br />

8.2. Die staatlichen Heiratsakten ab 1818<br />

Johann Daniel Hach II. wurde am 2 November 1763 in Otterbach geboren. Er<br />

war der Sohn des Johann Daniel Hach I. aus Mehlingen, der mit Catharina<br />

Elisabetha Colter aus Katzweiler verheiratet war. Daniel Hach II 389 war eine<br />

starke, charakterfeste Persönlichkeit mit Rückgrat, aufrecht in allen Belangen. Er<br />

war Pächter eines Hofgutes, das er 1805 ersteigerte. Er betrieb eine<br />

Getreidemühle. Daniel war angesehen, anerkannt, sein Wort galt. Niemand kam<br />

an ihn vorbei. Deshalb war es logisch, dass er immer politisch tätig war, sowohl in<br />

der Franzosen- als auch in der Bayernzeit. Die bayerische Regierung machte<br />

Johann Daniel Hach zum Erlenbacher Standesbeamten, obwohl er sich mit der<br />

Rechtschreibung doch sehr schwer tat. Auch mit dem Kopfrechnen hatte er so<br />

seine Schwierigkeiten. Dieses Amt übte er 10 Jahre lang aus.<br />

Akt N° 2311<br />

1819 26.Januar Unter diesem Datum schreibt das Königliche Landcommissariat<br />

an das königliche Oberbürgermeisteramt Otterberg folgendes<br />

Durch hohes Rescript vom 15ten September (15.9.1818) vorigen Jahres<br />

geruht die königliche Regierung die Trennung der Gemeinden Otterbach,<br />

Sambach und Erlenbach und die Bildung einer eigenen Bürgermeisterei zu<br />

beschließen und hierauf unterm 6ten laufenden Monats Jänner den<br />

bisherigen Gemeinderat Daniel Hach zu Otterbach zu ernennen. In der<br />

Beilage erhält das Oberbürgermeisteramt eine Ernennungs-Signatur mit<br />

dem Auftrag, dieselbe dem Neuernannten zuzustellen und mit der ferneren<br />

Weisung denselben in sein neues Amt einzusetzen, zu vereidigen und das<br />

Gestallungsprotokoll hierher zur Vorlage zu bringen.<br />

Das Oberbürgermeisteramt hat den neuen Bürgermeisterämtern sämtliche<br />

Amtspapiere zu übergeben, sofern der Dienst (Standesamt) dort nicht<br />

geführt werde. Über die abgegebenen Amtsakten wird ein doppeltes<br />

Inventarium errichtet, wovon ein Exemplar in der Oberbürgermeisterei und<br />

ein zweites in dem Hauptorte der neuen Bürgermeisterei deponiert bleiben<br />

muss´.<br />

Die Gestallung findet in der Gemeinde Otterbach vor versammelten<br />

Schöffenrathe statt, der Herrn Oberbürgermeister als delegierter<br />

Commissarius wird zu diesem Zwecke bei der Amtseinsetzung dem<br />

Neuernannten mit den Pflichten vertraut machen, die mit der Erfüllung<br />

einem jeden Ortsvorstand obliegt.<br />

Anscheinend hatte die Regierung des Rheinkreises im Sommer 1819 diesen<br />

Quatsch erkannt. Wie hätten diese drei kleinen Gemeinden ein eigenes<br />

Bürgermeisteramt finanzieren können. Sie hatten sowieso kaum Einnahmen und<br />

dann noch Geld ausgeben für einen Schreiber, einen Dorfbüttel Und dann noch<br />

389 Daniel Hach hatte am 16.1.1787 in Otterbach oo Catharina Elisabetha Häberle geehelicht,<br />

die am 1.9.1770 in Otterbach geboren war, † 7.1.1853 . Ihre Eltern waren Johann & Eva<br />

Catharina Migeot<br />

275


276<br />

276<br />

dazu ein eigenes Bürgermeisteramt zu bauen. Erlenbach und Otterbach stritten um<br />

den Sitz. Aber woher das Geld nehmen?<br />

Wem ein Licht aufging, wissen wir nicht. Es war ein finanzieller Gnadenakt, der<br />

die Selbständigkeit Erlenbachs & Otterbachs wieder rückgängig machte Der<br />

Oberbürgermeister Raquet schreibt am 26. Juli 1819:<br />

Nach der Verordnung der Hohen Landes Administrations Commission vom<br />

15ten des Monats ist die Bürgermeisterei in Otterbach mit der hiesigen<br />

(Otterberger) Bürgermeisterei (wieder) vereinigt. Und da ich gehalten bin,<br />

innerhalb von 8 Tagen die amtlichen Papiere und Aktenstücke mir<br />

aushändigen zu lassen, so habe ich Sie hiermit benachrichtigen wollen, dass<br />

ich den morgigen Tag dazu bestimmt habe. Ich ersuche Sie, sämtliche<br />

Papiere in Bereitschaft zu halten, damit ich ein Doppeltes Instrumentarium<br />

darüber aufzusetzen und dieselbe in Empfang nehmen kann<br />

Daniel Hach wurde dadurch nicht brotlos. Gegen Entgelt erstellte er noch über<br />

ein Jahrzehnt lang die Standesamtsakten Erlenbachs und trug den glanzvollen<br />

Titel Bürgermeister. Oberbürgermeister, aber Chef war Raquet. Daniel Hach<br />

konnte lesen und schreiben. Letzteres aber nur mit größter Mühe. Wahrscheinlich<br />

hatte er als Kind oft bei seinem Vater in der Mühle aushelfen müssen und konnte<br />

nicht allzu oft seinem Lehrer folgen. Seine Akt-Eintragungen strotzen voller<br />

Fehler. Heute 200 Jahre danach, kann man darüber schmunzeln. Einige Beispiele<br />

• Machtalehna (= Magdalena)<br />

• zwelf (zwölf)<br />

• gebohren<br />

• Fürzen (vierzehn)<br />

• treZen (dreizehn)<br />

• naderliger Son (natürlicher Sohn)<br />

• filip (Philipp)<br />

Amos, der arrogante Standesbeamte<br />

Der Standesbeamte Philipp Amos war Nordpfälzer, aber hochgradig arrogant. Die<br />

vor ihm heirateten, hielt er für ein bisschen blöd. Er spielte sich offenbar gerne<br />

auf, wie wir aus den alten Akten ersehen. Einmal wollte ein Henrich heiraten. Na<br />

gut. Das nahm er an. Aber ein Henrich, der musste natürlich Heinrich heißen.<br />

Also hieß jetzt der Henrich Heinrich, früher genannt Henrich. Aber Amos blieb<br />

nicht allzu lange Standesbeamter.<br />

Hochzeit Hager oo Becker<br />

Den Akt von 1854 spiegelt die Gewissenhaftigkeit der bayrischen Verwaltung<br />

wider, aufbauend auf der französischen Tradition. So erfahren wir eine Menge<br />

von den Brautleuten und ihren Familien. Er schrieb in dekorativer Schrift den<br />

Heiratsakt Hager/ Becker.<br />

Im Jahre Eintausend acht hundert vier und fünfzig, den 30.11.1854 um zwei Uhr<br />

des Nachmittags erschienen vor uns Philipp Amos, Bürgermeister und Beamter<br />

des Zivilstandes der Gemeinde Erlenbach, Kanton Otterberg, Bezirk


277<br />

Kaiserslautern, in der Pfalz, des Königreiches Bayern und zwar auf dem<br />

Gemeindehause zu Otterberg<br />

Johannes Hager, Tagelöhner, wohnhaft in Erlenbach, nachweislich des<br />

anliegenden Geburtsregister Auszuges allda geboren den neunzehnten<br />

Oktober, achtzehnhundert ein und dreißig (* 19.10.1831), sohin drei und<br />

zwanzig Jahre, ein Monat und elf Tag alt, ledigen Standes, volljähriger<br />

Sohn von Nicolaus Hager, Tagelöhner, 59 Jahr alt, wohnhaft in Erlenbach<br />

und dessen gewerbsloser allda wohnender Ehefrau Barbara Wenzel, 59<br />

Jahre alt, beide hier gebürtig und in die Ehe einwilligend und<br />

Christina Becker, ohne Gewerbe, wohnhaft in Erlenbach, ausweislich des<br />

anliegenden Geburtsregister Auszuges daselbst geboren den 23.3.1834,<br />

mithin 20 Jahre, acht Monate und sieben alte alt, ledigen Standes,<br />

minderjährige Tochter von Philipp Becker, früher Ackersmann, jetzt<br />

Feldschütz, 64 Jahre alt, wohnhaft in Erlenbach und dessen gewerbslose<br />

allda wohnenden Ehefrau Christina Korn, 45 Jahre alt, beide hier zugegen<br />

und in die Ehe einwilligend.<br />

Der Bräutigam hat sich durch Vorzeigen eines Militär-<br />

Entlassungsscheines, ausgestellt von dem obersten Rekrutierungsrates der<br />

Pfalz, unter dem Datum Speyer, den 8.11.1854 ausgewiesen, dass er der<br />

Militär- Conscription Genüge getan und durch die anliegende<br />

Bescheinigung des hiesigen Bürgermeisteramtes, dass er den<br />

Staatsbürgereid geleistet hat.<br />

Die Brautleute forderten uns auf, ihre vorhabende Ehe abzuschließen, welche vor<br />

der Haupttür unseres Gemeindehauses zum ersten Male am Sonntag, den<br />

8.10.1854 um 11 Uhr des vormittags und zum zweiten Mal am Sonntag, den<br />

15.10.1854 um 11 Uhr des vormittags verkündigt und dem Gesetze gemäß<br />

angeschlagen wurde.<br />

Da uns keine Einrede gegen diese Ehe bekannt gemacht wurde, so haben wir<br />

obiger Aufforderung Genüge geleistet. Uns haben alle oben gemeldeten und<br />

übergebenen Belege gemäß des Kapitels 6 des Titels von der Ehe aus dem<br />

Zivilgesetzbuch vorgelegen. Daraufhin haben wir den Bräutigam und Braut<br />

gefragt, ob sie gesonnen seien, sich als Mann und Frau zu ehelichen. Da nun jeder<br />

einzeln und bestimmt auf die Frage bejahend antwortete, so erklärten wir im<br />

Namen des Gesetzes, dass Johannes Hager, Tagelöhner von Erlenbach und<br />

Christina Becker, ohne Gewerbe von da durch das Band der Ehe verbunden sind.<br />

Worüber wir gegenwärtige Eheurkunde in Gegenwart der nachfolgenden vier<br />

Zeugen ausgestellt haben<br />

1. Jacob Korn, Ackersmann, 37 Jahre alt, Oheim der Braut,<br />

2. Heinrich Barth, Schneider, 42 Jahre alt, ebenfalls Oheim der Braut,<br />

3. Adam Hager, Tagelöhner, 30 Jahre alt, Bruder des Bräutigams,<br />

4. Jacob Schneider, Schneider, 42 Jahre, Schwager des Bräutigams,<br />

sämtliche in Erlenbach wohnhaft. Jetzt folgen die Unterschriften v on Johannes<br />

Hager, Christina Becker, Nickel Hager, Christina Korne, Heinrich Barth, Adam<br />

Hager, Philipp Becker Jacob Korn und Jakob Schneider. & Amos. Alle konnten<br />

schreiben, außer der Mutter des Bräutigams, welche erklärte, des Schreibens<br />

unkundig zu sein.<br />

277


278<br />

278<br />

8.3. Unabhängige Gerichte in Kaiserslautern,<br />

Otterberg und Lauterecken<br />

(Lauterecken (1797 – 1975) und Wolfstein 1797 - 1968)<br />

(nach Klaus Knecht, ehemaliger Richter in Lauterecken)<br />

Die pfälzischen Gerichte verdankten ihre Entstehung der Französischen<br />

Revolution von 1789 und der Abtretung der Pfalz an Frankreich 390 (1797) durch<br />

die Österreicher, nach dem sie mehrere wichtige Schlachten 391 verloren hatten.<br />

Der Elsäßer und französische Regierungskommissar Franz Josef Rudler<br />

organisierte für das neue Département Mont Tonnère (Donnersberg) eine groß<br />

angelegte, umfassende Verwaltungsreform, die Klaus Knecht in seinem Aufsatz<br />

genial nennt 392 . Er gliederte das Departement in Arrondissements (= Landkreise)<br />

wie z. B. K´lautern und unterteilte sie nochmals in Kantone (heute:<br />

Verbandsgemeinden) wie Otterberg, Obermoschel, Lauterecken,<br />

Rockenhausen, Winnweiler, Wolfstein Obermoschel Jeder Kanton, so auch<br />

Otterberg, erhielt das unabhängige Friedensgericht, aus dem sich das spätere<br />

Amtsgericht entwickelte.<br />

Diese Zwangsreform bedeutete für alle Bürger einen großen Fortschritt auf dem<br />

Weg zu mehr Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichbehandlung im Sinne der<br />

berühmten franz. Revolutionsideale. Unglaublich, denn bis 1793/4 herrschte noch<br />

in unserem Gebiet der jeweilige Landesherr uneingeschränkt. Seine Machtfülle<br />

war absolut, denn er war in einer Person zugleich Gesetzgeber, Regierungs- und<br />

Verwaltungschef und außerdem oberster Richter, wobei er sich auf der unteren<br />

Ebene des Amtmannes bediente.<br />

Der nun von der Bevölkerung gewählte Friedensrichter Geisweiler 393 hatte zwei<br />

Beisitzer zu seiner Seite, entsprechend unseren Schöffen. Jede Gemeinde wählte<br />

für zwei Jahre vier Beisitzer, damals Assessoren genannt, die reihum, jährlich<br />

mindestens einmal zum Einsatz kamen. In Otterberg waltete Carl Jung seines<br />

Amtes. Jung war 1776 geboren und hatte eine gute juristische Ausbildung Sein<br />

Gerichtsschreiber war der um ein Jahr ältere Peter Wolpert. Laut pfälzischer<br />

Gerichtsverfassung verhandelte Jung (in Zivilprozessen) Streitwerte bis zu 15<br />

Gulden. und als Strafsachen Diebstähle und Ordnungswidrigkeiten 394 . Dieses<br />

Friedensgericht scheint gut funktioniert zu haben, obwohl der Beisitzer oft nicht<br />

ausreichend lesen und schreiben konnte. Dafür verfügte er wohl über genug<br />

gesunden Menschenverstand, um zu einem vernünftigen Urteil zu gelangen..<br />

Größere Schwierigkeiten bereitete jedoch die Anwendung des franz. Rechts, die<br />

Bestimmungen des Code Civile und des Code Pénale (Strafgesetzbuch), die z.T.<br />

bis 1900 Grundlage der Rechtsprechung waren. Selbst die Gerichtsverhandlungen<br />

390<br />

) im Frieden von Campo Formio von 1797<br />

391<br />

) gegen den jugendlichen General Lazare Hoche (vgl Schlacht bei Kaiserslautern)<br />

392<br />

) Klaus Knecht, „ In memoriam, Amtsgericht Lauterecken (1797 – 1975), Westrich Kalender<br />

Kusel, 1975, Seite 55 ff.<br />

393<br />

) Die Richter waren Georg Jäger (bis 1800), Ludwig Handel (bis zu seinem Tod in 1806) und<br />

Carl Philipp Baumann bis zu seinem Tod am 6.1.1835.<br />

394<br />

Darüber hinaus waren das Appellationsgericht (Landgericht) in Kaiserslautern bzw. (das<br />

Oberlandesgericht) Zweibrücken zuständig.


279<br />

mussten ab 1805 in Französisch protokolliert werden, was anfänglich den<br />

Schreibern wohl Schwierigkeiten bereitete.<br />

„Der Rückzug der Truppen Napoléons um die Jahreswende 1813/14, die<br />

nachfolgende Übergangszeit und der baldige Anschluss der Pfalz an Bayern in<br />

1816 unter Maximilian I. veränderte die pfälzische Gerichtsverfassung nur<br />

geringfügig. Während das rechtsrheinische Bayern weiterhin mit veralteten<br />

Verwaltungs- und Gerichtsstrukturen leben musste, behielt die Pfalz ihre<br />

fortschrittlichen Einrichtungen. Die Friedensgerichte blieben erhalten, die franz.<br />

Richter wurden Königlich Bayerische Richter. Niemand in München sah sich<br />

indes veranlasst, die bewährten Institutionen in der Pfalz wieder abzuschaffen. Im<br />

Gegenteil, fortschrittliche Politiker wollten sie auch in Bayern einführen; das<br />

dauerte aber über 50 Jahre bis zur Reichsgründung!<br />

Bemerkenswert, so fand Klaus Knecht, war 1816 die Abschaffung der<br />

Laienrichter beim Friedensgericht, doch dies schien nach den Erfahrungen<br />

zweckmäßig, Kosten sparend und der Sache dienlich gewesen zu sein. Das<br />

französische Recht blieb bis 1900 in der Pfalz rechtswirksam. Auch heute gilt es<br />

noch bei strittigen Grenz- und Grundstücksfragen, wie das Vermessungsamt<br />

Kaiserslautern uns mitteilte.<br />

Das Lauterecker Gericht verfügte allerdings vorerst über kein eigenes<br />

Gerichtsgebäude. Zunächst tagte das Gericht im alten Pfarrhaus, danach in Privat-<br />

und zeitweise sogar in Gasthäusern. Dies erinnert einen an Stories wie im Wilden<br />

Westen, wo unter dem Beifall bzw. Missfallen der Anwesenden Recht gesprochen<br />

wurde und anschließend das Urteil begossen wurde. Nachdem die Regierung des<br />

Rheinkreises in Speyer damit gedroht hatte, dieses Gericht aufzulösen, wenn es<br />

nicht entsprechend seiner Würde und Funktion ordentlich untergebracht würde,<br />

bauten die Lauterecker 1832 ein neues Rathaus, in dem das Friedensgericht dann<br />

bis 1862 tagte.<br />

1854 wurden die Friedensgerichte in Landgerichte umbenannt. 1856 errichtete<br />

der Staat für 21.000 Gulden in der Schulstraße ein Gefängnis, in das Ende 1862<br />

das Landgericht einzog. Die Gefangenen kamen in den 2. Stock. Das Gericht tagte<br />

dann längere Zeit hinter den vergitterten Fenstern. Richter war von 1860 – 1876<br />

Carl Ziegwalner, der bereits von 1855 – 1860 Richter des Landgerichtes<br />

Wolfstein war. Sein Nachfolger wurde Karl Kiefer, der mit seinen 1,90 m damals<br />

außergewöhnlich groß war. Nachdem er sich mehrmals den Kopf angeschlagen<br />

hatte, bestand er drauf, dass die damals üblichen 1,80 m hohen Zimmereingänge<br />

für ihn auf zwei Meter Höhe vergrößert wurden.<br />

In jener Zeit kamen auch Kinder in den Knast. Es ist festgehalten, dass sich ein<br />

13jähriger Sträfling durch die engen Gitterstäbe zwängte, drei Meter bis zum<br />

Erdboden hinab sprang und über die 2,60 m hohe Außenmauer kletterte. Dies war<br />

im August 1871 eine sportliche Meisterleistung.<br />

Ab 1877 wurden die Landgerichte überall in Amtsgerichte umbenannt und ihre<br />

Zuständigkeit erweitert. Um 1900 musste das Amtsgericht Otterberg aufgestockt<br />

werden, da die Grundbücher eingerichtet wurden. Nach seiner Baufertigstellung<br />

war das Amtsgericht mit zwei Richtern besetzt, wobei Benno Schopp die<br />

279


280<br />

280<br />

herkömmliche Arbeit verrichtete und der zweite Richter Johannes Nehb,<br />

Wolfstein, ausschließlich mit der Anlegung der Grundbücher beschäftigt war.<br />

Zuerst wurde 1968 das Amtsgericht Wolfstein und dann 1975 das Amtsgericht<br />

Lauterecken aufgelöst. Der zuletzt dort amtierende Richter Klaus Knecht fragte<br />

sich, ob diese Reform dem Bedürfnis einer bürgernahen Rechtsprechung und<br />

Rechtspflege entspräche?<br />

8.4. Die Pfalz & Erlenbach wurde vermessen<br />

1823, 10.Oktober: Unter diesem Datum schreibt das Bürgermeisteramt Otterberg<br />

an das „Hochlöbliche Königliche Landcommissariat“ in Kaiserslautern:<br />

Das unterzeichnete Bürgermeisteramt wollte hiermit Bericht erstellen, dass der<br />

Herr Geometer Lencke 395 den hiesigen Bann und den von Erlenbach vermessen<br />

hat. Er ließ vor einigen Tagen neue Zeichen machen, da zusätzliche Grenzsteine<br />

an verschiedenen Stellen zwischen den alten Steinen gesetzt werden müssten, um<br />

bestehende Unklarheiten zu beseitigen. Dies betraf im Wesentlichen die<br />

Grundstücke des Müllers Peter Gallé 396 , der links und rechts der<br />

Gemarkungsgrenze Äcker und Wiesen liegen hatte. Um ihm „Rechtssicherheit“<br />

zu geben, würden so ungefähr 6 – 7 Morgen der Otterberger Gemarkung<br />

zugemessen. Dabei hätte der Geometer auf natürliche Markierungen ganz großen<br />

Wert gelegt.<br />

Das Bürgermeisteramt Otterberg lud daraufhin den Erlenbacher Adjunkten zur<br />

Bestätigung und Unterschriftsleistung ein. Der dachte aber nicht daran, sich seine<br />

Finger zu verbrennen. Er schickte seine zwei Schöffenräthe und die rochen den<br />

Braten. Sie sollten über den Tisch gezogen werden. Sie weigerten sich aber, den<br />

neuen Grenzverlauf anzuerkennen. Auch gutes Zureden half nichts, die Schöffen<br />

blieben stur. Die Otterberger waren anscheinend nun ratlos und baten das<br />

Landkommissariat um Entscheidung.<br />

Worum ging es eigentlich? Natürlich um das liebe Geld. Denn die<br />

Grundstücksbesitzer zahlten Grundsteuer und den Erlenbachern wären jährlich<br />

einige Gulden flöten gegangen! Nicht nur das, das Gelände war außerdem zur<br />

Jagd verpachtet und der Jagdpächter hätte sicherlich seine Zahlungen<br />

entsprechend gekürzt.<br />

30. Oktober 1823: Die Antwort lag nun vor:<br />

Nach dem Sections-Bericht der Gemeinde Erlenbach besaßen<br />

Peter Gallé 16,1 Morgen<br />

Karl<br />

Wagner<br />

1,2 Morgen<br />

zusammen 17,3 Morgen<br />

395<br />

Lencké, Philipp August, Allbrecht * 26.11.1793 in Bayreuth, seine Eltern: Johann Georg &<br />

Christina Sabina Müller<br />

396<br />

Er wohnte in der Gallé- Mühle, heute ist es die Beutler- Mühle.


281<br />

auf der Erlenbacher Gemarkung. Die Wiesen und Äcker Gallé lägen in drei<br />

Gewannen. Der vordere Teil gehörte zu Otterberg und die zwei hinteren seit alters<br />

her zu Erlenbach. Nun sollten diese ohne die geringste Entschädigung an<br />

Otterberg fallen. Dies sei für Erlenbach ein ziemlich bedrückender Verlust, so<br />

schrieb die Aufsichtsbehörde, sowohl hinsichtlich ihrer Schafweide als auch im<br />

Hinblick auf den Jagdpächter. Das Landcommissariat empfahl eine friedliche<br />

Einigung zwischen Erlenbach und Otterberg, zumal der Gemeinderat Erlenbach<br />

einen für alle Parteien tragfähigen Kompromiss vorschlug. Der Streit ging aber<br />

weiter. Jede Partei sammelte Argumente und Freunde, um ihre Interessen<br />

durchzusetzen, aber sie spielten immer noch mit verdeckten Karten<br />

1825, 24. Juni: Die Sache hatte vor sich hin geschmort. Die Standpunkte<br />

konkretisierten sich. Die Parteien rückten nun endlich mit stichhaltigem,<br />

greifbarem heraus. So schreibt unter obigem Datum die Regierung des<br />

Rheinkreises in Speyer das königliche Bürgermeisteramt in Otterberg an. Die<br />

Otterberger Verwaltung stützte sich auf das alte Bannbuch. Da wäre der frühere<br />

Grenzverlauf zwischen den fraglichen Grenzsteinen A & B, und B & C eindeutig<br />

zugunsten Otterbergs geregelt. Dies stünde auf der Seite (pag) 370. Dieses<br />

Grundstück liegt in der Flur Weiler und gehörte schon seit undenklichen, alten<br />

Zeiten zu Otterberg. Der momentane Eigentümer war Valentin Keller Dieses<br />

Stück wollte Otterberg auf jeden Fall haben, im Gegenzug würden sie<br />

großzügigerweise auf 12 Morgen Land verzichten, die eigentlich auch zur<br />

Otterberger Gemarkung gehören würden. Die Otterberger schrieben, diese Fläche<br />

läge zwischen den Gewannen Steinhübel und dem Schwarzen Kreuz.<br />

Der Erlenbacher Gemeinderat berief sich auf den gemeinsamen<br />

„Grenzbegehung“ vom 8. Jänner 1825. Dort sei schon ein Kompromiss<br />

angedacht worden. Otterberg solle das Gelände „Weiler“ bekommen, während<br />

Erlenbach die Grundstücke der Gemarkung Kindsäcker bekommen sollte. An<br />

diesem Punkt endet der erhaltene Schriftverkehr.<br />

Wie das Intrigenspiel des Otterberger Bürgermeisters Raquet weiterging,<br />

ersehen wir aus der uralten Gemarkungskarte, die auf Grund der Berechungen des<br />

Landvermessers Lencke erstellt wurde. Heute, fast 200 Jahre nach dieser<br />

Zuordnung, können wir als objektive Drittbeobachter keine zwingenden<br />

Argumente für die damalige Otterberger Darstellung finden. Die Erlenbacher<br />

hatten vergebens um ihre Rechte gekämpft. Die Otterberger erhielten das Gelände<br />

links und rechts der heutigen Kreisstraße 10 zugesprochen. Sowohl die Flur<br />

Steinhübel als auch Weiler kamen zu Otterberg. Raquet war höchste zufrieden<br />

mit seinem Intrigenspiel, wobei ihm Lenke geholfen hatte. Raquet bekam, was er<br />

wollte und Lencke freite die Jungfer Catharina Margaretha Raquet 397 , wie wir<br />

aus dem Hochzeitsakt von 1825 ersehen.<br />

1825, 11. Januar um 14 Uhr:<br />

Zwei Monate nach der das Aufgebotsbestellung war die standesamtliche Hochzeit<br />

in Hochzeit. Der Geometer Philipp August Allbrecht Lencké erschien in<br />

397 Frl Raquet war am elften Vendémiaire im zehnten Jahr (* 3.10.1801) der ehemaligen<br />

Franzöischen Republik geboren worden und war somit 23 Jahre, 3 Monate alt gewesen.. Ihre<br />

Mutter hieß Catharina Dick. Leider wurde sie nicht alt. Sie starb bereits am 28.2.1826 in<br />

Speyer.<br />

281


282<br />

282<br />

seiner wunderschönen, königsblauen Uniform. Vor dem Standesbeamten<br />

Theobald Seitz. Die Trauzeugen waren der königliche Notar Christian Julius<br />

Jacobi, 42 Jahre alt Carl Jung der Otterberger Friedensrichter, 51 Jahre alt und<br />

Cousin der Braut, der Gerichtsschreiber Peter Wolpert (52 J ) und Dr. Carl<br />

Marggraf, der Otterberger Arzt, 38 Jahre alt. Der Bürgermeister hatte alle<br />

hochgestellten Persönlichkeiten zur Hochzeit eingeladen. Alle waren vertreten,<br />

die Lehrer, der Apotheker die Müller usw. Es war ein schönes Fest. Aber das<br />

Glück dauerte nicht lange. Die junge Ehefrau starb bereits ein Jahr später am 26.<br />

Febr. 1826 zu Speyer.<br />

1833 vermaß der königl. Bayerische Geometer Hubert Hagn Erlenbach. Was er<br />

vom 16. bis zum 27. November vermessen hatte, zeichnete er bis zum 19.<br />

Dezember fein säuberlich auf das Meßblatt S.W.1.22. Er rechnete noch in 8,56<br />

Fuß = 2,5 Meter.<br />

398 Gerhard Kaller, Otterberg, Band 2, S. 260 ff.<br />

8.5. Brandkatastrophe in 1822<br />

1822: Bereits vor Weihnachten war Schnee gefallen und es war bitter kalt<br />

gewesen. Weihnachten war vorüber, das die Tagelöhner Familie Konrad Dietz 399<br />

mit seiner Familie bescheiden gefeiert hatte. Die Kinder hatten Äpfel und Nüsse<br />

erhalten. Alles schien seinen gewohnten Gang zu gehen. Die bescheidene Hütte<br />

hatte durch die franz. Gemeindeverwaltung die Hausnummer # 4 erhalten. Das<br />

Haus stand auf dem Platz des heutigen Erlenbacher Feuerwehrhauses. Weil es<br />

dem Tagelöhner an Geld mangelte, war wie überall der Feuerschutz sehr klein<br />

geschrieben worden. Hauptsache man hatte warm. Doch dann schlug das<br />

Schicksal am 30. Dezember unerbittlich zu. Das Haus brannte gegen 22 Uhr.<br />

Konrad und seine Frau konnten sich retten. Aber an die drei Kleinkinder kamen<br />

sie nicht mehr heran. Verzweifelt eilten alle Nachbarn mit ihren Eimern herbei.<br />

Sie bildeten zum Röhrbrunnen eine Löschkette, in der die gefüllten Eimer weiter<br />

gereicht wurden. Aber der Brunnen gibt nicht viel her und gegen eine solche<br />

Feuerbrunst waren sie machtlos. So mussten alle hilflos zusehen, wie die drei<br />

Kinder Konrad 4J, Philipp 2J und Sybilla in den Flammen umkamen. (Sterbeakt<br />

von 1822)<br />

8.6. Das Findeslkind Johannes Hof von 1833<br />

Originaltext mit den Rechtschreibfehlern<br />

Geburtseintrag N° 15, Johannes HOF, ein "Findelkind", geboren im Juli 1833<br />

(Quelle: StA Otterberg, Register Erlenbach, Aktennummer: 15/1833, Quellentext:<br />

398 399 ) Conrad Dietz hatte am 29.10.1812 im Rathaus zu Kaiserslautern (Steinstraße) die Maria<br />

Elisabetha Steyer (Steuer) aus Rodenbach standesamtlich geheiratet


283<br />

Im Jahr ein tausend achthundert drei und dreisig, den vierzehnten des Monats<br />

Juli um drei Uhr des Nachmittags, erschienen vor uns Theobald Seitz,<br />

Beigeordneter Beamter des Civilstandes der Gemeinde Erlenbach, Kantons<br />

Otterberg, Bezirks Kaiserslautern, im Rheinkreise des Königreichs Bayern,<br />

Leonhard Knieriemen, alt ein und dreisig Jahre, Akersmann, wohnhaft in<br />

Erlenbach, welcher uns erklärte, daß Johann Albertini von Lousonnie in Italien,<br />

in Grünstadt domicilirt, in der Nacht vom eilften dieses Monats um halb zwölf<br />

Uhr, wo er bei ihm logirt habe, in seinem Hofe, rechter Hand des Hausganges,<br />

in seiner Gegenwart ein Kind gefunden habe, welches er uns vorzeigte.<br />

Das besagte Kind war in zwei Wikelschnüre, wovon die eine von blau und roth,<br />

die andere blau und gelb ...virtem Baumwollzeuch seie, eingewickelt, und habe<br />

nachfolgende Gegenstände unter den Füßchen liegend bei sich gehabt als:<br />

zwei musline Kinderhauben mit gelben Bendele, zwei Signe Häubchen, ein<br />

muslin Häubchen, gefüttert mit rothem Perial, und einer Baumwoll seye, ein<br />

hellblau Merinos Häubchen, zwei Baumwollzeuchen Wämschen, ein Muslinen<br />

ditto, mit gewirkten Blümchen, zwei Muslinen, und zwei leinen(?) Hemdchen,<br />

vier Stükchen leinen Tuch, welche als Windeln zu dienen scheinen, ein Stük<br />

leinen Tuch, welches früher als Schurz gedient zu haben scheint, unten mit einer<br />

genähten Verzierung versehen, oben derselben mit rothem Zeichengarn KS mit<br />

einer Krann(? oder Krone?) eingenäht, drei alte weiße Tücher von leinen Garn,<br />

waren ein jedes mit ES./2 bezeichnet, eine verflikte Windel, bezeichnet mit dem<br />

Buchstaben H im Eke, und auf einem darauf befindlichen Stüke findet sich der<br />

nemliche Buchstaben.<br />

Nach geschehener Untersuchung haben wir erkannt, daß das Kind männlichen<br />

Geschlechts ist, und das Alter von 5 bis zehn Tagen zu haben scheint, an deßen<br />

Körper sich übrigens keine besonderes Zeichen befindet, wir haben hiermit das<br />

besagte Kind unter dem Vor- und Familien Nahmen<br />

- Johannes Hof -<br />

eingeschrieben, und verordnet, daß es dem genannten Leonhard Knieriemen von<br />

Erlenbach eingehändiget werde.<br />

Ueber alles dieses haben wir gegenwärtiges Protocoll gefertigt, in Gegenwart<br />

von Leonhard Barth, alt ein und vierzig Jahre, Akersmann und Peter Stein, alt<br />

fünf und fünfzig Jahre, Taglöhner, welche nach geschehener Vorlesung mit uns<br />

und dem Deklaranten unterzeichnet haben. Beide Zeugen sind in benanntem<br />

Erlenbach wohnhaft.<br />

8.7. Die Familien Erlenbachs 1836<br />

Folgende Erlenbacher Familien bekamen 1836 Brennholz. Jede Familie die gleiche<br />

Menge und Güte. Darüber legte die Gemeindeverwaltung Otterberg die Namensliste an,<br />

ohne Berufsnennung und ohne Geburtsdaten.<br />

Familien Erlenbachs 1836<br />

geboren<br />

283


284<br />

284<br />

Baier, Nicolaus<br />

Barth Heinrich, der<br />

große<br />

Barth, Heinrich der<br />

erklärt nicht schreiben zu<br />

können<br />

GM, Bauer Kleine * 31.7.1773 Mölschbach<br />

Bauer<br />

Adjunkt,<br />

Barth, Leonhard * 1792<br />

Bauer Becker Benedikt * 1790<br />

Becker Conrad<br />

Becker Johannes<br />

Braunbach, Joh. Conrad<br />

oo 1806 Anna Maria<br />

* 1807 in Enkenbach<br />

Gm, Bauer Haas, * 3.7.1785 * 1783, † 11.1.1868<br />

Dick, Conrad<br />

Er erklärte, nicht schreiben zu<br />

Halbbruder des Friedr.<br />

Dick, Fried, * 7.7.1790<br />

oo Doro. Henr. Ball<br />

können<br />

Dietz, Conrad oo Maria Seine ersten 3 Kinder<br />

Elis. Steyer aus Rodenb.<br />

Haffner, Benedikt<br />

verbrannten 30.12.1822<br />

erklärt nicht schreiben zu<br />

Haffner, Heinrich<br />

Haffner, Leonhard<br />

Haffner, Peter<br />

können<br />

Schütz Haffner, Peter Conrad<br />

Haffner, Wilhelm<br />

* 1795<br />

Tagelöhner Hager Joh. Nicolaus<br />

Hanbuch, Johannes<br />

Heil Daniel<br />

Heil, Daniel, jun<br />

* 20.7.1795 in Mölschbach<br />

GM Heinrich Jacob<br />

Heinrich, Conrad<br />

Henrich, Wilhelm<br />

Herbach Daniel<br />

Herbach Jacob<br />

Herbach Paul<br />

Herbach, Michel<br />

* 1787<br />

Herbach, Valentin<br />

Herdinger, Jacob<br />

* 1794<br />

erklärt nicht schreiben zu<br />

Hollstein Conrad können<br />

Hollstein Georg Conrad oo 21.12.1835 Hollstein,<br />

jun, * 25.12.1804, † Magdalena, * 16.12.1805 in E<br />

15.3.1884<br />

† 17.11.1885 in Erlenbach<br />

GR Hollstein Johannes<br />

Hollstein Leonhard


285<br />

Schmied Joerg Theobald<br />

Jost Philipp<br />

* 1800 in Erlenbach<br />

Jost, Philipp Henrich<br />

Jühner, Heinrich<br />

* 1796 in Erlenbach<br />

Kafitz, Leonhard * 1800 in Erlenbach<br />

Beruf Name geboren<br />

Schuhmacher Kempf Philipp<br />

Kennel, Jacob<br />

Knieriemen, Conrad,<br />

Knieriemen, Jacob<br />

Knieriemen, Leonhard<br />

* 1804 in Niederkirchen<br />

GM Korn Benedikt<br />

Gm Korn Johannes<br />

Korn Peter<br />

Bauer Korn, Jacob * 1812 in Erlenbach<br />

Bauer Korn, Philipp * 2.7.1808<br />

GM Kühner, Heinrich<br />

Lautenbach, Theobald<br />

erklärt nicht schreiben zu<br />

Lautenbach, Joh. Adam können<br />

Bauer Lessoin, Abraham * 1798<br />

GM, Bauer Mangold, Johannes<br />

Mangold, Peter<br />

Merk Franz<br />

Merk, Georg<br />

* 29.5.1791 in Erlenbach<br />

Ackerer Müller, Valentin * 1795 in Sembach<br />

erklärt nicht schreiben zu<br />

Schuhmacher Nicolaus Jacob können<br />

erklärt nicht schreiben zu<br />

Reisel, Joh. Jacob<br />

Roeder, Johann,<br />

können<br />

Tagelöhner, Schäfer, Theobald,<br />

Hirte Schwager der Ball * 1784 in Baalborn<br />

erklärt nicht schreiben zu<br />

Schmitt Philipp<br />

Schneider Andreas<br />

Schneider Theobald<br />

Stamm Ernst<br />

oo 27.11.1812 in KL<br />

können<br />

Lehrer Schneider, Mar. Elisab.<br />

Steidel Wilhelm<br />

Stein, Jacob<br />

Stein, Johann Peter, *<br />

* um 1790, 1824 schon in E<br />

1776, Schwager des oo 18.08.1814 in KL<br />

Dick<br />

Steinbach Heinrich<br />

Wiesenecker Dorot. Ottilie<br />

285


286<br />

286<br />

Ackerer<br />

Steinbach, Heinrich<br />

Wenzel Franz<br />

Wenzel, Joh. Peter * 1.2.1771 in Erlenbach<br />

erklärt nicht schreiben zu<br />

Winter, Jacob<br />

können<br />

GM, Bauer Ziemer, Nicolaus<br />

23 % der Männer konnten 1836 nicht schreiben<br />

8.8. Theobald Marky, * 28.3.1817, heiratete<br />

Das Brautpaar Theo Marky und seine Braut Catharina Schaum hatten das<br />

Aufgebot bestellt. Beide hatten sich auf der Kerwe in Otterberg kennen und<br />

lieben gelernt. Theo hatte die typische Karriere des beginnenden Jahrhunderts<br />

hinter sich. Er hatte seinen Militärdienst beim Königlich Bayerischen Leichten<br />

Reiterregiment in Zweibrücken abgeleistet. Darüber war der Abschied am<br />

11.6.1845 ausgestellt, den er bei seiner Aufgebotsbestellung vorzulegen hatte.<br />

Pflichtgemäß hatte er danach wie auch die anderen jungen Reservisten auch den<br />

Staatsbürgereid vor dem Bürgermeister abzuleisten. Bevor das Paar 1845<br />

heiratete, hatten sie bereits drei Kinder miteinander gezeugt und auf dem<br />

Gersweilerhof zusammengelebt. Denn der Soldat durfte erst nach der<br />

vollständigen Ableistung seines Militärdienstes heiraten. Seine vorehelichen<br />

Kinder kamen alle auf dem Gersweilerhof auf die Welt.<br />

1. Dorothea Marky, * 29.9.1839<br />

2. Theobald Marky, * 7.1.1844, und<br />

3. Philipp Marky, * 18.6.1845 .<br />

Die Hochzeit wurde standesamtlich am 18. August 1845 im Erlenbacher<br />

Schulhaus geschlossen. Standesbeamter war der Otterberger Bürgermeister<br />

Raquet. Wie so üblich waren neben den Brautleuten die Eltern des Bräutigams<br />

und die vier männlichen Trauzeugen in dem umfunktionierten, mit der<br />

Bayernfahne geschmückten Schulsaal versammelt. Vater Johann Theobald<br />

Schaum und die Mutter der Käthe Schaum, die Anna Barbara Ultes vom<br />

Drehenthaler Hof waren bereits verstorben.<br />

Raquet las die vorbereitete Urkunde vor, die im Original im Archiv der<br />

Stadtverwaltung Kaiserslautern aufbewahrt wird.<br />

Theobald war damals 28 Jahre alt. Das Paar hatte auf dem Gersweilerhof einen<br />

kleinen landwirtschaftlichen Betrieb. Sie schlugen sich wie alle damals mehr<br />

schlecht als recht durch. Die Urkunde benennt Eltern und Großeltern. Laut<br />

Hochzeitsurkunde waren die Großeltern väterlicherseits in Baalborn und die<br />

mütterlicherseits auf dem Drehenthaler Hof verstorben, wobei der Vor- und<br />

Zunamen der Großmutter der Braut unbekannt war. Raquet hatte auch in seinen<br />

Unterlagen darüber nichts gefunden. Die vier (männlichen) Trauzeugen wohnten<br />

auf dem Gersweilerhof und waren:<br />

1. Adam Karch, Ackersmann, 54 Jahre alt, Oheim des Bräutigams<br />

2. Theobald Knieriemen, Ackersmann, 50, ebenfalls Oheim des<br />

Bräutigams,


287<br />

3. Johannes Heil, 31, Maurer und Schwager des Bräutigams<br />

4. Adam Engelhardt, 38, Ackersmann, Schwager des Bräutigams<br />

Nachdem die Urkunde verlesen worden war, unterschrieben alle Anwesenden.<br />

Nur die Braut erklärte, weder schreiben noch unterzeichnen zu können, weil sie<br />

solches nie erlernt habe. Dies ist sehr verwunderlich, denn seit Jahrhunderten<br />

bestand Schulpflicht auch für Mädchen und die bayerische Regierung hatte 1818<br />

die Schulpflicht nochmals per Verordnung verschärft.<br />

8.9. Kataster und Grundsteuer<br />

Die Französische Regierung war auf dem richtigen Weg, als sie die Fenstersteuer<br />

als vermögensabhängige Steuer einführte. Je mehr Stockwerke und Fenster ein<br />

Wohngebäude hatte, desto reicher war die Familie. Die Erhebung war einfach,<br />

aber die Steuerausweichung ebenso. Napoleon hatte einfach nicht die Zeit, die<br />

Grundvoraussetzungen für eine gerechte Grundsteuer zu schaffen. Erst das<br />

Königreich Bayern als Rechtsnachfolger erließ Gesetzespakete und Verordnungen<br />

als Rahmen für den modernen Wirtschafts- und Rechtsverkehr, die jedem<br />

Sicherheit garantierten. 1828 wurde die Grundsteuer eingeführt, die im<br />

Haushaltsjahr 1849/50 dem Erlenbacher Gemeindesäckel 692,30 Gulden<br />

einbrachten.<br />

Aber von welchen Werten wurde sie berechnet? Grundlage wurden die<br />

katasterlichen Vermessungen aller Gemeinden und Grundstücke des riesigen<br />

Rheinkreises. Diese ungeheuerliche Arbeit in der riesigen Pfalz dauerte immerhin<br />

30 Jahre. Eine Superarbeit, über die wir heute noch staunen. Eine großartige<br />

organisatorische Leistung war die Einrichtung von Katasterämtern, die<br />

Einstellung und Schulung der Landvermesser, Graphiker und Drucker. Dazu<br />

gehörten auch die Entwicklung und der Kauf entsprechender Geräte, die<br />

Einrichtung von Grundbuchämtern und die Schulung rechtssicheren Personals<br />

und vieles mehr. Bei der Grundstückvermessung waren die Feldgeschworenen<br />

immer dabei, die weitere Rechtssicherheit gaben. Im Jahre 1907 waren dies Peter<br />

Korn, und Heinrich Barth 400 . Sie wurden am Freitag, den 27. Sept. 1907 in<br />

Kaiserslautern, nachmittags „verpflichtet“.<br />

Die Karten wurden nicht einfach so gezeichnet. Nein, im Gegenteil Die Ämter<br />

kauften absolut plane Solnhofer Kalksteinplatten. Die waren ca. 6 cm stark,<br />

hatten genormte Größen von 45 x 45 cm Selbst die kleinsten wogen 60<br />

Kilogramm. Einschließlich Transport hatten sie 2,50 Gulden gekostet. Die<br />

Bearbeitung erfolgte arbeitsteilig in mehreren Schritten. Die Graveure ritzten mit<br />

unerschütterlicher Geduld und Exaktheit jedes Detail im Negativdruck in die<br />

Platten. Nur ja keinen Fehler machen! Sonst wären die Platten wertlos gewesen!<br />

Nachstehend ein privates Dokument, das den Umfang der Überlegungen darstellt.<br />

(Auf der CD finden Sie Katasterblätter). Die Grundstücke wurden nach Größe und<br />

Bodenwerte klassifiziert, um eine gerechte Besteuerung zu erreichen. In unserer<br />

400 ) Laut Visitationsprotokoll N° 5275 erstellt nach der Inspektion vom 16.8.1907<br />

287


288<br />

288<br />

Region haben wir Bodenwerte zwischen 30 – 60 Bodenpunkten. Der Landwirt<br />

kann somit auf diesen Böden nur 30 – 60 Doppelzentner je Hektar Getreide<br />

ernten. In der Magdeburger Börde erntet der Bauer bei sonst gleichen<br />

Bedingungen durchschnittlich 130 Doppelzentner (100 kg). Getreide.<br />

8.10. Polizeiordnung<br />

In der französischen Zeit hatten sich Freiheitsrecht durchgesetzt. Die Menschen<br />

verwirklichten sich im Rahmen ihrer damaligen Möglichkeiten. Dadurch eckten<br />

sie an. Sie verletzten die Wertvorstellungen und Ordnungen derer, die das Sagen<br />

hatten<br />

Nachtschwärmerei<br />

Der Fernseher war noch nicht erfunden. Was sollte man denn abends machen? Die<br />

Kuh und die Ziege waren gemolken, das Schwein im Keller gefüttert Die Alten<br />

saßen nach getaner Arbeit auf der Bank, die Nachbarn besuchten sich gegenseitig<br />

und maiten. Das ist schön in den langen, lauen Sommernächten Und die<br />

Jugendlichen? Sie trafen sich auch und streiften durchs Dorf. Vielleicht hatte der<br />

eine oder andere auch Schnaps dabei. Sie heckten so manchen Streich aus. Da<br />

alberten sie rum und machten dummes Zeug. Besonders lustig ging es beim<br />

Schafbock und Ziegenbock-Reiten zu. Den Buben machte es wohl gar nichts aus,<br />

wenn sie genauso stanken. Die Älteren, na ja, die entdeckten die Liebe. Die<br />

ersten zärtlichen Banden wurden geschmiedet, hinter der Scheuer harmlose<br />

Zärtlichkeiten ausgetauscht. Für den Pfarrer, das Presbyterium war dies ein Dorn<br />

im Auge Das Königlich Bayerische Bezirksamt in Kaiserslautern wurde aktiv und<br />

wollte dem bunten Treiben ein Ende setzen. Es erließ am 20. Januar 1827 eine<br />

Verordnung, die für alle Dörfer, also auch für Erlenbach galt.<br />

„Schon seit einiger Zeit erlaubte sich die Jugend beiderlei Geschlechts des Abends<br />

truppweise durch die Straßen zu ziehen, wodurch die Ruhe der Bürger gestört<br />

wird. Das Bürgermeisteramt sieht sich dadurch veranlasst, diesen Unfug für die<br />

Folge zu steuern“ 401 . Deshalb verbot sie das Tanzen, außer zu bestimmten<br />

Anlässen. Dazu gehörte natürlich die Kerwe. „Freinächte“ waren auch fürstliche<br />

Jubiläen, Geburtstage der Königsfamilie oder die Gedenktage wichtiger gewonner<br />

Schlachten gegen Napoleon. Außerdem durften die Wirte nur Leute beherbergen,<br />

die sich ordentlich ausweisen konnte. Wer nachts ohne Laterne herumlief, machte<br />

sich verdächtig; dies waren die gefürchteten Nachtschwärmer und ander dunkle<br />

Gestalten. Als Beispiel 2 Artikel:<br />

Art 7: Es ist allen Gast- und Schankwirten in der Gemeinde auf das<br />

strengste untersagt, abends nach 10 Uhr, mit Ausnahme an Reisende,<br />

Getränke zu verabreichen oder den hiesigen Einwohnern und Soldaten,<br />

welche etwa in der Gemeinde beurlaubt sind, auf irgend eine Art Aufenthalt<br />

zu gestatten, sie zu verheimlichen oder gar zu verstecken. (Denn der


289<br />

bayerische Militärdienst war streng und gefürchtet Damit sollte der<br />

Fahnenflucht vorgebeugt werden.)<br />

Artikel 8: Es ist den Einwohnern untersagt, des Abends nach 10 Uhr sich in<br />

Wirtshäusern aufzuhalten und hat sich demnach ein jeder während des<br />

Polizeigeläutes in seine Wohnung zu begeben. Sollte aber der Fall eintreten,<br />

dass Gemeinde-Glieder in den Wirtshäusern sich aufhalten, so haben die<br />

Eigentümer ihre Häuser und Türen offen zu halten, damit der Polizei-Diener<br />

ungehindert eintreten kann“<br />

8.11. Die Landwirtschaft,<br />

auch Verpachtung des Schäferhauses 1847<br />

Landwirtschaft und Rinderzucht<br />

Die Gemarkung Erlenbachs und der Gersweilerhofes ist zusammen 584 Hektar<br />

groß Davon nutzten unsere Kleinbauern mit 296 Hektar etwa die Hälfte<br />

landwirtschaftlich Bereits 1800 hatten wir 1.300 Grundstücksnummern. Das heißt<br />

die Grundstücke hatten eine durchschnittliche Größe von 0,23 ha. Dies war alles<br />

viel zu klein, zu putzig, um richtig wirtschaften zu können. 1930 ernährten sich in<br />

Erlenbach 138 Familien von ihrem kleinen Landbesitz, 103 von ihnen<br />

bearbeiteten weniger als zwei Hektar, zusammen besaßen sie gerade mal 75<br />

Hektar. In die anderen 221 Hektar teilten sich 35 Familien. Aber nicht nur die<br />

Flächen waren klein, zudem lag der Bodenertragswert unter 30. Noch 1930 sah<br />

die Erlenbacher Landverteilung 402 wie folgt aus:<br />

Die Folgen<br />

Größe Familien Fläche<br />

bis 0,15 54 Familien 20,0 ha<br />

bis 1,0 Hektar 29 Familien 19,5 ha<br />

1,0 – 2,0 Hektar 20 Familien 35,5 ha<br />

2,0 – 5,0 Hektar 19 Familien 76,5 ha<br />

5,0 – 10 Hektar 9 Familien 67,5 ha<br />

10 – 12 Hektar 7 Familien 77,0 ha<br />

zusammen 296,0 ha<br />

• viele Familien lebten am Existenzminimum und waren öfters hungrig<br />

als satt,<br />

• die Männer waren froh, wenn sie im industriell aufstrebenden Umland<br />

Arbeit fanden. Viele Erlenbacher übernahmen vielfältige Aufgaben bei<br />

der aufstrebenden Eisenbahn. Die Arbeit auf Hof und Feld hatten die<br />

Frau und Kinder zu erledigen. Die nicht mehr schulpflichtigen<br />

Mädchen verdingten sich für einen Jahreslohn von 6 bis 12 Gulden bei<br />

402 ) Aufstellung der Ortsgemeinde von 1930<br />

289


290<br />

290<br />

freier Kost und Logis in städtischen oder landwirtschaftlichen<br />

Haushalten.<br />

• Durch das Elend und die regelmäßigen Hungersnöte wanderten<br />

Hunderte aus Erlenbach aus.<br />

Die Landwirtschaft und die bäuerliche Gartenbepflanzung des 18. und 19.<br />

Jahrhunderts unterscheiden sich erheblich von der heutigen. Alles war anders und<br />

sah auch anders aus. Beginnen wir mit der Fleisch- und Milcherzeugung, wie<br />

wir heute sagen.<br />

Das damalige „Hornvieh“ war nicht so hoch gezüchtet, wie unsere heutigen<br />

vierbeinigen, tierischen Milch- und Fleischproduzenten. In unserer Region<br />

dominierte das Glan- und Donnersberger Rind. Vom Aussehen braun, klein bis<br />

mittelgroß. Ein gutmütiges Tier. Die Kuh hatte einen schönen, halbkugelförmigen<br />

Euter. Nach Johann Burger war das Rind im/nach dem 7. Lebensjahr<br />

ausgewachsen und gab zwischen 700 – maximal 1.400 Liter Milch pro Jahr.<br />

Heute ist eine durchschnittliche Milchleistung von 6.800 Litern nichts Besonderes<br />

mehr und der Euter hängt fast bis zum Boden runter. Diese Überzüchtung<br />

behindert die Milchkuh erheblich in ihrem Bewegungsablauf. Die damaligen<br />

Kühe standen nicht im Stall, sondern wurden vom Kuhhirten über die Brache,<br />

abgeernteten Felder, die Wiesen- und Weiden geführt. 1808 hatte die Gemeinde<br />

Erlenbach den 52 jährigen Johann Heinrich Collette 403 beschäftigt. Gemolken<br />

wurde morgens und abends. Nach Einführung des Klees als Futterpflanze stieg<br />

der Fettanteil der Milch erheblich. Durch erste veröffentlichte Testergebnisse<br />

weiß man, dass im Herbst 1792 - 60 Liter Milch notwendig waren, um etwa 1 kg<br />

Butter zu produzieren. Die Tests zeigten, dass verfütterte Kohlköpfe und<br />

Kartoffeln enorme Leistungssteigerungen brachten. Über den Daumen, aus 10<br />

Liter Milch konnte dann 1 kg Butter produziert werden. (Alle damaligen Maße<br />

waren damals in Pfund ausgedrückt). Johann Burger stellte auch die<br />

Käseherstellung ausführlich dar. (S. 255 ff.) Er schreibt u.a. „die Milch, welche<br />

im Haushalte nicht unmittelbar verspeist wird, wird entweder als Milch verkauft<br />

oder man bereitet Butter oder Käse aus ihr“.<br />

403 ) In dem Sterbeakt N° 28 ist zu lesen: „


291<br />

So sah es aus. Die Mutter war zuhause und hatte alle Hände voll zu tun, Haushalt,<br />

Garten und Vieh ordentlich zu versorgen. Der Bub hat einen Stecken in der Hand, mit<br />

dem wird er gleich die Kuh zur Wiese treiben.<br />

Die heutige Rinderzucht geht zweigleisig vor. Einerseits die Milchrassen und<br />

andererseits die Fleischrassen. Die männlichen Kälber der Milchrassen werden<br />

gemästet. Durch neue Fütterungsmethoden und – Futtermittel erreichen sie schon<br />

sehr bald ihr Schlachtgewicht. Wegen des erheblichen BSE- Risikos verkaufen die<br />

meisten Züchter ihre Jungbullen vor dem kritischen BSE -Zeitpunkt von 24<br />

291


292<br />

292<br />

Monaten. Nur wenige Landwirte halten ihre Bullen etwas länger und lassen sie<br />

wegen des unbedingt notwendigen Verbraucherschutzes testen.<br />

Auch schon vor 200/300 Jahren hielt jedes Dorf einen Zuchtbullen (Fassel). 1907<br />

hielt Jakob Korn den Zuchtstier 404 . Den anderen männlichen Nachwuchs<br />

„verschnitt“ = kastrierte man. Die Ochsen wuchsen bis zum 10. Lebensjahr und<br />

waren zwischen 12 und 14 Jahren die stärksten, geschicktesten, brauchbarsten<br />

Zugtiere. Das Anlernen sollte erst mit 3 Jahren mit leichten Lasten beginnen, um<br />

die körperliche Entwicklung nicht zu hemmen. Johann Burger singt ein hohes<br />

Lied auf die Ochsen, ohne die damals die Landwirtschaft und das<br />

Transportgewerbe nicht ausgekommen wären. „Der Ochs nützt uns während<br />

seines Lebens durch die Arbeit, welche er uns leistet, und nach seinem Tode durch<br />

sein Fleisch, Fett, seine Haut usw. (Burger S. 244)“. Auch damals waren<br />

Viehzucht und Mast schon experimentell und man erkannte schnell den<br />

Zusammenhang zwischen guter Fütterung und Zugleistung und<br />

Gewichtszunahme. „Über den Fortgang jeder Mästung überzeugte man sich durch<br />

Wiegen, Messen und Befühlen der Thiere“.<br />

Der Viehhandel 405 dürfte wohl von den Juden betrieben worden sein. Der<br />

Viehhändler Jacob Israel aus Rathskirchen lässt 1805 die Geburt seines Sohnes<br />

Abraham Israel im Bürgermeisteramt Hefersweiler 406 registrieren. Pate ist der<br />

38jährige Viehhändler Jacob Herz aus Rathskirchen. In Hefersweiler lebte die<br />

jüdische Familie Moses David, verheiratet mit Malken, geborene Anschel Ihre<br />

Tochter Rosel kam am 18. Februar 1782 in Hefersweiler auf die Welt. Sie<br />

heiratete am 8. Vendemiaire XII den Schulmeister Marx Hirsch, Schulmeister in<br />

Kirchheim. Zur gleichen Zeit lebte in Hefersweiler der jüdische<br />

Landwarenhändler Jakup Rosenzweig 407 , der auch 1782 in Hefersweiler geboren<br />

wurde. Seine Eltern waren die aus Winnweiler stammenden Eheleute David<br />

Rosenzweig und Magdalena Anschel 408 .<br />

Im Oberamt Lautern, das das alte Reichs- und Königsland umfasste, herrschte<br />

im 18. Jahrhundert ein besonderes Elend („Aus der Geschichte der pfälzischen<br />

Landwirtschaft, von Theodor Zink, Hz 21, 1 –5, S. 3 ff. im Institut für Pfälzische<br />

Geschichte). Die Zeitgenossen beschrieben die Ackerer nur noch als Bettler. Von<br />

den klein- und Kleinstflächen, lagen ⅓ brach, ⅓ ergaben wegen des<br />

Fruchtwechsels nur halben Ertrag und der Rest war ein Kapital, das zur Hälfte<br />

einen schlechten Zins ertrug“. Um dem offenbaren Elend in der heimischen<br />

Landwirtschaft abzuhelfen, gründeten Volksfreunde in Kaiserslautern in der Nähe<br />

des Ritterberg-Gymnasiums eine fortschrittliche Institution zur Förderung der<br />

Landwirtschaft. 1769 gelang die Gründung der Bienengesellschaft. Sehr schnell<br />

versuchte man folgende Ziele zu erreichen:<br />

404 ) Laut Visitationsprotokoll des Bezirksamtes Kaiserslautern am 16. August 1907 in Erlenbach<br />

405 ) Den Juden war jede landwirtschaftlich und handwerkliche Tätigkeit bis 1798 verboten, so<br />

blieb nur der Handel übrig, wenn sie nicht verhungern wollten!<br />

406 ) Acte de naissance, mairie de Kaiserslautern, du vingt deux jour du mois de Vendemiaire lán<br />

treize, (Archiv der Verbandsgemeinde Rockenhausen), Adjunkt war damals Johannes (Jean)<br />

Bacher<br />

407 ) er war mit Katharina Strauß verheiratet, die vor ihm gestorben waren!<br />

408 ) Malken und Magdalena Anschel waren offensichtlich Geschwister, somit waren David<br />

Rosenzweig und Moses David Schwäger!


