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3.2. Kurfürst Ottheinrich 1556 - 1559 73<br />

von Frieder Hepp 74<br />

Die ersten Anordnungen des 54jährigen Kurfürsten nach seinem Regierungsantritt<br />

im März 1556 in Heidelberg betrafen die Einführung der reinen Lehre in der<br />

Kurpfalz 75 . Zu jener Zeit hatten sich mehrere Ausprägungen des Protestantismus<br />

in Deutschland etabliert, unter denen Ottheinrich für die Ausgestaltung des Pfälzer<br />

Kirchenwesens die Wahl zu treffen hatte.<br />

1556, 10. April: Die Einführung der Reformation in der Kurpfalz geschah durch<br />

den Landesherrn per Erlass. Er befahl seinen weltlichen Amtsträgern, so auch dem<br />

Amtmann von Kaiserslautern „gegen den falschen Gottesdienst, die<br />

Sakramentshäuslein, Ölbuchsen, gesegnete Öle, Weihwasser, Salz, Palmen,<br />

Lichter und was deren abergläubigen Stuck mehr sei, ganz und alles zu<br />

unterlassen und abgestellt werden sollen. Das Sakrament und die liturgischen<br />

Gesänge wurden verboten, ferner der Gebrauch der Hungertücher. Die<br />

Ausstellung und das Umhertragen des Sakramentes hatten bei Androhung einer<br />

Geldstrafe in Zukunft zu unterbleiben, wie das Weihen von Gegenständen und<br />

anderes abgöttisches Ding. Ottheinrich verstand die Reformation der Kirche als<br />

Wiederherstellung des reinen, alten christlichen Glaubens.<br />

Die neue Kirchenordnung bildete die Rechtsgrundlage für die<br />

„Kirchenvisitation“ im Lande. Die Visitatoren, heute würden wir sie als<br />

Kontrolleure bezeichnen, bereisten im Herbst 1556 sechs Wochen lang die<br />

Kurpfalz und sahen sehr schnell, dass die Kirchenreform nicht ohne erhebliche<br />

Widerstände durchgesetzt werden konnte. Sie fanden allerlei abgöttische Bilder,<br />

Altare, Tafeln, Kreuzfahnen und dergleichen papistische Zeremonien, an denen<br />

der gemeine Pöbel noch hing. Nach württembergischem und norddeutschem<br />

Vorbild verpflichtete Ottheinrich anschließend seine Amtmänner, die schändliche<br />

und schädliche Abgötterei der Bilder und Altäre und dergleichen zu entfernen.<br />

Nur noch der Hauptaltar durfte in der Kirche verbleiben.<br />

Kurfürst Ottheinrich löste damit den ersten Bildersturm in der Kurpfalz aus.<br />

Angeblich half er in Heidelberg sogar eigenhändig mit, die Heiliggeistkirche von<br />

dem papistischen Götzenwerk zu reinigen. In der Regel sollte die Entfernung in<br />

geheimer Stille erfolgen. Zum Beispiel sollten nur wenige Personen nachts oder in<br />

aller Frühe bei geschlossener Kirchentür die Götzenfiguren beseitigen. Aufgabe<br />

der Geistlichen war es dann, das Volk über die Verwerflichkeit der<br />

Bilderverehrung aufzuklären.<br />

Nachdem die erneute Kontrolle (Visitation) flächendeckend die Leerung der<br />

Kirchen bestätigte, erließ Ottheinrich mehrere Verfügungen zum Aufbau der<br />

kurpfälzischen Kirchenorganisation, wobei er sich im Wesentlichen an dem<br />

73<br />

) Ottheinrich kam am 10.4.1502 in Amberg auf die Welt. Seine Eltern waren Ruprecht von der<br />

Pfalz (1481 – 1504) und Elisabetha von Bayern - Landshut. Er verbrachte eine lebensfrohe<br />

Kindheit. Wurde 1522 Regierungschef von Pfalz-Neuburg an der Donau und war 1525 an der<br />

Niederschlagung der bäuerlichen Revolution beteiligt. Ottheinrich lebte weit über seine<br />

Verhältnisse. 1542 konvertierte er offiziell zum Luthertum und betrieb aktiv die Reformation..<br />

74<br />

) Hepp Frieder, „mit der Zeyt, Kurfürst Ottheinrich als Landesherr, in Pfalzgraf Ottheinrich,<br />

Regensburg 2002, S. 94 ff.<br />

75<br />

) Ottheinrich hob am 23.4.1556 die Bestrafung Pfedderheims aus dem Bauernkrieg von 1525 auf<br />

und gewährte der Stadt wieder die alten Stadtrechte. (siehe S. 86)

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