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war der schlaue Jacob Raquet. Raquet war ein kluger Fuchs, der viel für Otterberg<br />

und seine Familie erreichte. Nach seiner Pensionierung ging das Amt nahtlos auf<br />

seinen Sohn Christian über Die ab 1818 angeordnete Aktenführung und dadurch<br />

erhaltenen „Heiraths-Acten“ sind ein riesiger Fundus für alle Interessierten. Aus<br />

der Aktenlage stellt sich uns folgendes dar:<br />

1. Diese Akten sind sauber, aussagekräftig und übersichtlich gegliedert! Als<br />

erstes erscheint klar und eindeutig Jahr, Monat und der Tag, an dem das<br />

Brautpaar vor dem Standesbeamten = Bürgermeister der Gemeinde<br />

Hefersweiler im Kanton Wolfstein, des Bezirks K´lautern, im Rheinkreise des<br />

Königreiches Bayern ihre Eheabsicht erklärten und vermählt wurden! Der<br />

Beamte hielt genau die Daten über den Bräutigam fest. Sein Alter, das<br />

Geburtsdatum des deutschen und franz. Revolutionskalenders, seine Eltern,<br />

deren Alter und eventuell das Todesdatum des Vaters und der Großeltern,<br />

wenn seine Eltern schon „verlebt“ (gestorben) waren.<br />

2. Leistete der Bräutigam Wehrdienst ab, so legte er den „Entlastungsscheins“,<br />

(später „Entlassungsscheins) z. B. des „obersten Rekrutierungsrathes zu<br />

Speyer“ vor, der zu den Akten genommen wurde. Daraufhin leistete der<br />

Reservist noch den Staatsbürger Eid vor dem Bürgermeister! Die<br />

Eisenbahnlinie Kaiserslautern – Ludwigshafen wurde ab 1848 betrieben. Eine<br />

Sensation für die jungen Rekruten, wenn sie in der 4. Klasse kostenlos in die<br />

Kaserne nach Germersheim fahren durften.<br />

3. Und die Eltern erklärten ihre Zustimmung zur Hochzeit. Starb die Ehefrau und<br />

die jüngere Schwester wollte ihre Stelle einnehmen, dann musste ihre<br />

„Majestät der König“ die Einwilligung zur Hochzeit mit dem Schwager geben<br />

4. Das Gleiche galt für die Braut: Name, Alter, Geburtsdatum, großjährig (= 21<br />

Jahre alt), Name und Alter der Eltern. Waren Sie gestorben, wurden die<br />

Großeltern benannt. Waren auch sie schon verstorben, notierte der Beamte<br />

auch deren Sterbedaten fein säuberlich. Hatte die Braut keine Verwandte in<br />

aufsteigender Linie mehr, ersetzte der Friedensrichter die Zustimmung der<br />

Eltern durch sein Votum.<br />

5. Die Heiratsankündigung wurde an zwei Sonntagen hintereinander an der<br />

„Haupttüre des Gemeindehauses“ angebracht. Stammte ein Partner aus einer<br />

anderen Gemeinde, so geschah dies dementsprechend auch dort. Bei dieser<br />

Gelegenheit entstand der meiner Meinung nach sehr schöne Brauch, dass<br />

Freunde und Verwandte am Kasten kleine Blumensträuße je nach Jahreszeit<br />

anbrachten, um ihre Sympathie, Zuneigung zu demonstrieren. Am<br />

Hochzeitstag nahm das Brautpaar diese kleinen Blumengeschenke ab und<br />

dekorierte damit die Hochzeitstafel. Wenn keine Einreden gegen die Ehe<br />

vorgebracht wurden, wurde das Paar in Anwesenheit der noch lebenden Eltern<br />

und vier männlicher Trauzeugen vermählt, die üblicherweise enge Verwandte<br />

oder auch enge Freunde waren. Gelegentlich hing der Haussegen schief oder<br />

das Brautpaar war fremd. Bei einem Zeugenmangel sprangen dann städtische<br />

Beschäftigte ein. Dadurch erfahren wir, wer Polizist etc war. Diese Vorschrift<br />

hatte schon die franz. Verwaltungsvorschrift eingeführt!<br />

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