293<br />

1. Aufgabe der Dreifelderwirtschaft,<br />

2. Förderung des Kleeanbaues,<br />

3. Die Durchsetzung der ganzjährigen Stallfütterung!<br />

Die Bauern wollten jedoch nicht von der Weidewirtschaft lassen und zur<br />

Grünfütterung im Stall übergehen. Wegen der mangelnden Schulbildung fehlte<br />

den Bauern jegliche Einsicht in die Zusammenhänge. Zum anderen war der<br />

Viehbestand im Verhältnis zu den verfügbaren Grünflächen viel zu hoch. Schon<br />

deshalb waren unsere Erlenbacher Kleinbauern auf das Futtergras- und den Streu<br />

aus dem Gemeinde- (Buchwald) und Reichswald angewiesen. Gab es aber durch<br />

zu viel oder zu wenig Regen Missernten, „dann pochte auch der Großbauern laut<br />

an die Pforte des Waldes – und das nicht vergebens. So geschehen unter anderem<br />

auch in den Notstandsjahren, wie z. B. 1893. In Erlenbach, ja in der ganzen Pfalz<br />

war die Forstwirtschaft die edle Schwester der bedrängten Landwirtschaft 409<br />

Deshalb ließen sie von kurpfälzischen Beamten Mustergüter einrichten und<br />

veranlassten die Geistlichkeit das Gleiche zu tun! Ergebnis waren riesige Erfolge.<br />

Und täglich überzeugte der Erfolg den Übergang zu den neuen Betriebsformen.<br />

Im Oberamt Alzey gab es 1771 dann doch schon 28 Dörfer, die die Stallfütterung<br />

eingeführt hatten (u. a. Stetten, Einselthum und Standenbühl)<br />

Theodor Zink schreibt: „unter die Rüben säet man Erbsen, Heidekorn,<br />

Daudenkropf, wenn es gewachsen, rauft man es und verfüttert solches“.<br />

Von Schafzucht und Wolle<br />

Auf 31 Buchseiten (255 – 286) beschreibt Johann Bürger Vorteile, Möglichkeiten<br />

der Schafzucht. „Das Schaf gewährt dem Menschen so viele Vorteile durch seine<br />

Wolle, sein Fleisch, Fett und seine Haut, dass es ihm nach dem Hornvieh das<br />

wichtigste Hausthier ist“. “Sie lieben den Aufenthalt auf Hügeln, auf<br />

kurzgrasigen, trockenen Weideplätzen, die mit Gebüsch und Bäumen hin und<br />

wieder besetzt sind, unter denen sie Schatten und Kühlung in den heißen Stunden<br />

des Tages und den Schutz gegen den Regen finden“.<br />

Johann Burger benennt 16 Schafrassen (S. 259), die entweder ein schlichte oder<br />

gekrauste Wolle tragen. „Die Wolle ist der wesentlichste Theil der Benützung der<br />

feinwolligen Schafe, denn ihr Werth kann alljährlich so viel und mehr betragen,<br />

als der Fleischwerth des ganzen Thieres“. (Auch das hat sich grundlegend<br />

geändert. Heute, in 2002, rentiert sich der Wollverkauf nicht mehr.) Die Wolle<br />

wurde früher direkt vor Ort von den Hausfrauen gesponnen und verarbeitet. Die<br />

Familie Steinhauer verdiente viel Geld mit dem Verkauf von Spinnrädern, die sie<br />

auch nach Erlenbach lieferten. Die Schafshaltung war für die Bauern, die Schäfer,<br />

ja für die ganze Bevölkerung von allgemeiner Bedeutung. Die Kurpfälzer hatten<br />

sich leider erst ab 1750 stark um die Landwirtschaft gekümmert. Sie waren aber<br />

nicht auf die Idee gekommen, franz. Schafsböcke zu kaufen, um die heimische<br />

Rasse aufzupeppen. Als Napoleon mit dem Forstmeister Franz Daniel Rettig<br />

auf den Morlauterer Höhen erschien, fielen ihm die kleinen, mickrigen Schafe<br />

auf. Napoleon ritt bis zu den heutigen Husarenäcker und dann hinüber nach<br />

409 ) Johann Keiper, Der Reichswald bei Kaiserslautern , KL 1895, S. 48<br />

293


294<br />

294<br />

Otterbach. Zwar grüßten ihn die Erlenbacher und Otterberger freundlich, sie<br />

schwenkten ihre Hüte, dies konnte aber nicht ihre offensichtlichen,<br />

wirtschaftlichen Probleme verbergen. Gleich in Lautern zurückgekommen,<br />

veranlasste Napoleon, dass 100 starke Schafböcke in die Kantone Lautern,<br />

Otterberg, Wolfstein geliefert wurden. 1818 war Franz Closett 410 Schäfer auf dem<br />

Gersweilerhof, verheiratet mit Catharina Mietreich<br />

Die Schafsmilch enthält wesentlich mehr Butter- und Käseanteile wie die<br />

Kuhmilch. Allerdings rentiert sich das Melken erst, wenn das Lamm entwöhnt ist.<br />

Ein guter Trick der Ackerdüngung war, wenn man die Schafe auf engem Raum<br />

auf einem Acker oder auch im Reichswald eingepfercht hielt.<br />

8.12. Wieder von Waldrechten & Streit darum<br />

Die heutige Erlenbacher Gemarkung besteht aus dem ehemaligen Dorf Erlenbach<br />

und des im Reichswald gelegenen Hofes Gersweiler Hof. Daraus resultieren<br />

unterschiedliche Rechte. Erlenbach hat seinen eigenen Wald, der allen Bürgern<br />

gehört. Die Bewohner des Gersweilerhofes dagegen genießen über ihren eigenen<br />

Wald hinaus alte, zugesicherte Rechte, die von allen deutschen Königen und<br />

Kaisern bestätigt wurde. Die Kurpfalz als Rechtsnachfolger trat in die rechtlichen<br />

Fußstapfen der Kaiser und musste deshalb auch deren Rechte und<br />

Beschränkungen akzeptieren. Aber immer wieder gab es handfesten Streit, aber<br />

auch Vergleiche 411 , wie wir aus dem Schreiben des Präfekten Rudler aus dem Jahr<br />

1806 ablesen.<br />

1336, so steht es im Urteil des Präfekten Rudler, Johann Keiper hat das Jahr 1334<br />

ermittelt. Der Reichsschultheiß von Kaiserslautern Nicolaus von Kindenheim<br />

entschied vor dem Königsgericht vor sechs Burgmannen, vor dem Bürgermeister<br />

samt acht Ratsherren und vor den Königsförstern die Streitsache zwischen der<br />

Gräfin von Sponheim und den beiden Klöstern Otterberg zu dem zu Lautern<br />

wegen der Gerichte in den zwei Dörfern Erlenbach und Morlautern. Es wurde<br />

entschieden, dass die Gerichtsbarkeit in Erlenbach dem Zisterzienser Kloster<br />

Otterberg zugesprochen wurde. Morlautern aber dem vom Kaiser Friedrich I<br />

gegründeten Prämonstratenser Propstei Lautern gehört. Bereits 1391 folgte laut<br />

dem Urteil von 1806 der nächste Streit<br />

1417: Donnerstag nach Allerheiligen war Kurfürst Ludwig in Kaiserslautern. Er<br />

entschied bezüglich der Schweinemast: „gibt es Eicheln oder Buchenmastung im<br />

Reichswald, so mag ein jeder, sey er aus Lautern oder aus den drei Kirchspielen<br />

Ramstein, Weilerbach und Steinwenden und was dazu gehört, seine Schweine<br />

drei Tag vor und nach Michaelis (29. September) in den Wald treiben, jedoch<br />

ohne dass sie Schaden tun und müsse dann von einem selbst gezogenem oder<br />

gekauften Schwein, das im Haus geschlachtet werde, drei alte Heller, von einem<br />

anderen, das er verkauft 13 Währungs- oder gute Heller entrichten 412 :<br />

410 ) Geburtsakt N° 14 aus 1818 im Stadtarchiv KLUDWIG * 13.9.1818 Maria Angelica Closett.<br />

Anzeigende Personen waren Cherdron, Franz 68 Metzger & Karl Welker, 45, Schuhmacher,<br />

beide von Otterberg<br />

411 ) Akt des Stadtarchivs Kaiserslautern, a VII 174<br />

412 ) Johann Keiper, Der Reichswald bei Kaiserslautern, Kaiserslautern, 1895, S. 60


295<br />

1467 erfolgte die Vereinigung der drei Hubgerichte Erlenbach, Reichenbacher<br />

Hof und des Gersweilerhofes zu einem Schöffengericht. Den Vorsitz führte der<br />

Erlenbacher Schultheiß, ihm standen 7 Schöffen zur Seite, die laut Gerhard<br />

Kaller 413 der Otterberger Abt letztendlich ins Amt einsetzte.<br />

1560 erließ Kurfürst Friedrich III. eine Forstordnung, die sein Sohn Pfalzgraf<br />

Johann Casimir 1577 ergänzte. „Er entschied auf Beschwerden der Bürger<br />

wegen verbotenen Weidganges ihrer Geißen und Hämmel wiederholt und weise:<br />

Jedes für die jungen Schläge (Waldstücke) so schädliche und nachteilige Vieh<br />

(Geißen) müsse durchaus von dem Weidgange im Reichswalde ausgeschlossen<br />

bleiben, was den Bewohnern des Gersweilerhofes ja später, wegen ihrer<br />

Holzrechte darin, selbst wieder zu gute komme“ 414 Zwei Jahre später ergänzte<br />

Johann Casimir die Forstordnung. Er untersagte den Bürgern „das Anhauen<br />

gerader Kiefern zu Kiehnbäumen (zur Harzgewinnung). Dagegen überließ er<br />

ihnen die Stöcke, wofür sie aber bei einem Waldbrand löschen helfen mussten. In<br />

diesem Zusammenhang erkannte der spätere Forstdirektor Johann Keiper, dass die<br />

Kiefer als Baumart hier erstmals genannt wurde.<br />

413 ) Kaller, a.a.O. Seite 105<br />

414 ) Johann Keiper, a.a.O, Seite 61 ff.<br />

295


296<br />

Text:<br />

296


297<br />

297


298<br />

298<br />

8.13. Der Steinbruch in Erlenbach, 1862<br />

Der Steinbruchbesitzer Josef Winter starb am 1.2.1912 im Alter von 52 Jahren.<br />

Seine Eltern waren Friedrich Winter und Katharina Arnold. Seine Witwe Susanne<br />

Graff starb 57 Jährig 1917. Gehörte ihm der Steinbruch in der Steinbruchstraße?<br />

Im hinteren Bereich des Krehbach Tales waren zwei Steinbrüche. Der größere und<br />

westliche gelegene gehörte der Familie Barth. In ihm fanden drei bis 5 Steinbrecher<br />

Arbeit und Brot. Sie wurden nach erbrachter Leistung bezahlt. Dies war eine<br />

Knochenarbeit, zu der auch die Beseitigung, das Wegschaffen des Abraums gehörte.<br />

Dieser ehemalige Steinbruch ist eindrucksvoll. Man gewinnt schnell einen<br />

überzeugenden Eindruck von der schweren, Jahrhunderte langen Arbeit der<br />

Vorfahren, die sich mühsam in den Berg hinein fraßen. Und dann ein tragischer,<br />

seltsamer Todesfall. War es ein Unfall oder Selbstmord? Herr Pfaff fällt von der 20<br />

m hohen Steilwand runter und verletzt sich tödlich.<br />

Auf der linken, östlichen Seite, gerade gegenüber dem Steinbruch Barth war der<br />

Steinbruch Thines. Er liegt versteckt hinter dem Wiesengrundstück des Groß<br />

Robert. Der Weg dorthin ist zugewachsen und abenteuerlich. Man fühlt sich wie in<br />

einem Urwald. Dieser Steinbruch war kleiner und musste aufgegeben werden, als<br />

Thines die Grundstücksgrenze des Nachbarn erreichte.<br />

8.14. Friedhöfe, Todesursachen, Lebenserwartung<br />

Jetzt kommen wir zu einer anderen realen Seite unseres Lebens. Unser Leben<br />

beginnt mit Liebe & Leidenschaft, alles schön fein in Rituale & Zeremonien<br />

eingebettet. Das Leben heute ist abwechslungsreich, angenehm und kaum von<br />

Sorgen und Krankheiten belastet. Aber dann das Ende.<br />

Für unsere Vorfahren war der Tod näher, allgegenwärtig. Jedes Kinderleben war<br />

bedroht, die vielen Kinderkrankheiten und gelegentlichen Unfälle. Dazu die<br />

Seuchen, die alle 5 bis 6 Jahre durch unsere armseligen Hütten & Behausungen<br />

fegten. Die wenigsten hatten Geld für einen Arzt, höchsten für Medizin, die man<br />

beim Apotheker in Otterberg kaufte. Aber meistens waren die Krankheiten damals<br />

sowieso unheilbar. Von der zahlreichen Kinderschar erreichte nur die Hälfte das<br />

Erwachsenenalter. Und die Erwachsenen starben durchschnittlich mit 50.<br />

Die Toten wurden üblicherweise im Haus aufgebahrt. War da zu wenig Platz,<br />

stand der Sarg neben dem Haus, etwa 1,50 m über dem Boden. Die<br />

Hinterbliebenen schickten Boten zu der zahlreichen Verwandtschaft im Umkreis<br />

und luden zur Beerdigung und dem Leichenims (Leichenschmaus) ein. Die<br />

Trauerfeiern waren somit immer auch ein Familientreffen, so traurig das auch<br />

war. Die Frauen setzten Teig an und die Männer heizten den eigenen Backofen an.<br />

In der traditionellen Reihenfolge kamen zuerst die Flammkuchen, Streuselkuchen<br />

in den Ofen. Dann wurde die Glut ausgeräumt und die Bäcker schossen das Brot<br />

ein.<br />

Verwandte oder Freunde, später der Totengräber hoben die Grube aus, im<br />

Sommer war dies wohl keine allzu große Schwierigkeit. Jedes Dorf wie Erlenbach<br />

und Gerswilre hatten ihre eigenen Friedhöfe. Bis 1521 waren wir alle noch<br />

katholisch. Die Beerdigungen waren alle um 14 Uhr. Die Glocke der Kirche<br />

läutete dazu, während die Trauergemeinde den Verstorbenen am Trauerhaus


299<br />

abholte. Der Pfarrer schritt voran und segnete den Weg. Am Glockengeläut<br />

erkannten die Bürger, ob ein Mann oder eine Frau beerdigt wurde.<br />

Nach 1648 begann die rasche Wiederbesiedlung Erlenbachs und nun des<br />

Gersweilerhofes, vornehmlich mit reformierten Franzosen. Beide Siedlungen<br />

erhielten Schulgebäude 415 mit einer wohl 50 kg schweren Schulglocke, deren<br />

Klang den Trauerzug und die Beerdigung begleitete. Auf dem Weg hin und<br />

während der Trauerfeier erklang Trauergesang.<br />

Selbstmördern, Ehebrecher, Diebe brachte man sang- und klanglos unter die<br />

Erde. Dabei sang niemand und keine Glocke erklang. Sie wurden direkt hinter,<br />

also außerhalb der Friedhofsmauer in Richtung Krehbach verscharrt. Der uralte<br />

Friedhof war auf dem Gelände der heutigen Grundschule, wie sie oben an den<br />

eingezeichneten Kreuzen wohl unschwer erkennen. . Vermutlich stand auch dort<br />

die Kirche, die im 30jährigen Krieg zerstört wurde und verfiel.. Der Erlenbacher<br />

Friedhof stand nur den Reformierten Gläubigen zu. Katholiken hatten ihren<br />

eigenen Friedhof in Kaiserslautern, wo sie auch sonst zum Gottesdienst<br />

hingingen. Erst nach dem Toleranz-Erlass von 1684 des französischen<br />

415 ) Vielleicht waren es auch keine Neubauten, sondern die alten Ruinen wurden wieder renoviert.<br />

299


300<br />

300<br />

Gouverneurs de Goupillière durften Katholiken auf dem Konfessions-<br />

Friedhof Erlenbach beerdigt werden<br />

1798: Eine weitere wichtige Erneuerung der Franzosen war die Einführung der<br />

Leichenbeschau, zuerst durch den Bürgermeister oder Adjunkten Hollstein,<br />

denn auch schon damals schien die häusliche, brutale Gewalt nicht unüblich<br />

gewesen zu sein. Keine Leiche durfte unter die Erde gebracht werden, wenn sie<br />

der Beauftragte nicht vorher gesehen hatte. In den franz. Akten steht: Ich begab<br />

mich in die Behausung des Joh. Heinrich Korn, um mich von dem Ableben der<br />

Anna Maria Korn zu überzeugen“ Nach 1817 übertrug das Königreich Bayern die<br />

Leichenbeschau an Fachleute, wie z.B. einem Bader, der sich jede Leiche<br />

intensiv zweimal im 24 Stunden Abstand anzusehen hatte, um eventuell auch die<br />

Begrabung Scheintoter unmöglich zu machen. Im Kaiserreich ab 1876 kostete die<br />

Leichenbeschau 2 Mark, viel Geld damals. Ein Tagelöhner erhielt 1,40 pro Tag.<br />

1830: die Gemeinde Erlenbach eröffnete den neuen Friedhof am früheren<br />

Otterberger 416 Weg, jetzt die K 10, nachdem es an der Hauptstraße zu eng<br />

geworden war. Der Gemeinderat beschloss 1886, den alten Friedhof bis 1888<br />

abzuräumen, denn dort sollte ja das neue Schulhaus entstehen. Bei der<br />

Fundamentierung des mächtigen Sandsteinkellers, schaufelten sich die Maurer<br />

durch Hunderte menschlicher Gebeine. Ergebnis der weit über 2.000 Toten, die<br />

dort seit Jahrhunderten ihre „ewige Ruhe“ gefunden hatten.<br />

Erlenbach ist ein lang gestrecktes Dorf. Das letzte Haus in 1830 ist heute das<br />

Haus der Familie Gabi & Hans Jürgen Korn, Erlenbacher Straße 88. Auf der<br />

anderen Seite war in der Höllenstraße die Ortsgrenze. . Den schweren Sarg mit<br />

dem Toten so weit zu tragen ist schon sehr anstrengend, selbst wenn sich die<br />

sechs Träger abwechselten und dabei einen Schnaps zu sich nahmen. Irgendwann<br />

hatte der Gemeinderat ein Einsehen und schaffte einen vom Pferd gezogenen,<br />

eleganten Leichenwagen an. Die Älteren rühmen noch heute seine schönen<br />

gedrechselten, filigranen Holzdekors Das Automobil verdrängte das Pferd und<br />

dann stand der alte Leichenwagen irgendwo rum. Er stand im Weg, keiner<br />

brauchte ihn mehr. Jetzt ist er zerhackt, verbrannt<br />

1904 – 1913: Die systematische Untersuchung der Sterbefälle in diesem Zeitraum<br />

brachte Erschreckendes zutage.<br />

1. In jedem Jahr (außer 1904) hatten wir 1 bis 2 Totgeburten, wobei das Jahr<br />

mit 4 Totgeburten extrem auffällt. In zwei Familien häuften sich die<br />

Totgeburten. Die Negativliste führte das Ehepaar Michael Herbach oo<br />

Elisabetha Becker mit vier Totgeburten zwischen 1908 und 1913 an.<br />

Die Familie Konrad Schottinger oo Katharina Knieriemen hatte 1906<br />

und 1909 zwei Totgeburten zu beklagen. Konrads Schwester Katharina,<br />

die mit Jacob Marky vom Gersweilerhof verheiratet war, hatte 1908 eine<br />

Totgeburt.<br />

2. Außerdem waren manche Babys so geschwächt bzw. geschädigt, dass sie<br />

bereits am Tag ihrer Geburt starben. Die zuständige Hebamme hieß<br />

Katharina Barth. Worauf nun letzten Endes diese hohe Sterblichkeit<br />

zurückzuführen ist, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Wahrscheinlich<br />

spielten mehrere Faktoren eine Rolle.<br />

416 ) In Otterberg hieß diese Straße Lautrer Straße oder Lautrer Weg


301<br />

3. Die Kindersterblichkeit war außergewöhnlich hoch. In fast allen Jahren<br />

übertrafen die Gestorbenen unter 21 Jahren die Zahl der Gestorbenen über<br />

21 Jahren. Mit Sicherheit grassierten Kinderkrankheiten in ihrer<br />

erschreckenden Vielfalt. In wieweit mangelnde Hygiene dabei eine Rolle<br />

spielte, wissen wir nicht.<br />

4. Trotz aller Gefahren und Risiken erreichten doch manche ein hohes Alter.<br />

Sie starben wohl an Altersschwäche. Das durchschnittliche Sterbealter in<br />

diesem Zeitraum beträgt 55 Jahre, unter Ausschluss der Gestorbenen unter<br />

21 Jahren. Das jährliche arithmetische Mittel schwankt von Jahr zu Jahr<br />

sehr stark, da die Zahl einfach zu klein ist.<br />

5. Die Langlebigkeit ist unter anderem genetisch bedingt. Wer mit<br />

Blutsbanden mit den Familien Herbach, Hager, Korn, Zimmer & Lesoine<br />

verbunden ist, kann heute weit über 90 Jahre alt werden.<br />

6. Die Todesursachen der übrigen Erwachsenen bleiben im Verborgenen.<br />

Anders liegt es beim Tod der 28jährigen Ehefrau des Bäckers Otto Woll,<br />

die am 30.1.1910 verstarb. Ihre Tochter Hertha Mathilde starb 2 Wochen<br />

später am 15.2.1910 im Alter von 4 Wochen.<br />

1960: wurde die Leichenhalle Erlenbach eingesegnet. Leider war sie viel zu<br />

klein, um bei schlechtem Wetter auch nur den engsten Familienmitgliedern Schutz<br />

bieten zu können. 1986 ließ der Ortsbeirat die Einsegnungshalle mit einem<br />

Kühlraum für viel Geld auf den neuesten technischen Stand bringen und<br />

gleichzeitig auf 64 Sitzplätze erweitern. Jetzt braucht der Beerdigungsunternehmer<br />

den Verstorbenen nicht mehr zur Aufbewahrung nach KL in die<br />

große Leichenhalle zu bringen.<br />

8.15. Landabtretung an Wilhelm Haffner, 1861 417<br />

Gemeinderatssitzung am 8.7.1861. Unter der Leitung des Adjunkten<br />

(stellvertretenden Bürgermeisters) Hollstein berieten die Ratsmitglieder Korn,<br />

Becker, Braunbach, Zimmer, Lesoine und Korn die Bittschrift des<br />

Antragstellers. Wilhelm Haffner. Er wollte das 2 bis 3 Dezimal große<br />

Grundstück N° 430 käuflich erwerben, um dort ein kleines Wohnhaus zu<br />

errichten. Er war bereit, zwei Gulden dafür zu bezahlen.<br />

Das Grundstück lag vor dem Wohnhaus des Leonhard Lesoine und hatte für die<br />

Gemeinde nicht den geringsten Nutzen, es lieferte nicht den geringsten Ertrag.<br />

Zudem standen dort wilde Hecken und Bäume drauf. Der Platz war nur aufwändig<br />

urbar zu machen gewesen. Zudem lag er zwischen zwei Wegen Das Gremium war<br />

sowohl mit dem Verkauf als auch mit dem niedrigen Preis einverstanden, denn<br />

dadurch erhielt der unbemittelte, aber baulustige Tagelöhner, die Chance eine<br />

heimische Unterkunft für seine Familie zu schaffen. Die Kosten für Wilhelm<br />

Haffner waren 56 Kreuzer.<br />

8.15. lernen & beten<br />

In der ganzen Pfalz entstand ab 1559 in jedem Dorf und Gehöft ein reformiertes<br />

bzw. lutherisches Schulgebäude, das sowohl kirchlichen wie auch schulischen<br />

417 ) Auszug aus dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 8.7.1861, Archiv KL<br />

301


302<br />

302<br />

Zwecken diente. So auch in Erlenbach, aber auch auf dem Gersweilerhof. Alle<br />

lernten lesen und schreiben. Eine tolle Reform. Die neuen Pfarrer predigten im<br />

verständlichen Deutsch. Jeder konnte das verstehen. Dadurch wurde das tägliche<br />

Leben zwar nicht besser, aber die Menschen konnten schneller teilhaben an der<br />

modernen Entwicklung. Und sonntags kam der Vikar von Otterberg rüber, um<br />

hier zu predigen. Dann wurden ganz einfach die Tische hinten hochgestellt und<br />

die Gläubigen saßen vorne und lauschten den Worten Gottes. So gab der Lehrsaal<br />

auch den Rahmen für Hochzeiten und Taufen.<br />

Aber dann der Dreißigjährige Krieg, der uns Mord, Totschlag & Verelendung<br />

brachte. Die schrecklichen Pestwellen von 1625 und vor allem von 1635 radierte<br />

vieles aus. War dies das Ende?<br />

Nein, das menschliche Saatgut blieb erhalten. Und aus ganz Mittel- und<br />

Westeuropa kamen Aufbauhelfer. Bei uns in Erlenbach und dem Gersweilerhof,<br />

wanderten vor allem Hugenotten aus Frankreich ein. So ging es schnell wieder<br />

aufwärts, wie der Phönix aus der Asche. Und so ist es nicht auszuschließen, dass<br />

die neue Schule bereits in den Jahren des Aufschwungs nach dem 30jährigen<br />

Krieg auf den Grundmauern des alten Schulgebäudes von 1559 errichtet wurde.<br />

Fest steht, als die detaillierte Kartierung Erlenbachs um 1825 anfing, da existierte<br />

es schon. Es hat die Flurstück-Nummer 50. Es wird im Verlauf etliche Umbauten<br />

erfahren haben.<br />

So schlimm auch die Napoleonische Herrschaft wegen ihrer Rekrutierung war, so<br />

hatten die Französische Republik und das Französische Kaiserreich doch vielfach<br />

positiven Einfluss auf die rasante Entwicklung des 19. Jahrhunderts gehabt. Dazu<br />

gehörten die Zivilehe, die Einführung des staatlichen Standesamtes, eine<br />

versachlichte Verwaltung, die Aufhebung der Leibeigenschaft und unter anderem<br />

auch die Schulreform. Nach dem Wiener Kongress wurde die Pfalz bayrisch und<br />

viele Neuerungen wurden sinnvollerweise übernommen und in bayerisches Recht<br />

gegossen!<br />

Mit dem Amtsblatt Nr. 27 vom 29. August 1817, S. 365 ff. führte die Regierung<br />

des Rheinkreises mit Sitz in Speyer die allgemeine Schulpflicht ein. In 38<br />

Paragraphen wurde sehr detailliert Fortschrittliches vorgeschrieben. Die<br />

Schulpflicht begann mit 6 Jahren und endete mit 12 Jahren für Mädchen und mit<br />

13 für Jungen. Das Schuljahr begann erstmals am 1. November und endete am 15.<br />

September. Das Jahresgehalt eines Lehrers betrug für kleinere Gemeinden (unter<br />

400 Seelen) 300 Gulden, wobei die Wohnung und der Schulgarten eingeschlossen<br />

waren. (Bargeld gab es wenig). Die Verordnung regelte auch die<br />

Lehrerausbildung (in Kaiserslautern), die tägliche Schulzeit von 3 Vormittags-<br />

und 3 Nachmittagsstunden. Der Fächerkanon mit dem Schwerpunkt Religion- und<br />

Sittenlehre war genauso festgelegt wie der zusätzliche Sonntag- und<br />

Feiertagsunterricht für die jugendlichen Söhne und Töchter. Jede Gemeinde hatte<br />

eine Ortsschulkommission zu bilden, die aus dem Bürgermeister, dem Pfarrer<br />

und einem Ratsmitglíed bestand und die in der ersten Woche jeden Monats tagen<br />

sollte. Übrigens sollte eine Schulklasse aus nicht mehr als 80 Schülern bestehen.<br />

• 1817 starb Johann Wilhelm Gutenberg (Guttenberg) der Schulmeister aus<br />

Heidelberg, der seit 40 Jahren in Erlenbach den Kindern das ABC<br />

beigebracht hatte. Er hatte am 12.2.1782 die Tochter des Otterberger<br />

Schulmeisters Boos geheiratet. Sein Nachfolger wurde


303<br />

• 1818 Johann Jacob Rheinheimer, ein 23 jähriger Mann, frisch von der<br />

Lehrerakademie auf dem Rittersberg Kaiserslautern. . Auch er blieb nicht<br />

lang.<br />

• 1822/23 Johann Riemenschneider. Der dürfte mit der gesetzlich<br />

vorgeschriebenen Censurenliste angefangen haben.<br />

• 1824 – 1850 Ernst Stamm wurde 1790 in Lauterbach/ Großherzogtum<br />

Hessen geboren und hatte am 27.11.1812 in KL die Erlenbacherin Maria<br />

Elisabetha Schneider geheiratet, eine Vorfahrin vom Schneider Hugo.<br />

Ernst Stamms Vater hieß Joh. Heinrich Stamm, ein Pfarrer, der am<br />

26.1.1823 gestorben war. Ob Ernst Stamm als Lehrer in Erlenbach<br />

glücklich war, wissen wir nicht. Denn er starb am 9.3.1844. Als sein<br />

zuletzt ausgeübter Beruf wurde der Handel mit Spezereien Krämer<br />

angegeben. Also müsste der Gemeinderat einen anderen Lehrer engagiert<br />

haben. Sein Sohn Theobald kam am 11.2.1821 auf die Welt und heiratete<br />

später die Amalia Salome Ludovica Reichard * 20.1.1822 in<br />

Germersheim.<br />

1818 kamen in Erlenbach 24 Kinder zur Welt. Unter ihnen war Heinrich<br />

Rheinberger. Er erblickte am 14. Dezember das Licht der Welt. Sein Vater war<br />

der 23jährige Schullehrer Johann Jacob Rheinheimer. Seine Mutter hieß<br />

Elisabetha, eine geborene Schmidt. Auf Grund der Geburten und Sterbefälle der<br />

Kinder können wir sehr gut die Schülerzahlen der Schuljahre ab 1825 abschätzen.<br />

1824 am 20ten Januar erblickte Catharina Zimmer das Licht der Welt. Ihr Vater<br />

war Nicolaus Zimmer, ein Ackerer wie es damals hieß, 34 Jahre alt. Die Mutter<br />

war Jacobina Barth. Das Besondere des standesamtlichen Eintrages sind die<br />

Zeugen. Einerseits der 30 jährige Schullehrer Ernst Stamm aus Erlenbach und<br />

der 51 jährige Anton Kiefer, Feldschütz aus Otterbach. Ernst Stamm fanden wir<br />

in den Lautrern Hochzeitsakten. Er hatte am 27.12.1812 die Erlenbacherin Maria<br />

Elisabetha Schneider geheiratet.<br />

1836: im Spatherbst bekamen alle 76 Erlenbacher Familien Brennholz So auch<br />

der Schullehrer Ernst Stamm, der zu dem Zeitpunkt jetzt 42 Jahre alt war.<br />

1868 ließen die Erlenbacher Gemeindeväter das bestehende Schulgebäude<br />

renovieren und durch einen Anbau erweitern. Sie finanzierten diese Aktion<br />

teilweise aus Holzverkäufen.<br />

1872: „Heute am 16. Juli 1872 (16.7.1872) hat sich der Gemeinderat und die<br />

Ortsschulkommission unter dem Vorsitz des Bürgermeister versammelt und die<br />

Einrichtung einer zweiten Lehrerstelle beschlossen. Schon seit einigen Jahren<br />

überschritt die Erlenbacher die alte Klassenmesszahl von 80 Schülern pro Lehrer.<br />

Weiterer Tagesordnungspunkt war die Finanzierung des Erweiterungsbaues. Die<br />

Finanzierung war eine komplizierte Mischfinanzierung, die seit Jahren immer<br />

wieder diskutiert wurde und zu erregten Streitgesprächen führte. Die Erlenbacher<br />

wollten nach und nach ihre Mittel durch den Holzhieb aus ihrem eigenen<br />

Gemeindewald aufbringen. Der kleine Gersweilerhof war natürlich nicht<br />

Miteigentümer des Erlenbacher Gemeindewaldes. Die Hofbewohner sollten ihren<br />

Anteil über Umlagen aufbringen. Diesem Konflikt ging ein jahrzehntelanges Hin<br />

und Her über Kostenverteilung des Feldschutzes, des Wegebaus, Förster- und<br />

Lehrerfinanzierung voraus. Einerseits betrachteten die Erlenbacher den Hof als<br />

ihr kleines, goldiges Eigentum. Andererseits schlossen die Erlenbacher die<br />

Hofbewohner bei der kostenlosen Brennholzverteilung aus. So gab es regelmäßig<br />

303


304<br />

304<br />

Knatsch, wer welchen Beitrag zu den Gemeinschaftsaufgaben beitragen sollte,<br />

obwohl die Rechtslage klar und eindeutig ist.<br />

Die Erlenbacher sind Eigentümer ihrer 10 Waldstücke und der Gersweilerhof<br />

gehört zum Reichswald. So ist es und so soll es bleiben!<br />

8.17. Die „alten“ Schulgebäude<br />

Nach 1868 erhielt es einen großzügigen Anbau, um die stark wachsende<br />

Schülerzahl 418 aufnehmen zu können. Die Fertigstellung dürfte in 1872 erfolgt<br />

sein. Im Hof waren zwei Toilettenhäuschen. Links für Mädchen, rechts für die<br />

Buben. Der Schulhof und natürlich der Vorraum waren mit dem roten Erlenbacher<br />

Sand bekiest.<br />

1869: (2.3.1869) Das Bürgermeisteramt schrieb das Königliche Bezirksamt in<br />

Kaiserslautern an, weil sich in Erlenbach eine kleine Revolution breit machte.<br />

Was war der Hintergrund? Das Bezirksamt hatte angeordnet, dass statt der<br />

einfachen Tische und Bänke neuartige, kombinierte Tisch- und Sitzgelegenheiten<br />

= -Subsellien angeschafft werden sollten, die irgendein Depp erfunden hatte und<br />

sich hatte patentieren lassen. Aber die klugen Erlenbacher verstanden diesen<br />

Unsinn nicht. Sie rebellierten. Das verunsicherte Bürgermeisteramt schrieb:<br />

„Seit einigen Tagen herrscht in der Gemeinde Erlenbach eine große Aufregung,<br />

weil die Befürchtung Platz gegriffen hat, dass die Tische und Bänke aus dem<br />

Leersaal entfernt und dafür Subsellien angeschafft werden sollen. Da der<br />

Schulsaal zugleich als Betsaal dient und die Gottesdienste daselbst abgehalten<br />

werden, so werden des Sonntags ein Teil der Tische aus dem Lehrsaal entfernt,<br />

die größeren jedoch hinten im Saal aufeinander gestellt, während die Leute vorne<br />

sitzen. Subsellien könnten nicht mehr auf den Gang gestellt werden und müssten<br />

im Saal verbleiben. Erwachsene hätten in den neuen, kleinen Sitzgelegenheiten<br />

keinen Platz und die Anzahl der Gläubigen würde zwangläufig schnell abnehmen.<br />

Das Königliche Bezirksamt argumentierte, die alten Bänke hätten krank gemacht<br />

und die neuen Subsellien seien gesünder. Mit Recht fragen alle ältern Leute, sie<br />

hätten 7 Jahre an den Tischen gesessen, hätten viel gelernt und seien dabei nicht<br />

krank geworden. Warum denn plötzlich ihre Kinder und Kindeskinder? Aber was<br />

hilft alle Logik und Lebenserfahrung, wenn irgendein bornierter Bildungspolitiker<br />

seine verkackten Ideen durchsetzt?<br />

1872: Das Königliche Bezirksamt meldete sich am 26.3.1872 wieder zu Wort und<br />

schrieb das noch zuständige Bürgermeisteramt Otterberg an. Trotz aller Proteste<br />

des Gemeinderates und des Presbyteriums hielt die Obrigkeit stur an dem Plan<br />

fest, an den Subsellien die Zukunft der Bildung festzumachen. „Man kann in dem<br />

Plan ihres neuen Schulhauses ersehen, dass die Subsellien in zwei Reihen<br />

verschiedener Länge und Breite aufgeteilt sind. (Subsellien waren fest<br />

miteinander verbundene Tische und Klappstühle, für meist vier Schüler in einer<br />

Reihe). Vor der Vergabe der im Kostenvoranschlag bezifferten Schreinerarbeiten<br />

verständigen Sie sich mit dem Unternehmer über die unterschiedlich gewünschten<br />

Größen“.<br />

418 ) Die Verwaltung der Stadt Otterberg fertigte diese Aufstellung am 15.10.1886 an!


305<br />

Die obige Lageskizze vom 19. Oktober 1888 verdanken wir dem Streit des<br />

Johannes Lessoins (Lesoine) mit der Gemeinde Erlenbach. Lessoin behauptete<br />

stur und steif, die Vermessung von 1830 sei fehlerhaft gewesen, sonst hätte er sein<br />

Haus nicht auf den eingezeichneten Weg gebaut.<br />

Die Konfessionsschule war aber von Anfang an gleichzeitig Zentrum des<br />

geistigen und geistlichen Lebens. Sonntags hielt der Otterberger Pfarrer oder sein<br />

Vikar dort den Gottesdienst ab. Präperanten und Konfirmationsunterricht, Taufen<br />

und Hochzeiten hielten einen feierlichen Rahmen. Problematisch wurde es, als die<br />

Gemeindeverwaltung 1870 die einfachen Tische und Bänke durch fest<br />

miteinander verbundene Schulbänke und Tische ersetzen wollte. Das brachte die<br />

Presbyter auf die Palme. Wie sollten die Gläubigen in den Schulbänken der ABC<br />

Schützen Platz finden.<br />

Auf der obigen Skizze erkennt man sehr deutlich die beiden Toilettenhäuschen für<br />

die Buben und die Mädchen. Die Gemeinde Erlenbach zeigte wiederum<br />

Weitsicht, als sie das alte Schulhaus zum Bürgermeisteramt umbauen ließ. Das<br />

Bürgermeisteramt ließ das alte Schulhaus 1923 weiter umbauen. Laut Schreiben<br />

305


306<br />

306<br />

vom 3.7.1923 entstand eine „komfortable“ Lehrerwohnung mit Außenklo, in der<br />

ab 1930 der Hauptlehrer Jakob Schmidt (der Kohlenjab) wohnte. Bei der<br />

jährlichen Inspektion durch das Bezirksamt am 18.2.1925 reklamierte der<br />

Bauingenieur des Bezirksamtes die starke Schimmelbildung in der Lehrerküche,<br />

die er auf die mangelhafte Lüftung der Hausfrau zurückführte.<br />

1923 wurden außerdem die Bürgermeisterräume erweitert. Die dabei eingesetzten<br />

Arbeiter Karl Barth, Karl Thines, Adolf Barth und Johannes Barth fielen<br />

deshalb aus der allgemeinen Erwerbslosenfürsorge heraus und wurden ab dem<br />

1.7.1923 bei der örtlichen Krankenkasse angemeldet.<br />

Das neue Schulhaus<br />

1883: Das alte Schulhaus platzte aus allen Nähten. Die Schülerzahlen hatten von<br />

Jahr zu Jahr zugenommen und die extrem hohen Schülerzahlen von 80 je Klasse<br />

für die zwei Klassen wurden 1883 überschritten. Dies sind die ständig steigenden<br />

Schülerzahlen, die das Bürgermeisteramt dem Königlichen Bezirksamt in<br />

Kaiserslautern meldete:<br />

Jahrgang Schülerzahl Jahr Schüler<br />

1880 125 1886 183<br />

1881 139 1887 190<br />

1882 152 1888 192<br />

1883 163 1889 186<br />

1884 167 1890 193<br />

1885 179 1891 194<br />

Anhand der hohen Geburtenzahlen 419 war .keine Besserung abzusehen, so musste<br />

gehandelt werden. Für das Schuljahr 1892 hätte sich eine rechnerische<br />

Schülerzahl von 195 Kindern ergeben.<br />

Jahr Geburten<br />

1879 28<br />

1880 30<br />

1881 27<br />

1882 23<br />

1884 32<br />

1885 28<br />

1886 27<br />

Summe 195<br />

419 ) Die Gemeindeverwaltung erstellte eine Namensliste der geborenen Kinder mit einem<br />

Kurzhinweis auf den Vater. Vgl. den Anhang. Diese Liste ist auch für den Ahnenforscher<br />

interessant. Excel- Format


307<br />

............................................................................................................................................<br />

Der Neubau wurde 1887 auf dem alten Friedhof begonnen Zuerst war es ein<br />

anderthalb stöckiges Gebäude mit zwei Schulsälen und im Dachgeschoß<br />

entstanden zwei Wohnungen für die Hilfslehrer, heute führen sie den Titel<br />

Referendare. Wie Sie sehen, waren links und rechts des Gebäudes Mauern, die<br />

den Geländeunterschied auffingen. Gemäß der Abrechnung vom 1.Mai 1891 hatte<br />

das Ensemble zusammen 21.150,00 Reichsmark gekostet. Die Kosten teilten sich<br />

wie folgt auf:<br />

Kostenart Reichsmark<br />

Erdarbeiten 2.569,56<br />

Gewölbearbeiten 2.901,00<br />

Andere Maurerarbeiten 4.063,00<br />

Steinhauer 1.654,25<br />

Zimmerleute 1.876,00<br />

Dachdecker 634,00<br />

Spengler 253,00<br />

Glaser 806,00<br />

Schreiner 1.257,64<br />

Sonstiges 2.035,55<br />

Kosten des Hauptgebäude 18.050,00<br />

Externe Aborte 1.375,00<br />

Einfriedung 1.446,00<br />

sonstiges<br />

Gesamtkosten 21.150,00<br />

307


308<br />

308<br />

Zur Finanzierung nahm die Gemeinde Erlenbach einen Kredit über 15.000<br />

Reichsmark auf, den sie in 15 Jahren zurückzahlte. Die letzte Rate war 1906<br />

fällig.<br />

Auf der Lageskizze des Vermessungsamtes sucht man vergebens die hohe<br />

Eingangstreppe, die heute in das Gebäude führt. Die Schule hatte 1891 Platz für<br />

zwei Schulklassen. Als das achte Schuljahr geplant wurde, stockte die Gemeinde<br />

das „neue Gebäude“ ab 1923 auf, Fertigstellung war rechtzeitig in 1926. Aber<br />

mittlerweile hatten auch die beiden unteren Schulsäle gelitten Denn als das Dach<br />

abgedeckt worden war, hatte es wochenlang in das Gebäude hineingeregnet. Der<br />

Deckenputz war teilweise abgefallen und die verbliebenen Reste bedrohten die<br />

Schüler. Deshalb forderte das Bezirksamt Kaiserslautern die Gemeinde zur<br />

raschesten Abhilfe auf, zumal die Bauhandwerker noch im Bau waren. 1926<br />

standen vier Säle für die vier Klassen zur Verfügung und das Bürgermeisteramt<br />

hatte endlich genug Platz. Außerdem konnten die zwei Hilfslehrer im<br />

Dachgeschoß ihre neuen kleinen Wohnungen beziehen, während die beiden<br />

Hauptlehrer weiterhin im alten Schulhaus domizilierten.<br />

8.18. Die Kirche in Erlenbach, Bau der Kirche,<br />

ihre Pfarrer ab 1861 und die Turmuhr<br />

Der protestantische Kirchenbau war notwendig, nachdem das Dorf fast 1.000<br />

Einwohner hatte. Für Taufen und Hochzeiten hätte der Schulsaal ja noch lange<br />

ausgereicht. Aber sonntags versammelten sich zum Gottesdienst mehr als 200<br />

Gläubige. Schon allein deshalb war eine eigene Kirche dringend notwendig. .So<br />

finanziell das auch schwer war, die Erlenbacher trugen die ihnen aufgebürdeten<br />

Lasten stoisch, zum Teil doch meckernd. Wie so oft, kam eine Mischfinanzierung<br />

auf den Weg. Das Presbyterium hatte rechtzeitig Reserven angesammelt, die aber<br />

bei weitem nicht ausreichten. Die Kirchengemeinde nahm im April einen 4 %<br />

Kredit mit einer Laufzeit von 15 Jahren auf. Die Annuität betrug 1.140 Mark. Die<br />

letzte Rate war dann 1914 mit einer Resttilgung von 781 Mark und noch 31,26<br />

Mark Zinsen. Da der Kirchengemeinde die Einnahmen aus der neuen<br />

Kirchensteuer zustanden, konnte sie sich die jährliche Belastung von 1.140 Mark<br />

leisten:<br />

Andererseits war die politische Gemeinde Erlenbach gefordert, ebenfalls einen<br />

Kredit aufzunehmen. Der Gemeinderat weigerte sich zuerst erfolgreich, da er auf<br />

seine angespannte Finanzlage hinweisen konnte. Aber dann sprach der<br />

Prinzregent ein Machtwort. Zins und Tilgung sollten durch eine Zusatzsteuer<br />

aufgebracht werden.<br />

1899, 25 Juni: im Namen seiner Majestät des Königs, erließ seine Königliche<br />

Hoheit Prinz Luitpold, Verweser des Königreichs Bayern die allerhöchste<br />

Anweisung, dass die Protestanten Erlenbachs bis zum Höchstbetrag von 90 %<br />

ihrer direkten Staatssteuern zusätzlich zu zahlen hätten. Dies galt von 1900 an und<br />

die Zusatzsteuer belastete die Erlenbacher 15 Jahre lang.<br />

Wer Baumeister oder Architekt war, das konnten wir nicht feststellen. Aber wir<br />

wissen, die Steine kamen aus dem Steinbrüchen Barth, Thines (Krehbach) &<br />

Winter aus der Steinbruchstraße. Dort waren bis zu 50 Steinbrecher und


309<br />

Steinhauer beschäftigt. Noch heute können wir die perfekte Stein- und<br />

Maurerarbeiten bewundern, die unsere Handwerker ablieferten. Die<br />

Maurerarbeiten erledigte die Firma des Maurermeister Karl Barth I., * 24.2.1860.<br />

Die Einweihungsfeier wurde im Stile der damaligen Zeit gefeiert. Dem langen<br />

Zug durch Erlenbach gingen 26 Ehrenjungfrauen in weißen langen Kleidern<br />

voraus. Jede hatte ein Krönchen auf und ein Sträußchen in der Hand. Das Foto<br />

entstand im Schulhof. Ganz rechts sehen Sie noch die Mauer des unappetitlichen<br />

Toilettenhauses<br />

1900: Radio und Fernsehen waren noch nicht erfunden und nur wenige Leute<br />

hatten eine Taschenuhr. So war es höchst sinnvoll, zentral auf dem hohen<br />

Kirchturm eine große Gemeindeuhr zu installieren, die traditionell regelmäßig<br />

viertelstündlich schlug. Damals regnete sich noch keiner über den schönen Klang<br />

auf. So wusste jeder im Umkreis, was die Uhr geschlagen hatte. Am 28.<br />

September beantwortete das Presbyterium das Wunschschreiben des<br />

Bürgermeisteramtes. Die Kirchengemeinde stellte für die Installation folgende<br />

Bedingungen:<br />

1. Die Gemeinde Erlenbach trägt nicht nur alle Kosten der Bestellung,<br />

Aufstellung und Unterhaltung der Uhr, sondern verspricht auch, alle durch<br />

Aufstellung, Unterhaltung und Regenerierung derselben in und an der<br />

Kirche jemals notwendigen Arbeiten aus der Gemeindekasse zu<br />

übernehmen.<br />

2. Die politische Gemeinde verpflichtet sich, die Uhr auf ihre Kosten<br />

aufziehen. zu lassen und zwar von einem solchen Manne, welcher dem<br />

Presbyterium genehm ist. Und bei begründetem Verlangen aber denselben<br />

zu verabschieden und einen anderen dem Presbyterium zusagenden anzustellen.<br />

Außerdem verpflichtet sich die Gemeinde, für jeden Schaden an<br />

der Kirche aufzukommen, der durch die Schuld des Aufziehers verursacht<br />

wird.<br />

3. Für den Fall, dass im Laufe der Zeit, die eine oder andere Glocke springen<br />

sollte und der Schaden auf die Turmuhr zurückzuführen ist, verpflichtet<br />

sich die Gemeinde den Schaden auf ihre Kosten zu beheben.<br />

1901: am Heiligabend tagte der Erlenbacher Gemeinderat 420 unter der Leitung<br />

von Bürgermeister Jacob Mayer. Er bestimmte den Polizeidiener Jacob<br />

Knieriemen III das Aufziehen der Erlenbacher Turmuhr ab dem 1. Januar 1902<br />

zu übertragen. Er bekam dafür als jährliche Entschädigung 35 Mark, also 10<br />

Pfennig pro Tag. Außerdem sollte er das Neujahrsläuten für drei Mark erledigen.<br />

Alles vorbehaltlich der Zustimmung des Presbyteriums.<br />

Die Glockenbeschlagnahme 421<br />

„Mit zunehmender Kriegsdauer wurde deutlich, dass es aufgrund der nicht<br />

erfolgten Vorbereitung für einen längeren Krieg notwendig wurde, Ersatzmetalle<br />

420 ) Dem Gemeinderat 1901 gehörten an: 2) der Adjunkt Johannes Hollstein, 3) Jacob Barth, 4.)<br />

Philipp Herbach, 5) Jacob Hollstein, 6.) Peter Knieriemen, 7) Benedikt Korn, 8) Nicolaus<br />

Mangold, 9) Philipp Merz, 10) Heinrich Merk, 11) entschuldigt fehlte Theobald Geiß<br />

421 ) Heinrich Thalmann, Die Pfalz im Ersten Weltkrieg, Kaiserslautern 1990, S. 286 ff.<br />

309


310<br />

310<br />

zu beschaffen. Besonders gefragt waren Kupfer, Zinn und Aluminium, auch in<br />

den Legierungen Bronze und Messing, so dass nach und nach Bauteile,<br />

Haushaltungs- und Einrichtungsgegenstände wie Blitzableiter, Dachrinnen,<br />

Fenster- und Türgriffe, Konservendosen, Destillationsapparate beschlagnahmt und<br />

schließlich gegen einen festen Übernahmepreis enteignet wurden. Trotzdem<br />

zeichnete sich ab, dass dies nicht genügte und auch Kirchenglocken – bestehend<br />

aus 75 % Kupfer und 25 % Zinn – heranzuziehen waren... Angesichts des immer<br />

steigenden Rüstungsbedarfs erfolgten 1916 die Vorarbeiten für eine systematische<br />

Glockenbeschlagnahme im ganzen Reich, die am 1. März 1917 in eine<br />

Bekanntmachung mündete... Danach sollten alle Glocken über 20 kg, mit<br />

Ausnahme von Glockenspielen und Signalglocken beschlagnahmt werden. Davon<br />

befreit waren Glocken, für die ein besonderer wissenschaftlicher, geschichtlicher<br />

oder Kunstwert bestand. Das den Kirchenverwaltungen und Gemeinden<br />

zugehende Formular war für jedes Glockengebäude gesondert auszufüllen und<br />

verlangte für jede Glocke die Angabe des Alters. Glocken, die vor 1770 gegossen<br />

wurden, waren von der Beschlagnahme automatisch freigestellt. Die Erlenbacher<br />

Glocken waren aber noch keine 20 Jahre alt und so holte man sie 1917 vom<br />

Kirchturm. In etlichen pfälzischen Orten gab es gegen die Glockenenteignung<br />

erfolgreichen Widerstand, so dass trotz aller patriotischen Gefühle von den<br />

insgesamt 2.213 Glocken der Pfalz „nur“ 1.216 eingeschmolzen wurden. Die<br />

Glocken, so vieles anderes wurde sinnloserweise geopfert, vernichtet. Alles ohne<br />

Sinn und Verstand.<br />

Politischer Wahnsinn raubte unsere Glocken. Nach dem Krieg musste deshalb<br />

die Gemeinde Erlenbach selbstverständlich auch die neuen Glocken, nebst neuer<br />

Seile aus dem öffentlichen Haushalt bezahlen. Dieser zweite Glockensatz wurde<br />

am 14.6.1925 in einem großen Festakt geweiht. Die alte Turmuhr übernahm<br />

wieder ihre Arbeit und sonntags läutete der Kirchendiener zum Gebet. Das war<br />

anstrengend, denn das alte Glockenlager verursachte die Schwerstarbeit. Und die<br />

Technik hatte sich weiter entwickelt. Was war zu tun? Pfarrer Renner<br />

informierte sich und holte ein Angebot an. Die Lösung war ein Kugellager für 300<br />

Reichsmark.<br />

1927: 28. Juni: Pfarrer Renner schrieb den Bürgermeister Erlenbachs an und bat<br />

um Unterstützung bei der Finanzierung des Kugellagers. Er argumentierte wie<br />

folgt. Wegen der großen Arbeitslosigkeit zahlten die protestantischen Bürger<br />

keine Kirchensteuerumlage mehr. Auch andere, die noch genug Geld hätten,<br />

würden sich weigern, ihren Obulus zu entrichten. Pfarrer Renner glaubte, dem<br />

Bürgermeisteramt Erlenbach wären einfach bessere Möglichkeiten gegeben, über<br />

die Finanzkrise hinwegzukommen, als die Kirchengemeinde dazu in der Lage sei,<br />

weil das Presbyterium die Kirchensteuerumlage nicht erhöhen dürfe und auch<br />

nicht mit Zwangsmitteln gegen die Säumigen vorgehen wolle. Außerdem würde<br />

Herr Gugel in seiner Eigenschaft als Ratsmitglied, die Meinung des<br />

Presbyteriums vortragen. Aber leider war diesen heiligen, geweihten Glocken<br />

kein langes, kein seliges Ende zugedacht. Entsprechend ihrem nihilistischen<br />

Charakter holten sie die Kirchenglocken im Zweiten Weltkrieg wieder vom<br />

Turm und ließen sie zu Kanonen umschmelzen. Nun brachten sie statt Frieden<br />

Tod und Verderben.


311<br />

8.20. Die Auswanderung im 19 Jahrhundert<br />

in die USA<br />

Grenzenlose Armut war die Triebfeder der immer währenden Auswanderung nach<br />

Nordamerika. Die bäuerlichen Betriebe boten mit ihren meist weniger als sechs<br />

Hektar den großen Familien keine ausreichende Existenzgrundlage, zumal noch<br />

keine guten Düngemittel erfunden waren. Die Nord- und Westpfalz bot nicht genug<br />

Raum, um eine Familie zu gründen oder gar zu ernähren. Nichts hielt die Pfälzer in<br />

ihrer Heimat. Die Ausgewanderten schrieben ihren Verwandten und zogen so viele<br />

nach sich. Die Auswanderer hatten alle Chancen, durch harte, entbehrungsreiche<br />

Pionierarbeit sich eine sichere Existenz zu schaffen. Kein Wehrdienst, keine oder<br />

kaum Steuern, keine staatlichen Repressionen. Die Arbeitsleistung kam jedem<br />

selbst uneingeschränkt zugute. Die Recherche und vor allem unsere Website<br />

>hefersweiler-berzweiler.de< eröffnete intensive Kontakte zu früheren Auswanderer<br />

Familien. Durch diverse Quellen konnte so manches Schicksal aufgehellt werden,<br />

aber es bleiben noch viele Fragen offen. Ebenso hilfreich waren die einseitige<br />

Auswanderungsliste der Verbandsgemeinde Wolfstein, das Schultagebuch<br />

Berzweiler (1838 – 1904), die Kartei des Instituts für Pfälzische Geschichte,<br />

Familienchroniken und die Schiffslisten 1848 – 1898 . Im zweiten Band der<br />

Familienchronik sind die Auswanderer kenntlich gemacht, die selten allein das Dorf<br />

verließen. Sie waren meist in Begleitung von Verwandten, Freunden.<br />

Doch wie kamen die Auswanderer zu den begehrten Pässen? In Gemäßheit<br />

nach § 23 der allerhöchsten Verordnung 422 vom 17. Dezember 1829 stellte der<br />

Unterthan sein Gesuch um die Erlaubniß zur Auswanderung beim<br />

Bürgermeisteramt. Der Gemeindeschreiber leitete das Schreiben an das<br />

Königlich Bayerische Bezirksamt Kusel weiter. Die Bürokratie arbeitete<br />

langsam, aber verläßlich. Hinzu kam die Postlaufzeit. Aber damals ging alles viel<br />

weniger hektisch zu. Ob sich jemand über die längere Bearbeitungszeit aufgeregt<br />

hatte? Genutzt hätte es ihm sowieso nichts. Das Bezirksamt in Verbindung mit<br />

dem Bürgermeisteramt prüfte, ob der Antragsteller die Gewerbe- und<br />

Grundsteuer bezahlt und die Umlage für den Dorffassel entrichtet hatten. So<br />

hatte der Auswanderer erstmals noch 2 Gulden zu zahlen, etwa 1/10 eines<br />

Monatseinkommens. Die Männer konnten sowieso erst nach Ableistung des<br />

Militärdienstes ausreisen, wenn sie nicht aus gesundheitlichen oder anerkannten<br />

anderen Gründen „militärfrei“ waren.<br />

Das Königliche Landcommissariat in Kaiserslautern teilte mit Rundschreiben N°<br />

2248 dem Bürgermeisteramt Otterberg die Auswanderung nach Nordamerika<br />

betreffend folgendes mit: Nach einer von königl Regierung unterm 4ten dieses<br />

Monats mitgeteilten höchsten Ministerialverfügung müßen die von bayerischen<br />

Unterthanen behufs der Auswanderung nach Amerika mit Dr. Strecker in Mainz<br />

und dem Handelshause Klein & Kellermann in Bingen abgeschlossenen<br />

Überfahrtsverträgen, von dem königl Bayerischen Consul am Orte der<br />

Einschiffung zur See, also entweder von dem zu Havre oder jenem zu<br />

Rotterdam quittiert werden, ehe solche also zu genügende Dokumente zur<br />

Ertheilung der Auswanderungsbewilligung angenommen werden können.<br />

Hiernach sind die Auswanderungslustigen in vorkommenden Fällen zu belehren.<br />

Hier einige mutige Erlenbacher, die in die U.S.A. gingen<br />

422 ) Die obige Verordnung wurde geändert: Artikel 2 vom 18. Februar 1854 im Amtsblatt 1854, Abl N° 14<br />

311


312<br />

312<br />

So erhielt das Oberbürgermeisteramt Otterberg vom Bezirksamt folgendes<br />

Schreiben:„In Gemäßheit der nach § 23 der allerhöchsten Verordnung vom 17ten<br />

Dezember 1829 der unterzeichneten Behörde zustehenden Kompetenz wird<br />

hiermit Joh. Nicolaus Janz, 37 Jahre alt, Tagelöhner auf dem Gersweilerhof, die<br />

nachgesuchte Entlassung aus dem königl. bayerischen Untertanenverbande und<br />

die Erlaubnis zur Auswanderung nach Nordamerika mit seiner Frau Catharina,<br />

geborene Marki mit seinen 3 Kindern:<br />

Johann Nicolaus, geboren 8.8.1822<br />

Peter, geboren 3.10.1824<br />

Karl, geboren am 12.2.1828<br />

Von dieser Entschließung ist dem Bittsteller Abschrift mitzuteilen und ihm<br />

der nachfolgende Reisepass nebst Schiffakkord auszuhändigen. Das<br />

Oberbürgermeisteramt vermerkte ganz klein geschrieben, dass die Familie<br />

Janz ein Vermögen von 360 Gulden hatte. Also genug, um die Ausreise zu<br />

finanzieren.<br />

1824: am * 17.7.1824 wurde Jacob Barth in Erlenbach geboren. Seine Eltern<br />

waren Heinrich Barth und Charlotta geborene Barth. Inmitten der Armut sah er<br />

für sich keine Chance. Er stellte beim Landeskommissariat KL den Antrag auf<br />

Auswanderung. Nachdem er über 100 Gulden nachweisen konnte und die offenstehenden<br />

Steuern bezahlt waren, erteilte die heutige Kreisbehörde die<br />

Genehmigung. Er wanderte 1852 über Le Havre aus.<br />

Korn Peter, * 20.5.1834 in Erlenbach, war 68 Jahre alt, als er auswanderte. Er<br />

hatte es leicht, denn sein jüngerer Bruder Jacob 423 (*17.7.1824) war 40 Jahre<br />

vorher ausgewandert und hatte seiner Familie immer wieder die Auswanderung<br />

schmackhaft gemacht. Sein Bruder hatte ihm das notwendige Geld geschickt und<br />

so verließ er 1892 (mit Erlaubnis der bayrischen Behörde) das traurige und<br />

armselige Erlenbach. Die Brüder Korn waren Söhne des Tagelöhners Heinrich..<br />

Dies war damals nur ein gradueller Unterschied zu Bettlern. Mit Peter Korn<br />

ging sein Freund der gleichaltrige Jacob Braunbach 424 * 17.7.1824, allerdings<br />

ohne Genehmigung.<br />

Die Familie des Tagelöhners Peter Burkholder, 40 Jahre mit seiner Frau<br />

Elisabetha, geb Dik mit den Kindern Regina * 18.12.1824<br />

Die Tagelöhnerfamilien Konrad Dik mit seiner ehelichen Hausfrau Elisabetha<br />

Steyer und den Kindern Margretha, * 23.9.1827 und sein Bruder Friedrich Dik<br />

mit Ehefrau Henriette, geb. Ball.<br />

Eine gescheiterte Auswanderung: Der spätere Lumpensammler Henrich<br />

Steidel kam am 12.10.1842 in Erlenbach als Sohn des damals 38jährigen<br />

Tagelöhners Wilhelm Steidel und der Christina Barth auf die Welt. Er zeugte<br />

mit der am 22.8.1841 in Morlautern geborenen Charlotta Reisel 425 , der Tochter<br />

423 ) Jacob Barth, * 12.7.1824, seine Eltern: Heinrich Barth damals 43 und seine Mutter Charlotta, geb.<br />

Barth, seine Paten waren Leonhard Barth, 32, Tagelöhner und Georg Haffner, 29, Tagelöhner aus<br />

Otterbach<br />

424 ) Jacob Braunbach ist der Sohn von Joh. Conrad Braunbach oo Anna Maria Haas<br />

425 ) Ihre Eltern sind Jacob Reisel, der am 30.7.1820 in Erlenbach auf die Welt gekommen ist und Elisabetha<br />

Ziegler, * 23.6.1821 in Morlautern, die am 23.4.1844 geheiratet hatten. Bei dieser Eheschließung<br />

erkannten sie auch ihre 3 Jahre vorher geborene gemeinsame Tochter Charlotta als ehelich an. Die


313<br />

des Erlenbacher Schreiners Jacob Reisel und dessen Ehefrau Elisabetha, geb.<br />

Ziegler drei unehelichen Kinder 1) Elisabetha Reisel, * 19.9.1863, 2) Heinrich<br />

Steidel * 21.9.1866 {der nur 7 Stunden lebte], 3) Katharina Reisel * 7.3.1868, †<br />

20.3.1868. Die beiden Brautleute heirateten am 9. Juli 1868 in Otterberg. Das 4<br />

Kind, die Tochter Margretha wurde am * 26.6.1870 geboren. Am 26.6.1873<br />

folgte das 5.) Kinde Peter Steidel. Damals wie heute haben es Männer ohne<br />

ausreichende Schul- und Berufsausbildung schwer, sich anders als mit<br />

kurzfristigen Hilfsarbeiten durchzuschlagen. Ohne Ausbildung, nur von der<br />

Hoffnung getragen, in Amerika mehr Glück zu haben, wanderte er im Jahr 1880<br />

in die U.S.A. aus. Er blieb 18 Jahre in Nordamerika, jedoch ohne jeden<br />

nachhaltigen Erfolg gehabt zu haben. Freunde schenkten ihm dann Geld, damit er<br />

zurückkehren konnte. Reumütig, belächelt, erschien er wieder in Erlenbach,<br />

ohne Geld, ohne Vermögen, eine kleinlaute Kreatur. Der Gemeinderat 426 wies<br />

ihm eine kostenlose Wohnung im Gemeindehaus, im früheren Armenhaus zu.<br />

Ende 1905 stellte Steidel den Antrag, wieder in Erlenbach als Bürger und<br />

bayrischer Staatsbürger aufgenommen zu werden. Aber der Gemeinderat lehnte<br />

einstimmig am 13.1.1906 seinen Antrag ab, da er mit Recht befürchtete, Steidel<br />

würde der Gemeinde weiterhin zur Last fallen<br />

Bis 1848: wanderten wohl die meisten pfälzischen Auswanderer über den<br />

französischen Hafen Le Havre aus. Ein großer Teil waren arme, überschuldete<br />

Schlucker, die die Überfahrt nicht bezahlen konnten und lungerten deshalb im<br />

Hafengebiet herum. Dies führte zu innenpolitischen Schwierigkeiten, die die<br />

Französische Regierung dazu bewog, die Einreise zu erschweren und verschärfte<br />

deshalb die Grenzkontrollen. Folgerichtig warnte das königliche Landkommissariat<br />

Kaiserslautern, Schreiben N° 984, unter dem Datum vom 24.2.1840: „Den<br />

Auswanderer nach Nordamerika ist der Eintritt in Frankreich nur unter folgenden<br />

Bedingungen gestattet:<br />

1. sie müssen einen von einer französischen Gesandtschaft quittierten Pass<br />

besitzen;<br />

2. dieses Visa wird nur dem erteilt, wenn der Auswanderer ein von dem<br />

Bürgermeisteramt ausgestattetes und gehörig legalisiertes Zeugnis beibringt,<br />

worin bescheinigt wird, dass der Passinhaber, wenn er allein reist, eine<br />

Barschaft von 400 Gulden besitzt und wenn er von Familie begleitet ist,<br />

außerdem 200 hfl für jedes Mitglied derselben mit sich führt. Wer sich bei der<br />

unterzeichneten Behörde um die Ausfertigung eines Passes zur Reise nach<br />

Nordamerika bewirbt, muss ein solches Zeugnis auf Stempelpapier vorlegen.<br />

Auch einzelne Personen, die nicht nach Amerika auswandern wollen, um sich<br />

daselbst niederzulassen, sondern sich bloß nach Amerika begeben, um dort<br />

Verwandte zu besuchen, oder sich im Gewerbe auszubilden, haben ein solches<br />

Vermögenszeugnis zu produzieren.“<br />

3. „Letzteres darf nur dann ausgestellt werden, wenn die bestehenden<br />

Verhältnisse den vorgeschützten Reisezweck Verwandte zu besuchen oder<br />

Arbeit zu begehren, wahrscheinlich machen und nicht die Vermutung<br />

Familie Reisel stammt eigentlich aus Imsbach. Joh. Jacob Reisel oo am 13.8.1813 in Kaiserslautern die<br />

aus Mölschbach stammende Marth Catharina Barth.<br />

426 ) Der Gemeinderat bestand aus Johannes Hollstein war Bürgermeister, 2) Karl Hollstein sein<br />

Stellvertreter.3) Johannes Barth war der dritte. 4) Wilhelm Cherdron 5) Konrad Gugel, 6) Franz<br />

Kühner, 7) Theobald Korn, 8) Philipp Merz, 9) Johannes Reich, 10) Franz Schneider, 11) Philipp<br />

Herbach. Entschuldigt fehlte Theobald Geiß<br />

313


314<br />

314<br />

begründen, dass überschuldete Individuen durch heimliche Auswanderung<br />

sich den Forderungen ihrer Gläubiger zu entziehen trachten. Einem<br />

Individuum, welches seiner Conscriptionspflicht (Wehrpflicht) noch nicht<br />

Genüge getan hat, wird zur Ausreise nach Amerika nur dann ein Pass<br />

ausgefertigt, wenn er vorher Kaution zur Stellung eines Ersatzmannes für den<br />

Fall des Aufrufs geleistet hat“<br />

Dieses Mühsal ersparten sich die legalen, finanziell gut ausgestatteten<br />

Auswanderer, die die Reise im Reisebüro buchten, damals Agenturen genannt.<br />

Einige Spezialagenturen hatten die Marktlücke erkannt und boten die Ausreise als<br />

Pauschalpaket an.. Da sie regelmäßig viele Schiffsplätze im Voraus gebucht und<br />

bezahlt hatten, konnten sie problem- und nahtlos ihre Kunden nach Nordamerika<br />

bringen, so dass unnötige Wartezeiten in den Häfen vermieden wurden. Einer von<br />

ihnen war der Schiffsmakler „Washington Finlay“. In vielen Orten waren<br />

örtliche Agenturen, die Schiffsreisen verkauften. In Kaiserslautern war dies<br />

Philipp Mahla an der Fruchthalle. Finlay hatte sich auf die Route Le Havre –<br />

New York spezialisiert. Sein Service war umfassend. Seine Leute, die<br />

Conducteure, begleiteten die Auswanderer bis an Bord, so dass sie sich nie<br />

verloren fühlten. Im Reisepreis von 48 Gulden je Erwachsenem war alles<br />

inbegriffen. All inklusive, würden wir heute sagen, Kost und Logis. Ab Köln<br />

konnten die Reisenden auch den Zug nach Le Havre nehmen, um Zeit zu<br />

gewinnen. Die Reise dauerte insgesamt 30 – 35 Tage. Wöchentlich einmal ging<br />

auch ein Postschiff nach New York. Der Agent lobte die bequeme innere<br />

Schiffsausstattung, die den Reisenden eine angenehme Reise versprach. Alle 10<br />

Tage segelte auch ein Dreimaster nach New Orleans. Diese Reise dauerte 1846<br />

immerhin 56 Tage 427 . Diese Reisebüros, damals Agenten (Agenturen) genannt,<br />

versicherten auch gegen eine kleine Gebühr das Reisegepäck bis nach New York.<br />

Die Auswanderer konnten kostenlos Gepäck bis zu 100 kg (damals 2 Zentner<br />

genannt) mitnehmen.<br />

Die Überfahrt verlief oft stürmisch, ein Großteil der Passagiere wurde seekrank.<br />

Der Otterberger Cherdron benennt sechs von 209 Auswanderern, die während<br />

der Sturmfahrt starben. Die Matrosen wickelten die Leichen in alte Segeltücher<br />

und beschwerten sie mit Steinen an den Füßen und nach einem kurzen Gebet<br />

übergab man sie dem Atlantik. Aber auch 3 Kinder kamen zur Welt. Die meisten<br />

Schiffe liefen New York an. Die meisten Auswanderer bevorzugten diese Stadt,<br />

da sie hofften, dort Landsleute oder Verwandte zu treffen. Ein weiterer Grund war<br />

die gute Verkehrsanbindung in den Mittleren Westen, in die Staaten. Ohio und<br />

Illinois. In New York bestieg man das Dampfboot und fuhr den Hudson hinauf<br />

bis nach Albany. Über den bereits 1825 fertig gestellten Erie-Kanal gelangten die<br />

Einwanderer 9 Tage später nach Buffalo am Erie See. Die Neubrechts<br />

(Newbright) gingen nach Ohio, Montgommery County, wo seit 1846 sich<br />

Familienmitglieder niedergelassen hatten. Am einfachsten hatten es Handwerker,<br />

sich eine neue Existenz aufzubauen.<br />

427 ) Pfälzer in Amerika, s.o. S. 109


315<br />

8.21. Der Straßenbau: Gersweilerhof ↔ Erlenbach,<br />

Wir kennen alle diese sehr steile Straße, ohne Fußweg, End- oder Ausgangsstück<br />

der heutigen K 9. Heute ist Vorsicht angesagt, dies gilt sowohl für die Autofahrer,<br />

insbesondere aber für die Fußgänger. Dieses Teilstück hatte es schon immer in<br />

sich. 1880 lebten 12 Familien auf dem Gersweilerhof. Sie waren auf die<br />

befestigte Straße angewiesen. Die Kinder gingen in Erlenbach zur Schule und<br />

auch die Landwirte brauchten zur Ackerbestellung, Ernte und Vermarktung ihrer<br />

Produkte einen befestigten Weg. Die Pferde- und Ochsenkarren hatten schmale<br />

Räder, die sich immer weiter in den oft schmierigen Untergrund eingruben, so<br />

dass tiefe Rillen entstanden. Regen, Eis und Schnee taten ihr übriges. Die<br />

Hofbewohner hatten es allmählich satt, dass sich nichts tat. Immer und immer<br />

wieder waren sie bei der Gemeindeverwaltung und dem zuständigen<br />

Bürgermeister in Otterberg vorstellig geworden. Bereits seit dem Mai 1882 war<br />

das Königlich Bayer. Bezirksamt in die Verhandlungen eingebunden, aber dann<br />

kam Bewegung in die Sache.<br />

29. Juni 1883: der Erlenbacher Gemeinderat fasste endlich den Beschluß, diesen<br />

Weg auszubauen. Damals wie heute verging noch etliche Zeit bis zur<br />

Realisierung. Der Otterberger Bürgermeister leitete den Beschluß an das<br />

Königliche Bezirksamt in Kaiserslautern weiter.<br />

6. Okt 1883: der Bezirksamtmann Schmitt nahm dazu Stellung. Er schrieb:<br />

Angesichts der anderweitigen großen Belastungen der Gemeinde Erlenbach und<br />

der angespannten Finanzlage, sieht er (Schmitt) den ins Auge gefassten Ausbau<br />

als nicht zwingend an, zumal dieser Weg nur den Hofbewohnern zugute kommt.<br />

„Wohl sind die Gemeinden zur Herstellung geeigneter Verbindungswege<br />

verpflichtet, aber über Umfang und Art der Leistung beschließenden Behörde<br />

macht § Art 89, Abs. VI der Gemeindeordnung ausdrücklich eine entsprechende<br />

Rücksichtsnahme auf die Leistungsfähigkeit der Gemeinde zur Pflicht“ Aber<br />

anscheinend stand er dem Ausbau doch wohlwollend gegenüber.<br />

13. Okt. 1883: Bezirksamtmann Schmidt schreibt unter diesem Datum dem<br />

Otterberger Bürgermeister:<br />

„Nachstehend erhalten Sie die Abschrift meiner heute an den Adjunkten<br />

Holstein in Erlenbach ergangenen Zuschrift zur Kenntnisnahme: Auf<br />

wiederholte Vorstellung der Hofbewohner des Gersweilerhofes wegen<br />

Herstellung des Weges an diesen Hofe auf der Gemarkung Erlenbach habe<br />

ich beschlossen, unter Zuziehung des Bauschaffners und der Bewohner 428<br />

des Gersweilerhofes eine Besichtigung der Wegstrecke vorzunehmen“, die<br />

am Mittwoch, den 18. Oktober um 14 Uhr stattfand. Herbeizitiert wurden<br />

auch die Adjunkten Hollstein (Erlenbach) Jacob Geiß vom<br />

Gersweilerhof.<br />

Inzwischen hatte der Bezirksbauschaffner ein Gutachten nebst<br />

Kostenvoranschlag erstellt. Er bezifferte den Ausbau auf 800 Reichsmark bei<br />

einer vernünftigen Chaussierung Am 15. Februar 1884 hatte die Gemeinde<br />

428) Die Bewohner laut Protokoll waren die Familien Philipp Karch, Jacob Korn, Philipp Marky,<br />

Jacob Geiß, Adam Knieriemen, Engelhardt, Theobald Knieriemen III, Carl Benkel, Johannes<br />

Marky, Th. Marquis I und Th. Marquis II<br />

315


316<br />

316<br />

Erlenbach bereits 700 Mark auf einem Sperrkonto bei der Verzinsungskasse<br />

Kaiserslautern einbezahlt. In seinem Schreiben vom 21 März 1884 reklamierte<br />

Amtmann Schmitt diese Finanzierung. Denn Erlenbach habe keinerlei Vermögen<br />

und lebe von der 200%igen Bezirksumlage. Außerdem hätten sich die<br />

Hofbewohner geweigert, den fehlenden Rest von 100 Mark aufzubringen.<br />

Deshalb sollte der Weg nicht chaussiert, sondern nur in einen fahrbaren Zustand<br />

versetzt werden. Aber im Interesse der Hofbewohner sei es wünschenswert, wenn<br />

sie endlich mal einen sachgemäß hergestellten und dadurch haltbaren Weg<br />

bekämen. Dies sollten die Bewohner doch endlich mal einsehen und den<br />

Finanzierungsrest von 100 Mark aufbringen. Daraufhin lud der Bürgermeister<br />

die Hofbewohner zu einem Gespräch am Dienstag, den 15. April 1884,<br />

nachmittags in Otterberg ein. Der Polizeidiener machte sich auf den Weg und ließ<br />

die Bewohner das Einladungsschreiben unterschreiben. Nur Johannes Marky<br />

verweigerte die Unterschrift.<br />

1. Akt<br />

Herbst 1884; der Gemeinderat beschloss die Ausschreibung, die am 15.10.1884<br />

in der Pfälzischen Volkszeitung veröffentlicht wurde. Die Eröffnung der<br />

verschlossenen Angebote erfolgte am Mittwoch, den 22. Oktober, um 10 Uhr im<br />

Stadthaus Otterberg. Den Zuschlag erhielt der billigte Anbieter. Es war der<br />

Bauunternehmer Christian Kleemann von Bayersfeld. Sein Preis war 674 Mark.<br />

Er lag somit erheblich unter dem Schätzpreis des Fachmanns, des Bauschaffners.<br />

Konnte das gut gehen? Der Bürgermeister erhielt die Ermächtigung, den<br />

geforderten Betrag nach der ordnungsmäßigen Bauausführung zu bezahlen.<br />

2. März 1885: Der Adjunkt Johannes Hollstein war täglich an der Baustelle und<br />

was er sah, war Pfusch. Der Bauunternehmer verwendete zum Unterbau ganz<br />

schlechte und bereits halb verwitterte Steine, so dass wohl in aller kürzester Zeit<br />

nach Fertigstellung größere Reparaturen anfallen würden. Hollstein sprach<br />

daraufhin Kleemann an, der aber frech antwortete, er solle sich um seinen<br />

eigenen Scheiß kümmern. Außerdem würde er schon dafür sorgen, dass der<br />

Bauschaffner die Steine nicht verwerfen würde. Hollstein teilte dies unter obigen<br />

Termin dem Bürgermeisteramt Otterberg mit. Jetzt war wieder Eile geboten<br />

11. März 1885: Der Bauschaffner besichtigte unverzüglich die Baustelle. Er fand<br />

die Angaben Hollsteins bestätigt. In seiner Aktennotiz an das Otterberger<br />

Bürgermeisteramt hielt er die Baumängel fest. Die Bauarbeiten würden nicht<br />

vereinbarungsgemäß ausgeführt. Selbst bei größten Zugeständnissen, könne er die<br />

schlechte Qualität der eingebauten Steine nicht akzeptieren. Er sei nicht dazu<br />

berufen, aber auch nicht gewillt, die bisher bewerkstelligten Arbeiten<br />

abzunehmen. Der Bezirksbauschaffner wies in diesem Schreiben vielmehr das<br />

Bürgermeisteramt an, den Unternehmer gegen Nachweis wissen zu lassen, dass<br />

die die bislang ausgeführten Gestücksarbeiten (Untergrund) erhebliche<br />

Baumängel aufwiesen.<br />

Die Beteiligten fühlten sich von Gerald Kleemann reingelegt. Aber Kleemann<br />

hatte das Spiel verloren. Er hoffte, die Blinden und etwas einfältigen Erlenbacher<br />

leicht täuschen zu können. Nun hatte er aber den Schaden. Er hatte Löhne und<br />

Geld für schlechtes Material bezahlt, bekam aber keinen Pfennig von den<br />

Auftraggebern. Zudem mussten die schlechten Teile aufwändig wieder<br />

herausgenommen werden. Kleemann hatte die Schnauze voll und wollte von der<br />

ganzen Sache nichts mehr wissen. Abtauchen, den Kopf in den Sand, die Arbeiten<br />

waren eingestellt.


