Die Zeitschrift "monat" 4/2023
Aufstehen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen
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Mitgliedsorganisation
Bier-Blindverkostung der
Hilfsgemeinschaft
Ein geselliger Abend mit Mehrwert
Ausgabe 4/2023
Von Helga Bachleitner
Viele kennen Blindverkostungen aus Life-Style-Magazinen, da geht es dann z.B. darum, den
besten Wein, Gin oder Kaffee zu benennen, ohne den Hersteller bzw. die Marke zu kennen.
Aber warum lädt die Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs zu einer
Bier-Blindverkostung?
„Bierpapst“ Conrad Seidl mit
Klaus Höckner
Foto: Natalie Rohr
Ein ungewöhnlicher Abend für mehr als 120 Gäste
Klaus Höckner, stellvertretender Vorstandsvorsitzender:
„Wir wollen mit dieser Veranstaltung blinde,
sehbehinderte und sehende Menschen dazu einladen,
sich ganz auf ihren Geschmackssinn einzulassen.
Wir wollen gemeinsam genießen! Gleichzeitig laden wir
damit sehende Menschen ein, sich näher mit der Lebenswelt
blinder und sehbehinderter Menschen zu befassen
und stellen unseren Gästen die Arbeit der Hilfsgemeinschaft
vor.“
Mehr als 120 Gäste folgten der Einladung der Hilfsgemeinschaft
ins Schutzhaus zur Zukunft im 15. Wiener
Gemeindebezirk und ließen sich neugierig auf diese
Reise ein.
Der anerkannte Experte Conrad Seidl, selbsternannter
„Bierpapst“, führte zwei Stunden lang launig durch die
Welt der Biere: „Es gibt Biere, die man blind erkennen
kann. Einmal daran riechen, zweimal davon kosten und
… falsch geraten! Sehr oft liegen sogar Braumeister
daneben, wenn sie unter mehreren Proben, das selbst
gebraute Bier erkennen sollen. Macht nichts. Darauf
kommt es bei einer Blindverkostung auch gar nicht an
– sondern im Gegenteil darauf, dass wir Aromen und
Geschmäcker, Mundgefühl und Nachtrunk auf uns wirken
lassen, ohne dass wir vorher wissen, welche Biermarke
wir da eigentlich im Glas haben. Denn die Markenwerbung
lässt in unseren Köpfen Bilder entstehen, die uns
oft weit weg führen von dem, was wir wirklich im Glas
haben – „blind“, also ohne Marketing-Beiwerk, kosten
wir vorurteilsfrei und lernen den wahren Charakter des
Bieres kennen und schätzen!“
Sehende Gäste erhielten eine Schlafmaske, um das Erlebnis
des Schmeckens ohne die Farbe des Bieres oder
das Etikett der Marke zu sehen, authentisch mit blinden
und sehbehinderten Biergenießern teilen zu können.
Die Reaktionen und Assoziationen der Gäste waren interessant.
Während die drei Biere der ersten Runde noch
vertraut schmeckten, wurde die zweite Runde mit Assoziationen
wie „Litschi“, „Pinien“ oder „Zitrone“ bedacht.
Während ein Teilnehmer „mit Bier hat das nicht viel
Ähnlichkeit“ kommentierte, äußerte eine Teilnehmerin
den Verdacht, „Milchsäure“ geschmeckt zu haben. Bei
dieser so fremd schmeckenden zweiten Runde handelte
es sich um belgische Biere. Nach der Verkostung gab es
www.behindertenrat.at
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