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TITELSTORY<br />
„Es gibt noch genug zu tun“<br />
Schauspieler Peter Lüchinger über seine neue Rolle als Pensionär und die Bremer Shakespeare Company<br />
Foto: Marco Meister<br />
12<br />
Er verkörpert die Bremer Shakespeare<br />
Company wie wenige andere in der<br />
Hansestadt: Peter Lüchinger ist seit<br />
1989 festes Mitglied im Ensemble des<br />
Theaters und trägt seit 1994 als Vorstand<br />
außerdem entscheidend dazu bei, dass das<br />
Haus in die mittlerweile 40. Spielzeit gehen<br />
kann. Doch Ende des Jahres ist für ihn<br />
nun Schluss: Der 65-Jährige bereitet sich<br />
auf seine neue, ganz persönliche Rolle vor<br />
– die des Pensionärs. Was sein Weggang<br />
für ihn und die Bremer Shakespeare Company<br />
bedeutet, erzählt Peter Lüchinger im<br />
Interview.<br />
Sie verabschieden sich aus dem geschäftsführenden<br />
Vorstand und voraussichtlich<br />
Ende 2024 aus dem festen Ensemble der<br />
Bremer Shakespeare Company. Frohen<br />
Mutes oder schweren Herzens?<br />
Dadurch, dass ich so viele Figuren kreieren<br />
durfte in diesen 40 Jahren und immer<br />
auf der Bühne war, bin ich total erfüllt. Das<br />
heißt nicht, dass ich es kann, aber ich weiß<br />
jetzt, wie es geht (lacht). Deswegen muss<br />
ich das nicht mehr unbedingt machen. Aber<br />
ich kann natürlich auch nicht sagen, wie es<br />
wirklich sein wird. Ich verliere ja diese Welt<br />
der Bühne. Das ist für mich etwas ganz Tolles:<br />
auf der Bühne proben, ausprobieren,<br />
mit diesem tollen Autor Shakespeare, der<br />
so radikal war. Diese Intensität muss ich<br />
mit irgendetwas ersetzen. Ich konnte mich<br />
aber schon gut vorbereiten. Ich habe mich<br />
in letzter Zeit zurückgezogen und mische<br />
mich nicht mehr ein.<br />
Es ist ungewöhnlich, dass Schauspieler:innen<br />
34 Jahre an einem Theater bleiben.<br />
Was hat sie so lange an der Bremer<br />
Shakespeare Company gehalten?<br />
Die Company ist im Grunde der Versuch<br />
eines idealen Ortes, wie man zusammen<br />
Theater machen kann. Wir sind selbstverwaltet,<br />
wir haben eine sehr große Freiheit<br />
und einen sehr großen Gestaltungsspielraum.<br />
Den konnte ich für mich immer genug<br />
ausfüllen, und deswegen gab es für<br />
mich keinen Grund, das noch woanders<br />
auszuprobieren. Was ich alles gemacht<br />
habe, auch außerhalb der Bühne, das war<br />
ein totales Geschenk. Warum sollte ich<br />
dann weggehen? Auf der anderen Seite<br />
gab es natürlich auch Kämpfe, Stress und<br />
Fragen wie „Wie geht es weiter, reicht das<br />
Geld?“. Ich wollte außerdem nie von einer<br />
Stadt zur anderen hüpfen, dann wäre ich<br />
eingegangen. Ich brauche das bekannte<br />
Foto: Marco Meister<br />
Umfeld, die Kontinuität. Daraus kann man<br />
noch viel entwickeln, daran kann man anknüpfen.<br />
Die Veränderung ist für mich das<br />
Spannende, aber nicht das Neue. Es gibt<br />
nicht so viel Neues.<br />
Sie haben sich als Schauspieler ja auch<br />
verändert, indem Sie später zusätzlich im<br />
Vorstand tätig waren.<br />
Das war auch ein Grund, warum ich zur<br />
Bremer Shakespeare Company gekommen<br />
bin. Wir wollten schon in der Schauspielschule<br />
ein Theater gründen. Durch meine<br />
Ausbildung zum Kaufmann war klar, dass<br />
ich mich einmischen muss. Das ist gut gelaufen,<br />
natürlich auch dank der glücklichen<br />
Umstände: Ich habe keine Kinder, hatte<br />
keine Krankheiten, keine Verletzungen und<br />
wahnsinnig viel Zeit. Da war klar, dass ich<br />
viel Energie zur Verfügung stellen kann und<br />
mir das auch zugetraut habe.<br />
Wie hat sich das auf Ihre Work-Life-Balance<br />
ausgewirkt?<br />
Erst jetzt im Rückblick fällt mir auf, dass ich<br />
vielleicht doch manchmal ein bisschen zu<br />
viel gearbeitet habe, aber ich habe das nicht<br />
als negativ empfunden. Ich freue mich jetzt<br />
darauf, dass ich gewisse Verabredungen<br />
machen kann. Im Grunde genommen sind<br />
Schauspieler sieben Tage die Woche verfügbar.<br />
Das heißt, das regelmäßige Sozialleben<br />
leidet ein bisschen. Wichtig war für mich<br />
immer der Urlaub. Wir haben im Sommer<br />
sechs Wochen spielfreie Zeit. Ich gehe am<br />
ersten Tag weg aus <strong>Bremen</strong> und komme am