immobilia 2023/08 - SVIT
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IMMOBILIENWIRTSCHAFT<br />
AREALENTWICKLUNG<br />
WELCHES LAND<br />
IST MEHR WERT?<br />
In einer amtlichen Schätzung wurde<br />
in der Realwertmethode für eine unbebaute<br />
Parzelle der absolute Landwert<br />
für Bauland eingesetzt, bei der<br />
bebauten Nachbarliegenschaft ein<br />
reduzierter Landwert. Woher kommt<br />
dieses Axiom, ist es korrekt oder<br />
widerlegbar? TEXT— JESSIKA BACCETTI*<br />
BILD: ZVG<br />
Wieso wird der Landwert<br />
einer bebauten Parzelle<br />
anders taxiert als<br />
der einer unbebauten?<br />
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DIE ANERKANNTE BEWER<br />
TUNGSTHEORIE<br />
Betrachten wir hier zunächst, was in den<br />
drei gängigsten Bewertungsfach büchern<br />
zum Thema Landwert von überbauten<br />
Grundstücken und Realwertmethode ausgeführt<br />
wird.<br />
«Der Liegenschaftenschätzer» 1 ermittelt<br />
den Verkehrswert von überbauten<br />
Grundstücken mittels Gewichtung der Ertrags-<br />
und Realwertmethode. Bei der Realwertmethode<br />
wird der Landwert anhand<br />
der Lageklassemethode abgeleitet. Dieser<br />
sogenannte «relative Landwert» wird entweder<br />
in Relation zu den Bau- und Nebenkosten<br />
oder zu den erzielbaren Mietzinseinnahmen<br />
gestellt. Bei dieser Betrachtung<br />
fehlt jedoch die Relation zum Markt, da sich<br />
die Mietzinse und Baukosten nicht entsprechend<br />
dem Immobilienmarkt entwickeln.<br />
In den Berechnungsbeispielen für<br />
überbaute Liegenschaften bei fortschreitendem<br />
Alter liegt der relative Landwert<br />
deshalb unter dem Niveau von effektiven<br />
Baulandpreisen, welche als «absoluter<br />
Landwert» bezeichnet werden.<br />
Francesco Canonica hat in seinem<br />
Buch «Die Immobilienbewertung» 2 diesen<br />
Denkfehler in der Lageklassenmethode zur<br />
Bestimmung des relativen Landwertes für<br />
überbaute Liegenschaften erkannt. Er berücksichtigt,<br />
dass die Marktentwicklung<br />
abgebildet werden muss und dass Land<br />
grundsätzlich nicht altert. Deshalb wird<br />
bei ihm die Lageklassemethode zur Bestimmung<br />
des relativen Landwertes in Relation<br />
zum «vollen, unbefristeten und entwertungsneutralen<br />
Ertragswert» gesetzt. Es<br />
wird zudem explizit darauf hingewiesen,<br />
dass es sich lediglich um eine Hilfsmethode<br />
handelt, um den Wert einer Liegenschaft<br />
aufzuteilen, nicht aber um einen absoluten<br />
Landwert zu bestimmen. Das «konsumierte<br />
Land» hat für Canonica keinen separaten<br />
Verkehrswert, da das überbaute Land,<br />
er nennt es «Umschwung», nicht mehr gehandelt<br />
werden kann und keine Nachfrage<br />
besteht.<br />
Die Aufteilung in relativen Land- und relativen<br />
Bautenwert ist für Canonica nur bei<br />
der Bewertung von Baurechtsliegenschaften<br />
von Bedeutung. Die Realwertmethode<br />
wird als nicht geeignet für die Bestimmung<br />
des Marktwertes angesehen. Dementsprechend<br />
wird auch die Mischwertmethode<br />
aus Gewichtung Ertrag- und Realwert zur<br />
Bestimmung des Verkehrswertes als ungeeignet<br />
angesehen. «Das schweizerische<br />
Schätzerhandbuch» 3 hingegen behandelt<br />
die Realwertmethode ausführlich. Der in<br />
der Realwertmethode einzusetzende Landwert<br />
kann demnach sowohl absolut als<br />
auch relativ bestimmt werden. Als geeignete<br />
Methoden zur Bestimmung des Landwertes<br />
für überbaute Grundstücke werden<br />
die Gleichsetzung mit dem Kaufpreis, Vergleichswert-,<br />
Lageklasse-, Strukturzahloder<br />
Residualwertmethode genannt. Es<br />
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IMMOBILIA / August <strong>2023</strong>