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Tagen. Er war der Sohn des Caspars und der N. Mörsch. Seine Mutter war an<br />

seinem Todestag 64 Jahre alt. → Sie starb 5 Jahre nach ihm am 16.12.1754 im<br />

Alter von 69 Jahren. Die Familie gehörte der Deutsch Reformierten Kirche an.<br />

1751: am 10.6.1751 starb der Soldat Franz Henrich Mehlbeck im Alter von 33<br />

Jahren und 4 Monaten.<br />

6.21. Leiden & Sterben 1724 – 1751<br />

Jean Pierre Engelmann war seit Ende 1715 Pfarrer der französisch reformierten<br />

Gemeinde Otterbergs. Aber erst ab 1725 notierte er penibel die zahlreichen<br />

Sterbefälle. Aber seine ersten Aufzeichnungen bis 1724 sind teilweise<br />

unvollständig und sagten zuerst nichts über die individuellen Todesursachen aus.<br />

Durch Häufungen und Vergleich mit anderen Kirchenbüchern können wir heute<br />

bis 1723 ziemlich sicher Seuchen in Erlenbach und Umgebung nachweisen. Die<br />

Alten starben wohl an Altersschwäche, aber was war mit den Kindern und den<br />

unter 50 Jährigen. Woran starben die? In keiner Zeit berichten die vier Pfarrer<br />

etwas von Krankheiten und deren Verläufe.<br />

Doch dann nach 1724 änderte sich das schlagartig. Pfarrer Engelmann hatte die<br />

nervenaufreibenden Prozesse hinter sich und nun hatte er Zeit für die<br />

Familienaufzeichnungen. Das Sterberegister (le mortuaire) des Peter<br />

Engelmann offenbart nun die Leiden der Menschen und dokumentiert das Sterben<br />

fast 27 Jahre lang. Nicht nur dass er die Todkranken zu Hause aufsuchte und mit<br />

ihnen betete und sah und horte, worunter sie litten.<br />

Die Verstorbenen wurden im Haus oder neben dem Haus aufgebahrt und am<br />

Beerdigungstag von der Familie hinausgetragen. Der Pfarrer ging voraus und die<br />

Trauergemeinde schritt hinter dem Sarg her. Da die meisten arm waren, war ihr<br />

Leichnam in einem Sack eingenäht und lag auf einer Bahre. Die Beerdigungen<br />

erfolgten immer zur vollen Stunde und die Kirchenglocken läuteten die<br />

Zeremonie ein. Jedermann erkannte am Glockenton, ob ein Mann, eine Frau oder<br />

ein Kind zu Grabe getragen wurde. Auf dem Weg zum Grab sang die<br />

Trauergemeinde entsprechende Lieder und die Klageweiber weinten unaufhörlich.<br />

Bei den Selbstmördern oder den Ungetauften war dies anders. Den Pfarrern, egal<br />

ob reformiert oder lutherisch, war es untersagt, diese Verblichenen mit Gesang,<br />

Glocken, Geräuschen und Zeremonien (wie ein stilles Gebet) zu beerdigen. Sie<br />

wurden also sang- und klanglos in einer abseits gelegenen Friedhofsecke<br />

beerdigt. So verlangte es die Hohe Regierung in ihrem Erlass vom 31. Mai 1743.<br />

Mit den Ungetauften dürften Juden und Mennoniten gemeint gewesen sein<br />

Heutige Krankheiten verlaufen vielfach harmlos, damals waren sie teilweise<br />

tödlich. Patienten mit schweren, unheilbaren Erkrankungen erfahren heute<br />

Linderung, eine Schmerztherapie. Wenn wir den Tod als unseren Freund ansähen,<br />

würden wir schmerzfrei, beseelt der Ewigen Ruhe entgegen gleiten. Doch vor<br />

300, 250 Jahren war das ganz anders gewesen.<br />

Die vom Pfarrer Jean Pierre Engelmann gemachten Beschreibungen in seinem<br />

Sterberegister, führen uns das Sterben im frühen 18. Jahrhundert als einen<br />

grausamen Prozess des Leidens, der Schmerzen, der Hoffnungslosigkeit vor<br />

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