Standpunkt 568, 3. November 2023
Eine Publikation der Wirtschaftskammer Baselland
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<strong>3.</strong> <strong>November</strong> <strong>2023</strong> TAG DER WIRTSCHAFT <strong>Standpunkt</strong> der Wirtschaft | 3<br />
INTERVIEW – Benjamin Rusch (34) ist seit neun Jahren Golfprofi. Derzeit verdient er sein Geld auf der Challenge Tour.<br />
Sein Ziel ist es, sich für die European Tour zu qualifizieren. Rusch wird von BMW gesponsert. Auf Einladung von Abt Automobile AG<br />
wird er darum am Tag der Wirtschaft über sein Leben als Profi erzählen.<br />
«Golf hat enormes Suchtpotenzial»<br />
<strong>Standpunkt</strong>: Herr Rusch, beschreiben<br />
Sie uns doch, warum für Sie<br />
Golf der schönste Sport der Welt<br />
ist.<br />
Benjamin Rusch: Golf hat für mich<br />
enormes Suchtpotenzial. Das Gefühl,<br />
das einem widerfährt, wenn ein Ball<br />
perfekt aus der Mitte getroffen wird,<br />
in Richtung Fahne segelt und nahe<br />
am Loch liegen bleibt, ist schwer zu<br />
vergleichen. Beim Golfsport liegt<br />
vieles sehr nahe beieinander. Der<br />
Unterschied zwischen Erfolg und<br />
Desaster kann wenige Zentimeter<br />
betragen. An einem Tag spielt man<br />
unbeschreiblich gut, nichts scheint<br />
einen aus der Fassung zu bringen<br />
und (fast) jeder Schlag gelingt. Am<br />
nächsten Tag ist man nicht wiederzuerkennen,<br />
trifft keinen Ball und<br />
man möchte am liebsten alle Schläger<br />
in den See schmeissen.<br />
«DER UNTERSCHIED<br />
ZWISCHEN ERFOLG UND<br />
DESASTER KANN<br />
WENIGE ZENTIMETER<br />
BETRAGEN.»<br />
Benjamin Rusch möchte einmal das «Omega European Masters» in Crans Montana gewinnen.<br />
Bild: zVg<br />
Wo liegen Ihre Stärken im<br />
Golfspiel?<br />
Meine Stärken sind sicherlich Schläge<br />
zwischen 70 und 120 Metern. Im<br />
College haben wir sehr viel Zeit in<br />
diesen Bereich des Spiels investiert,<br />
und ich merke, dass mir solche<br />
Schläge heutzutage sehr gut liegen.<br />
Es ist nicht immer ein voller Schwung<br />
notwendig, viel wichtiger sind das<br />
Gefühl für die Länge des Schlages,<br />
das Einschätzen des Windes und die<br />
Lage des Balles. Statistisch gesehen<br />
bin ich dort besser als viele andere<br />
Profis und daher gelingen mir gute<br />
Turnierresultate vor allem auf Plätzen,<br />
auf denen ich auch viele solcher<br />
Schläge habe.<br />
Wo orten Sie noch am meisten<br />
Potenzial in Ihrem persönlichen<br />
Spiel?<br />
Die Knacknuss für mich sind definitiv<br />
die Abschläge, das heisst<br />
hauptsächlich Schläge mit dem Driver.<br />
Nicht immer bin ich dabei präzise<br />
genug und muss ab und an<br />
meine Bälle im hohen Rough, in den<br />
Bäumen oder sogar im Weiher wiederfinden.<br />
Da ich bewegungstechnisch<br />
in der Drehung etwas limitiert<br />
bin, fällt es mir schwer, ähnlich<br />
hohe Schlägerkopfgeschwindigkeiten<br />
wie die Topspieler zu erreichen.<br />
Daher kämpfe ich immer etwas<br />
mit der Länge und auch mit<br />
meinem Körper.<br />
Golf boomt. In den letzten Jahren<br />
spürt man auch in der Schweiz<br />
mehr und mehr davon. Was sind<br />
die Gründe dafür?<br />
Corona hat sicherlich viel dazu beigetragen.<br />
Entweder kauften sich die<br />
Leute ein Elektrovelo oder gingen<br />
auf die Driving Range. Aber Spass<br />
beiseite: In den letzten Jahren wurde<br />
sehr viel getan von den Golfclubs<br />
wie auch vom Verband, um den<br />
Sport näher an die Leute zu bringen.<br />
Golf wird in der Schweiz immer<br />
noch stark stigmatisiert und, auch<br />
