Standpunkt 568, 3. November 2023

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10 | Standpunkt der Wirtschaft ENERGIEPOLITIK 3. November 2023 INFORMATIONSTOUR – Das Baselbieter Energiepaket hat seine Tour mit Informationsveranstaltungen durch das Baselbiet für das Jahr 2023 abgeschlossen. Private sowie KMU aus der Region zeigten mit grosser Präsenz ihr Interesse am kantonalen Förderprogramm für Energieeffizienz und erneuerbare Energien im Gebäudebereich. Energiepaket stösst auf grosses Interesse Sei es die energetische Sanierung eines 200-jährigen Einfamilienhauses, der reine Umstieg von einer fossilen auf eine Heizung mit erneuer barer Energie oder die Umrüstung eines ganzen KMU auf die neuesten energetischen Standards: Die Anliegen der zahlreichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den diesjährigen Informationsveranstaltungen des Baselbieter Energie pakets hätten einzigartiger und herausfordernder nicht sein können. Insgesamt sechs Anlässe Das Thema Energie bewegt die Bevölkerung der Region. Ob nun in Sissach, Binningen, Münchenstein oder im Haus der Wirtschaft in Pratteln. Die Expertinnen und Experten des Baselbieter Energiepakets und seiner Partner hatten an den gesamthaft sechs Anlässen alle Hände voll zu tun, sämtliche Möglichkeiten und Herausforderungen auf die individuellen Bedürfnisse beratend aufzuzeigen. Unter dem Strich kann attestiert werden: Die Baselbieter Bevölkerung und die Unternehmerinnen und Unternehmer im Kanton zeigen eine hohe Bereitschaft, freiwillig energetische Sanierungen vorzunehmen. Das zeigt allein die hohe Auslastung An der Informationsveranstaltung in Münchenstein referierte Claudio Menn, stv. Leiter Energie beim Baselbieter Amt für Umweltschutz und Energie. Bild: iwf der diesjährigen Veranstaltungen und das damit verbundene Interesse. Die Menschen in der Region befassen sich mit dem Thema Energie und möchten ihren Teil aus freien Stücken beitragen. Dieser Eindruck bestätigt sich insbesondere an den beiden erstmalig durchgeführten Informationsveranstaltungen für KMU. Sei es das kleine Sanitärunternehmen, welches künftig energetische Sanierungen anbieten möchte, oder Grossunternehmen, welche eine Modernisierung des ganzen Geräteparks planen. Dank Erfahrungsberichten von regionalen Unternehmern, welche bereits dank den Fördergeldern des Baselbieter Energiepakets eine energetische Sanierung an ihren KMU durchgeführt haben, konnten einzigartige Einblicke in die Umset- zung eines solchen Projekts gewährt werden. Die rege Teilnahme an den diesjährigen Veranstaltungen und die positiven Rückmeldungen aus der Bevölkerung bestätigen die Organisatoren des Baselbieter Energiepakets und seine Partner in ihrer Mission, auch künftig den Menschen des Baselbiets mit Rat und Tat Unterstützung bei energetischen Sanierungen zu leisten. Weitere Veranstaltungen 2024 Aufgrund der hohen Nachfrage und der stetig wachsenden Bereitschaft der Bevölkerung werden auch im Jahr 2024 mehrere Informationsveranstaltungen zum Thema energetische Sanierungen im Kanton Basel- Landschaft durchgeführt werden. Die Planung dieser Events läuft bereits auf Hochtouren. Das Baselbieter Energiepaket unterstützt die Transformation des Baselbieter Gebäudeparks zur Klimaneutralität mit finanziellen Beiträgen an Beratungsprodukte, an die Sanierung der Gebäudehüllen und an Anlagen für die Produktion von Komfortwärme mit erneuerbarer Energie. Auch besonders energieeffiziente Neubauten oder Ersatzbauten erhalten Förderbeiträge. Chris Stöcklin www.energiepaket-bl.ch ANZEIGE Einer der grössten Netzwerkanlässe für Wirtschaft und Politik in der Schweiz. Jetzt Tickets bestellen! Sichern Sie sich jetzt Ihre kostenlosen Tickets unter www.tag-der-wirtschaft.ch 23. November 16.00–20.00 Uhr St. Jakobshalle Basel Die Tickets für den Anlass sind kostenlos, inbegriffen sind der Eintritt zum Tag der Wirtschaft (16 bis 18.15 Uhr) sowie ein Apéro im Foyer der St. Jakobshalle (18.15 bis 20 Uhr). Hier gibt es die kostenlosen Tickets Gesamtverantwortung Eventorganisation Partner
