Emsblick Haren - Heft 76 (September/Oktober 2023)
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„Der Kartoffelkäfer“<br />
So manch einer wird sich in den vergangenen Wochen darüber gewundert haben, dass bei ihm<br />
auf der Terrasse oder in der Auffahrt ein kleiner, recht gut anzusehender Käfer seine Runden dreht.<br />
Julikäfer oder aber auch Franzosenkäfer wird er landläufig<br />
genannt. Dabei handelt es sich um einen Blattkäfer<br />
mit dem exakten Namen Coloradokäfer. Die Bauern nennen<br />
ihn Kartoffelkäfer. Er ist gefürchtet bei ihnen, weil<br />
der Schädling in kürzester Zeit große Schäden auf den<br />
Kartoffelfeldern anrichten kann. Über die Raupenfliege,<br />
die den Käfer als ihren Wirt nutzen, kommen sie auf die<br />
Felder und verbreiten sich dort rasend schnell.<br />
Bereits Ende Mai, wenn die ersten Blätter aus dem Boden<br />
sprießen, werden sie befallen. Dann hat der Käfer<br />
den Winter über im Boden verbracht und dort überwintert.<br />
Nach zwei Wochen, in denen er sich oft unentdeckt<br />
voll gefressen hat, paaren sie sich und die Weibchen legen<br />
ihre unzähligen Eier an die Unterseite der Blätter ab.<br />
Nach ca. zwei Wochen sind aus ihnen neue Käfer geworden,<br />
die sich ebenso schnell vermehren.<br />
Der ca. 7 bis 15 Millimeter großen, schwarz-gelb gestreifte<br />
Käfer gehört nach wie vor zu den gefährlichsten<br />
Schädlingen.<br />
Mit Kartoffeln, die von Amerika, genauer gesagt, seinerzeit<br />
von den Rocky Mountains aus nach Europa verschifft<br />
wurden, gelangte der Käfer über die Häfen von Liverpool<br />
und Rotterdam bereits im 19. Jahrhundert nach Europa.<br />
In den zwanziger-Jahren vernichtete die Käferplage in<br />
Frankreich die allermeisten Kartoffelernten. Mit drastischen<br />
Folgen für die Bevölkerung. Schließlich zählen<br />
Kartoffeln zu den wichtigsten Grundnahrungsmitteln<br />
überhaupt.<br />
Bereits in den Jahren vor dem 2. Weltkrieg wurde der so<br />
genannte „Kartoffelkäfer-Abwehrdienst“ kurz KAD vom<br />
Bund eingeführt.<br />
Im Nachkriegsjahr 1947 hatte der Kartoffelkäfer<br />
auch hier in <strong>Haren</strong> die Felder besonders stark<br />
heimgesucht. Hilfesuchend wanden sich die Bauern<br />
an die Gemeinde, um einem völligen Ernteausfall<br />
der Kartoffeln Herr zu werden.<br />
In Schulen wurden wurden kindgerechte und anschauliche<br />
Fibeln verteilt, die Kinder geschult und die<br />
zu Sammeleinsätzen auf den bedrohten Feldern eingesetzt.<br />
Unter Anleitung der Lehrer erhielten die Schüler kleine,<br />
oft mit Petroleum oder altem Öl versehene Flaschen<br />
oder Blechdosen. Damit sollten sie Reihe um Reihe Ausschau<br />
nach dem gefürchteten gestreiften Schädling,<br />
seinen roten Larven und den Blättern mit den gelben<br />
Käfereiern halten. Die gesammelten Schädlinge<br />
landeten dann in den Flaschen oder Dosen und<br />
wurden anschließend auf nimmer wiedersehen<br />
verbrannt, oder einfach und pragmatisch den<br />
Hühnern zum Picken vorgeworfen.<br />
„Jetzt fressen sie, wohin man schaut, Kartoffelkraut,<br />
Kartoffelkraut.<br />
Die Stauden erst so herrlich grün, sie<br />
werden kahl, sie schwinden hin“, hieß<br />
es in einigen Versen über den gemeinen<br />
Käfer.<br />
Die Bauern wissen sich heute gegen<br />
die Kartoffelkäfer zu wehren.<br />
In privaten Gärten sollte jeder<br />
Gärtner seine Kartoffelpflanzen<br />
genau unter die Lupe<br />
nehmen und die ersten<br />
Larven gleich absammeln.<br />
Auch die gute alte selbst<br />
angesetzte Brennesseljauche,<br />
so wie es unsere<br />
Großeltern gemacht<br />
haben, soll dem<br />
Kartoffelkäfern so<br />
gar nicht gut bekommen.<br />
Von<br />
Luise Schulte-Jerchel<br />
<strong>September</strong>-<strong>Oktober</strong> <strong>2023</strong> – emsblick | 45