317<br />

Das Bürgermeisteramt Otterberg schrieb erfolglos den Bauunternehmer<br />

Kleemann an. Keine Reaktion, keine Antwort. Jetzt wurden die Otterberger böse.<br />

Sie schalteten das zuständige Bürgermeisteramt Bisterschied an und setzten<br />

Kleemann letzte Termine. Wenn die Arbeiten nicht endlich bis zum Montag, den<br />

20. April in Angriff genommen und bis zum 10. Mai fertig gestellt seien, würde<br />

das Bürgermeisteramt Otterberg vor dem Bezirksgericht Kaiserslautern Klage<br />

einreichen. Wie ging es weiter?<br />

2. Akt<br />

8. Mai 1885: Der Ersatz-Partner Kleemanns Christian Mannweiler aus<br />

Waldgrehweiler schloß mit Theobald Schermer von Morlautern unter<br />

folgenden Bedingungen einen Vertrag: Theobald Schermer liefert im Tagelohn<br />

noch sämtliche noch fehlenden Materialien wie Steine und Kies. Für die<br />

Bereitstellung des Wagens und der 2 Pferde erhält er täglich 8 Mark, aber direkt<br />

von der Einnehmerei Otterberg ausbezahlt. Nach Ausbau der Straße entrichtet<br />

Mannweiler alle vorgelegten Löhne und Fuhrleistungen an die Stadt Otterberg.<br />

Dies war ein weiterer Mosaikstein in dem Puzzle, genannt Chaos und seine<br />

Freunde. Man kann sich gut vorstellen, wie wenig erheiternd es weiterging.<br />

Mannweiler konnte weder die Arbeit vollenden, noch wurde seine Leistung für<br />

gut befunden. Mannweiler erhielt noch 25 Mark und Anfang Juni einen Tritt, dann<br />

war sein kurzes Gastspiel beendet.<br />

Dieser Weg war und blieb unbefestigt. Aber wie sollten die Hofbewohner<br />

inzwischen nach Erlenbach oder zu ihren Äckern kommen? Natürlich benutzen<br />

sie das unvollendete Werk und verdarben es durch ihre schweren Karren vollends.<br />

Keiner konnte glücklich sein. Die Hofbewohner liefen sich abwechselnd beim<br />

Königlich Bayerischen Bezirksamt in Kl und bei dem Bürgermeisteramt in<br />

Otterberg heiß. Der stellvertretende Bürgermeister Hollstein getraute sich schon<br />

bald nicht mehr über das Oberdorf hinaus, obwohl er unschuldig war. In der<br />

kurzfristig anberaumten Gemeinderatssitzung vom Dienstag den 9. Juni 1885<br />

offerierte Adjunkt Hollstein eine Lösung.<br />

3. Akt<br />

Johannes Hollstein hatte mit Zustimmung des Otterberger Bürgermeisters bereits<br />

Vorverhandlungen mit Joh. Doll aus Enkenbach geführt. Der Straßenbauer Doll<br />

erklärte sich bereit, die angefangenen Arbeiten für 600 Mark zu vollenden.<br />

Zwangsläufig schaltete Otterberg wieder das Königl Bayer. Bezirksamt ein, das<br />

mit der Auftragsvergabe an Doll einverstanden war. Der nun zuständige<br />

Amtmann Bernhard schreibt am 17.8.1885 in seinem Schlußsatz: „Ich darf<br />

wohl erwarten, dass Sie bemüht sind, zur befriedigenden Erledigung dieser schon<br />

so lange schwebenden, für die Hofbewohner sehr dringlich gewordenen<br />

Angelegenheit nach Möglichkeit beizutragen“. Doll erklärte am 21. August, er<br />

könne am 28. August mit den Arbeiten beginnen. Und bereits Mitte November<br />

war die Chaussierung abgeschlossen... Die Behörde nahm die Straße ab und<br />

akzeptiert die Endabrechnung des Unternehmer Doll vom 21. November 1885<br />

über 638,14 Mark Für das Auge wohl in Ordnung, aber für die tägliche Belastung<br />

in Wind und Wetter genügte die Straße nicht den Anforderungen. Der Weg war<br />

317


318<br />

318<br />

fertig, aber niemand kümmerte sich offensichtlich um die hangseits verlaufende<br />

Regenrinne und die Liniensteine auf der anderen Straßenseite.<br />

4. Akt<br />

1891: Herr Schmitt vom Bezirksamt war inzwischen zum Regierungsrat befördert<br />

worden. Der Weg zum Gersweilerhof wurde für ihn zum Dauerbrenner. Am 21.<br />

Mai 1891 schreibt er dem Bezirksbauschaffner Ritter:<br />

„Der im Jahre 1885 mit großen Kosten aufwendig erstellte Weg nach<br />

dem Gersweilerhof soll sich in einem vernachlässigten Zustand<br />

befinden. Es sollen förmlich Gleise vorhanden sein und die<br />

Liniensteine förmlich zusammen gefahren sein.<br />

Sie wollen sich von dem Zustande dieses Weges überzeugen und über<br />

die erforderlichen Arbeiten mit Angabe der Dringlichkeit derselben<br />

und des mutmaßlichen Kostenaufwandes mir berichten“<br />

2. Juli 1891: Der Bericht und die Stellungsnahme Ritters:<br />

„.. der vollständig kunstgerecht hergestellte Weg nach dem Gersweilerhof ist<br />

faktisch vernachlässigt und durch Wetterereignisse beschädigt. Er ist auf etwa ⅔<br />

seiner Länge nahezu unbefahrbar. Durch das säumige Offenhalten der<br />

Wasserabzugs-vorrichtungen muss das sämtliche anfallende Wasser in der<br />

Fahrbahn nieder laufen und hierdurch wurde vor allem die ganze Decke und die<br />

Liniensteine mit dem Gestück größtenteils zerstört. Zur ordnungsmäßigen<br />

Herstellung sind sämtlichen Gräben und Rinnen neu anzulegen und zukünftig in<br />

einem besseren Zustand zu unterhalten. Die fehlenden Liniensteine und der<br />

Untergrund (Gestück) müssen ergänzt und die ganze Fahrbahn mit Kies abgedeckt<br />

werden. Die Kosten für diese Arbeiten werden sich auf circa 300 Mark belaufen“<br />

Noch am gleichen Tag teilte Regierungsrat Schmitt dies dem Otterberger<br />

Bürgermeister Mayer mit. Schmitt schrieb u.a.: „Ich erachte es als eine erste<br />

Pflicht, die mit hohen Kosten hergestellte Straße vor dem vollständigen Verfall zu<br />

bewahren und die für jetzt gebotenen Arbeiten sofort ausführen zu lassen. Sie<br />

(Mayer) erhalten demgemäß den Auftrag, den Gemeinderat 429 von Erlenbach zu<br />

vernehmen, ob er zur Ausführung der bezeichneten Arbeiten bereit ist oder nicht.<br />

Der Beschluß ist binnen 14 Tagen vorzulegen“. Daraufhin beschloss der<br />

Gemeinderat am 8.8.1891 die Reparatur der Straße, die unverzüglich in Auftrag<br />

gegeben wurde. Fertigstellung war Anfang November 1891.<br />

8.22. Die Lautertalbahn<br />

1859 gründete sich in Wolfstein ein Komitee zur Unterstützung und Durchsetzung<br />

der Lautertalbahn. Bis zum ersten Spatenstich vergingen jedoch weitere 23 Jahre.<br />

Die Projektierung der privat finanzierten Bahn ergab einen Finanzbedarf von 4,3<br />

Mio. Mark, dem aber bei realistischer Berechnung kein entsprechender Ertrag<br />

gegenüber stand. Um Kapitalgeber zu gewinnen und zu beruhigen, gab die<br />

Bayerische Regierung eine 4 % ige Zins- und Ausfallgarantie, die am 31.12.1904<br />

auslief. Zudem gestalteten sich die Grundstückskäufe oft als schwierig, da der<br />

429) Der Gemeinderat setzte sich aus folgenden Herren zusammen: Hollstein II, Korn II,<br />

Gugenbiehl, Becker, Heinrich, Hollstein, Braunbach, Korn I, Geiß Jacob und Barth


319<br />

angebotene Preis von 80 Mark je Ar von manchen Verkäufern als zu gering<br />

abgetan wurde. Gegen Planungsende brachte die Stadt Otterberg noch ihre<br />

Vorstellungen ein, die auf der Zweiglinie Otterbach, Erlenbach, Otterberg<br />

bestanden.<br />

1880, am 20.5. erteilte der bayerische Märchenkönig Ludwig II der<br />

„Aktiengesellschaft der Pfälzischen Nordbahnen“ die Konzession zum Bau und<br />

Betrieb der Lautertalbahn. Der erste Spatenstich war am 18. Februar 1882,<br />

frühmorgens um 5 Uhr in Anwesenheit der Lauterer Prominenz. Der Bauingenieur<br />

Levy stellte den Wert der zu bauenden Bahn für eine bisher vom Verkehr<br />

abgeschnittene Gegend heraus. Der Lauterer Bürgermeister verband mit dem Bau<br />

Hoffnung auf Wachstumsimpulse für die Stadt. Der Leiter der<br />

Kammgarnspinnerei Schoen bedankte sich, dass der Westbahnhof in<br />

unmittelbarer Nähe seines Unternehmens errichtet wurde und spendete deshalb<br />

30.000 Reichsmark.<br />

„Zur Bewältigung des Zugverkehrs ließ die Eisenbahngesellschaft eigens vier<br />

Sekundärbahn Lokomotiven bei der Maschinenbau Gesellschaft Carlsruhe<br />

bauen, die die Anforderungen wie geringer Achsdruck, gute Kurvenläufigkeit<br />

erfüllten“ 430 . Die Loks kosteten je 16.950 Mark, waren 6,50 m lang und wogen<br />

18 Tonnen. Die Höchstgeschwindigkeit war 40 km/h. Sie taten bis 1908 ihren<br />

Dienst. Die Bauzeit war mit 18 Monaten für die 34,5 km lange Strecke erstaunlich<br />

kurz, ein Tunnel war bei Wolfstein zu bohren.<br />

1883: am 15. November war die Streckeneinweihung war mit großem Pomp. Dies<br />

war ein stolzer Tag. An den jeweiligen neuen Bahnhöfen warteten bereits die<br />

jeweiligen Bürgermeister und Gemeinderäte, die Lehrer mit ihren festlich<br />

gekleideten Schülern, die Kapellen mit ihren Ehrenjungfrauen. Fahnen,<br />

Ehrenpforten, Girlanden, Kränze schmückten die Haltestellen. Die gesamte<br />

Bevölkerung, auch von den entfernten Dörfern wie Erlenbach und dem<br />

Gersweilerhof, wollte diese Neuheit, dieses Symbol der Neuzeit, das Spektakel<br />

bestaunen. Die Höferer liefen zur Lampertsmühle und die Erlenbacher nach<br />

Otterbach. Jeder Ort empfing mit großem Jubel den geschmückten Zug mit seinen<br />

Ehrengästen. Reden wurden geschwungen, die Kapellen spielten das Bayernlied<br />

und vaterländische Weisen. Die Kinder besangen den ein- und abfahrenden Zug.<br />

Noch Tage danach wurden in KL, Wolfstein und Lauterecken Bälle gegeben und<br />

Ehrungen ausgesprochen.<br />

Für die Bevölkerung, Handel und Gewerbe der ganzen Region begann eine neue<br />

Zeitrechnung. Das Bähnchen brauchte nur noch 105 Minuten, um die ganze<br />

Talstrecke zu bewältigen, die Postkutsche hatte gut sieben Stunden dafür<br />

gebraucht. Im Zug kamen die Reisenden bequem, preiswerter und nicht so<br />

durchgerüttelt, wie in der Kutsche an. Die Wirtschaftsstruktur änderte sich entlang<br />

der Lauter. An den Bahnhöfen siedelten sich Kohle- und Baustoffhändler an, die<br />

jetzt schneller und billiger ihre Ware bezogen und ausliefern konnten. Die<br />

Fuhrleute mussten sich umorientieren, auch ihre Transportwege von und zur<br />

Bahnlinie wurden kürzer. Auftrieb erhielt die Lauterecker und Kreimbacher<br />

Steinindustrie mit Gleisanschluss, die nun ihre Produkte wesentlich billiger und<br />

schneller verkaufen konnte. Der Schotter kam nun in Selbstentladewagen; allein<br />

430 ) Die Lautertalbahn Kaiserslautern – Lauterecken, Westpfalz Kalender 2002, S. 45 ff.<br />

319


320<br />

320<br />

durch diese Rationalisierung entfielen so manche Kosten beim Steinbruch und<br />

seinen Abnehmern.<br />

Wirtschaftlich war die Bahnstrecke für die Region bis 1960/65 wichtig und<br />

Voraussetzung für den notwendigen Strukturwandel. Durch die breite<br />

Motorisierung und den Einsatz von Bahnbussen entlang der Bahnstrecke wurde<br />

dieser Zuglinie die wirtschaftliche Berechtigung genommen. 1994 benutzten noch<br />

täglich 887 Pendler, vor allem Schüler die Eisenbahn nach KL. Die<br />

Landesgartenschau 2000 war für die Bahnlinie ein wahrer Glücksfall; die<br />

gestiegenen Fahrgastzahlen lösten jedoch nicht das finanzielle Problem. Die<br />

Bahnlinie hängt weiter am Subventionstropf der öffentlichen Hand. Die<br />

gewünschte City Bahn wird zwar eine Attraktion werden; aber ob dies allein<br />

schon die 40 Mio. € teuere Investition rechtfertigt? Meiner Meinung. nach<br />

sollte besser permanent in die Gartenschau als Zuschauermagnet investiert<br />

werden, so dass diese Anlage ihre überregionale Attraktivität behalten kann.<br />

8.23. Eisenbahnlinie und Telefonanschluss<br />

Bald nach Fertigstellung der Lautertallinie besprachen sich die Bürgermeister<br />

Otterbachs, Otterbergs, Erlenbachs mit den Vertretern der Bayerischen Staatlichen<br />

Eisenbahnlinie, um die Anbindung der zwei Dörfer zu erreichen.<br />

1908: am 4. Januar schlossen die Interessenten den Kontrakt, der den Bau der<br />

Lokalbau ermöglichte. Es war ein umfassendes Vertragswerk, das alle Aspekte<br />

und Kosteneinflüsse betraf. Das Projekt sollte schätzungsweise 60.800 Mark<br />

kosten, wobei Otterberg mit 27.330 Mark und Otterbach mit 26.730 Mark die<br />

Hauptlasten trugen. Erlenbach als kleiner Nutznießer war mit 6.740 Mark dabei.<br />

Selbst die Steinbruchbesitzer Barth und Josef Winter 431 hatten Vorteile. Sie<br />

überließen der Eisenbahnverwaltung unentgeltlich ihre Steinbruchabfälle zum<br />

Bahnbau. So wurden sie billig ihren Schutt los!<br />

Vertragsgemäß erstellte Erlenbach und unterhielt die Straße entlang des<br />

Erlenbachs, die damals Distriktstraße hieß und heute die Landstraße L 382 ist. Der<br />

Verkehr nach Otterberg floss vorher über die K 10 am heutigen Friedhof entlang.<br />

Das Straßenstück von der Ampel his zur Kreuzung Otterbach ↔ Otterberg kostete<br />

1.198,50 Reichsmark. (laut Kostenrechnung der Gemeinde Erlenbach)<br />

1911, war endlich die Otterberger Nebenstrecke betriebsbereit. Ein halbes Jahr<br />

lang war an dem Bahnübergang eine besetzte Bahnschranke. 1912 versetzte die<br />

Königliche Bahnverwaltung den Schrankenwärter und beseitigte Schranke und<br />

Wärterhäuschen. Allerdings verkehrten nur wenige kurze Güterzüge. 1914 zum<br />

Kriegsbeginn konnten dann die Soldaten am Erlenbacher Bahnhof in den von<br />

Otterberg kommenden Transportzug einsteigen. Der Erlenbacher Bahnhof war<br />

eigentlich nur eine Bahnhofswirtschaft. der Wirt war vertraglich zum<br />

Kartenverkauf verpflichtet. Große Bedeutung erfuhr dieser Haltepunkt eigentlich<br />

nicht. Die Strecke war unwirtschaftlich und konnte deshalb langfristig nicht<br />

431 ) Winter, Josef, starb am 1.2.1912 im Alter von 52 Jahren. Er war mit Susanne Graff verheiratet.<br />

Seine Eltern waren der Maurer Friedrich Winter und Katharina Arnold


321<br />

überleben. Sie war gut, für die Erlenbacher Arbeiter der Spinnerei<br />

Lampertsmühle, denn die kurze Zugfahrt erleichterte und verkürzte die Wegzeit.<br />

1930: am 8.9.1930 beschwerte sich die DEUTSCHE REICHSBAHN-<br />

GESELLSCHAFT beim Bürgermeisteramt Erlenbach über das undisziplinierte<br />

Verhalten ihrer Erlenbacher Bürger. Sie würden kurz nach dem Aussteigen vor<br />

der Zuglokomotive das Gleis auf ihrem Weg nach der Ortschaft überqueren.<br />

Dabei würde sie das Anfahren des Zuges und die Signale des Lokführers aber<br />

nicht hindern. Das sei doch sehr gefährlich. Am besten wäre ein zusätzlicher<br />

Bahnsteig auf der Erlenbacher Seite, denn aber die Erlenbacher nicht bauen<br />

ließen. Der Bürgermeister schickte gelegentlich den Polizeiwachtmeister August<br />

Wenzel dorthin, um für Ordnung zu sorgen. Dies war aber eine vergebliche<br />

Liebesmühe.<br />

1985: Die Nebenlinie war längst stillgelegt. Nur noch die Gleise störten die<br />

schnelle Autofahrt. So ließ man die Gleise herausnehmen und das alte Gleisbett ist<br />

ein willkommener Wander- und Radweg.<br />

8.24. Wasserversorgung Erlenbachs und des<br />

Gersweilerhofes<br />

Die schlimme Ruhrepidemie in Hamburg schreckte alle auf und machte sensibel.<br />

So dauerte es auch nicht lange, bis der Gemeinderat und der Bürgermeister die<br />

zentrale Wasserversorgung in 1906 angingen. Der Grund war nicht nur<br />

Hygieneprobleme, sondern auch die zusätzliche Sicherheit im Brandfalle 432<br />

sprachen dafür. Nach reiflicher Überlegung und Abwägen der Alternativen<br />

entschied sich der Gemeinderat einstimmig für die Otterbacher Lösung. Einzelne<br />

Bürger motzten und waren mit dem Trinkwasser aus ihrem eigenen Brunnen<br />

zufrieden. Vor allem, als es ans Bezahlen ging. Das Wasser lieferte eine<br />

Otterbacher Quelle. Das kühle Nass strömte durch eine 2.325 Meter lange<br />

Rohrleitung, die einen weiten Umweg durch die Otterbacher Walkmühle machte.<br />

In der ehemaligen Spinnerei war eine elektrisch getriebene Kreiselpumpe<br />

untergebracht, die ihre Energie aus dem fließenden Bachwasser des Otterbachs<br />

bezog. Zur Sicherheit schaffte die Gemeinde noch eine mit einem Röhölmotor<br />

angetriebene Kreiselpumpe an. Die Wasserleitung führte über den Buchberg<br />

hinauf in das 107 m höher gelegene Reservoir im heutigen Baugebiet<br />

Husarenäcker. Vor dort verteilte sich das Wasser dann nach unten in das<br />

Erlenbacher Wasserleitungssystem 433 .<br />

Das Wasserreservoir ist heute noch erhalten und wird gut gepflegt. Wir sind wie<br />

alle Gemeinden herum an das Westpfälzer Wasserversorgungssystem<br />

angeschlossen.<br />

Post und Telefon<br />

432<br />

) Über die im Boden versenkten Hydranten konnte die Feuerwehr an jedem Punkt ihr Wasser<br />

ziehen!<br />

433<br />

) Diese Informationen stammen aus einem vierseitigen Bericht, der von einem mir unbekannten<br />

Erlenbacher Gemeindesekretär am 25.1.1952 verfasst wurde. Jetzt im Archiv der Stadt<br />

321


322<br />

322<br />

Seit 1864 gab es in Erlenbach einen Posthilfestelleninhaber. Ein Mann, der gut<br />

beleumdet, vertrauenswürdig war. Dies war ein unbesoldetes Ehrenamt, das mit<br />

jährlich 50 Reichsmark honoriert wurde. Auch schon damals sparte die Post und<br />

versuchte Leute zu locken. Schon in früheren Jahren erledigte dies ein<br />

Erlenbacher Einzelhändler, der sich ein bisschen Geld dazu verdienen wollte. Er<br />

verkaufte Wertzeichen und sollte stets vor und bei Abgang des Postboten bzw. der<br />

Post anwesend sein. . Aber die Fluktuation war groß. Ende 1911 gab der Inhaber<br />

auf, weil zwischen Arbeit und Vergütung doch eine allzu große Lücke klaffte.<br />

Das Telefon kam am 15.3.1912 nach Erlenbach. Das Fernsprechnetz hatte von<br />

Anfang an sowohl private als auch öffentliche Aufgaben zu erfüllen. Die Zentrale<br />

mit der Handvermittlung war in Otterberg. Sie führte anfänglich die Bezeichnung<br />

Telegraphenanstalt mit Telephonbetrieb und stand unmittelbar mit der<br />

Unfallmeldestelle in Kaiserslautern in Verbindung. Ihre öffentlichen Aufgaben<br />

waren die Auslösung eines Notrufs und die schnelle Herbeirufung<br />

1. bzw. Konsultierung des Arztes, Tierarztes, der Hebamme oder die<br />

Beschaffung von Arzneimitteln in dringenden Fällen.<br />

2. geistlichen Beistandes für Schwerkranke<br />

3. der 50 bis 60 Zentner schweren Feuerwehrpumpe aus Kaiserslautern,<br />

4. der Otterberger Gendarmerie in schweren Kriminalfällen, sei es zur<br />

Abwehr einer Straftat oder zur Feststellung, Verfolgung und Festnahme<br />

des Täters.<br />

1930 gab es in Erlenbach 35 Telefonanschlüsse, einer stand in der Gaststätte Korn.<br />

Von dort alarmierte die Familie des Willi Korn junior die Feuerwehr in Augustastraße<br />

Kaiserslautern, die dann auch prompt losfuhr. Allerdings brauchte sie fast eine halbe<br />

Stunde, bis sie am Brandherd war. Die beiden Feuerwehren brauchten mit<br />

gemeinsamen Anstrengungen dann eine Stunde, bis die Flammen erstickt waren. Die<br />

Gemeinde Erlenbach hatte dann für den Einsatz der Lauterer Berufswehr<br />

aufkommen sollen. Die weigerte sich anfänglich, denn sie versteckte sich hinter der<br />

Schutzbehauptung, der Einsatz sei unnötig gewesen. Die Vorteile waren offensichtlich<br />

und die technische Neuerung wurde von jedermann gleich akzeptiert.<br />

8.25. Erlenbach erhielt eine eigene<br />

Gemeindeverwaltung in 1904<br />

1904, 1. April: Nach langer Planung und Vorbereitung war es endlich soweit.<br />

Zwei Schulklassen waren ja bereits in das neue Schulhaus umgezogen und das<br />

alte Schulhaus wurde umfangreich renoviert und für die neue Funktion<br />

umgestaltet. Im größeren Anbau, ganz unten war weiterhin der Schulsaal, in dem<br />

die Erst- und Zweitklässler unterrichtet wurden. Oben drüber wohnte der<br />

kränkelnde Volksschullehrer. Der kleinere, schmalere „Altbau“ war für die neue<br />

Gemeindeverwaltung. reserviert.. Dann endlich war es soweit. Die Gemeinde<br />

hatte neue Möbel angeschafft und die Akten kamen aus dem Bürgermeisteramt<br />

Otterberg nach Erlenbach. Und dann noch eine technische Sensation. Die<br />

Gemeinde hatte eine teuere Schreibmaschine erworben, auf der jetzt der<br />

Schriftverkehr eingetippt wurde. Der Gemeindeschreiber war aus diesem Anlass<br />

bereits 1903 in einen Schreibmaschinenkurs gegangen und hatte die notwendige


323<br />

Fingerfertigkeit erlangt. Der Umzug dauerte zwar einige Wochen, aber die<br />

Gemeindeverwaltung Erlenbach nahm pünktlich am 1. April ihre Arbeit auf. Dies<br />

war Anlass für eine große Feierlichkeit. Die Musikkapelle spielte auf, der<br />

Gesangverein sang das Bayernlied. Der Otterberger Bürgermeister und der<br />

Vertreter des Königlichen Bezirksamt hielten schöne, erfassende Reden, ein<br />

Balsam für die Volksseele. Die Bevölkerung war froh. Alles war einfacher, die<br />

Wege waren kürzer und man war bekannt. Je nachdem wo man wohnte, ersparten<br />

sich unsere Vorfahren lange, mühsame Wege ins Otterberger Stadthaus. Nur wir<br />

vom Gersweilerhof hätten genauso gut nach Kaiserslautern gehen können.<br />

Das neue Erlenbacher Standesamt arbeitete weiter mit seiner bekannten Präzision<br />

und dokumentierte alles Genau. 1904 hatten wir acht Sterbefälle. Aus unserer<br />

heutigen Sicht wohl sehr erstaunlich, die fortwährend und anhaltend hohe<br />

Kindersterblichkeit 434 . Im Jahr 1904 starben allein vier Kinder im Alter unter 5<br />

Jahren. Der älteste Erwachsene war damals 54 Jahre und der jüngste mit 29 Jahren<br />

eigentlich in der Blüte des Lebens. .<br />

Land- und Forstwirtschaft 1900 - 1920<br />

Das Foto ist zwar nicht sehr schön, aber es ist ausdrucksvoll und beschreibt das<br />

damalige harte Leben. Es ist die Zeit der Kartoffelernte. Zwei abgemolkene,<br />

magere Kühe ziehen den Pflug, der von zwei Mann mit Kraft in den Boden<br />

gedrückt wird. Vier Frauen folgen, die mit ihren Rechen die Früchte herausziehen.<br />

Nach diesem Arbeitsschritt sammelten alle die Grundbeeren in Körbe und Säcke.<br />

Unsere Waldarbeiter im Reichswald: 1904<br />

Hier stehen die Waldarbeiter und Waldarbeiterinnen jeden Alters beisammen.<br />

Dieser Tag war mit Sicherheit von schwerer körperlicher Arbeit geprägt, aber man<br />

ging höchstens mit Schwielen an den Händen heim. Anders die Baumfäller, mit<br />

ihrem gefährlichen Job. Die Baumfällung erfolgt heute noch im Winter, wenn die<br />

Lebenssäfte des Baumes ruhen. Wir sehen vier Arbeiter am Waldrand des<br />

Nauwaldes. Diese Arbeit war schweißtreibend und sehr riskant Vor allem dann,<br />

wenn gegen Arbeitsende die Kraft und die Konzentration schwand. 2. v. r:<br />

Henrich Heinrich<br />

1917, 21. Februar gab es einen tragischen Arbeitsunfall im Nauwald. Es war<br />

gegen 16 Uhr. Der Ackerer und Waldarbeiter Philipp Jacob Henrich 435 war mit<br />

drei Kollegen beim Fällen einer starken Buche beschäftigt. Der mächtige Baum<br />

fiel anders als erwartet und erschlug den 47jährigen Familienvater. Im Dorf<br />

herrschte breite Niedergeschlagenheit. Neben den vielen Kriegstoten ein weiterer<br />

434 ) Die hohe Kindersterblichkeit hielt noch sehr lange an. In allen Jahren bis 1920 war immer<br />

mindestens die Hälfte aller Sterbefälle Babys & Kleinkinder. Dazu kamen immer ein bis zwei<br />

Totgeburten mit allen Risiken für die Gebärende. .<br />

435 ) Henrich, Philipp Jacob, * 1870 war Sohn der Eheleute Jacob Henrich und seiner Ehefrau<br />

Katharina Wolf<br />

323


324<br />

324<br />

schwerer Verlust. Die Witwe Henriette Kafitz traf es aber noch mitleidloser. Ihr<br />

Sohn Ernst fiel am 27.12.1918.<br />

8.26. Der Turnverein 1904<br />

Quelle: Festschrift 100 Jahre TV 04 Erlenbach e.V. von 2004.<br />

Die Arbeiterbewegung des 19. Jahrhunderts hatte kluge Denker. Sie entwickelte<br />

verschiedene Strategien und Taktiken, ihre Interessen zukunftweisend zu<br />

realisieren. Die Arbeiter hatten in einer stressigen Arbeitswelt nun regelmäßige<br />

Einkommen, im Gegensatz zu früher, wo ihre Arbeitskraft als Tagelöhner nur in<br />

wenigen Monaten gefragt war. . Arbeiten von morgens bis abends waren sie<br />

gewohnt und das siebenmal die Woche. Nun waren sie nicht mehr so abhängig.<br />

Die Tagelöhner waren keine Bettler mehr. Sie hatten täglich Arbeit und<br />

Einkommen. Selbst wenn die Arbeit hart war, jetzt konnten sie ihre Familien<br />

ernähren. Und die 50 bis 55 Stunden Woche. Das war weniger, als das was sie als<br />

Landwirtschaftshelfer hatten leisten müssen. Unsere Leute hatten trotz allem mehr<br />

Zeit für sich, Freizeit ein bisher unbekanntes Wort. Sie engagierten sich in<br />

Arbeitergesangvereinen, Arbeitermusikvereinen in Turnvereinen.<br />

1904: Jahrelang waren die Erlenbacher Sportler Mitglieder im Morlauterer<br />

Turnverein gewesen. 1904 fühlten sie sich stark genug, einen eigenen Verein zu<br />

gründen 436 . Am 2.9.1904 war es endlich so weit. Der Gründungsvorstand hatte<br />

einen Termin beim Otterberger Notar. Sie hoben den Verein aus der Taufe. Ein<br />

starker Beginn mit 42 Mitgliedern, wobei die meisten aktiv waren.. Peter Franz<br />

Schneider war übrigens der erste Vorsitzende. Er trug 14 lange Jahre lang, von<br />

1904 bis zum Kriegsende 1918 die Verantwortung. Von Anfang an waren dabei<br />

auch Heinrich Thines (Maurer, * 23.1.1888), Karl Woll (Bäcker, * 12.6.1889)<br />

und das Gründungsmitglied Michael Bandel (Eisengießer, * 25.1.1881) 437 . Alle<br />

drei wurden 1964 beim 60jährigen Jubiläum geehrt.<br />

Unsere Sportler turnten übrigens im Freien. Das war im Sommer wohl ein großes<br />

Vergnügen. Das erste Übungsgelände war im Welchental. Die Anfänge waren<br />

bescheiden, aber engagiert. Ruckzuck entstanden Reck und Barren.<br />

Körperbeherrschung braucht einen durchtrainierten Körper, Willenskraft. Die<br />

Geräte sind zweitrangig. Handstand, Rad drehen und Flickflack benötigen keine<br />

Geräte. Die Idee, der Weg, die Realisierung waren phantastisch. So ist es bis heute<br />

geblieben. Die Könner reichen ihr Wissen, das Know How an die Jüngeren weiter.<br />

Und eigene Leistung motiviert. Es macht Spaß. So hatte der Turnverein immer<br />

begeisterte, aktive Mitglieder<br />

1907: Im alten Kaiserreich galt ein Verein erst was, wenn er eine Fahne besaß.<br />

Dank großzügiger Spenden hatte der Verein ausreichend Mittel, sich eine<br />

Vereinsfahne aus reiner Seide nähen und besticken lassen. Auf ihr steht<br />

pathetisch: Ein Volk voll Einigkeit und Kraft, sei das Panier der deutschen<br />

Turnerschaft An den Ecken sind diametral das Wappen Erlenbachs und der<br />

436<br />

) Von Anfang an war Adolf Schneider dabei, der 1964 für sein großes Engagement geehrt<br />

wurde.<br />

437<br />

) Natürlich waren auch alle drei Frontkämpfer im Ersten Weltkrieg und erhielten 1934 das<br />

Ehrenkreuz


325<br />

Bayerische Löwe angebracht. In der Mitte ist das Bild des Turnvater Jahns,<br />

umgeben von einem Lorbeerkranz.<br />

1913: Da der alte Turnplatz im Welchental zwischenzeitlich den Ansprüchen<br />

nicht mehr genügte, erwarb der TUS Erlenbach das heutige Gelände für 6.000<br />

Mark. Mit viel Schweiß und Schwielen an den Händen bauten die Mitglieder in<br />

einer erstaunlichen Leistung den neuen Turnplatz. Sie brauchten viel Manneskraft,<br />

um mit dem Pickel die Steine, die Sandsteinplatten loszuhacken. Sie bewegten mit<br />

Schippe und Schubkarren mehr als 300 Kubikmeter Erde. Nach getaner Arbeit<br />

pflanzten die Turner 13 Linden, von denen heute noch vier stehen. Neun mussten<br />

leider 1970 dem Neubau der Turnhalle weichen.<br />

1919: Die Pfalz war französisch besetzt und die Besatzungsmacht verbot bis 1922<br />

das Turnen. Dann nahm aber der Turnbetrieb mit vielen neuen Mitgliedern und<br />

viel Schwung den Betrieb auf. Unsere Sportler waren nicht nur wie allgemein<br />

üblich das Volksturner (Gymnastik und Bodenturnen), sondern sie betrieben<br />

hauptsächlich das Geräteturnen. Der Verein hatte folgende Geräte angeschafft,<br />

bzw. selbst angefertigt: Pferd, Barren, Reck, Kasten, Sprungbrett und eine<br />

Kokosmatte. Persönlich und materiell recht gut ausgestattet, war der Turnverein<br />

eine Attraktion. Die Schule, die Lehrer nahmen gerne und dankbar die Hilfe und<br />

Möglichkeiten des Vereins an. In den Wintermonaten turnten die Sportler in dem<br />

Saal des Vereinslokals Oskar Korn (später Kläs), heute „Zur Eiche“ Ab 1923 in<br />

dem Nebensaal des Ernst Korn<br />

Da in beiden Sälen ein Turnen am Hochreck und an den Ringen unmöglich war,<br />

wurden zeitweise auch in den Lokalen Knieriemen, bei Carras auf dem<br />

Gersweilerhof und bei Beckers am Bahnhof Erlenbach Übungsstunden<br />

abgehalten und turnerische Veranstaltungen durchgeführt. Aber beim Turnen<br />

allein blieb es nicht. Feldhandball war in. Schnell hatten sich über 15 Mann<br />

zusammengefunden. Aber wo konnten sie spielen?.<br />

1926: Die Gemeinde Erlenbach überließ deshalb dem Turnverein ein Stück<br />

Wildnis im Raupental. Da der Verein das danebenliegende Wald- und<br />

Wiesenstück kaufen konnte, ergab dies eine ausreichend große Fläche. Aber mit<br />

dem Erwerb allein war es nicht getan. Wieder mussten alle mit anpacken, um den<br />

Handballplatz zu schaffen. Bei diesen umfangreichen Arbeiten stand der Staat<br />

über das Arbeitsamt helfend zur Seite. Etliche Arbeitslose bekamen so ein halbes<br />

Jahr lang Arbeit und Einkommen. Diese Handball-Abteilung hätte langfristig eine<br />

Chance gehabt, wenn nicht der unsinnige Krieg gewesen wäre. Die Mehrzahl der<br />

Handballer fand den „Heldentod“. →<br />

325


326<br />

326<br />

8.27. Die Gesangvereine


327<br />

Dies ist die Wachmannschaft des Zentralgefängnisses Kaiserslautern, die um 1890 die<br />

Gefangenen bewachte. Für den Fotographen stellten sie sich in voller Montur und<br />

aufgepflanztem Bajonett auf. Die sieben schienen dabei großen Spaß gehabt zu haben.<br />

Dieses Photo ist im Besitz von Horst Pulver, Gersweilerhof<br />

DER 1. WELTKRIEG<br />

9.1. Schulstress durch 97 Schüler<br />

1889: Mit dem neuen Schulhaus kam auch ein junger, dynamischer Lehrer an die<br />

Erlenbacher Schule. Es war der 1860 in Memmingen (Oberschwaben) geborene<br />

Hilfslehrer Julius Schmidt, der sich schnell in Erlenbach einlebte. Er war mit<br />

Katharina Nagel verheiratet. Er war Sohn des Schriftsetzers Leonhard Ludwig<br />

Schmidt und seiner Ehefrau Elisabetha Helena Dorn. Da er sehr geschätzt war,<br />

stieg er zum besser bezahlten Volksschullehrer auf. Leider war seine Gesundheit<br />

wie wir aus den Akten ersehen, angekratzt und seine Fehlzeiten häuften sich<br />

gegen sein Lebensende am 16.11.1917. Er starb in seiner Wohnung im alten<br />

Schulhaus. Sein Sohn Wilhelm Karl Schmidt zeigt den Tod des Vaters an.<br />

1906: Die Königliche Regierung der Pfalz schrieb am 12.5.1906 das neu<br />

eingerichtete Bürgermeisteramt Erlenbach an. Zwei Dinge fallen bei dem<br />

Schreiben auf. Erstens die Form: Ganz neu, es ist mit der Schreibmaschine<br />

geschrieben. Zweitens der Inhalt: Der Erlenbacher Volksschullehrer Julius<br />

Schmidt war wieder erkrankt. Da konnte er nicht ganz einfach daheim bleiben.<br />

Natürlich suchte er den Arzt in Otterberg auf, der im Attest seine Krankheit<br />

bestätigte. Darüber hinaus hatte er den Oberarzt in Kaiserslautern zu konsultieren,<br />

der in seinem Gutachten die Erkrankung Schmidts bestätigte.<br />

Jetzt war die Königliche Regierung in Speyer bereit, dem Volksschullehrer vom<br />

1. bis einschließlich dem 15. Mai Diensturlaub zu gewähren. Natürlich ohne<br />

Bezüge. Julius Schmidt unterrichtete die 1. bis 4. Klasse. Im königlich bayrischen<br />

Schreiben ist die Rede von der unteren und mittleren Schule. Die Vertretung war<br />

327


328<br />

328<br />

wie folgt geregelt. Der Lehrer Wilhelm Cherdron von Erlenbach und Heinrich<br />

Hofstadt von Morlautern teilten sich den Zusatzunterricht. Wilhelm Cherdron<br />

erhielt für den halben Monat 22,50 Mark und Lehrer Hofstadt bekam für den<br />

gleichen Zeitraum die Hälfte des Monatsgehaltes von 54 Mark gleich 27 Mark.<br />

1912, Die Königl. Regierung in Speyer versetzte den geprüften Hilfslehrer<br />

Hermann Becker zum 1. Oktober 1912 an die protestantische Volksschule<br />

Erlenbach. Noch im September leistete Becker bei 9. Infanterie Regiment in<br />

Würzburg seine Wehrpflicht ab. Becker war vor dem Militärdienst an der<br />

Volksschule Gersbach eingesetzt. Dieser Hermann Becker ist natürlich auch ein<br />

Erlenbacher Eigengewächs gewesen Wo er zuletzt als aktiver Lehrer eingesetzt<br />

war, wissen wir noch nicht. Aber er kam nach dem Krieg wieder als Pensionär<br />

und Volksschullehrer an die Erlenbacher Volksschule zurück, als der<br />

Lehrermangel sich besonders drückend bemerkbar machte. Von 1946 – 1949 tat<br />

er seinen Dienst. (siehe →11.5.)<br />

1913: So kleinlich die bayerische Schulbehörde war, so stand sie schon damals<br />

der Weiterbildung ihrer Lehrer positiv gegenüber. Der Hilfslehrer August<br />

Schneider wird zum Zwecke des Besuches eines Ferienkurses an der Universität<br />

Jena vom 4. bis zum 20. August 1913 ohne Bezüge freigestellt. Ihn vertrat der<br />

Hilfslehrer Heinrich Krehbiel aus Kaiserslautern. Die kaiserliche Armee zog<br />

August Schneider am 1. November 1914 zum Heeresdienst ein. Er dienste bei<br />

dem 9. Feldartillerie Regiment, das eigentlich in Landsberg stationiert war. Julius<br />

Schmidt führte diese Klasse bis auf weiteres mit.<br />

1915: Die Erlenbacher Schule krachte aus allen Nähten. 97 Schüler mussten<br />

beschult werden. Doch darauf nahm niemand so Recht Rücksicht, es war ja Krieg<br />

Dennoch, der Hilfslehrer Ernst Schmidt leistete ab dem 15. April an seinen<br />

aktiven Militärdienst ab. Der kriegsverletzte Volksschullehrer Wilhelm Ludt 438<br />

kam im September 1915 an die Erlenbacher Schule. Es muss wie an allen<br />

pfälzischen Schulen ein richtiges Chaos geherrscht habe. An einen regulären<br />

Schulunterricht war da nicht zu denken. Die beiden Lehrer, der arme Julius<br />

Schmidt und die Aushilfslehrerin Thekla Weynantz teilten sich die<br />

nervenaufreibende Aufgabe. Die 97 Erlenbacher Schüler wurden im<br />

Schichtunterricht beschult. Jeder der beiden bekamen als kleines Schmerzensgeld<br />

12,50 Mark monatlich. Thekla Weynantz 439 musste ab dem 19. Februar 1916<br />

Dienst in Hochspeyer tun. Sie vertrat dort Karl Sprau, der zum Militär einrückte.<br />

.<br />

Eine kleine Entlastung brachte August Schneider, der vom 2. November 1915<br />

bis zum 19. Februar 1916 wieder seinen Dienst in Erlenbach antrat. Er hatte beim<br />

20. bayerischen Feldart. Regiment, 2. Abt. F. Batt, 10. Bayer. Infanterie Division<br />

gedient, das eigentlich in Landsberg stationiert war. Julius Schmidt musste<br />

August Schneiders Klasse wieder betreuen.<br />

1916: Dieser Dauerstress macht krank. Er war sowieso gesundheitlich<br />

angeschlagen. Was er hatte, wissen wir nicht. Ein Wunder, dass der 56jährige<br />

438 ) Früher durften die Lehrer nicht einfach so heiraten. Dies musste von der Aufsichtsbehörde<br />

genehmigt werden. „ Der Volksschullehrer Wilhelm Ludt in Erlenbach bekam am 31.10.1915<br />

die erbetene dienstliche Bewilligung zur Verehelichung mit Philippine Venter vom<br />

Einsiedlerhof“ (Schreiben der K Regierung der Pfalz, Kammer des Innern) . Am 1.5.1930<br />

versetzte ihn die Schulbehörde nach Hochspeyer, im Tausch mit Heinrich Jeblick.<br />

439 ) Thekla Weynantz verdiente in Hochspeyer 840 Mark pro Jahr.


329<br />

Julius Schmidt solange durchhielt Diesmal fehlte er vom 24. Juli bis zum 23.<br />

August 1916. Es ist sehr verwunderlich, dass er erst 8 Tage nach der<br />

Untersuchung des Gesundheitsamtes zuhause bleiben durfte, denn die Mitteilung<br />

aus Speyer lag bereits am 16. Juli vor. „Die Mitführung seiner Schule für diese<br />

Zeit, sowie die Mitführung der Schule des zum Heere einberufenen Hilfslehrers<br />

August Schneider daselbst wurde der Schuldienstanwärterin Auguste Wachter<br />

in Kaiserslautern übertragen. Sie hatte die Abschlussprüfung gerade bestanden.<br />

Auguste Schmidt bekam ein Jahresgehalt von 840 Mark aus dem Kreisfonds.<br />

Dies entsprach einem Monatsgehalt von 70 Mark. Ihr Dienstantritt war der 24 Juli<br />

1916.<br />

1917: Der Hilfslehrer August Schneider musste wieder zu den Waffen. Diesmal<br />

war seine Einheit, die 9. königlich bayerische Feldartillerie mit ihren schweren<br />

Geschützen bei La Potierre im Gefecht. Am 18. April 1918 440 , morgens<br />

zwischen 5.30 und 6 Uhr bekam seine Geschützeinheit einen Volltreffer ab. Er<br />

und seine Kameraden wurden zerfetzt bzw. verschüttet.<br />

1917; Ein Unglück kommt selten allein, so sagt ein Sprichwort. Der schon seit<br />

Jahren kränkelnde Volksschullehrer Julius Schmidt starb am 16.11.1917 nach<br />

langer Krankheit. Er hatte wacker bis zuletzt & mit letzter Kraft seinen Unterricht<br />

gehalten. Wochenlang führte ein Morlauterer Kollege im Schichtbetrieb beide<br />

Klassen notdürftig mit.<br />

9.2. Erst Riesenbegeisterung, dann das Elend<br />

Erst zwei Wochen nach dem Mord der Serben an dem Österreichische.<br />

Thronfolger geisterte das Schreckgespenst eines Krieges durch die Zeitungen.<br />

Pfälzische Leitartikel waren z.B. „Auf des Schwertes Schneide“, „Vor der<br />

Entscheidung über Krieg und Frieden“. Die politische Situation verschärfte sich<br />

täglich. Nationale Krisensitzungen jagten einander. Russland, die serbische<br />

Schutzmacht, erklärte Österreich – Ungarn den Krieg. Der Vertragsautomatismus<br />

trat in Kraft. Das Deutsche Reich als Bündnispartner der Österreicher erklärte<br />

daraufhin der Russischen Regierung den Krieg. Paris wollte da nicht zurückstehen<br />

und die Kriegserklärung wurde in Berlin überreicht. Kaiser Wilhelm schäumte<br />

jetzt über vor Stolz. Das ganze Volk stand jetzt zusammen, war eine Einheit. Sein<br />

berühmter Satz schmückte dann viele Feldpostkarten.<br />

440 ) Schneider August, war 24 Jahre alt als er starb. Er kam 1894 in Kaiserslautern als Sohn der<br />

Eheleute Johannes Schneider (ein Schlosser) und seiner Ehefrau Karolina Glas auf die Welt.<br />

329


330<br />

330<br />

Zuerst wurde vielleicht besorgt diskutiert, als am 30. Juli durch den Polizeidiener<br />

der Kriegszustand und das Standrecht verlesen wurden. Aber ein allgemeiner<br />

Jubel machte sich am 1. August breit, als um sieben Uhr morgens die allgemeine<br />

Mobilmachung verkündet wurde. Die Begeisterung nahm kein Ende. Überall<br />

wurden patriotische Lieder gesungen und unsere Musiker stimmten flotte Märsche<br />

an. Es wurde getanzt und gelacht. Ein richtiger Freudentag Jeder erinnerte sich der<br />

glorreichen Kriegsführung in 1870 und der alles entscheidenden Schlacht von<br />

Sedan, als man den Erbfeind so vernichtend geschlagen hatte. Und jetzt war<br />

Deutschland ein Industriestaat geworden, mit sehr viel besseren Waffen als je<br />

zuvor. Und Deutschland hatte eine stolze Flotte. Was konnte da schief gehen? Der<br />

erste Mobilmachungstag war Sonntag, der 2. August. Die Erlenbacher Kirche war<br />

brechend voll. Pfarrer Ludwig Linn (1912 – 1924) mobilisierte wohl auch in<br />

seiner Predigt die religiös, nationalen Gefühle und sprach von dem gerechten<br />

Krieg, vom lieben Gott dem Weltenrichter und Schlachtenlenker, der auf Seiten<br />

des Deutschen Heeres stünde. Da schwang keine Besorgnis mit<br />

Jede Gemeinde hatte einen Mobilisierungsplan, der jährlich einmal auf<br />

Vollständigkeit überprüft wurde. So wussten unsere Reservisten ganz genau, wo<br />

ihr Einsatzort lag. Sie machten sich sofort gemäß Mobilmachungsakt zum<br />

Abmarsch bereit und wurden zum Bahnhof Kaiserslautern von den Frauen,<br />

Geschwistern, Eltern singend und jubilierend, begleitet. Wenig fuhren in dem mit<br />

Blumen geschmückten Postbus nach KL, sie wurden von den Musikanten festlich,<br />

sehr stimmungsvoll und optimistisch verabschiedet. Eine tolle Feststimmung. Die<br />

Bauern werden wohl eher skeptisch geschaut haben, als sie ihre „überzähligen<br />

Pferde und Fahrzeuge“ am verordneten Sammelplatz hatten abgeben müssen.<br />

Aber jeder musste ja Opfer bringen. Aber alles schien ja nicht so schlimm zu sein,<br />

denn an Weihnachten 1914 sollte ja alles vorüber sein. Da die Zuversicht so<br />

grenzenlos naiv war, so war es die Kriegsfinanzierung ebenso. Es sollte so wie<br />

1871 sein. Frankreich verliert den Krieg und zahlt an Deutschland die<br />

Kriegskosten von damals 5 Mrd. Goldfrancs (ca. 300 Mrd. €). Das Deutsche


331<br />

Reich finanzierte den Krieg mit 5 %igen Kriegsanleihen, streckte also das Geld<br />

nur vor und nach dem triumphalen Sieg über Frankreich sollte der Verlierer alles<br />

bezahlen. So einfach war das (ausgedacht)!<br />

Die Gemeinde, der Gemeinderat Erlenbach zeigte sich (gem. Gesetz) großzügig<br />

und solidarisch. Er beschloss 441 am 23. August 1914 unter Top I.: „der Feldhüter<br />

Jacob Korn in Erlenbach ist am 16. August zum Heeresdienste einberufen worden.<br />

Der Gemeinderat beschließt unter Bezugnahme auf § 66 des R.M.G. vom 6. Mai<br />

1888 und § 118, Ziffer 6 der M.O. wie folgt: auf die Dauer des Kriegsdienstes<br />

sollen die Bezüge des Einberufenen ungeschmälert fortgewährt werden. Die<br />

Auszahlung hat an die Ehefrau des Genannten zu erfolgen“. Unter Top II. , der<br />

„Gemeinderat beschließt einstimmig, dem jungen, ledigen Hilfslehrer August<br />

Schneider werden auch auf die Dauer des Krieges die Gehaltsbezüge gewährt.<br />

9.3. Schulchaos während der Kriegsjahre<br />

1915: Die Erlenbacher Schule krachte aus allen Nähten. 97 Schüler mussten<br />

beschult werden und nur ein Lehrer stand anfänglich zur Verfügung. Doch darauf<br />

nahm niemand so recht Rücksicht, es war ja Krieg Dennoch, der Hilfslehrer Ernst<br />

Schmidt leistete ab dem 15. April an seinen aktiven Militärdienst ab. Der<br />

kriegsverletzte Volksschullehrer Wilhelm Ludt 442 kam im September 1915 an die<br />

Erlenbacher Schule. Es muss wie an allen pfälzischen Schulen ein richtiges Chaos<br />

geherrscht habe. An einen regulären Schulunterricht war da nicht zu denken. Die<br />

beiden Lehrer, der arme Julius Schmidt und die Aushilfslehrerin Thekla<br />

Weynantz teilten sich die nervenaufreibende Aufgabe. Die 97 Erlenbacher<br />

Schüler wurden im Schichtunterricht beschult. Jeder der beiden bekamen als<br />

kleines Schmerzensgeld 12,50 Mark monatlich. Thekla Weynantz 443 musste ab<br />

dem 19. Februar 1916 Dienst in Hochspeyer tun. Sie vertrat dort Karl Sprau, der<br />

zum Militär einrückte. .<br />

Eine kleine Entlastung brachte wieder der Hilfslehrer August Schneider, der<br />

vom 2. November 1915 bis zum 19. Februar 1916 wieder seinen Dienst in<br />

Erlenbach antrat. (Er diente beim 20. bayerischen Feldart. Regiment, 2. Abt. F.<br />

Batt, 10. Bayer. Infanterie Division Julius Schmidt musste August Schneiders<br />

Klasse wieder betreuen.<br />

1916: Dieser Dauerstress macht krank. Kein Wunder, dass der gesundheitlich<br />

angeschlagene Julius Schmidt wieder erkrankte Diesmal vom 24. Juli bis zum<br />

23. August 1916. Sehr verwunderlich, die Krankmeldung aus Speyer lag bereits<br />

am 16. Juli vor. „Die Mitführung seiner Schule für diese Zeit, sowie die<br />

Mitführung der Schule des zum Heere einberufenen Hilfslehrers August Schmidt<br />

daselbst wird der Schuldienstanwärterin Auguste Wachter in Kaiserslautern<br />

übertraten. Sie hatte die Abschlussprüfung gerade bestanden. Auguste Wachter<br />

441 ) Protokollbuch der Gemeinde<br />

442 ) Früher durften die Lehrer nicht einfach so heiraten. Dies musste von der Aufsichtsbehörde<br />

genehmigt werden. „ Der Volksschullehrer Wilhelm Ludt in Erlenbach bekam am 31.10.1915<br />

die erbetene dienstliche Bewilligung zur Verehelichung mit Philippine Venter vom<br />

Einsiedlerhof“ (Schreiben der K Regierung der Pfalz, Kammer des Innern) . Am 1.5.1930<br />

versetzte ihn die Schulbehörde nach Hochspeyer, im Tausch mit Heinrich Jeblick.<br />

443 ) Thekla Weynantz verdiente in Hochspeyer 840 Mark pro Jahr.<br />

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332<br />

332<br />

bekam ein Jahresgehalt von 840 Mark aus dem Kreisfonds. Dies entsprach einem<br />

Monatsgehalt von 70 Mark. Ihr Dienstantritt war der 24 Juli 1916.<br />

Die einberufenen etwa 300 Männer hinterließen Lücken. Die Anfangserfolge<br />

der Kaiserlichen Armee brachte viele französische Kriegsgefangene, die auf die<br />

Dörfer verteilt wurden. Auch in Erlenbach und auf dem Gersweilerhof waren<br />

Kriegsgefangene bei den Landwirten eingesetzt. .<br />

Trotz der mangelnden Kriegsvorbereitungen, gelang die Versorgung der<br />

Millionen von Soldaten und die Umstellung aller Industriebetriebe auf die<br />

Kriegswirtschaft. Erhebliche Kraftakte waren nötig und Versorgungsengpässe<br />

waren die Konsequenz. Jeder packte an und machte für sich Abstriche. Das Volk<br />

akzeptierte und rückte zusammen. Durch heroische Reden und Gedanken<br />

manipuliert, strengte sich jeder an. Nur so waren hervorragende, organisatorische<br />

Leistungen möglich, aber um welchen Preis? So fertigte Kayser`s Fahrradfabrik<br />

in der Nähe des heutigen Messeplatzes KL Munition, die Zschokewerke<br />

Munitionskisten. Frauen im Guß- und Armaturenwerk KL machten Granaten<br />

bis 50 mm und auch die Nähmaschinenfabrik Pfaff AG produzierte Munition. Der<br />

Slogan war: „Die Männer an die Front und die Frauen in die Produktion“. So<br />

schlimm auch der Anlass war, er schaffte doch den Durchbruch zur<br />

Gleichberechtigung der Frauen. Endlich verdienten die Frauen mal ordentlich<br />

Geld, den größten Reibach machten aber die Unternehmer! Die beschäftigten<br />

lieber französische Kriegsgefangene, denn die kosteten nur einen Bruchteil eines<br />

deutschen Arbeiters So setzten die Fabrikbesitzer oft ihre älteren, moserten<br />

deutschen Arbeitnehmer vor die Tür und ersetzten sie durch Franzosen, die sie<br />

dann gnadenlos ausbeuteten.<br />

9.4. Die Kriegswirtschaft<br />

Dieser Weltkrieg vernichtete Menschen und Material. In allen Bereichen traten<br />

nach kurzer Zeit erhebliche Rohstoffmängel auf. So fand ich im „Amtlichen<br />

Schulanzeiger der Pfalz“, N° 8 vom 28. Juni 1916 folgende nachdenklich<br />

stimmende Bekanntmachung. Nach Mitteilung des Kriegsausschusses für Öle und<br />

Fette ist es möglich, die Kerne der Kirschen, Zwetschgen und Pflaumen in<br />

wirtschaftlicher und erfolgsversprechender Weise zur Ölgewinnung zu verwerten<br />

und so die knappen Ölbestände zu vermehren. Der Kriegsausschuss ...., macht die<br />

Schuljugend auf die Wichtigkeit der sonst achtlos fortgeworfenen Obstkerne<br />

aufmerksam und soweit möglich die Obstkernsammlung durch Errichtung von<br />

Sammelstellen plangemäß auszugestalten“. Die Preise stiegen und die Regierung<br />

erließ Höchstpreisverordnungen, die aber die Probleme nicht lösen konnten. Die<br />

bayerische Staatsregierung löste die bis dahin strengen Ferien- und<br />

Freistellungsregelungen auf und die älteren Volksschüler konnten beliebig in der<br />

Landwirtschaft 444 helfen. Wir fanden leider keine Unterlagen, die beschreiben,<br />

inwieweit der Krieg in unseren Dörfern zur Unterversorgung und<br />

444 ) „Die auf Antrag des Landtages zur Sicherung der Einbringung der Ernte angeordnete<br />

Schließung aller Schulen wird für die Volksschulen vielfach über die ordnungsmäßige Dauer<br />

der Sommer- oder Hauptferien hinaus zu wirken haben.... weil die durch die Kriegslage<br />

verursachte Verminderung der verfügbaren Arbeitskräfte an vielen Orten die Einbringung der<br />

Ernte erheblich verzögern wird“ Amtlicher Schulanzeiger, Speyer den 15.Sept. 1914, Seite 89


333<br />

Preissteigerungen 445 führten. Die Alten sind längst gestorben, die davon hätten<br />

berichten können.<br />

9.5. Weinende Herzen, unsere Gefallenen<br />

Die Propaganda-Maschine lief auf Hochtouren und produzierte tausendfache<br />

Illusionen, wie z.B. diese kitschig schöne Feldpostkarte von 1915. Die herbei<br />

geredete deutsche Überlegenheit zerrann, alle innigen Gebete halfen nichts<br />

Postkarte im Besitz von Horst Pulver, Gersweilerhof<br />

Von der Überheblichkeit blieb nichts übrig. Die deutschen Träume zerplatzten im<br />

Stellungskrieg, im Vernichtungskampf um Verdun, durch Gas. Was dachten wohl<br />

die Erlenbacher als ihr Postbote im Oktober die Todesnachricht des am 1.<br />

Oktober 1914 ersten gefallenen Erlenbachers, dem Jacob Gerlach * 2.8.1888.<br />

überbrachte. Allein in 1915 ließen sechs weitere Erlenbacher ihr Leben für<br />

Kaiser, Reich und Volk. Welch ein Geschwafel, das von den Nazis leicht<br />

verändert wurde. Nachstehend einzelne tragische Schicksale, die wir leider nur<br />

noch teilweise durch Unterlagen der Erlenbacher Familien doch noch nach 90<br />

Jahren erhellen konnten.<br />

445 ) Die Lehrer erhielten pro Jahr je nach Dienstjahren Kriegsteuerungsbeihilfen von 150, 200,<br />

250 Mark, Lehrerinnen 150, 180, 200 M.. Amtl. Schulanzeiger der Pfalz, Speyer vom<br />

27.5.1916, S. 29. Ende 1916 stockte der Staat dies nochmals je nach Kinderzahl auf. 30 für 1<br />

Kind; 120 für sieben Kinder!<br />

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334<br />

9.6. Unsere Gefallenen von 1915<br />

Jacob Knieriemen, kam am 18.5.1893 in Erlenbach auf die Welt. Er war der<br />

Sohn des Fabrikarbeiters Jacob Knieriemen und seiner Ehefrau Philippina Barth.<br />

Er war Infanterist im 1. Ersatz Bataillons des 22. bayerischen Infanterie<br />

Regiments Fürst Wilhelm von Hohenzollern. Durch einen Kopfschuss und die<br />

mangelnde und verspätete Reinigung eiterte der Einschuss und er starb am<br />

16.4.1915 im Reservelazarett I im St. Josefhospital zu Elberfeld. Die Nachricht<br />

erreichte Erlenbach am 20. April 1915.


