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19 Reportage - Weißes Kreuz

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Foto: Paolo Risser/<strong>Weißes</strong> <strong>Kreuz</strong><br />

300 haupt- und rund 2300<br />

ehrenamtliche Mitarbeiter<br />

sind für das Weiße <strong>Kreuz</strong> tätig.<br />

Neben dem klassischen<br />

Rettungsdienst sind sie unter<br />

anderem auch im Zivilschutz,<br />

im Rückholdienst sowie in der<br />

Notfallseelsorge aktiv.<br />

Wo der Ötzi<br />

zu Hause ist<br />

Das Weiße <strong>Kreuz</strong> ist in<br />

Südtirol eine der größten<br />

Hilfsorganisationen. Zwischen<br />

Brenner und Salurn unterhält<br />

die Organisation 32 Rettungswachen.<br />

Als autonome Provinz<br />

innerhalb Italiens hat das<br />

WK ein eigenes Rettungssystem<br />

entwickelt.<br />

Großen Wert legen die Südtiroler<br />

auf ihren Status als autonome<br />

Provinz, der sie seit <strong>19</strong>75 weitgehend<br />

unabhängig von Beschlüssen<br />

der italienischen Regierung macht.<br />

Kein Wunder also, dass sich auch der<br />

Rettungsdienst in Südtirol vom übrigen<br />

Italien absondert. Ein Verdienst des<br />

Weißen <strong>Kreuz</strong>es (WK), einer Hilfsorganisation,<br />

die erst im Jahre <strong>19</strong>65 gegründet<br />

wurde und heute bereits fast<br />

37 000 Mitglieder zählt.<br />

„Das Rettungssystem war <strong>19</strong>65 ineffi<br />

zient. Es gab in ganz Südtirol drei<br />

Rettungswachen, die vom Italienischen<br />

Roten <strong>Kreuz</strong> geführt wurden. Es bestand<br />

also dringend Handlungsbedarf“,<br />

erinnert sich der Geschäftsführer des<br />

Weißen <strong>Kreuz</strong>es, Dr. Ivo Bonamico<br />

(40). Heute arbeiten unter seiner Führung<br />

300 hauptberufl iche und 2300 ehrenamtliche<br />

Mitarbeiter. Sie engagieren<br />

sich nicht nur im klassischen Rettungsdienst,<br />

sondern auch:<br />

� in Kooperation mit dem ASB<br />

Deutschland im weltweiten Rückholdienst,<br />

� in einem Betreuungszug des Zivilschutzes,<br />

� im Labor-, Blut- und Muttermilchtransport,<br />

<strong>Reportage</strong><br />

32 Rettungswachen unterhält das Weiße<br />

<strong>Kreuz</strong> in Südtirol. Im Jahre 2003 wurden<br />

die Einsatzkräfte knapp 41 000-mal von<br />

der Landesnotrufzentrale alarmiert.<br />

� im Bereitschaftsdienst sowie in der-<br />

Aus- und Fortbildung,<br />

� Flugrettung und<br />

� Notfallseelsorge.<br />

Geschäftsführer Dr. Bonamico wurde<br />

vom ehrenamtlichen Vorstand ernannt<br />

und untersteht direkt dem ehrenamtlichen<br />

Präsidenten des Vereins, Primar<br />

Dr. Georg Rammlmair. Die Fäden des<br />

Weißen <strong>Kreuz</strong>es laufen im modernen,<br />

im Jahre 2001 errichteten Verwaltungsgebäude<br />

neben dem Bozener Krankenhaus<br />

zusammen. Dort sind auch die<br />

Hauptwache mit Schlafräumen, die<br />

Fahrzeughallen, die Waschhallen sowie<br />

die Fahrzeuge des Katastrophenschutzes<br />

untergebracht.<br />

Im angrenzenden Gebäude ist das<br />

Italienische Rote <strong>Kreuz</strong> (IRK) ansässig,<br />

das mit seinen fünf Rettungswachen<br />

ebenfalls in die Notfallrettung und den<br />

Krankentransport in Südtirol eingebunden<br />

ist. Im Gegensatz dazu unterhält<br />

das Weiße <strong>Kreuz</strong> mittlerweile 32<br />

Standorte vom Brenner bis nach Salurn<br />

und in ost-westlicher Richtung von Reschen<br />

im Vinschgau bis nach Innichen<br />

im Pustertal. Im Jahre 2003 wurden die<br />

Retter des WK knapp 41 000-mal von<br />

der Landesnotrufzentrale (LNZ) alarmiert.<br />

Anspruchsvolle Landschaft<br />

�<br />

Was für Feriengäste den Reiz der<br />

7400 Quadratkilometer großen Provinz<br />

Südtirol ausmacht, ist für die Retter des<br />

Weißen <strong>Kreuz</strong>es eine riesige Herausforderung.<br />

„Wir müssen unseren Fuhrpark<br />

der besonderen geografi schen Lage an-<br />

Rettungs-Magazin<br />

November/Dezember 2004 <strong>19</strong><br />

Foto: Paolo Risser/<strong>Weißes</strong> <strong>Kreuz</strong>


<strong>Reportage</strong><br />

Herausragend: das Geschäftsgebäude des Weißen <strong>Kreuz</strong>es in Bozen. Links: die Fahrzeug-<br />

und Werkstatthallen.<br />

20<br />

St. Valentin<br />

a. d. H<br />

Mals<br />

Schlanders<br />

Prad a. S.<br />

Sulden<br />

Naturns<br />

Lana<br />

St. Christina<br />

St. Walburg Terlan Ritten<br />

i. U.<br />

Seis<br />

Bozen<br />

Welschnofen<br />

Eppan<br />

Deutschnofen<br />

Corvara<br />

Mühlbach<br />

St. Leonhard<br />

Bruneck<br />

Sarntheim Brixen St. Vigil<br />

i. E.<br />

Meran Klausen<br />

20 km<br />

Rettungswagen<br />

Standorte in Südtirol<br />

Rettungshubschrauber<br />

Rettungs-Magazin<br />

November/Dezember 2004<br />

Neumarkt<br />

Salurn<br />

Sterzing<br />

Luttach<br />

ITALIEN<br />

Innichen<br />

© Rettungs-Magazin / Jung<br />

Als NAW und RTW werden in Bozen Mercedes Sprinter, als RTW und KTW VW T4, als<br />