3. November 2023 RATGEBER Standpunkt der Wirtschaft | 11 KOLUMNE Das Ende der alten Selbstverständlichkeiten? Wir Menschen gehen davon aus, dass das, was unsere persönlichen Erfahrungen und Karriereschritte geprägt hat, das Normale und Gültige ist. Auch für die anderen. Und immer so weitergehen wird. Das ist verständlich, aber nicht gerade vernünftig. Und eine Illusion. Nietzsche meinte: Menschen lieben Illusionen, das komme aber teuer zu stehen. Und die Wahrheit zu sagen, könnte leider noch teurer werden. Man möge hier an Fehleinstellungen im Unternehmen, oder im Privaten an Scheidungen denken. Hegel meinte: die Geschichte lehrt uns, dass wir Menschen nichts aus der Geschichte lernen. Jede Generation scheint ihre eigenen Bedürfnisse zu optimieren – und dieselben Fehler, etwa in der Führung, zu wiederholen. Immer wieder. Wir sagen zwar auch, wir müssen uns ändern. Weil sich der Markt, die Kunden ändern. Aber gemeint ist: Ändern sollen sich alle anderen – nur nicht ich selbst. Wir sind Weltmeister im Verdrängen, Verschieben, Verniedlichen: nach meiner Pensionierung. Nach meiner Amtszeit. Nicht in meiner Gemeinde. Nicht in meinem Kanton. Was aber, wenn alle so denken? Vielleicht haben wir uns einfach zu sehr auf die erfolgreichen «Systeme» verlassen. Die starken Strukturen, in denen ich mich bewege. Die Technik, die die Arbeit erledigt. Oder schlicht der Wohlstand, der schläfrig gemacht hat. Daneben lauern überall schwarze Schwäne oder gar schwarze Elefanten. Gemäss dem Neurowissenschafter Anil Seth ist unser Gehirn am ehesten mit einer Vorhersagemaschine vergleichbar, die aus der Vielzahl von Eindrücken, die auf uns niederprasseln (Informationen, Sinneseindrücke), hochselektiv das herauspickt, was unsere Meinung bestärkt. Es geht also nicht um Angemessenheit oder gar Wahrheit, sondern vielmehr um kontrollierte neuronale Halluzinationen, die situativ unserem Überleben dienen sollten. Wir machen permanent Annahmen, von denen wir davon ausgehen, dass sie uns dienen. Und passen sie sofort wieder an, wenn die Umstände sich ändern. Wir «WIR LEBEN ALSO IN EINER BUBBLE, ZUMEIST MIT MENSCHEN, DIE ÄHNLICH DENKEN UND HANDELN.» Dr. David Bosshart* leben also in einer Bubble, zumeist mit Menschen, die ähnlich denken und handeln. Das hat aber weitreichende Folgen. Wir sind sehr schlecht im Erkennen von wirklichen Veränderungen, geschweige denn in der Umsetzung von notwendigen Reformen oder gar Transformationen. Je grösser der Wandel, desto gefährlicher die Situation und desto verrückter die Folgen. Wie gerade jetzt. Ein herausragendes Beispiel und grossartiger Lernstoff sind das Ende der Sowjetunion in den Achtzigern, wie von Alexei Yurchak beschrieben: Alles war für immer – bis es nicht mehr da war (Everything was forever, until it was no more: The last Soviet Generation, 2006). Die Menschen lebten in Stimmungen, Täuschungen, selbstzerstörerischen Wahrnehmungen über die eigene Realität. Jeder Mensch schien zu ahnen, dass das System völlig krank ist. Aber NIEMAND konnte sich ernsthaft eine Alternative vorstellen, die über den Status