26.01.2024 Aufrufe

HIM Magazine No.26

Erst seit kurzem können wir auf den Dating-Profilen nebst Top und Bottom auch zu Side Sex wechseln – doch was steckt wirklich hinter der neuen Sex-Variante? Nur ein Hype oder doch ein lustvoll neues Erleben? Mit echter Lust kennt sich auch der sexy Twink Sam Ledger aus, er kann als Bottom-Boy gar nicht genug bekommen, wie er im Exklusiv-Interview verrät. Verführerisch wird es dann mit Alberto Casu, der italienische Meisterfotograf erklärt uns die besondere Erotik des Lichts. Fetisch-Freunde freuen sich in diesem Monat auf das Fetisch-Event des Jahres, Darklands. Wir verraten dir alles, was Du wissen musst. Dazu gibt es die besten Tipps, wie man als junger Kerl zu seinem Fetisch findet. Außerdem mit im neuen HIM MAGAZINE: Die schönste Gay-Lovestory aus Polen, ein Blick auf die Reisesaison 2024 für schwule Jungs und eine Analyse, warum Kerle andere Männer immer wieder ghosten. Zudem im Heft: Superstar Brent Corrigan, der es bei einem einzigartigen sexy Ranking weltweit unter die Top-10 geschafft hat. In was genau? Wir verraten es dir!

Erst seit kurzem können wir auf den Dating-Profilen nebst Top und Bottom auch zu Side Sex wechseln – doch was steckt wirklich hinter der neuen Sex-Variante? Nur ein Hype oder doch ein lustvoll neues Erleben? Mit echter Lust kennt sich auch der sexy Twink Sam Ledger aus, er kann als Bottom-Boy gar nicht genug bekommen, wie er im Exklusiv-Interview verrät. Verführerisch wird es dann mit Alberto Casu, der italienische Meisterfotograf erklärt uns die besondere Erotik des Lichts. Fetisch-Freunde freuen sich in diesem Monat auf das Fetisch-Event des Jahres, Darklands. Wir verraten dir alles, was Du wissen musst. Dazu gibt es die besten Tipps, wie man als junger Kerl zu seinem Fetisch findet. Außerdem mit im neuen HIM MAGAZINE: Die schönste Gay-Lovestory aus Polen, ein Blick auf die Reisesaison 2024 für schwule Jungs und eine Analyse, warum Kerle andere Männer immer wieder ghosten. Zudem im Heft: Superstar Brent Corrigan, der es bei einem einzigartigen sexy Ranking weltweit unter die Top-10 geschafft hat. In was genau? Wir verraten es dir!