Langstrecken-KTW Mercedes E-Klasse-Fahrzeuge eingesetzt. Ein Renault Espace dient als<br />

Blut- und Plasma-Transportfahrzeug und künftig auch als ELW.<br />

passen. In unseren mittelalterlichen<br />

Städten wie Bozen oder Brixen haben<br />

wir sehr schmale Gassen, die Wanderwege<br />

sind oft steil“, erklärt Markus<br />

Leimegger (33), verantwortlich für den<br />

Fahrzeugpark beim Weißen <strong>Kreuz</strong>.<br />

Als RTW setzen die Retter daher auf<br />

Mercedes Sprinter ohne Kofferaufbau<br />

sowie auf VW T4 mit Hochdach und<br />

Allradantrieb. „Damit erreichen wir<br />

Häuser und Höfe, die abseits befestigter<br />

Straßen liegen“, so Markus Leimegger.<br />

Nach den Erfahrungen des Fahrzeug-<br />

Experten Leimegger ist der Mercedes<br />

Sprinter mit Allradantrieb zu schwer,<br />

um in Italien als Ambulanzfahrzeug zugelassen<br />

zu werden. „Auf geländegängige<br />

Fahrzeuge wie Jeeps verzichten<br />

wir ebenso.“ Als NAW wird ebenfalls<br />

auf den Sprinter ohne Kofferaufbau zurückgegriffen<br />

– was noch einen weiteren<br />

„gewichtigen“ Grund hat. Leimegger:<br />

„Die meisten unserer Mitarbeiter<br />

dürfen nur Fahrzeuge bis 3,5 Tonnen<br />

bewegen, daher wäre dieser Aufbau zu<br />

schwer.“<br />

Insgesamt stehen dem Weißen <strong>Kreuz</strong><br />

in ganz Südtirol vier Notarzt-Einsatzfahrzeuge<br />

(NEF, Standorte: Brixen,<br />

Bruneck, Meran, Schlanders), drei Notarztwagen<br />

(NAW, Standorte: Bozen,<br />

Sterzing, Innichen sowie ein Ersatzfahrzeug<br />

in Bozen), 28 Rettungswagen<br />

(RTW), sechs Notfall-KTW sowie 140<br />

Krankenwagen (KTW) zur Verfügung.<br />

Die Fahrzeuge werden an insgesamt 32<br />

Wachen, die in Südtirol Sektionen heißen,<br />

eingesetzt.<br />

In Bozen, der größten Sektion, rücken<br />

der NAW „WK 409“ (Mercedes<br />

Sprinter 312 D, Baujahr <strong>19</strong>98, 90 kW,<br />

Aufbau Miesen), die beiden RTW „WK<br />

405“ (VW T4 TDI Syncro Hochdach,<br />

Baujahr 2002, 75 kW, Aufbau Ambulanzmobile)<br />

und „WK 415“ (VW T4<br />

TDI Syncro Hochdach, Baujahr <strong>19</strong>99,<br />

75 kW, Aufbau Miesen) sowie 23 KTW<br />

zu Einsätzen aus.<br />

Seit 2001 lässt das Weiße <strong>Kreuz</strong> seine<br />

Fahrzeuge von der Firma Ambulanzmobile<br />

in Schönebeck fertigen. „Wir<br />

orientieren uns an der maximal erhältlichen<br />

Sicherheit für Patient und Besatzung<br />

und die ist nun mal in Deutschland<br />

zu fi nden“, betont Leimegger. Gegen<br />

italienische Hersteller hat er nichts. Allerdings:<br />

„Die italienische Regierung<br />

weigert sich bislang, die Richtlinien der<br />

Crash-Euronorm 1789 im Gesetz zu<br />

verankern.“ Aus diesem Grund können<br />

die Fahrzeuge, die in Italien gebaut<br />

werden, vor allem auf dem Gebiet der<br />

Sicherheit nicht mit den Fahrzeugen<br />

aus dem deutschen Sprachraum verglichen<br />

werden. Die meisten italienischen<br />

Ausbauer garantieren die Sicherheit<br />

allein durch Berechnung, jedoch nicht<br />

durch dynamische Crash-Tests. „Wir<br />

als <strong>Weißes</strong> <strong>Kreuz</strong> möchten Fahrzeuge<br />

nach dem neuesten Stand der Technik<br />

und der Entwicklung einsetzen.“<br />

Einheitliche Ausstattung<br />

Großen Wert legen die Verantwortlichen<br />

des Weißen <strong>Kreuz</strong>es auf eine<br />

identische Ausstattung der Fahrzeuge.<br />

„Das vereinfacht einerseits die Schulung<br />

des Personals an den Geräten, andererseits<br />

sparen wir enorme Kosten,<br />

da wir größere Mengen an Verbrauchsmaterial<br />

bestellen können und sich der<br />

Verwaltungsaufwand in Grenzen hält“,<br />

ergänzt Leimeggers Kollege Norbert<br />

Redolfi (31). Das Verbrauchsmaterial<br />

sowie die technischen Geräte verwaltet<br />

Redolfi zentral in der Beschaffungsstelle<br />

in Bozen.<br />

Für den Materialtransport setzen die<br />

Südtiroler Retter auf Notfall-Rucksäcke.<br />

Lediglich vier der sieben mit Notarzt<br />

besetzten Rettungsmittel sind noch<br />

mit einem Koffersystem ausgestattet.<br />

Leimegger: „Der Vorteil der Rucksäcke<br />

