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begründen, dass überschuldete Individuen durch heimliche Auswanderung<br />

sich den Forderungen ihrer Gläubiger zu entziehen trachten. Einem<br />

Individuum, welches seiner Conscriptionspflicht (Wehrpflicht) noch nicht<br />

Genüge getan hat, wird zur Ausreise nach Amerika nur dann ein Pass<br />

ausgefertigt, wenn er vorher Kaution zur Stellung eines Ersatzmannes für den<br />

Fall des Aufrufs geleistet hat“<br />

Dieses Mühsal ersparten sich die legalen, finanziell gut ausgestatteten<br />

Auswanderer, die die Reise im Reisebüro buchten, damals Agenturen genannt.<br />

Einige Spezialagenturen hatten die Marktlücke erkannt und boten die Ausreise als<br />

Pauschalpaket an.. Da sie regelmäßig viele Schiffsplätze im Voraus gebucht und<br />

bezahlt hatten, konnten sie problem- und nahtlos ihre Kunden nach Nordamerika<br />

bringen, so dass unnötige Wartezeiten in den Häfen vermieden wurden. Einer von<br />

ihnen war der Schiffsmakler „Washington Finlay“. In vielen Orten waren<br />

örtliche Agenturen, die Schiffsreisen verkauften. In Kaiserslautern war dies<br />

Philipp Mahla an der Fruchthalle. Finlay hatte sich auf die Route Le Havre –<br />

New York spezialisiert. Sein Service war umfassend. Seine Leute, die<br />

Conducteure, begleiteten die Auswanderer bis an Bord, so dass sie sich nie<br />

verloren fühlten. Im Reisepreis von 48 Gulden je Erwachsenem war alles<br />

inbegriffen. All inklusive, würden wir heute sagen, Kost und Logis. Ab Köln<br />

konnten die Reisenden auch den Zug nach Le Havre nehmen, um Zeit zu<br />

gewinnen. Die Reise dauerte insgesamt 30 – 35 Tage. Wöchentlich einmal ging<br />

auch ein Postschiff nach New York. Der Agent lobte die bequeme innere<br />

Schiffsausstattung, die den Reisenden eine angenehme Reise versprach. Alle 10<br />

Tage segelte auch ein Dreimaster nach New Orleans. Diese Reise dauerte 1846<br />

immerhin 56 Tage 427 . Diese Reisebüros, damals Agenten (Agenturen) genannt,<br />

versicherten auch gegen eine kleine Gebühr das Reisegepäck bis nach New York.<br />

Die Auswanderer konnten kostenlos Gepäck bis zu 100 kg (damals 2 Zentner<br />

genannt) mitnehmen.<br />

Die Überfahrt verlief oft stürmisch, ein Großteil der Passagiere wurde seekrank.<br />

Der Otterberger Cherdron benennt sechs von 209 Auswanderern, die während<br />

der Sturmfahrt starben. Die Matrosen wickelten die Leichen in alte Segeltücher<br />

und beschwerten sie mit Steinen an den Füßen und nach einem kurzen Gebet<br />

übergab man sie dem Atlantik. Aber auch 3 Kinder kamen zur Welt. Die meisten<br />

Schiffe liefen New York an. Die meisten Auswanderer bevorzugten diese Stadt,<br />

da sie hofften, dort Landsleute oder Verwandte zu treffen. Ein weiterer Grund war<br />

die gute Verkehrsanbindung in den Mittleren Westen, in die Staaten. Ohio und<br />

Illinois. In New York bestieg man das Dampfboot und fuhr den Hudson hinauf<br />

bis nach Albany. Über den bereits 1825 fertig gestellten Erie-Kanal gelangten die<br />

Einwanderer 9 Tage später nach Buffalo am Erie See. Die Neubrechts<br />

(Newbright) gingen nach Ohio, Montgommery County, wo seit 1846 sich<br />

Familienmitglieder niedergelassen hatten. Am einfachsten hatten es Handwerker,<br />

sich eine neue Existenz aufzubauen.<br />

427 ) Pfälzer in Amerika, s.o. S. 109

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