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FEB<br />

Fetisch ∙ Lifestyle<br />

24 www.him-magazine.de<br />

Was steckt hinter der neuen Sex-Variante?<br />

SIDE SEX<br />

Der Bottom-Twink mit der Lizenz zum Töten<br />

SAM LEDGER EXKLUSIV<br />

Die Meisterfotografien von Alberto Casu<br />

DIE EROTIK DES LICHTS<br />

Das Fetisch-Event der Superlative<br />

DARKLANDS


PROVOKE<br />

YOUR KINKY SIDE<br />

buddy.net<br />

VIST OUR BOOTH<br />

AT DARKLANDS


Das ist drin.<br />

04<br />

SIDE SEX<br />

Was steckt hinter der neuen<br />

Sex-Variante?<br />

14<br />

SAM LEDGER EXKLUSIV<br />

Der Bottom-Twink mit der Lizenz<br />

zum Töten<br />

24<br />

DIE EROTIK DES LICHTS<br />

Die Meisterfotografien von<br />

Alberto Casu<br />

32<br />

Fetischlust bei<br />

jungen Boys<br />

36<br />

DARKLANDS<br />

Das Fetisch-Event der Superlative<br />

42<br />

Reiselust oder<br />

Reisefrust<br />

46 48 50<br />

Schwule Liebe in<br />

Polen<br />

Der Riss in der<br />

Community<br />

Ein Ranking der<br />

besonderen Art<br />

52<br />

Ghosting in der<br />

schwulen Dating-Welt


Lifestyle<br />

4<br />

Mythos, Fantasie oder doch Realität?<br />

SIDE SEX<br />

Bist du Top, Bottom oder<br />

versatile? Alles nicht? Was<br />

dann? Vielleicht stehst du ja<br />

auf Side Sex?! Die Begriffe »Side<br />

Sex« oder »Sideways« machen<br />

erst seit wenigen Monaten die<br />

größere Runde in der nationalen<br />

wie internationalen Gay-<br />

Community, entstanden und<br />

begrifflich ins Leben gerufen<br />

wurden sie vor einigen Jahren<br />

von dem amerikanischen<br />

Sexualforscher und Autor Dr.<br />

Joe Kort. Die zugrundeliegende<br />

Prägung gibt es indes schon viel<br />

länger: Side-Männer können<br />

mit Analsex nichts anfangen,<br />

weder aktiv noch passiv. Dafür<br />

können sie für alle anderen<br />

Aspekte der Sexualität zwischen<br />

Männern durchaus empfänglich<br />

sein, also von Blowjobs über<br />

Masturbation bis hin zu<br />

Frottage oder auch Edging, um<br />

nur einige Beispiele zu nennen.<br />

Also alles gar kein Ding? Nicht<br />

ganz, denn mit dem verbreiteten<br />

Aufkommen von Side Sex<br />

scheint sich auch in der Gay-<br />

Community ein gedanklicher<br />

Wandel zu vollziehen, zumindest<br />

teilweise, denn bis vor wenigen<br />

Jahren haftete Männern, die<br />

keinen Analsex praktizierten,<br />

oftmals unterschwellig das<br />

Manko an, ihre Sexualität sei<br />

gar kein »richtiger« Sex. Side<br />

Sex sei demnach nur etwas für<br />

verklemmte Heteros, die heimlich<br />

doch auf Schwänze stehen,<br />

oder eben für all jene Typen,<br />

die irgendwie anderweitig nicht<br />

ganz ticken.