besteht darin, dass wir sie im VW T4<br />

während der Fahrt öffnen können. Mit<br />

Koffern ist das leider nicht möglich.“<br />

Bei der übrigen Ausstattung greift das<br />

Weiße <strong>Kreuz</strong> auf Tragestuhl, Schaufeltrage<br />

und Fahrtrage von Ferno sowie<br />

auf die Beatmungseinheit Medumat<br />

Standard von Weinmann zurück. Darüber<br />

hinaus sind noch auf den RTW<br />

1 - Z 1 9 8 - 6 - 0 0 0 3 - 0 4 1 1<br />

Der neue Katalog ist da!<br />

BEATMUNG<br />

INTUBATION<br />

NOTFALLTASCHEN<br />

NOTFALLKOFFER<br />

IMMOBILISATION<br />

TRANSPORT<br />

DIAGNOSTIK<br />

INSTRUMENTE<br />

EINWEGARTIKEL<br />

VERBRAUCHSMATERIAL<br />

AMBULANZ<br />

ARBEITSSCHUTZ<br />

Bestell.-Nr. Z1 98<br />

Verwaltet das<br />

Landesmagazin<br />

für das WK in<br />

Südtirol:<br />

Norbert<br />

Redolfi .<br />

LIFEGUARD ®<br />

EMERGENCY PRODUCTS<br />

Rettungsdienstleiter<br />

der Sektion<br />

Bozen:<br />

Werner<br />

Innerhofer.<br />

Vakuummatratze, KED-System, Water-Jel-Set<br />

sowie Stifnecks zu fi nden.<br />

Um die Pfl ege der Fahrzeuge kümmern<br />

sich die jeweiligen Sektionen<br />

selbst. Im Sitz des Landesrettungsvereins<br />

in Bozen wartet und repariert<br />

Mechaniker Claudio Morandelli die<br />

weiß und orange lackierten Wagen.<br />

Ersetzt werden die Fahrzeuge entweder<br />

nach sechs Jahren Nutzungsdauer<br />

oder 300 000 Kilometer Laufl eistung.<br />

Notarzt-Einsatzfahrzeuge werden nach<br />

acht Jahren oder 300 000 Kilometern<br />

gegen Neue getauscht.<br />

Konzept der Notfall-KTW<br />

In kleinen Ortschaften wie zum Beispiel<br />

Prad am Stilfserjoch (etwa 3200<br />

Einwohner, im Schnitt 1,6 Einsätze/<br />

Tag), Welschnofen bei Meran (rund<br />

1700 Einwohner, 0,7 Einsätze/Tag),<br />

Sulden (zirka 400 Einwohner, 0,9 Einsätze/Tag)<br />

oder St. Vigil (etwa 2600<br />

Stolz auf<br />

Ausbildungsmodule:Ausbildungsleiter<br />

Reinhard<br />

Mahlknecht.<br />

Wurde vom<br />

ehrenamtlichen<br />

Vorstand<br />

gewählt:<br />

Geschäftsführer<br />

Dr. Ivo<br />

Bonamico.<br />

Verwaltet den<br />

Fahrzeugpark<br />

beim Weißen<br />

<strong>Kreuz</strong>:<br />

Markus<br />

Leimegger.<br />

Einwohner, 0,5 Einsätze/Tag) wäre ein<br />

reiner RTW nicht ausgelastet. Daher<br />

werden dort Notfall-KTW eingesetzt.<br />

Das sind kleine RTW, die auch kürzere<br />

Krankentransporte übernehmen.<br />

Leimegger: „Normalerweise werden<br />

in Südtirol Notfall- und Notarzteinsätze<br />

strikt von Krankentransporten<br />

getrennt.“ Während die RTW von<br />

der unabhängigen Südtiroler Landesnotrufzentrale<br />

(LNZ, Notrufnummer<br />

118) gerufen werden, hält das Weiße<br />

<strong>Kreuz</strong> eine eigene Telefonzentrale für<br />

Krankentransporte vor. Alarmierung<br />

und Funkverkehr laufen in ganz Südtirol<br />

über das Zwei-Meter-Band.<br />

Von der Qualifi kation muss der Notfall-KTW<br />

jedoch wie ein RTW besetzt<br />

sein. Fällt ein Krankentransport an,<br />

wird die Besatzung von der Landesnotrufzentrale<br />

alarmiert und gebeten, sich<br />

bei der Leitstelle des Weißen <strong>Kreuz</strong>es<br />

zu melden, die den genauen Fahrauftrag<br />

per Funk oder Telefon durchgibt.<br />

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Rettungs-Magazin<br />

November/Dezember 2004 21


<strong>Reportage</strong><br />

Ein typisches Beispiel für eine größere<br />

Marktgemeinde ist das 20 000<br />

Einwohner zählende Lana zwischen<br />

Bozen und Meran. Pro Tag rückt das<br />

hier stationierte Fahrzeug zu durchschnittlich<br />

drei Notfällen, nachts nur<br />

zu durchschnittlich einem Einsatz aus.<br />

Insgesamt acht Hauptamtliche, ein Zivildienstleistender<br />

sowie 65 Freiwillige<br />

teilen sich die Dienste auf den Wagen.<br />

Als Fahrzeuge stehen ein reiner RTW<br />

(VW T4 Syncro Hochdach, Baujahr<br />

<strong>19</strong>97, 85 kW, Aufbau Miesen) und drei<br />

KTW (alle VW T4 Hoch- und Flachdach)<br />

zur Verfügung.<br />

Sowohl der technische Leiter Markus<br />

Leimegger als auch Rettungsdienstleiter<br />

