Die Zeitschrift "monat" 4/2023
Aufstehen für die Rechte von Menschen mit Behinderungen
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Studie
Ausgabe 4/2023
Lohn statt Taschengeld
Am 12. Dezember 2023 wurde in der WU Wien eine Studie präsentiert, die Kosten der aktuellen
Entlohnung von Menschen mit Behinderungen in Tages- und Beschäftigungsstrukturen mittels
„Taschengeld“ jenen einer sozialversicherungspflichtigen Entlohnung mittels „Lohn“ gegenüberstellt.
von links nach rechts: Behindertenrat-Präsident Klaus Widl, Arbeitsminister Martin Kocher, Gesundheitsminister Johannes
Rauch, Studienautor Christian Grünhaus und Studienautorin Selma Sprajcer stellten bei einer Pressekonferenz die Studie
„Studie Lohn statt Taschengeld“ vor.
Foto: Andrea Strohriegl
Rund 28.000 Menschen mit Behinderungen sind derzeit
in Tages- und Beschäftigungsstrukturen (sogenannten
„Werkstätten“) tätig. Im Rahmen ihrer
Beschäftigung sind sie unfallversichert und beziehen ein
monatliches Taschengeld zwischen 35 und100 Euro. Ausgehend
von langjährigen Forderungen von Selbstvertreter*innen
und Behindertenorganisationen sieht das
Regierungsprogramm 2020-2024 vor, dass Beschäftigte
in Tages- und Beschäftigungsstrukturen künftig eine
Entlohnung mit sozialversicherungsrechtlicher Absicherung
erhalten sollen. Erforderliche Schritte sollen mit
den zuständigen Ländern erarbeitet werden.
Selma Sprajcer vom NPO-Kompetenzzentrum an der WU
Wien wurde 2021 vom Sozialministerium beauftragt, mit
Christian Grünhaus und Benedikt Nutzinger die finanziellen
Auswirkungen einer solchen Umstellung zu berechnen.
Die Forscher*innen verglichen den Ist-Zustand mit
einem Alternativ-System, bei dem eine Entlohnung in
Höhe von fiktiven 1.180 Euro brutto (14-mal pro Jahr)
das Taschengeld ersetzt. Der Betrag sei so festgelegt
worden, da den Studienautor*innen zufolge ab dieser
Höhe vielfach keine weiteren Leistungen aus der Sozialhilfe
bezogen werden müssen. Während diese Ansprüche
wegfallen würden, biete das Alternativ-System die
Möglichkeit, Versicherungszeiten zu sammeln und damit
einen Anspruch auf eine Alterspension zu erwerben. Die
Entlohnung würde Kürzungen bei Transferleistungen wie
Sozial- oder Familienbeihilfe überkompensieren.
Von der Umstellung würden auch die Sozialversicherung
profitieren: Diese könnte den Autor*innen zufolge mit
deutlich höheren Sozialversicherungsbeiträgen rechnen,
andererseits würden Ausgaben für Waisen- und Invaliditätspensionen
sinken. Auf den Bund würde sich die Systemumstellung
durch höhere Lohnsteuereinnahmen und
Dienstgeberbeiträge minimal positiv auswirken, während
die Länder mit Mehrkosten zu rechnen hätten. Trägerorganisationen
der Tages- und Beschäftigungsstrukturen
könnten hingegen als Durchläufer betrachtet werden.
„Die finanzielle Belastung der Einführung eines sozialversicherungsrechtlichen
Entgelts für Menschen mit
Behinderung ist somit überschaubar, wenn Bund, Länder
und Sozialversicherungen gemeinsam betrachtet werden“,
führte Grünhaus bei einer Pressekonferenz am
12. Dezember 2023 aus.
Bundesregierung kündigt Gespräche an
Im Rahmen der Pressekonferenz kündigten Sozialminister
Johannes Rauch und Arbeitsminister Martin Kocher
an, auf Grundlage der Studienergebnisse Gespräche mit
den zuständigen Ländern aufzunehmen. Dabei sollen die
Expertise des Sozialministeriums, des Arbeitsministeriums,
der Sozialversicherung und des Österreichischen
Behindertenrats mit einfließen. Ein erster Zwischenbericht
dieses Prozesses soll bis zum Frühsommer 2024
vorliegen. •
www.behindertenrat.at
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