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STADTMAGAZIN Bremen Oktober 2023

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TITELSTORY<br />

„Es gibt noch genug zu tun“<br />

Schauspieler Peter Lüchinger über seine neue Rolle als Pensionär und die Bremer Shakespeare Company<br />

Foto: Marco Meister<br />

12<br />

Er verkörpert die Bremer Shakespeare<br />

Company wie wenige andere in der<br />

Hansestadt: Peter Lüchinger ist seit<br />

1989 festes Mitglied im Ensemble des<br />

Theaters und trägt seit 1994 als Vorstand<br />

außerdem entscheidend dazu bei, dass das<br />

Haus in die mittlerweile 40. Spielzeit gehen<br />

kann. Doch Ende des Jahres ist für ihn<br />

nun Schluss: Der 65-Jährige bereitet sich<br />

auf seine neue, ganz persönliche Rolle vor<br />

– die des Pensionärs. Was sein Weggang<br />

für ihn und die Bremer Shakespeare Company<br />

bedeutet, erzählt Peter Lüchinger im<br />

Interview.<br />

Sie verabschieden sich aus dem geschäftsführenden<br />

Vorstand und voraussichtlich<br />

Ende 2024 aus dem festen Ensemble der<br />

Bremer Shakespeare Company. Frohen<br />

Mutes oder schweren Herzens?<br />

Dadurch, dass ich so viele Figuren kreieren<br />

durfte in diesen 40 Jahren und immer<br />

auf der Bühne war, bin ich total erfüllt. Das<br />

heißt nicht, dass ich es kann, aber ich weiß<br />

jetzt, wie es geht (lacht). Deswegen muss<br />

ich das nicht mehr unbedingt machen. Aber<br />

ich kann natürlich auch nicht sagen, wie es<br />

wirklich sein wird. Ich verliere ja diese Welt<br />

der Bühne. Das ist für mich etwas ganz Tolles:<br />

auf der Bühne proben, ausprobieren,<br />

mit diesem tollen Autor Shakespeare, der<br />

so radikal war. Diese Intensität muss ich<br />

mit irgendetwas ersetzen. Ich konnte mich<br />

aber schon gut vorbereiten. Ich habe mich<br />

in letzter Zeit zurückgezogen und mische<br />

mich nicht mehr ein.<br />

Es ist ungewöhnlich, dass Schauspieler:innen<br />

34 Jahre an einem Theater bleiben.<br />

Was hat sie so lange an der Bremer<br />

Shakespeare Company gehalten?<br />

Die Company ist im Grunde der Versuch<br />

eines idealen Ortes, wie man zusammen<br />

Theater machen kann. Wir sind selbstverwaltet,<br />

wir haben eine sehr große Freiheit<br />

und einen sehr großen Gestaltungsspielraum.<br />

Den konnte ich für mich immer genug<br />

ausfüllen, und deswegen gab es für<br />

mich keinen Grund, das noch woanders<br />

auszuprobieren. Was ich alles gemacht<br />

habe, auch außerhalb der Bühne, das war<br />

ein totales Geschenk. Warum sollte ich<br />

dann weggehen? Auf der anderen Seite<br />

gab es natürlich auch Kämpfe, Stress und<br />

Fragen wie „Wie geht es weiter, reicht das<br />

Geld?“. Ich wollte außerdem nie von einer<br />

Stadt zur anderen hüpfen, dann wäre ich<br />

eingegangen. Ich brauche das bekannte<br />

Foto: Marco Meister<br />

Umfeld, die Kontinuität. Daraus kann man<br />

noch viel entwickeln, daran kann man anknüpfen.<br />

Die Veränderung ist für mich das<br />

Spannende, aber nicht das Neue. Es gibt<br />

nicht so viel Neues.<br />

Sie haben sich als Schauspieler ja auch<br />

verändert, indem Sie später zusätzlich im<br />

Vorstand tätig waren.<br />

Das war auch ein Grund, warum ich zur<br />

Bremer Shakespeare Company gekommen<br />

bin. Wir wollten schon in der Schauspielschule<br />

ein Theater gründen. Durch meine<br />

Ausbildung zum Kaufmann war klar, dass<br />

ich mich einmischen muss. Das ist gut gelaufen,<br />

natürlich auch dank der glücklichen<br />

Umstände: Ich habe keine Kinder, hatte<br />

keine Krankheiten, keine Verletzungen und<br />

wahnsinnig viel Zeit. Da war klar, dass ich<br />

viel Energie zur Verfügung stellen kann und<br />

mir das auch zugetraut habe.<br />

Wie hat sich das auf Ihre Work-Life-Balance<br />

ausgewirkt?<br />

Erst jetzt im Rückblick fällt mir auf, dass ich<br />

vielleicht doch manchmal ein bisschen zu<br />

viel gearbeitet habe, aber ich habe das nicht<br />

als negativ empfunden. Ich freue mich jetzt<br />

darauf, dass ich gewisse Verabredungen<br />

machen kann. Im Grunde genommen sind<br />

Schauspieler sieben Tage die Woche verfügbar.<br />

Das heißt, das regelmäßige Sozialleben<br />

leidet ein bisschen. Wichtig war für mich<br />

immer der Urlaub. Wir haben im Sommer<br />

sechs Wochen spielfreie Zeit. Ich gehe am<br />

ersten Tag weg aus <strong>Bremen</strong> und komme am

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