Werner Innerhofer (43) sind mit<br />

ihren Fahrzeugen und der Technik zufrieden.<br />

Dennoch stehen Innovationen<br />

an. Leim egger: „Wir betreuen sehr viele<br />

Urlauber mit verhältnismäßig harmlosen<br />

Verletzungsmustern wie zum<br />

Beispiel leichte Skiunfälle. Daher wollen<br />

wir künftig Mehrzweck-RTW einsetzen,<br />

mit denen wir bei Bedarf auch<br />

mehrere Patienten transportieren oder<br />

kurze Krankentransporte durchführen<br />

können.“ Der Unterschied zu einem regulären<br />

RTW besteht darin, dass auch<br />

ein Tragestuhl an Bord ist.<br />

Nach einem Jahr Entwicklungsarbeit<br />

konnte Leimegger fünf neue Fahrzeug<br />

vom Typ Renault Master (Master Phase<br />

II, 3.0 Liter dCi, 100 kW, ausgebaut<br />

von Ambulanzmobile) in Dienst stel-<br />

22<br />

Rettungs-Magazin<br />

November/Dezember 2004<br />

len. Das Herzstück im Patientenraum<br />

ist ein in der Höhe und seitlich verstellbarer<br />

Schwebetisch. Wird dieser Tisch<br />

nach links geschoben, kann ein klappbarer<br />

Tragesessel Typ Utila ALS 400<br />

am Boden verankert werden.<br />

In seiner Gesamtheit entspricht das<br />

Fahrzeug der EN 1789. Aufgrund einer<br />

italienischen Gesetzesvorlage sind sowohl<br />

Schwebetisch als auch alle Sitze<br />

im Patientenraum in und gegen Fahrtrichtung<br />

mit 20g crashgetestet.<br />

„Unser Bestreben geht dahin, dieses<br />

Modell immer weiter auszubauen, da<br />

die Vorhaltekosten für einen reinen<br />

RTW zu hoch sind. Wir wollen mit<br />

dieser polyvalenten Nutzung auch dem<br />

Kostenträger – der autonomen Provinz<br />

Südtirol – Kosten sparen helfen,<br />

ohne jedoch die Qualität zu senken.“<br />

Verhandlungen zur fl ächendeckenden<br />

Einführung von Mehrzweckfahrzeugen<br />

laufen bereits.<br />

Am Tag nur Hauptamtliche<br />

Insgesamt 25 hauptberufl iche Mitarbeiter<br />

stehen dem Rettungsdienst des<br />

Weißen <strong>Kreuz</strong>es in Bozen zur Verfügung<br />

– allerdings nur tagsüber von<br />

montags bis freitags: „Überstunden“,<br />

so Rettungsdienstleiter Werner Innerhofer,<br />

„müssen bis zum jeweiligen Monatsende<br />

als Freizeitausgleich abgefeiert<br />

werden.“ Damit die Rettungskräfte<br />

wissen, ob oder wie viele Mehrstunden<br />

In der Sektion Lana setzen die Retter auf<br />

VW T4 als RTW und KTW sowie auf einen<br />

VW Sharan als Mehrzweckfahrzeug.<br />

Langstrecken-KTW „WK 468“, Mercedes<br />

Benz 210 D, Aufbau Miesen.<br />

Bei den Notarzt-Einsatzfahrzeugen setzt<br />

das WK auf Fahrzeuge von Audi.<br />

KTW „WK 207“, VW T4, Baujahr 2002,<br />

75 kW, Aufbau Ambulanz Mobile.<br />

Foto: Paolo Risser/<strong>Weißes</strong> <strong>Kreuz</strong><br />

NAW „WK 409“, Mercedes Sprinter 312<br />

D, aus dem Jahre <strong>19</strong>98, Aufbau Miesen.<br />

ELW „WK 443“, Renault Espace, Baujahr<br />

2003, 110 kW, Ausbau PMC. Der<br />

Wagen wird vor allem für Bluttransporte<br />

genutzt.<br />

Einer von den fünf neuen RTW auf<br />

Renault Master, Ausbau Ambulanzmobile.<br />

Foto: <strong>Weißes</strong> <strong>Kreuz</strong><br />

sich angesammelt haben, hängt der<br />

Dienstleiter einen täglich aktualisierten<br />

Überstundenplan ans schwarze Brett<br />

der Wache.<br />

In der Sektion Bozen sind die hauptamtlichen<br />

Schichten zum Beispiel folgendermaßen<br />

verteilt:<br />

NAW: von 6.30 bis 14 Uhr und 14 bis<br />

21 Uhr,<br />

RTW 1: 6 bis 15.30 Uhr,<br />

RTW 2: 13 bis 20 Uhr,<br />

KTW 1: 6 bis 14 Uhr,<br />

KTW 2: 7 bis 14 Uhr,<br />

KTW 3: 7 bis 17 Uhr,<br />

KTW 4: 12 bis 20 Uhr.<br />

Insgesamt kommt bei dieser<br />

Schichtstruktur jeder Mitarbeiter auf eine<br />

40-Stunden-Woche.<br />

Auf feste Teams verzichtet Innerhofer<br />

in seiner Sektion bewusst. „Bei uns<br />

hat sich das Modell bewährt, dass die<br />

Mitarbeiter unter der Woche abwechselnd<br />

KTW, RTW sowie NAW fahren<br />

und zwar jeweils mit einem anderen<br />

Partner. So lernen sich die Mitarbeiter<br />

besser kennen.“<br />

Noch bis Ende 2005 arbeiten Zivildienstleistende<br />

beim Rettungsdienst<br />