335<br />

Johannes Mangold, * 24.6.1877 war zu Friedenszeiten Fabrikarbeiter gewesen.<br />

Seine Eltern Jacob Mangold und seine Mutter Elisabetha Nehser hatten ihn<br />

liebevoll aufgezogen. Er ging mit Erfolg in die Volksschule und heiratete<br />

Wilhelmina Heinrich 446 , die im Vorjahr am 30. April 1914 im Alter von 32<br />

Jahren verstorben war. Um die zahlreichen Lücken in den Einheiten schnell zu<br />

füllen, berief das ausgelaugte Reich Familienväter zu den Fahnen, die vor über<br />

einem Jahrzehnt ihren Wehrdienst geleistet hatten. Aus der Sicht der Armee ist<br />

dies zwar verständlich, aber menschlich war dies eine Katastrophe, wie der ganze<br />

unsinnige Krieg. So musste der Witwer 1915 zu dem Infanterie Ersatz Bataillon in<br />

Kaiserslautern Er gehörte der 4. Kompanie der Landwehr an. In den Kämpfen um<br />

Verdun wurde er verwundet. Man brachte ihn ins Reservelazarett III in Saarburg,<br />

wo er am 6.5.1915 verstarb. Nun waren seine Kinder Vollwaisen. Seine Brüder<br />

ließen ihn in Erlenbach beerdigen, wo noch heute sein Grabmal mahnt.<br />

Eugen Wagner kam 1895 auf dem Gersweilerhof auf die Welt. Seine Eltern<br />

waren der 1915 bereits verstorbene Fabrikarbeiter Jacob Wagner und seine<br />

Ehefrau Katharina Marky. Eugen diente bei dem 22. Bayerischen Infanterie<br />

Regiment Fürst Wilhelm von Hohenzollern. Er starb am 8.5.1915 an den Folgen<br />

eines Kopfschusses im Feldlazarett in Uta bei Neu Sandes in den „Ostgebieten“<br />

Heinrich Knieriemen kam am 9.1.1879 in Erlenbach auf die Welt. Seine Eltern:<br />

der Fabrikarbeiter Jacob Knieriemen und Frieda Heinrich. Er war mit Maria<br />

Karch (* 1.9.1876 in Otterberg) von Erlenbach verheiratet. Auch dieses<br />

kaiserliche Regime verheizte rücksichtslos seine Besten. Mit 36 Jahren wurde er<br />

nochmals Soldat, obwohl er Frau und Kinder hatte. Er tat Dienst in der 9.<br />

Kompanie des 5. Bayerischen Landwehr Regiment in Metz und bekam im Kampf<br />

um einen Bunker bei Verdun einen Lungensteckschuss. Er starb am 17.5.1915<br />

im Reservelazarett Oberrealisbach! Die Hinterbliebenen ließen seine Leiche in<br />

seinem geliebten Erlenbach beerdigen. Dort ist das Grabmal ein wenig beachtetes<br />

Denkmal, das für alle Gefallenen des 1. WK steht.<br />

446 ) Wilhelmina Heinrich war Tochter der Eheleute Philipp Heinrich und der Anna Maria Gehm<br />

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336<br />

336<br />

Jacob Haffner war Fabrikarbeiter gewesen. Als junger Kerl folgte er gerne den<br />

vaterländischen Parolen. Er war mit Leib und Seele Soldat für Kaiser und Reich.<br />

Er diente als Infanterist bei der 1. Kompanie des Bayerischen Landwehr<br />

Infanterieregiment, das in der Picardie (Nordfrankreich) eingesetzt war. Er<br />

kämpfte mit seinen Kameraden in Sichtweite der Kathedrale von Laons. Dieser<br />

heilige Ort schütze weder Feind noch Freund. Ein Scharfschütze verpasste ihm<br />

am 9.12.1915. einem Kopfschusses, da war er gerade 20 Jahre alt. Seine Eltern<br />

waren der Rentner Heinrich Haffner und Elisabetha Schmitt. Die Todesnachricht<br />

erreichte die Eltern am 28.12.1915. Da kann man nur mit Sarkasmus fröhliche<br />

Weihnachten und ein glückliches Neujahr sagen.<br />

8.7. In 1916 fielen unter anderem<br />

30.1.1916: Theobald Schmitt. Er war mit der 5. Kompanie des 5. Bayr. Infanterie<br />

Regiments in Carrier Nordfrankreich eingesetzt. Seine Kompanie stürmte an<br />

diesem Tag eine franz. Stellung und um 7.45 Uhr beendete ein feindlicher<br />

Scharfschütze mit einem gezielten Kopfschuss sein Leben. Er war gerademal 25<br />

Jahre alt und hatte kurz vor dem Krieg in Erlenbach die Katharina Bender<br />

geheiratet. Er war ein guter Fabrikarbeiter mit guten Zukunftsperspektiven. Und


337<br />

dann das. Sein Vater Johannes Schmitt war bereits tot und so weinten nur noch<br />

die junge Witwe und die verwitwete Mutter Katharina Scherer.<br />

30.3.1916: Peter Korn, * 4.2.1895, war Mechaniker und diente bei dem 1.<br />

Bataillon 22 des Bayerischen Infanterie Regiments Fürst Wilhelm von<br />

Hohenzollern. Die Truppe kämpfte in Melancourt in Frankreich. Pünktlich um 6<br />

Uhr griff sein Zug eine franz. Stellung an. Leider traf ihn ein Granatschuss im<br />

Bauchbereich und zerfetzte Magen und Därme. Welche Schmerzen musste er<br />

ausgehalten haben, bis ihn der Tod endlich erlöste. Die Todesnachricht erreichte<br />

die Eltern Benedikt Korn und seine Mutter Barbara Knieriemen erst Mitte Mai<br />

1916.<br />

21.4.1916, um 17 Uhr kämpfte der 20jährige Infanterist Eugen Merk mit seiner<br />

Kompanie des 22 Bayerischen Infanterie Regiments Fürst Wilhelm von<br />

Hohenzollern in der Gegend von St. Quentin. Bei Haucourt explodierte neben<br />

ihm eine Granate. Ein Granatsplitter durchdrang seinen Stahlhelm und drang in<br />

sein Gehirn ein. Seine Eltern waren der Maurer Heinrich Merk II. und Elise<br />

Loring. Erst 6 Wochen nach seinem Tod erreichte die traurige Nachricht die<br />

Eltern. In der gleichen Einheit war auch sein Freund Emil Wenzel 25 Jahre alt,<br />

der am 2.5.1916 an seiner Verwundung im Reserve Feldlazarett Nr. 53 verstarb.<br />

30.4.1916: Ludwig Jung war Kanonier des 2. Bayerischen Feldartillerie<br />

Regiments II. Seine Einheit hatte die Feuerstellung Mulde nordöstlich von<br />

Battincourt bezogen. Die schweren und weit reichenden Geschütze waren durch<br />

Stollen miteinander verbunden, um den Soldaten etwas Schutz zu bieten.<br />

Nachmittags um 18.15 schlug eine hochexplosive, feindliche Bombe ein und ließ<br />

den Stollen einstürzen, in dem sich Ludwig Jung aufhielt. Schutt, Erdreich<br />

verschütteten Ludwig. So war er also lebendig begraben worden. Als die<br />

Kameraden ihn ausgruben, war er bereits tot. Der 36 jährige hinterließ Frau<br />

(Babette Höbel) und Kinder, die auf dem Gersweilerhof wohnten. Seine Eltern<br />

brauchten keine Tränen mehr zu vergießen, denn sie waren bereits verstorben.<br />

2.5.1916: Emil Wenzel, 25 Jahre alt kämpfte und litt Seite an Seite mit seinem<br />

Freund Eugen Merk. Gefahren schmieden zusammen. 14 Tage nach Eugens Tod<br />

ereilte es Emil. Er wurde verwundet. Die Sanitäter schleppten ihn zum<br />

Feldlazarett # 53, wo er an seiner Verwundung starb. Die Eltern Peter Wenzel<br />

und seine Frau Margareta Gehm erfuhren Ende Mai 1916 vom Ableben ihres<br />

Sohnes.<br />

15.5.1916: Der Tagelöhner Karl Becker, * 20.3.1876 war mit Anna Dein<br />

verheiratet. Er war bereits 40 Jahre alt, als ihn das Vaterland den Reservisten zu<br />

den Waffen rief. Er war Soldat in der 11 Kompanie des Bayerischen Landwehr<br />

Infanterie Regiments, das bei Embermenil in Frankreich kämpfte. Gegen 13<br />

Uhr traf ihn ein Granatbeschuss im Brustbereich. Er starb nach wenigen Minuten<br />

an der schweren Verwundung. Seine Eltern waren der verstorbene Kleinbauer<br />

Johannes Becker und Katharina Theobald. Sie weinte gemeinsam mit der<br />

Schwiegertochter Anna Dein.<br />

337


338<br />

338<br />

10.7.1916: Jacob Strack, genannt der Zweite, war Reservist und auch schon<br />

35 447 Jahre alt, als ihn der bayerische König nochmals zu den Waffen rief. Im<br />

Zivilleben war er Baumwollweber Er war wie viele seiner Erlenbacher<br />

Kameraden Infanterist, d.h. Kanonenfutter im Reserve Regiment. Das Regiment<br />

war westlich von Bapaume in Stellung gegangen und in schwere Kämpfe<br />

verwickelt. Ein Schrappnellschuss riss in seinen Leib tödliche Löcher. Mit der<br />

32 jährigen Witwe Katharina Bachmann trauerten die Kinder, seine Eltern Peter<br />

Strack und Katharina Gehm aus Erfenbach und die vielen Verwandten und<br />

Freunde.<br />

27.7.1916: Karl Korn war 1885 als Sohn des Tagelöhners Philipp Korn und<br />

seiner Ehefrau Barbara Heinrich auf die Welt gekommen. Nach seinem<br />

Militärdienst heiratete er Anna Maria Anspach (*26.11.1882 in Otterberg). Sein<br />

Geld verdiente er als Fabrikarbeiter in Kaiserslautern. Dann kam der unselige<br />

Krieg und er musste wie alle anderen auch wieder einrücken. Jetzt wurde aber<br />

scharf geschossen. Seine 7. Kompanie des Infanterie Regiments kämpfte um<br />

Maurepos in Nordfrankreich. Morgens, es war noch dunkel. Es war 3.30 Uhr. Er<br />

hob unvorsichtigerweise seinen Kopf aus dem Schützengraben. Peng und er<br />

erhielt einen Kopfschuss. Er fiel tot zwischen seine Kameraden.<br />

30.7.1916: Peter Lesoine * 23.11.1886, Sohn der Eheleute Abraham Lesoine und<br />

Elisabeth Müller arbeitete nach seinen Wehrdienst als Packer bei der Fa. Pfaff. Er<br />

heiratete zwei Jahre vor dem Krieg am 18.5.1912 seine Klassenkameradin Helene<br />

Schottinger 448 , * 9.6.1886 in Erlenbach. Der Krieg machte auch seiner<br />

Lebensplanung einen Strich durch die Rechnung. Als Reservist kam er zum<br />

Infanterie Regiment, das in Nordfrankreich westlich von Guillemont bei Combles<br />

sinnlos, blutig, verlustreich die franz. Stellungen vergeblich angriff. Bei dem<br />

Sturmlauf gegen 17 Uhr traf ihn ein Handgranatenschuss mitten in die Brust.<br />

3.9.1916: Otto Braunbach, Schuhmacher, * 13.12.1885 rückte als Reservist bei<br />

dem 4. königlich bayerischen Infanterie Regiment in Metz ein. Das Regiment<br />

kämpfte an diesem Tag im Chapillewald. Ein Granatschuss traf ihn in die Brust.<br />

Er war auf der Stelle tot. Um ihn trauerten seine Kinder, seine Frau Anna Cappel,<br />

(*2.8.1891 in Patersbach) und seine Mutter Katharina Hollstein.<br />

15.9.1916: Ernst Wenzel kam 1895 auf die Welt. Er machte eine Lehre als<br />

Buchbinder. Wie alle Wehrtüchtigen diente er bereitwillig dem Vaterland. Man<br />

kannte ja nichts anderes. Auch er diente bei der Infanterie. Verwundet kam er in<br />

französische Krieggefangenschaft, wo er im Lazarett Mitte September verstarb.<br />

Durch Vermittlung des Roten Kreuzes tauschten die Kriegsgegner ihre<br />

Informationen. Länger als ein Jahr lebten die Eltern Peter Wenzel und<br />

Margaretha Gehm in Ungewissheit. Ihr Sohn war vermisst. Dann kam im<br />

Februar 1918 die schreckliche Nachricht, dass ihr Sohn Ernst gestorben sei<br />

447 ) Jacob Strack kam am 10.5.1884 in Erfenbach auf die Welt Er und seine Frau Katharina<br />

Bachmann, * 20.1.1884 in Erlenbach waren Arbeitskollegen in der Baumwollspinnerei<br />

Lampertsmühle. Das Paar heiratete am 3.2.1906 in Erlenbach. Ihre Eltern waren der Tagelöhner<br />

Michael Bachmann und Anna Maria Loring<br />

448 ) Schottinger Helene, * 9.6.1886 in Erlenbach, Tochter der Eheleute Heinrich & Anna Maria<br />

Forster. Schottingers waren vermögend. Sie hatten zwei Pferde, eine Seltenheit für Erlenbach.


339<br />

9.8. Das Kriegsjahr 1917<br />

In 1917 musste auch der Polizeidiener August Ultes herhalten, die dicken,<br />

schlimmen Briefe mit den letzten Habseligkeiten der Gefallenen zu überbringen.<br />

Ein Nerven zehrender Job, bei dem Ultes oft auch selbst in Tränen ausbrach.<br />

27.2.1917 Emil Schneider kam 1893 auf die Welt. Seine Eltern waren die<br />

Ackersleute Johannes Schneider & Angelika Neu. Emil war Arbeiter in Kaysers<br />

Fahrradfabrik in KL gewesen. Nach Kriegsbeginn kam er zur 1. Kompanie des<br />

königlich bayerischen Infanterie Regiments. Mit anderen Einheiten versuchte die<br />

Heeresgruppe bei St. Quentin den Durchbruch, um Paris einzunehmen. Aber<br />

vergebens. Gemeinsam mit englischen Truppen entstand eine starke französische<br />

Verteidigungslinie. Emils Schneider Regiment griff Ende Februar die franz.<br />

Stellungen an. Mittags um 12.15 Uhr starb Emil. Er hatte einen Kopf- und<br />

Brustschuss erhalten.<br />

14.4.1917: Theobald Karch, Jahrgang 1889 hatte als junger Mann seinen<br />

Wehrdienst abgelegt und den Staatsbürgereid geleistet. Er war mit Christina<br />

Müller verheiratet. Er wohnte wie seine Eltern † Adam Karch und Katharina<br />

Weiland auf dem Gersweilerhof. Als Reservist musste er einrücken. Seine 9.<br />

Kompanie des königlich bayerischen Infanterie Regiments kämpfte in<br />

Nordfrankreich. Theobald starb morgens um 8 Uhr beim Angriff auf franz.<br />

Stellungen durch einen gezielten Kopfschuss.<br />

3.8.1917, Theobald Geiß vom Gersweilerhof hatte als Fabrikarbeiter gearbeitet<br />

und war trotz seiner 31 Jahre immer noch unverheiratet. So lebte er im Haushalt<br />

seiner Eltern. Seine Mutter Magdalena Christmann verwöhnte ihn gerne. Er<br />

diente als Reservist beim 12 Infanterie Regiment in Landau. Auch diese Einheit<br />

war im Kampfabschnitt von St. Quentin eingesetzt. Theobald war Ende Juli<br />

verwundet worden und lag im Feldlazarett 49. Aber er hatte keine Chance. Er<br />

starb morgens um 4 Uhr. Erst im Oktober 1917 erfuhren seine Eltern Theobald<br />

und Magdalena vom Ableben ihres geliebten Sohnes.<br />

3.9.1917: Eugen Heinrich * 02.12.1895 war der Sohn des Konrad Heinrich und<br />

der Elisabeth Zimmer. Seine Grundausbildung erhielt er beim Königlich,<br />

Bayerischen Infanterie Regiment in Landau. Seine Kompanie war nördlich von<br />

Waldwerde/ Riga eingesetzt. Auch diesmal beendete wieder ein Scharfschütze<br />

durch einem Kopfschuss dieses junge Leben.<br />

9.9. Die Gefallen von 1918<br />

18.4.1918: Unser 24 jähriger Hilfslehrer August Schneider war mehrmals mit<br />

Unterbrechungen bei der schweren Feldartillerie Einheit aus Landsberg eingesetzt,<br />

wie Sie werter Leser aus dem Schulbericht ersehen können. Die schweren<br />

bayerischen Geschütze standen bei La Potierre in Frankreich und richteten unter<br />

den französischen Truppen schwerste Verluste an. Logischerweise musste so eine<br />

Gefahr ausradiert werden. Morgens kurz vor 6 Uhr erhielt diese Geschützstellung<br />

mehrere Volltreffer ab. August Schneider und seine Kameraden wurden zerfetzt<br />

bzw. verschüttet. Diese Todesnachricht erreichte im Juni 1918 die<br />

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340<br />

Gemeindeverwaltung Erlenbach. Seine Eltern Johannes Schneider und Karolina<br />

Glas aus Kaiserslautern konnten nicht mehr weinen; sie waren bereits verstorben.<br />

6.7.1918: Benedikt Korn war der Sohn des Benedikt Korn und der Barbara<br />

Knieriemen. Er war 29 Jahre alt (* 18.04.1889), als .er im Feldlazarett 295 an<br />

einer Lungen- und Rippenfellentzündung starb. Er war der einzige Erlenbacher<br />

Soldat, der nicht durch eine Kriegseinwirkung oder Verwundung sein Leben<br />

lassen musste. Wäre damals das Penicillin bereits erfunden gewesen, wäre<br />

Benedikt nach wenigen Tagen wieder gesund gewesen.<br />

27.9.1918: Der Holzarbeiter Ludwig Braunbach 449 war mit Elisabeth Socoly<br />

verheiratet. Er musste mit 33 Jahren als Edelreservist wieder einrücken. Seine<br />

Einheit bekam am 27.9.1918 in Flandern einen Artillerievolltreffer ab. Genaueres<br />

war nicht in Erfahrung zu bringen. Er starb mit 34 Jahren. Seine Eltern der<br />

Landwirt Johannes Braunbach und Katharina Knieriemen waren bereits<br />

verstorben. Die Witwe wurde im Februar 1919 vom Tod ihres Mannes informiert.<br />

1.11.1918 der Schlosser Arthur Christmann war 20 Jahre alt. Sein Infanterie<br />

Regiment stammte aus Augsburg. Er starb durch einen Kopfschuss bei<br />

Buchneyrin in Frankreich. Nähere Todesumstände konnten wir nicht finden. Er<br />

war der Sohn des Fabrikarbeiters Karl Christmann und seiner verstorbenen<br />

Ehefrau Wilhelmina Heinrich.<br />

Ernst Heinrich war das letzte der 40 sinnlosen Opfer Erlenbachs. In den letzten<br />

Kriegstagen hatte er noch einen Lungensteckschuss abgekriegt. Seine Einheit<br />

(bayerische Infanterieregiment) hatte sich nach der bedingungslosen Kapitulation<br />

in ihre Heimatkaserne Königshofen zurückgezogen und Ernst Heinrich im<br />

Würzburger Reservelazarett untergebracht. Aber diese Fürsorge half auch nichts<br />

mehr. Er starb mit 23 Jahren am 27.12.1918. Er war der Sohn der Eheleute<br />

Abraham Heinrich (Fabrikarbeiter) und der Elisabeth Michel.<br />

Alphabetische Liste der 40 Gefallenen<br />

Gefallene geboren gefallen<br />

1. Bandel, Jacob<br />

2. Barth, Fritz 07.06.1917<br />

3. Becker, Adolf 02.12.1929<br />

4. Becker, Karl 20.03.1876 15.05.1916<br />

5. Blauth Christian 18.02.1895 26.02.1921<br />

6. Braunbach, Ludwig * 1884 27.09.1918<br />

7. Braunbach, Otto 13.12.1885 03.09.1918<br />

8. Christmann Arthur * 1898 01.11.1918<br />

9. Denig, Eugen<br />

Früh, Ferdinand, *<br />

17.05.1883 25.04.1918<br />

10. Kreuzhof, KL 30.9.1886 15.08.1915<br />

11. Geiß, Heinrich<br />

449 ) Braunbach Ludwig, * 24.4.1884 oo 6.11.1909 Sokoly Elisabetha * 30.4.1886


341<br />

12. Gerlach, Jach 02.08.1888 01.10.1914<br />

13- Haffner, Jacob * 1895 09.12.1915<br />

14. Halfmann,Daniel 14.08.1919<br />

15. Heinrich, Ernst 27.12.1918<br />

16. Heinrich, Eugen 02.12.1895 03.09.1917<br />

17. Heinrich, Rudolf 16.03.1915<br />

18. Hiegle, Eugen 19.09.1915<br />

19. Jung, Ludwig * 1880 30.04.1916<br />

20. Karch, Theobald 11.04.1917<br />

21. Knieriemen, Heinrich 09.01.1879 17.05.1915<br />

22. Knieriemen, Jacob 18.05.1893 16.04.1915<br />

23. Knieriemen, Philipp 23.04.1918<br />

24. Korn, Benedikt 18.04.1889 07.07.1918<br />

25. Korn, Karl 22.07.1916<br />

26. Korn, Peter 04.02.1895 30.03.1916<br />

27. Lesoine, Heinrich 07.01.1891 03.06.1916<br />

28. Lesoine, Peter 23.11.1886 30.07.1916<br />

29. Mangold, Johann 24.06.1877 06.05.1915<br />

30. Merk Eugen * 1896 24.04.1916<br />

31. Nueffer, Friedrich<br />

32. Schmidt, Theobald<br />

Schneider, August,<br />

30.01.1916<br />

33 Hilfslehrer 24 Jahre<br />

343. Schneider, Emil<br />

35. Steidel, Heinrich 6.11.1887 01.07.1916<br />

36. Strack, Jacob * 1881 10.07.1916<br />

37. Wagner, Eugen * 1895<br />

38. Wenzel, Emil 02.05.1916<br />

39. Wenzel, Ernst * 1895 15.09.1916<br />

20.03.1916 †<br />

Lazarett<br />

40. Zimmer Karl 28.09.1894 Zweibrücken<br />

Die 18 überlebenden Kriegerwitwen erhielten stellvertretend in den Jahren 1934<br />

bzw. 1935 das Ehrenkreuz durch die Gemeindeverwaltung ausgehändigt.<br />

Insgesamt hatten 1935 etwa 150 Bürger das Ehrenkreuz. Dies sollte die anderen<br />

neidisch machen.<br />

Aber was war mit den zahlreichen Kriegsverletzten & Kriegsinvaliden, denen<br />

Arme und Beine abgerissen waren, Die Kriegsblinden, die vom Reich einen Stock<br />

spendiert bekamen, um sich dann hier durchs Leben zu tasten.. Für sie hat keiner<br />

ein Denkmal errichtet. Keiner gab ihnen einen Job. Sie waren arbeitsunfähig und<br />

vegetierten finanziell nur so dahin. Heiratetne sie oder bekamen sie Kinder, dann<br />

schrieb der Standesbeamte Hollstein die Berufsbezeichnung<br />

>Kriegsinvalide


342<br />

342<br />

• August Merz, der mit Maria Lesoine verheiratet war,<br />

• Adolf Becker, oo Charlotte Heinrich.<br />

• Heinrich Sprenger oo Anna Heinrich,<br />

• Robert Martin oo Karolina Korn<br />

9.10. Entlassungsbeihilfen an ehemalige Kriegsgefangene<br />

Die Gemeinde Erlenbach zahlte an folgende ehemaligen Infanteristen<br />

Kriegsbeihilfen und Entschädigungen<br />

Gefangenschaft<br />

Name Beginn Ende Ort Entschädigung<br />

in Mark<br />

Sokoli, Friedrich 29.06.1918 01.02.1920 15<br />

Heinrich, Konrad 15.09.1916 23.10.1919 Le Havre 200<br />

Herzhauser, Karl 21.08.1918 21.01.1920 Jalancy 150<br />

Schneider, Heinrich 28.08.1918 11.10.1919 Kail 150<br />

Steidel, Jacob 16.09.1918 25.01.1920 Jassing 150<br />

Heinrich, Otto 27.09.1918 02.11.1919 Rzoon 150<br />

DIE ZEIT DER WEIMARER REPUBLIK<br />

1919 – 1933<br />

10.1. Besatzungszeit, Separatisten von 1921 – 1930<br />

1918 war Kriegsende und 1919 besetzte Frankreich die bayerische Pfalz. Die<br />

Bewohner erhielten französische Ausweispapiere, wie z.B. Theobald Reisel aus<br />

Erlenbach. Das hübsche Passfoto ist im Stil der damaligen Zeit und zeigt<br />

zweifelsohne die verwandtschaftliche Beziehung unseres Lothar Reisel´s, der<br />

dies wie viele andere Urkunden uns zur Verfügung stellte. Bitte beachten Sie,<br />

ohne Hut waren die Männer oder Frauen nichts.<br />

10.2. Inflation & Saargänger<br />

Ebenso abenteuerlich wie der Erste Weltkrieg, so abenteuerlich war auch seine<br />

Finanzierung. Die Sparguthaben waren eingefroren und der einzige Ausweg war,


343<br />

Kriegsanleihen 450 zu zeichnen. Ende 1918 war das Pulver verschossen, aber die<br />

Staats - Schulden blieben. Und die Bürger konnten sich die wertlosen Urkunden<br />

in ihre Plumpsklos an die Bretterwand nageln. Nicht nur, dass das Reich auf den<br />

Kriegsschulden saß, hinzu kamen die Millionen von Witwen- und Waisenrenten.<br />

Sie waren sehr mickrig, 3 – 4 Mark. Für die Familien ein Hungerlohn, für das<br />

Reich mit seinen leeren Kassen aber eine enorme Belastung.<br />

Der „Friedensvertrag“ von Versailles war die Retourkutsche für die politisch<br />

dümmlichen Auflagen, die die Deutsche Regierung unter Bismarck 1871<br />

Frankreich auferlegt hatte. Frankreich wollte 1919 seine Milliarden Goldfrancs<br />

vom unterlegenen Gegner zurückhaben. Da kein Gold da war, mussten aus dem<br />

Deutschen Reich riesige Materiallieferungen vor allem an Frankreich und Belgien<br />

geliefert werden. Der Generalstreik im Ruhrgebiet gab der Deutschen Währung<br />

den Todesstoß. Wie wollte das Deutsche Reich Millionen von Menschen in<br />

diesem Gebiet unterstützen. Die Deutsche Regierung setzte Ende 1921 die<br />

Notenpresse in Gang, die 1922 erst so richtig in Schwung kam. Aber diesem<br />

riesigen, stetig wachsenden Geldgebirge stand ja keine entsprechende Gütermenge<br />

mehr gegenüber. Jeder nahm sich nun das Recht, Geld zu drucken. Z.B.<br />

Kaiserslautern, Otterberg, der Regierungsbezirk Pfalz, Betriebe wie Pfaff etc.<br />

Dass dann das Geldsystem zusammenbrechen würde, dürfte wohl jedem klar<br />

sein. Und die Preise kletterten unaufhaltbar nach oben!<br />

1921: Der Bürgermeister Hollstein stellte am 16.10.1920 die Hilfslehrerin<br />

Johanna Steiner aus Alsenz ein. Ihr Gehalt betrug noch monatlich 130 Mark<br />

einschließlich einer Mietentschädigung. Aber auch schon 1920 explodierten die<br />

Preise. Der Gemeinderat Erlenbach bewilligte ihr ab dem 1. Januar 1921 bereits<br />

ein Gehalt von4.340 Mark. Übrigens, sie war Ersatz für Paula Guth, die wegen<br />

ihrer Hochzeit auf eigenen Wunsch aus dem Schuldienst ausgeschieden war.<br />

1922. Die Gemeinde Erlenbach stellte am 8. Oktober den Hilfslehrer Karl Gugel<br />

zum Lehrer ein und bezahlte ihn nach der Gruppe VII. Sein Anfangsgehalt betrug<br />

schon 20.000 Reichsmark. Ob er bei der rasanten Preisentwicklung mit dem Geld<br />

auskam? Wohl kaum! Die Löhne aller drei Lehrer mussten laufend an den<br />

Wertverfall angepasst werden. Herr Gugel war für die Gemeinde und dem<br />

Gesellschaftsleben ein großer Gewinn. Er engagierte sich in der evangelischen<br />

Kirche, war Chorleiter des Gesangvereins Erlenbach und war im Beirat des FCE<br />

für den Fußball engagiert. Für ihn war es auch selbstverständlich,<br />

Kommunalpolitik zu machen. Er war nicht laut und aufdringlich. Was er sagte<br />

hatte aber Hand und Fuß: eine großartige Persönlichkeit.<br />

Eine uns unbekannte Erlenbacher Hausfrau notierte in ihrem „Hausfreund<br />

Kalender“ von 1922 und 1923 wöchentlich, später täglich die rasante<br />

Preisentwicklung, die alle Haushalte vor unlösbare Probleme stellte. Das Geld<br />

wurde wertlos, die Geldwirtschaft brach zusammen. Der erste Eintrag ist vom<br />

15.2.1922: 1 Laib Brot (3 Pfund) 13 RM, 1 Pfund Butter 50 RM, 1 Pfd.<br />

Rindfleisch 26 Mark; 1 Pfd. Mehl 8 Mark; ein Ei kostete 5 Mark! Eintrag vom<br />

450 ) Werbung für die „5 % Deutsche Kriegsanleihe (Dritte Kriegsanleihe) zur<br />

Bestreitung der durch den Krieg erwachsenen Ausgaben vom 11. Sept. 1915“, Amtlicher<br />

Schulanzeiger der Pfalz N° 11. S. 53<br />

343


344<br />

344<br />

September 1922: Butter 300 Mark, Mehl 50 Mark, Brot 70 Mark. Und so ging es<br />

jetzt im Sturzflug weiter bergab!<br />

Der als Musiker so sehr erfolgreiche Johannes Korn, * 25.3.1870, wohnhaft in<br />

der Hauptstraße, schräg gegenüber dem Schulhaus, hatte von seinen Einnahmen<br />

das damals sehr schöne Musikantenhaus gebaut und zudem 10 Hektar Land<br />

gekauft. In seinem Sparstrumpf waren immer noch 63.000 Mark. Er war so clever<br />

gewesen und hatte keine Kriegsanleihen gezeichnet. Aber 1919 verpasste er<br />

jedoch die Gelegenheit, sein Geld in England anzulegen. Die Inflation holte das,<br />

was ihm der Krieg nicht hatte nehmen können.<br />

1923: Die Regierung der Pfalz gab am16.6.1923 grünes Licht für die Aufstockung<br />

des Schulhauses. Gleichzeitig gewährte sie Zuschüsse, so dass die Gemeinde<br />

Erlenbach 451 ab dem 1.7.1923 vier arbeitslose Familienväter dafür einstellen<br />

konnte. Dies waren die Maurer und Steinhauer Karl Barth, Karl Thines, Adolf<br />

Barth und Johannes Barth. Etliche andere Familien werden dies neidvoll<br />

gesehen haben. Warum haben gerade die Glück und nicht wir?<br />

Dieses Jahr 1923 schlug dann alle Rekorde und brachte den geplagten Familien<br />

astronomische Zahlen mit ellenlangen, wertlosen Nullen, so dass sich hinter<br />

jedem Ladentisch eine langwierige Rechnerei sich ergab. Der Wert des Geldes<br />

verfiel schneller als der frühlingshafte Wald sein farbenfrohes Herbstkleid<br />

anlegte, schneller als die Sonne auf- und unterging und zum Schlug noch<br />

schneller, als der Regen im Boden versickerte. je mehr Geld die Menschen in den<br />

Taschen hatten, umso mehr verarmten sie.<br />

Was war das für ein Geld. Keiner hatte noch jemand einen Überblick, welche<br />

Scheine gerade wo galten. In ganz Deutschland gab es mehr als 80.000<br />

verschiedene Geldscheine, alleine die Firma Pfaff in Kaiserslautern gab 35<br />

verschiedene Varianten aus. .<br />

Die Eisenwerke und Pfaff entlohnten ihre Arbeiter schließlich mit ihrem eigenen<br />

Geld. Die tägliche Lohnzahlung war morgens. Anschließend gaben sie ihren<br />

Mitarbeitern eine halbe bis zu einer Stunde frei, damit sie schnell ihren Lohn noch<br />

in Brot und andere Lebensmittel umtauschen konnten, denn bis zum Abend waren<br />

die Scheine schon zu Altpapier geworden. Gegen Ende 1923 wogen die<br />

Geldscheine, die sie schließlich im Rucksack zum Einkaufen schleppten, am Ende<br />

mehr als die Waren: Die Brotpreisentwicklung eines Dreipfünders in<br />

Kaiserslautern am:<br />

• Ende Mai = 1.600 Mark<br />

• Ende Juli = 48.000 Mark<br />

• 26. August 1923 = 100.000 Mark,<br />

• 21. September = 6,5 Millionen Mark,<br />

• 15. Oktober =140 Millionen und<br />

• 3. November = 10 Milliarden Mark.<br />

So konnte es passieren, dass man morgens um 7 Uhr noch ein Brot bekam und<br />

eine Stunde später nur noch einen Weck. Am schlimmsten traf es die Beamten<br />

451 ) Der Gemeindesekretär hieß damals Heinrich!


345<br />

und Angestellten mit ihrer Monatsentlohnung. Bis sie ihr Geld erhielten, war es<br />

überhaupt nichts mehr wert. Darauf erhielten sie alle 10 Tage und später auch sie<br />

täglich (wertloses) Geld. Das Geld wurde fast nicht mehr gezählt, sondern<br />

gewogen, geschätzt. . Aber was sollten die Bauern, Viehhändler, die kleinen<br />

Ladenbesitzer mit dem wertlosen Papiergeld machen? Sie weigerten sich, ihr<br />

Vieh, ihre Produkte gegen diesen wertlosen Schrott zu liefern.<br />

Nur noch der Tauschhandel funktionierte. Hier einige Beispiele, die ich in der<br />

Pfälzischen Volkszeitung fand:<br />

• Echt goldene hochfeine Damenuhr mit Sprungdeckel<br />

gegen Kartoffeln und Mehl zu vertauschen (25.10.1923)<br />

• Wer tauscht 1 Damenrad gegen Mehl (1. Nov. 1923)<br />

• Ein Schwein, circa 100 Pfund schwer, gegen Franken 452<br />

zu verkaufen Mainzer Str. 54 (1. November 1923)<br />

• Tauschangebot: 10 Zentner Kohlen gegen Kartoffeln zu<br />

vertauschen. Pariser Str. 56 ( 2. November 1923<br />

452) Der Franken war zwangsläufig die Ersatzwährung geworden. Entweder wurde getauscht,<br />

oder nur noch der Franken akzeptiert. Aus einer Anzeige vom 1.11.1923: „Arbeiter, Schreiner<br />

oder Schlosser zur Übernahme in Privathaus in Freistunden gesucht, Frankenentlohnung“<br />

345


346<br />

346


347<br />

Zur Überwindung der Inflation wurde sie durch das entsprechende Gesetz vom<br />

13. Oktober 1923 von der zwei Tage später errichteten Deutschen Rentenbank<br />

herausgegeben. Diese begann ihre Arbeit mit einem Kapital von 3,2 Milliarden<br />

Rentenmark, das größtenteils durch die Belastung von Grundstücken aufgebracht<br />

wurde. Die Rentenmark ersetzte die bis dahin gültige, völlig entwertete<br />

Papiermark in einem Verhältnis von eins zu einer Billion. Ihre Einführung<br />

erfolgte in der Pfalz erst am 1. Januar 1924 Der Umlauf der Rentenmark fand<br />

durch das Gesetz vom 30. August 1924 bereits wieder ein Ende. An ihre Stelle trat<br />

nun die Reichsmarkwährung, die bis zur Währungsreform im Juni 1948<br />

Gültigkeit hatte. Die Deutsche Rentenbank stellte am 11. November 1924 ihre<br />

Tätigkeit ein.<br />

Die Saargänger: Am besten waren unsere zahlreichen Maurer, Arbeiter dran,<br />

egal welchen Beruf sie auch ausübten, wenn sie einen Job im Saargebiet oder<br />

auch in Lothringen 453 hatten und mit wertstabilen Francs entlohnt wurden. Der<br />

saarländische oder französische Arbeitgeber stellte den Arbeiterausweis mit<br />

Lichtbild aus (Carte d´ouvrier) mit dem sie die Grenze problemlos passieren<br />

konnten. Sie bekamen 5 Francs die Stunden oder etwa 800 Franken im Monat<br />

und jobbten dort, wo sie gerade gebraucht wurden. Walter Eimer war eigentlich<br />

Zimmermann, aber wenn es sein musste, schaffte er auch als Hilfsarbeiter. Jacob<br />

Korn war Dienstknecht, Chauffeur, Traktorfahrer, Handlanger im Baustoffhandel<br />

etc. Keine Arbeit war zu dreckig, sie scheuten keine Mühe, um Geld<br />

heimzubringen. Otto Gebhard schuftete als Hauer für täglich 30 Francs in der<br />

Kohlengrube in Petite-Rosselle / Lothringen. Andere malochten in Thionville<br />

Außerdem bekamen die Berglaute frei Haus ihren Hausbrand, den sie teilweise<br />

gegen Nahrungsmittel eintauschten (siehe oben) Da die Pfalz auch französisch<br />

besetzte Besatzungszone war, hatten unsere Leute freien Zugang zum Saarland.<br />

Die Existenz vieler Familien war dadurch gesichert. Der Franken wurde 1923<br />

Ersatzwährung<br />

Einige Saargänger, auch vom Gersweilerhof<br />

Eimer, Walter Zimmermann<br />

Gebhardt, Otto * 04.01.1902<br />

Hebel, Jacob<br />

Herzhauser, Heinrich Gersweilerhof<br />

Herzhauser, Karl<br />

Knieriemen, Alfred<br />

Knieriemen Oswald<br />

Korn, Jacob * 08.10.1899<br />

Lücke, Adolf * 07.09.1875 * Forst bei Kassel<br />

Merk, Heinrich * 08.07.1901 Gersweilerhof<br />

Schwaderer, Gustav, Bäcker<br />

Steinbrecher, Jacob<br />

Wenzel, August<br />

453) damals auch Saarbecken genannt<br />

347


348<br />

348<br />

Aber diese „Saargänger“ erregten doppelten Neid, der daheim gebliebenen, da<br />

sie sich alles leisten konnten. Ärgernisse und Anfeindungen gehörten zur<br />

Tagesordnung. Dennoch, viele gaben ihre heimische Arbeit auf und schlossen sich<br />

den zahlreichen Kolonnen an. Etliche unserer Bauern und Bauernsöhne gingen<br />

auch an die Saar oder nach Lothringen, um an den wertvollen Franken zu<br />

kommen. Die Entlohnung war eine Sache, die zweite positive Seite war, das was<br />

sie zollfrei mitbringen konnten und in der Pfalz fast nicht zu erhalten war. Welche<br />

Höchstmengen 454 dürften sie wöchentlich zollfrei mitschleppen? Liebe Leser, da<br />

können Sie sich gut vorstellen, was unsere Arbeiten schwer bepackt<br />

heimbrachten. Die Familie stand dann schon mit dem Leiterwagen am<br />

Erlenbacher Bahnhof. Die Bewohner des Gersweilerhofes wurden direkt am<br />

Hauptbahnhof mit Hilfe eines Handkarrens abgeholt.<br />

Fleisch- und Wurstwaren 4 kg<br />

Müllereierzeugnisse, Backwaren 6 kg<br />

Teigwaren 1 kg<br />

Butter, Margarine 2 kg<br />

Kartoffeln 20 kg<br />

Kaffee 1 kg<br />

Zucker 2 kg<br />

Haushaltsseife 1 kg<br />

Die Hausfrauen hatten dann allerdings allein die schwierigen Arbeiten erledigen.<br />

Und wenn es sich machte, kamen die Saargänger am Wochenende, samstags spät am<br />

Abend heim, um sonntags spät wieder zur Arbeitsstelle zu fahren.<br />

Mit dem Beginn der Weltwirtschaftskrise änderte sich dies alles radikal, da dann<br />

auch Frankreich vom Niedergang betroffen war. Von da ab erhielten die Saargänger<br />

finanzielle Zuschüsse, die bei der Gemeindeverwaltung Erlenbach zu beantragen<br />

war.<br />

Die Armut war allgemein, betraf die Meisten. Sogar an den Beerdigungskosten<br />

musste zwangsläufig gespart werden. Die teueren Holzsärge bekamen billige<br />

Konkurrenz, wie aus der Anzeige der >Pfälzischen Volkszeitung< zu entnehmen ist:<br />

Holz – Pappe Särge<br />

Dieselben sind bei würdigem Äußeren durchaus<br />

zweckentsprechend behördlich begutachtet und<br />

Eingeführt, ganz bedeutend billiger als<br />

Holzsärge und haben sich selbst in den besten<br />

Kreisen schnell eingeführt<br />

Sargindustrie Kaiserslautern (Hoepp & Bayer)<br />

Rosenstr. 10, Telephon 717<br />

454) laut Protokoll über die Regelung des Arbeiterverkehrs an der deutsch-saarländischen Grenze.


349<br />

Eine unbekannte Familie vom Gersweilerhof traf es besonders hart. Der Notar<br />

Meyer in der Theaterstr 21 (heute Karl Marx Str) versteigerte am 4 Oktober 1923<br />

ihr Wiesengrundstück auf dem Gersweilerhof, Flurstück in den Birken, Plan Nr.<br />

1296 455 . Das Feld war 54 Dezimale groß gewesen. Näheres konnte der Pfälzischen<br />

Volkszeitung nicht entnommen werden. Dieses Grundstück ist heute Grünfläche<br />

und dort weiden ab dem Frühjahr 50 – 60 Rinder.<br />

10.3. Arbeitslosigkeit, Elend, Sozialamt<br />

1929 die Weltwirtschaftskrise beutelte auch die Westpfalz. Und dort waren gerade<br />

die Arbeiterdörfer wie Erlenbach extrem schlimm betroffen. Außer ihrer Arbeitskraft<br />

hatten unsere Leute nichts nachzuweisen. So pochten sie auf die Solidarität der<br />

Gemeinde, des Staates. Aber keiner hatte genug Geld. Erlenbach bekam im Jahr<br />

1930 vom Reich gerade mal 541 Reichsmark zugewiesen, um den 30<br />

Wohlfahrtserwerblosen- Familien unter die Arme zu greifen.<br />

1930: 31. August: Das Erlenbacher Bürgermeisteramt erstellt eine für uns sehr<br />

aufschlussreiche Liste der 30 Wohlfahrtserwerbslosen (Sozialhilfeempfänger). Die<br />

Informationen sind vielfältig. Einerseits bestätigt sie die schlimme Herzlosigkeit,<br />

dass damals wie heute gerade ältere Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt keine<br />

Chancen mehr haben<br />

Andererseits erleichtert bzw. bestätigt die Liste die Ahnenforschung und gibt<br />

Auskunft über den holprigen Lebensweg der Vorfahren.<br />

Name geboren Beruf Alter<br />

Barth, Jacob * 15.05.1880 Schlosser 51 Jahre<br />

Barth, Theobald * 01.10.1875 56 Jahre<br />

Benkel, Jacob * 07.09.1881 Metallfräser 50 Jahre<br />

Braunbach, Hugo * 10.11.1860 Maurer 71 Jahre<br />

Heinrich, Konrad * 18.05.1885 46 Jahre<br />

Herbach, Ludwig * 14.04.1877 Steinbrecher 54 Jahre<br />

Herbach Michael * 23.05.1875 Weber 56 Jahre<br />

Kleber, Max * 29.05.1891 Maurer 40 Jahre<br />

Korn, August * 10.05.1874 Fabrikarbeiter 57 Jahre<br />

Merz, Philipp * 10.04.1879 Tagelöhner 52 Jahre<br />

455 ) Die Lage kann der alten Vermessungskarte von 1837 entnommen werden.<br />

349


350<br />

350<br />

Rahm, Christian * 09.07.1885 Fabrikarbeiter 46 Jahre<br />

Schäfer, Jacob * 15.01.1870 Steinbrecher 61 Jahre<br />

Schäfer, Johann * 17.11.1871 Fabrikarbeiter 60 Jahre<br />

Wenzel, Franz * 21.02.1897 Tüncher 34 Jahre<br />

Winter, Josef, seine * 09.07.1896 Masch-Arbeiter 35 Jahre<br />

Eltern Josef & Susanne<br />

Graff<br />

1<br />

930: Auch in der Arbeiterstadt Kaiserslautern war die Arbeitslosigkeit riesig. In<br />

Durchführung des Hindenburg-Programms beschloss der Stadtrat Kaiserslautern,<br />

bei der Durchführung von Baumaßnahmen nur noch Lauterer Arbeiter<br />

einzusetzen. Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Bau AG sollte deshalb<br />

nur Arbeiter aus Kaiserslautern beschäftigen. Aus diesem Anlass schrieb<br />

Bürgermeister Hollstein am 19.10.1930 den >Verband der Landgemeinden des<br />

Bezirks Kaiserslautern in Erfenbach < an<br />

1931 stockte die Reichshilfe den Zuschuss auf 841,50 RM auf, was natürlich auch<br />

nicht ausreichen konnte. Das Erlenbacher Bürgermeisteramt protestierte, aber dies<br />

half auch nichts. Das Bürgermeisteramt kritisierte, dass die<br />

Berechnungsgrundlage falsch sei. Denn die Berliner Behörde ging von einer<br />

Bevölkerung von 2.000 Einwohnern aus, während tatsächlich nur 1.223 in<br />

Erlenbach wohnten. Bürgermeister Hollstein war verzweifelt, denn innerhalb<br />

eines Jahres hatte sich die Erlenbacher-Arbeitslosenzahl weiter verdoppelt.<br />

Hollstein schrieb angesichts der menschlichen Katastrophe doch noch<br />

diplomatisch, die bewilligten 841,50 RM würden nicht genügen. Außerdem würde<br />

der Gemeindehaushalt einen erheblichen Fehlbetrag aufweisen. Für die laufende<br />

Unterstützung der Arbeitslosen würden jegliche Mittel aus dem Gemeindesäckel<br />

fehlen Aber das Schreiben vom 8. Oktober 1931 war natürlich auch für die Katz.


351<br />

1931, 12.Oktober . Zur Finanzierung der vielen Arbeitslosen und der riesigen<br />

Defizite erhöht die Reichsregierung die Steuern. Die Antwort des Bürgermeisters<br />

ist einhellig. Wir geben sie hier im Wortlaut wieder, da sie die schreckliche<br />

Situation klar darstellt:<br />

„Der Gemeinderat hat am 26.9.1931 Stellung genommen und folgenden<br />

Beschluss gefasst. Das Bürgermeisteramt muss der Ansicht des<br />

Gemeinderats beipflichten, dass eine Erhöhung der Bürgersteuer<br />

undurchführbar ist. Die hiesige Bevölkerung besteht zu 90 %. aus Arbeitern<br />

und befindet sich in großer Not. Sie ist kaum mehr in der Lage, die bereits<br />

eingeführten Steuern und Abgaben zu entrichten. Die Allermeisten haben<br />

ein Einkommen, das kaum zum bloßen Lebensunterhalt ausreicht. Wir<br />

bitten dies zu berücksichtigen und dafür einzutreten, dass der Gemeinde<br />

eine Unterstützung aus der Landeshilfe bewilligt wird. ….“<br />

351


352<br />

352<br />

Das Aktenstudium lässt erkennen, der damalige Bürgermeister Hollstein verriss<br />

sich für seine Bürger. Nichts war ihm zu viel. Das Erlenbacher Bürgermeisteramt<br />

entwickele gute Ideen, um zu mindest kurzfristig etwas Abhilfe zu schaffen.<br />

Keine Idee und Argumentation war zu banal, um Beschäftigung für seine Leute zu<br />

organisieren.<br />

• 1932: Der Gemeinderat fasste am 20.9.1932 den einstimmigen Beschluss,<br />

auf dem Wege des freiwilligen Arbeitsdienstes, einen Badeweiher zu<br />

errichten. Das Bürgermeisteramt ließ daraufhin von einem Ingenieurbüro<br />

einen Plan und Kostenvoranschlag für das Naturbad in den<br />

Krehbachwiesen erstellen. Das große Schwimmerbecken sollte eine von<br />

46 m Länge x 17 m Breite bekommen, das sich anschließende<br />

Planschbecken 29 x 20 Metern groß sein. Die notwendigen Mittel von<br />

8.520 Mark beantragte Erlenbach beim Arbeitsamt Kaiserslautern Die<br />

Aufsichtsbehörde beim Bezirksamt lehnten jedoch den kostengünstigen<br />

Bau in eigener Regie ab, da in unmittelbarer Nähe die Waschmühle und.<br />

das Waldschwimmbad Otterberg seien. Die geschätzten Kosten hätten<br />

sich insgesamt auf 11.750 Reichsmark belaufen.<br />

Die Postkarte zeigt die Waschmühle als Aufnahme auf einer Feldpostkarte von<br />

1915. Beachten Sie den Sportler auf dem 5m Brett! Diese Postkarte von 1915<br />

gehört Horst Pulver, Gersweilerhof<br />

• 1933: Auch die Staatsforstbetriebe stellten zusätzlich Arbeiter ein, um den<br />

Druck vom Arbeitsmarkt zu nehmen. Bürgermeister Hollstein konnte drei<br />

seiner Leute beim Forstamt Kaiserslautern West unterbringen. Er hebt ihre<br />

besondere Qualifikation hervor, denn sie seien langjährige Mitglieder der<br />

NSDAP. Eugen Hollstein macht außerdem deutlich, er könne noch etliche<br />

Arbeitslose anbieten. Das Forstamt antwortete, eine weitere Einstellung sei<br />

unmöglich, denn die Forstbehörde müsste vor allem Arbeiter aus Morlautern


353<br />

einstellen, die ebenfalls in größerer Anzahl schon jahrelang arbeitslos wären.<br />

Die Erlenbacher Arbeiter wurden vor allem im Ruhetal eingesetzt.<br />

• 1933: 7ter Juli: Der Gemeinderat beschloss die Instandsetzung und den<br />

Ausbau des Erlenbachs. Die Anlieger waren alle damit einverstanden, dass<br />

der Erlenbach durch den freiwilligen Arbeitsdienst gründlich instand gesetzt<br />

würde. Besonders wünschenswert war, wenn der Bach von Anfang bis zum<br />

Ende gesäubert würde, nicht nur bis zu dem Punkt, wo die Bahnhofstraße in<br />

die Hauptstraße übergeht. Außerdem sei an verschiedenen Stellen ein<br />

Sandfang zu bauen, denn gerade nach Gewittergüssen würde der Erlenbach<br />

viel Sand und Geröll mitführen. Dadurch würde sich der Wasserspiegel<br />

heben und die angrenzenden Wiesen würden versumpfen.<br />

• 1933: 7. September. Bürgermeister Hollstein schreibt dem Bezirksamt in<br />

Kaiserslautern, alle Unterstützungsempfänger würden zur Zeit mit<br />

Wegearbeiten beschäftigt 456 . In der kommenden Woche würde mit der<br />

Erweiterung der Wasserleitung auf den Gersweilerhof begonnen, wobei die<br />

Wohlfahrtsempfänger (heute: Sozialhilfeempfänger) die anfallenden<br />

Erdarbeiten zu leisten hätten.<br />

10.4. Elektrizität und Gas in Erlenbach<br />

Stromversorgung<br />

Die Zeiten waren schwierig, das Geld war nichts mehr wert und hohe<br />

Arbeitslosigkeit bedrückte damals wie heute die Menschen. Der Gemeinderat war<br />

aber vorausschauend. Er erkannte die Zeichen der Zeit und dass es höchste Zeit<br />

war, nachzuziehen. Der elektrische Strom musste her und ein ausbaufähiges<br />

Stromnetz aufgebaut werden. Es entstand in eigener Regie. Baubeginn war in<br />

1923. Zur Finanzierung erfolgte im Januar und Februar auf dem Rotenberg und<br />

in anderen Waldstücken des Gemeindewaldes ein teilweiser Kahlhieb. Mit dem<br />

Holz konnten Kabel und andere benötigte Leistungen eingetauscht werden, denn<br />

das Inflationsgeld war 1923 wertlos.<br />

Die Elektrifizierung erfolgte im Gleichschritt zu den Morlauterern, die auch in<br />

Eigenleistung ihr Stromnetz aufgebaut hatten. In 1924 ging den Erlenbachern<br />

dann das Licht auf. Der Strom kam vom Umspannwerk Otterbach. Die<br />

Erlenbacher Straßenbeleuchtung hing an einer langen Kupferleitung, die im<br />

Zweiten Weltkrieg für den Endsieg geopfert wurde. Erst 1950 konnte sie wieder<br />

ersetzt und dadurch die Straßenbeleuchtung wieder in Gang gesetzt werden<br />

456 ) Welche gute Arbeit damals geleistet wurde, sehen wir noch heute. Gehen Sie mal den Weg<br />

vom Friedhof in Richtung Sportplatz. Aus Sandsteinbrocken entstand ein stabiler Weg, auf<br />

dem schwer beladene Fuhrwerke problemlos fahren konnten, ohne tiefe Rinnen zu furchen. Da<br />

die Steine quer zur Fahrtrichtung waren, fanden die Pferdehufe immer sicheren Halt. (vgl.<br />

Foto)<br />

353


354<br />

354<br />

Gasversorgung<br />

Um eine weitere Einnahmequelle zu schaffen trug sich die Gemeinde mit der<br />

Absicht in Erlenbach ein eigenes Gasleitungsnetz aufzubauen und das Gas über<br />

die Gasfernleitung von Saarbrücken her zu beziehen. Es gab heiße Diskussionen<br />

und Rücktritte, Neuwahlen und Geschichten, die unter der Bezeichnung Gaskrieg<br />

Eingang in die Erlenbacher Geschichte fand. Aber die Gasleitung entstand. Zur<br />

Finanzierung erfolgte ein größerer Holzhieb im Gemeindewald. Die neue Energie<br />

fand in der Bevölkerung eine breite Zustimmung. 98 % aller Haushalte waren<br />

leicht zu überzeugen und schlossen ihr Haus an. Welche Zeit und Arbeitsvorteile<br />

gewannen unsere Bürger. Sie brauchten die Öfen nicht mehr jeden Morgen von<br />

Asche zu befreien, kein Feuermachen mehr, Kein Schleppen mehr der Kohle und<br />

des Holzes. Ganz einfach überzeugend.<br />

10.5. Die Schülerzahlen explodierten<br />

Problemlösungen<br />

Den Gemeindevätern brannten mehrere Probleme gleichzeitig unter den Nägeln, die es<br />

in einem Zug wirtschaftlich zu lösen galt. :<br />

• Es wurden immer mehr Kinder geboren,<br />

• deshalb war das alte Schulhaus mit seinen zwei Sälen viel zu klein<br />

• und Erlenbach sollte endlich ein eigenes Bürgermeisteramt bekommen<br />

.<br />

1887: Die Gedankenspiele begannen frühzeitig. Bürgermeister und Gemeinderäte<br />

rauften sich zusammen und brachten alles auf einen Nenner. Die Lösung war simpel<br />

und genial und passte in die finanziellen Vorgaben und Terminplanungen.<br />

Planungsbeginn war 1888. Ein Jahr später hoben die Arbeiter schon die Baugrube aus.<br />

Manchen lief es angesichts der vielen menschlichen Knochen schaurig über den<br />

Rücken, denn das neue Schulhaus wurde auf dem alten Friedhof gebaut.


