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wanderbar02_2023

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Interview<br />

Mildere Winter, weniger Schneetage,<br />

steigende Schneefallgrenzen – natürlich<br />

ist besonders auch die Tourismusbranche<br />

vom Klimawandel betroffen. Vor welchen<br />

Herausforderungen stehen Wintersportgemeinden?<br />

Wie wollen sie Probleme nachhaltig lösen?<br />

Verschneite Berge, unberührte Landschaften, mondstille<br />

Nächte: Solche Bilder stimmen immer weniger mit der<br />

Realität überein. Denn es sind Kunstschneepisten, Schneekanonen<br />

und Speicherseen nötig, um das zu gewährleisten, was<br />

Touristen im Winter wünschen und womit Touristiker werben:<br />

Schneesicherheit.<br />

Tatsächlich ist heutzutage vieles planbar. In Tirol zum Beispiel<br />

können bis zu drei Viertel der Pisten beschneit werden. Das<br />

hat allerdings seinen Preis. Der Verbrauch von Energie und<br />

Wasser steigt mit wachsendem Bedarf ständig weiter an. Und<br />

das Wasser, das als künstlicher Schnee auf Pisten liegt, fehlt<br />

andernorts. Etwa im sensiblen Ökosystem für Tiere und Pflanzen.<br />

Es fehlt aber auch in den Löschtanks der Feuerwehr, oder<br />

in den Haushaltungen der Wintersportgebiete. Mehr noch: Im<br />

trockenen Vorwinter herrscht Waldbrandgefahr, während die<br />

Schneekanonen gleichzeitig Schnee produzieren.<br />

Die Studie »Der gekaufte Winter« zeigt den enormen Energieund<br />

Wasserbedarf, um Schnee zu produzieren. Ungefähr eine<br />

Million Euro kostet ein Pistenkilometer künstlich produzierter<br />

Schnee – für Schneekanonen, Strom und Transport. Denn<br />

Lkws, Helikopter und Pistenbullys & Co. müssen die weiße<br />

Fracht ja auch verteilen.<br />

Welche Destinationen können sich künftig noch die teure Infrastruktur<br />

leisten? Wann ist Wintertourismus nicht mehr wirtschaftlich,<br />

wann wird Wintersport zum Luxus? Sollte Schneesicherheit<br />

weiterhin ein Thema sein, oder lohnt es sich viel<br />

mehr, in Alternativen zu investieren, um weniger abhängig<br />

vom Schnee zu sein?<br />

»Schneesicher? Sicher nicht. Perspektiven für den Wintertourismus<br />

in den Alpen« – unter diesem Motto trafen sich<br />

unlängst über 100 Touristiker zu einer Fachtagung in Bad Hindelang<br />

(Allgäu), um über mögliche Strategien zu diskutieren.<br />

Zum Gedankenaustausch hatte das internationale Gemeindenetzwerk<br />

»Allianz in den Alpen« geladen, ein Zusammenschluss<br />

von aktuell 307 alpinen Gemeinden (aus Frankreich,<br />

Schneemangel<br />

– ja, und dann?<br />

Schweiz, Liechtenstein, Österreich, Italien,<br />

Slowenien und Deutschland). Die Allianz<br />

in den Alpen besteht seit 1997. wanderbar!-Herausgeber<br />

Ulrich Pramann sprach<br />

mit Katharina Gasteiger aus Übersee am<br />

Chiemsee, die seit elf Jahren Geschäftsführerin der »Allianz<br />

in den Alpen« ist.<br />

Wie war die Stimmung im Saal, als die Tourismusexperten<br />

zwei Tage lang tagten?<br />

Katharina Gasteiger: Die Stimmung war gut. Ich habe als<br />

Moderatorin sehr viel Nicken gesehen. Tatsächlich treibt das<br />

Thema die Tourismusregionen gerade auch sehr um.<br />

Wie kam denn das Thema Schneemangel auf die Agenda?<br />

Wir wollen uns im Netzwerk regelmäßig austauschen und<br />

einen Diskurs der lokalen Akteure anregen. Seit einem Jahr<br />

sind wir im EU-Projekt »BeyondSnow« als Partner involviert.<br />

Dieses Projekt soll innovative Ideen fördern und die Resilienz<br />

von Destinationen gegenüber dem Schneemangel steigern.<br />

Balderschwang im Allgäu ist eine der Pilotregionen im Projekt,<br />

die höchstgelegene Gemeinde Deutschlands galt bisher<br />

als Schneeloch. Jedoch ist auch hier eine klimatische<br />

Veränderung angekommen und Winter mit wenig bis keinem<br />

Schnee gehören zur neuen Realität.<br />

Was ist zu tun, wenn es an Schnee mangelt?<br />

Es gibt noch nicht so viele gute Beispiele, dass man sagen<br />

kann: Schaut’s her, Gemeinde A hat es so gemacht und<br />

Gemeinde B so, und die sind jetzt damit seit zehn Jahren<br />

erfolgreich unterwegs. Damit sich das ändert sind wir in<br />

BeyondSnow beteiligt. Gleichzeitig können wir schon jetzt<br />

sagen, dass eine aktive Beteiligung von Bürger*innen und<br />

Stakeholder meist erfolgreiche Aktivitäten hervorbringt.<br />

Seit wann ist das Thema Schneemangel virulent, also ein<br />

großes Thema für die Gemeinden?<br />

Der Klimawandel und veränderte Wetterbedingungen – das<br />

ist bei den Gemeinden natürlich schon seit Jahrzehnten auf<br />

dem Tableau. Es fängt an, jetzt akut zu werden. Der letzte Winter<br />

hat das extrem angefeuert. Alle erleben ja, dass der Winter<br />

immer schlechter kalkulierbar wird. Aber in den letzten Jahren<br />

stand in unserem Netzwerk ein anderes Thema im Vordergrund,<br />

nämlich das Spannungsfeld zwischen Naherholung und Besucherandrang<br />

und die Frage: Wie kann man Besucher und Natur<br />

60 anderbar! www.wanderbares-deutschland.de/wanderbar

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