des Weißen <strong>Kreuz</strong>es. Während ihrer<br />

zehnmonatigen Dienstzeit fahren sie<br />

gemeinsam mit einem Hauptamtlichen<br />

auf einem KTW. „Wenn Zivis Interesse<br />

haben, können sie während ihres<br />

Dienstes auch die Ausbildungsstufe<br />

erreichen, die sie für Notfälle qualifi -<br />

ziert“, so Ausbildungsleiter Reinhard<br />

Mahlknecht. Mehr als 50 Prozent der<br />

Zivildiener bleiben dem WK anschließend<br />

als ehrenamtliche Helfer erhalten.<br />

Sämtliche Nacht-, Feiertags- und<br />

Wochenenddienste werden von ehrenamtlichen<br />

Helfern bestritten. Als Aufwandsentschädigung<br />

erhalten die 2300<br />

Aktiven ihre Ausbildung, Dienstbekleidung,<br />

Versicherungsschutz und Verpfl egung<br />

während der Dienstzeit. Wichtig<br />

ist es für Geschäftsführer Dr. Bonamico<br />

daher, die Helfer so hoch wie möglich<br />

zu motivieren. „Als Anerkennung für<br />

die Arbeit werden die ehrenamtlichen<br />

Führungskräfte von den Lokalpolitikern<br />

ins Dorfgeschehen mit einbezogen. In<br />

vielen Dörfern stellen sie den Freiwilligen<br />

auch das Essen während der Dienstzeit<br />

zur Verfügung. Zu unserem Glück<br />

liegt es auch in der Südtiroler Mentalität,<br />

dass die Menschen helfen und ihren<br />

Teil zum Gemeinschaftsleben beitragen<br />

wollen. Vor allem in den Dörfern ist das<br />

Weiße <strong>Kreuz</strong> genauso hoch angesehen<br />

wie die Feuerwehr.“<br />

Um als Non-Profi t-Organisation erfolgreiche<br />

Arbeit leisten zu können,<br />

müssen nach Meinung des Geschäftsführers<br />

vor allem die äußeren Umstände<br />

stimmen. Das heißt: moderne Wachen<br />

mit Fernseher, Internetanschluss,<br />

eigenen Ausbildungsräumlichkeiten<br />

und Duschen sowie ein moderner Fuhrpark.<br />

„Die Leute müssen sich wohl fühlen<br />

und gerne zum Dienst kommen.<br />

Das ist bei uns zum Glück der Fall“,<br />

so Geschäftsführer Dr. Bonamico. Immerhin<br />

verrichten sogar 82 Prozent der<br />

Hauptamtlichen zusätzlich noch freiwillig<br />

Dienst beim Weißen <strong>Kreuz</strong>.<br />

Große Anreize bieten den Ehrenamtlichen<br />

die Sanitätsdienste: So half zum<br />

Beispiel eine kleine Gruppe des Weißen<br />

<strong>Kreuz</strong>es, das Formel-1-Rennen in<br />

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Rettungs-Magazin<br />

November/Dezember 2004 23


<strong>Reportage</strong><br />

Gemeinsame Übung: Die Besatzung des<br />

„Pelikan 1“ mit Mitgliedern der Bergrettung<br />

Bozen-Sarntal.<br />

Wichtiges Hilfsmittel für Einsätze im Gebirge:<br />

der Bergesack mit Vakuummatratze.<br />

Imola abzusichern. Andere leisteten<br />

gemeinsam mit dem BRK München<br />

beim Oktoberfest in der bayerischen<br />

Landeshauptstadt Erste Hilfe. „Unsere<br />

ehrenamtlichen Helfer arbeiten auch<br />

im Rückholdienst des ASB mit. Das<br />

läuft unter der Obhut von SAINT, dem<br />

Internationalen Samariterbund“, freut<br />

sich Dr. Bonamico.<br />

Um die Zahl der freiwillig geleisteten<br />

Stunden zu erfassen, haben sowohl<br />

hauptamtliche als auch ehrenamtliche<br />

Mitarbeiter eine Stempelkarte. „Wir<br />

wollen damit erreichen, dass wir am<br />

Ende des Jahres der Südtiroler Landesregierung<br />

belegen, dass wir zum<br />

Beispiel im Jahr 2003 fast 900 000 Stunden<br />

freiwillig verrichten haben. Somit<br />

spart sich die Landesregierung jedes<br />

Jahr 14,5 Millionen Euro an Gehältern.<br />

Darauf sind wir sehr stolz. Ohne das<br />

Ehrenamt hätten wir keine Existenzgrundlage<br />

mehr“, weiß der Direktor<br />

des Landesrettungsvereins, Dr. Ivo Bonamico.<br />

„Wenn wir anfangen würden,<br />

den ehrenamtlichen Helfern Geld zu<br />

bezahlen, wäre das der Ruin des Weißen<br />

<strong>Kreuz</strong>es.“<br />

Über eines sind sich die Hauptverantwortlichen<br />

des Weißen <strong>Kreuz</strong>es<br />

bewusst: „Uns ist es klar, dass wir von<br />

24<br />

Rettungs-Magazin<br />

November/Dezember 2004<br />

Foto: Landesfl ugrettung Südtirol<br />

In Südtirol stehen der RTH „Pelikan 1“ (Bozen), „Pelikan 2“ (Brixen) sowie in der Hochsaison<br />