355<br />

Zuerst war es ein anderthalb stöckiges Gebäude mit zwei Schulsälen. Wie Sie sehen,<br />

waren links und rechts des Gebäudes Mauern, die den Geländeunterschied auffingen.<br />

Auf der Handskizze des Vermessungsamtes sucht man vergebens die hohe Treppe, die<br />

heute in das Gebäude führt. Die Schule hatte anfänglich Platz für zwei Schulklassen.<br />

Die Schule wurde feierlich mit Blasmusik, Ehrenjungfrauen eingeweiht. Der<br />

Bürgermeister sprach und der Vertreter des königlichen Bezirksamtes war gekommen.<br />

Das Volksfest war umrahmt von vaterländischen Reden und dem gemeinsamen Singen<br />

unserer bayerischen Nationalhymne. Erlenbach hatte damals 862 Einwohner (1895)<br />

Es war nun Platz gewonnen, aber die Klasse mit den Erst- und Zweitklässlern blieb im<br />

alten Schulhaus, Das nun zum Gemeindehaus umgebaut werden konnte. Einweihung<br />

war am 1. April 1904.<br />

Die Gemeinde Erlenbach stellte 1922 den Antrag, das neue Schulgebäude aufstocken zu<br />

dürfen. Gleichzeitig sollten dann im Dachgeschoß die Wohnungen für die zwei<br />

Hilfslehrer entstehen. Mit Bescheid vom 16.6.1923 erkannte die Regierung der Pfalz<br />

das Projekt als geeignet zur Förderung nach § 15 REV an und gewährte den Zuschuss<br />

aus der produktiven Erwerbslosenfürsorge Am 3.7.1923 übermittelte das Bezirksamt<br />

Kaiserslautern diesen Bescheid. Die Gemeinde Erlenbach nahm daraufhin die vier<br />

Arbeitslosen & Sozialhilfeempfänger Karl Barth, Adolf Barth, Johannes Barth und<br />

Karl Thines auf ihre Lohnliste. Vier Familien hatten dadurch weniger finanzielle<br />

Probleme. Viele andere Familien werden sich gefragt haben, wieso gerade die und nicht<br />

wir? 1926 standen dann vier Säle für die vier Schulklassen zur Verfügung und das<br />

Bürgermeisteramt hatte endlich auch genug Platz. Gleichzeitig war das<br />

Wohnungsproblem der zwei Hilfs- und Hauptlehrer gelöst.<br />

355


356<br />

356<br />

10.6. Schulsport in 1924<br />

Die Gründung des Turnvereins Erlenbach in 1904 brachte viel Gutes. Von ihm<br />

gingen vielfältige positive Impulse aus. Auch der Schulsport profitierte sowohl vom<br />

Know How als auch von den technischen Anlagen des Turnvereins.<br />

1924: 1. Februar: . der Turnverein Erlenbach e.V. schrieb das Bürgermeisteramt<br />

Erlenbach an Dort steht:<br />

„ Unter Bezugnahme auf die bereits geführten Besprechungen mit dem<br />

Vorsitzenden des Vereins erteilt der Turnverein Erlenbach hiermit die<br />

Erlaubnis zur Benutzung des Turnplatzes durch die Schüler und zwar<br />

unter folgenden Bedingungen:<br />

1. Die Gemeinde stellt auf dem Turnplatz einen Barren (4 im Boden<br />

befestigte Pfosten mit 2 abnehmbaren Holmen) sowie zwei Reckpfosten.<br />

Über Art und Platz der Ausführung könnte an Ort und Stelle das Nähere<br />

vereinbart werden.<br />

2. Die Benutzung erstreckt sich auf die von Seiten der Lehrer angesetzten<br />

Spiel- und Übungsstunden.<br />

3. Auf Schonung der Bäume und Anlagen ist Rücksicht zu nehmen.<br />

Über eine Entschädigung für die Benutzung hat der Ausschuss dahin<br />

gehend beschlossen, dass von einer Forderung zunächst Abstand<br />

genommen werden soll. Doch wird der Erwartung Ausdruck gegeben,<br />

dass seitens der Gemeinde ebenfalls Entgegenkommen gezeigt wird, falls<br />

die Gemeindeverwaltung einmal in die Lage kommen könnte, dem<br />

Vereine bei irgendeinem Anlass behilflich und förderlich zu sein.<br />

Es wurde von der Vereinsleitung „besonders erwähnt, dass die unter<br />

Ziffer 1.) gewünschten Herstellungen nicht etwa den Vereinszwecken,<br />

sondern lediglich im Interesse der Schuljugend gedacht sind.“<br />

Das Schreiben hatten der Vorsitzende Martin und der Schriftführer<br />

Hollstein unterschrieben!<br />

1926: Die Bezirksschulbehörde hatte beim Bürgermeisteramt nachgefragt,<br />

inwieweit die Situation der Turn- und Spielplätze sei und ob es einen Schulgarten<br />

gäbe. Dank der Vereinbarung mit dem Turnverein stand Erlenbach gut da. Am<br />

11.2.1926 antwortete Bürgermeister Hollstein, dass die Bereitstellung eines<br />

Schulgartens auch keine allzu großen Schwierigkeiten machen würde.<br />

Am 28. September 1926 schrieb der Vorsitzende und der Ausschuss 457 des<br />

Turnvereins das Bürgermeisteramt an. Auf drei Seiten stellte der Vorstand die<br />

Notwendigkeit einer Turnhalle dar, und das auch im Hinblick auf den Schulsport.<br />

Vor allem im Winter sei eine Halle unentbehrlich. .Hollstein war ein Fuchs und<br />

verwies gleichzeitig auf mögliche Finanzierungsmöglichkeiten. Aber die<br />

Realisierung musste noch 4 Jahre warten. Nach dem Ende der französischen<br />

Besatzungszeit war es endlich soweit.<br />

457 ) Der Ausschuss 1926 bestand aus folgenden Herren: K. Merz, Dendl, Strack, Müller, J. Merk,<br />

Luitpold Merk, Joh. Korn, Merz J. und Heinrich Dendl


357<br />

357


358<br />

358


359<br />

10.7. Schuljahrgang 1923/24<br />

Der Jahrgang 1923/24 kam 1930 in die Schule. In der zweiten Reihe 4. von links ist<br />

Hugo Schneider<br />

359


360<br />

360<br />

Dies ist der erste Schultag des Hugo Schneider * 22.9.1924<br />

10.8. Einführung des 8. Schuljahres in 1926<br />

Die Regierung der Pfalz schrieb am 25. März 1926 die Bezirksschulbehörde in<br />

Kaiserslautern an. Daraufhin erhielt das Bürgermeisteramt Erlenbach folgende<br />

Anweisung: „Auf Antrag des Gemeinderates wird an der protestantischen<br />

Volkshauptschule in Erlenbach mit Wirkung vom Beginne des Schuljahres<br />

1926/27 ab die achte Klasse eingerichtet. Mit der Einführung des zusätzlichen<br />

Schuljahres erweiterte die Regierung die Schulpflicht auf acht Jahre.<br />

Anfänglich stand die Erlenbacher Bevölkerung diesem zusätzlichen Schuljahr<br />

ablehnend gegenüber. „Aber recht schnell erkannten die Einwohner die<br />

Notwendigkeit, da die Schulentlassenen, ob Knaben oder Mädchen ohne<br />

Nachweis der 8ten Klasse hier in unmittelbarer Nähe der Stadt keinen<br />

ordentlichen Beruf mehr erlernen konnten. Aber auch diejenigen, die ungelernte<br />

Berufe ergreifen wollten, hatten Nutzen dadurch, dass sie geistig reifer, geweckter<br />

und körperlich kräftiger ins Leben eintraten. Die Kenntnisse, welche die 8. Klasse<br />

vermittelte, erleichterte sehr die Erlernung des Berufs durch bessere Kenntnisse


361<br />

und Fähigkeiten in Rechnen, Zeichnen, Wirtschaftskunde und Aufsätze. Hierzu<br />

waren auch die Mädchen zum 8. Schuljahr verpflichtet. Für sie wäre der Gewinn<br />

größer gewesen, wenn der hauswirtschaftliche Unterricht in dem Umfange, wie er<br />

in der neuen Lehrerordnung vorgeschrieben ist, erteilt hätte werden können.<br />

Dazu wäre jedoch die Anstellung einer Hauswirtschaftslehrerin nötig gewesen,<br />

vielleicht auch für mehrere Orte zusammen. Das Ideal war die alleinige Führung<br />

der 8. Klasse als besondere Schulabteilung. Es fehlte in Erlenbach jedoch die<br />

vorgeschriebene Schülerzahl, so dass sie nur mit der 7. Klasse vereinigt wurde<br />

(zusammen 30 Schüler) Im Vergleich zur 8. Klasse in der Stadt, konnte natürlich<br />

der Lehrstoff nicht ganz in dem Umfange wie dort vermittelt werden, dafür aber<br />

gründlicher, weil der Lehrer infolge geringerer Schülerzahl sich mehr mit dem<br />

Einzelnen abgeben konnte. In der 7. Klasse waren 14 und in der 8. Klasse nur 16<br />

Schüler.. Es ist gerechter, wenn alle zu 8 Schuljahren verpflichtet sind, als nur<br />

die, welche gerade die 8. Klasse erreicht hatten. So schrieb der damalige<br />

Schulleiter Liebe Leser, Sie sehen, die Kinderzahl je Familie hatte sich mehr als<br />

halbiert. Die Erlenbacher waren aufgeklärter und dachten mehr an die wohl<br />

unsichere Zukunft ihrer Kinder.<br />

Welcher Lehrer die obige Stellungnahme geschrieben hat, ist nicht bekannt. Die<br />

Schule hatte damals vier Klassen, in denen folgende Lehrer unterrichteten:<br />

• Karl Gugel, seit 1922<br />

• Elke Rothenbusch aus Zweibrücken seit 1924, die bei der Kättel<br />

Braunbach wohnte. (gegenüber der Eiche)<br />

• Emil Best aus Mutterstadt, seit 1917<br />

• Jacob Schmidt<br />

10.9. Turnhallenbau & Schulsport<br />

1926: Der Turnverein war in der glücklichen Lage, dass der Bürgermeister<br />

Hollstein gleichzeitig der 1. Vorsitzende war. Die Doppelfunktion Hollsteins hatte<br />

für alle Beteiligten große Vorteile. Dem Turnverein standen somit alle offiziellen<br />

Quellen zur Verfügung und der Vorsitzende ließ als Bürgermeister die Schreiben<br />

des Turnvereins auf der gemeinde eigenen Schreibmaschine tippen:<br />

Am 28. September 1926 schrieb der Vorsitzende und der Ausschuss 458 des<br />

Turnvereins das Bürgermeisteramt an. Auf drei Seiten stellte der Vorstand die<br />

Notwendigkeit einer Turnhalle dar, und das auch im Hinblick auf den Schulsport.<br />

Vor allem im Winter sei eine Halle unentbehrlich. .Hollstein war ein Fuchs und<br />

verwies gleichzeitig auf mögliche Finanzierungsmöglichkeiten. Aber die<br />

Realisierung musste noch 4 Jahre warten. Nach dem Ende der Besatzungszeit war<br />

es endlich soweit.<br />

458 ) Der Ausschuss 1926 bestand aus folgenden Herren: K. Merz, Dendl, Strack, Müller, J. Merk,<br />

Luitpold Merk, Joh. Korn, Merz J. und Heinrich Dendl<br />

361


362<br />

362


363<br />

Der Bau erfolgte an dem Platz, wo heute auch der Turnverein ist. Damals neben<br />

der Distriktstraße, die heute L 382 heißt. Der Gesamtumfang der Investition<br />

betrug 15.000 RM, wobei der Verein 12.000 RM durch Eigenleistungen<br />

aufbringen konnte. Den Fehlbetrag ::<br />

Die heutige Kreissparkasse gewährte dem Turnverein einen Kredit über 3.000<br />

RM, der eine Laufzeit von 25 Jahren hatte. Zins und Tilgung konnte der durch<br />

seine Mitgliedsbeiträge und Erträge aus den geselligen Veranstaltungen<br />

aufbringen. Bürgschaft leistete die Gemeinde. Mit dem Betrag bezahlte der TV 04<br />

Vorstandschaft Leistungen, die der Verein nicht erbringen konnte.<br />

Die Gemeinde Erlenbach schloss mit dem Turnverein eine Vereinbarung, die eine<br />

Laufzeit von 25 Jahren hatte. Erlenbach übernahm eine Bürgschaft bis zu 15.000<br />

Mark und die Schule erhielt das Recht, in dieser Turnhalle, ihren Schulsport<br />

auszuüben.<br />

Aber dann kam es doch anders. Durch die Zwangsauflösung und Neugründung im<br />

April 1933 verlor der Turnverein Erlenbach einen Großteil seiner zahlenden<br />

Mitglieder. Da konnte der neue Vorstand die Schulden nicht mehr bedienen.<br />

Innerhalb kürzester Zeit fielen 785 Mark Zinsen und Gebühren an. Der 2.<br />

Vorsitzende Müller managte alles. Er verhandelte mit der Gemeinde Erlenbach,<br />

die sich ja für die Einlösung verbürgt hatte und die erwarb am 15.6.1934 die<br />

Turnhalle für 3.785 Mark. Beim Notar vergaßen die Turner, sich das Hallen-<br />

Nutzungsrecht grundbuchrechtlich zu sichern, da sie das für selbstverständlich<br />

hielten. Da die Gemeinde für die Halle keine Verwendung hatte, lief der<br />

363


364<br />

364<br />

Sportbetrieb - auch nach der Zwangsvereinigung – bis zum Kriegsbeginn dann<br />

problemlos weiter.<br />

10.10. Das Besatzungsende am 30. Juni 1930<br />

„Mit Ablauf des 30. Juni 1930 schlägt für die bayerische Pfalz am Rhein die<br />

Stunde der Befreiung von fremder Besatzung. Noch harrt freilich mit dem<br />

Saarbecken auch dessen bayerischer Teil der Erlösung und die drückenden Lasten<br />

der Verträge lassen keinen überschwänglichen Jubel aufkommen. Ernst und<br />

würdig wird daher die Pfalz diesen Tag der Beendigung langer Leidensjahre<br />

feiern und mit ihr in enger Verbundenheit das ganze übrige Bayern. Auch die<br />

Schulen aller Gattungen werden dieses Tages gedenken wollen. Es wird daher<br />

angeordnet:<br />

Am 1. Juli 1930 fällt der gesamte Unterricht<br />

im ganzen Lande aus“ 459<br />

Der Schulleiter Jacob Schmidt und sein Stellvertreter Karl Gugel versammelten<br />

sich mit den übrigen Lehrkräften und Schüler vom 5. Schülerjahrgang an zu einer<br />

schlichten Feier in der Schule. Der Schulleiter hielt eine Ansprache, die von<br />

vaterländischen Gedichten und Liedern sowie von Darbietungen des bestehenden<br />

Schülerorchesters umrahmt wurde. Schmidt notierte im kürzlich vernichteten<br />

Schultagebuch:<br />

„Die Volksschüler vom 5. Jahrgang an und die Fortbildungsschüler versammelten<br />

sich morgens um 8 Uhr im Schulsaal. Der Lehrer Jacob Schmidt hielt eine Rede,<br />

die von einigen vaterländischen Gedichten und Liedern umrahmt wurde. Das<br />

Schulhaus wurde mit der vorhandenen altersschwachen, weißblauen Fahne<br />

beflaggt.“<br />

10.11. Die kleinbäuerlichen Betriebe<br />

Mit der Gründung der Pfalz und ihre Einbeziehung in das Königreich Bayern,<br />

gewann das Zweibrücker Gestüt unter Bayerischer Verwaltung gute<br />

Zukunftschancen. Aber die Zuchtziele änderten sich sehr schnell. Bis 1814<br />

brauchte man schnelle, somit leichte Kavalleriepferde, ab dann waren schwere<br />

Arbeitspferde, unsere braven Ackergäule gefragt. Und daran änderte sich 150<br />

Jahre lang nichts. Während anderswo recht bald Traktoren die schwere Zugarbeit<br />

übernahmen, hatten die vielen Erlenbacher Kleinbauern kein Geld, sich teuere<br />

Maschinen anzuschaffen. Deshalb sehen wir auf etlichen Fotos der 50iger Jahre<br />

noch unsere Kaltblüter ihre umweltschonende Arbeit verrichten.<br />

Die Gemarkung Erlenbachs und der Gersweilerhofes ist 584 Hektar groß Davon<br />

nutzten unsere Kleinbauern mit 296 Hektar etwa die Hälfte landwirtschaftlich<br />

Bereits 1800 hatten wir 1.300 Grundstücksnummern. Das heißt die Grundstücke<br />

hatten eine durchschnittliche Größe von 0,23 ha. Dies war alles viel zu klein, zu<br />

459 ) Anordnung aus dem Amtsblatt des Rheinkreises.


365<br />

putzig, um richtig wirtschaften zu können. 1930 ernährten sich in Erlenbach 138<br />

Familien von ihrem kleinem Landbesitz, 103 von ihnen bearbeiteten weniger als<br />

zwei Hektar, zusammen besaßen sie gerade mal 75 Hektar.. In die anderen 221<br />

Hektar teilten sich 35 Familien. Aber nicht nur die Flächen waren klein, zudem<br />

lag der Bodenertragswert unter 30. Noch 1930 sah die Erlenbacher<br />

Landverteilung 460 wie folgt aus:<br />

Größe Familien Fläche<br />

bis 0,15 54 Familien 20,0 ha<br />

bis 1,0 Hektar 29 Familien 19,5 ha<br />

1,0 – 2,0 Hektar 20 Familien 35,5 ha<br />

2,0 – 5,0 Hektar 19 Familien 76,5 ha<br />

5,0 – 10 Hektar 9 Familien 67,5 ha<br />

10 – 12 Hektar 7 Familien 77,0 ha<br />

Über 12 Hektar Niemand,<br />

Summe<br />

296,0 ha<br />

In dieser erbärmlichen Zeit der Arbeitslosigkeit kam nur das auf den Tisch, was er<br />

Garten und Acker hergaben.<br />

Die meisten hatten aber kein Großvieh. Einerseits fehlte ihnen das Land dazu,<br />

andererseits arbeiteten die Männer in der Fabrik. Aber die genügsamen Geißen<br />

konnte sich jeder halten, wie die Familie Reisel kurz nach dem Krieg. Seine Frau<br />

war die Lumpen-Bettchen. Sie sammelten Lumpen, Eisen und Papier und gaben<br />

dafür Tassen, Teller<br />

460 ) Aufstellung der Ortsgemeinde von 1930<br />

365


366<br />

366<br />

10.12. Großbrand in der oberen Erlenbacher Straße<br />

1930: am 2. November. Es war spät abends gegen 22 Uhr (2.11.1930) als aus<br />

dem Kamin der Familie Korn Flammen schlugen. Frau Korn rannte laut schreiend<br />

zum Feuerwehrhauptmann, während der älteste Sohn zur Kirche rannte, um die<br />

Kirchenglocke zum Feueralarm läuten zu lassen. Wenige Minuten später loderte<br />

bereits das Gebälk des Wohnhauses der Familie Korn, Erlenbacher Straße. Die<br />

Nachbarn waren schockiert, sie halfen alle, das Schwein und die Kuh zu bergen<br />

und etliche Habseligkeiten noch aus dem Haus und dem kleinen Laden zu retten.<br />

Dann kamen die Feuerwehrmänner mit ihren Handkarren und der Handpumpe aus<br />

dem nahen Feuerwehrschuppen gehetzt. Mit geübten Griffen schlossen die<br />

Feuerwehrleute die Handdruckspritze an die Wasserleitung an, aber der Strahl war<br />

schwach. Die jeweils vier Pumper wechselten sich im fliegenden Wechsel alle<br />

drei Minuten ab, bis ihnen die Zunge aus dem Hals hingen. Aber sie wurden des<br />

Feuers nicht Herr, deshalb eilte ein Feuerwehrmann zur Wirtschaft Oskar Korn,<br />

denn dort war das nächste Telefon. Er rief die städtische Feuerwehr in der<br />

Augustastraße an, die sich zur Überlandhilfe im Umkreis von 20 Kilometern<br />

verpflichtet hatte. Es war 22 Uhr 40, so stand es im Rapportbuch der Feuerwehr,<br />

als sie der erste Hilferuf ereilte. Ruckzuck waren die Brandschützer in ihren<br />

Uniformen und fuhren in ihrem rotem Feuerwehr – Auto gen Feuerherd. Sie<br />

setzten das Signalhorn. Aber viele Straßen, die wir heute kennen, waren noch<br />

nicht gebaut. Die eilige Fahrt ging über die Gallappmühle. Von der Waschmühle<br />

ging es mit 15 bis 20 km/h schnell den Berg nach Morlautern herauf, um dann den<br />

Nauwald entlang hinunter zur Brandstelle zu gelangen.<br />

22 Uhr 15 die Erlenbacher Bürger und Feuerwehrleuten wurden fortwährend<br />

nervöser. Wo blieben die Lautrer Helfer und Fachleute? Also rief man nochmals<br />

im Kolonnenhaus an, aber die Berufsfeuerwehr war bereits ausgerückt. Weitere


367<br />

10 wertvolle Minuten verrannen und dann endlich begann der Kampf aus zwei<br />

Rohren gegen die Feuerbrunst. Die Zusammenarbeit der beiden Wehren klappte<br />

vorzüglich. Es stellte sich vielmehr heraus, dass die Erlenbacher Löschmannschaft<br />

allein nicht groß genug war, um alle angelegten Schlauchleitungen allein zu<br />

bedienen. Und außerdem war die Lauterer Motorpumpe der Erlenbacher<br />

haushoch überlegen. Zusammen dauerte der Kampf eine Stunde, bis der Brand<br />

gelöscht war. Der Schaden war immens. Aber zum Glück waren die Korns ja<br />

versichert.<br />

Was hinterher kam war mehr als peinlich. Die Stadt Kaiserslautern berechnete der<br />

Gemeinde diesen Feuerwehreinsatz. Die Kosten beliefen sich auf 112,50 Mark,<br />

wovon zwei Familien einen Monat ihre Rechnungen hätten leben können. Mit<br />

fadenscheinigen Ausreden versuchte sich das Bürgermeisteramt Erlenbach vor der<br />

Zahlungsverpflichtung zu drücken. Zum einen wäre der Einsatz der Lauterer<br />

Feuerwehr nicht notwendig gewesen und zum anderen hätten sie nicht um Hilfe<br />

nachgesucht. Erst als die Stadtverwaltung Kl, vertreten durch Dr. Baumann<br />

androhte, Strafantrag gegen vorerst Unbekannt wegen unerlaubten oder<br />

fahrlässigen Feueralarms zu stellen, überwies Hollstein schweren Herzens den<br />

geforderten Betrag.<br />

10.13. Der Schuljahrgang 1931/32<br />

367


368<br />

368<br />

Lehrer Gugel mit 37 Schülern der 5. und 6. Klasse. Arnold Mangold, 2. Reihe 2.<br />

von links (sitzend)<br />

10.14. Eine Erfolgsstory: der FCE von 1931 461<br />

Am 3. April 1931 gründeten 32 Fu8ballverrückte im Lokal des Wilhelm<br />

Hermann, Höllenstraße den >Fußballclub 1931 Erlenbach


369<br />

Stellvertreter 463 . Erst ein halbes Jahr später beantragte der Vorstand am 6.11.1931<br />

die Eintragung ins Vereinsregister Otterberg, die dann am 19.2.1932 erfolgte. Auf<br />

der Jahreshauptversammlung von 1950 ehrte der Vorstand die beiden<br />

Gründungsmitglieder Fritz Pfaff und Karl Trautwein und ernannte sie zu<br />

Ehrenmitgliedern.<br />

1931, 14. Mai. Fußballerisch ging es schneller. Bereits Mitte Mai spielte die 1.<br />

aktive Mannschaft in Erfenbach gegen deren 2. Mannschaft Unsere stolze<br />

Mannschaft zerriss sich und holte mit 2:1 den Sieg. Da konnte hinterher doch<br />

schön im Stammlokal Hermann gefeiert werden.<br />

Aber wo sollten unsere Kicker spielen?<br />

1931: Am 18. September. beschloss der Vorstand die Wiese des Herrn Daniel<br />

Barth für ein Jahr anzupachten, bis eine bessere Lösung gefunden war. Die war<br />

die Voraussetzung für Heimspiele. Der Pachtzins betrug 40 Mark jährlich. Die<br />

Wiese war jedoch holprig, zum Fußballspielen eigentlich nicht geeignet. Der<br />

Verein brauchte Geld Eigenes hatte er nicht, somit musste er einen Kredit<br />

aufnehmen. Der Verein hatte aber keine Sicherheiten, also sollten sich die<br />

Vorstandsmitglieder verbürgen. Dann bat der Vorstand die Gemeinde, dem Verein<br />

ein Grundstück zu verpachten. Die Gemeinde zierte sich jedoch.<br />

1932 18. Januar: Der Landwirt Daniel Barth verkaufte dem FCE den Acker mit<br />

Wald auf den Husarenäckern. Kaufpreis war 500 Mark, der in fünf gleichen Raten<br />

abgestottert wurde. Der Metzger Franz Williard (Villiard) stellte außerdem für<br />

3 Mark je qm sein Nachbargelände zur Verfügung und das bei gleichen<br />

Zahlungsbedingungen. So waren aufs Erste die Voraussetzungen für den eigenen<br />

Sportplatz geschaffen. Da der Gemeinderat seine Unterstützung versagte, zogen<br />

die enttäuschten FCE´ler ihren Antrag auf kommunale Unterstützung zurück.<br />

Zwar verweigerte sich die Gemeinde, die Erlenbacher aber spendeten großzügig.<br />

Dies hob Lehrer Karl Gugel, als Beisitzer voller Anerkennung hervor<br />

1932: 2. Februar: Der Ausschuss tagte wieder. Tagesordnung war die<br />

Finanzierung des Sportplatz-Baues. Vorsitzender Friedrich Pfaff hatte<br />

inzwischen Kontakt zum Arbeitsamt KL aufgenommen. Und von dort hatte er<br />

eine Deckungszusage erhalten. Der Verein sollte aus eigenen Reihen<br />

ausgesteuerte Arbeitslose anheuern und zusätzlich die, die von einer geringen<br />

Unterstützung leben mussten. Der Hauptlehrer Schmitt war zu dieser<br />

Vorstandssitzung erschienen. Er führte aus, es kämen nur Leute über 21 Jahren in<br />

Frage, die Arbeitslosen- oder Krisenunterstützung empfingen.<br />

1932: 17.8.1932. Aus dem Protokollbuch des FCE entnehmen wir folgenden<br />

Beschluss:<br />

1. Die Wohlfahrtserwerbslosen können laut Verordnung vom 16.7.1932<br />

Männer bis zum 25 Lebensjahr beim Freiwilligen Arbeitsdienst beschäftigt<br />

werden. Der FCE- Ausschuss entschied sofort, beim Arbeitsamt<br />

Kaiserslautern um Zuweisung der arbeitslosen FCE Mitglieder<br />

nachzusuchen.<br />

463 ) Kassenwart war Heinrich Hermann, Schriftführer: Theodor Knieriemen. Der Vorstand hatte<br />

insgesamt 9 Mitglieder. Die Beisitzer waren Jakob Steidel II. Heinrich Hermann, Edmund<br />

Herbach, Heinrich Lenz und Jakob Kolter<br />

369


370<br />

370<br />

2. Zur vollständigen Instandsetzung der Sportplatzanlage soll in nächster Zeit<br />

noch einmal um Verlängerung des freien Arbeitsdienstes nachgesucht<br />

werden.<br />

Leider zog das Arbeitsamt seine Zusage zurück. Die Hoffnung zerschlug sich,<br />

den Arbeitslosen zumindest einige wenige Monate helfen zu können. Aber die<br />

Arbeitslosen packten mit an und krempelten die Ärmel hoch. Sie schuften<br />

monatelang unentgeltlich, am Wochenende unterstützt von zahlreichen<br />

freiwilligen Helfern. Doch ab dem August 1932 floss doch Geld. Unsere.<br />

Arbeitslosen bis 25 Jahre kamen in den Freiwilligen Arbeitsdienst und hatten<br />

somit eine vernünftige Aufgabe mit einem allerdings geringen Einkommen<br />

464 Mit<br />

Schippe und Hacke und Schubkarren ebneten sie mühsam den neuen Fußballplatz<br />

ein. Da rann der Schweiß Dies war eine großartige Leistung. Das Jahr 1932<br />

endete mit zwei Veranstaltungen. Mitte November boten die Akrobaten im Saal<br />

der Gaststätte Friedrich Becker unglaubliche athletische Leistungen und 14 Tage<br />

später war im Vereinslokal Hermann eine stimmungsvolle Weihnachtsfeier, die<br />

über so manchen Frust und Enttäuschung hinweghalf.<br />

10.15. Die Kerwe von 1932<br />

Die Kerwe war jährlich etwas Besonderes, auf die sich jedermann lange freute.<br />

Wochenlange Vorbereitungen und Einladungen an die weit weg wohnende<br />

Verwandtschaft. Da wurde mehr oder weniger gefressen und gesoffen und die<br />

Dorfjugend genoss das Leben in vollen Zügen. Sogar der Opa durfte schwankend<br />

heimkommen. Aber ein noch größeres Erlebnis war das jährliche Dorffest, das<br />

immer im Hochsommer war. Zum Schutz vor der Sonne, war traditionell der<br />

Festplatz im Buchenwald, wo tags zuvor von zahlreichen freiwilligen Helfern<br />

Tische und Bänke aufgebaut waren.<br />

Am Dorffest waren alle Vereine und Gruppierungen beteiligt. Im Wiesental<br />

stellten sich die Teilnehmer zu einem dekorativen Festzug auf. Alle vier<br />

Schulklassen mit ihren Lehrern, die Sänger, die Turner. Auch der frisch<br />

gegründete Fußballverein, vereint unter einem Wimpel, marschierte mit.<br />

464 ) Ebenso wurde deren Monatsbeitrag von 40 auf 20 Pfennige gesenkt.


371<br />

Auf dem Weg zum Kerweplatz<br />

Bild Vorderseite: Auf dem Weg zum Kerweplatz. Wir erkennen Fritz Forster (stehend)<br />

und in der Wagenmitte Peter Strack. Das zurückgesetzte Haus gehörte der Familie<br />

Braunbach.<br />

371


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372<br />

Die Kerwe war nie eine langweilige Sache gewesen. Da saßen die Alten beim Bier<br />

zusammen und tratschten. Die Stories wurden im Laufe des Tages immer deftiger und<br />

die früheren Heldentaten immer aufregender. Der Chor stimmte besinnliche Lieder an<br />

und im Wechsel dazu spielte die Blaskapelle Erlenbach. Da ging es rund. Die Turner,<br />

speziell die Akrobaten zeigten ihre erstaunlichen Leistungen und die Kinder waren in<br />

alle möglichen Aktionen eingebunden. Da gab es viel Gelächter, wenn beim Eierlaufen<br />

dem ersten noch kurz vor dem Ziel das Ei herunterfiel oder der Julius Korn über seine<br />

langen Beine stolperte. Sackhupsen , Seilziehen und vieles mehr verlangte Aktivitäten<br />

von Allen. . Jeder war gefordert. Es war eine Selbstverständlichkeit, da mit zu machen.<br />

Und dann die spannende Frage, wer von den Kandidaten ist am schnellsten oben auf<br />

dem Kletterbaum. Da konnten Wetten abgeschlossen werden.


373<br />

10.16. Brennholzmangel und Waldschäden in 1932<br />

373


374<br />

374<br />

Heute sind glücklicherweise die Einkommensverhältnisse unserer Bürger besser, so<br />

dass der Raubbau im Wald aufhören konnte. Auch die Forstwirtschaft änderte sich<br />

grundlegend. Früher verbrannten die Waldarbeiter nach einem Kahlschlag alles was<br />

nicht verwertbar war. Die Asche sollte düngen. Die Forstwirte unserer Zeit dagegen<br />

handeln anders. Wirtschaftlich nicht verwertbares Holz bleibt im Wald liegen. Auch<br />

die Holzprügel, Untergrund für den vollautomatischen Vollernter verbleiben dort,<br />

wo die Arbeiter sie als Fahrbahn hingeworfen hatten. Oberstes Ziel ist nun eine<br />

naturnahe Holzgewinnung, die von einem Kahlschlag weitestgehend absieht. Der<br />

Wald muss nun Gewinn erwirtschaften und das geht nur mit hochwertigen Stämmen,<br />

die der Forstwirt aus so genannten Zukunftsbäumen erwirtschaften will<br />

Totes Holz bringt Leben in den Wald. Es hat wertvolle Funktionen im Ökosystem<br />

Wald. Verrottet es, entsteht wertvoller Humus, Lebensraum für etwa 1.300<br />

Käferarten und vielen Wirbeltieren. Auf totem Holz wachsen Pilze und im Humus<br />

können unsere leckeren Speisepilze bestens gedeihen. Der Humus saugt Wasser auf<br />

und wirkt wie ein Schwamm in den immer häufigeren Trockenjahren. Der Humus<br />

dient auch als Stabilisator von Abhängen.<br />

Geburtsjahr 1933 bei der Goldenen Konfirmation 1998


375<br />

HITLERDIKTATUR UND DER<br />

2. WELTKRIEG<br />

11.1. Der FCE wurde 1933 der Wehrsportverein<br />

1933: 8. Januar: Das Jahr begann mit einer außerordentlichen FCE-<br />

Mitgliederversammlung, zu der 38 Mitglieder erschienen waren. Neuwahlen<br />

375


376<br />

376<br />

standen auf der Tagesordnung, denn Friedrich Pfaff wollte in die zweite Reihe<br />

treten. Die Versammlung wählte ihn zum Kassierer, ob dies tatsächlich weniger<br />

Arbeit machte? Vorsitzende in 1933 waren Philipp Sokoli, der nur wenige<br />

Wochen dran war. Die Nazis enthoben ihn ruckzuck am 15.4.1933 seines Amtes,<br />

nachdem ihm der Bürgermeister Karl Hollstein angeblich kommunistische<br />

Neigungen nachgesagt hatte. Seinen Job übernahm der linientreue Fritz H.<br />

1933: 30. Januar, weit weg in Berlin Hindenburg ernannte Hitler zum<br />

Reichskanzler. Abends gab es einen feierlichen Fackelzug durch Erlenbach, der<br />

für viele Hoffnungen aus dem Elend der Arbeitslosigkeit, für ein besseres Leben<br />

stand. .Aber es kam anders als erwartet. Die Nazis übernahmen die Macht. Zum<br />

Teil still und leiste, aber auch mit Gewalt.<br />

16. April: „Der Herr Bezirkskommissar löste den Verein (FCE) auf“ Nach<br />

Umbildung mit der nationalen Bewegung wurde die Vereinstätigkeit am 27.<br />

April im Benehmen mit dem Herrn Bezirkskommissar wieder aufgenommen.<br />

Vorher änderten sie die Satzung.“! Und der neue Verein bekam einen neuen<br />

Vorstand „Der Wehrsport wurde dem neuen Verein angegliedert“, der zwar<br />

noch FCE hieß, aber jetzt ein anderer Verein war.<br />

30. April: es fand ein Wettspiel gegen Münchweiler statt. Bei dieser Gelegenheit<br />

richtete der neue 1. Vorsitzende Fritz Hermann einige Worte an die Spieler. Er<br />

sagte, „ein neuer Geist sei in den Verein eingezogen und schloss seine Rede mit<br />

einem dreifachen >Sieg Heil< auf unseren Volkskanzler Herrn Adolf Hitler“.<br />

1. Mai: Am Tag der Arbeit beteiligte sich der Verein an der Kundgebung im<br />

Rahmen der Ortsgruppenleitung der NSDAP mit 30 Mitgliedern. Nachmittags<br />

spielte die 1. Mannschaft gegen Otterbach. Die Eintrittsgelder gingen zu Gunsten<br />

der Adolf Hitler Stiftung.<br />

6. Mai: Wieder war Generalversammlung. Der regimetreue Vorsitzende Fritz H.<br />

erklärte, der Verein stünde geschlossen hinter der Regierung. Außerdem wurde<br />

die Satzung dahin gehend verschärft, dass austretende Mitglieder mit einer<br />

Geldstrafe von 10 Reichsmark belegt würden. Die Beschlüsse wurden mit großem<br />

Jubel angenommen. Die Platzweihe mit nationalem Rahmen wurde auf den 21.<br />

Mai festgelegt.<br />

21. Mai: Die Vereinsleitung hatte die gesamte Bevölkerung zur nationalen<br />

Einweihungsfeier eingeladen. . Die neue politische Führung bildete den strammen<br />

nationalen Rahmen. Mittags bewegte sich ein großer Festzug durch unser schönes<br />

mit Hakenkreuz-Fahnen geschmücktes Dorf zum Festplatz. Es war ein erhebender<br />

Anblick. Der Verein hatte von Herrn Metzgermeister Villiard die Genehmigung<br />

bekommen, Tische in seinem Waldstück aufstellen zu dürfen. Die Bewirtung<br />

übernahm Oskar Korn, der als Lohn für jeden verkauften Liter Bier 5 Pfennig<br />

erhielt.<br />

Herr Vorsitzender Hermann hielt die Festrede, alsdann wurde die Körperschule<br />

vorgeführt. Es schloss sich das Handballspiel gegen den VfR an, das die<br />

Erlenbacher Mannschaft mit 7:0 für sich entschied. Um 16 Uhr, der . Höhepunkt<br />

des Tages, war das packende Einweihungsspiel gegen die Wehrsportvereinigung<br />

der Kammgarnspinnerei, das Erlenbach 4:3 gewann. Die Pausen füllte der<br />

Gesangverein Erlenbach mit nationalen Liedervorträgen aus. Abends war die<br />

„Familienfeier“ für die Mitglieder. Da tanzte der Bär. H. Haffner spielte mit<br />

seinen 7 Musikern auf. Dafür bekamen sie 54 Mark und jeder einen Liter Bier<br />

gratis. Der Protokollant beschrieb, das Fest hatte einen guten Verlauf.


377<br />

Hermann M. leitete im Rahmen des FCE den Kurs Wehrsport und<br />

Geländeübung. Ende Juni 1933 war Erlenbach total ausgerichtet. NS<br />

Bauernführer, Feuerwehr und Polizei tanzten nach der NS Pfeife, der<br />

Bürgermeister war Teil des Spiels. Die Vereine waren von linken Elementen<br />

befreit, nationalistisch reden war angesagt. Ahnten manche skeptische<br />

Erlenbacher schon den baldigen Abgrund?<br />

10.12.1933: Der Fußballverein nahm geschlossen am Kirchgang statt. Liebe<br />

Leser, Sie sehen, welch heuchlerisches Organisationsgeschick die Braunen an den<br />

Tag legten. Einerseits gaben sie sich christlich, national, andererseits hatten sie<br />

alles fest im Griff, um uns willenlos auf die Schlachtbank zu führen. Diejenigen<br />

die wussten, wo es lang ging, verbargen geschickt ihre Ziele!<br />

Fußball wurde auch gespielt. Die damalige 1. Mannschaft 465 spielte in der 2.<br />

Kreisklasse. Sie war von Anfang recht erfolgreich und gewann auch den Pokal.<br />

Sportlich boten die nächsten Jahre keinen Höhepunkt.<br />

1934: war aus historischer Sicht ein schönes, harmonisches Jahr. Fußball,<br />

Handball und Wehrsport liefen parallel. Alle fühlten sich in der<br />

Volksgemeinschaft wohl und miteinander verbunden. Die menschlichen Seiten<br />

spiegelten sich im Maskenball, dem Aufmarsch zum 1. Mai, dem Sommerfest<br />

wider. Der Ausflug in die herbstliche Vorderpfalz und die stimmungsvolle<br />

Weihnachtsfeier waren weitere angenehme Höhepunkte. Kritik unterließ man und<br />

die offizielle, auch zwischenmenschliche Begrüßung war jetzt Heil Hitler.<br />

1935, Am 10. Mai. war Generalversammlung im Vereinslokal Hermann, Witwe:<br />

Den 40 anwesenden Mitgliedern verkündete der Vereinsführer Heinrich<br />

Hermann die neue Reichs-Einheitssatzung. Formal nahmen die anwesenden<br />

Sportgenossen das Reichsdiktat einstimmig an. .Danach gab es Wahlen 466 , der<br />

vorher Handverlesenen. Wie in einer Diktatur üblich, stimmte die Versammlung<br />

offen ab. Keine Gegenstimmen. . Nach der Anerkennung durch den<br />

Reichssportführer Tschammer trug das Amtsgericht Otterberg die Änderung<br />

ein. Zum Vereinsdiener bestimmte die Versammlung den Wehrsportführer<br />

Hermann Merk, der eine jährliche Vergütung von 20 Mark erhielt, der Platzwart<br />

bekam nur 5 Mark.<br />

11.2. Die Zwangsvereinigung des FCE<br />

und des TV Erlenbach<br />

1935: 11. Dezember: In der Ausschusssitzung stellten verschiedene NSDAP<br />

Mitglieder den Antrag, den Zusammenschluss mit dem Turnverein anzustreben.<br />

Diesen Gedanken diskutierten die Ausschüsse der beiden Vereine in einer<br />

gemeinsamen Sitzung am 30.12.1935. Ganz klar, die Anwesenden fanden dies<br />

wunderbar und so ging es Schlag auf Schlag. Die Braunen hatten es eilig, sie<br />

ließen keine Zeit versreichen. Bereits am übernächsten Tag (1. Januar) war die<br />

465<br />

) Die Liste der Fußballspieler finden Sie auf der CD. Von den Spielern der Jahrgänge 1905 bis<br />

1915 fielen 5 im Krieg!<br />

466<br />

) Vorstand: Otto Herzhauser (Stellvertreter), Otto Merk & Jacob Kolter (Kasse), Karl<br />

Trautwein († 1971) & Friedel Knieriemen, (Schriftführer) die Spielführer Eugen Marky &<br />

Karl Lenz, Kassenprüfer waren Hermann Merk & Willi Korn, Quelle: Protokollbuch des FCE,<br />

{Hermann Merk & Eugen Marky wurden 1952 besonders geehrt.}<br />

377


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378<br />

Generalversammlung des FCE zu der 42 Mitglieder erschienen waren. Nach<br />

kurzen Informationen gab die Versammlung grünes Licht. Der Weg für die Fusion<br />

war frei. Der Turnverein handelte genauso.<br />

1936: am 19. Januar war die Vereinigung des FCE mit dem Turnverein Erlenbach<br />

unter Dach und Fach. Es war ja sowieso egal. Satzung und Zielrichtung waren die<br />

gleiche. Die Vereinsvermögen waren nun in einer Hand. Als 1945 die NS Vereine<br />

verboten waren, hing das ganze in der Luft. Zwangsläufig wurde die Gemeinde<br />

Erlenbach Eigentümer von wertvollen Einrichtungen, obwohl sie selbst keinen<br />

Finger krumm gemacht hatte. Die Vereine gründeten sich nach dem 2. Weltkrieg<br />

neu.<br />

Auch unter den Nazis ging der Sportbetrieb weiter, allerdings unter anderen<br />

Vorzeichen. Mancher Jugendliche sah nur den Glanz, den Erfolg, der bekanntlich<br />

blind macht. 1941 traten neu ein: Alfred Bang †, Armin Dendl †, Hans Blauth, der<br />

spätere Bürgermeister Jacob Herbach †, Fritz Heinrich und der Schreinermeister<br />

Alfons Korn † .<br />

11.2. Die Sänger sangen für die Bewegung<br />

Der Gesangverein Erlenbach war von dreckigen Kommunisten zersetzt. Somit<br />

war er laut Schreiben des Bezirksamtes an die Gendarmerie Otterberg vom 10.<br />

April 1933 eine marxistische Organisation (im Sinne des Entschlusses des<br />

kommissarischen Ministers für das bayerische Staatsministerium des Inneren) Da<br />

gab es kein Halten mehr. Da räumte man doch sehr schnell auf. Der Gesangverein<br />

Eintracht Erlenbach wurde mit gleichem Datum verboten, nachdem „führende<br />

Mietglieder aus ihrer marxistischen Gesinnung keinen Hehl gemacht hatten“ 467 .<br />

Ende April gründeten die Nazis den Gesangverein Erlenbach neu.<br />

10. April: „Der Herr Bezirkskommissar löste den Gesangverein auf“ Nach<br />

Umbildung mit der nationalen Bewegung wurde die Vereinstätigkeit am 27. April<br />

im Benehmen mit dem Herrn Bezirkskommissar wieder aufgenommen. Vorher<br />

änderten sie die Satzung.“! Und der neue Verein bekam einen neuen Vorstand<br />

„aus nationalen Leuten“<br />

467 ) Schreiben des neuen Bürgermeister Hollstein vom 4.4.1933 an das Bezirksamt in KL


379<br />

Nach 1935: Dieses Sonntagskonzert war sehr feierlich. Es stand unter dem Motto<br />

>ein Volk, ein Reich, ein Führer


380<br />

380<br />

Dritten Reich war er NSDAP- Mitglied. Er wurde ein Jahr nach dem Lehrer Karl<br />

Gugel entnazifiziert. Die bösen Buben des Jahrgangs 1934 liebten es, ihn zu<br />

ärgern. In der Hexenacht 1947 suchte er die Außentoilette am alten Schulhaus auf.<br />

Darauf hatten Adolf Becker und Heiner Katzenbach nur gelauert. Sie warfen den<br />

Holzstapel um, und blockierten so die Türöffnung. Der Kohlenjab rief jämmerlich<br />

nach seiner Ehefrau Mathilde. Nach 10 Minuten kam sie endlich und befreite<br />

ihren Jab aus der misslichen Lage. Am nächsten Tag waren die Übeltäter dran.<br />

Der Kohlenjab zog ihnen den Hosenboden stramm. Jacob Schmidt ging 1954 mit<br />

65 Jahren in Pension,. Sein ständiger Vertreter war Karl Gugel .gewesen.<br />

Das Bild dürfte Ende der 30iger Jahre entstanden sein. Karl Gugel links und Jacob<br />

Schmidt . Zwischen ihnen ist Frl. Hedwig Weber. Der dritte Herr ist der Lehrer<br />

Heinrich Jeblick. Die zweite Lehrerin ist die Frau Wirth<br />

1933, am 1. Mai schied Frau Elisabetha Roth, geborene Scherer wegen ihrer<br />

Verehelichung gem. Art 5 II VLG aus dem Schuldienst aus, An ihrer Stelle kam<br />

Frau Hedwig Weber aus Altenglan nach Erlenbach


381<br />

Bis Ende Juni 1933 hatte die NSDAP die Macht an sich gerissen. Alle Parteien,<br />

Gewerkschaften, Verbände, Vereine waren verboten, die Gleichschaltung war<br />

perfekt und rechtswidrig erzwungen, alle nicht Linientreuen wurden aus dem<br />

Staatsdienst entfernt, die Lehrer wurden zwangsweise mehr oder minder<br />

eingeschworene PG´s (Parteigenossen). Wie stark die Nazis das Schulsystem im<br />

Griff hatten, lesen wir im amtlichen Schulanzeiger der Pfalz von 1934:<br />

„Lehrer (einschließlich der Religionslehrer) und Schüler (Schülerinnen)<br />

erweisen einander innerhalb und außerhalb der Schule den<br />

deutschen Gruß (Hitlergruß). Der Lehrer tritt zu Beginn jeder<br />

Unterrichtsstunde vor die stehende Klasse und grüßt als erster, indem er<br />

den rechten Arm erhebt und dabei die Worte „Heil Hitler“ spricht. Die<br />

Klasse erwidert den Gruß in der gleichen Weise. Am Schluss der<br />

Schulstunde wiederholt der Lehrer den deutschen Gruß vor der<br />

stehenden Klasse. Wo bisher der katholische Religionsunterricht mit<br />

dem Wechselspruch „Gelobt sei Jesus Christus“ „In Ewigkeit Amen“<br />

begonnen und geendet wurde, ist der Deutsche Gruß in Verbindung mit<br />

den Worten „Heil Hitler“ zu Beginn der Stunde vor, am Ende der<br />

Stunde nach dem Wechselspruch zu erweisen.... An jeder Schule ist<br />

nach den Ferien, unmittelbar vor der Aufnahme des Unterrichts durch<br />

Hissen und zum Schulschluss vor allen Ferien durch Niederholen der<br />

Reichsfahnen in Anwesenheit aller Lehrer und Schüler unter dem<br />

Singen einer Strophe des Deutschland- und des Horst-Wessel-Liedes<br />

eine Flaggenehrung zu veranstalten.<br />

Die Erlenbacher Lehrer waren Frl. Hedwig Weber, sie unterrichtete die 1 und 2.<br />

Klasse. Sie wohnte in Braunbachs Haus, gegenüber der Eiche Ihre ehemaligen<br />

Schülerinnen wie Elisabeth Lenz, geb. Knieriemen bescheinigen ihr menschliche<br />

Wärme und fachliche Kompetenz. Ende Juni 1936 machte ihre Klasse mit den<br />

Erst- und Zweitklässlern einen kleinen Ausflug in die Natur. Am Waldrand zur<br />

Höllenstraße entstand das untenstehende Foto.<br />

Herr Heinrich J. stammte aus Hochspeyer. Er war gleichzeitig der NS<br />

Ortsgruppenführer. Bei ihm stimmte die neue Richtung. Zum Teil unterrichtete er<br />

die 3 und Viertklässler. Als der Geburtsjahrgang 1934 eingeschult wurde war er<br />

für die Erst- und Zweitklässler zuständig. Politisch stand er ganz rechts. Das<br />

Dritte Reich war für ihn das Himmelreich auf Erden. Der Hitlergruß war für ihn<br />

eine Selbstverständlichkeit. 1943 wurde Heinrich Jeblick zur Wehrmacht<br />

einberufen. Das machte sich sehr gut. Denn zwei Schulsäle (im heutigen<br />

Schulhaus) wurden in diesem Zusammenhang beschlagnahmt. In einem Saal<br />

stellte die Wehrmacht 26 Doppelbetten auf, um einquartierte Soldaten schnell<br />

unterbringen zu können und im zweiten Schulsaal nahm der Schneidermeister<br />

Ehrenfried Wolf seine Kriegsproduktion auf. Er nähte dicke, warme<br />

Wehrmachtskappen für die Soldaten an der Ostfront. Übrigens, die Gemeinde<br />

Erlenbach kündigte Wolfs Pachtvertrag am 28.8.1948. (siehe unten)<br />

Die Schüler Jeblicks wurden aufgeteilt. Die Schüler der 3. Klasse wurden danach<br />

von Frl. Weber unterrichtet. Nach dem Krieg dauerte es lange bis Jeblick den<br />

Persilschein bekam und in Hochspeyer wieder unterrichten durfte.<br />

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Herr Jacob Schmidt 469 aus Blieskastel war für die 5. und 6. Klasse zuständig. Im<br />

Krieg bekam er noch die Schüler der vierten Klasse dazu, da ihr Lehrer Jeblick als<br />

Soldat an der Front kämpfte. Schmidt war ein cooler Typ, würde man heute sagen.<br />

Er benutzte den Spucknapf, in den er aus großer Entfernung in hohem Bogen<br />

meisten reinspuckte.. Für ihn wohl ein Spaß, aber für die Kinder eher Ekel<br />

erregend. Die bösen Schüler mussten ihn zur Strafe reinigen. Da wurde es so<br />

mancher jungen Dame doch schon mal schnell schlecht. Aber sonst. Anscheinend<br />

war er unbeugsam und unterlief geschickt die Hitlergrußpflicht. Statt die Hand zu<br />

heben und stramm zu stehen, hob er die Hand und fing an, die Klasse zum Lied zu<br />

intonieren: Oder er betrat schon singend den Raum:<br />

Ein Ränzlein auf dem Rücken,<br />

Ein Stöcklein in der Hand,<br />

So ziehn wir Wanderburschen,<br />

gar fröhlich übers Land.<br />

Jacob Schmidt´s Spitznamen war Kohlen-Jab, weil er gelegentlich in seiner<br />

Aktentasche Kohlen aus der Schule mit nach Hause nahm.<br />

Herr Karl Gugel war ein Erlenbacher Bub. Sein Vater war Wagnermeister<br />

(Woner) und sein Großvater Schmied gewesen. Als junger Bursch war er bereits<br />

1906 auf der Erlenbacher Kerwe. Ein Photo zeigt ihn mit seiner Schwester<br />

Philippina vor der Gaststätte Hermann. Als Lehrer war er vorher in Kusel tätig. Er<br />

betreute die Oberstufe (7. und 8. Klasse), gleichzeitig war er Dirigent des<br />

Gesangvereins. Gugel leitete auch die Fortbildungsschule, die mittwochs,<br />

zwischen 14 und 16 Uhr Unterricht hatte. Die Fortbildungsschule war zwei Jahre<br />

lang Pflichtschule für die Schulabgänger. Die bayerische Staatsregierung hatte sie<br />

1850 in der Pfalz eingeführt. Karl Gugel war auch sonst über Jahrzehnte<br />

engagiert. Er war Presbyter und in der Vorstandschaft der Sportvereine. Die<br />

Bürger schätzten seinen Rat Im Tausendjährigen Reich spielte Karl Gugel<br />

zwangsläufig mit. Da er als unwichtiger Mitläufer eingestuft worden war, durfte<br />

er ab dem 1.10.1945 wieder unterrichten.<br />

Ab 1943 wurden nur noch in zwei Klassenräumen die Kinder unterrichtet. In<br />

einem Klassenraum war der Schneider Wulf Schneider untergebracht, der für die<br />

Wehrmacht winterfeste Soldatenmützen anfertigte. In einem zweiten Saal<br />

schliefen Soldaten. Die beiden Stammlehrer Gugel und Schmidt wurden<br />

gelegentlich von weiblichen Junglehrern unterstützt. So zum Beispiel Frl. Uschi,<br />

die sowohl die Schüler als auch einen Oberleutnant gut betreute. Besonders<br />

tragisch war das Sterben eines jungen Soldaten, den die Schüler nachmittags<br />

miterleben mussten. Der Soldat hatte im Schulhof Flaschenbier getrunken, aber<br />

seine Flasche nicht ordnungsgemäß verschlossen. So war ihm entgangen, dass<br />

sich eine Wespe in das süße Getränk eingeschlichen hatte. Er zog durstig und die<br />

Wespe stach ihn in die Speiseröhre. Die schwoll an und drückte ihm die Luft an.<br />

So erstickte er erbärmlich im Erlenbacher Schulhof.<br />

469 ) Jakob Schmidt, Spitzname Kohlenjab, war mit Mathilde verheiratet. Er war ein lockerer Typ,<br />

dem feine Manieren etwas fremd waren. Er benutzte gern den Spucknapf, den Schülerinnen zur<br />

Strafe reinigen mussten. Jacob Schmidt wohnte mit seiner Familie im alten Schulhaus. Sein Sohn<br />

Günther fiel im 2. Weltkrieg. Günther steht nicht in der Gefallenliste.


383<br />

Die verbliebenen Erlenbacher Lehrer hatten nach Kriegsende keine<br />

Schwierigkeiten, von den Besatzungsmächten wieder als Lehrkräfte eingestellt zu<br />

werden.<br />

11.4. Die NSDAP und ihre Gliederungen in Erlenbach<br />

Die Machtübernahme in Deutschland, so auch in Erlenbach war perfekt, straff<br />

organisiert. :Im April mussten die Gemeinden vergessene Bilder des verstorbenen<br />

Reichspräsidenten Ebert abhängen. Die Lehrer schauten den Bestand der<br />

Schulbibliothek durch, ob da nicht eventuell das Werk von Karl Marx oder<br />

Schriften jüdischer Dichter da wären. Die Parteien wurden verboten und<br />

Gendarmerie Otterberg und die Feuerwehr Erlenbach unter die Befehlsgewalt der<br />

Nazis gestellt. Die NSDAP ließ die Erlenbacher Vereine von nicht nationalen<br />

Elementen säubern.<br />

Schon sehr früh hatte sich die Erlenbacher NSDAP Ortsgruppe gebildet, in der<br />

einige ihren NS Traum durch zackiges Auftreten und nationales Geschwafel<br />

ausleben konnten. Nach außen bestimmten sie das Geschehen, aber die<br />

schweigende Mehrheit Erlenbachs dachte wohl anders. Nach dem Einmarsch der<br />

Amis wollten die Rechten von ihrem vorherigen Treiben nichts mehr wissen. Die<br />

Dolchstoßlegende und das grandiose Feuerwerk der organisierten Anfangserfolge<br />

hatten sie fasziniert. Wir stufen unsere PGs und NS Funktionäre als fehlgeleitete<br />

Mitläufer ein, die selbst keine Schandtaten begingen. In Erlenbach hatten wir<br />

keine Juden, deren Häuser hätten angesteckt werden können. . Heute, mehr als 60<br />

Jahre nach dem teuflischen Inferno sind sie fast vergessen und wir haben heute<br />

andere Sorgen. Nur noch die älteren kennen ihre Namen und ihr schwungvolles<br />

Auftreten. Wir wollen aber nicht über sie berichten, wer welche Funktion ausübte.<br />

Die Hitlerjugend war eine Erlebniswelt. Wandern, singen, zelten. Die<br />

vormilitärische Ausbildung. Alles einfach spannend, packend, nie Langweile,<br />

immer Aktion. Aus dieser kindlichen Freude heraus meldeten sich einige<br />

Erlenbacher junge Männer als Sturmmänner zur Waffen- SS und waren damit<br />

dem Tode geweiht. Ihr Opfer war unmenschlich, sinnlos.<br />

Um die nationale Begeisterung zu schüren, spendete die NS Regierung das<br />

Ehrenkreuz, das an ehrenvolle, tapfere ehemalige Frontkämpfer vergeben wurde.<br />

Dies waren 129 Erlenbacher Männer. Auch die Kriegerwitwen wurden nicht<br />

vergessen. 19 von ihnen nahmen stellvertretend für die gefallenen Helden die<br />

Auszeichnung entgegen. Warum fast 20 keine Auszeichnung erhalten haben,<br />

entzieht sich meiner Kenntnis. Die noch erhaltenen Listen enthalten<br />

selbstverständlich neben den Namen auch die Berufe die Geburtstage und den<br />

Geburtsort. Somit füllen diese Listen etwas die Informationslücken durch Akten -<br />

Vernichtung zwischen 1875 und 1900.<br />

BDM: Die älteren Mädchen trafen sich jeden Mittwoch in ihren schicken Blusen<br />

im rechten Saal des Schulhauses. Dazu gehörte Irene Mangold, * 1928. Chefin der<br />

BDM Mädchen war die Greta NN aus Morlautern<br />

Ortsgruppenführer: Lehrer Heinrich Jeblick<br />

Ortsbauernführer: Henrich Heinrich. War außerdem auch gleichzeitig<br />

Fleischbeschauer. Als seine ältere Schwester Charlotte Becker, geborene Becker<br />

ihn nach der Schweineschlachtung pflichtgemäß rief und ihn mit dem Vornamen<br />

ansprach, sagte er barsch zu ihr „ich bin der Herr Henrich“<br />

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384<br />

11.5. Die Feuerwehr 1933 – 1945<br />

Die bisherigen Pflichtfeuerwehren wurden 1933 nach dem Runderlass des<br />

Reichsführers der SS und Chef der Deutschen Polizei der Polizei unterstellt und<br />

die Altersgrenze auf 60 Jahre verringert. Die Kreisbrandinspektoren bemühten<br />

sich, die Gemeinde Erlenbach zu veranlassen, eine Motorspritze<br />

(Tragkraftspritzen) anzuschaffen, was aber leider an den fehlenden Geldmitteln<br />

scheiterte. Das Reich und der Saar-Pfalz Gau stellten Zuschüsse in Aussicht,<br />

doch die Gemeinde machten davon keinen Gebrauch, da ihr Budget durch die<br />

Finanzierung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen stark strapaziert war.<br />

Vielleicht durch Begeisterung aber auch durch sanften Druck wurden viele<br />

Erlenbacher Feuerwehrleute Mitglied in der NSDAP<br />

1934: Sonntag, 30. September: Auf dem Feuerwehrtag in Baalborn ehrte die<br />

Bezirksfeuerwehr Herrn Jakob Merk für seine 25 jährige treue und aktive<br />

Feuerwehrdienste. Er erhielt die silberne Medaille. Er war also 1909 der<br />

Feuerwehr beigetreten.<br />

Der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges brachte auch für die Feuerwehr Erlenbach<br />

Probleme. Die Jungen wurden eingezogen und alt Gediente traten an ihre Stelle.<br />

Zudem entstanden für die Feuerwehr Erlenbach neue und größere Aufgaben. Die<br />

Dorffeuerwehr Erlenbach wurde verpflichtet, bei Luftangriffen auf KL und<br />

Morlautern „Überlandlöschhilfe“ zu leisten. Mit dem Näherrücken der Front<br />

vermehrten sich die Angriffe auf die Stadt Kaiserslautern, aber auch auf<br />

Einzelziele in unserem Raum. Sogar der Gersweilerhof war Bomberziel, aber die<br />

tödliche Last fiel in die Wiesen. Wegen der stetigen Jägerangriffe konnten die<br />

Landwehren tagsüber deshalb nicht mehr in die Stadt gerufen werden, außerdem<br />

waren die Dörfer nun selbst stark gefährdet 470<br />

11.6. Siege, Triumph & Fröhlichkeit<br />

1939: Sofort nach dem Kriegsbeginn verlegte die Wehrmacht Soldaten auch nach<br />

Erlenbach. Der Gemeindediener Cambeis verkündete dies mittels der<br />

Dorfschelle. Abhängig von der Zimmerzahl musste jede Familie in ihrem Haus<br />

entsprechend Soldaten aufnehmen. Die Zimmerverteilung geschah durch einen<br />

Feldwebel im alten „Schulgebäude“ Jede Familie hatte ein Kind dorthin geschickt,<br />

um ihren Soldaten in Empfang zu nehmen, denn die Alten hatten keine Zeit dazu!<br />

Die mussten nämlich arbeiten. Johanna Elisabetha Lenz, geb Knieriemen *<br />

1928 nahm ihren Soldaten an der Hand und brachte ihn heim in die Krehberg<br />

(Straße). Da die verstorbenen Großeltern, der ehemals selbständige Maurermeister<br />

Karl. Barth oo Magdalena Becker eine große Scheune nebst Stall hinterlassen<br />

hatten, bekamen sie öfters wochenlang Soldaten mit Pferden ins Quartier. Frau<br />

Lenz erzählt, ihre Familie hätte Ende 1944 zwei Soldaten mit zwei Pferden<br />

wochenlang verköstigt und die Wehrmachtspferde hätten neben den eigenen<br />

470 ) Bernhard Harsch, Das Feuerlöschwesen im Landkreis Kaiserslautern, S. 177 ff. im Jahrbuch<br />

zur Geschichte von Stadt und Landkreis Kaiserslautern, Band 6, 1968, s.o.


385<br />

Pferden gestanden. Die Wehrmachtsgäule hätten diesen Stall als ihren eigenen<br />

angesehen. Nun kam der Tag des Abschieds und die beiden Soldaten ritten<br />

morgens fort in Richtung Osten. Und dann plötzlich, drei Stunden später standen<br />

die zwei Pferde wiehernd allein vor dem Stall. Sie hatten unterwegs ihre Reiter<br />

abgeworfen.<br />

1940: Nach der Kapitulation Frankreichs in 1940 war Hitler auf dem Höhepunkt<br />

seiner Macht. Das Regime feierte sich in Berlin mit einer prächtigen Parade.<br />

Unsere Soldaten bekamen Weihnachten 1940 Urlaub, sie durften heim. In der<br />

Gaststätte Kläs schlugen die Wellen hoch. Alle Pein, jede Sorgen wurden<br />

verdrängt. Man war zusammen und die meisten lebten noch. War das nicht<br />

herrlich, sich mal wieder zu sehen. Die Soldaten waren auch stolz auf das<br />

Geleistete. Wir sehen etwa 60 Personen auf dem Bild. Eine fröhliche Gesellschaft<br />

11.7. Auch glückliche Stunden<br />

Die Hochzeit der Eheleute Herbert Martin am 16.10.1943<br />

Der schlimme Krieg tobte heftigste und die Grausamkeit verschlang unsere Leute.<br />

Die verlorene Schlacht von Stalingrad und der permanente Rückwärtsgang<br />

wurden durch die Nazi- Propaganda heroisch verbrämt. Die noch in 1942<br />

gewonnenen Schlachten hatten die Blicke der Menschen für die Realität verstellt.<br />

Sie ahnten aber das schreckliche Ende. Aber dazwischen waren in der Heimat<br />

immer wieder glückliche Tage. Wir hatten harte Winter, tolle Frühlingstage und<br />

schöne Sommer. Der Krieg war weit, sehr weit weg. Irgendwie ging das Leben<br />

weiter. Zärtlichkeit, Liebe, Familienbande, sie waren stärker als dieser Naziterror.<br />

Und die Soldaten bekamen nach langem Hin und Her Urlaub, wenn sie heiraten<br />

wollten. So auch der 25 jährige Marine – Soldat Herbert Martin 471 , als er am<br />

16. Oktober 1943 seine 22jährige Braut Frieda Braunbach ehelichte. Wir sehen<br />

ein glückliches Paar, aber eine ernste Hochzeitsgesellschaft. War es nicht ein<br />

schöner Brauch, als der Bräutigam mit seinen Leuten die Braut vom elterlichen<br />

Haus abholte. Sie ging geführt vom Vater vorneweg. Hinterher Herbert Martin,<br />

in Begleitung seiner Schwester. Das Photo ist phantastisch. Habt Ihr so Erlenbach<br />

in Erinnerung. Das Pflaster, links und rechts die Rinne. Die neugierigen Kinder!<br />

Hinten erkennt man deutlich die Heuwagen. Alles einfach und bescheiden, die<br />

Hausfrau in ihrem Schurz. Wir haben einen schönen Einblick in die<br />

Vergangenheit, wie die Straßen, die Häuser, die Fahrzeuge aussahen. Doch wo<br />

war Herberts Bruder? Durfte er oder wollte er nicht kommen?<br />

Auf dem Weg zum kirchlichen Segen<br />

471 ) Herbert Martin, * 21.10.1918, † 22.02.1981. Von Beruf war er Schreiner und arbeitete in der<br />

Möbelfabrik Eckel. Am 1. Mai 1937 wurde er einberufen. Nach der Grundausbildung diente er<br />

bis zum Kriegsende auf dem Kreuzer Emden. Er kam glücklich unverletzt am 4.11.1945<br />

heim. Seine Frau Frieda Braunbach, * 8.03.1921 leidet leider 2005 unter Alters Demens.<br />

Herbert Martin spielte in der Saison 1949/50 in der 1. Mannschaft und wurde mit dem FCE<br />

Meister der Kreisklasse.<br />

385


386<br />

386<br />

Mit eiligen Schritten geht es an der Gaststätte Kläs vorbei. Oben das Wirtshausschild<br />

mit der Werbung für die Bayerische Brauerei Kaiserslautern. Rechts ist Sammels-<br />

Haus, das kleine Häuschen gehört der Familie Braunbach. dahinter ist Dendels<br />

Haus. Die Hochzeitsgesellschaft ist auf dem Weg zur Kirche. Vater Braunbach führt<br />

seine Tochter Frieda Braunbach zur Kirche (in der Straße der SA). Hinter der Braut


387<br />

geht die Hertha Korn, die Cousine der Braut. Links hinter dem Zylinder-Mann ist die<br />

Johanna Korn. n Die Erlenbacher Straße hieß damals Adolf Hitler Straße. Neugierige<br />

Kinder begleiteten die Hochzeitsgesellschaft. Beachten Sie das Pflaster, die<br />

beidseitige Regenrinne und die Fahrzeuge im Hintergrund. Links die Kleidung der<br />

Kinder; ein Kontrast zur Hochzeitsgesellschaft! Und das keine 70 Jahre her!<br />

387


388<br />

388<br />

Der Pfarrer redete laut und deutlich auf das Brautpaar ein, die 10 Gebote zu achten und in<br />

guten wie in den damals schlechten Zeiten zueinander zu stehen. Frieda & Herbert blieben<br />

beisammen. Wenn wir von dem allzu frühen Tod Herberts am 22. Februar 1981 absehen,<br />

erlebte das Paar eine lange und glückliche Zeit miteinander.


389<br />

Das Brautpaar eingerahmt von der Hochzeitsgesellschaft vor der Erlenbacher Kirche.<br />

Links von der Braut ist die Emma Martin (ledig) Das Kind ist die Hager Lisel, verheiratete<br />

Weber und hinter ihr ihre Mutter<br />

Auf dem Weg zum Gersweilerhof<br />

389


390<br />

390<br />

Das Brautpaar, die Hochzeitsgesellschaft eilt mit flotten Schritten die heutige<br />

Erlenbacher Straße hinauf. Bitte beachten Sie, der obere Teil der damaligen Adolf<br />

Hitler Straße war damals noch nicht einmal gepflastert. Ziel der Gesellschaft war<br />

die Gaststätte Carra auf dem Gersweilerhof, wo die Gesellschaft beschwingte<br />

Stunden fernab des Kriegslärms verbrachte. Zweite Reihe die Hertha Korn<br />

Hugo Schneider auf dem Motarad seines Bruders


391<br />

Stolz wie ein Spanier! Heute sind getunte Autos in. Der jugendliche Hugo Schneider saß<br />

auf dem Motorrad seines Bruders Paul, der gerade Soldat des 5. Batterie<br />

Artillerie.Regiments 69 in Saarburg war Er schickte seinem älteren Bruder Ruprecht per<br />

Feldpost herzliche Grüße aus der Heimat. Besonders tragisch, dass Paul am 1. Kriegstag<br />

durch einen Motorradunfall bei Saarlautern umkam.<br />

Erwin Winters Konfirmation in 1942<br />

Dies ist Erwin W. aus dem Wiesenthal<br />

Die Sonntagsmode in den 40igern!<br />

391


392<br />

392<br />

Der Krieg war weit weg, die Soldaten an der Front. Sonntags zog man die<br />

Sonntagskleider an und machte nachmittags den obligatorischen Spaziergang. Diesmal<br />

waren die Damen im Eselsbachtal.


