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dringend benötigte amtliche Spendenerlaubnis erhalten, wenn die<br />

Spendensammler nicht als Bettler auftreten wollten. Zum anderen wollte er die<br />

Hochverehrte kurfürstlichen Forstverwaltung um das benötigte Bauholz aus dem<br />

kurfürstlichen Otterberger Wald bitten. Jeder Wunsch war so wichtig wie der<br />

andere. Am 2.8.1719 nahm Pfarrer Engelmann die Spendenerlaubnis in Empfang<br />

und erhielt außerdem die Zusage für 84 Eichenstämme. Gleichzeitig wies die<br />

kurfürstliche Forst- & Jagdverwaltung den Lauterer Forstmeister Rettig an, die 84<br />

Stämme zur Fällung auszusuchen & freizugeben.<br />

Kaum von der Reise zurück, schloss der Kirchenrat 247 am 17.8.1719 mit dem<br />

Zimmermann Christoph Zeusig von Winnweiler einen Werkvertrag über die<br />

Errichtung von zwei Fachwerkhäusern. Zeusig sollte dafür 135 Gulden und ein<br />

Fass Wein erhalten. Am gleichen Tag wurde man auch mit Philippe Daniel<br />

Froumy einig. Er sollte nach Hanau bei Frankfurt fahren, um dort bei den<br />

Glaubensbrüdern großzügige Spenden für den Hausbau einzusammeln. Man gab<br />

ihm als Reisegeld 4 Gulden mit und versprach ihm als Lohn für je 100 Gulden<br />

Spenden 30 Gulden (= 30 %). Man hatte sich von dieser Reise ein großes<br />

Spendenaufkommen versprochen. Doch seine Reise wurde finanziell ein absolut<br />

enttäuschender Reinfall, denn die Hanauer Calvinisten gaben ihm nur 4 Gulden.<br />

Der Betrag deckte noch nicht einmal die Reisekosten. Fromy (Froumy) kehrte<br />

mit hängenden Schultern frustriert wieder zurück. Dem franz. Kirchenrat stand<br />

nun der Angstschweiß auf der Stirn. Es musste unbedingt schnell Geld her.<br />

15.9.1719 in ihrem Gottvertrauen schickten die Otterberger zwei Leute zum<br />

Spendensammeln in die Schweiz. Dies waren der Lektor und Schuldiener David<br />

Bourgeois 248 und Jacob Tibé. Auch sie hatten eine Abschrift der kurfürstlichen<br />

Spendenerlaubnis bei sich. Ebenfalls erhielten sie als Reisegeld 4 Gulden. Als<br />

Lohn und Anreiz für ihren Spendenerfolg sollten sie ein Drittel der Spenden<br />

bekommen. Bei der Auswahl der Sponsoren 249 gingen sie diesmal geschickter<br />

vor. Wegen des großen Erfolges 250 , schickten sie danach jährlich einen<br />

Deputierten in die finanzkräftigen Zentren. Und dabei scheuten sie auch nicht<br />

die weitesten Reisewege. Anscheinend waren die Geldsammler erfolgreich, so<br />

3.6.1719: Seine Excellenz Herr Doktor Mieg, erster Rat des Hochverehrten Kurfürsten<br />

besuchte alle Kirchen und Schulen des Lauterer Amtsbezirks. Am Samstag, den 3.6.1719 kam<br />

er nach Otterberg und speiste mit einigen Leuten im Gasthaus Zum Löwen, die ihn von<br />

Lautern aus begleitet hatten. Gegen Ende des Essens schickte der edle Herr (und Schnorrer)<br />

nach 2 franz .Konsistorialräten, die das feudale Essen bezahlen mussten. Und dies bei leeren<br />

Kassen. Gastwirt war übrigens David Heydweiler, der 69jährig am 21.9.1730 verstarb.<br />

247 ) Der 8 köpfige Kirchenrat setzte sich wie folgt zusammen: Pierre Engelmann, die<br />

Kirchenältesten Pasquay le Soigné († 4.11.1734 mit 86 Jahren), Jacob Vieillard, Abraham<br />

Digeon, Daniel Raquet und die Diakone Antoine Profit, David Lacmann und Jean Pierre<br />

Cherdron<br />

248 ) Zum einen waren durch die Aufhebung der franz. Religionsfreiheit Zehntausende Calvinisten<br />

nach Holland und England geflüchtet, wo sie rasch zu Wohlstand gekommen waren. Ich<br />

war sehr überrascht zu lesen, dass der Schulmeister David Bourgeois 248 1719 dorthin reiste.<br />

Herr Engelmann hatte mit Bourgeois einen sinnvollen Vertrag geschlossen, der es Bourgeois<br />

erlaubte, während seiner Reise seinen Lebensunterhalt bezahlen zu können, andererseits ihn<br />

motivierte, besonders aktiv zu werden. Denn Bourgeois bekam ein Drittel der Spenden.<br />

249 ) Es waren u.a. die franz. reform Gemeinden in Holland, England und Frankfurt (Hanau).<br />

Außerdem bekamen sie 500 Gulden vom Landgrafen von Hessen-Kassel.<br />

250 ) Es waren 259 Gulden laut Kaller, Gerhard, Otterberg, Band 2, S. 167 unten. Ob dies nach<br />

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