Kinderzeit Bremen 01/02 2024
Familienmagazin für die Region Bremen, Ausgabe Januar/Februar 2024
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BILDUNG<br />
WIEDERHOLEN:<br />
DIE POSITIVEN<br />
SEITEN<br />
Grundsätzlich hält auch Psychologe Guido Dielen<br />
aus Münster, Berufsverband Deutscher Psychologinnen<br />
und Psychologen, die Strategie des<br />
Sitzenbleibens für eher nachteilig. Doch sie kann<br />
sich – in bestimmten Fällen – auch bewähren.<br />
„Vereinzelte Studien haben leicht positive Effekte<br />
auf Motivation und Selbstbild beobachtet. Möglicherweise<br />
hängt das mit einem Entwicklungsvorsprung<br />
zusammen. Wer die Klasse wiederholt,<br />
ist älter, fühlt sich gegenüber den jüngeren kompetenter<br />
und tritt selbstbewusster auf“, erklärt<br />
er. Teilweise kann auch der Ansporn nach einem<br />
Scheitern höher sein, besonders dann, wenn sich<br />
die Kinder und Jugendlichen in der neuen Klasse<br />
besser betreut fühlen. Und es gibt ein weiteres<br />
Plus: Ein neuer Klassenverband ist ein neuer sozialer<br />
Rahmen. Für Kinder, die sich in der alten<br />
Klasse unwohl, ausgegrenzt oder abgelehnt gefühlt<br />
haben, eröffnet sich eine neue Chance.<br />
Selbst wenn die Leistungsdefizite gar nicht versetzungsrelevant<br />
sind, kann eine Ehrenrunde etwas<br />
bringen. „Wenn ein Kind oder Jugendlicher<br />
aufgrund einer Krankheit über längere Zeit nicht<br />
zur Schule gehen konnte oder bei einem Umzug<br />
in ein anderes Bundesland kann ein zweiter Anlauf<br />
sinnvoll sein“, sagt Seifried. Auch Kinder, die<br />
stark entwicklungsverzögert sind, profitieren vom<br />
Wiederholen. Manche Schulanfänger:innen sind<br />
zu früh eingeschult, sie sind kognitiv schulreif,<br />
aber sozial-emotional noch nicht reif, um Klassenregeln<br />
einzuhalten und sich in die Klassengemeinschaft<br />
einzufügen.<br />
Eine Erfolgsgeschichte ist zum Beispiel die von<br />
Phil, dessen Mathe-Note in der 9. Klasse nicht<br />
für eine Versetzung reichte. Damals kam er mit<br />
seiner Klasse und mit einigen Lehrkräften nicht<br />
gut klar. Er wiederholte die Neunte. „Der neue<br />
Lehrer hat mich motiviert. Ich habe die Schule bis<br />
zum Abitur durchgezogen. Im schriftlichen Abi<br />
hatte ich in Mathe eine Eins. Die Leistung habe<br />
ich in der mündlichen Nachprüfung bestätigt“,<br />
sagt er heute nicht ohne Stolz.<br />
Was können Eltern tun?<br />
> KEINE VORWÜRFE, KEINE STRAFEN!<br />
Äußert auch nicht, dass ihr von eurem Kind enttäuscht seid. Ebenso wenig<br />
solltet ihr die schulische Ausbildung abwerten, im Sinne von: „Macht<br />
nichts, Schule ist nicht so wichtig.“<br />
> UNTERSTÜTZUNG<br />
Sagt und vermittelt eurem Kind, dass ihr es unterstützt und ihm helft,<br />
die Schule zu schaffen. Schaut auf die Stärken eures Kindes, lobt das, was<br />
es gut macht – auch in der Schule. Macht Mut, auch wenn unter einer<br />
Arbeit nicht die erhoffte Note steht: „Beim nächsten Versuch schaffst<br />
du es! Wir helfen dir!“<br />
> DRANBLEIBEN<br />
Bleibt mit der Schule und den Fachlehrerkräften in Kontakt. Haltet euch<br />
über die Leistungen oder kritische Defizite auf dem Laufenden. Spätestens<br />
wenn ein blauer Brief ins Haus flattert, ist das ein Warnsignal, dass<br />
die Versetzung gefährdet ist. Dann müsst ihr gemeinsam mit eurem Kind<br />
aktiv werden.<br />
> BERATEN LASSEN<br />
Es gibt eine ganze Reihe von Maßnahmen, die unterstützen können:<br />
Lerncoaching, Förderunterricht, Nachhilfe, Diagnostik und schulpsychologische<br />
Beratung bei ADHS, Lese-Rechtschreibschwäche, Rechenschwäche,<br />
Schulangst.<br />
> ARBEITSPLAN<br />
Erstellt gemeinsam einen Plan. Er sollte mit den Fächern beginnen, die<br />
dem Kind leichter fallen. Erst dann kommen die Fächer dran, die für euer<br />
Kind schwierig sind.<br />
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