393<br />

11.8. Auf der Sonnenseite des Krieges: Torschüsse<br />

statt Kanonenschüsse<br />

Hugo Schneider war Luftwaffen-Bodensoldat spielte zusammen mit Fritz Walterin<br />

der Nationalelf der Wehrmacht. Nach seinen Aussagen gab er nur Schüsse auf das<br />

gegnerische Fußballtor ab. Diese Aufnahme entstand vor dem National-Spiel gegen<br />

Bulgarien. Aber der Krieg stürzte Europa in menschliche Tragödien, die noch<br />

heute im Jahr 2009 auch junge Menschen zu Tränen rühren. .<br />

11.9. Zwangsarbeiter in Erlenbach<br />

Erlenbach hatte zu Kriegsbeginn etwa 1.300 Einwohner 472 . Nicht gerade sehr<br />

groß. Aus diesem Dorf berief die Wehrmacht nach und nach etwa 400 Männer<br />

und Frauen ein, die dann weit verstreut in Europa den Kopf für die<br />

Schwerstverbrecher hinhalten mussten. Die Männer waren weg, aber sie<br />

hinterließen im Arbeitsprozess Lücken, die die Nazis durch verstärkte<br />

Frauenarbeit füllten. Das reichte aber nicht aus. Die militärischen Anfangserfolge<br />

vernebelten, glorifizierten bereits Millionenfaches Unrecht und schwemmten<br />

Millionen von Kriegsgefangenen ins Reich. In Erlenbach arbeiteten unter<br />

anderem. Am besten hatten es die Leute, die beim Otto Reich arbeiteten. Sie<br />

472 ) 1930 lebten 1.280 Einwohner in Erlenbach. Erhebung der Gemeindeverwaltung<br />

393


394<br />

394<br />

wurden wie Familienmitglieder behandelt. Sie saßen mit am Mittagstisch und<br />

aßen das Gleiche wie die Reichs.<br />

Arbeitgeber Gefangene, Zwangsarbeiter<br />

Reich, Otto, Flurstr. 2<br />

Landwirt & Kohlenhandlung,<br />

Emil Samson (aus Amiens)<br />

Johann Stenno (1943 – 1945)<br />

Kühner, Sebatian, Obere Str. 14 Renne (1941 – 1943)<br />

Braunbach Heinrich, I, Haupt, 39 Josef André (1942, 1943)<br />

Braunbach, Philipp, Landwirt<br />

Flurstraße 1<br />

Nadia Chan aus Charkow<br />

Barth, Leonhard, Brunnenstr.5 Johann Wallert<br />

Klemme, (Franzose)<br />

Galuschko Ivan (Russe)<br />

Josef Mortal , kam ins KZ<br />

Litzmannstadt (Lodz)<br />

Carra, Karl, Gersweilerhof Nicolai Stachenko (Pole<br />

Henrich, Heinrich Alex Lukasowitsch (Russe)<br />

Herzer Franz &<br />

Carra Charlotta, Gerweilerhof<br />

Mortal Josef, kam ins<br />

KZ Litzmannstadt (Lodz)<br />

Herzer, Arthur Maria Mortal, kam ins<br />

KZ Litzmannstadt, (Lodz)<br />

Hollstein Emil, Brunnenstr. 2 Anna Waschteschen<br />

Anna Halnachtak<br />

Korn, Emma, Witwe, Hauptstr.3 Wojcek Nalepa (Tarnopol)<br />

Kühner, Sebastian, Obere Str. 16 Maria Muda aus Surochow,<br />

Lublin<br />

Josef Muda<br />

Socoly, Leonhard, Friedhof Str7 Andreas (Nachname ist<br />

unbekannt)<br />

Woll, Karl, Bäckerei, Hauptstr. 24 Leo Polisier<br />

1946: 16. März machte Bürgermeisters Hollstein eine Aufstellung für das<br />

Landratsamt Kaiserslautern. Inhalt sechs Polen, die in Erlenbach und auf dem<br />

Gersweilerhof als landwirtschaftliche Helfer gearbeitet hatten. Was ist aus ihnen<br />

geworden? Die Statistik hat 5 Spalten. Gerade die letzte zeigt das hässliche


395<br />

Gesicht der braunen Verbrecher. Unter der Spalte Bestimmungsort steht hinter<br />

den Namen der drei Mortals, Maria, Franz & Joseph ganz einfach<br />

>Litzmannstadt


396<br />

396<br />

sehr früh, fuhr sie nach Ludwigshafen und verbrachte dort die ganze Woche. Die<br />

16 jährige war mit anderen Mädchen in Friesenheim im BDM Heim untergebracht<br />

gewesen. Sie erlebte alle nächtlichen Luftangriffe auf Ludwigshafen mit. War der<br />

Angriff aber während der Arbeitszeit erfolgt, war es ihnen erst erlaubt den<br />

Arbeitsplatz zu räumen, wenn das Fabrikgelände direkt bombadiert wurde. Erst<br />

dann waren sie in den nahen Bunker geeilt. Am Sonntag, den 18. März 1945 war<br />

sie aber zuhause geblieben, da der Einmarsch der Amerikaner unmittelbar<br />

bevorstand.<br />

11.11. Soldatenschicksale 1939 – 1945<br />

Bericht anhand der Sterbeurkunden, formuliert von Detlef Uhrig<br />

Der Zweite Weltkrieg forderte blutige und unschuldige Opfer und stürzte ganze<br />

Familien ins Unglück. Allein die Gemeinde Erlenbach hatte 97 Gefallene und<br />

Vermisste zu beklagen. Das bedeutete einen verheerenden Blutzoll für eine kleine<br />

Ortschaft von 1.207 Menschen zu Beginn des Krieges. Für sie errichtete<br />

Erlenbach ein stilles Mahnmal, fern jeder heroischer Darstellung. Unsere Soldaten<br />

hatten Schreckliches erlebt. Sie hatten wie Millionen anderer lautlos gelitten und<br />

meist nur in sich selbst hineingeweint. Als einzigen Trost trugen sie die Briefe<br />

ihrer Liebsten bei sich, die sie tausend Mal immer wieder gelesen hatten. Obwohl<br />

sie alles auswendig konnten, verschlangen sie die Zeilen fortwährend und<br />

träumten von einer glücklichen Heimkehr. Man sagt, dass die Zeit Wunden heilen<br />

würde. Trotzallem holen die heute Lebenden von Zeit zu Zeit die Photos ihrer<br />

geliebten Kinder, Brüder und Männer heraus.<br />

1939: Der erste „Kriegstote“ war Paul Schneider, * 3.12.1916. Die Wehrmacht<br />

hatte ihn nach Saarlautern eingezogen. Er war Soldat des 5. Batterie Artillerie<br />

Regiments 69 in Saarburg. Er starb am 1. September 1939 durch einen<br />

Motorradunfall: Mehr erfuhr die Familie nicht. Warum er und wie er umkam? Es<br />

war wohl kein simpler Unfall gewesen. Denn er war ja kein blutiger Fahranfänger<br />

gewesen! Im Gegenteil, er war bereits in der Pfalz mehrere Motorradrennen<br />

gefahren und hatte Pokale gewonnen. Das Standesamt in Saarlautern registrierte<br />

den Unglücksfall. Seine Eltern –Franz Schneider & Juliane Schneider, geb-<br />

Arzheimer, waren natürlich geschockt. Sie holten den Leichnam in Saarlautern<br />

ab und ließen Paul in Erlenbach beerdigen.<br />

1939 am 18.9.1939 fiel Heinrich Geyer, der am 1915 in Otterberg als Sohn des<br />

Händlers Friedrich Geyer & der Katharina Glaser geboren wurde. Er war gerade<br />

24 Jahre alt und hatte in Erlenbach seine große Liebe entdeckt. Nach kurzer<br />

Verlobungszeit heiratete er seine große Liebe Katharina Braunbach. Daraufhin<br />

folgte der Krieg. Er fiel schon in der dritten Kriegswoche in der Schlacht um den<br />

Frontabschnitt in Polen bei Maizkow. Er tat Dienst in der 5. M.G.BM.66.<br />

Die Wehrmacht schickte der jungen Kriegerwitwe obiges Photo von seiner<br />

Beerdigung. Am 7.10. erschien im Auftrag der Witwe im Otterberger<br />

Stadtanzeiger die Todesanzeige: „In treuer Pflichterfüllung fiel am 18.9. in den<br />

Kämpfen um Warschau mein lieber Mann Heinrich Geyer im blühenden Alter von<br />

24 Jahren“


397<br />

1940: Nazi-Deutschland hatte inzwischen auch Frankreich überfallen. Der<br />

Fabrikarbeiter Wilhelm Haffner 475 war Schütze in der Stabskompanie des<br />

Infanterie-Regiments 463. Er war beim Einmarsch über Belgien nach<br />

Nordfrankreich beteiligt. Seine Kompanie hatte an seinem Todestag den 5.6.1940<br />

den mittleren Teil St. Quentins in der Picardie zu nehmen. Zwischen ihnen und St.<br />

Quentin lag nur noch der Kanal. Wilhelm Haffner unterschätzte die Gefahr und<br />

wurde am Waldrand von einem verdeckten Heckenschützen erschossen. Seit 1960<br />

ist St. Quentin die erste Partnerstadt Kaiserslauterns und sein Leichnam liegt auf<br />

einem hervoragend gepflegten Soldatenfriedhof. 1941: 23. Juni 1941 fiel<br />

Friedrich Müller bei Mallee auf dem östlichen Kriegsschauplatz. Fritz kam am<br />

9.12.1914 in Erlenbach auf die Welt. Seinen Unterhalt verdiente er als<br />

Fabrikarbeiter. Nach Ableistung der allgemeinen Grundausbildung rückte er zum<br />

Unteroffizier der Wehrmacht auf. Sein Vater war der Steinhauer Adam Müller<br />

und die Mutter Anna stammte aus der Barth- Familie. Die Familie wohnte in der<br />

Bergstraße 5.<br />

1941: am 27. Juni 1941, gegen 17 Uhr starb der Gefreite Hermann Heinrich im<br />

Gefecht bei Porozow in Russland. Er wurde am 23.9.1913 geboren und hatte<br />

wenige Tage vor Kriegbeginn am 12. August 1939 Ida Conrad geheiratet. Das<br />

Paar lebte zusammen mit seinen Eltern Konrad Heinrich und Mathilde Barth in<br />

der Adolf Hitler Str. 38. (heutige Erlenbacher Straße)<br />

1941: der Gefreite und Former Richard Hill aus der Steinbruchstraße 3 fiel am<br />

6.9.1941 nördlich von Bol Androwa, Russland. Er kam am 27.3.1915 auf dem<br />

Schmitterhof als Sohn der Eheleute Johannes Hill (Fabrikarbeiter) und Margretha<br />

Lorenz auf die Welt. Richard hatte im Jahr 1939 Herta Schneider geehelicht. Die<br />

Todesnachricht 476 erreichte die junge Frau erst im Februar 1942.<br />

1941: Der Vermessungsgehilfe Kurt August Bang entstammte der berühmten<br />

Schmiedefamilie Bang. Sein Vater August war Hufschmiedemeister und die<br />

Mutter hieß Philippina Blauth. Kurt August, Jahrgang 1914, hatte im Jahr 1939<br />

Erna Schneider geheiratet. Er fiel am 9.9.1941 bei Skovisto/ Russland. Der Brief<br />

der Wehrmachtsstelle für Kriegsverluste und Kriegsgefangene informierte seine<br />

Frau Erna Mitte Februar 1942. So konnte sie gemeinsam mit ihrer Schwester<br />

Herta den sinnlosen Tod ihrer beiden Männer beweinen.<br />

1941: Der 19 jährige Arnold Korn kam 1938 zur Wehrmacht. Er war Gefreiter in<br />

der Radfahr-Schwadron N° 72 gewesen. Sein letzter und tödlicher Einsatz war bei<br />

Srivapol/ Russland. Arnold wurde dabei schwer verwundet und die Sanitäter<br />

brachten ihn auf die Krankensammelstelle, wo er am 5.11.1941 verstarb. Obwohl<br />

er bereits tot war, erhielten die Eltern Rudolf Korn und Wilhelmina Herbach<br />

immer noch wöchentlich Feldpost von ihrem Sohn. Am 20. April 1942 jedoch<br />

überbrachte der Postbote die grausige Hiobsbotschaft.<br />

1941: Richard Hager, Jahrgang 1918 kam nach seiner Grundausbildung zum<br />

Kampfeinsatz. Den Balkanfeldzug überstand er glücklich. Aber dann ging es<br />

gegen die Sowjetunion. Monatelang hatte Richard Glück, obwohl neben ihm<br />

häufig der Tod reichliche Beute erhielt. Dann in der Nacht vom 30.November<br />

475 Wilhelm wurde am 10.11.1918 in Mehlingen als Tochter der Charlotte Haffner<br />

geboren, die später Herrn Asel heiratete.<br />

476 ) Postbote war Karl Cambeis aus Otterberg<br />

397


398<br />

398<br />

zum 1. Dezember 1941 war die Halbinsel Krim mit der Hafenstadt Sewastopol<br />

heftigst umkämpft. Dabei war der Kanonier der 2. Batterie des Artillerie<br />

Regiments 172, der 23jährige Mechaniker Richard Hager eingesetzt. Die Russen<br />

schossen gezielt zurück und Granatsplitter verletzten den 23 jährigen Richard<br />

tödlich. Bereits Ende Dezember erreichten die beiden Hiobsbotschaften die<br />

bangende Familie. (die Eltern Heinrich Hager und 61 jährige Elisabetha<br />

Bachmann 477 ). Der Batterie Chef schrieb handschriftlich: „Nach Mitteilung des<br />

Hauptverbandsplatzes der Division 43070 ist Ihr Sohn der Oberkanonier Hager<br />

meiner Batterie, den in der Nacht vom 30.11 auf den 1.12.1941 erlittenen<br />

schweren Verwundungen erlegen. Es ist mir ein Bedürfnis Ihnen auch im Namen<br />

meiner Batterie mein herzlichstes Beileid auszusprechen. Mit Ihrem Sohn hat die<br />

Batterie einen ihrer besten Fernsprecher verloren, der seine vorbildlich<br />

Pflichtauffassung und beispielhafte Tapferkeit mit dem Heldentod besiegelte. Er<br />

sollte in den nächsten Tagen zum Eisernes Kreuz eingereicht werden…..“<br />

Die Schreibmaschinen geschriebene Nachricht des Oberarztes Reichert vom<br />

2.12.1941 war konkreter:<br />

„Im Kampfe um Großdeutschlands Zukunft erlitt Ihr Sohn beim tapferen<br />

Vorgehen schwere Granatsplitter in den Bauch und in beide Beine. Sein Zustand<br />

war derart schlimm, dass leider alle angewandte ärztliche Kunst ihn nicht am<br />

Leben erhalten konnte. Es wurde das Möglichste getan, seine Leiden zu<br />

vermindern. Er starb einen sanften Tod und bewies durch seine tapfere<br />

Haltung seinen soldatischen Geist. Er wurde von meiner Einheit in Baydarj<br />

(Krim) bestattet. Am 3. Januar 1942 gab die Familie in „tiefer und stolzer Trauer“<br />

eine Todesanzeige auf. Den Hinterbliebenen könnte es ein kleiner Trost gewesen<br />

sein, dass die Wehrmacht ihm ein ordentliches Grab mit Holzkreuz bereitete.<br />

Kriegsjahr 1942<br />

1942: am 27. Februar starb der Maschinengefreite einer Hafenschutzflotille, der<br />

Spengler Friedolin Theisinger, auf See. Seine Eltern Jacob T. & Anna Busch<br />

lebten in Erlenbach in der Adolf Hitler Straße 51.<br />

1942: Der Ackerer Jacob Mangold kam in 1914 in Erlenbach auf die Welt. Seine<br />

Eltern hießen Jacob & Maria, geb. Braunbach, die in der unteren Erlenbacher<br />

Straße 478 N° 14 lebten. Seine Einheit war in schwere Kämpfe zwischen<br />

Dolschanka und Olchowatka verwickelt. Der Kompaniechef schrieb, dass Jakob<br />

am 16.6.1942 durch mehrere Granatsplitter getroffen worden sei. Er sei sofort tot<br />

gewesen. Die herbeieilenden Sanitäter bargen seine Leiche, die dann auf dem<br />

Ehrenfriedhof des Regiments auf dem Soldatenfriedhof bei dem Dorf Prikolotnoje<br />

bei Wolschansk mit militärischen Ehren zur letzten Ruhe bestattet wurde.<br />

477 ) Bachmann Elisabetha, * 28.9.1880 oo 21.5.1902 den Hager Heinrich. Sie starb am 24.9.1946<br />

478 ) Die Erlenbacher Straße hieß Adolf Hitler Straße und der Nauwald war die Straße der SA


399<br />

1942: Karl Marky, Jahrgang 1923, hatte keinen Beruf gelernt. Das NS Regime<br />

gefiel ihm mit seinen markigen Sprüchen. Als 18jähriger meldete er sich freiwillig<br />

zum Dienst an der Waffe. Er wurde gerade mal 19 Jahre alt. Als verspätetes<br />

Geburtstagsgeschenk traf ihn am 10. Juni 1942 bei Chami im östlichen<br />

Kriegsschauplatz eine feindliche Kugel. Er war Sturmmann der Waffen SS<br />

gewesen und somit dem Tode geweiht. Die Auskunftsstelle der Waffen SS<br />

informierte kurz vor Weihnachten 1942 die Eltern Jacob Marky und seine Frau<br />

Katharina Schottinger vom Ableben ihres geliebten Sohnes.<br />

399


400<br />

400<br />

1942: Der Küfer und Obergefreite Leonhard Braunbach wurde in 1910 als Sohn<br />

der Eheleute Ludwig B. und Elisabetha Sokoly geboren. Er machte eine<br />

Küferlehre und heiratete 1934 Franziska Ffeiffer. Sehr spät rief ihn die<br />

Wehrmacht ein, aber am 15.7.1942 erreichte bei Konow/Russland ihn das<br />

Schicksal. Seine Frau erfuhr erst im Januar 1943 von seinem Tod.<br />

1942: Hitler verheizte die 6. Armee bei Stalingrad, um dem kommunistischen<br />

Diktator eine Lehre zu erteilen. Bei diesem Kampf war der 36jährige Willibald<br />

Korn 479 dabei, dem das bittere Ende seiner Kameraden erspart blieb. Er fiel<br />

bereits am 17.9.1942. Die Todesnachricht erreichte erheblich früher die Witwe<br />

und die Eltern ereilte sie erst im Oktober 1943.<br />

1943: Der Tod machte reiche Beute<br />

Heinrich Thines, Jahrgang 1911, † 3.4.1941 als er einen Kameraden retten<br />

wollte, erschoss ihn ein Scharfschütze. Sein jüngster Bruder Herbert fiel am<br />

3.1.1945.<br />

Das Bild zeigt Artur Martin * 24.5.1921, † 22.10.1943<br />

Herbach, Adam war Former. Er kam als Sohn der Eheleute Heinrich Herbach<br />

und Katharina Kolter am 8. Februar 1908 in Erlenbach auf die Welt. Er machte<br />

den Balkan- und Russlandfeldzug mit. Er war Grenadier und seit dem August<br />

1943 galt er bei Charkow als vermisst.<br />

Theobald Becker war im Zivilleben Fabrikarbeiter. In 1917 geboren, war er im<br />

Krieg Sanitätsfeldwebel und rettete mutig aus vorderster Front schwer verletzte<br />

479 ) Willibald Korn, * 3.2.1906 in Erlenbach. Er erlernte das Schuhmacherhandwerk. Seine<br />

Eltern waren Otto Korn und Maria Marky. Am 12.12.1936 heiratete er in Erlenbach seine<br />

Philippine Ruby.


401<br />

Kameraden. Es war noch dunkel, am 21.11.1943, als es ihn morgens um 7 Uhr<br />

erwischte 480 . Seine Kollegen schleppten ihn zum Verbandsplatz zurück, wo er<br />

verstarb. Sein Bataillonsarzt schrieb am 24. November 1943 noch seine Familie<br />

an, um sie zu trösten. Ist so was möglich? Wohl kaum. Sein Vater Friedrich war<br />

selbst aus dem 1.Weltkrieg schwer kriegsbeschädigt heimgekommen und seine<br />

Mutter Helene Steidel hatte über 25 Jahre die Last des verbrecherischen und<br />

heroisch verbrämten Krieges tragen müssen.<br />

Wilhelm Strack, Jahrgang 1909 war in Erlenbach Fabrikarbeiter gewesen. Mit<br />

26 Jahren heiratete er in 1935 Berta Mangold. Das Paar wohnte in der Ringstraße.<br />

Wilhelm war Obergrenadier gewesen und lag mit seiner Einheit bei Toschkowka,<br />

am großen Strom Donez, in Russland. Bitte lesen Sie selbst den Bericht seines<br />

Kompanieführers Hans Dürkop, wie Wilhelm umkam. Die Todesnachricht traf die<br />

inzwischen 59jährige verwitwete Katharina Bachmann 481 und die junge<br />

Kriegerwitwe Berta hart. Die ganze Familie war geschockt, verzweifelt und<br />

untröstlich. Sie fanden bei Ihren Lieben Halt. Trost versuchte auch die<br />

Schwägerin Hermine Strack, geborene Laier, mit ihren Kindern Leonhard Peter &<br />

Gisela Katharina zu spenden. Alle drei Frauen beteten inständig, dass wenigstens<br />

Thomas Strack, Jahrgang 1912, den Krieg gesund überleben wurde, der bei der<br />

Reichsbahn in Russland tätig war. Aber leider waren die Hoffnungen, die<br />

Alpträume und die Gebete umsonst.<br />

480 ) Er starb bei Wirchnja Rokatschik in Russland. Die offizielle Benachrichtigung kam erst im April<br />

1946.Theobald Becker hatte am 31.10.1941 Christina Becker geheiratet.<br />

481 ) Sein Vater Jakob Strack II. * 10.5.1881 oo 3.2.1906 die Fabrikarbeiterin Katharina<br />

Bachmann, * 20.1.1884 in Erlenbach. Jakob Strack II. war bereits verstorben. Das Ehepaar<br />

hatte zwei Söhne, Wilhelm und Thomas, die aber leider alle beide im Krieg oder kriegsbedingt<br />

verstaren.<br />

401


402<br />

402<br />

1944<br />

Stellvertretend für diese traurigen Benachrichtigungen drucken wir das Schreiben<br />

des Oberstabsarztes Dr. Sauer ab, das am 19.4.1944 im Lazarett Lemberg<br />

verfasst wurde. Mit wenigen, aber klaren Worten beschreibt der Arzt die<br />

Verwundung, die Behandlung und den Tod des Theobald Reisel. So kann sich<br />

jeder ein gutes Bild machen. Doch lesen Sie selbst und lassen Sie die Worte auf<br />

sich wirken.<br />

Emil Heinrich war 1917 in Erlenbach auf die Welt gekommen. Seine Eltern<br />

waren Eugen Heinrich und Katharina Carra vom Münschschwanderhof. Emil<br />

erlernte das Schreinerhandwerk. Als Arbeitsloser kam er zum Arbeitsdienst und<br />

1938 ging er zur Wehrmacht. Von Anfang an war er im Kriegseinsatz. Zuerst in<br />

Polen und ab Juni 1941 in Russland. Seine letzte Nachricht war auf den 20.6.1944<br />

datiert, wo er bei Rschew im Kampfeinsatz war.


403<br />

Otto Reich: Jahrgang 1913. Seine Eltern waren Otto Reich und Katharina<br />

Weißmann. Er heiratete Weihnachten 1943 in Erlenbach seine süße Elisabetha<br />

Barth. Das Familienglück war jedoch nur sehr kurz. Nach dem kurzen und<br />

glücklichen Hochzeitsurlaub ging es gleich wieder in das noch ruhige Frankreich,<br />

wo er glaubte, eine ruhige Kugel schieben zu dürfen. Nach der Landung in der<br />

Normandie ging es auch für ihn rund. Stress, Todesangst und Hoffnungslosigkeit<br />

begleiteten ihn. Nachts war er von schrecklichen Visionen verfolgt. Am 24.8.1944<br />

erlöste ihn bei Montklimar eine Kugel vom Elend. Seine Frau und seine Eltern<br />

lebten 2 Jahre in Ungewissheit. Das Rote Kreuz überbrachte im März 1946 die<br />

niederschmetternde Todesnachricht.<br />

Walter Reisel, * 9.9.1914 war der Sohn des Heinrich Reisel und der Anna Maria<br />

Bachmann. Er war mit Charlotte Hermine Welker aus Otterberg verheiratet.<br />

Walter war bei Boulogne im Einsatz. Seit dem 16.8.1944 wurde er vermisst. Das<br />

Photo ist eine schöne Erinnerung an einen ehrlichen und aufrechten Kerl.<br />

Arnold Mangold war 1919 in der Bergstraße auf die Welt gekommen. Die Eltern<br />

waren Johann * 28.8.1886 und Elisabetha Wilhelm * 6.5.1890 aus Dansenberg,<br />

die am 18.5.1912 in Erlenbach geheiratet hatten. Arnold hatte 10 Geschwister.<br />

Arnold war ein ausgezeichneter Sportler, der am 25.8.1937 in den<br />

Männersportverein Kaiserslautern eintrat. Arnold war Soldat und kämpfte in<br />

403


404<br />

404<br />

Russland. Die Eltern hörten seit 1944 nichts mehr von ihrem Sohn. Er ist<br />

vermisst. Leider waren die Eltern doppelt gestraft, denn ihr erster Sohn war 1942<br />

bereits in Russland gefallen. Ein hartes Schicksal traf auch diese Famile.<br />

Das Foto zeigt den gefallenen Fähnrich Ruprecht Schneider, der in Ingoldstadt<br />

feierlich begraben wurde. Die von den Nazis organisierte Beerdigung fiel pompös<br />

aus, konnte aber auch nicht die Tränen trocknen.<br />

1945


405<br />

Die Familie Strack traf das Unglück doppelt. Die Mutter Katharina Bachmann<br />

hatte nach der Todesnachricht ihres Sohnes Wilhelm Alpträume. Ständige Angst<br />

und Alpträume verfolgten sie. In Sorge um ihren zweiten Sohn Thomas, der<br />

1911/1912 auf die Welt gekommen war, vermochte sie kaum noch zu schlafen.<br />

Eigentlich hatte Thomas Glück im Unglück. Kurz nach Kriegsbeginn leistete er<br />

seinen Kriegsdienst bei der Deutschen Reichsbahn ab. So sah er als Eisenbahner<br />

viele Fratzen des schrecklichen und des teuflischen Krieges. Nach der<br />

Kapitulation schlug er sich in Zivil nach Westen durch. In Leverkusen bekam er<br />

von einem Verwandten ein Fahrrad. Er radelte die fast ebene Strecke den Rhein<br />

und daraufhin die Nahe entlang. Anstatt die hügelige Stecke durch den Hunsrück<br />

zu nehmen. Bei Kreuznach nahmen ihn die Amerikaner gefangen und sperrten ihn<br />

ihr gefürchtetes Open Air Camp Bretzenheim 482 ein. Dass er dies ohne<br />

Lungenentzündung überlebte, war schon ein kleines Wunder. Aber er holte sich<br />

dort das tödliche Fleckfieber. Zwar wurde er am 2. Juni 1945 aus der<br />

Gefangenschaft entlassen, aber er starb am 3.7.1945 an Typhus in Kaiserslautern.<br />

Herbert Thines †<br />

482 ) Im Hungerlager Bretzenheim war auch der Erlenbacher Franz Steidel, * 14.4.1902<br />

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406<br />

406<br />

Herbert, * Ende 1927 wurde mit 17 Jahren eingezogen. Er fiel am 3. Jan. 1945,<br />

noch keine 18 Jahre alt, bei Beffe-Laroche im Belgisch/ Luxemburgischen<br />

Grenzgebiet. Kurz vor dem Einmarsch der Amerikaner erhielten die Eltern, der<br />

Maurer Heinrich Thines und seine Ehefrau, die Katharina Guckenbiehl, die<br />

traurige Todesnachricht.<br />

Gefallene FCE - Mitglieder<br />

waren:<br />

Ernst Barth, Theobald Barth, Willi Haffner, Heinrich Herzhauser, Willi Korn,<br />

Arnold Korn, Arthur Martin, Ludwig Rössner, Heinrich Schmidt, Leonhard<br />

Schmitt, Paul Schneider, Karl Trautwein jun. und Alfred Wissmann. Der FCE<br />

gedachte ihnen anlässlich seines 20jährigen Jubiläums im Jahr 1951.


407<br />

11.11. 19. März 1945 war Kriegsende in Erlenbach<br />

1944: Die alliierte Luftflotte bombardierte Kaiserslautern und Morlautern. Etliche<br />

Maschinen kamen vom Hagelgrund und flogen in Richtung Gersweilerkopf.<br />

Hatten sie den Gersweilerhof im Visier? Wir wissen es nicht! Etliche Bomben<br />

fielen in die Brunnenwiese (unterhalb der Pumpstation) und sechs in die<br />

Lochwiesen. Die Grundstücksbesitzer mussten jahrelang noch die kreisrunden<br />

Bombenlöcher füllen. Fielen in die Lochwiesen Brandbomben? Dies könnte wohl<br />

sein, denn an vielen Stellen wuchert noch heute Unkraut, das sich durch gar nichts<br />

vertreiben lässt.<br />

Die schnellen Jagdbomber flogen im Tiefflug über das Land und schossen auf<br />

alles, was sich im Tageslicht bewegte. Weder Vieh, noch Menschen waren vor<br />

ihnen sicher. Beerdigungen mussten im Dämmerlicht früh morgens vollzogen<br />

werden. Aber dieser Terror schweißte die Bevölkerung zusammen. Dies<br />

demonstrierte aber eindrucksvoll, sogar dem Dümmsten, dass die Wehrmacht<br />

diesen Krieg verloren hatte.<br />

Der Volkssturm Erlenbach unter Julius Speier hatte Erlenbach durch<br />

wochenlange Schufterei in einen seiner Meinung nach exzellenten<br />

Verteidigungszustand gebracht. Schützenlöcher waren ausgehoben, Unterstände<br />

gebaut und MG Nester vorbereitet worden. Dies war gut für die NS Seele,<br />

militärisch war es aber vollkommen sinnlos.<br />

1945, 19. März Zur Vorbereitung des alliierten Einmarsches waren Tiefflieger<br />

unterwegs gewesen. Sie hatten auf alles geschossen, was sich bewegt hatte. Der<br />

Widerstand der Wehrmacht war nur noch gering. Einige Wehrmachtsangehörige<br />

hatten sich da und dort in den sicheren Hinterhalt gelegt, um auf vorrückende<br />

amerikanische Soldaten zu schießen. Dies machte die alliierten Soldaten sehr<br />

misstrauisch. Vorsichtig und bei Gefahr gingen sie logischerweise jedem eigenen<br />

Risiko aus dem Weg. Gnadenlos erschossen sie jeden, der sich in den Weg stellte.<br />

Sechzehn deutsche Soldaten sollten die Festung Erlenbach verteidigen. Die<br />

Soldatengruppe hatte die Ortseingänge mit Panzersperren verriegelt, wie wenn sie<br />

damit die schweren Panzer hätten aufhalten können. Die alten Wehrwölfe hatten<br />

bereits um Erlenbach herum Schützenlöcher gegraben, in die sich die deutschen<br />

Soldaten hätten kurzfristig rein ducken können. Die meisten hatten sich jedoch im<br />

Buchwald in Erdlöchern versteckt. Jeder von ihnen hatte noch gerade fünf Schuss<br />

Munition bei sich. Auf sinnlosen Befehl hin harrten vier Mann nervös und unruhig<br />

am Ortseingang in Richtung Turnerheim auf den Feind. Was konnten sie schon<br />

ausrichten? Der Obergefreite Franz Lang war nervös und er steckte sich an seinem<br />

LKW eine selbst gedrehte Zigarette an. Er ging unruhig auf und ab. Der<br />

Transporter war wegen Benzinmangels dort stehen geblieben. Plötzlich war ein<br />

Motorengeräusch zu vernehmen und über den Osterberg raste ein US Tiefflieger<br />

auf ihn zu. Starr vor Schreck, war er unfähig zu handeln. Der Pilot zersägte ihn mit<br />

seinem MG. Der LKW ging in Flammen auf und brannte vollkommen aus. Seine<br />

Kameraden sahen die Sinnlosigkeit einer Verteidigung ein und suchten ihr Heil in<br />

der Flucht. Sie warfen alles weg, was sie nicht gebrauchen konnten. Irgendeiner<br />

warf selbst im Buchwald die Wehrpässe der im Kampf um Köln gefallenen Freunde<br />

weg, die er eigentlich persönlich den Witwen aushändigen wollte.<br />

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408<br />

408<br />

Überall, so auch in Erlenbach, hatte sich die Bevölkerung in ihren sicheren Keller<br />

versteckt. Die Nazigrößen waren verschwunden und die NS-Lokalgrößen hatten<br />

ihre Macht eingebüßt. Die Bürger hatten ihre Angst vor ihnen verloren. Vom<br />

Kirchturm hing von weitem sichtbar eine weiße Fahne heraus. Für die Alliierten<br />

war dies ein sicheres Zeichen, dass sie in diesen Ort nun ungefährdet<br />

einmarschieren konnten. Aus den winzigen Fenstern beobachteten die Leute das<br />

Geschehen. Der Erlenbacher Bürgermeister Holstein wartete am Ortsrand mit einer<br />

weißen Fahne. Gespannt und erwartungsvoll verharrten die Menschen in<br />

gespenstiger Ruhe. Gegen 17 Uhr rollten sie nun an. Bürgermeister Hollstein wird<br />

wohl Angst gehabt haben. Nichts desto trotz siegte sein Pflichtgefühl. Mutig ging<br />

er auf die amerikanischen Truppen zu, um zu zeigen, dass sie nichts zu befürchten<br />

hätten. Das Eis war gebrochen und Hollstein ging den Truppen ungeschützt voraus.<br />

Aus Skepsis entwickelte sich bald eine solide Vertrauensbasis.<br />

Die Leiche des gefallenen Soldaten Franz Langs lag zwei Tage lang bis zum<br />

21ten im Dreck, bis sie geborgen werden konnte. Endlich fasste man sich am<br />

Mittwoch ein Herz und lud die sterblichen Überreste auf einen Karren und brachte<br />

sie zur Kirche. Unter Zeugen leerte man die Innen- und Außentaschen des Toten.<br />

Daraufhin erstellte der Bürgermeister über alle gefundenen Wertsachen und<br />

Habseligkeiten ein Protokoll, das die Anwesenden unterschrieben. Am Freitag, den<br />

23. März, wurde Franz Lang dann endlich auf dem Gemeindefriedhof beerdigt.<br />

Ganz Erlenbach war auf den Beinen, um dem Gefallenem die letzte Ehre zu<br />

erweisen. Die Erlenbacher betteten Franz Lang tränenreich zur letzten Ruhe. Dabei<br />

gedachten sie ihrer eigenen 97 Toten, die irgendwo vergraben waren. Wehrpass und<br />

alle Sachen Langs hob man an einem sicheren Ort auf, um sie so bald wie möglich<br />

der Witwe zuzustellen. Endlich funktionierte im November die Post wieder und<br />

unter dem Datum vom 13. November 1945 schrieb Hollstein den Bürgermeister<br />

Langs Heimatgemeinde Retzbach an der Niederdonau (Österreich) an.<br />

Das Kriegsende zeigte in Erlenbach ein bizarres Bild der Wehrmacht. Zerschossene<br />

Fahrzeuge standen herum. Der Hagelgrund sei voller Pferdewagen gewesen und<br />

überall hätten friedlich herrenlose Wehrmachts-Pferde gegrast.. Zum Teil wären sie<br />

noch vor dem Proviantwagen eingespannt gewesen. Es war eigentlich<br />

selbstverständlich gewesen, diese Pferde auszuspannen und sie mit nach Hause zu<br />

nehmen. Außerdem war es Frühjahr und die Felder mussten bestellt werden. Da<br />

konnten die kräftigen Pferde gut mithelfen.<br />

Was geschah mit den „herrenlosen“ Proviantwagen? Die Zeiten waren j sehr<br />

schlecht und warum sollte der Proviant auf den Wehrmachtswagen verrotten? Die<br />

Wagen kamen ins Dorf und die Einwohner entleerten und verteilten die Konserven<br />

unter den Glücklichen auf. In diesen miserablen Zeiten war dies ein unerwarteter<br />

Reichtum, der ihnen in die Hände gefallen war. Allerdings mussten die<br />

Wehrmachtspferde im September 1945 an die Französische Armee abgegeben<br />

werden.


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410<br />

Franz Steidel war am 14.4.1902 auf die Welt gekommen. Vorm Krieg war er<br />

Arbeiter gewesen. Nach dem Tod seiner ersten Frau Erna Korn war er in zweiter<br />

Ehe mit Elise Herbrand aus Otterberg verheiratet. Er hatte vier Kinder. Im<br />

November 1941 berief ihn dann die Wehrmacht ein. Da er schon vorher als Rot<br />

Kreuz Helfer gearbeitet hatte, wurde er zum Sanitäter ausgebildet. Die meiste Zeit<br />

war er dann in den Verwundetenzügen als Reisebegleiter eingesetzt gewesen. Dies<br />

war kein Job für schwache Nerven. Aber er hielt durch. Gegen Kriegsende kam er<br />

in russische Gefangenschaft. Ein glücklicher Zufall bescherte ihm bereits am 10.<br />

Juni 1945 seine Entlassung. Glücklich machte er sich auf den Heimweg. Er suchte<br />

den kurzen und leichten Weg durch die Täler und nicht durch die Berge. So kam<br />

er nach Kreuznach, wo ihn die Amerikaner aufgriffen und ihn in das Hungerlager<br />

Bretzenheim in offener Gefangenen-Haltung einpferchten. Wie lange er dort war,<br />

konnten wir nicht mehr erfahren. Der Krieg und die Gefangenschaft hatten ihn<br />

stark geschwächt. So dass er bereits am 1.1.1947 in Otterberg starb.


411<br />

11.12. Willi Lenz erzählte 2005 von seiner Gefangenschaft<br />

Ich wurde Ende 1926 in Erlenbach geboren. 1940 schloss ich die Schule ab und<br />

begann bei der Firma Pfaff eine Lehre als Mechaniker. Im Oktober 1943 bestand<br />

ich die Gesellenprüfung. Ich war gerademal 17 geworden und ich musste wie die<br />

anderen meines Jahrgangs zur Wehrmacht. Meine dreimonatige militärische<br />

Ausbildung war in Landau bei dem 14. Grenadier Regiment 951. Sie begann am<br />

29. Oktober 1943.<br />

Nach der Grundausbildung wurde meine Einheit mit lauter Gleichaltrigen nach<br />

Dänemark versetzt. Auch doch dort blieben wir nur kurze Zeit. Dann ging es mit<br />

dem Zug an die Ostfront. Unsere Einheit verstärkte die deutschen Truppen bei<br />

ihrem Verteidigungskampf um Lemberg. Es war der 23.3.1944: Mein<br />

Unteroffizier gab mir den Auftrag, einen Durchhaltebefehl mündlich an eine<br />

Soldatengruppe weiterzugeben. Der Weg führte über offenes Gelände an einem<br />

Bauernhof vorbei. Obwohl kein bedrohlicher Beschuss zu hören war, lief ich<br />

vorsichtig, hastig und gebückt auf die angegebene Stellung zu. In der Nähe des<br />

Bauernhofes fielen dann plötzlich und unerwartet drei Schüsse, die mich auch<br />

trafen. Ein Gewehrschuss prallte am Munitionsgürtel ab und richtete kein Unheil<br />

an. Der Zweite war ein Lungendurchschuss, wie sich später herausstellte und der<br />

Dritte durchschlug die Schulter und den Oberarm. Ich fiel um und war einige<br />

Minuten bewusstlos. Wie durch ein Wunder öffnete sich der Misthaufen und eine<br />

Frau kam schreiend heraus. Ich rappelte mich wieder auf und rannte zurück. Dass<br />

ich mit der Verwundung noch springen konnte, ist für mich heute noch sehr<br />

verwunderlich. Diesmal schoss keiner auf mich.<br />

In der Nähe deutscher Soldaten brach ich zusammen und wurde wieder<br />

bewusstlos. Ich kam erst wieder zu mir, als ich auf einem deutschen Panzer lag,<br />

der Verwundete zum Hauptverbandsplatz nach Lemberg brachte. Nachdem die<br />

Ärzte mich transportfähig gemacht hatten, kam ich mit anderen Verwundeten im<br />

Lazarettzug nach Marienbad. Dort päppelte man mich und meine Kameraden<br />

wieder hoch. Als Anerkennung für meinen (ungewollten) Opfermut stellte mir der<br />

Chefarzt am 24.4.1944 das Verwundetenabzeichen in Schwarz aus. Ein<br />

wertloses Papier. Danach kam ich mit anderen Kameraden vier Wochen lang zur<br />

Reha in die Genesungskompanie nach Karlsbad. Sie sehen, die Wehrmacht ließ<br />

nichts unversucht, uns wieder feuertauglich zu machen.<br />

Die nächste Etappe war das Ersatz-Auffangregiment in Osnabrück, wo ich bis<br />

zum November 1944 verblieb. Dann kam der Einsatzbefehl nach Thorn/Polen. An<br />

meinem 18. Geburtstag (30.11.) kamen wir dort an. Ich hatte Glück, das wir noch<br />

nicht mal 14 Tag dort bleiben mussten. Denn wir wurden an die Westfront verlegt.<br />

Wir bezogen unsere Ausgangsstellung am 12. Dezember. Und schon am 17.<br />

Dezember 1944 ging die Offensive in Luxemburg los. Aber nach täuschenden<br />

Anfangserfolgen scheiterte sie kläglich. Auf dem Rückzug hatten wir uns für<br />

unsere 10 Männer einen sichernden Unterstand gebaut. Am 18. Januar 1945<br />

morgens rückten langsam 4 Panzer an. Als unsere Flak einen in Brand geschossen<br />

hatte, drehten die anderen ab. Wir nahmen die amerikanischen Soldaten gefangen,<br />

die sich noch rechtzeitig aus dem brennenden Gefährt hatten retten können.<br />

Nachmittags rollte die amerikanische Panzerwelle auf breiter Front an. Der hatten<br />

wir nichts entgegen zu setzten. Der bei uns weilende Sanitäter hisste aus der Luke<br />

heraus sein weißes Rotkreuz Shirt als Zeichen für unsere Aufgabe. Nachdem wir<br />

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412<br />

412<br />

durchsucht waren, ging es zu Fuß in den nächsten Ort, Dielkirchen. In der<br />

dortigen Kirche hatten die Amerikaner ein provisorisches Gefangenenlager<br />

eingerichtet. Nach wenigen Stunden ging es durch Luxemburg in das große<br />

Durchgangslager Steney. Bereits am 20. Januar kam ich als Helfer zur US<br />

Transportkompanie 643. Ich hatte das große Los gezogen. Meine anfängliche<br />

Aufgabe war, die Fahrzeuge aufzutanken, zu pflegen und kleinere Reparaturen<br />

durchzuführen. Wir P.O.W. (Prisoner of War) bekamen das gleiche Essen wie<br />

die GI´s. Das Kriegsende erlebten wir bei Fort Devau in der Nähe von Verdun.<br />

Unsere Stimmung war gedrückt. Was sollte denn schon aus uns werden?<br />

Gegen Ende 1945 schickte die US Army bereits einen Großteil ihrer Soldaten in<br />

die Heimat zurück. Das war für mich und meine Kameraden wiederum von<br />

Vorteil. Jetzt durften, bzw. mussten wir zwangsläufig die Aufgaben der US<br />

Soldaten übernehmen. Dies war am 12.12.1945. Wir fuhren allein, unbewacht mit<br />

unseren LKWs zu den Gefangenenlagern und belieferten sie mit Lebensmittel. Bei<br />

einer dieser Fahrten traf ich den Erlenbacher Erwin Sokoly, der mit anderen im<br />

Lager die Verpflegung seiner Mitgefangenen organisierte. Da ich mich geschickt<br />

anstellte, erteilte mir der leitende Offizier der >Truck Cargo< meinen ersten<br />

Führerschein. Das Ausstellungsdatum war der 26.12.1945. Ein verspätetes<br />

Geburtstags- & Weihnachtsgeschenk zu meinem 19. Geburtstag. Auf dem<br />

Formular steht:<br />

„I certify that Lenz Willi, Gefreiter, has demonstrated<br />

proficiency in driving the types of vehicles listed below as<br />

per signal authentication . Trucks von 1 ½ - 2 ½ tons”:<br />

Wir wurden bei der US-Transporteinheit sehr gut behandelt und bekamen das<br />

gleiche Essen wie die Amerikaner. Der einzige Nachteil war, dass wir das Lager<br />

nicht allein verlassen durften. Da ich mich gut und geschickt anstellte, erhielt ich<br />

eine Auszeichnung und ein Empfehlungsschreiben des Kommandanten des<br />

1134th Labour Supervision Company. Es lautet:<br />

Recommendation: Willi Lenz, Gefr, 31 G 971233 has been<br />

until in the 2025 GM TRK Co he has performed his duties<br />

in an excellent manner. William M Dagg.<br />

Kurz vor meinem 20ten Geburtstag, am 29.10.1946, stellte der Kommandant mir<br />

auch den Führerschein für Sattelschlepper aus. Danach versetzte man uns Ende<br />

Oktober 1946 mit den LKWs von Lothringen nach München. Wir waren wie die<br />

Amerikaner in der gleichen Münchener Kaserne untergebracht. Wir erhielten auch<br />

das gleiche Essen und standen in nichts den US Soldaten nach. Wir erhielten<br />

unbeschränkt die sehr begehrten Rauchwaren, die ich hamsterte. Der einzige<br />

Unterschied, dass die GI´s Ausgang hatten und wir nicht. Die Aufgabe unserer<br />

Kolonne war es, die beschlagnahmten Lebensmittel bei den Bauern abzuholen und<br />

zur zentralen Sammelstelle zu bringen. Der Winter war noch nicht vorbei und<br />

dann nahte die Entlassung. Es war Ende Februar und ich packte meinen Seesack<br />

und den schweren Holzkoffer, der voll mit Schätzen war. Das Entlassungslager<br />

war das ehemalige KZ Dachau. Am 27. Februar 1947 bestieg ich den Zug in<br />

Richtung Heimat. In Mannheim Hbf angekommen, verließen wir mit unserem<br />

schweren Gepäck den Hauptbahnhof und schleppten alles über die provisorische


413<br />

Fußgängerbrücke 483 über den Rhein in Richtung Ludwigshafen. Vor mir ging ein<br />

großer und kräftiger Kamerad, der aus dem Saarland stammte. Der franz. Soldat<br />

wollte in dessen Gepäck schauen. Da schrie ihn der Saarländer an, wenn Du den<br />

Koffer aufmachst, fliegst Du in den Rhein. Der franz. Soldat, war so geschockt,<br />

dass er uns alle ungeprüft passieren ließ.<br />

Der Zug Ludwigshafen nach Saarbrücken war proppevoll. Mein Gegenüber hatte<br />

6 Eier, die er mir gegen etwas Tabak tauschen wollte. Ich hatte ja genug davon.<br />

Gesagt getan, ich steckte die Eier vorsichtig in meine Manteltasche. Wir näherten<br />

uns Kaiserslautern und meine Freude wurde immer größer. Bei jeder Station<br />

zwängten sich immer noch Menschen in die Menschenmasse. Sie standen so<br />

dicht, dass ich in Kaiserslautern nicht durch die Zugtür herauskam. Ich musste<br />

durch das Fenster klettern. Da passierte das kleine Malheure, alle meine Eier<br />

zerbrachen und das Flüssigei drückte sich durch den Stoff.<br />

Dies drückte jedoch nicht meine Stimmung. Obwohl ich 6 km, mit zwei steilen<br />

Anstiegen, heim zu laufen hatte, war ich beseelt. Es war so schön als ich<br />

heimkam. Mit Tränen in den Augen lagen wir uns alle in den Armen.<br />

Ich hatte dann zwei Wochen Erholungsurlaub. Am 15. März fing ich bei der<br />

Firma Pfeiffer AG zu arbeiten an.<br />

DIE ENTBEHRUNGSREICHE<br />

NACHKRIEGSZEIT<br />

Am 28.3.1945 hatten amerikanische Truppen die Pfalz vollkommen besetzt.<br />

General Hugh. J. Gaffey bekam mit seinem XXIII Corps 484 die Aufgabe, die<br />

Zivil-Verwaltung aufzubauen. Am 30. April standen ihm bereits 36.000 eigene<br />

Soldaten zur Seite und als sie das Gebiet an die Franzosen übergaben, waren es<br />

bereits 56.000 gewesen. Gaffey hatte sein Hauptquartier in Idar-Oberstein<br />

aufgeschlagen. Die für die Verwaltung vorgesehenen Soldaten und Offiziere des<br />

XXIII. Korps waren schon im Herbst 1944 gut auf ihre Aufgaben vorbereitet und<br />

483 ) Die Rheinbrücke war gegen Kriegsende von den zurückflutenden deutschen Truppen gesprengt<br />

worden, um den amerikanischen Vormarsch zu stoppen.<br />

484 ) Schaupp, Stefan, Eine Reform der Gesinnung. Der Wiederaufbau der pfälzischen<br />

Verwaltung, in > Die Pfalz in der Nachkriegszeit


414<br />

414<br />

zu funktionierenden Gruppen zusammengefasst worden. Bereits wenige Tage<br />

nach dem Einmarsch bestimmten die Soldaten den Ortsbürgermeister, wobei auch<br />

NSDAP Mitglieder vorübergehend ernannt wurden.<br />

Aber wie sah es in Erlenbach aus? Die optischen Kriegsnarben waren gering. Es<br />

waren zwar ein paar Bomben in den Reichswald am Hagelgrund und in die<br />

Wiesen des Gersweilerhofes gefallen. Das waren unerhebliche Nadelstiche. Aber<br />

die menschlichen Verluste waren schmerzlich. Bei Kriegsende wussten nur<br />

wenige Familien, wo ihre Söhne und Männer waren. Bis dahin hatte die<br />

Wehrmacht und die Zentralstelle der Waffen SS in Berlin nur wenigen Eltern, das<br />

traurige Ende ihrer Söhne mitteilen können. Mit Sicherheit waren Ende März 45<br />

oder gar am 9.Mai 45 noch 300 Familien in skeptischer Hoffnung, ihren Sohn und<br />

Ehemann doch noch in die Arme schließen zu können.<br />

Neben dieser nagenden Ungewissheit, fehlten sie auch im wirtschaftlichen Sinne.<br />

Wer sollte die Arbeiten in Garten und Feld erledigen? Die meisten Fremd- und<br />

Zwangsarbeiter waren verschwunden. Die Frauen und Alten schufteten ihren<br />

Buckel krumm. Aber hinten und vorn fehlten die helfenden Hände. Selbst die<br />

durch Bombardements zerstörten Fabriken lagen brach. Nicht nur die Arbeitskraft<br />

fehlte den Familien durch den Verlust der Angehörigen, sondern auch deren<br />

Einkommen. Aber was sollte man auch kaufen, es gab ja nichts?<br />

Die Jahre 1945 – 1948 hatten mehrere Aspekte, die in den folgenden Artikeln<br />

kurz dargestellt werden:<br />

12.1. Hunger & Entbehrung<br />

Hunger schmerzt. Langfristig führten die Mangelerscheinungen zu<br />

Wachstumshemmnissen bei Kindern und Jugendlichen, die nicht wieder gut zu<br />

machen sind. Unterernährung ist der Nährboden für schwerwiegende<br />

Erkrankungen. Hungern ist schlimmer als Heimweh. Das Kriegsende läutete eine<br />

heimische Hungersnot ein, die vor allem die Lautrer heftig traf. Die Erlenbacher<br />

Selbstversorger hätten eigentlich gut zu lachen gehabt. Wenn da nicht andere<br />

gewesen wären, die nachts auf Raubzüge gingen, um den Hunger ihrer Familie zu<br />

stillen. Außerdem verpflichtete die französische Besatzung die Erlenbacher<br />

Bevölkerung zur Ablieferung von Lebensmitteln, Hühnern, Eier und Schlachtvieh.<br />

Ein Erlenbacher berichtete:<br />

Wir bewohnten ein kleines Haus mit Stall und einer Scheune am Südhang des<br />

Buchenwaldes. Die Straße hieß früher Obere Straße oder das Rutsloch. Unser<br />

steiles Grundstück war terrassiert. Direkt am Haus hatten unsere 15 Hühner, vier<br />

Gänse und die vier Truthähne ihren Auslauf. Die 50 Stallhasen saßen in Boxen.<br />

Die beiden Schweine und die vier Ziegen lebten in einem kleinen Stall. Weiter<br />

unten hatten wir den Hausgarten und ganz unten pflanzten die Eltern Kartoffeln.<br />

Nachdem die Franzosen bei uns das Sagen hatten, mussten wir alle Naturalien<br />

abgeben. Die Erfassung und Kontrolle darüber übernahmen Erlenbacher, die nicht<br />

in der NSDAP gewesen waren. Sie gingen von Haus zu Haus und erfassten die<br />

Viehbestände. Die Gemeindeverwaltung unter dem Bürgermeister Hollstein und<br />

dem Gemeindesekretär Braunbach erstellten dann für Erlenbach Requirierungslisten.<br />

Da jeder Haushalt unentgeltlich ungefähr ein Viertel abgeben musste,


415<br />

versteckte eigentlich jeder vor der offiziellen Viehzählung einen Teil seiner Tiere.<br />

Die Hühner kamen in einen Sack und verschwanden in einer dunklen Ecke. Die<br />

dann beschlagnahmten Hühner und Hasen mussten geschlachtet und<br />

ausgenommen abgeliefert werden. Anders war es bei den Schweinen. Nach der<br />

Schlachterlaubnis ließ die Familie das Schwein auf der Gemeindewaage offiziell<br />

wiegen. Auch jetzt war die Besatzungsmacht am Schlachtgewicht beteiligt. Um<br />

den abzugebenden Anteil zu reduzieren, dachten sich die Erlenbacher so manchen<br />

Trick aus, um das Schlachtgewicht nach unten zu manipulieren. Dies alles<br />

geschah unter den gestrengen Augen des Polizeidieners Emil Kühner, der<br />

regelmäßig mit der Dorfschelle durch Erlenbach lief, um die Bekanntmachungen<br />

lautstark zu verkünden.<br />

Zwei meiner Tanten, Emma und Mathilde Heinrich hatten noch vor dem Krieg<br />

nach Wiesloch in größere Bauernhöfe hineingeheiratet. Bereits im Krieg hatte ich<br />

dort meine Sommer- und Herbstferien verbracht. Auch nach dem Krieg ließen die<br />

beiden Tanten ihre Sippschaft Heinrich & Becker nicht hängen. Dies war ein<br />

großes Glück für uns alle. Denn besonders 1946 und 1947 hatten wir eine extrem<br />

niedere Kartoffelernte, während in Nordbaden die Kartoffelernte fast normale<br />

Ernteergebnisse brachte. Kurz nach der Kartoffelernte erhielten wir aus Wiesloch<br />

eine verklausulierte Nachricht. Sonntags fuhren wir mit dem Personenzug nach<br />

Ludwigshafen. Natürlich auf Holzbänken in der 4. Klasse. Die Erwachsenen<br />

zogen den Leiterwagen. An der provisorischen Rheinbrücke angekommen, ging<br />

ich allein in Richtung Mannheim. Denn Kinder brauchten auf ihrem Weg zurück<br />

in die französische Besatzungszone keine Papiere zu zeigen und unterlagen keiner<br />

Kontrolle. In Mannheim wartete bereits Onkel und Tante, die mit ihrem<br />

Pferdewagen und einem Doppelzentner Kartoffeln zur Brücke gefahren waren.<br />

Meine Freude war groß und die Herzlichkeit meiner Tante war grenzenlos. Nach<br />

herzlichen Umarmungen stärkten sie mich mit üppig belegten Wurstbroten Ich<br />

musste mich viermal schwer beladen auf den langen Weg machen, bis ich die 100<br />

kg in jeweils zwei Taschen über den Rhein geschleppt hatte. Jedes Mal hatten sie<br />

mir für die Verwandtschaft außerdem links und rechts eine Wurstdose in meine<br />

Jackentasche gesteckt. Die Aktionen hatten über 3 Stunden gedauert und ich<br />

verabschiedete mich mit dem Versprechen, in den Weihnachtsferien wieder nach<br />

Wiesloch zu kommen.<br />

Auf dem Weg zum Bahnhof passierte etwas Kurioses. Ein US LKW fuhr etwas zu<br />

schnell um die Kurve und von der Ladepritsche fielen etliche Kasten mit Orangen<br />

auf die Straße herunter. Hunderte Früchte kullerten da herum. Jeder steckte ein,<br />

was er kriegen konnte. Im Bahnhof angekommen, protestierten etliche Reisende,<br />

dass wir unseren Bollerwagen mit in den Wagon nehmen wollten. Meinem Vater<br />

blieb nichts anderes übrig, als ihn auf dem Wagendach zu befestigen. Wir waren<br />

alle skeptisch, ob dies bei den niedrigen Tunnelhöhen gut ginge. Auf dem Weg<br />

nach KL wurde der Zug derart voll, dass wir kaum noch Luft bekamen.<br />

Volkswirtschaftlich<br />

Nüchtern betrachtet waren die Jahre 1945 – 1948 eine Versorgungskrise, die<br />

sich allerdings nicht auf die deutschen Besatzungszonen beschränkte. Aus der<br />

Sicht der hungernden Menschen war dies eine elendige Notzeit. Die Körper<br />

stellten sich gezwungener weise auf die wenigen Kalorien ein, die irgendwie<br />

zusammen gehamstert und gefuggert wurden. Die Versorgungslage unserer<br />

415


416<br />

416<br />

Erlenbacher war genauso miserabel, wie anderen Orts. Allerdings hatten die einen<br />

mehr zu sich zu nehmen als die anderen. Adolf Beckers Familie gehörte zu den<br />

Ärmeren. Nach der Ernte stoppelten alle zuerst die Getreidefelder, um verlorene<br />

Ähren aufzusammeln. Adolf erzählte, seine Mutter habe dann die Getreidekörner<br />

in der früheren Kaffeemühle zu Mehl vermahlen. Daraus seien dann fettarme<br />

Pfannkuchen entstanden. Im Herbst hätten die Kinder mit dem Kehrblech den<br />

Buchenwald gekehrt, um an die fetthaltigen Bucheckern zu kommen. Der Carra<br />

habe dann daraus Öl gepresst. Dann gab es doch öfters mal fetttriefende<br />

Grumbeer-Pannekuche.<br />

Selbst Frankreich war von der misslichen Lage betroffen. Trotzalledem vermochte<br />

sie sich als Siegermacht besser und rücksichtsloser zu helfen, während die<br />

deutsche Bevölkerung die Mängel still und mit knurrendem Magen durchleiden<br />

musste. Die BASF war nur noch ein Trümmerhaufen und konnte weder Dünger<br />

noch Pflanzenschutzmittel liefern. Teilweise hatten unsere Kleinbauern ihr<br />

Saatgut aufgegessen, um sich einige Tage zu sättigen. Schon von daher konnten<br />

unsere Erlenbacher Kleinbauern nur wenig pflanzen und aussäen. Dazu kamen<br />

die äußerst trockenen Sommer 1945 und 1946. Der Sommer 1947 schlug alle<br />

Temperatur- und Trockenperioden der letzten Jahrzehnte. Die Kartoffelpflanzen<br />

verdursteten und selbst das Gras vertrocknete. Selbst in unseren günstiger<br />

gelegenen Gärten in den Tallagen des Krehbachs und des Erlenbachs war keine<br />

ausreichende Kartoffel- und Gemüseernte möglich. Das gleiche galt für die<br />

schmalen Terrassen unterhalb der Bergstraße, die Eimerweise gewässert werden<br />

konnten. Irene Hottenbach erzählte, dass ihre Mutter aus dem Garten untere<br />

Bergstraße lediglich 2 Körbe kleine Kartoffeln geerntet hatte. Das erfolgte auf<br />

einer Fläche, wo sonst mehr als 12 Zentner heranwuchsen. Und dies, obwohl sie<br />

die Kartoffelpflanzen fleißig gewässert 485 und fortwährend Kartoffelkäfer<br />

abgelesen hatte. Das Wasser entsprang aus zwei kleinen Quellen, die bergseits<br />

gegenüber dem Haus Nr . 2 gelegen waren.<br />

Da Frankreich ebenfalls durch die extrem heißen Sommer 45 – 47 starke<br />

Ernteausfälle zu verbüßen hatte, griff es auf seine Besatzungszonen zurück und<br />

plünderte sie aus. Um die innerfranzösische Versorgungslage zu entspannen,<br />

drückte die Militärverwaltung bis zu 400.000 Menschen in die Besatzungszonen,<br />

die auf unsere Kosten wie der liebe Gott in Frankreich lebten. Mit den hier rigoros<br />

beschlagnahmten Lebensmitteln versorgte die Besatzungsmacht ihre Truppen und<br />

die voluminöse und wasserkopflastige Verwaltung. Der Rest ging nach<br />

Frankreich.<br />

Andererseits unternahm die Militärregierung große Anstrengungen, um die<br />

Infrastruktur wieder herzurichten. Sie erinnern sich, dass die Wehrmacht auf<br />

ihrem fluchtartigen Rückzug rücksichtslos alle Brücken über den Rhein, Mosel,<br />

Lahn und Nahe gesprengt hatte, um etwas Luft für neue Heldentaten zu<br />

bekommen. Nichts funktionierte mehr. Post und Telefon lagen still und erst ab<br />

dem Spätsommer 1945 gab es für wenige Stunden Strom.<br />

Die franz. Militärregierung führte die von den Nazis bei Kriegsbeginn 1939<br />

eingeführte Rationierung aller Wirtschaftsgüter zwangsläufig weiter. Was hätte<br />

sie auch sonst machen sollen? Es gab zwei Gruppen. Zum einen die<br />

485 ) Das Wasser der zwei Quellen lief in Bottiche (Brenken), aus denen die Bewohner der<br />

unteren Bergstraße ihr Wasser holten. Als die Häuser unterhalb des Kindergartens gebaut<br />

wurden, schütteten die Bagger die Quellen zu.