wenn es überhaupt nicht mehr der<br />
Wahrheit entspricht, leider als Freizeitaktivität<br />
der reichen Elite wahrgenommen.<br />
Heutzutage gibt es viele<br />
öffentliche Golfclubs, bei denen<br />
ein Einstieg in den Golfsport sehr<br />
erschwinglich ist.<br />
Golf ist ein globaler Sport. Entsprechend<br />
hoch ist die Leistungsdichte.<br />
Wie schwierig war es für<br />
Sie, im Profizirkus Fuss zu fassen?<br />
Es war sicherlich nicht immer ganz<br />
so einfach. Aber durch die vielen<br />
internationalen Turniere, die ich als<br />
Mitglied der Amateurnationalmannschaft<br />
spielen konnte, und meine<br />
vier Jahre an der Uni in Amerika<br />
brachte ich doch schon einiges an<br />
Erfahrung mit. Das heutige Level<br />
der besten Amateurspieler der Welt<br />
ist schon sehr hoch und wenn man<br />
gut genug ist, um bei den grossen<br />
Amateurturnieren vorne mitzuspielen,<br />
dann ist der Schritt zu den<br />
Profis sicherlich nicht mehr ganz<br />
so gross. Aber die Leistungsdichte<br />
wird auf jeden Fall immer besser.<br />
Gerade grosse Golfnationen wie die<br />
USA, Australien, Südafrika, England<br />
aber zum Beispiel auch Schweden<br />
haben vergleichsweise viel mehr<br />
Spieler auf gutem Niveau. Die<br />
Schweiz hinkt da noch etwas hinten<br />
nach, sei es wegen der Grösse<br />
des Landes als auch wegen der Anzahl<br />
Golfspieler allgemein.<br />
Wie sind Sie mit dem bisherigen<br />
Verlauf Ihrer Karriere zufrieden?<br />
Man will natürlich immer mehr. Ich<br />
konnte einige schöne Erfolge feiern,<br />
unter anderem schon drei Siege auf<br />
TAG DER WIRTSCHAFT – VIP-APERO<br />
der «ProGolf Tour» und belegte den<br />
2<strong>3.</strong> Platz beim letztjährigen «Omega<br />
European Masters» in Crans Montana.<br />
Trotzdem blieb mir der erträumte<br />
Aufstieg auf die «DP World Tour»<br />
(ehemals «European Tour») bis jetzt<br />
noch verwehrt. Ich gebe alles, um<br />
diesen Schritt hoffentlich doch noch<br />
zu schaffen.<br />
«SPONSORENANLÄSSE<br />
GEBEN DIE<br />
MÖGLICHKEIT, SEHR<br />
SPANNENDE LEUTE<br />
KENNENZULERNEN UND<br />
SEIN NETZWERK<br />
ZU ERWEITERN.»<br />
Welches sind Ihre persönlichen<br />
Ziele, die Sie unbedingt erreichen<br />
wollen?<br />
Mein Traum ist es, einmal das<br />
«Omega European Masters» in Crans<br />
Montana zu gewinnen.<br />
Sie arbeiten unter anderem auch<br />
mit einem Mentaltrainer zusammen.<br />
Wo hilft dieser Ihnen am<br />
meisten?<br />
Die VIP-Gäste am Tag der Wirtschaft<br />
vom 2<strong>3.</strong> <strong>November</strong> treffen sich vor Beginn<br />
der Veranstaltung von 14.30 bis<br />
15.45 Uhr zu einem VIP-Welcome-Apéro<br />
mit Fahrzeugpräsentation der BMW<br />
Abt Automobile AG.<br />
In einem Talk berichtet der Schweizer<br />
Golfprofi Benjamin Rusch von seinem<br />
Leben auf der Challenge Tour.<br />
Der 34-jährige Benjamin Rusch ist seit<br />
2014 Profigolfer. Er hat 2022 auch am<br />
«Omega European Masters» in Crans<br />
Montana teilgenommen und hat den<br />
2<strong>3.</strong> Platz erreicht. Sein Traum ist es, dieses<br />
Turnier im eigenen Land einmal zu<br />
gewinnen.<br />
ra<br />
Der Mentaltrainer hilft mir hauptsächlich<br />
beim Verarbeiten von Emotionen<br />
auf dem Platz, negativen wie<br />
positiven. Durch die nun schon mehrjährige<br />
Zusammenarbeit habe ich einige<br />
Techniken gelernt, wie ich<br />
schwierige Spielsituationen managen<br />
kann. Gerade beim Verarbeiten von<br />
schlechten Schlägen habe ich grosse<br />
Fortschritte gemacht. Das Schwierigste<br />
für mich momentan sind Situationen,<br />