noch ein Rettungshelikopter des „Aiut Alpin“ bereit.<br />

einem Ehrenamtlichen nicht dieselbe<br />

Erfahrung verlangen können wie von<br />

einem Hauptamtlichen, der 20 Tage<br />

im Monat Dienst macht“, relativiert<br />

Dr. Bonamico. „Wir achten aber darauf,<br />

dass die Ehrenamtlichen dieselbe<br />

Ausbildungsstufe erreichen können wie<br />

die Hauptamtlichen und dass die Besetzung<br />

der Rettungsfahrzeuge ausschließlich<br />

von der Qualifi kation abhängt.“<br />

Modulare Ausbildung<br />

Generell besagt in Italien ein Staatsgesetz<br />

aus dem Jahre <strong>19</strong>96, dass Rettungsmittel<br />

wie RTW und NAW mit einem<br />

Krankenpfl eger besetzt werden müssen.<br />

Dies steht jedoch im Widerspruch zur<br />

täglichen Praxis. Eine fl ächendeckende<br />

24-Stunden-Abdeckung mit Pfl egepersonal<br />

(etwa 240 Planstellen) wäre angesichts<br />

des aktuellen Pfl egenotstandes<br />

nicht realisierbar – unabhängig von der<br />

Überlegung, welche Zusatzqualifi kationen<br />

für Pfl egepersonal erforderlich<br />

wären.<br />

Zudem verfügt laut Geschäftsführer<br />

Dr. Bonamico Südtirol als autonome<br />

Provinz über einen Sonderstatus und<br />

hat somit im Bereich Gesundheitswesen<br />

eigene Zuständigkeiten. „Der Staat<br />

kann hier nur Empfehlungen erteilen,<br />

die nicht als bindend anzusehen sind.“<br />

Daher wurde Anfang 2004 von der<br />

Südtiroler Landesregierung ein neues<br />

Ausbildungsschema verabschiedet.<br />

Seitdem werden im Südtiroler Rettungsdienst<br />

die Module A und B unterschieden.<br />

Der Ausbildungsmodus A beinhaltet<br />

150 Stunden theoretische und<br />

praktische Ausbildung und entspricht<br />

etwa der deutschen Sanitätsausbildung.<br />

„Darin lernen die Teilnehmer Basismaßnahmen.<br />

Die Ausbildung befähigt<br />

die Absolventen, Krankentransporte zu<br />

fahren“, erklärt Reinhard Mahlknecht<br />

(40), Ausbildungsleiter beim Weißen<br />

<strong>Kreuz</strong>.<br />

Um auf einem RTW eingesetzt zu<br />

werden, müssen die Einsatzkräfte mindestens<br />

das Ausbildungsniveau B vorweisen,<br />

das mit einer gesamten Dauer<br />

von 450 Stunden etwa dem deutschen<br />

Rettungshelfer entspricht.<br />

Als Rettungssanitäter dürfen sich Absolventen<br />

des Ausbildungsmoduls C<br />

bezeichnen, die auf einem NAW oder<br />

NEF fahren dürfen. Die Ausbildungsinhalte<br />

wurden der Rettungssanitäterausbildung<br />

der BRK-Schule in Jettingen<br />

entnommen. „Seit etwa einem<br />

Jahr bilden wir Rettungssanitäter auch<br />

selbst aus“, freut sich Mahlknecht. Diese<br />

Ausbildungsrichtlinie soll demnächst<br />

ebenfalls von der Landesregierung beschlossen<br />

werden.<br />

Einige hauptberufl iche Mitarbeiter<br />

haben sich in Deutschland zum<br />

Rettungsassistenten ausbilden lassen<br />

– anwenden dürfen sie ihre Kenntnisse<br />

allerdings nicht in vollem Umfang. In<br />

diesem Fall ist das italienische Gesetz<br />

bindend; invasive Maßnahmen sind<br />

Krankenpfl egern und Notärzten vorbehalten.<br />

„Eine Notkompetenz ist bei uns für<br />

das Rettungsfachpersonal nicht vorgesehen.<br />

Daher besteht die Gefahr, dass<br />

Frust aufkommt“, so Mahlknecht.<br />

„Aber natürlich streben wir eine Funktion<br />

zwischen dem Rettungssanitäter<br />

und Notarzt an. Wann, steht allerdings<br />

in den Sternen.“<br />

Großen Wert legt der Ausbildungsleiter<br />

darauf, dass das Modul B und<br />

damit die Qualifi kation, um auf RTW<br />

und NAW fahren zu dürfen, auch für<br />

Ehrenamtliche in etwa 18 Monaten erreichbar<br />

ist.<br />

Zentrale Fortbildungen<br />

Ganz gleich, ob haupt- oder ehrenamtlicher<br />

Helfer: Nach absolvierter<br />

Ausbildung muss jedes aktive Mitglied<br />

im Weißen <strong>Kreuz</strong> jährlich mindestens<br />

16 Stunden Fortbildung nachweisen.<br />

Jeden Samstag sind zwei bis drei Ausbilder<br />

in den einzelnen Sektionen unterwegs<br />

und halten Fortbildungen ab.<br />

Ob man teilgenommen hat oder nicht,<br />

wird festgehalten. Fehlen Stunden, hat<br />

das für den Helfer Folgen. Er wird auf<br />

die nächst niedrigere Ausbildungsstufe<br />

herabgesetzt und muss die Prüfung für<br />

das höhere Modul wiederholen.<br />

Für die ehrenamtlichen Helfer kommt<br />

noch hinzu, dass sie mindestens 200<br />

Stunden Dienst im Jahr nachweisen<br />

müssen, sonst werden sie ebenfalls zurückgestuft.<br />

Da ab August dieses Jahres<br />

alle RTW mit Automatischen Externen<br />

Defi brillatoren (AED-Geräte) ausgestattet<br />

sein werden, müssen die Retter<br />

des Weißen <strong>Kreuz</strong>es laut der italienischen<br />

Gesetzgebung zudem diese Prüfung<br />

alle zwölf Monate wiederholen.<br />

Sichere Dienstkleidung<br />

Im Jahre <strong>19</strong>99 haben die Verantwortlichen<br />

beschlossen, die Dienstkleidung<br />

des Weißen <strong>Kreuz</strong>es in der gesamten<br />

Provinz zu vereinheitlichen. Das hatte<br />

mehrere Gründe: „Hier hatte ein regelrechter<br />

Wildwuchs eingesetzt“, erinnert<br />

sich Markus Leimegger. „Einerseits hatten<br />

wir über Jahre hinweg Bekleidung<br />

verschiedener Hersteller eingekauft, andererseits<br />

haben sich viele Mitarbeiter<br />

die Jacke gekauft, die sie haben wollten.<br />

Daher hatten wir kein einheitliches Erscheinungsbild<br />

mehr. Dazu kam, dass<br />

wir für das Weiße <strong>Kreuz</strong> eine spezielle<br />

Einsatzkleidung kreieren wollten, die<br />

noch dazu dem höchsten Sicherheitsstandard<br />

entspricht.“<br />

Die Hauptanforderung war eine modulare<br />

Bekleidung, die sowohl im Sommer<br />

als auch im Winter optimal nutzbar<br />

ist. „Wir haben in Südtirol starke Temperatur-Extreme“,<br />