417<br />

Selbstversorger, die in der Pfalz durchschnittlich 30 % der Bevölkerung<br />

ausmachte. Aber in Erlenbach waren es 70 % aller Haushalte, die aus ihren<br />

kleinen Gärten und Äckern das Notwendigste herausholten. Ein gut bewachter<br />

Garten von 100 qm erbrachte gut 300 kg Kartoffeln 486 . Wenn es möglich war,<br />

pflanzte die Familie mehr. Die meisten hielten im Keller ein Schwein, lakonisch<br />

als Kellersau benannt, das die Essensreste bekam. Stallhasen, 10 Hühner und eine<br />

Geiß rundeten den Existenz sichernden Besitz ab. In diesen Notzeiten erinnerten<br />

sich die Städter ihrer armen Erlenbacher Verwandtschaft und erbettelten sich<br />

wichtige Kalorien. Wer konnte da schon hartherzig nein sagen?<br />

Denen standen die hungernden „Normalverbraucher“ gegenüber, die außer ihrer<br />

Arbeitskraft nichts vorzuweisen hatten. Dies waren in der Regel die früheren<br />

Beamten und Angestellten, die in guten Zeiten hochnäsig ihre Kontakte zu „de<br />

Bauere“ abgebrochen hatten. Sie bekamen zwar wie alle anderen am<br />

Monatsanfang je Person eine Lebensmittelkarte. Das Existenzminimum wurde<br />

nach Gramm berechnet. Erwachsene bekamen monatlich 25 x 50 g Brot und 40<br />

mal 5 g Fett. Haben Sie mal mitgerechnet wie wenig jedem Erwachsenem<br />

zustand? Dies war 2,5 kg Brot und 200 Gramm Fett. Auf der rechten Kartenseite<br />

waren 60 Abschnitte, mit denen wahlweise mal ein Pfund Kartoffeln, Marmelade<br />

oder sonstiges genommen werden konnte. Das hing davon ab, was gerade dem<br />

Laden zugeteilt worden war. Die Hausfrauen oder Kinder standen meist<br />

stundenlang in langen Warteschlangen vor dem Lebensmittelladen an, bis sie<br />

endlich bedient wurden. Auch damals galt bereits, wer zu spät kommt, den<br />

bestraft der Mangel. Glücklich war, wer großzügige Verwandtschaft aus<br />

Erlenbach und Morlautern hatte.<br />

Unsere Erlenbacher Selbstversorger gaben offiziell das ab, was sie abgeben<br />

mussten. Aber natürlich hatten sie für Fremde nicht einsehbar, noch Hühner oder<br />

ein Schwein versteckt. Oder vor der Schlachtung wurde die öffentliche Waage<br />

geschickt manipuliert, so dass aus einem fetten drei Zentner Schwein nur noch ein<br />

mageres 100 kg Tier wurde.<br />

Dass es in der Pfalz nicht zur Katastrophe kam, hing mit der amerikanischen Hilfe<br />

zusammen. Die USA hatten keine Missernten wie hier zu Ort, sondern sie<br />

verbuchten eine Weizen- und Maisrekordernte. Die Überschüsse kamen zu uns<br />

und linderten ab dem Oktober 1947 die Versorgungskrise ab. Allmählich ging es<br />

bergauf. Wendepunkt war die Währungsreform. Entsprechend dem ERP-Plan 487<br />

(Marshallplan) stellten die USA riesige Mengen an Grundnahrungsmittel zur<br />

Verfügung. Der Aufwind wurde durch die sehr ertragreiche Ernte des Jahres 1948<br />

unterstützt. Fleisch und Zucker waren noch 1949 knapp. Aber im März 1950<br />

schlossen bereits die Ernährungsämter ihre Pforten und die Angestellten<br />

übernahmen andere Aufgaben.<br />

12.2. Wehrmachts- und Beutegut in Erlenbach 1945 – 1947<br />

Nach dem Einmarsch machten die Alliierten etwas sehr Vernünftiges. Die<br />

bisherigen Gemeindeverwaltungen und ihre Bediensteten wurden unverzüglich<br />

wieder mit der Verwaltung beauftragt, natürlich unter anderen Vorzeichen. Denn<br />

486<br />

) Die extrem trockenen Sommer der Jahre 1946 und 1947 reduzierten die Ernte auf weniger als ein<br />

Drittel<br />

487<br />

European Recovery Program (ERP)<br />

417


418<br />

418<br />

schließlich musste das Leben ja weitergehen. Der alte Gemeindesekretär Heinrich<br />

Braunbach und Bürgermeister Hollstein kamen abermals in Amt & Würden.<br />

Das hatte er wohl verdient, denn schließlich lief er, mit einer weißen Fahne<br />

bewaffnet, mutig den Amerikanern entgegen. Die Gemeindeverwaltungen<br />

erfassten das Militärgut, dass die Wehrmacht in Erlenbach hinterlassen hatte.<br />

Manche Erfassungen listeten zum Teil sehr kleinlich und Familien weise alte<br />

Bekleidungsgegenstände, wie Hose, Jacke, Strümpfe etc. auf. Die Meldungen<br />

erhielt das Landratsamt, die die Statistik an die Militärregierung weitergab.<br />

Standortkommandant Erlenbachs war ein US Amerikaner in Uniform, der für die<br />

meisten sehr verwunderlich perfekt Deutsch sprach. Es handelte sich um einen<br />

ausgewanderten Deutschen.<br />

Für mich sehr überraschend war, dass die Wehrmacht außer 34 Eisenbettgesellen,<br />

98 Drahtmatratzen und 19 Schultische und 34 Schultische in Erlenbach<br />

hinterlassen hatte. Wertvoller waren<br />

Gegenstände „aufbewahrt bei“<br />

1 Pferdewagen,<br />

1 Proviantwagen,<br />

1Pferdebrustgeschirr<br />

Philipp Jacob Barth<br />

1 Proviantwagen Jacob Mangold<br />

1 Proviantwagen Karl Schneider<br />

1 Proviantwagen Rudolf Hollstein<br />

2 Pferdewagen Emma Korn, Witwe<br />

4 qm Sohlenleder und<br />

1 Elektromotor<br />

August Scheubeck, aus<br />

Kaiserslautern<br />

Die obigen sieben Proviant- und Pferdewagen waren von 14 Wehrmachts-Pferden<br />

gezogen worden. Wo waren die denn geblieben?<br />

Sie erinnern sich, Franz Lang wurde am 19. März von einem Tiefflieger<br />

erschossen, als er rauchend an seinem LKW stand. Der Soldat wurde vier Tage<br />

später unter zahlreicher Anteilnahme der Bevölkerung beerdigt. Der ausgebrannte<br />

LKW stand am 9. März 1946 immer noch neben der Straße, denn die Erlenbacher<br />

hatten nicht das schwere Bergegerät, um ihn zum Bahnhof zu bringen.<br />

Die anderen Auto-Wracks hatte die Gemeinde entweder an den Erlenbacher<br />

Bahnhof oder im Steinbruch in der Steinbruchstraße deponiert. Den Erlenbacher<br />

stank es aber zum Himmel, dass die früheren Nazis auch im<br />

Nachkriegsdeutschland noch abkassierten. Sie informierten die Militärregierung,<br />

die im Herbst 1946 daraufhin aktiv wurde. Sie schrieb den Bürgermeister<br />

Hollstein an und bat um Auskunft.<br />

Wie verhielt es sich mit dem „wertlosen“, aber fahrbereiten PKW der Marke<br />

DKW der Wehrmacht? Nun lesen Sie, wer den bekam und wie das gedeichselt<br />

wurde:


419<br />

1946, 4. Oktober: Unter gleichem Datum schrieb Bürgermeister Hollstein<br />

nochmals an den Landrat des Kreises Kaiserslautern. Es ist genauso zu beurteilen,<br />

wie obiges Schreiben. Ohne Gemütsregung und vollkommen sachlich informierte<br />

Hollstein den Landrat, dass da ein vollständig demolierter, aber fahrbereiter LKW<br />

419


420<br />

420<br />

aus Wehrmachtsbeständen sei. Der Transportunternehmer Heinrich Hoffmann sei<br />

der derzeitige Besitzer. Der veraltete Antrieb sei Holzgas. Heinrich Hoffman habe<br />

im Juni 1945 den LKW käuflich erworben und der Kaufpreis von 1.800<br />

Reichsmark sei zu Gunsten der Militärregierung einbezahlt worden.<br />

Liebe Leser, Sie haben sich wohl Ihre eigenen Gedanken über diese<br />

Merkwürdigkeiten gemacht?<br />

Für diese oben genannten Gegenstände gab es keine Interessenten. Das Kettenkrad<br />

könnte ein kettengetriebener PKW gewesen sein.<br />

12.3. Die Feuerwehr nach Kriegsende<br />

1945: Aufgrund der Anweisung der franz. Besatzungsmacht machte<br />

Bürgermeister Hollstein am 15.5.1945 Inventur im Feuerwehrschuppen. Er<br />

notierte 2 Leiterwagen, 2 Hydrantenwagen, 2 Ausstellleitern mit Stützen,<br />

2 Dachleitern, circa 12 Uniformröcke und 12 Stahlhelme.<br />

1946: Die im Krieg gedient hatten, hatten die Schnauze voll von dem<br />

militärischen Drill. Aber der kommissarisch eingesetzte Feuerwehrhauptmann<br />

Eugen Herbrand aus Mehlingen bestand darauf, dass seine Leute auf<br />

Kommandos antraten und auch sonst sich zackig verhielten. Aber seine Leute<br />

weigerten sich, dies zu tun. Über das Bürgermeisteramt Erlenbach holte sich der<br />

Wehrführer bei der franz. Kommandantur Rat ein, wie er sich zu verhalten hätte.


421<br />

Sie antwortete, „sie dürfen ihre Mannschaften mit entsprechenden Kommandos<br />

antreten, wegtreten und in die Geräte einmarschieren lassen. Denn ohne Ordnung<br />

und Disziplin kann keine Schlagfertigkeit erreicht werden“. (Schreiben vom<br />

12.4.1946)<br />

1947, 4 Februar schrieb Bürgermeister Hollstein an den Landrat. In Punkt 8 teilt<br />

er ihm mit, dass die Feuerwehr Erlenbachs eine Handdruckspritze mit dem<br />

erforderlichen Schlauchmaterial hätte. Außerdem sei in der Erlenbacher<br />

Wasserleitung ausreichender Druck vorhanden, was aber nicht stimmte..<br />

Feuerwehrmannschaft vom 24.2.1947 und in 1948<br />

Name Vorname Geboren* gelöscht<br />

aus<br />

Datenschutzgründen<br />

Herbrand Eugen ----<br />

Merk Willi,<br />

Gruppenführer<br />

Truppe, Straße<br />

Fallschirm, Brunnenstr<br />

Bachmann Herbert Marine, Bergstraße<br />

Barth Werner Gersweilerhof<br />

Becker Richard Infanterie, Hauptstraße<br />

Dendl Herbert Gersweilerhof, ab 1948<br />

Eimer Hermann K´lauterer Straße<br />

Engel Hardi Infanterie, Obere Str.<br />

Fischer Theobald Gersweilerhof, ab 1949<br />

Hager Werner Artillerie, Friedhofstraße<br />

Heinrich Eugen Artillerie, Hauptstraße<br />

Henn Hermann Pionier, Hauptstraße<br />

Hoffmann Kuno Hauptstraße<br />

De Hooge Alfons Friedhofstraße<br />

Klein II Herbert Infanterie, nur bis 1947<br />

Knieriemen Hermann Marine Ogfr, Hauptstr.<br />

Korn Armin Infanterie, Obere Str.<br />

Korn Bruno Weiherstraße, ab 1949<br />

Korn Theobald Infanterie , Hauptstr.<br />

421


422<br />

422<br />

Lenz Willi Kirchgasse, ab 1949<br />

Mangold Werner Bergstraße, ab 1949<br />

Noll Herbert,<br />

Gruppenführer<br />

Luftwaffe, Gersweilerhof<br />

Reich Edmund Infanterie Flurstraße<br />

Reisel Albert Friedhofstraße, ab 48<br />

Schneider Hugo Luftwaffe, Bergstraße<br />

Wenz Heinrich Infanterie, Kirchstraße<br />

Wenz Willi Ab 1948, Kirchstraße<br />

Winter Walter Infanterie, Gersweilerhof.<br />

Woll Walter Marine Ogfr, Hauptstr.<br />

Woll Werner Gersweilerhof<br />

Zimmer Heinz Fallschirmj, Friedhofstr.<br />

Schindler Bernhard Marine Obermaat, nur<br />

1947<br />

Der Bürgermeister Hollstein hob hervor, dass keiner der oben genannten Personen<br />

Mitglied in der NSDAP gewesen wäre. Die Feuerwehrliste für 1949 umfasst 27<br />

ehrenamtliche Helfer<br />

1947: Aber bereits am 19. August. loderten die Flammen aus dem Anwesen der<br />

Witwe Emma Heinrich in der Bahnhofstraße 6 Scheuer, Stall und Schuppen<br />

brannten bis auf die Grundmauern total ab. Da hatte auch die Handdruckspritze<br />

mit dem .erforderlichen Schlauchmaterial nicht geholfen.<br />

1949: 2. April: Oberregierungsrat Schellhaaas des Landratsamtes schrieb den<br />

Bürgermeister Erlenbachs an. Er fragte an, warum sich bisher keine Erlenbacher<br />

Feuerwehrmänner hätten entnazifizieren lassen Die Antwort war ganz einfach und<br />

einleuchtend. Hollstein schrieb „wir haben keine Nazis in unseren Reihen“ denn<br />

die Feuerwehrmänner waren ja alles junge Leute, die zwar in der Hitlerjugend<br />

gewesen waren, aber Nazis, nein danke!<br />

12.3. Das Entnazifizierungsverfahren<br />

Der Charakter und Verlauf der Entnazifizierung im deutschen Südwesten waren<br />

durch die Vorgaben der französischen Sicherheits- Demokratisierungs- und<br />

Dezentralisierungspolitik bestimmt. Der Leiter der franz. Besatzungsverwaltung<br />

in Baden-Baden Emile Laffon, maß der Entnazifizierung eine hohe Bedeutung<br />

für das Gelingen der französischen Demokratisierungspolitik bei. Er entwickelte<br />

im Spätsommer 1945 mit seinem Beratungsstab ein entsprechendes Konzept, dass<br />

mit den Rahmenrichtlinien in allen westlichen Zonen identisch war.


423<br />

Es ging um die Feststellung einer bedeutenden politischen Schuld. Ziel war es<br />

nicht, die Millionen kleiner PGs 488 zu verfolgen und zur Rechenschaft zu ziehen,<br />

sondern lediglich die großen Fische sollten zur Rechenschaft gezogen werden. So<br />

kamen viele in die Gruppe III der Minderbelasteten, aber die Mehrzahl wurde in<br />

die Gruppe IV der Mitläufer eingeordnet. Nachteil dieser Entnazifizierung<br />

waren die hohen Gerichtsgebühren, die die Beglückten bezahlen sollten. Deshalb<br />

verzichteten fast alle betroffenen Erlenbacher darauf, sich von dem braunen<br />

Geruch weiß waschen zu lassen. Nur die Beamten und die Lehrer benötigten den<br />

Persilschein, um wieder in Amt und Würden zu kommen. Zum Leidwesen der<br />

Militärverwaltung in Kaiserslautern verweigerten die Erlenbacher Feuerwehrleute<br />

(aus Kostengründen) die Entnazifizierung, obwohl der Feuerwehrhauptmann<br />

Eugen Herbrand sie eindringlich im Namen der Bezirksverwaltung dazu<br />

aufgefordert hatte. Dabei waren die Militärgerichte und später die neu<br />

konstituierten deutsche Gerichte für die Verfolgung politisch motivierter<br />

Verbrechen zuständig.<br />

12.4. Eröffnung der Erlenbacher Schule als<br />

Bekenntnisschule 1.10.1945<br />

Der Unterricht begann wieder am 1. Oktober. Die Besatzungsmacht hatte den<br />

beiden Lehrern Karl Gugel und Frau Wirth die Unterrichtserlaubnis erteilt. Die<br />

beiden Lehrer lehrten im Schichtbetrieb. Die beiden großen Klassen hatten von<br />

7.00 bis 10 Uhr und die zweite Gruppe von 10 bis 13 Uhr Unterricht.<br />

Nach dem Krieg befand sich das Schulhaus in einem mitleidenswertem Zustand.<br />

Während des Krieges konnten keine Renovierungen durchgeführt werden und<br />

nach dem Krieg waren öfters Besatzungstruppen wochenweise untergebracht<br />

worden. Am 26.7.1947 schrieb der alte und neue Bürgermeister Hollstein das<br />

„Staatliche Hochbauamt“ in KL an und bat gleichzeitig das Gesundheitsamt Kl<br />

um Unterstützung. Denn nach Ansicht des Bürgermeisters konnten<br />

Gesundheitsschädigungen der Schüler nicht ausgeschlossen werden. Einige der<br />

Schüler hatten Läuse und Krätze. Andere wiesen auf dem Rücken und der<br />

Schulter eitrige Geschwüre auf. Er war sich gewiss, dass ein Sack Gips und als<br />

Anstrichmittel würde ein Sack Schlemmkreide vorläufig ausreichen. Deshalb bat<br />

er in Anbetracht der Dringlichkeit um einen Freigabeschein für diese Materialien.<br />

Wie einfach und billig es heututage ist? Wir fahren zum Baumarkt und holen die<br />

Dinge, die massenweise und unbeschränkt lieferbar sind. (Akt 205). 1946 – 47:<br />

Der extreme Lehrermangel zwang die franz. Besatzungsmacht nach politisch<br />

unbelasteten Lehrern Ausschau zu halten. Da kamen auf den ersten Blick nur die<br />

alten Pensionäre in Frage. So wurde der pensionierte Morlauterer Lehrer<br />

Hermann Becker 489 reaktiviert, der aus Erlenbach stammte und da und dort Land<br />

besaß. Er hielt noch drei Jahre lang Unterricht. In seinem allgemeinen Unterricht<br />

488 ) In Erlenbach waren 130 Bürger Mitglieder der NSDAP<br />

489 ) Hermann Becker kam zum ersten Mal als Hilfslehrer an die Volksschule in Erlenbach. Folgende<br />

Geschichte wird erzählt. Ende 1944 stürzte in der Nähe des heutigen Autohauses Liegert ein<br />

englisches Kampfflugzeug ab. Der Pilot rettete sich durch einen Fallschirmabsprung. Etliche<br />

Dorfbewohner rannten zu ihm hin und nahmen ihn gefangen. Als der Engländer gesagt hatte:<br />

>Deutschland kaputt


424<br />

424<br />

berichtete er gerne von Würzburg und Helgoland, wo er im Ersten Weltkrieg<br />

gedient hatte und naturgemäß verschwieg er auch nicht seine Leidenschaft als<br />

Jäger. Viele Jahre später gehörte noch seine mangelhafte Treffsicherheit zum<br />

lustigen Jägerlatein an den Stammtischen. Seine Jagdgenossen, wie Rainer<br />

Heckmann, berichteten wilde Episoden. So schoss er von seinem Hochsitz immer<br />

wieder auf einen Rehbock, den er aber niemals traf. Stattdessen musste ein alter<br />

Grenzstein zwischen der Erlenbacher und Otterbacher Gemarkung dran glauben,<br />

den er mit seinen Fehlschüssen langsam halbierte.<br />

1949: Zum 1. September besetzte die Schulverwaltung wieder die vierte<br />

Lehrerstelle. Aus diesem Grunde kündigte die Ortsverwaltung dem<br />

Schneidermeister Ehrenfried Wolf das Pachtverhältnis für den benötigten<br />

Schulsaal. In dem bitterbösen Schreiben vom 28.8.1948 reklamierte der<br />

Bürgermeister Hollstein, dass der Schneidermeister eigenmächtig die Schultafel<br />

abgebaut hatte und auch sonst den Raum ohne zu fragen, umgestaltet hatte.<br />

Hollstein: „Ich mache hiermit den Schadenersatzanspruch der Gemeinde geltend<br />

und werde Ihnen die Kosten für die Wiederinstandsetzung in Rechnung stellen“<br />

12.5. Lehrer in Erlenbach nach 1950<br />

1950 Frau Hertha Wirth, geb. Steidel * 1915, unterrichtete die 1. und 2. Klasse.<br />

1950 wurden 26 Kinder eingeschult. Darunter waren allein 23 Mädchen.<br />

• 1950 Herr Otto Gebhardt kam nach Erlenbach. Er hatte einen anderen<br />

Beruf erlernt. Nahm aber die Chance wahr, als Seiteneinsteiger ohne<br />

Abitur in den Schuldienst zu kommen. Seine ehemaligen Schüler sprechen<br />

ehrfurchtsvoll vom Eisernen Otto. Er lebte später in Höringen,<br />

• 1950 – 1951 Herr Schick aus Untersulzbach<br />

• 1952 – 1953, Lehrer Simbgen aus Baalborn * um 1930, starb 1961, war<br />

bereits einige Zeit vorher öfters krank gewesen. Vertretung durch:<br />

• Fräulein Münch, wohnt jetzt in Mehlingen<br />

• 1954, Jacob Schmidt wurde mit 65 Jahren pensioniert<br />

• 1954 Herr Georg Meng kam in Vertretung von Jacob Schmidt als<br />

Schulleiter nach Erlenbach. Meng war sehr musikalisch. Unter ihm erlebte<br />

das Musikleben einen erheblichen Aufschwung.<br />

12.6. Alles war in den Jahren 1945 – Juni 1948 rationiert<br />

Die Armut und das Elend waren greifbar. Alle Familien schlugen sich irgendwie<br />

durch. Legal oder illegal, Hauptsache man sättigte seine Lieben ein wenig. Die<br />

älteren Erlenbacher erzählen noch heute mit Stolz von ihren Strategien, wie sie die<br />

Feldhüter mit Fehlinformationen ins Raupenthal schickten, während sie in der<br />

Geißendell zuschlugen und dort Grumbeeren ausbuddelten.<br />

Selbst der Buchwald und die anderen Gemeindewälder teilten seit Jahrzehnten das<br />

Schicksal der am Hungertuch nagenden Bewohner. Jedermann ging mit Rechen


425<br />

und Blechen hinein und holte das letzte trockene Blatt als Spreu für seine Ziege<br />

oder das im Keller stehende Hausschwein heraus. Nichts blieb liegen. Sämtliche<br />

Hutzeln, Ästchen, einfach alles verschwand letzten Endes im Küchenherd. Der<br />

Wald war gekehrt und wirkte wie geleckt. Der Wald hatte keine Chance sich zu<br />

regenerieren, geschweige denn Humus zu bilden. 1932 verbot die zuständige<br />

Otterberger Forstverwaltung die weitere Entleerung, wie sie unten abgedruckt ist.<br />

Die Nazis hatten ihre Lehren aus den Ernährungskrisen des Ersten Weltkrieges<br />

gezogen und alles Notwendige vorbereitet. Zudem waren sie vom Wettergott<br />

gnädig unterstützt worden. Das Frühjahr und der Sommer 1943 bescherte die bis<br />

dahin zweitbeste Ernte des 20. Jahrhunderts. Die allgemeine Hungersnot setzte<br />

erst nach dem Krieg ein. Denn es fehlte an Saatgut und Dünger. Dazu kamen die<br />

extrem trockenen Sommer von 1945 und 1946.<br />

12.7. Die Rückkehr der Kriegsgefangenen<br />

Im September und Oktober 1945 kamen 25 ehemalige Erlenbacher<br />

Kriegsgefangene zurück. Allerdings trugen sie Zivilkleidung. Sie mussten an<br />

Eides statt erklären, dass sie ohne Uniform entlassen worden wären. Sie werden<br />

wohl froh gewesen sein, als sie in Zivilkleidern die Heimreise antreten durften.<br />

Die Reaktion des Bürgermeisteramtes ist aus heutiger Sicht unverständlich. Die<br />

Liste enthält auch drei Erlenbacher Mädchen, die als Wehrmachtshelferinnen in<br />

Gefangenschaft kamen. Darunter ist Helene Marky, die später als > s Milch<br />

Helen< lange Zeit in Erlenbach Dienst tat.<br />

425


426<br />

426<br />

Ende 1947, Im Krieg und danach war das Schicksal noch vieler unserer Soldaten<br />

vollkommen ungewiss. Selbst wenn die Angehörigen monatelang nichts hörten,<br />

erhofften sie eine Rückkehr. Das Rote Kreuz griff unter die Arme, wo sie es<br />

vermochte. Anfang 1947 bekam die Familie Willi Korn die erlösende Nachricht<br />

von ihrem Sohn in Russland. Unverzüglich schrieben die Eltern ihrem Sohn<br />

aufmunternde Worte. Der Jubelschrei Willis wird groß gewesen sein, als er die<br />

Grüße aus seiner Heimat erhielt und fortwährend las. Es war nicht viel, was Willi<br />

aus russischer Kriegsgefangenschaft schreiben durfte. Die Zensur ließ nichts<br />

Anderes zu. So war die unten abgedruckte Karte aus dem Lager 7271, irgendwo in<br />

Sibirien, dennoch für die Eltern eine Hoffnungsgarantie.<br />

Die Erlenbacher


Kriegsgefangenen<br />

427<br />

wohnten Ankunft<br />

in<br />

Erlenbach<br />

Abraham Karl Hauptstr. 36 30.03.1948<br />

Bang Karl Hauptstr. 7 03.04.1949<br />

Barth Emil Hauptstr. 61 03.10.1947<br />

Barth Heinrich Lautrer Str. 10.02.1948<br />

Bandel Kurt Hauptstr. 42 08.09.1949<br />

Bender Harry Brunnenstr. 15 08.01.1950<br />

Benkel Heinrich Gersweilerhof 16.07.1947<br />

Benra Hermann Bahnhofstr. 5 24.11.1949<br />

Bogusch, Hans Brunnenstr. 5 08.10.1947<br />

Braun Karl Hauptstr. 33 05.08.1948<br />

Buley Ernst Kirchstr. 2 20.05.1948<br />

Carra Leonhard Hauptstr. 8<br />

Gersweilerhof<br />

23.11.1947<br />

Carra Louis<br />

15 28.11.1947<br />

Closset Alois Kirchstr. 9 18.03.1948<br />

Deubel Jacob Bergstr. 5 16.12.1947<br />

Eigenfeld Paul Flurstr. 4 05.03.1948<br />

Freiermuth Alfons Ringstr. 4a 04.07.1949<br />

Groth Walter Bergstr. 22 06.09.1948<br />

Haffner Wilfried Heinz Hauptstr. 52 25.10.1948<br />

Hager Heinrich Friedhofstr. 4 30.01.1948<br />

Halfmann Oskar Flurstr. 5 06.08.1948<br />

Haustein Werner Bergstr. 26 28.02.1948<br />

Henrich Heinrich Obere Str. 3 28.04.1948<br />

Herbach Armin I. Hauptstr. 24 23.12.1949<br />

Herbach Otto<br />

Hix Karl, * 19.8.1913 in<br />

Hauptstr. 67 26.04.1948<br />

Rheingönnheim Hauptstr. 23 22.11.1948<br />

Jungmann Heinrich Obere Str. 1 17.03.1947<br />

Kallmeyer Werner HauptStr. 31 16.12.1948<br />

Korn Karl Hauptstr. 64 03.05.1949<br />

Korn Wilhelm Hauptstr. 51 22.04.1948<br />

Kühner Franz Hauptstr. 39 01.02.1947<br />

Lang Hermann Gersweilerhof 22.11.1948<br />

Lenz Willi<br />

Lesoine Richard<br />

Kirchstr. 03.03.1947<br />

Leudolph, Heinz Friedhofstr. 6 29.07.1947<br />

Mangold Werner Ringstr. 5 29.04.1947<br />

Marky Otto Flurstr. 8 01.02.1948<br />

Menge Fritz Berstr. 30 15.01.1948<br />

Merk Alfred Gersweilerhof 25.09.1947<br />

427


428<br />

428<br />

Meuler Alfred Hauptstr. 12 26.06.1948<br />

Miskinis Edith<br />

Müller Kurt Klauter Str. 16 13.03.1947<br />

Rahm Herbert Ringstr. 2 01.07.1948<br />

Rahm Karl Bergstr. 14 09.09.1948<br />

Reidenbach, Karl<br />

Reisel Otto Lautrer Str. 19 20.09.1948<br />

Schlosser Hans Bahnhofstr.11 15.04.1947<br />

Schmitt Erwin Hauptstr. 29, 5 21.09.1948<br />

Schmitt, Ludwig Brunnenstr. 7a 09.07.1949<br />

Schwaderer Friedrich Gersweilerhof 4 08.08.1947<br />

Seel, Heinrich Höllenstr. 4 08.09.1948<br />

Spang Eleonore,<br />

Tonnius Lautrer Str. 6 02.07.1951<br />

Speier Julius<br />

Stuzenberger Paul K´lauter 8 24.03.1947<br />

Theis, Helmut Hauptstr. 12 13.02.1948<br />

Tonnius Dieter Lautrer Str. 6 02.07.1951<br />

Tonnius Edith Lautrer Str. 6 02.07.1951<br />

Ultes Alfred Raupenthal 1 06.03.1948<br />

Ultes Baltasar Bergstr. 17 14.05.1947<br />

Weber Werner Weiherstr. 5 14.04.1948<br />

Werle Fritz Kirchstr. 4 07.04.1948<br />

Werner Klaus Kanalstr. 2 04.08.1949<br />

Williard Franz Hauptstr. 10 31.10.1947<br />

Winter, Erwin Bahnhoftr. 10 21.01.1947<br />

Diese Liste wurde am 31. Januar 1955<br />

vom Bürgermeisteramt Erlenbach erstellt<br />

12.8. Alliierte Manöver in 1946<br />

1946: Erlenbach und die anderen Orte der Umgebung unterstanden der Militär-<br />

Kommandantur in Otterbach. Im Januar 1946 forderte die Militärverwaltung das<br />

Bürgermeisteramt Erlenbach auf, eine Aufstellung aller Unterbringungsmöglichkeiten<br />

für das Militärpersonal und das vorhandene Material anzufertigen.<br />

Die Antwort des Erlenbacher Bürgermeister Hollsteins vom 21.1.1946 gibt uns<br />

eine gute Übersicht über die damalige Raumsituation. Es gab:<br />

• 40 kleinere Scheunen und Ställe,<br />

• 6 größere Wohnungen für Offiziere und 11 kleinere für Unteroffiziere<br />

• 1 Blechgarage<br />

• 4 Schulsäle von jeweils 55 qm. Nur in zwei von ihnen wurde Unterricht<br />

gehalten, denn zwei Lehrer waren suspendiert, wegen zu großen<br />

Engagements in der NSDAP. Insgesamt hätten im Schul- und<br />

Gemeindehaus 220 qm freigemacht werden können.


429<br />

• ein größeres Wohnungsproblem. Denn 40 Lautrer Familien hatten in<br />

Erlenbach Unterschlupf gefunden, da ihre Wohnungen im Bombenhagel<br />

1944 zerfielen. Dazu kamen einige Evakuierte aus Ludwigshafen.<br />

• Den Kindergarten, der sich als Leit- und Geschäftsstelle eignete. Davon<br />

waren 70 qm frei.<br />

• 40 Einzelzimmer, die den Soldaten als Schlafzimmer zur Verfügung<br />

gestellt werden konnten. Diese Information stammt aus einer anderen<br />

Aufstellung.<br />

1947: Am 2. Februar konkretisierte Bürgermeister Hollstein die<br />

Wohnraumsituation in Erlenbach. Es gab damals 396 voll belegte Wohnungen mit<br />

1.309 Zimmern für genau 1.274 Menschen. (Dabei waren aber mindestens 200<br />

Erlenbacher Kriegsgefangene noch nicht zurück)<br />

429


430<br />

430<br />

12.9. Die Bebauung im Jahr 1947<br />

DER WEG IN DIE GEGENWART<br />

13.1. Die Ausgangslage ab 1949<br />

Geschrieben vom damaligen Gemeindesekretär Braunbach<br />

Stromversorgung<br />

Die Zeiten waren schwierig, das Geld war nichts mehr wert und hohe<br />

Arbeitslosigkeit bedrückte damals wie heute die Menschen. Der Gemeinderat war<br />

aber vorausschauend. Er erkannte die Zeichen der Zeit und dass es dringend war<br />

anderen Gemeinden nachzuziehen. Der elektrische Strom musste her und ein<br />

ausbaufähiges Stromnetz entstand in eigener Regie. Baubeginn war in 1923. Zur<br />

Finanzierung erfolgte auf dem Rotenberg ein teilweiser Kahlhieb und aus den<br />

Verkaufserlösen konnten die Rechnungen bezahlt oder Leistungen eingetauscht<br />

werden. Dies erfolgte im Gleichschritt zu den Morlauterern. In 1924 ging den<br />

Erlenbachern das Licht auf. Erlenbach bezog den Strom von Otterbach. Die<br />

Straßenbeleuchtung hing an einer langen Kupferleitung, die im Zweiten Weltkrieg


431<br />

zu Kriegszwecken geraubt wurde. Erst 1950 konnte sie wieder ersetzt und die<br />

Straßenbeleuchtung abermals in Gang gesetzt werden.<br />

Gasversorgung<br />

Um eine weitere Einnahmequelle zu schaffen trug sich die Gemeinde mit der<br />

Absicht in Erlenbach ein eigenes Gasleitungsnetz aufzubauen und das Gas über<br />

die Gasfernleitung von Saarbrücken her zu beziehen. Es gab heiße Diskussionen<br />

und Rücktritte, Neuwahlen und Geschichten, die unter der Bezeichnung Gaskrieg<br />

Eingang in die Erlenbacher Geschichte fand. Trotz aller Widerstände entstand die<br />

Gasleitung. Zur Finanzierung erfolgte ein größerer Holzhieb im Gemeindewald.<br />

Die neue Energie fand in der Bevölkerung eine breite Zustimmung. 98 % aller<br />

Haushalte waren leicht zu überzeugen und schlossen ihr Haus an. Welche Zeit und<br />

Arbeitsvorteile gewannen unsere Bürger? Sie brauchten die Öfen nicht mehr jeden<br />

Morgen von Asche zu befreien, kein Feuermachen und das schweißtreibende<br />

Schleppen der Kohle und des Holzes entfiel.<br />

Die überwiegende Mehrzahl der Bevölkerung bestand aus Arbeitern. Allein in<br />

Kaiserslautern und der näheren Umgebung waren über 500 Erlenbacher<br />

beschäftigt. 1951 arbeiten noch etwa 8 % (= 104 Personen) in der Landwirtschaft.<br />

Unsere Landwirte waren in der Milchlieferungsgenossenschaft organisiert. Jeden<br />

Morgen erfolgte am Milchhäuschen die Sammlung der Frischmilch. Etliche<br />

Haushalte versorgten sich auch dort mit dem Milchkännchen. Jahrzehntelang<br />

verkaufte „s Milch Helen“ (Helene Marky, die Mutter des Klaus Marky) dort<br />

frische Molkereiartikeln.<br />

Die drei Transportunternehmen, wie Sokoly, entstanden aus landwirtschaftlichen<br />

Betrieben, die in einnahmeschwachen Zeiten mit ihren Fuhrwerken für Lohn<br />

fuhren.<br />

Wir hatten damals auch 22 Handwerksbetriebe und drei Verkaufsgeschäfte wie<br />

Erich Jescheck und die Hellis gegenüber der Kirche. Für das leibliche Wohl<br />

sorgten vier Lebensmittelgeschäfte, drei Bäckereien. 490 und die beiden<br />

Metzgereien Villiard und Hepp in der Hauptstraße. Selbst für den Durst und die<br />

Geselligkeit war gesorgt. Vor fast 60 Jahren gab es vier Gaststätten 491 : Helmut<br />

Kläs, Fritz Hermann in der Höllenstraße, Emma Korn (Witwe) in der<br />

Hauptstraße und das Gartenlokal Ludwig Carra auf dem Gersweilerhof. 492 Am<br />

2.12.1952 hielten die Alliierten in Erlenbach ein Manöver ab und dazu brauchten<br />

sie für die Soldaten Schlafgelegenheiten. Sie wurden in den Tanzsälen der<br />

Gaststätten untergebracht<br />

• Fritz Hermann, Höllenstraße 100 Soldaten<br />

• Frau Emma Korn, Hauptstr. 35 60 Soldaten<br />

• Helmut Kläs, Hauptstraße 40 60 Soldaten<br />

490 ) Die Bäckerei-Inhaber waren Eugen Woll in der Ringstraße, Franz Kühner und Helmut<br />

Woll. Später verkauften sie auch Lebensmittel. Eugen Woll ist der Sohn des Bäckermeisters<br />

Otto Woll, * 7.11.1875 in Untersulzbach, der am 10.3.1942 an Magen- und Darmkrebs starb.<br />

Otto W war seit 27.7.1911 mit Maria Linz verheiratet.<br />

491 ) Später eröffneten Schwehm, das Café Rinck, das Turnerheim und das Sportheim ihre<br />

Gaststättenbetriebe.<br />

492 )<br />

431


432<br />

432<br />

• Ludwig Carra, Gersweilerhof 60 Mann<br />

Die Offiziere schliefen bei Privatleuten in bequemen Betten<br />

1951, Im Oktober ließ sich die Matratzenfabrik Conrad & Co aus Morlautern<br />

in Erlenbach nieder. Weitere Bemühungen der Gemeindeverwaltung Erlenbach<br />

waren jedoch nicht von Erfolg gekrönt, obwohl der Gemeinderat zu weit<br />

reichenden Konzessionen bereit war. Gewerbesteuerbefreiung für 10 Jahre und<br />

kostenlose Grundstücke lockten, aber womöglich waren die Flächen zu klein.<br />

Eigene Flüchtlinge & deren Integration<br />

Nach dem Krieg blieben 95 Flüchtlinge in Erlenbach ansässig. Der vom<br />

Bürgermeister diktierte Bericht verweist darauf, dass sie sich gut mit den Sitten &<br />

Gebräuchen vertraut gemacht hätten. Sogar vier Familien hatten 1951 bereits mit<br />

dem Bau ihres Eigenheims begonnen, wovon eines bereits Ende des Jahres von<br />

den Bauherren bezogen worden war.<br />

Auch die am 2. Juli 1951 als Verschleppte zu ihrer Tante nach Erlenbach<br />

zurückgekehrten Geschwister Dieter und Edith Tonnius hatten sich eingewöhnt<br />

und in den Arbeitsprozess eingeschaltet. Der bei ihrer Heimkehr von der >Die<br />

Rheinpfalz< veröffentlichte Schicksalsbericht dieser Geschwister war nicht<br />

ungehört geblieben. Für sie gingen danach zahlreiche Liebesgaben und Geschenke<br />

direkt oder über das Bürgermeisteramt ein. Darunter waren konkrete<br />

Hilfsangebote und unzählige Teilnahme-Bezeugungen.<br />

Im Großen und Ganzen waren die Flüchtlinge 1951 einigermaßen wohnlich<br />

untergebracht. Teilweise konnte ihnen auch schon größere und bessere<br />

Wohnungen zugewiesen werden. Aber nach wie vor war die Wohnraumfrage<br />

noch das Sorgenkind der Gemeindeverwaltung. Der Bürgermeister war 1951<br />

schon ausgesprochen zuversichtlich, dass sich die Situation bald entspannen<br />

würde.<br />

Baugelände<br />

Das Bürgermeisteramt verwaltete nicht nur den Mangel. Im Gegenteil. Sie<br />

beauftragte die Heimstätten GmbH (aus Neustadt) in der Weiherstraße ein<br />

Doppelhaus mit vier schönen Dreizimmer-Wohnungen zu erstellen. Es kostete je<br />

16.000 DM. (Für 8.000 Mark konnte also damals eine Wohnung gebaut werden.<br />

Der Stundenlohn betrug aber auch nur eine Mark. ) Die Gemeinde finanzierte den<br />

Bau mit zwei Darlehen von je 16.000 DM.<br />

Aber auch die Einheimischen benötigten Wohnungen. Die Gemeinde erschloss<br />

rasch Baugelände >im Flürchen< und in der unteren >Bergstraße


433<br />

Protestantischer Kindergarten<br />

1935 war in der Bergstraße das Kindergarten-Gebäude errichtet worden, das<br />

damals allen hygienischen Vorschriften entsprach. Kurz nach dem Krieg kam<br />

alles erst sehr langsam wieder in Gang. 1945 und 1946 diente das Haus als<br />

Wohnraum. Davon waren 70 qm frei. Diesen Teil bot die Gemeinde den Alliierten<br />

als Leit- und Geschäftsstelle für ihre Manöver an.<br />

Nach 1949 bemühte sich die Gemeinde um eine baldige Wiedereröffnung als<br />

Kindergarten. Zu diesem Zweck hatte sie mit dem Diakonissen-Mutterhaus in<br />

Marburg einen Vertrag zur Gestellung einer Kindergärtnerin geschlossen. Aber<br />

sehr schnell kam die Gemeinde an ihre finanziellen Grenzen. Deshalb<br />

beabsichtigte der Gemeinderat, das Gebäude an die Evangelische Kirche der Pfalz<br />

zu verkaufen und den Betrieb der protestantischen Kirchengemeinde zu<br />

übertragen. Natürlich wollte sich die Gemeinde nicht ganz aus ihrer<br />

Verantwortung stehlen und sie sicherte dem kirchlichen Träger einen jährlichen<br />

Betriebszuschuss zu.<br />

Verkehrsanbindung<br />

1951/52: Der Bürgermeister beurteilte in seiner Aktennotiz die verkehrsmäßige<br />

Anbindung als zufriedend stellend. Einerseits konnten die Bürger mit der<br />

Bundesbahn fahren, andererseits hatten die Verkehrsbetriebe 493 nach Erlenbach<br />

eine stark frequentierte Buslinie aufgebaut, mit der man besser, schneller und<br />

billiger nach KL kam. Im Sommer 1951 waren die Busse bereits voll besetzt.<br />

Aber im Winter, als die Rad- und Motorradfahrer wegen des Schnees nicht mehr<br />

selbst fahren konnten, herrschte in den Bussen ein beängstigendes Gedränge und<br />

mancher Morlauterer kam erst gar nicht mehr in den Bus hinein.<br />

Vereine<br />

Bürgermeister Braunbach zählte in seiner Aktennotiz 11 Vereine auf. Der<br />

Gesang- und Musikverein betätigten sich kulturell und der Fußball- und<br />

Turnverein warteten mit besonderen sportlichen Leistungen auf. Für die Jungen<br />

war es eine Ehre für den FCE zu spielen und sonntags pilgerten Hunderte von<br />

Erlenbacher Fans auf den Sportplatz, um ihre Mannschaft anzufeuern. Das<br />

mütterliche Engagement war gelegentlich so groß, dass sie mit dem Regenschirm<br />

hinter dem gegnerischen Spieler her war, wenn der geliebte Sohn gefault oder gar<br />

umgesäbelt wurde. Da wurden ein paar Pfennige Eintritt kassiert und die beiden<br />

Rot Kreuz Helfer waren immer zur Stelle.<br />

Der Pfälzerwaldverein bot den Wanderern monatlich schöne Wanderungen und<br />

Ausflüge in die nähere und fernere Umgebung an. Der VdK und das DRK hatten<br />

recht aktive Ortsgruppen und der Krankenpflegeverein unterhielt eine<br />

Schwesternstation. Auch der Obst- und Gartenbauverein konnte in vielen<br />

Versammlungen und in Beratungen vor Ort sachkundige Hilfe anbieten. In<br />

sozialer Hinsicht war der Bürgersterbeverein besonders rührig. Dieser Verein<br />

auf Gegenseitigkeit hatte viele Mitglieder geworben und konnte deshalb durch<br />

sein Umlageverfahren in den letzten Jahren 1948 – 51 die Sterbegelder bedeutend<br />

erhöhen. Gerade in den dunklen Wintermonaten boten die Vereine etliche<br />

Veranstaltungen an, so dass das damalige Leben sehr kurzweilig war.<br />

493 ) Sie hießen damals Städtische Omnibusbetriebe Kaiserslautern<br />

433


434<br />

434<br />

Landwirtschaft<br />

So ging man 1950 noch aufs Feld, um Futter zu machen. Frau Mangold trägt<br />

einen Rechen und die Sense. Durch ihre Arbeit war zwar kein großer Reichtum<br />

möglich, aber es reichte zum Überleben! Das war die Familie Mangold, die<br />

Großeltern der Liselotte Reidenbach, geb. Benkel<br />

1960 gab es 43 landwirtschaftliche Betriebe, von denen nur 17 mehr als 2 Hektar<br />

bewirtschafteten. Also gab es 26 Nebenerwerbslandwirte. 1963 quälten sich noch<br />

9 Familien hauptberuflich, um existieren zu können. Man stelle sich vor, nur 7<br />

erreichten damals die Richtgröße von 14 Hektar 494 . Heute ist die Untergrenze für<br />

eine sinnvolle Grünlandbewirtschaftung 100 Hektar und die wird in 2030 mit<br />

Sicherheit 200 Hektar betragen. Im Jahr 2005 hatten wir noch einen Landwirt, der<br />

wird aber über kurz oder lang auch aufgeben müssen.<br />

Gemeindehaushalt<br />

1951: Die oben dargestellten Maßnahmen kosteten alle Geld. Da nicht alles auf<br />

einmal gemacht werden konnte, packte der Bürgermeister immer nur das<br />

Dringendste an. Allerdings reichten in 1951 die Mittel nicht ganz aus. Der<br />

Nachtragshaushalt hatte ein Volumen von 5.285 DM und erhöhte den Gesamtetat<br />

auf 77.911,-- DM<br />

494 ) Quelle der Daten: Landkreis Kaiserslautern, Stollfuß- Verlag, Bonn 1968, Seite 282


435<br />

13.2. Die Wohnungszwangswirtschaft<br />

Schon während des Krieges herrschte ein eklatanter Wohnungsmangel in und um<br />

Kaiserslautern herum. Zwei Drittel der Stadt Kaiserslautern war durch den<br />

furchtbaren Bombenkrieg zerstört worden und hinzu kamen die Evakuierten aus<br />

Ludwigshafen. Die Menschen mussten zusammenrücken. Wer ein leeres Zimmer<br />

hatte, stellte es Freunden und Verwandten zur Verfügung. Bei der Stadt- und<br />

Kreisverwaltung richteten die Behörden Wohnungsämter ein, die als erstes den<br />

Wohnraum quantitativ und qualitativ erfassten, aber dann auch verwalteten. Da<br />

hatten die Hausbesitzer keine Möglichkeiten mehr, sich die Leute auszusuchen<br />

oder über die Miete zu diskutieren.<br />

1947 am 2. Februar gab es in Erlenbach 396 Wohnungen mit 1.309 Zimmern.<br />

Außer den 1274 Einwohnern lebten noch 40 Familien aus Kaiserslautern und<br />

Ludwigshafen in Erlenbach, die untergebracht werden mussten. Für kurzfristig<br />

anberaumte Manöver räumten die Erlenbacher 18 Wohnungen und etliche Einzel-<br />

Zimmer für die Manöver-Soldaten. Außerdem kehrten 200 Kriegsgefangene<br />

zurück, die kräftig zupacken konnten und dem Aufschwung die notwendige<br />

Antriebskraft verliehen. Diese Wohnungen boten Schutz vor Wind und Wetter<br />

und entsprachen natürlich nicht unseren heutigen hygienischen Standards und<br />

Ansprüchen. Die meisten Häuser hatten bis Anfang der 60iger Jahre Außen-<br />

Toiletten mit entsprechenden Geruchsbelästigungen. Nachts ging man wohl aufs<br />

Töpfchen.<br />

1950 setzte die erste rege Bautätigkeit ein. Die neuen und stolzen Hausbesitzer<br />

räumten ihre Wohnungen, so dass nach und nach sich die Wohnungssituation<br />

entspannte. Die Bevölkerung wuchs stetig und übersprang Ende 1954 die<br />

magische Marke von 1.500 Einwohnern. Ab jetzt durfte Erlenbach auch dieses<br />

Wohnungsproblem in eigener Regie anpacken bzw. selbst verwalten. Wir<br />

vermuten, dass diese Neubauten jetzt Innentoiletten erhielten, wahrscheinlich in<br />

Verbindung mit einem Bad.<br />

435


436<br />

436<br />

13.3. Die Feuerwehrmänner von 1950<br />

Aufstellung vom 3.3.1950 durch den Bürgermeister Herbach


437<br />

1950: am 31.7.1949 hatten die „Alten“, die Kampferprobten, die<br />

Weltkriegsveteranen bis auf Willi Merk die Feuerwehr verlassen und den ganz<br />

Jungen den Brandschutz überlassen. Am 1.8.1950 verpflichtete dann der<br />

Wehrführer Eugen Herbrand insgesamt 20 junge Feuerwehrmänner des Jahrgangs<br />

1930 und 1931. Es waren 19 bzw. 20 jährige, kräftige Männer, die von nun an<br />

einen Großteil ihrer Freizeit der allgemeinen Sicherheit opferten. Ihnen gebührt<br />

noch heute ein großes Lob für ihren Einsatz.<br />

Name Vorname *, gelöscht aus<br />

Datenschutzgründen<br />

Herbrand Eugen,<br />

Brandmeister<br />

Merk Willi,<br />

Gruppenführer<br />

Barth Eckhard<br />

Bohlander Karl<br />

Decker Werner<br />

Dendl Herbert<br />

Denzer Hans<br />

Eimer Hermann<br />

Fischer Theobald<br />

Halfmann Kurt<br />

Heinrich Erwin<br />

Heinrich Günther<br />

Heinrich Heinz<br />

Heinrich Günther<br />

Hermann Guido<br />

Hermann Karl-Heinz<br />

Knieriemen Alfred<br />

Korn Oskar<br />

Lesoine Kurt<br />

Lesoine Willi<br />

Marburger Werner<br />

Marky Bruno<br />

Wohnort: gelösscht<br />

437


438<br />

Sittel Werner<br />

Schmidt Heinrich<br />

Weber Karl<br />

Woll Oswald<br />

438<br />

13.4. Anschaffung der Motorspritze<br />

Inzwischen war Erlenbach auf 1.300 Einwohner gewachsen, die in 250<br />

Wohnungen lebten. Die Feuerwehr war mit einer vollkommen veralteten<br />

Handdruckspritze ausgerüstet, welche schon seit langem nicht mehr für eine<br />

wirksame Brandbekämpfung ausgereicht hatte, wie sich bei dem großen<br />

Brandschaden der Witwe Emma Heinrich ja gezeigt hatte. Ein direkter Anschluss<br />

an die Wasserleitung war auch zwecklos, da der Wasserdruck viel zu gering<br />

ausfiel. Aus diesem Grund fasste 1949 der Gemeinderat den einstimmigen<br />

Beschluss eine Motorpumpe, nebst wichtigem Zubehör, anzuschaffen.<br />

Bürgermeister Herbach hatte bereits ein Angebot der Schlauch- und<br />

Feuergerätefabrik Albert Ziegler eingeholt. Das Gerät sollte mit 4<br />

Saugschläuchen und einem ballonbereiften Transportwagen 2.203,60 DM kosten,<br />

Ein weiteres Zuwarten löste nicht die Finanzprobleme. Die Sicherheit ging vor.<br />

Darum schloss die Gemeinde am 5.2.1950 mit dem Generalvertreter Otto Dörr aus<br />

Ludwigshafen einen entsprechenden Kaufvertrag ab.<br />

Aber das Geld fehlte in der leeren Gemeindekasse. Ideenreich schrieb<br />

Bürgermeister Herbach deshalb die zwei großen Feuerversicherungen an, bei<br />

denen 1950 die meisten Haushalte versichert waren. Die Briefe gingen gleichzeitig<br />

am 7.2.1950 an die Frankfurter Allianz und an die Bayerische<br />

Versicherungskammer in München raus. Die höflichen Bettelbriefe verfehlten<br />

nicht ihren Zweck und die beiden Versicherungen überwiesen jeweils 250 DM.<br />

Der Hersteller Ziegler lieferte das Gerät Ende Februar. Laut der getroffenen<br />

Vereinbarung zahlte Erlenbach 1.500 DM sofort und den Rest am 1. Juni 1950.<br />

Die Einführung am Gerät erfolgte durch Fachleute am Samstag, den 18. März<br />

1950 direkt vor Ort in Erlenbach.<br />

1960 schaffte Erlenbach einen 34 PS starken VW Bus an. Der Motor war viel zu<br />

schwach, um mit der Löschmannschaft die Erlenbacher Straße hinaufzufahren.<br />

Die Helfer mussten aussteigen und zum Teil das Fahrzeug den Berg<br />

hinaufschieben. Es war bis 1980 in Gebrauch.<br />

Zugführer Horst Müller<br />

Horst Müller trat am 1.3.1960 in die Pflicht-Feuerwehr Erlenbach ein. Er fühlte<br />

sich unverzüglich zuhause. Engagiert absolvierte er einige wichtige Lehrgänge<br />

und erarbeitete sich ziemlich schnell eine Führungsposition. 1968 avancierte er<br />

zum Kommandanten. Seine erste Amtshandlung war die Umwandlung in eine<br />

Freiwillige Feuerwehr mit einer Mannschaftsstärke von 20 Mann.


439<br />

Inzwischen erweiterte sich das Aufgabengebiet beachtlich. Früher stand der Haus-<br />

und Waldbrand im Vordergrund. Wer heute Hilfe benötigt, ruft die Feuerwehr. Ihr<br />

Motto ist retten, bergen und löschen.<br />

1973 Erlenbach war inzwischen eingemeindet und die Freiwillige Feuerwehr ist<br />

seitdem Bestandteil der Lautrer Wehr. 1973 kam dieser 82 PS starke Daimler<br />

Unimog nach Erlenbach. Er tat bis 1986 seinen Dienst.<br />

Sie kommt bei den individuellsten Notlagen, wenn z. B. die Katze nicht mehr<br />

vom Baum kommt, sie sichert und rettet Personen aus Zwangslagen, schneidet<br />

Verletzte und Tote aus verunglückten Autos und ist bei Eis und Schnee zur Stelle.<br />

Ihre Hilfe war bei den Hurrikans Wiebke und Vievien gefragt, als Bäume<br />

umstürzten und die Straßen und Wege rundum Erlenbach blockiert waren. Fast 20<br />

Stunden waren wir ohne Strom und die Feuerwehrleute mussten einen Tag ohne<br />

Schlaf im Einsatz auskommen. Der letzte große Einsatz war am 11. Mai 2001 als<br />

ein plötzliches Gewitter Schnee und Hagel wie aus Kübeln über die Weiherstraße<br />

und den Ochsenberg ausleerten. Da griffen natürlich auch sämtliche Bewohner zu<br />

den Schaufeln, um sich und anderen unter die Arme zu greifen. Allen Beteiligten<br />

sagen wir herzlichen Dank.<br />

12.6. Kirche & Konfirmationen<br />

Eine stolze Dorfgemeinschaft holte die neuen Glocken am 27. August 1950 am<br />

Erlenbacher Bahnhof ab und brachte sie zur Kirche. Wegen des Ereignisses fuhr<br />

man vierspännig. Wenige Tage danach setzte ein Fachmann die Turmuhr wieder<br />

in Betrieb.<br />

439


440<br />

440<br />

Die linke Gruppe führte die Schneiderin, Frau Becker an, an der Spitze der rechten<br />

Kolonne ging Frau Winter †, deren Sohn in Frankfurt Rechtsanwalt ist.<br />

Die Mädchen waren bildhübsch gewandet und genossen die wärmenden<br />

Sonnenstrahlen. Die Buben trugen Glocken in Blumenform. Der 3. v.l. ist ein<br />

Knieriemen und der 5. heißt Oss Woll.


441<br />

Die Glocke war herrlich geschmückt und sie war der Star des Tages.<br />

Die Konfirmanden des Jahres 1955<br />

441


442<br />

442


443<br />

Im Hintergrund sehen wir das Haus der Lina Heinrich, links davon war die Bäckerei<br />

Schwaderer. Die Musiker sind die Herren Kurz und Hein. Der Herr Pfarrer Bopp<br />

ging voraus und ihm folgten in der rechten Reihe Frl Hager 3. und hinter ihr war<br />

Manfred B.. In der rechten Reihe war an 4. Stelle Herr STB Porr.<br />

443


444<br />

444<br />

13.7. Der Turnverein<br />

1947: Nach dem 2. Weltkrieg dauerte es doch fast 2 Jahre, bis der Sportbetrieb<br />

abermals anlief. Zuerst waren die Turner eine Unterabteilung des Sportvereins.<br />

Daraufhin erfolgte die Neugründung in 1949 unter dem alten Namen.<br />

Vorsitzender war jetzt Albert Tharun (1949 – 1954). Die Übungsstunden waren<br />

im Saal der Gaststätte Hermann, da die Gemeinde Erlenbach sich die kleine<br />

Turnhalle als Folge der Erlenbacher Nazis sich unter den Nagel gerissen hatte. Sie<br />

hatte außerdem die Halle verpachtet.<br />

Die 1950iger<br />

Auch sportlich ging es aufwärts. Unsere Turner lagen bei den zahlreichen<br />

Wettkämpfen fortwährend vorne. So war es auch kein Wunder, dass der<br />

Pfalzmeister und spätere deutsche Meister Philipp Fürst immer wieder gerne<br />

nach Erlenbach kam. Aber es blieb nicht allein beim Turnen. Das Interesse war<br />

groß, deshalb gründeten etliche Sportler die Tischtennis-Abteilung. Der TV 04<br />

erhielt auch das prominente Mitglied Walter Heckmann, der zusammen mit dem<br />

Raketenbauer Werner von Braun zusammen die Schulbank gedrückt hatte. 1963<br />

konnte der Verein noch drei Mannschaften stellen. Aber wegen wiederholten<br />

Spielerwechsels musste die 1. Mannschaft in die C-Klasse absteigen.<br />

1955: am Vormittag den 21.3.1955 veranstaltete der Turnverein seine Bundes-<br />

Winterspiele. Als Ehrengäste begrüßte der Vorsitzende Ernst Korn den<br />

stellvertretenden Bürgermeister Winter und die Lehrer Meng und Gebhard. In<br />

abwechslungsreicher Folge am Barren, Reck, Pferd und auf dem Boden konnten<br />

sich die Gäste vor der turnerischen Klasse der Turner überzeugen. Kampfrichter<br />

für die optischen Leckerbissen waren die Herren Schneider, Dendl, Herbach und<br />

Steller. Da die Turner die Messlatte sehr hoch gelegt hatten, erreichte nur Erwin<br />

Barth 72 Punkte. Bei den Mädchen waren Kunigunde Benkel * 4.11.1945,<br />

Gisela Lanzer * 22.4.1946, Eleonore Kleber * 22.10.1946, Else Jungmann *<br />

9.4.1948 und Ellen Christmann * 4.10.1949 sehr erfolgreich. Hauptlehrer Meng<br />

dankte dem Jugendtrainer Heiner Eimer für die vorbildlich geleistete Arbeit.<br />

13.8. Der Turnhallenkrieg<br />

1954: schlugen die Emotionen hoch. Der Turnhallenkrieg war ausgebrochen. Die<br />

geladene Stimmung entlud sich in der Generalversammlung, in der der von allen<br />

geschätzte Korn Ernst zum Vorsitzenden gewählt wurden. Die Turner feierten,<br />

wie es damals üblich war, im großen Rahmen ihr 50jähriges Jubiläum. Dazu<br />

gehörte der Festgottesdienst und ein prächtiger Umzug durch das geschmückte<br />

Dorf. Naturgemäß herrschte eine Atmosphäre mit Sang und Klang. Gekommen<br />

war u.a. der Präsident des Sportbundes Pfalz. In seiner feurigen Rede gab Ernst<br />

Korn das Versprechen ab, nicht eher zu ruhen, bis dem Verein sein Eigentum<br />

zurückerstattet würde. Da vermochte der Chef des Sportbundes nicht ruhig sitzen<br />

zu bleiben. Ohne sich mit seinen Vorstandskollegen abzusprechen, gab er die<br />

mündliche Zusage, dass der Sportbund die Prozesskosten tragen würde.<br />

Ernst Korn versuchte mit dem Bürgermeister diesbezüglich ins Gespräch zu<br />

kommen. Nichtsdestotrotz blockte die damalige Gemeindeführung ab und war<br />

nicht kooperativ. Da die Gemeindeverwaltung unter dem Bürgermeister Merk sich


445<br />

absolut stur stellte, musste der Turnverein beim Landgericht auf Herausgabe<br />

klagen. Die Prozesskosten bis zu 7.000 DM wollte der Sportbund bezahlen. Am<br />

14.10.1955 war die Verhandlung. Der Vorsitzende Richter schlug folgenden<br />

weisen Vergleich vor: Die Gemeinde rückt die Turnhalle wieder heraus und<br />

1. der Turnverein zahlt an die Gemeinde den geschuldeten Betrag von 3.785<br />

allerdings in DM, der seit 1933 offenstand.<br />

Am nächsten Tag versammelte sich der Gemeinderat unter dem Vorsitz des<br />

Bürgermeister Merks. Da ging es hoch her, wie wir aus dem Gesprächsprotokoll<br />

des Walter Klein 495 entnehmen können. 90 Minuten waren aggressiv<br />

vorgetragene Wortmeldungen vorherrschend. Da flogen die Fetzen. Mit 13: 2<br />

Stimmen wurde der Antrag verschmäht. Die Mehrheit war der Meinung, dass der<br />

Verein sich eine neue Turnhalle bauen sollte.<br />

Aber das Landgericht ließ nicht locker. Langsam kehrte Ruhe und Vernunft ein.<br />

Im April 1957 gelang endlich der Durchbruch, nachdem Neuwahlen dem<br />

Gemeinderat eine andere Zusammensetzung gegeben hatte. Es war ein<br />

Kompromiss und so konnte jeder sein Gesicht wahren und jede Partei hatte<br />

irgendwie Recht bekommen.<br />

Aber die Turner waren noch lange nicht am Ziel. Denn der Pächter hatte 1947 mit<br />

der Gemeinde einen Pachtvertrag mit einer Laufzeit von 25 Jahren abgeschlossen<br />

und der wollte nicht heraus, denn so billig kam er anderswo nicht unter. 1959<br />

entschied das Amtsgericht Kaiserslautern die Räumung. Das Engagement Ernst<br />

Korns hatte sich ausgezahlt. Aber es wäre auch schlimm gewesen, wenn es anders<br />

gekommen wäre.<br />

13.9. Bau des Handballplatzes<br />

1957: Im März veranstalteten die umliegenden Turnvereine im Gasthaus Kraus<br />

Otterberg eine Werbeveranstaltung, um dem Turnverein Otterberg wieder auf die<br />

Beine zu helfen. Eine besondere Attraktion waren die fünf Erlenbacher<br />

Akrobaten. Die durften bei keiner Schauvorstellung fehlen. Heiner Eimer,<br />

Friedel Schwaderer, Hugo Steller, Horst Steinberg und Heinz Heinrich<br />

zeigten erstaunliche Figuren. Die uns vorliegenden Bilder entstanden beim großen<br />

Werbeabend in Otterberg im März 1957 496 .<br />

1957: Es war Juni und der Turnverein beging seine 50jährige Fahnenweihe. Da<br />

die Halle noch nicht zur Verfügung stand, feierte man draußen, aber das Wetter<br />

war nasskalt. Die meisten Besucher waren deshalb mit Hüten und langen Mänteln<br />

gekommen. Zwischen zwei heftigen Regenschauern ehrte der Verein die<br />

Mitglieder, die bereits 50 Jahre lang dem Turnen treu verbunden waren: Die<br />

waren Michael Bandel (* 25.12.1881) und Adam Heinrich (* 18.3.1894). Die<br />

alte Fahne bekam eine neue Schleife. Und dann ging es schnell in das<br />

Vereinslokal Oskar Korn.<br />

1959 21. Juni, gab es wieder ein ausgelassenes Fest. Der Rahmen war ein<br />

Schauturnen, als Korn Ernst seinen Sportlern den Turnplatz und die renovierte<br />

Turnhalle offiziell wieder überreichte. Der Turnverein war sportlich und<br />

495 ) Klein, Walter, * 26.10.1925 in Erlenbach, turnte seit dem 21.7.1955 für den TV 04<br />

496 ) Bericht der „die Rheinpfalz“ vom 20.3.1957,<br />

445


446<br />

446<br />

wirtschaftlich im Aufwind. Nach umfangreichen An- und Umbauten eröffnete der<br />

Turnverein am 18. August 1959 (18.8.1959) seine neue Gaststätte „Zum<br />

Turnerheim“. Dies ist auch heute noch ein Ort, wo man sich wohl fühlen kann.<br />

Herrlich sind die Linden, unter denen man im Sommer in geselliger Runde sich<br />

der Nacht entgegentrinken könnte, wenn da nicht der schaukelnde Heimweg oder<br />

das wachsame Auge des Gesetzes wäre.<br />

13.10. Die 60iger & 70iger Jahre<br />

1963 hatte die alte Turnhalle noch eine neue Ölzentralheizung erhalten. Dadurch<br />

konnten auch in den bitterkalten Wintermonaten die Turnstunden des Vereins und<br />

der Schule problemlos durchgeführt werden. Erwin Barth (Jugendwart) betreute<br />

damals 50 Jugendliche, deren Leistungen >Die Rheinpfalz< vom 17.1.1964 als<br />

sehr ansprechend bezeichnete. Die Leistungen des Turnvereins honorierten die<br />

Einwohner durch aktive Mitgliedschaft. Jeder 10. Erlenbacher war deshalb<br />

Mitglied des TV 04.<br />

1964: Der Verein veranstaltete am 1. Februar seinen jährlichen Faschingsball.<br />

Veranstaltungsort war die Gaststätte Kläs in der heutigen Erlenbacher Straße.<br />

Eine junge 5-Mann-Band spielte und heizte den Besuchern kräftig ein. Die<br />

Stimmung war riesig. Die erhaltenen Fotos dokumentieren die Lebensfreude des<br />

Abends.<br />

1964: Die Gemeindeverwaltung und der damalige Gemeindeanzeiger gratulierte<br />

den älteren Mitbürgern zum Geburtstag. Sie waren:<br />

• Katharina Strack, geborene Bachmann, * 20.1.1884,<br />

• Michael Fleischer, * 21.1.1887, Sonnenstraße 3<br />

• Eva Hoffmann, geb. Merk, * 21.1.1889, wohnhaft in der Hauptstr. 13<br />

• Therese Schröttinger (ledig), * 22.1.1892, Friedhofstraße 8,<br />

• Heinrich Thines, * 23.1.1888, Hauptstraße 8<br />

• Maria Wesner, geb. Hollstein, * 24.1.1894, Flurstraße 6<br />

1964: 3. August 164: Der Turnverein nahm sein 60jähriges Jubiläum zum Anlass,<br />

zwei Tage lang mal groß zu feiern und Rückschau zu halten. „Mit<br />

Fanfarenklängen eröffnete der Spielmannzug Morlautern unter Wilhelm Lenz den<br />

Festabend. Der Gesangverein Erlenbach sang unter der Leitung des Lehrers<br />

Georg Meng. Danach war die Mitgliederehrung, der ältesten, noch lebenden<br />

Mitglieder von 1904. Dies waren Heinrich Thines, Karl Woll und Michael<br />

Bandel. (siehe oben Näheres unter Punkt 7.6.)<br />

Pfarrer Edgar Popp aus Otterberg hielt am Sonntagmorgen unter Gottes freiem<br />

Himmel seine Predigt. Die Leitworte der Turner, Frisch, Fromm, fröhlich, Frei<br />

nahm er als Aufhänger, den Zusammenhang zwischen ausgewogener Ernährung,<br />

viel Bewegung als Voraussetzung für unsere Gesundheit und Gemütslage<br />

darzustellen. Seine Meinung über den damaligen Tanz wird wohl heute keiner<br />

mehr teilen: Er malte das Bild der gliederverzerrenden Urwaldtänze, die selbst<br />

dem Affengeschlecht unbekannt seien. Pfarrer Popp machte auch abfällige


447<br />

Bemerkungen über die schwächlichen und verweichlichten Jugendlichen, die sich<br />

nicht engagieren und nur das Saufen kennen würden 497 .<br />

Nachmittags bewegte sich ein bemerkenswerter Festzug durch die Ortsstraßen<br />

zum Festplatz am Turnerheim. Das Nachmittagsprogramm war vielfältig und<br />

wurde durch unterschiedliche Turnvorführungen spannend gestaltet.<br />

1965: Die Jahreshauptversammlung beschloss den Bau der heutigen Turnhalle.<br />

Der Baubeginn zögerte sich leider bis 1970 hinaus. 1972 konnte sie mit einem<br />

großen Sport- und Familienfest eingeweiht werden. Der Geräteraum kam in den<br />

80ern und das Sitzungszimmer entstand in den 90er Jahren.<br />

1971: Ende der 60iger rollte eine neue Fitness-Welle von Amerika aus über ganz<br />

Westeuropa hinweg. Selbst die Erlenbacher wollten sich diesem Trend nicht<br />

entziehen. So organisierten die Turner für den 15. August 1971 den ersten<br />

internationalen Volkslauf. Mehr als 900 Läufer, Geher und Wanderer nahmen die<br />

Einladung an. Mit einem so großen Andrang hatte der Vorsitzende Heinz Weber<br />

nicht gerechnet. Start und Ziel war das Turnerheim und dann ging es bergauf und<br />

bergab zum Weinbrunnerhof. Die Teilnehmer waren von der idyllischen<br />

Streckenführung durch unsere schönen Wälder und entlang blühender Wiesen<br />

wahrhaftig begeistert. Vielen gefiel jedoch nicht die Unsportlichkeit einiger<br />

Teilnehmer, die sich durch Rempeleien und Wegstoßens freien Raum für<br />

schnelleres Laufen geschafft hatten.<br />

1972: am 13.8.1971 war der 2. Volkslauf. Dieses Mal war die Teilnehmerzahl<br />

noch größer als im Vorjahr. Der Verein hatte sich gerüstet und so konnten alle<br />

Teilnehmer am Start und Ziel und unterwegs gut mit Speis und Trank versorgt<br />

werden.<br />

1973: 13.8.. Der Volkslauf stand unter dem Motto bleib fit, mach mit. Der<br />

finanzielle Erfolg weckte Neid. Und so schwammen immer mehr Vereine auf der<br />

Laufwelle und machten sich gegenseitig Konkurrenz. 1975 war die Beteiligung so<br />

schwach, dass der Verein keinen weiteren Volkslauf mehr veranstaltete.<br />

13.11. Kerstin Barth, das Aushängeschild 498<br />

1988: Im Rahmen des Schauturnens am Samstag den 12. November ehrte der<br />

Verein seine beste Turnerin. Kerstin Barth. Dazu hatte der Vorsitzende Dietmar<br />

Zund etliche Gäste eingeladen. Der Vorsitzende des Turngaus Sickingen Heinz<br />

Christmann, Klaus Hach, der Chef des Sport- und Bäderamtes und natürlich der<br />

Erlenbacher Ortsvorsteher Oswald Henrich waren gekommen. Warum stand<br />

Kerstin Barth im Mittelpunkt der Ehrungen?<br />

Unmittelbarer Anlass war ihr bombastischer Erfolg bei dem Deutschen Turnfest<br />

in Dortmund und Bochum gewesen. An dem Wettbewerb hatten 53 Turner aus<br />

ganz Deutschland teilgenommen und unsere Kerstin hatte triumphiert. Sie hatte<br />

den Siegerpokal im Kür-4 –Kampf gewonnen. Der damalige Jugendwart Arno<br />

497 ) Aus „Die Rheinpfalz“, 5.8.1964, Heute, über 40 Jahre danach, sind wir, die damaligen<br />

Saufbolde schon Großeltern und haben im Leben pflichtgemäß unseren Mann gestanden .<br />

498 ) Quelle: „Die Rheinpfalz“<br />

447


448<br />

448<br />

Barth hob in seiner Rede hervor, dass Kerstin damit ihre langjährige und<br />

außerordentlich erfolgreiche Karriere im Kür-Vierkampf gekrönt hatte. Wie hatte<br />

alles begonnen?<br />

Bereits im Alter von zwei Jahren begann Kerstin mit dem Turnen. Ihre Trainer<br />

waren die selbst erfolgreichen Turner-Eltern Christa und Erwin. Bereits mit fünf<br />

Jahren beherrschte sie fast alle schweren Übungen des Bodenturnens. Mit acht<br />

Jahren verschrieb sich Kerstin dem Kunstturn Leistungssport. Mit elf Jahren<br />

wurde sie das erste Mal Pfalzmeisterin. Jährlich nahm sie an den Deutschen<br />

Meisterschaften teil und glänzte jedes Mal mit vorderen Platzierungen. 1988<br />

gelang ihr mit dem Sieg dann der größte Coup.<br />

Kerstin legte 1989 am Heinrich Heine Sportgymnasium das Abitur ab. Sie hatte es<br />

verstanden, in vorzüglicher Art und Weise ihre akademischen und sportlichen<br />

Ambitionen miteinander zu verbinden. Bereits als Jugendliche hatte sie sich als<br />

Gaukunst-Turnwartin betätigt. Im Rahmen ihrer Ausbildung im Bundes-<br />

Leistungs-Zentrum hatte sie als einzige Frau die Lizenz als Bundes-<br />

Kampfrichterin erworben.<br />

Kerstin hat nun selbst zwei Kinder. Neben ihrem Beruf und ihren Belastungen als<br />

Hausfrau und Mutter opfert sie wöchentlich drei Nachmittage, um ihr Können und<br />

ihr Wissen an unsere jungen Sportlerinnen weiterzugeben. Man sieht, die<br />

Mädchen sind mit großer Begeisterung beim Training und absolvieren<br />

konzentriert und engagiert jede Turnübung. Für mich als Sportler und früherer<br />

Turner ist es sehr erstaunlich, welche Spitzenleistungen da mit Feuereifer gezeigt<br />

werden. Die 11jährige Johanna ist eine Prinzessin des Hochrecks. Ihre gestreckten<br />

Riesenfelgen im Sekundentakt, umgreifen, Handstand und dann ihr geschraubter<br />

Flugabgang sieht der objektive Beobachter mit großen Augen. Der Trainerin<br />

Kerstin gebührt permanent ein Riesenbukett von dankenden und ehrenden<br />

Worten.<br />

Das Jahr 2005<br />

Unsere akrobatische Mädchengruppe (1.6.2005)<br />

Leitung Kerstin Brand, geborene Barth


449<br />

beim Dehnen und Strecken<br />

449


450<br />

450<br />

Handstand auf dem Reck, eine starke Leistung!