in denen ich an einem Turnier<br />
sehr gut dabei bin. Das Ziel ist, die<br />
aufkommende Nervosität positiv umzumünzen<br />
und auch zu lernen solche<br />
Situationen richtig zu geniessen.<br />
Wenn Sie einen schlechten Tag<br />
haben – und das vielleicht bereits<br />
am dritten oder vierten Loch<br />
spüren: Wie schafft man es da,<br />
eine Runde «anständig» zu Ende<br />
zu spielen?<br />
Da spielt mir meine jahrelange Erfahrung<br />
in die Hände. Nach einem<br />
schlechten Aufwärmen vor der Runde<br />
bricht bei mir keine Panik mehr<br />
aus. Ich habe schon super Runden<br />
gespielt, da habe ich mich zuvor miserabel<br />
gefühlt. Das Gegenteil ist aber<br />
auch schon eingetreten, ich dachte,<br />
ich könnte gewinnen und dann bin<br />
ich freitagabends nach dem Cut nach<br />
Hause gefahren. Das wichtigste ist,<br />
in solchen Momenten in der Gegenwart<br />
zu bleiben, denschlechten Start<br />
kann man ja sowieso nicht mehr ändern.<br />
Das Ziel ist, jedem kommenden<br />
Schlag volle Aufmerksamkeit zu<br />
schenken, man weiss in diesem Spiel<br />
nie, was noch kommt. Vielleicht geht<br />
ja auch der Knopf auf und man spielt<br />
auf der zweiten Rundenhälfte super<br />
gutes Golf. Das ist alles schon vorgekommen.<br />
Wie füllen Sie Ihre Batterien<br />
abseits des Sports auf? Haben<br />
Sie überhaupt Zeit für Familie,<br />
Freunde und Hobbys?<br />
Es bleibt nicht allzu viel Zeit neben<br />
dem ganzen Reisen. Vor allem im<br />
Sommer sind wir sehr viel unterwegs.<br />
In einem Jahr verbringe ich<br />
insgesamt mehr Nächte im Hotel als<br />
im eigenen Bett. Wenn ich mal Zeit<br />
habe, dann setzte ich mich aufs<br />
Rennrad oder gehe ins Fitness. Für<br />
ZUR PERSON<br />
Benjamin Rusch hat im Alter von<br />
12 Jahren mit dem Golfsport begonnen.<br />
Seither hat ihn das Golffieber<br />
fest im Griff. Es gibt kaum einen Tag,<br />
an welchem er nicht spielt.<br />
Von 2010 bis 2014 studierte<br />
Benjamin Rusch an der University<br />
of Virginia in Charlottes ville. In den<br />
USA konnte er Studium (Bachelor<br />
Foreign Affairs) und Sport optimal<br />
kombinieren.<br />
Ende 2014 wechselte Rusch zu den<br />
Profis. 2015 erreichte er auf der Pro<br />
Golf Tour den zweiten Rang in der<br />
Jahreswertung und somit den Aufstieg<br />
in die Challenge Tour. Sein Ziel<br />
ist es, sich für die European Tour zu<br />
qualifizieren.<br />
aj<br />
die optimale Erholung ist ein Nachmittag<br />
in der Sauna für mich Gold<br />
wert.<br />
Ist für Sie ein Anlass wie der<br />
Tag der Wirtschaft – wo Sie<br />
Sponsoringaufgaben erfüllen –<br />
mehr Arbeit oder mehr Vergnügen?<br />
Die Teilnahme an Anlässen wie dem<br />
Tag der Wirtschaft sehe ich als «part<br />
of the game». Klar sind Sponsorenanlässe<br />
obligatorische Verpflichtungen,<br />
aber sie geben auch die Möglichkeit,<br />
sehr spannende Leute kennenzulernen<br />
und sein Netzwerk zu<br />
erweitern. Auch ist es mal spannend,<br />
vielleicht etwas aus der Komfortzone<br />
des Golfplatzes herauszukommen.<br />
Gibt es Pläne und Wünsche –<br />
auch beruflicher Natur – nach<br />
Ihrer aktiven Profi-Karriere?<br />
Sehr gerne würde ich in irgendeiner<br />
Form dem Golfsport treu bleiben. Es<br />
ist meine absolute Passion und diese<br />
Freude am Spiel und dem Sport<br />
würde ich gerne weitergeben. In der<br />
Schweiz ist Golf leider noch kein sehr<br />
etablierter Sport, gerade bei jüngeren<br />
Generationen. Wenn ich meinen Teil<br />
dazu beitragen kann, etwas daran zu<br />
ändern, dann würde mich das sehr<br />
freuen. Interview: Adrian Jäggi