sagt Technik-Chef<br />

Favorit<br />

Der Original-Alleskönner<br />

Oft kopiert – nie erreicht!<br />

Aus GORE-TEX ® /FIROLUXplus<br />

Entspricht der neuen GUV-R 2106<br />

CE-Kennzeichnung, zertifiziert gemäß:<br />

• Warnschutz nach DIN EN 471 Klasse<br />

2 und 3<br />

• Wetterschutz nach DIN EN 343<br />

Klasse 3.3<br />

• Begrenzte Flammausbreitung nach<br />

Prüfverfahren DIN EN ISO 15025<br />

• Per Hygienewäsche desinfizierbar<br />

Leimegger. Das gewählte Modell wurde<br />

für ein halbes Jahr probeweise in drei<br />

ausgewählten Rettungswachen getragen<br />

und anschließend in Details nochmals<br />

umgearbeitet. „Es war anfänglich natürlich<br />

spannend, wie sowohl die eigenen<br />

Leute als auch die Bevölkerung auf die<br />

neuen Farben reagieren würden. Wenn<br />

Sie heute die Südtiroler Bevölkerung<br />

fragen, was sie mit der Farbe leuchtgelb<br />

assoziiert, werden die meisten ‚<strong>Weißes</strong><br />

<strong>Kreuz</strong>’ sagen.“<br />

Seit Anfang 2004 sind alle Helfer<br />

mit der Einsatzkleidung der Firma<br />

Bretschneider & Bretschneider ausgestattet,<br />

die in der Nähe von Wien sitzt.<br />

Die Bekleidung entspricht den Normen<br />

EN 471 der Klasse 3/2 und EN 343 der<br />

Klasse 3/3. Um höchstmögliche Hygiene<br />

für die Mitarbeiter zu sichern, wird<br />

die Schutzbekleidung in einer Industriewäscherei<br />

chemothermisch aufbereitet.<br />

Einsatz für „Pelikan 2“<br />

Vor allem in den Ferienzeiten ist „Pelikan<br />

2“, der Rettungshubschrauber der<br />

Landesfl ugrettung Südtirol, von Sonnenaufgang<br />

bis -untergang im Dauereinsatz.<br />

Stationiert ist die Maschine am<br />

Krankenhaus in Brixen. Die Besatzung<br />

der BK 117 besteht aus einem Piloten,<br />

einem Techniker, der zugleich Windenoperator<br />

ist, einem Notarzt des Krankenhauses<br />

Brixen und einem Rettungssanitäter<br />

vom Weißen <strong>Kreuz</strong>.<br />

Die Einsatzorte liegen meist an Stellen,<br />

zu denen RTW und NAW nicht<br />

gelangen können. „Wir versorgen viele<br />

Feriengäste, die in den Bergen ver-<br />

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Rettungs-Magazin<br />

November/Dezember 2004 25


<strong>Reportage</strong><br />

Die Außenwache der Marktgemeinde<br />

Lana ist mit acht Hauptamtlichen,<br />

einem Zivildienstleistenden sowie<br />

65 Freiwilligen besetzt.<br />

unglücken. Aber wir fl iegen auch sehr<br />

viele entlegene Bauernhöfe und kleine<br />

Weiler in der Region an“, erzählt Hans<br />

Unterthiner. Der 45-Jährige ist einer<br />

von zwei hauptamtlichen Flugrettern,<br />

die beim Landesverein <strong>Weißes</strong> <strong>Kreuz</strong><br />

angestellt sind.<br />

Oft ist der Rettungshubschrauber in<br />

Italiens Alpenregion das einzige Verkehrsmittel,<br />

um einen Arzt zum Patienten<br />

zu bringen: „Erstaunlicherweise<br />

haben wir überwiegend internistische<br />

Notfälle. Das hängt auch damit zusammen,<br />

dass viele Touristen die Höhe unserer<br />

alpinen Region unterschätzen und<br />

schnell Kreislaufprobleme bekommen“,<br />

so Unterthiner. Insgesamt 723-mal ist<br />

„Pelikan 2“ im Jahr 2003 zu Einsätzen<br />

gerufen worden.<br />

Die Flugretter des Weißen <strong>Kreuz</strong>es<br />

arbeiten im Schichtbetrieb jeweils sieben<br />

Tage und haben anschließend sieben<br />

Tage frei. Während der Urlaubszeit<br />

steigt ein Krankenpfl eger aus dem<br />

Krankenhaus Brixen auf die BK 117,<br />

der zuvor fest bei der Landesfl ugrettung<br />

angestellt war. Während ihrer Dienstzeit<br />

hält sich die Besatzung in ihrer<br />

Station am Hangar des Krankenhauses<br />

Brixen auf und kümmert sich dort<br />

um die Maschine und die Ausrüstung.<br />

„Der Standort hat den großen Vorteil,<br />

dass wir Patienten direkt in die Notauf-<br />

26<br />

Rettungs-Magazin<br />

November/Dezember 2004<br />

nahme bringen können“, erläutert Unterthiner.<br />

Neben „Pelikan 2“ gibt es am etwa<br />

80 Kilometer entfernten Krankenhaus<br />

von Bozen einen zweiten Rettungshubschrauber.<br />

Dort ist das baugleiche Mo-<br />

Südtirol …<br />

… ist Teil der autonomen italienischen Region<br />

Trentino-Südtirol. Sie ist etwa 7400<br />

Quadratkilometer groß und entspricht der<br />

mit autonomen Rechten ausgestatteten<br />

italienischen Provinz Bozen (Bolzano). In<br />

den ländlichen Regionen Südtirols wird<br />

heute vorwiegend deutsch gesprochen.<br />

Von den etwa 440 000 Einwohnern sprechen<br />

rund 300 000 Deutsch. Nur in den<br />

größeren Städten (Bozen, Meran und<br />

Brixen) ist Italienischdominierend.Südtirol<br />

ist sehr<br />

gebirgig. Zu<br />

den bekanntestenMassiven<br />

zählen die<br />

Ötztaler, Stubaier<br />

und Zillertaler Alpen. In den Ötztaler<br />

Alpen wurde <strong>19</strong>91 die mumifi zierte Gletscherleiche<br />

eines Mannes aus der Jungsteinzeit<br />

entdeckt – der Ötzi (Foto). Seine<br />

Leiche ist heute im neuen archäologischen<br />

Museum der Stadt Bozen zu sehen.<br />

Foto: Südtiroler Archäologiemuseum<br />

dell „Pelikan 1“ stationiert. In Bozen<br />

wurden die Luftretter im vergangenen<br />

Jahr zu 1051 Einsätzen gerufen. „Wir<br />

decken hauptsächlich den Südtiroler<br />

Osten ab, die Kollegen von ‚Pelikan 1’<br />

den Westen“, erzählt der Flugretter.<br />

Bestückt sind beide Hubschrauber mit<br />

einem EKG vom Typ MRL Pic, einem<br />

Draeger Oxylog 2000, Schaufeltrage,<br />

einer Laerdal Suction Unit sowie einem<br />

Bergesack samt Vakuummatratze. Die<br />

Hubschrauber werden von der italienischen<br />

Flugfi rma Elilario geleast. Dort<br />

sind auch Pilot und Bordwart angestellt.<br />