5<br />

Lifestyle<br />

Bitte nur »echten Sex«<br />

Ein dummes Klischee, aber zumeist eines, das sich lange gehalten<br />

hat – und auch bis heute noch Anhänger findet. Auf den schwulen<br />

Dating-Portalen trauen sich zwar immer mehr Männer, zu<br />

ihrer Vorliebe für Side zu stehen, doch noch immer gibt es auch<br />

ausreichend Kerle, die ihr Gegenüber sofort blocken, wenn sie<br />

mitbekommen, dass hintenrum nichts läuft. In anderen Fällen<br />

kommt es auch gerne zu direkten Anschuldigungen oder es folgt<br />

die Erklärung, dass man schon »echten Sex« wolle und man nur<br />

für einen Blowjob nicht extra anreisen werde. Die Entscheidung<br />

bleibt natürlich am Ende jedem selbst überlassen, doch verkennen<br />

viele dabei, wie vielfältig Side Sex sein kann, und dass ein<br />

leidenschaftlicher Lustgewinn nicht zwingend verbunden sein<br />

muss mit der Frage, wer wem was in den Arsch schiebt.<br />

Die vermehrte Sichtbarkeit ist den Side-Männern auch deswegen<br />

hoch anzurechnen, weil sie damit mutig auch das Thema<br />

Verklemmtheit zurück in die Klischeekiste werfen. Natürlich<br />

mag es durchaus Männer geben, die tatsächlich Probleme mit<br />

ihrer Homosexualität haben und sich einreden, solange es nicht<br />

zur Penetration kommt, sei dies gar kein schwuler Sex, ergo<br />

begehe man gerade als christlich geprägter Mensch gar keine<br />

Sünde – im Grunde sei Side Sex also ein wenig wie Doktorspiele<br />

im Sandkasten, allerdings zumeist dann doch mit Cumshot, dabei<br />

stehen diese Personen nicht wirklich für die Lebenswelt der<br />

Side-Community. Eine ähnliche Denkweise zeigen auch immer<br />

wieder einige türkische oder arabische Kerle, die sich zwar gerne<br />

ihren Schwanz blasen lassen oder auch einmal selbst gern niederknien,<br />

aber sich niemals ficken lassen würden, denn das wäre<br />

ja »haram«, also unrechtmäßig, unrein oder direkt verboten. Dahinter<br />

verbergen sich oftmals stark religiös geprägte Strukturen,<br />

der Side Sex funktioniert hier als vermeintliche Möglichkeit, sich<br />

weder mit dem Konfliktpotenzial in der eigenen Religion noch<br />

mit der eigenen Homo- oder Bisexualität auseinandersetzen<br />

zu müssen. Arabische Männer, die Side Sex mit anderen Kerlen<br />

betreiben, »üben« oder spielen ja nur. Da könne ja niemand<br />

etwas dagegen haben. Auf Dauer glücklich mag man damit nicht<br />

werden, so wie generell jede Form der sexuellen Unterdrückung,<br />

der eigenen wie der fremden, nicht der Weg hin zu einer zufriedenen<br />

Sexualität darstellen kann.<br />

Hygienische Aspekte und schlechte Erfahrungen<br />

Der Grundgedanke, dass Analsex auch unrein oder dreckig sein<br />

könnte, ist natürlich nicht immer ganz von der Hand zu weisen,<br />

denn trotz guter Vorbereitung kann es immer mal wieder passieren,<br />

dass Reste von Kot während einer Fick-Session auftreten.<br />

Geübte Kerle können damit umgehen oder unterbrechen einfach<br />

kurz die Sex-Session, säubern sich, und machen dann weiter.<br />

Für andere Männer hingegen ist der bloße Gedanke daran<br />

bereits grauenhaft und schwer zu ertragen. Für sie bleibt auch<br />

ein perfekt sauberer Arsch immer ein Stück weit mit unappetitlichem<br />

Kot verbunden. Auch Rimming ist für sie dann folgerichtig<br />

kaum vorstellbar. Auch hier ist klar, dass niemandem etwas<br />

aufgedrängt werden soll, was er nicht will, aber natürlich wäre<br />

es schade, wenn manche Männer zwar durchaus eine Vorliebe<br />

für Analsex hätten, ob nun aktiv oder passiv, sich dies aber aus<br />

rein hygienisch übersteigerten Aspekten heraus verweigern. Es<br />

gibt Möglichkeiten, sich schrittweise mit dem richtigen Partner


Lifestyle<br />

6<br />

spielerisch der Penetration anzunähern,<br />

beispielsweise in einer Dusche, wo allein<br />

schon der warme Wasserstrahl für permanente<br />

Sauberkeit sorgen kann.<br />

Eine weitere Gruppe von Männern und<br />

vor allem unerfahrenen Boys versagt sich<br />

Analsex, weil sie schlechte Erfahrungen<br />

gemacht haben, zumeist handelt es sich<br />

dabei um passive Jungs. Gerade bei großer<br />

Unerfahrenheit kann das Eindringen<br />

eines Partners oftmals mit Schmerzen<br />

verbunden sein und dann das vorschnelle<br />

Ende die Folge sein. Aus Angst vor einem<br />

erneuten Schmerz erklärt man sich dann<br />

selbst vorschnell, Analsex sei eben nichts<br />

für einen. Grundsätzlich ist auch das kein<br />