Quo hinausginge. Politik und Bürger, Unternehmen und Mitarbeiter ergaben sich dem Schicksal, arrangierten sich mit unterschied lichen Strategien. Und hielten unermüdlich die Behauptung aufrecht, dass alles völlig normal funktioniere. Yurchak nennt es Hypernormalisierung, weil mit der Zeit die Täuschungen zu einer «Self Fullfilling Prophecy» wurden – Fake war normal. Und für die Menschen im System erschien ein möglicher Kollaps beides: völlig unerwartet und völlig unüberrascht. Man kann also nicht einfach sagen, die Menschen seien blind der Regierung gefolgt, oder sie hätten einfach nur Angst gehabt. Sie folgten einfach den Ritualen, mit sehr unterschiedlichen Gefühlen und Einstellungen. Viele lebten auch in Parallelwelten und mit unterschiedlichen Identitäten und Spielräumen. Noch vor der Pandemie hat der serbische Ökonom Branko Milanovic, im Kalten Krieg in Jugoslawien aufgewachsen und heute in den USA lehrend, bemerkenswerte Aussagen gemacht: Trump sei nur Gorbatschow. Merkel nur Honecker. Theresa May nur Jaruzelski. Und Macron nur Nicolae Ceausescu. Ich dachte zuerst, der ist nicht ganz bei Trost. Aber wenn man genauer hinschaut ... Lehre daraus: Wir Menschen, das scheint mir für den reichen Westen speziell zu gelten, sind überaus fähige Nichtanpasser. Die Realität kümmert uns nicht. Wir machen mit unseren Ritualen immer weiter, solange es geht. Und notfalls ändern wir einfach die Worte und Slogans, nicht aber unsere Taten. Anschauungsmaterial bietet die grüne Transformation. Norwegen wird das Wort Petroleum aus seinem Energieministerium entfernen. Und sogar die Saudis haben mittlerweile ihr Energieministerium so umbenannt, dass alles, was mit der fossilen Welt zu tun hat, nicht mehr vorkommt. Obwohl energisch weitergedrillt und die Suche nach neuen Ölquellen im Wettbewerb immer weitergeht. Die alte Normalität läuft weiter ... Der Wandel kommt dann schon. Völlig unerwartet und völlig unüberrascht ... Honni soit qui mal y pense. Dr. David Bosshart ist Gründer von Bosshart & Partners, Präsident der Duttweiler-Stiftung und Intl. Advisory Board Member in Retail, Hospitality und Akademie. Der Autor gibt seine eigene Meinung wieder. Diese muss sich nicht mit jener der Wirtschaftskammer decken. RATGEBER RECHT – Bei der Ausschreibung eines Auftrags sollte die Behörde neben der Gewichtung des Preises auch die anzuwendende Preiskurve bekannt geben. Dies fördert die Akzeptanz des Zuschlagentscheids und reduziert die Gefahr eines Beschwerdeverfahrens. Preisgewichtung und Preiskurve im Beschaffungsrecht Dr. Dominik Rieder Andreas Dürr Alexander Heinzelmann David Hug Markus Prazeller Philipp Rupp LEGAL-TEAM Die Wirtschaftskammer Baselland steht ihren Mitgliedern für eine juristische Erstberatung zur Verfügung. Im Submissionsverfahren gilt der Preis entweder als einziges oder zumindest als massgebliches Zuschlagskriterium. Offeriert ein Anbieter seine Leistung zu einem hohen Preis, wird er Mühe haben, den Zuschlag zu erhalten. Aber nicht nur der angebotene Preis entscheidet über Erfolg oder Misserfolg, sondern auch die Gewichtung desselben sowie die von der Behörde angewandte Preiskurve. Bei der Gewichtung des Preises und bei der Gestaltung der Preiskurve ist die ausschreibende Behörde an Rahmen bedingungen gebunden. Gewichtung des Preises Hier gilt folgender Grundsatz: Je standardisierter die ausgeschriebene Leistung, desto höher ist die Gewichtung des Preises. Möchte die Behörde zum Beispiel Diesel beschaffen, wird der Preis mit grosser Wahrscheinlichkeit mit 100 Prozent gewichtet werden, da