451<br />

Aber der Turnverein 04 Erlenbach ist auch ein anerkanntes Leistungszentrum. Viele<br />

amerikanische Familien wissen von dem guten Ruf und schicken ihre Kinder zur<br />

Ausbildung nach Erlenbach. Von der großen Mädchengruppe kommen nur noch vier<br />

aus Erlenbach.<br />

451


452<br />

452<br />

13.12. Der prot. Kindergarten<br />

1935 war in der Bergstraße das alte Kindergarten-Gebäude errichtet worden, das<br />

allen damaligen Hygiene - Vorschriften entsprach. Nach dem Kriegsende war der<br />

Kindergarten wegen des Wohnungsmangels erst einmal privat bewohnt. Als die<br />

französischen Manövertruppen Platz für ihre Soldaten benötigten, bot die<br />

Gemeinde das Gebäude als Kommando- und Leitstelle an. Ab 1949 bemühte sich<br />

die Gemeinde um eine baldige Wiedereröffnung. Zu diesem Zweck schloss sie<br />

mit dem Diakonissen-Mutterhaus in Marburg einen Vertrag zur Gestellung<br />

einer Kindergärtnerin. Aber sehr schnell kam die Gemeinde an ihre finanziellen<br />

Grenzen. Deshalb beabsichtigte der Gemeinderat, das Gebäude an die<br />

Evangelische Kirche der Pfalz zu verkaufen und den Betrieb der protestantischen<br />

Kirchengemeinde zu übertragen. Natürlich wollte sich die Gemeinde nicht ganz<br />

aus ihrer Verantwortung stehlen und sie sicherte dem kirchlichen Träger einen<br />

jährlichen Betriebszuschuss zu.


453<br />

13.13. Der FCE<br />

Der Krieg war schlimm gewesen, aber dennoch ging das Leben weiter. Man<br />

benötigte Ablenkung und Sport ist und war hierfür die beste Möglichkeit. Die<br />

Militärverwaltung in Otterbach genehmigte im Dezember 1945 499 wieder den<br />

Amateur-Fußball. Selbst die Turner fanden sich wieder ein, zuerst als eine Abteilung,<br />

aber schon 1949 gründete sich der Turnverein 1904 wieder neu.<br />

1950 Die Erlenbacher Fußballer waren schon vor dem Krieg spitze, auch jetzt hatten<br />

sie in ihrer Liga keinen adäquaten Gegner. 1950 stiegen sie auf. In der<br />

Meistermannschaft spielten erstklassige Leute, deren Namen noch heute einen guten<br />

Klang haben. Karl Weber, Walter Hager, Willi Merk, Karl Thines, Hugo<br />

Schneider, Fritz Sokoly, Eugen Merk, Erwin Schmidt, Herbert Martin (*<br />

21.10.1918). August Schneider und Fritz Heinrich.<br />

Das Photo zeigt die Herren Sportfunktionäre noch ganz in der alten Tradition, ohne<br />

Hut galt man nicht als angezogen.<br />

499 ) 1946: neue Mitglieder waren Walter Hager, Lesoine Kurt, Hans Reisel, Fritz Sokoly und Karl<br />

Weber<br />

453


454<br />

454<br />

Diese Mannschaft gewann die Meisterschaft der Bezirksklasse und stieg damit in die<br />

II. Amateurliga auf. Die fünf Betreuer waren von links Hans Blauth, Artur Strack<br />

dann die siegreiche Elf: bestand aus Karl Weber, Heiner Katzenbach, Daniel<br />

Stanger, Werner Marburger, Klaus Illig, Fritz Sokoly, Hugo Schneider, Eugen Merk,<br />

knieend Karl Christmann, August Schneider und Fritz Heinrich. Neben dem<br />

Schiedsrichter stehen Albert Winter (die Schwalb) Karl Hix und Kurt Bandel


455<br />

13.14. Die Sportler von 1955<br />

Am 27. Dezember teilten die beiden Sportvereine ihre Mitgliederzahlen dem<br />

Bürgermeisteramt Erlenbach mit. Bürgermeister war damals Herr Merk.<br />

455


456<br />

aktive Mitglieder<br />

456<br />

FCE Turnverein<br />

bis 13 Jahre 11 35 (19 weibl<br />

14 bis 18 Jahre 13 24 (8 weibl<br />

über 18 Jahre 32 12<br />

passive Mitglieder 149 (2 weibl 42<br />

insgesamt 207 (2 weibl 113 (2 weibl<br />

Liebe Leser, Sie sehen der Turnverein hat und hatte zwei Vorteile. Erstens mehr<br />

als die Hälfte sind aktive Sportler und zweitens überrascht der hohe Anteil an<br />

Mädchen und Frauen, die Sport treiben.<br />

Freunde kicken


457<br />

13.14. Bau der Sportanlagen<br />

1950: Die FCE- Generalversammlung unter der Leitung ihres Vorsitzenden<br />

Richard Groß 500 vom 16.1.1950 war richtungweisend. Sie beschloss den heutigen<br />

Sportplatz zu bauen. Der Vorstand nahm mit der Gemeinde Erlenbach<br />

dementsprechende Kontakte auf und fand offene Ohren und Türen. Bereits am<br />

15.6.1950 schloss der Vorstand mit der Gemeinde einen Pachtvertrag.<br />

Richard Groß, Vorstand von 1949 bis 1952, er war Schreinermeister und half<br />

nach seiner Rückkehr aus der Gefangenschaft, die Firma Pfaff wieder aufzubauen.<br />

Jetzt konnte der Verein an die Realisierung gehen. Durch die Vereinsaktivitäten<br />

gewann der Verein viel Sympathie. 14 neue Mitglieder traten 1950/51 ein, die bis<br />

zu ihrem Tod dem Verein die Treue hielten 501 . Zahlreiche größere und kleinere<br />

Spenden häuften sich zu einer erstaunlichen Summe. Bei der Weihnachtsfeier kam<br />

nochmals viel Geld zusammen. Dann war erstmals Schluss, denn es war Winter<br />

und es lag Schnee. Der Boden war zudem gefroren. Als das Wetter sich besserte,<br />

versammelten sich zahlreiche Helfer, um das Waldstück zu roden und für den<br />

Platzbau aufzubereiten. Das war ein hartes Stück Arbeit, das sich bis in das Jahr<br />

1956 502 hinzog. Denn schwere Maschinen standen nicht zur Verfügung. So<br />

dauerte es mehr als fünf Jahre, bis endlich am Wochenende des 28. und 29. Juli<br />

1956 die Einweihungsfeier den offiziellen Spielbetrieb auf dem Buchberg<br />

eröffnete. Es war ein großes Fest und ein hervorragender Rahmen, um Danke zu<br />

sagen. Ein Beisitzer hatte die geleisteten Stunden aus den Helferlisten aufaddiert<br />

und war zu einem erstaunlichen Ergebniss gekommen. Mehr als 20 Mitglieder<br />

hatten jeweils mehr als 500 Stunden beim Stadionausbau erbracht 503 .<br />

Morgens war der Festgottesdienst und nachmittags, nach dem Eröffnungsspiel,<br />

spielte die Kapelle des Musikvereins. Zur Erinnerung und als Dankeschön an die<br />

Zehntausend Helferstunden errichtete die Vereinsleitung unter der Leitung von<br />

Kurt Bandel einen heute wenig beachteten Gedenkstein, der in der Rundung zur<br />

Mehrzweckhalle steht. Der Sportplatzbau war ein anerkennenswerter Höhepunkt<br />

für die Vereinsarbeit Kurt Bandels, um die Verantwortung in die Hände Kurt de<br />

Schryvers zu legen. Denn Kurt betrieb in KL im alten Pfalztheater-Gebäude<br />

einen gut gehenden Photoladen, der seine ganze Arbeit nun erforderte.<br />

1957: Kaum war diese Last geschultert, nahm der Verein das nächste große<br />

Projekt ins Visier: das Vereinsheim. Fachleute schätzten den Bau auf 70.000 DM.<br />

Bereits ab dem Frühjahr 1958 standen samstags die Helfer wieder unentgeltlich<br />

bereit. Wer mauern konnte, mauerte. Auch genug Laien leisteten wertvolle<br />

Handreichungen wie: Mörtel anrühren & tragen, Steine holen und bereitstellen.<br />

Mittags Schlag 12 Uhr kamen die Hausfrauen oder die Kinder mit den<br />

Essenskännchen und versorgten die verschwitzten Arbeiter. Insgesamt benötigten<br />

die fleißigen Heinzelmännchen drei Jahre, um den ersten Bauabschnitt fertig<br />

500 ) Richard Groß war von 1949 bis 1952 FCE Vorsitzender. Ihm folgte für 6 Jahre Kurt Bandel.<br />

501 ) Barth Erwin, Bang Karl †, Becker, Adolf, Hager Werner, Herbach Gerhard, Herbach Hardi,<br />

Herbach Philipp, Korn Heiner, Erhard Marky, Hugo Merk, Wilfried Müller †, Eugen Reisel †,<br />

Otto Wenzel und Hermann Wenzel.<br />

502 ) 1956 traten Peter Knieriemen und Horst Ruelius ein!<br />

503 ) Besonderes Engagement hatten gezeigt: Karl Trautwein, Richard, Groß, de Schryver Kurt,<br />

Albert Winter, Karl Hix, Otto Herbach, Fritz Knieriemen, Artur Strack, Schneider Hugo, Lesoine<br />

Kurt, Hartwig Speier, Heinz Zimmer, Bandel Kurt, Fritz Heinrich und Kurt Wilhelm, Weber Karl,<br />

Willi Lenz, Eugen Engel, Kurt Wilhelm, Jacob Herbach, Barth Emil<br />

457


458<br />

458<br />

zustellen. Sie konnten stolz sein und erhielten deshalb von allen Anerkennung.<br />

Was hatten sie nicht alles geleistet? Gezimmert, das Dach gedeckt, die Elektro-<br />

und Sanitär-Installationen erledigt, verputzt, gefliest, gestrichen und Estrich<br />

gelegt. So entstanden die Duschräume & Umkleidekabinen für die Spieler, ein<br />

Sitzungsraum und eine Gaststätte mit einer kleinen Wohnung.<br />

Doch alles war etwas zu klein und zu beengt geraten. So war die Erweiterung<br />

zwangsläufig. Die finanziellen Mittel errang der FCE 1964 durch den Verkauf<br />

seines alten Geländes, auf dem acht Wohnhäuser entstanden. Damals nahm das<br />

Sportheim die Gestalt und den Schnitt an, den es heute noch prägt. Längst sind<br />

wieder Renovierungen und Verbesserungen fällig, um einen zeitgemäßen<br />

Standard halten zu können.


459<br />

13.15. Der Gesangsverein<br />

459


460<br />

460


461<br />

13.15. Das Unwetter am 11.5.2000<br />

Im 18. Jahrhundert war man felsenfest davon überzeugt, dass der liebe Gott die<br />

bösen Sünder bestrafte. Hierfür nahm unser himmlischer Vater Blitz, Donner,<br />

Regen- und Hagelstürme zur Hand. Wenn dies auch heutzutage zu treffen würde,<br />

dann sind auf dem Ochsenberg und in der Weiherstraße Erlenbacher Sünder<br />

ansässig. Aus diesem Grund sandte er am späten Samstagnachmittag mal ein paar<br />

eindrucksvolle Abmahnungen. Gegen 18 Uhr ging es los. Es krachte und blitzte<br />

direkt über unseren Köpfen und es war das schwerste Unwetter seit Jahrzehnten.<br />

Walnussgroße Eisbrocken krachten auf die Haus- und Autodächer, die nach<br />

kurzem wie Streuselkuchen aussahen. Das Wasser stieg und stieg und bald danach<br />

war aus der Weiherstraße ein rasant fließender Bach geworden. Die Kinder hatten<br />

Spaß an dem, was sie sahen. Die Hausbesitzer schauten erst erstaunt, dann doch<br />

entsetzt, was sich innerhalb weniger Minuten entwickelte. Das Wasser reichte bis<br />

an die Radnaben der Autos. Wer Pech hatte, dem lief blitzartig der Keller voll.<br />

Die Feuerwehren aus KL, Morlautern und Siegelbach waren prompt zur Stelle.<br />

Dem Wehrführer Hans-Otto Kraus genügte ein geübter Blick und dann kamen<br />

seine Kommandos. Unsere Helfer öffneten die schweren Gullys, damit das<br />

Wasser ablaufen konnte. Daraufhin begannen die Wasserwehrleute koordiniert<br />

und rasant ihren Kampf gegen das nasse Element. Als die dicken C- Rohre<br />

lagen, pumpten die starken Lautrer Motoren mit voller Kraft und die Nachbarn<br />

halfen sich gegenseitig bei der Schadensbegrenzung bzw. deren Beseitigung.<br />

Das Erlenbacher Feuerwehr-Auto ist auf dem Chassis eines 7,49 Tonnen Daimler<br />

LKW aufgebaut. Die berühmte Fachfirma Ziegler fertigte darauf eine rund um<br />

perfekte Feuerbekämpfungs-Einheit. Das Fahrzeug hat die Typenbezeichnung LF<br />

8/8 und bringt 9,2 Tonnen Gesamtgewicht auf die Achsen. Der permanente<br />

Tankinhalt beträgt 800 Liter. Die Pumpenleistung von 800 Liter je Minute ist<br />

beachtlich. Der Wasserdruck von 8 bar löscht unverzüglich kleinere Brandherde.<br />

An den Einsatzort können neben dem Wehrführer noch 8 Feuerwehrleute<br />

mitfahren.<br />

Regelmäßige Wartung und Pfleg tut not. Diesmal erledigt von Michael und<br />

Martin Bürthel und Thomas Heinrich.<br />

13.15. Gefesselt in einer blauen Plastikhülle<br />

eine Männerleiche im Hagelgrund<br />

2005, 25. März: Am Karfreitag war wunderschönes Wetter. Die Sonne schien und<br />

angenehmes Frühlingswetter lockte zum Spaziergang. Die 51jährige Carla Eberle<br />

packte ihren Hund „Bino“ in den Kofferraum und fuhr in den Hagelgrund. Zuerst<br />

führte sie ihn an der Leine und dann durfte er frei herumlaufen. Die beiden liefen bis<br />

zur Waschmühle und dann kehrten sie um. Der Weg bereitete den beiden einen<br />

vergnüglichen Tag und öffnete ihr Herzen. Dass ihr viele Menschen begegneten,<br />

störte sie nicht. Bino war in seinem Element. Stöckchenwerfen und dann ab und zu<br />

sprang er in den Eselsbach. So ging es langsam wieder zum Auto zurück.<br />

Kurz vor 18 Uhr: Doch kurz vor der K 9 schlug Bino an. Carla Eberle rief den<br />

Hund, aber der kam nicht. Bino bellte und bellte und rührte sich nicht vom Platz.<br />

Also ging Frau Eberle die 30 Meter durch die Wiese. Was sie sah, ließ ihr Herz vor<br />

Schreck fast stehen. Ein Totenschädel grinste sie an. Sie packte ihren Hund am<br />

461


462<br />

462<br />

Halsband und rief mit dem Handy die Polizei an. Was dann kam, war Routine. Die<br />

Leitstelle alarmierte Kriminalpolizei und Feuerwehr. Doch was war wirklich<br />

passiert? Wir zitieren aus der Rheinpfalz Nr. 72 vom 29. März.<br />

„Es war am säten Abend des Karfreitags, eine Szene wie aus einem Krimi-Reißer.<br />

Die Stille des Eselsbachtals an der kleinen Brücke über die Kreisstraße 9 in der<br />

Gemarkung Erlenbach wurde durch das laute Motorgeknatter zweier Stromaggregate<br />

der Feuerwehr zerrissen. Scheinwerfer erhellten mehr als 500 Quadratmeter des<br />

Wiesentals in ein gespenstiges Kunstlicht. Nebelschwaden zogen durch das Tal,<br />

legten sich wie Schleier um die Flutlichtstrahler. Polizisten hatten ein weißrotes<br />

Absperrband großzügig um die Fundstelle gespannt.<br />

In der Wiese in Richtung Waschmühle waren im kargen Licht vier Menschen<br />

auszumachen, die sich über etwas am Boden beugten: Beamte der Kriminalpolizei,<br />

die sich um den makabren Fund kümmerten, den der Hund der Spaziergängerin<br />

Stunden vorher aufgestöbert hatte. Es handelte sich um die flüchtig mit Erdreich<br />

bedeckte und wenige Zentimeter tief, offensichtlich in aller Eile eingebuddelte<br />

Leiche eines Mannes. Gefesselt mit einem Computerkabel war der Tote eingehüllt in<br />

eine blaue Plastikhülle.<br />

Der Körper des Unbekannten war teilweise bereits mumifiziert. Was daraus<br />

schließen lässt, dass er bereits geraume Zeit in der Erde lag. Teile der Hände und<br />

Füße fehlten, sie waren vermutlich von Wild frei gescharrt und gefressen worden.<br />

Ein Gerichtsmediziner aus Mainz kam noch am Abend zur Fundstelle und nahm<br />

nähere Untersuchungen vor.<br />

War die Fundstelle auch der Ort an dem der Mord geschah? Nachdem die Spuren<br />

gesichert waren, brachte ein Beerdigungsunternehmen die Leiche zur<br />

gerichtsmedizinischen Untersuchung. Die Polizei erklärte, die Leiche sei inzwischen<br />

obduziert worden. Es handelte sich um einen 1,83 m großen Mann, der etwa 40 – 50<br />

Jahre alten Mitteleuropäer. Aber weder die Identität, noch die genaue Todesursache<br />

konnten festgestellt werden. Weitere Untersuchungen, auch toxilogischer Art werden<br />

folgen.<br />

30. März Am Dienstag gelang die Identifizierung. Ein Mitarbeiter der<br />

Stadtverwaltung brachte die Polizei auf die Spur. Der hatte sich durch die<br />

Presseveröffentlichung an gefundene Ausweispapiere erinnert. Er rief an und<br />

Polizisten holten die Dokumente am Dienstag ab. Daraufhin ermittelte die Kripo den<br />

Zahnarzt des Toten. Jetzt steht fest, es handelt sich um einen 48 jährigen<br />

Russlanddeutschen, der allein in einem Einzimmer- Appartement wohnte. Vor etwa<br />

4 Monaten sei er verschwunden und der Vermieter renovierte die Wohnung und<br />

vermietete sie weiter.


[AKTEN]<br />

Ober Appelations Gericht 311<br />

[BERUFE - POLIZEIDIENER]<br />

Knieriemen, Jacob III. 367, 389<br />

[BERUFE)<br />

Feuerwehrhauptmann 461, 492, 494<br />

[BERUFE]<br />

Metzger 352, 419<br />

463<br />

INDEX<br />

[BERUFE] 220, 227, 238, 243<br />

Adjunkt 374, 375<br />

Bauschaffner 374<br />

Bauunternehmer 374, 375<br />

Bezirksbauschaffner 374, 376<br />

Bürgermeister 373, 374, 375, 376<br />

Chirurg 219<br />

Dragoner 169, 231, 290, 305<br />

Fußsoldaten 72, 74, 87<br />

Geometer 340<br />

Hebamme 204, 307, 358, 380<br />

Hirte 187, 231, 234, 260, 272, 341<br />

Hutmacher 119, 239<br />

Landrat 204, 205, 328, 459, 494<br />

Landwirte 373<br />

Polizei 174, 175, 261, 347, 493, 522, 523<br />

Polizeidiener 374<br />

Schäfer 230, 231, 260, 273, 341, 351, 352, 407, 419, 526<br />

Schreiner 183, 205, 365, 402, 432<br />

Schultheiß 15, 20, 23, 31, 66, 67, 68, 69, 70, 73, 75, 115, 166, 174, 221, 225, 260, 261, 263,<br />

269, 271, 273, 278, 353<br />

Steinmetzmeister 23, 36<br />

Strumpfstricker 248<br />

Tuchmacher 230<br />

Unternehmer 374, 376<br />

Zimmerleute 201, 202, 365<br />

[KAISER, KÖNIGE, POLITIKER]<br />

Richelieu, Kanzler Frankreichs 132, 146<br />

[LEHRER]<br />

Karl Gugel 401, 418, 428, 429<br />

[LEHRER]<br />

1717 - 1726 Bourgeois David 189, 197, 198, 201, 203, 206, 207, 209, 211, 215, 216, 222<br />

Anthone Migeot (bis 1714) 190, 197, 216, 220, 333<br />

Antoine Migeot (bis 1714) 189, 192, 202, 204<br />

August Schneider, 1913 387, 388, 390<br />

Ernst Stamm (1824 - 1844) 361<br />

463


464<br />

464<br />

Ernst Stamm (1824 - 1850) 361<br />

Hedwig Weber 428<br />

Heinrich Hofstadt, Morlautern 387<br />

Heinrich Jeblick 387, 390, 427<br />

Jacob Schmidt 418, 427, 429<br />

Johann Jacob Rheinheimer 361<br />

Johann Peter Gutenberg († 1781) 265, 273<br />

Johann Peter Gutenberg (oo 1781) 265, 274, 361<br />

Johanna Steiner 400<br />

Jost Riemenschneider († 1740) 232<br />

Jost Riemenschneider, († 1740) 263<br />

Julius Schmidt (1900 - 1916) 386, 387, 388<br />

Julius Schmidt (1900 – 1916) 390<br />

Julius Schmidt (1900 – 1916) 390<br />

Julius Schmidt (1900 – 1916) 390<br />

Paula Guth 401<br />

Riemenschneider, Jost 231, 232, 233, 263, 361<br />

Thekla Weynantz (1916) 387, 390<br />

Valentin Caub † 1728, 230, 263<br />

Wilhelm Cherdron (1906) 371, 387<br />

Wilhelm Ludt 387, 390, 427<br />

[ORTE<br />

Obermoschel 158<br />

[ORTE)<br />

Pfeddersheim, Bauernkrieg<br />

[ORTE]<br />

Alsenborn 26, 304<br />

Sedan 160, 168, 389<br />

[ORTE]<br />

Albisheim 50, 52<br />

Albisheim a.d. Pfrimm 39, 125, 182, 322<br />

Albisheim a.d.. Pfrimm 173<br />

Alsenborn 75<br />

Alsenbrück 22, 35<br />

Altleiningen 84, 85, 279<br />

Alzey 253, 327, 351<br />

Aschaffenburg 84<br />

Avignon, Papstsitz 23<br />

Baalborn 19, 185, 246, 296, 311, 341, 344, 488, 494<br />

Bacherach 287<br />

Bamberg 28<br />

Bayersfeld 374<br />

Bergstraße 13, 170, 198, 438, 443, 456, 470, 471, 495, 499, 521<br />

Bisterschied 375<br />

Bitsch 48, 142, 289<br />

Bockenheim 23, 33<br />

Bornberg, 1793 Schlacht 294<br />

Boulay, Lothringen 146<br />

Brunnenwiesen 17<br />

Buchberg in Erlenbach 12, 294, 295, 303, 380, 513<br />

Burg Vohburg, Bayern 35<br />

Burg Wolfstein bei Landshut 36


465<br />

Cambrai 173<br />

Colmar 48<br />

Den Haag 300<br />

Dielkirchen 80<br />

Disibodenberg 79<br />

Disibodenberg, Kloster 24<br />

Donauwörth 66<br />

Drehenthaler Glashütte 197, 203, 207, 229, 231, 274, 344<br />

Dreisen, früher Münsterdreisen 50, 51, 53<br />

Duchroth 278<br />

Dürkheim 33, 309, 328<br />

Enkenbach 12, 21, 26, 36, 304, 375<br />

Erfenbach 116, 231, 271, 301<br />

Erlenbach 71, 115, 153, 159, 188, 200, 209, 211, 212, 214, 216, 217, 219, 221, 223, 225, 269,<br />

316, 317, 340, 341, 356, 366, 373, 374, 375, 376, 399, 400, 406, 409, 430, 431, 444, 457,<br />

474, 509, 518, 519, 530<br />

Eselsmühle 201<br />

Florenz 63<br />

Frankenthal 107, 140, 159, 160, 286<br />

Frankfurt 22, 29, 35, 60, 62, 68, 74, 93, 121, 144, 170, 200, 201, 203, 210, 215, 219, 286, 482<br />

Fröhnerhof 304<br />

Galgenschanze in KL 290, 303<br />

Gaststätte 380, 420, 432, 433, 514<br />

Geinsheim 262<br />

Gembloux, Schlacht 1576 106<br />

Gersweilerhof 373, 376, 405<br />

Gersweilerkopf 17, 304, 312, 444<br />

Glantal 291<br />

Göllheim 51, 301, 304<br />

Hagelgrund = Eselsbachtal 17, 71, 75, 275, 277, 303, 312, 444, 446, 453, 522<br />

Hanau 140, 200, 201, 219, 222<br />

Heiligenmoschel 72, 280, 283, 303, 305, 329, 553<br />

Heiligenmoschel (1632) 129<br />

Hockenheim 169<br />

Holzappel 175, 182, 188, 189, 193, 213, 219, 220, 248<br />

Höningen 85<br />

Höningen, Kloster 85<br />

Hornbach 79<br />

Husarenäcker 265, 267, 268, 269, 303, 351, 521<br />

im Welchental 298, 383<br />

Kaiserslautern 317, 336, 373, 374, 375, 400, 406, 530<br />

Kaiserstraße 69, 329<br />

Kaiserstraßen 309, 327, 328<br />

Katzweiler 39, 185, 218, 219, 260, 289, 291, 303, 312, 333, 489<br />

Ketzenwoog 71<br />

Kloster Rosenthal 63<br />

Kohlplatte 17, 312<br />

La Chapelle 166<br />

La Chapelle, Picardie, einige Bürger kamen nach Otterberg 160, 164<br />

Lachen 72, 169, 172<br />

Ladenburg 170, 172, 312<br />

Lambrecht 15, 19, 69, 183<br />

Landau 100, 262, 286, 287, 298, 299, 303<br />

Lanzenbrunner Weiher 259<br />

Lauerhof 294, 295, 296<br />

Lauterecken 290, 293, 308, 309, 336<br />

465


466<br />

466<br />

Limoges 103, 105, 266<br />

Lochwiesen 17, 19, 444<br />

Longwy 285<br />

Mainz 12, 15, 19, 22, 26, 29, 31, 34, 35, 38, 39, 71, 72, 90, 121, 128, 139, 144, 183, 267, 285,<br />

286, 289, 300, 305, 310, 322, 323, 326, 327, 328, 369, 523, 551<br />

Mainz, Mayence 300, 309, 325<br />

Mannheim 70, 107, 170, 174, 214, 218, 219, 280, 309, 452, 455<br />

Marienthal 15, 183, 306<br />

Marphée, 1641 Schlacht bei Sedan 139, 151, 152<br />

Messersbach 30, 230, 255<br />

Metz 33, 104, 143, 160, 161, 174, 175, 181, 222, 232, 233, 263, 266, 270, 325, 326, 327, 328,<br />

393, 395, 551<br />

Mölschbach 313, 316, 317, 530<br />

Monts en Honau, 1685 Einwanderung 175, 176<br />

Morlautern 375<br />

Münchschwanderhof 89, 234<br />

Münsterdreisen, heute Dreisen bei Kibo 36<br />

Namur 104<br />

Neuhemsbach 255<br />

Neukirchen 19, 233, 276<br />

Neustadt 12, 84, 88, 107, 140, 169, 172, 327, 470<br />

Niederkirchen 72, 99, 173, 252, 253, 254, 255, 256, 259, 278, 308, 341<br />

Nîmes 187<br />

Nîmes, Geburtsort Fauchers 187<br />

Nördlingen, 1634 Schlacht 132, 139<br />

Oberndorf 29, 47, 52, 57<br />

Odenbach 71, 72, 83, 251, 252, 254, 255, 257, 309, 311<br />

Odernheim 79, 145<br />

Offenbach am Glan 79<br />

Oggersheim 309<br />

Oppenheim 12, 84, 85, 185, 188, 231, 286, 300<br />

Oppenheim, wichtige Festung und Rheinübergang 121, 122, 123, 124, 127, 155, 158, 173, 181<br />

Otterberg 340, 373, 374, 375, 400<br />

Paris 22, 68, 101, 107, 116, 146, 285, 300, 309, 325, 326, 327, 328, 388, 396, 551<br />

Pavia, 1329 Vertrag 67, 90<br />

Petite-Roselle 404<br />

Pfeddersheim 84, 85, 86, 87, 88<br />

Philippsburg 169, 172<br />

Picardie, Provinz im Nordosten Frankreichs 105, 160, 164, 169, 174, 186, 393, 438<br />

Pisa 63<br />

Provinz Nordosten Frankrachs 101, 160, 164<br />

Ramstein 20, 73, 83, 301, 302, 305, 352<br />

Rehborn 145, 254<br />

Reichenbach 33, 75, 145<br />

Reichenbacher Hof 293<br />

Reipoltskirchen 81, 254, 305, 308, 309<br />

Remigiusberg, Kloster 79<br />

Retzbach, Niederdonau 446<br />

Rijswijk, 1697 Friedensvertrag 183<br />

Rockenhausen 129, 217, 218, 219, 234, 248, 274, 305, 306, 336, 350<br />

Rohrbach 19, 26, 232, 276<br />

Rosenthal, Kloster bei Eisenberg 51<br />

Rottweil, 1643 Schlacht 149<br />

Saarbrücken 103, 133, 139, 143, 177, 266, 309, 328, 410, 452, 469<br />

Sambach 23, 31, 32, 68, 69, 89, 115, 116, 165, 186, 260, 294, 295, 313, 314, 333<br />

Sandwallweiher 71


467<br />

Sankt Alban 33<br />

Saulheim 15, 19, 29<br />

Schallbrunnen im Hagelgrund 296, 311<br />

Schallbrunnertal 16, 60<br />

Schallodenbach 291, 303, 308<br />

Schlangen-Woog 16<br />

Schlangenwoog im Hagelgrund 71<br />

Schmitterhof 438<br />

Schneckenhausen 291, 293, 295<br />

Schorleberg bei Alsenborn 304<br />

Sedan, seit 1641 Asylort 142, 160, 164, 166, 167, 186<br />

Sedan, Zufluchtsort 161, 165, 278<br />

Sembach 256, 296, 304<br />

Sinsheim, 1674 Schlacht 169, 170, 172<br />

Sivac 278<br />

Speyer 19, 29, 33, 34, 38, 39, 41, 70, 73, 79, 81, 82, 83, 84, 89, 119, 171, 182, 251, 286, 287,<br />

309, 311, 314, 331, 335, 337, 339, 340, 360, 387, 388, 391, 392<br />

Sponheim 20, 66, 67, 72, 352<br />

St. Germain en Laye 132, 163<br />

Standenbühl 351<br />

Staudernheim 145<br />

Steinwenden 20, 73, 83, 218, 352<br />

Straßburg 46, 47, 50, 57, 65, 84, 99, 104, 142, 154, 157, 171, 177, 183, 185, 226, 261, 262, 266,<br />

310, 325<br />

Stüterhof 88<br />

Turnerheim 22, 61, 95, 118, 257, 305, 313, 351, 420, 424, 426, 437, 476, 493, 503<br />

Valenciennes 173<br />

Valmy 285<br />

Versailles 285, 290, 400<br />

Vogelweh 290, 303<br />

Vogelweh, Vogel Weeh 301<br />

Waldböckelheim, Plünderung 1635, 144<br />

Waldgrehweiler 375<br />

Waldmohr 291<br />

Weihenstephan 46<br />

Weilerbach 12, 20, 73, 83, 352, 488<br />

Weinbrunner Hof 206, 233, 234<br />

Welchental 73<br />

Weselberg 230<br />

Wetzlar 299<br />

Weyler, Nähe vom Reifen-Broschart 108, 182, 194, 212, 213, 214, 215, 216<br />

Winnweiler 129, 200, 277, 301, 303, 305, 310, 328, 336, 350<br />

Wittenberg, Schloßkirche 76<br />

Wolfstein 252, 258, 306, 551<br />

Worms 33, 39, 40, 89, 93, 139, 144, 286<br />

Worms, Reichstag 12, 76, 77, 79, 253<br />

Wörsbach 120, 161, 252, 260<br />

Würzburg 84, 121, 387, 462<br />

Zweibrücken 76, 77, 79, 80, 336<br />

[ORTE]]<br />

Albisheim 227, 321<br />

[ORTE}<br />

Lämmchesberg 301, 303<br />

467


468<br />

468<br />

[REICHSWALD]<br />

Gersweilerhof im Reichswald 17, 20, 21, 25, 69, 73, 111, 181, 201, 280, 281, 311, 351, 352,<br />

353, 362, 382, 453, 490, 521<br />

{ORTE]<br />

Otterbach 69, 89, 107, 230, 260, 271, 283, 295, 301, 303, 313, 330, 332, 333, 334, 352, 361,<br />

377, 522<br />

ABT ADAM<br />

Abt von Disibodenberg 79<br />

ABT ANTON RATZ<br />

von Disibodenberg 79<br />

ABT CONRAD<br />

1209, bestätigt die Waldrechte 19, 73<br />

ABT FOLKARD<br />

1241, Bau der Steinrose 22<br />

ABT JOHANN VON KINDHAUSEN<br />

von Hornbach 79<br />

ABT OTTO VON ENKENBACH<br />

1253 Probst 36<br />

ABT STEPHAN<br />

1195- 1225 Abt 19, 26<br />

ABT STEPHAN VON OTTERBERG 26<br />

ABT ULRICH<br />

1241 - 48, kauft Wald bis Alsenbrück 22, 35<br />

ABT WALTHELM<br />

1247 - 1259 in Otterberg 23<br />

1247 -59, kaufte Höferer Land 23, 25, 36<br />

kaufte 1253 Höferer Land 36<br />

ABT WILHELM VON ST. GALLEN<br />

1298 Kämpfer bei Göllheim 52, 55<br />

ACHENBACH, JOH. HEINRICH<br />

1650<br />

reform. Pfarrer in Otterberg 165<br />

AMBERT<br />

franz. General 291, 292, 300, 301, 302, 303<br />

BALDUIN<br />

Erzbischof von Trier, Bruder König Heinrichs VII. 62<br />

BAMBERG<br />

1644, Kommandeur von Philippsburg 154<br />

BARTH


469<br />

Anna Catharina (1775) 317, 530<br />

Carolina (±1818) 317, 530<br />

Catharina (±1814) 317, 530<br />

Charlotta (1826) 317, 530<br />

Charlotta Elisabetha (1781) 317, 530<br />

Jacob (1821) 317, 530<br />

Jacobina Elisabetha (1783) 317, 530<br />

Johann Heinrich III. (±1812) 317, 530<br />

Johann Heinrich, genannt der Große (1773) 317, 530<br />

Johann Michel (1748) 316, 530<br />

Leonhard (±1795) 317, 530<br />

Leonhard (1810) 317, 530<br />

Maria Catharina (1789) 317, 530<br />

Maria Elisabetha (1771) 317, 530<br />

Martha Catharina (1778) 317, 530<br />

Martha Katharina 317, 530<br />

BARTH, DANIEL<br />

verkauft an FCE Wiese 419<br />

BARTH, JOHANN HEINRICH<br />

Eheschließung 1809 313<br />

BLÜCHER<br />

Gerhard Leberecht von, Feldmarschall 291<br />

preuß Feldmarschall 291, 293, 295, 296, 299, 304, 305, 327<br />

BOLANDEN<br />

berühmtes Grafengeschlecht 23, 33, 222<br />

BOUILLON<br />

vgl. Duc de Bouillon & Wilhelm v Oranien 81, 139, 150, 151, 152, 160, 161, 168<br />

BOURGEOIS, DAVID<br />

1717 - 1729 Spendensammlung und Lehrer 211<br />

BRAUNSCHWEIG<br />

Herzog Wilhelm Ferdinand, Heerführer 290, 293, 294, 298, 300<br />

BROSCHART<br />

Reifenhändler in Otterberg 32<br />

BÜRGERMEISTERS HOFFMANN<br />

1724 in Otterberg 214<br />

CARL THEODOR, KURFÜRST<br />

regierte 1743 - 16.2.1799 287<br />

CARL THEODOR, KURFÜRST<br />

regierte 1743 - 16.2.1799 281<br />

CARNOT<br />

Kriegsminister 298<br />

CASPAR BECKER<br />

Schultheiß in Erlenbach 166, 228, 260<br />

469


CERELOTT, ANTOINE<br />

1668 - 1678, Pfarrer in Otterberg 187<br />

470<br />

470<br />

CHÂTILLON<br />

1641, franz. General, verlor die Schlacht bei Sedan 151, 152<br />

CLARA EUGENIA ISABELLA<br />

Infantin, Tochter des span Königs 125<br />

CLIGNET<br />

Dr. war 1579 wallonischer Pfarrer Otterbergs 105, 107, 194, 212<br />

CLIGNET, DR.<br />

1. wallonischer Pfarrer seit 1579 107, 108, 182<br />

CLOSETT, FRANZ<br />

1818, Schäfer des Gersweilerhofes 352<br />

CONDÉ<br />

Hugenottenführer 101<br />

CRUCIGER<br />

Crusiger, Johann Caspar, um 1720 Dekan 195, 200, 206, 218, 222, 223<br />

CUSTINE<br />

Adam Philippe, General, eroberte 1792 Mainz 289<br />

CUSTINE, ADAM PHILIPP<br />

franz General, † 1793 286<br />

DER STAMMLER<br />

Pfalzgraf Rudolf I. Stammvater der Kurpfalz 67, 68<br />

DIPPOLD, KARL HEINZ<br />

Ortsvorsteher 518, 519<br />

DOLL<br />

Joh. 375<br />

DÖRHAGEN, CONRAD<br />

1684 Pfarrer in Heimkirchen 178<br />

DU CLOUX, BARTHÉLEMY<br />

1633 - 38, wallon Pfarrer Otterbergs 187<br />

DUC D´ENGUIEN<br />

1644, 46, franz. Oberbefehlshaber eroberte mit Turenne die Pfalz 158<br />

General, Bruder des franz. Königs 153, 155, 156<br />

DUC DE BOUILLON<br />

Fréderic Maurice, Calvinist, Bruder Turennes, genannt Prinz des Friedens, machte Sedan zum<br />

Asyl 149, 150, 151, 152<br />

DUC DE GUISE<br />

2. Sohn des Herzog Karl von Lothringen, Erzbischof von Reims, Gegner Richelieus 150, 151


471<br />

ENGELMANN<br />

Jean Pierre, Pfarrer, 1715 - 1751 108, 119, 179, 180, 182, 188, 190, 191, 192, 193, 194, 195,<br />

196, 197, 198, 199, 200, 201, 202, 203, 206, 207, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 215,<br />

217, 218, 219, 220, 222, 223, 224, 225, 227, 235, 240<br />

ERZBISCHOF CONRAD VON SALZBURG<br />

1291, 1298, Feind König Albrechts 42<br />

ERZBISCHOF VON TRIER<br />

einer der Kurfürsten 62<br />

Kurfürst 43, 52, 58, 84, 132<br />

FABERT<br />

ab 1642 Gouverneur Sedans 152, 162, 163<br />

FLECK<br />

Maria Eva (1749) 316, 530<br />

FLECK, MARIA EVA<br />

Frau des Heinrich Barth 313<br />

FOLKNAND<br />

um 1200 Pfarrer Sambachs & Erlenbachs 15, 31, 32<br />

FONTAINEBLEAU<br />

1685, Aufhebung der Religionsfreiheit 174<br />

FORTINEUX<br />

Joh. Jacob, * 1690 in Holzappel 160, 193, 201, 202, 238, 242, 246, 247, 248<br />

FRANKFURT<br />

ab 1152 Wahlort der Deutschen Könige, ab 1562 auch Krönungsort. In allen Jahrhunderten<br />

bedeutender Messeplatz 41, 43, 44, 47, 58, 64, 81, 107, 122, 127, 142, 187<br />

FRANZ VON SICKINGEN<br />

Querkopf, Heerführer, 1523 gestorben 79, 81, 82, 85<br />

FREI, HANS, STADTSCHLOSSER<br />

betreute 1568 das Uhrwerk 103, 266<br />

FRIEDEN VON BADEN<br />

vom 7.9.1714, beendet den Span. Erbfolgekrieg 78, 189, 204<br />

GALLAS, MATHIAS<br />

1634, kaiserl. Feldmarschall 134, 139, 140, 143, 144, 145, 146<br />

GALLÉ, PETER<br />

Müller in Otterberg 338<br />

GEIß<br />

Jacob 373<br />

GEISSEL<br />

Johann, Bischof von Speyer, Erzbischof von Köln, recherchierte Schlacht von Göllheim 41<br />

GEISSEL,<br />

471


472<br />

472<br />

Johannes, Bischof von Speyer, Erzbischof von Köln 43, 48, 51, 55, 57<br />

GENERAL AMBROSIUS SPINOLA<br />

beherrschte ab Sept. 1620 bis 1631 die Pfalz 122<br />

GENERAL MÖLLENDORF<br />

1794, preuß. Kommandant 301<br />

GLASER, RÜDIGER<br />

Klimageschichte 251, 254, 258, 259<br />

GOUPILLIÈRE<br />

de la, 1684 Gouverneur der Pfalz 178<br />

GRAF HAIGERLOCH<br />

Onkel Albrechts, † 1298 47<br />

GRAF JOHANN LUDWIG VON NASSAU<br />

erwarb 1613 zwei Drittel von Albisheim 56<br />

GRAF OTTO VON OCHSENSTEIN<br />

gefallen 1298 bei Göllheim 55<br />

GUTTENBERG, GUTENBERG, JOH. WILHELM<br />

ref. Schulmeister in Erlenbach 274, 315, 361<br />

HACH<br />

Daniel, Bürgermeister 333<br />

Daniel, Bürgermeister 332, 333<br />

HAFFNER<br />

Elisabetha (1785) 317, 530<br />

HAIGERLOCH<br />

Otto, Graf, Onkel König Albrechts 42, 45, 47, 57, 58<br />

HATZFELD<br />

Graf Melchior, 1635 zerstörte K`lautern 139, 140, 141, 145, 146<br />

HEINRICH VON KALDEN<br />

1209 rächte den Königsmord und unterschrieb Erlenbacher Urkunden 27<br />

1209, rächte den Königsmord und unterschieb die Erlenbacher Urkunde 29<br />

So rächte er den Königsmord und unterschrieb Erlenbacher Urkunden 29<br />

HEINRICH, JACOB<br />

1913 Scheunenbrand 490<br />

HERBRAND, EUGEN<br />

Feuerwehrhauptmann 461, 494, 495, 496<br />

HERZOG HEINRICH<br />

arbeitsamer Ahnenforscher, bearbeitete die KB Alsenz, Wolfstein, Otterberg, KL, Hanau,<br />

Heimkirchen, Ransweiler 142<br />

HERZOG VON KÄRNTEN<br />

Schwager Albrechts, kämpfte in Göllheim 55


473<br />

HERZOG VON LONGUEVILLE<br />

1644 - 48 franz Verhandlungsführer in Münster 158<br />

HERZOG WOLFGANG<br />

von ZW, reformierte Staat & Gesellschaft, starb 1569 bei Limoges 81, 91, 94, 95, 99, 102, 103,<br />

104, 105, 114, 266<br />

HERZOG WOLFGANGS<br />

von Zweibrücken 80<br />

HERZOG WOLFGANGS VON ZWEIBRÜCKEN 80<br />

HOCHE<br />

Lazare, franz. General 290, 291, 292, 293, 294, 298, 299, 300<br />

Lazare, General 290<br />

HOF<br />

Johannes 340<br />

HOLLSTEIN<br />

Johannes 374, 375<br />

HOLLSTEIN, JACOB<br />

1900 Feuerwehrkommandant 490<br />

HOLLSTEIN, KARL<br />

1933 Bürgermeister 424<br />

HOUZEAU, LOUIS<br />

Gerichtsvollzieher in KL 312<br />

HUET<br />

franz. General 1793 292<br />

IMAGINA<br />

Frau, Wwe König Adolfs 56<br />

Gattin, König Adolfs 58, 59<br />

Witwe König Adolfs 63<br />

INNOZENZ IV.<br />

1243 - 1254 Papst 23, 36, 37<br />

JACOBI<br />

Christian Julius 340<br />

JACOBI, CHRISTIAN JULIUS<br />

kaiserslicher & königlicher Notar in Otterberg 312<br />

JEAN RAQUET<br />

floh 1635 nach Metz 142<br />

JENNER<br />

Edward, der Erfinder der Pockenimpfung 120<br />

Edward, Erfinder der Pockenimpfung 180<br />

JENNER, EDWARD, ENGL ARZT<br />

473


474<br />

Erfinder der Pockenimpfung 120<br />

474<br />

JENNER, EDWARD, ENGLUDWIG ARZT<br />

Erfinder der Pockenimpfung 306<br />

JOHANN KEIPER<br />

Forstdirektor und wichtiger Autor 20, 21, 66, 67, 69, 73, 109, 110, 277, 281, 283, 351, 352, 353<br />

JOHANN PARRICIDA<br />

1.5.1308, bringt seinen Onkel König Albrecht um 41, 61<br />

JUNG, FRIEDENSRICHTER<br />

Carl 336, 340<br />

KAISER HEINRICH<br />

staufischer Kaiser 27<br />

KAISER HEINRICH IV<br />

war 1195 drei Monate in KL 27, 28<br />

KAISER RUDOLF<br />

1276 Stadtrechte KL 16, 114<br />

KALKREUTH<br />

Reitergeneral 293, 294, 295, 302<br />

KALLER, GERHARD, HISTORIKER<br />

schrieb die 2bändige Chronik Otterbergs 20<br />

schrieb die 2bändige Chronik Otterbergs 32<br />

schrieb die 2bändige Chronik Otterbergs 75<br />

schrieb die 2bändige Chronik Otterbergs 106<br />

schrieb die 2bändige Chronik Otterbergs 340<br />

schrieb die zweibändige Chronik Otterbergs 353<br />

KARL V.<br />

Deutscher Kaiser 77<br />

Deutscher Kaiser 76, 77<br />

KLEEMANN<br />

Christian 374<br />

Gerald 374<br />

KNIERIEMEN JACOB III.<br />

1900 Polizeidiener 367<br />

KNOBELSDORFF<br />

Reitergeneral 293, 303<br />

KOLB<br />

Werner von Wartenberg 19, 33, 35<br />

KÖNIG HEINRICH VII<br />

1211 -1242 dt. König 20, 22, 32<br />

Friedrich II. . Sohn, von ihm 1235 abgesetzt, verübte 1542 Jahre später im sizilianischen Kerker<br />

Selbstmord 34


475<br />

KÖNIG LUDWIG<br />

genannt der Bayer, 1323 verpfändet den Reichswald und das Königsland 66<br />

KÖNIG LUDWIG XIII.<br />

franz. König, griff in den 30jährigen Krieg ein 132, 150<br />

KÖNIG OTTO IV<br />

deutscher König 19, 20, 29, 32, 33<br />

KÖNIG PHILIPP<br />

1208 in Bamberg ermordet 28<br />

KÖNIG PHILIPP IV<br />

franz König um 1300 59<br />

KÖNIG PHILIPP IV.<br />

franz. König, schloss 1299 Bündnis mit Albrecht 59<br />

KÖNIG RUDOLF<br />

† 1291 gestorben 40, 41<br />

1276 Stadtrechte KL 39, 40<br />

KONRADIN<br />

letzter Staufer 36, 37<br />

KORN ERNST<br />

langjähriger TV Vorsitzender 503<br />

KORN ERNST,<br />

langjähriger TV Vorsitzender 502<br />

KRIEGSMINISTER LOUVOIS<br />

Minister unter Louis XIV. 174<br />

KURFÜRST FRIEDRICH III.<br />

1559 - 1576, Nachfolger Ottheinrichs 94, 107<br />

KURFÜRST FRIEDRICH V.<br />

Sohn von Friedrich IV, wurde 1618 böhmischer König, verlor die Schlacht am Weißen Berg, †<br />

29.11.1632 in Mainz, 1635 beerdigt in Sedan 122<br />

KURFÜRST LUDWIG<br />

schlug die Revolten des Franz von Sickingen & der Bauern nieder 73, 81, 82, 83, 84, 85, 86, 90,<br />

111, 352<br />

KURFÜRST LUDWIG III<br />

1417 erlaubt die Waldweide für Schweine 73<br />

KURFÜRST RUPRECHT II<br />

genannt der Harte, bestätigte 1391 den Vergleich über die Waldnutzung 70<br />

KURFÜRSTEN FRIEDRICH I<br />

genannt der Siegreiche, schlägt 1455 Ludwig den Schwarzen 74<br />

KURFÜRSTEN RUPRECHT I<br />

1356 - 1390, Vertrag über Waldnutzung 70, 90<br />

475


476<br />

476<br />

LAMBOY<br />

1635 bei der Erstürmung KL dabei, befehligte 1641 als General kaiserliche Truppen im Kampf<br />

um Sedan 139, 140, 151, 152<br />

LANDOLF VON WILENSTEIN<br />

1159, besitzt Gutshof in Erlenbach 13, 26<br />

LANG<br />

Franz, Obergefreiter 445<br />

LEHRER<br />

Becker, Hermann, 1912, 1946 - 1949, 1. FCE Vorsitzender 387, 419, 461<br />

LENCKE<br />

Philipp August, Geometer 338, 339<br />

LENCKÉ<br />

Philipp August Allbrecht 340<br />

LICHTENBERG<br />

Graf, kämpfte 1298 mit Albrecht 46, 141, 173, 234<br />

LUDWIG II<br />

Herzog von Zweibrücken 77, 79<br />

Herzog von Zweibrücken 79<br />

Herzog von Zweibrücken 79<br />

Herzog von Zweibrücken 336<br />

Herzog von Zweibrücken 466<br />

LUDWIG XIV<br />

* 5.9.1639 St. Germain en Laye 163, 167, 168, 171, 173, 174, 177, 178, 181, 183, 186, 188,<br />

193, 204, 219, 233, 263<br />

LUTHER<br />

Martin, Reformator 75<br />

MAJOR SALOMON KELLER<br />

Juni 1635, in Frankenthal 137<br />

MANGOLD<br />

alte Erlenbacher Familie 220, 221, 230, 233, 234, 260, 269, 271, 272, 273, 274, 276, 313, 318,<br />

322, 323, 341, 367, 392, 398, 418, 431, 440, 441, 443, 458, 466, 480, 495, 525<br />

MANNWEILER<br />

Christian 375<br />

MANSFELD<br />

Graf, kämpfte 1621 für die Kurpfalz, 1635 war er auf Seiten Generals Gallas 139<br />

MARGGRAF, DR.<br />

Carl, Arzt 340<br />

MARKY<br />

Johannes 373, 374<br />

MARTIN LUTHER


Reformator 75, 77, 89<br />

477<br />

MEISTERLIN<br />

Dr. Jonas, Kanzler der Kurpfalz, war 1648 in Münster aktiv 158<br />

MERK<br />

Hermann, Wehrsportführer 425<br />

MERK, HERMANN<br />

1935, FCE Vereinsdiener 426<br />

MITTLER<br />

Ernst Siegfried, Autor 296<br />

MÖLLENDORF<br />

Feldmarschall 300<br />

MONTMOREMY<br />

Standortkommandant 1733, 1734 119<br />

MÜLLER<br />

1415 Schultheiß in Erlenbach 73<br />

MÜNSTER<br />

1641 - 1648 Verhandlungsstadt 101, 132, 157, 158, 161<br />

NEUENBURG<br />

Heimat Ottheinrichs, Sterbeort Herzog Bernhards von Weimar 131<br />

NICOLAUS VON KINDENHEIM<br />

1324, Schultheiß von KL 20, 66, 67, 352<br />

OBERTRAUT<br />

Michael, Reiteroberst 123, 124<br />

OBRISTEN STALHANDSKE<br />

führte 1632 die Schweden in die Schlacht bei Standenbühl129<br />

OTTHEINRICH<br />

Pfalzgraf und später Kurfürst 65, 84, 88, 90, 91, 92, 93, 95, 98, 99<br />

PAPST<br />

Innozenz III. 30<br />

PAPST ALEXANDER<br />

1254 - 1261, Papst 37<br />

PAPST BONIFAZ VIII<br />

1298, geißelte die Tötung Albrechts von Nassau 60<br />

PAPST GREGOR IX<br />

1241 schützt Kloster Otterberg 22, 38<br />

PAPST INNOZENZ III.<br />

Vormund Friedrich II. ., 30<br />

Vormund Friedrich II.. 28<br />

477


PAPST INNOZENZ IV.<br />

Gegner Kaiser Friedrich II. 37<br />

Gegner Kaiser Friedrich II. . 24, 37<br />

PAPST URBAN VIII.<br />

1641, initiierte Friedensverhandlungen 157<br />

PFAFF, FRIEDRICH<br />

1. FCE Vorsitzender 419, 420, 424<br />

478<br />

478<br />

PFALZGRAF LUDWIG PHILIPP<br />

ab 1632 Vormund des spätern Kurfürsten Carl Ludwig 159<br />

PFALZGRAF OTTO VON WITTELSBACH<br />

ermordet 1208 König Philipp 28<br />

PFALZGRAFEN LUDWIG PHILIPP<br />

Bruder des Winterkönigs 161<br />

PFALZGRÄFIN MARIA ELEONORA<br />

Tochter des Kurfürsten von Brandenburg 161<br />

PHILIPP CASPAR STURM<br />

Sekretär und Unterherold † 1525 vor Pfeddersheim 86<br />

PHILIPP CORDIER<br />

1652 - 1682 Lehrer in Otterberg 187<br />

PHILIPPSBURG<br />

wichtige Festung und Rheinübergang 153, 154, 155, 156, 158<br />

PISTORIUS<br />

Stadtschreiber in 1719 198<br />

RAQUET<br />

Catharina Margretha 334, 339<br />

RAQUET JACOB<br />

Bürgermeister Otterbergs 314<br />

RAUHGRAF GOTTFRIED RAUB<br />

tötete 1298 König Adolf 54<br />

REINHEIMER<br />

Barbara 316, 530<br />

REISEL,<br />

Johann Jacob, * 30.7.1820 341<br />

RETTIG<br />

Forstmeister Dynastie 201, 281, 311, 312, 329, 351, 476<br />

Forstmeister-Dynastie 200<br />

RETTIG, JOH. DANIEL<br />

Forstmeisterdynastie 281


RHEINHEIMER, JOH. JACOB<br />

1818, Lehrer in Erlenbach 361<br />

RICHARD LÖWENHERZ<br />

mischt 1198 in dt Innenpolitik mit 27, 28<br />

479<br />

RICHELIEU<br />

Kardinal, Regierungschef, der absolut regierte. während seiner Amtszeit gewann<br />

Frankreich internationale Anerkennung und Kolonien126,<br />

132, 133, 142, 147, 148,<br />

149, 150, 151, 157, 160, 161<br />

ROSENTHAL<br />

1298, Grablegung König Adolfs 50, 51, 56<br />

RUDLER<br />

bis 1813 Präfekt 20, 67, 70, 281, 352<br />

RUDLER, FRANZ JOSEF<br />

Präfekt des Donnersbergkreises 310, 336<br />

RUDOLF VON HABSBURG<br />

1273 - 1291, deutscher König 38, 39, 41<br />

SAUERWEIN<br />

luth Pfarrer Otterbergs 179, 180, 184, 222<br />

SCHELLHAAß LUDWIG<br />

Sekretär im Rathaus 312<br />

SCHERMER<br />

Bauer in Relsberg 252<br />

Theobald 375<br />

SCHMITT<br />

Johann Nicolaus (1823) 317, 530<br />

SCHNEIDER, PETER FRANZ<br />

1904 - 1918, Vorstand des TUS 382<br />

SCHWEBEL<br />

Johann, 1. Reformator in ZW 79<br />

SEDAN<br />

Zufluchtsort 160<br />

SIEGFRIED VON MORBACH<br />

schenkt am 14.4.1360 sein Gutshof in Erlenbach dem Kloster Otterberg 68<br />

SIMBGEN<br />

Simchen, Morlauterer Familie 119, 270, 271, 272, 273, 488<br />

SÖDER, JOH. CONRAD<br />

1749 - 1756 luth Pfarrer 185<br />

SOKOLI, PHILIPP<br />

2. FCE Vorsitzender 424<br />

479


480<br />

480<br />

SOLDAT 205, 223, 234, 270, 271, 272, 275, 289, 306, 307, 326, 393, 394, 397, 427, 429,<br />

430, 432, 433, 437, 443, 444, 452, 458<br />

STREUBER<br />

Pfarrer zu Rathskirchen 252<br />

THARUN, ALBERT<br />

1949 -1954, TV Vorsitzender 501<br />

TRAPONNIER<br />

franz. General 1793 290<br />

TURENNE<br />

franz Feldmarschall 121, 130, 134, 139, 143, 144, 145, 148, 168, 169, 170, 171, 172, 251<br />

ULTES<br />

August, 1917 Polizeidiener 396<br />

VALETTE<br />

de la, Kardinal & General 134, 144, 146<br />

VIETTINGHOFF<br />

preuß. General 296<br />

WACHMANN<br />

Joseph, 1796 Staatsanwalt in KL 311<br />

Joseph, 1808 Staatsanwalt in KL 311<br />

WALLONEN 1579, EINWANDERER 105<br />

WALLONEN,<br />

1579, Einwanderer 106<br />

WECKMANN<br />

Samuel von der Eselsmühle 201, 238<br />

WELDENER<br />

Johannes, 1689 - 1712, ref. Pfarrer 188, 189, 194, 204, 213<br />

WELDNER, JOHANNES<br />

1680 - 1712 Otterberger Pfarrer 188, 194, 213<br />

WIEGAND<br />

Peter, Bigamist aus Baalborn 311<br />

WILHELM VON HABERN<br />

General, besiegte Franz v. Sickingen und die Bauern bei Pfeddersheim 82, 85, 87<br />

WILHELM VON ORANIEN<br />

dominierende Persönlichkeit, Feldherr, Staatsgründer, Beschützer der Reformation, Stammvater<br />

von Königshäusern 104, 105, 107, 159, 160<br />

WILLIARD, VILLIARD<br />

Metzger, verkauft dem FCE eine Wiese 419<br />

WINTER,


481<br />

Jacob, Sohn Cath. Raquet 185, 198, 230, 237, 341, 382, 407, 432, 466, 471, 513, 527<br />

WINTER, JOSEF<br />

Steinbruchbesitzer, † 1.2.1912 378<br />

WITT<br />

Joh. Daniel, Standesbeamter 195, 198, 201, 206, 214, 215, 312, 313, 315, 318<br />

WITT, JOHANN DANIEL<br />

2. Bürgermeister in KL 312<br />

WOLPERT<br />

Peter, Gerichtsschreiber 336, 340<br />

WURMSER<br />

österreichischer General 299, 300<br />

WURSTER<br />

aus Albisheim 321, 322<br />

ZEUSIG<br />

Christoph von Winnweiler, Zimmermann 200, 202<br />

481

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