Problem, doch auch hier sollte man bei<br />

grundsätzlichem Interesse vielleicht einen<br />

zweiten oder dritten Versuch wagen,<br />

beispielsweise mit einem einfühlsameren<br />

Partner, der langsam und mit viel Gleitgel<br />

eindringt, Pausen dabei einlegt, und dem<br />

passiven Gegenpart so erlaubt, sich durch<br />

Atmung und Entspannung langsam auf<br />

den Fremdkörper im Anus einstellen<br />

zu können. Hier zeigt sich schnell, wer<br />

wirklich geübt als Top ist und wer einfach<br />

nur ein gedankenloser und schlussendlich<br />

doofer Rammler ist, der wenigstens<br />

sexuell noch einiges zu lernen hätte. Eine<br />

andere Möglichkeit für passive Boys ist<br />

das Spiel mit Dildos und den eigenen<br />

Händen – in beiden Fällen lässt sich auch<br />

mit viel Gleitgel ganz in Ruhe und ohne<br />

Druck oder Stress erkunden, was geht<br />

– und was vielleicht auch nicht. Auch<br />

in der Badewanne kann das wunderbar<br />

funktionieren.<br />

Jede dritte Schwule hat keinen<br />

Analsex<br />

Doch zurück zu den echten Side-Männern,<br />

also jenen Kerlen, die weder aus<br />

Fragen der Hygiene noch aus Angst vor<br />

Schmerzen oder religiösen sowie anderweitigen<br />

Blockaden im Kopf für sich entschieden<br />

haben, auf Analsex zu verzichten.<br />

Im Schnitt jeder dritte schwule Mann<br />

in Deutschland (34-36%, Studie DAH) hat<br />

keinen Analsex. Masturbation, Zärtlichkeiten<br />

sowie aktive als auch passive<br />

Blowjobs gehören hingegen für fast alle<br />

männlichen Homosexuellen (rund 95%)<br />

zu ihrem Sexualleben dazu. Dabei zeigt<br />

sich auch, dass selbst bei jenen Männern,<br />

die Analsex praktizieren, dieser weniger<br />

oft ausgeübt wird als beispielsweise Oralverkehr.<br />

Nur für jeden vierten schwulen<br />

Mann gehört Analverkehr beim Sex<br />

immer oder fast immer dazu.<br />

Sehr ähnlich zeichnet sich die Lage auch<br />

in schwulen Partnerschaften ab, auch<br />

Art ist einer der bekanntesten<br />

Influencer, der<br />

Side Sex praktiziert.<br />

Instagram<br />

@itsartbezrukavenko


7<br />

Lifestyle<br />

wenn Analverkehr hier geringfügig stärker<br />

ausgeprägt ist. 28 Prozent der Männer<br />

in einer Beziehung haben trotzdem nie<br />

Analverkehr, weder aktiv noch passiv.<br />

Für beinahe die Hälfte von ihnen (45-<br />

47%) gehört das manchmal dazu. Auch<br />

hier nur knapp ein Drittel der Paare nutzt<br />

Analverkehr als festen Bestandteil. Auch<br />

ältere Studien zu Beginn der 2000er Jahre<br />

decken sich im Wesentlichen mit diesen<br />

Ergebnissen. Zusammengefasst kann also<br />

festgehalten werden, dass rund jeder dritte<br />

schwule Mann sowohl als Single wie<br />

auch in einer Beziehung keinen Analsex<br />

praktiziert und zwar weder aktiv noch<br />

passiv. Rimming ist für knapp die Hälfe<br />

der schwulen Männer manchmal ein<br />

Thema, wobei in Partnerschaften mehr<br />

Männer aktiv dabei sind, während im<br />

Dating-Leben der Singles sich mehr Jungs<br />

rimmen lassen. Fisting hingegen bleibt in<br />

allen Konstellationen, egal ob Single oder<br />

Partnerschaft, mit durchschnittlichen<br />

zehn Prozent stark unterrepräsentiert bei<br />

Schwulen.<br />

Kurzum: Jeder dritte Schwule kann<br />

sexuell sehr wenig beziehungsweise<br />

gar nichts mit einem Arsch anfangen,<br />

sei es der eigene oder ein anderer, jeder<br />

zweite will auch gar nicht erst näher auf<br />

Tuchfühlung mit dem Hinterteil eines<br />

anderen Kerls gehen. Ein weiteres gutes<br />

Drittel braucht Analsex nur ab und an,<br />

es stellt kein dringendes Bedürfnis dar –<br />

diese Daten decken sich dabei auch mit<br />

einer US-Studie aus dem Jahr 2011, in<br />

der nur 35 Prozent der Schwulen regelmäßig<br />

Analsex hatten. Blickt man auf<br />

die aktuellen Statistiken (Ipsos Studie /<br />

Dalia Studie / Bundesamt für Statistik)<br />

für Deutschland sind aktuell rund sieben<br />

Prozent der Menschen homo- sowie bisexuell.<br />

Subtrahiert man die Frauen aus<br />

dieser Anzahl heraus, gibt es in der Bundesrepublik<br />

derzeit rund drei Millionen<br />

schwule und bisexuelle Männer, etwa<br />

eine Million davon praktizieren Side Sex.<br />

Vielleicht sollten wir angesichts solcher<br />

Zahlen aufhören, Side Sex immer noch<br />

als Nische innerhalb der Gay-Community<br />

abzutun oder diese Art der Sexualität als<br />

minderwertig oder nicht gleichwertig mit<br />