jeder Lieferant denselben Diesel liefern wird. Entsprechend wird das preislich tiefste Angebot den Zuschlag erhalten. Soll demgegenüber z.B. ein Löschfahrzeug für die Feuerwehr beschafft werden, kann der Preis nicht das alleinige Zuschlagskriterium sein. Vielmehr werden weitere Kriterien, zusammen mit dem Preis, formuliert und gewichtet werden (z.B. Garantieumfang, jährlicher Wartungsaufwand, Gesamtgewicht des Fahrzeugs, Grösse des Löschwassertanks usw.). Entsprechend wird das Preiskriterium nicht mit 100 Prozent, sondern gegebenenfalls nur mit 30 Prozent gewichtet werden. Das wirtschaftlich günstigste Angebot (oder nach künftigem Recht: das vorteilhafteste Angebot) kann unter Berücksichtigung aller Zuschlagskriterien damit auch das Angebot mit dem höchsten Preis werden. Anwendbare Preiskurve Je höher die Gewichtung des Preises, desto steiler ist die Preiskurve anzusetzen, damit die Gewichtung des Preiskriteriums nicht verwässert wird. Wird der Preis zum Beispiel mit 80 Prozent gewichtet und erhält ein Anbieter, welcher die Leistung zu einem mit 50 Prozent höheren Preis anbietet, beim Zuschlagskriterium Preis noch immer 90 Prozent der möglichen Punkte, unterläuft die Preiskurve die bekannt gegebene Gewichtung des Preises, was den Zuschlag anfechtbar macht. Widerspricht die Preiskurve in anderer Weise der bekannt gegebenen Gewichtung des Preises (z.B. durch eine grobe Skalierung usw.), führt dies ebenfalls dazu, dass der Zuschlagsentscheid anfechtbar wird. Empfehlenswert ist deshalb, nicht nur die Gewichtung des Preises, sondern auch die anzuwendende Preiskurve in der Ausschreibung bekannt zu geben. So können Anbieter von Anfang an erkennen, wie die Preisangebote bewertet werden und welche Folge ein hoher Preis bei der Bewertung haben wird. Diese Bekanntgabe fördert die Akzeptanz des Zuschlagentscheids und reduziert die Gefahr eines Beschwerdeverfahrens, was wiederum das Risiko von Zusatzkosten und einer Verzögerung der Auftragserteilung minimiert. Philipp Rupp ist Mitglied des Legal-Teams der Wirtschaftskammer Baselland. Das Legal-Team von sechs Rechtsanwälten im Haus der Wirtschaft in Pratteln wird von Dr. Dominik Rieder geleitet und besteht weiter aus Markus Prazeller und David Hug (Wagner Prazeller Hug AG), Alexander Heinzelmann (Heinzel mann & Levy), Philipp Rupp (Rupp Meier Rechtsanwälte) und Andreas Dürr (Battegay Dürr AG). Die Mitglieder des Legal-Teams schreiben im Standpunkt der Wirtschaft in der Rubrik «Ratgeber Recht» regelmässig über aktuelle rechtliche Themen. Kontakt zum Legal-Team: Wirtschaftskammer Baselland Mathias Welti Leiter KMU Beratungen Hardstrasse 1 4133 Pratteln Telefon: 061 927 65 94 E-Mal: m.welti@kmu.org IMPRESSUM Herausgeber ⁄ Verlag: Schweizerischer Gewerbeverband sgv, Schwarztorstrasse 26, Postfach 8166, 3001 Bern, Tel. 031 380 14 14, verlag@sgv-usam.ch Redaktion sgz: Schwarztorstrasse 26, 3007 Bern Tel. 031 380 14 14, redaktion@sgv-usam.ch Regionalbund «Standpunkt» Herausgeber: Wirtschaftskammer Baselland Arbeitgeber Baselland, Unabhängiges Podium für eine liberale Wirtschaft und Gesellschaft, Haus der Wirtschaft, Hardstrasse 1, 4133 Pratteln Tel. 061 927 64 64, Fax 061 927 65 50 www.kmu.org, standpunkt@kmu.org Verantwortung: Christoph Buser, Direktor Redaktion/Umbruch: Reto Anklin, Patrick Herr, Adrian Jäggi Produktion: IWF, Hardstrasse 1, 4133 Pratteln Abonnement im Mitgliederbeitrag inbegriffen Adressänderungen: standpunkt@kmu.org Der Abdruck von Textbeiträgen mit vollständiger Quellenangabe ist erlaubt.
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