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8.3. Unabhängige Gerichte in Kaiserslautern,<br />

Otterberg und Lauterecken<br />

(Lauterecken (1797 – 1975) und Wolfstein 1797 - 1968)<br />

(nach Klaus Knecht, ehemaliger Richter in Lauterecken)<br />

Die pfälzischen Gerichte verdankten ihre Entstehung der Französischen<br />

Revolution von 1789 und der Abtretung der Pfalz an Frankreich 390 (1797) durch<br />

die Österreicher, nach dem sie mehrere wichtige Schlachten 391 verloren hatten.<br />

Der Elsäßer und französische Regierungskommissar Franz Josef Rudler<br />

organisierte für das neue Département Mont Tonnère (Donnersberg) eine groß<br />

angelegte, umfassende Verwaltungsreform, die Klaus Knecht in seinem Aufsatz<br />

genial nennt 392 . Er gliederte das Departement in Arrondissements (= Landkreise)<br />

wie z. B. K´lautern und unterteilte sie nochmals in Kantone (heute:<br />

Verbandsgemeinden) wie Otterberg, Obermoschel, Lauterecken,<br />

Rockenhausen, Winnweiler, Wolfstein Obermoschel Jeder Kanton, so auch<br />

Otterberg, erhielt das unabhängige Friedensgericht, aus dem sich das spätere<br />

Amtsgericht entwickelte.<br />

Diese Zwangsreform bedeutete für alle Bürger einen großen Fortschritt auf dem<br />

Weg zu mehr Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichbehandlung im Sinne der<br />

berühmten franz. Revolutionsideale. Unglaublich, denn bis 1793/4 herrschte noch<br />

in unserem Gebiet der jeweilige Landesherr uneingeschränkt. Seine Machtfülle<br />

war absolut, denn er war in einer Person zugleich Gesetzgeber, Regierungs- und<br />

Verwaltungschef und außerdem oberster Richter, wobei er sich auf der unteren<br />

Ebene des Amtmannes bediente.<br />

Der nun von der Bevölkerung gewählte Friedensrichter Geisweiler 393 hatte zwei<br />

Beisitzer zu seiner Seite, entsprechend unseren Schöffen. Jede Gemeinde wählte<br />

für zwei Jahre vier Beisitzer, damals Assessoren genannt, die reihum, jährlich<br />

mindestens einmal zum Einsatz kamen. In Otterberg waltete Carl Jung seines<br />

Amtes. Jung war 1776 geboren und hatte eine gute juristische Ausbildung Sein<br />

Gerichtsschreiber war der um ein Jahr ältere Peter Wolpert. Laut pfälzischer<br />

Gerichtsverfassung verhandelte Jung (in Zivilprozessen) Streitwerte bis zu 15<br />

Gulden. und als Strafsachen Diebstähle und Ordnungswidrigkeiten 394 . Dieses<br />

Friedensgericht scheint gut funktioniert zu haben, obwohl der Beisitzer oft nicht<br />

ausreichend lesen und schreiben konnte. Dafür verfügte er wohl über genug<br />

gesunden Menschenverstand, um zu einem vernünftigen Urteil zu gelangen..<br />

Größere Schwierigkeiten bereitete jedoch die Anwendung des franz. Rechts, die<br />

Bestimmungen des Code Civile und des Code Pénale (Strafgesetzbuch), die z.T.<br />

bis 1900 Grundlage der Rechtsprechung waren. Selbst die Gerichtsverhandlungen<br />

390<br />

) im Frieden von Campo Formio von 1797<br />

391<br />

) gegen den jugendlichen General Lazare Hoche (vgl Schlacht bei Kaiserslautern)<br />

392<br />

) Klaus Knecht, „ In memoriam, Amtsgericht Lauterecken (1797 – 1975), Westrich Kalender<br />

Kusel, 1975, Seite 55 ff.<br />

393<br />

) Die Richter waren Georg Jäger (bis 1800), Ludwig Handel (bis zu seinem Tod in 1806) und<br />

Carl Philipp Baumann bis zu seinem Tod am 6.1.1835.<br />

394<br />

Darüber hinaus waren das Appellationsgericht (Landgericht) in Kaiserslautern bzw. (das<br />

Oberlandesgericht) Zweibrücken zuständig.

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