Im Sommer und im Winter steht außerdem<br />

noch eine Maschine der „Aiut Alpin“<br />

für Rettungsfl üge zur Verfügung<br />

(vgl. Rettungs-Magazin 3/2001).<br />

Die Hubschrauberbesatzungen werden<br />

über Funk von der Landesnotrufzentrale<br />

(LNZ, vgl. Seiten 30 - 33) in<br />

Bozen alarmiert – zu ihrem Leidwesen<br />

nur über Zwei-Meter-Band. „Das<br />

ist vor allem ein Problem, wenn wir<br />

grenzüberschreitend arbeiten, da in Österreich<br />

und Deutschland auf Vier-Meter-Frequenz<br />

gefunkt wird“, erklärt Rettungssanitäter<br />

Unterthiner. Oft werden<br />

verunglückte deutsche Urlauber von<br />

„Pelikan 2“ in Fachkliniken wie zum<br />

Beispiel der neurochirurgischen Abteilung<br />

im oberbayerischen Krankenhaus<br />

Murnau gefl ogen. Unterthiner: „In der<br />

Zukunft hoffen wir auf digitale Funktechnik.<br />

Aber das ist vor allem im Gebirge<br />

ein riesiger fi nanzieller Aufwand.“<br />

Hilfsfrist einhalten<br />

Durch die Kombination aus Boden-<br />

und Luftrettungsdienst gelingt es dem<br />

Weißen <strong>Kreuz</strong>, die geforderte Hilfsfrist<br />

in mehr als 90 Prozent aller Einsätze<br />

einhalten zu können. Diese beträgt in<br />

Städten acht, auf dem Land 20 Minuten.<br />

Möglich ist dies nur, da die meisten<br />

Retter sehr gute Ortskenntnisse besitzen.<br />

„Wir können gewährleisten, dass<br />

auf jedem Fahrzeug mindestens ein Einheimischer<br />

sitzt“, freut sich Rettungsdienst-Chef<br />

Werner Innerhofer. Dürften<br />

die Hubschrauber auch nachts starten,<br />

könnte das Weiße <strong>Kreuz</strong> die Hilfsfrist<br />

beinahe in allen Fällen einhalten.<br />

In vielen abgelegenen Gemeinden<br />

pfl egt das Weiße <strong>Kreuz</strong> eine enge Zusammenarbeit<br />

mit den ansässigen Hausärzten.<br />

Die Mediziner werden von der<br />

LNZ telefonisch alarmiert und werden<br />

vom RTW abgeholt. Innerhofer: „Viele<br />

von ihnen sind hoch motiviert und nehmen<br />

auch an Fortbildungen, die vom<br />

Weißen <strong>Kreuz</strong> organisiert werden, teil.“<br />

Bei Einsatzstellen, die abseits befestigter<br />

Wege liegen, arbeitet das Weiße<br />

<strong>Kreuz</strong> eng mit dem Bergrettungsdienst<br />

zusammen. „Sollte sich ein Unfall im<br />

unwegsamen Gelände ereignen, wird<br />

die Bergrettung automatisch von der<br />

Landesnotrufzentrale mitalarmiert“,<br />

erklärt Innerhofer das System. Die zwei<br />

Südtiroler Bergrettungsdienste – der<br />

Bergrettungsdienst (BRD) im Südtiro-<br />

ler Alpenverein und der CNSAS („Corpo<br />

Nazionale Soccorso Alpino e Speleologico“),<br />

die Italienische Berg- und<br />

Höhlenrettung im CAI (Club Alpino<br />

Italiano) – haben größere Gruppen in<br />

allen Landesteilen.<br />

Kosten tragen Steuerzahler<br />

Ganz gleich, ob ein Transport mit einem<br />

RTW oder NAW erfolgt, die Einsätze<br />

werden nicht über die Krankenkasse<br />

des Patienten, sondern über die<br />

Steuergelder abgerechnet. „Wir bekommen<br />

von der Landesregierung für die<br />

Standzeiten eine Jahrespauschale pro<br />

Fahrzeug“, erklärt Geschäftsführer Dr.<br />

Ivo Bonamico. Diese Jahrespauschale<br />

deckt die Fixkosten der Fahrzeuge von<br />

der Abschreibung bis zur Einrichtung,<br />

die Medizinkosten, die Personalkosten<br />

der hauptamtlichen Mitarbeiter sowie<br />

die Verpfl egung der ehrenamtlichen<br />

Helfer. Dr. Bonamico: „Die Kosten<br />

werden also unabhängig von der Einsatzzahl<br />

des Fahrzeuges gedeckt.“ Anders<br />

sieht es bei Krankentransporten<br />

aus. Hier rechnet das Weiße <strong>Kreuz</strong><br />

nach der Anzahl der Kilometer ab.<br />

Als großes Manko sieht Dienstleiter<br />

Innerhofer die fehlende Einsatzleitung<br />

der Organisation. „Es kommt bei<br />

uns häufi g zu Verkehrsunfällen mit<br />

mehreren Verletzten“, erzählt er, „bei<br />

denen mehrere unserer RTW im Einsatz<br />

sind.“ Einen Einsatzleiter vor Ort<br />

gibt es dennoch nicht. Bei Großschadensereignissen<br />

übernimmt diese Aufgabe<br />

der Leitende Notarzt der Landesnotrufzentrale.<br />

Die Position eines Organisatorischen<br />

Leiters (OrgL) ist gesetzlich nicht vorgesehen<br />

und wird von der LNZ daher<br />

nicht eingesetzt. Insofern wird Innerhofer<br />

von seinen Mannschaften per Handy<br />

verständigt. Die Möglichkeit, den Einsatz<br />

strukturiert vor Ort zu leiten, bleibt<br />

ihm jedoch verwehrt – auch wenn ein<br />

Einsatzleitfahrzeug zur Verfügung stehen<br />

würde.<br />

Aus Sicht der Verantwortlichen des<br />

Weißen <strong>Kreuz</strong>es ist die medizinische<br />

Grundversorgung in Südtirol aber auch<br />

ohne OrgL gesichert. „Wir brauchen<br />

den internationalen Vergleich nicht zu<br />

scheuen. Auch wenn wir abgelegene<br />

Gebiete haben“, fasst der technische<br />

Leiter Markus Leimegger zusammen.<br />

Um jedoch auch bei größeren Schadensereignissen<br />

genügend Rettungsmittel<br />

zur Verfügung zu haben, plant das<br />

Weiße <strong>Kreuz</strong>, eine Schnell-Einsatz-<br />

Gruppe aufzubauen. „Eine SEG mit<br />

zehn Leuten wäre schon mal ein guter<br />

Anfang.“<br />

Gregor Staltmaier (Text und Fotos)<br />

Informationen<br />

Im Internet ist das Weiße <strong>Kreuz</strong> unter<br />

der Adresse www.wk-cb.bz.it zu fi nden.<br />

Wer die deutschsprachige Version<br />

wählt, erhält ausführliche Informationen<br />

über die zahlreichen Aktivitäten der Organisation<br />

im Rettungswesen. Informationen<br />

über Südtirol allgemein fi nden sich<br />

unter www.suedtirol.info<br />

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Rettungs-Magazin<br />

November/Dezember 2004 27

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