Analsex zu diffamieren.<br />

Side-Männer und ein neues Level<br />

von Sex<br />

Zum gedanklichen Wandel haben dabei<br />

nebst der steigenden Zahl von Männern,<br />

die sich inzwischen ohne Scheu dazu bekennen,<br />

auch beliebte schwule Influencer<br />

beigetragen, die offen Side Sex praktizieren<br />

– einer der bekanntesten Jungs ist der,<br />

aus der Ukraine stammende Amerikaner<br />

Art (Insta@itsartbezrukavenko – mehr<br />

von ihm gibt´s im <strong>HIM</strong> <strong>Magazine</strong> August<br />

2022 und online auf www.him-magazine.<br />

de). Im Exklusiv-Interview erklärte er<br />

dazu gegenüber <strong>HIM</strong>: »Ich würde mich<br />

heute als sideways definieren, denn ich<br />

mag viele Dinge nicht so sehr. Ich mag<br />

es lieber intim und privat, aber ich kann<br />

sagen, dass ich sehr gerne kuschele. Ich<br />

würde Kuscheln definitiv dem Sex vorziehen.<br />

Sex macht Spaß, aber Kuscheln mit<br />

der Person, die man liebt, das macht mich<br />

viel geiler. Kuscheln und intime Momente<br />

mit meinem Freund!«<br />

Side Sex ist mehr als nur ein neuer Name<br />

für etwas, das es schon immer gab, denn<br />

erst die immer größer werdende Selbstverständlichkeit,<br />

mit der auch diese<br />

Form der Sexualität ausgesprochen wird,<br />

ermöglicht den praktizierenden Männern<br />

auch, diverse Spielarten innerhalb der<br />

Side-Welt frei und ungehemmt auszuleben<br />

und von neuem zu entdecken. Das<br />

konnte mitunter gerade immer auch dann<br />

schwierig werden, wenn Side Sex sich mit<br />

anderen Interessen kreuzte, beispielsweise<br />

dem Fetisch und BDSM-Bereich. Auch<br />

beim Side Sex darf es Männer geben, die<br />

beispielsweise auf Leder stehen, gerne<br />

gefesselt werden, spezielle Kleidungsfetische<br />

wie Rubber haben oder eben<br />

auch auf Spiele rund um die Dominanz<br />

stehen. Side-Männer finden sich überall,<br />

zwischen Bärenliebhabern ebenso wie<br />

bei Twink-Boys, Daddys oder Puppys.<br />

Zwar zielt die klassische Frage nach Top<br />

und Bottom oder aktiv und passiv im<br />

deutschen Sprachgebrauch zumeist sehr<br />

explizit auf die Vorlieben beim Analsex<br />

ab, doch können Top- und Bottom-Vorlieben<br />

auch beim Side Sex problemlos zum<br />

»Rund eine Million schwuler Männer<br />

in Deutschland praktiziert Side Sex,<br />

also eine Sexualität ohne Analverkehr.<br />

Vielleicht sollten wir angesichts solcher<br />

Zahlen aufhören, Side Sex immer<br />

noch als Nische innerhalb der Gay-<br />

Community abzutun.


Lifestyle<br />

8<br />

Einsatz kommen. Ist einmal klargestellt,<br />

dass der Arsch höchstens als optischer<br />

Anheizer dient, können Machtgefälle<br />

zwischen dominanten und devoten Side-<br />

Männern zu lustvollen neuen Aspekten<br />

führen. Im <strong>HIM</strong>-Gespräch erklärt uns<br />

Markus (33), ein Side-Mann aus Berlin,<br />

das so: »Wenn sofort klar ist, dass beide<br />

Side sind, schafft das sofort die Möglichkeit,<br />

viel konkreter auf die Lust rund um<br />

die Dominanz einzugehen. Und wenn<br />

der Arsch eben keine wichtige Rolle einnimmt,<br />

kannst du dich darauf viel mehr<br />

konzentrieren, wie du beispielsweise als<br />

Top deine Dominanz ausdrücken kannst<br />

und willst. Da entsteht eine vollkommen<br />

neue und wie ich finde sehr spannende,<br />

sexuelle Vielfalt. Ich habe in jüngeren<br />

Jahren auch Analsex gehabt, das vermeintliche<br />

Machtgefälle ist da schnell<br />

klar, der aktive Kerl ist der Top, er gibt<br />

zumeist den Ton an – auch wenn jetzt<br />

eine Minderheit von Power-Bottoms<br />

hier sicherlich widersprechen würde, im<br />

Kern, denke ich, stimmt es trotzdem. Ich<br />

habe erlebt, dass viele Tops, die sich vermeintlich<br />

als dominant definiert haben,<br />

der Auffassung waren, dass ihre Machtposition<br />

bereits ausreichend dargestellt<br />

wird, wenn sie einem anderen Kerl ihren<br />

Schwanz in den Arsch schieben. Das mag<br />

sicherlich teilweise stimmen, aber es ist<br />

auf Dauer auch sehr einseitig und langweilig.<br />

Ich finde es viel erotischer, spannender<br />

und intimer, wenn ein echter Top<br />

mit viel mehr Fantasie und Einfallsreichtum<br />

beim Sex demonstrieren kann, wer<br />

hier das sagen hat. Selbst wenn ein Top<br />

einem anderen Mann den Schwanz bläst,<br />

kann er dabei dominierend sein, ihn necken,<br />

das Spiel bestimmen, den Devoten<br />

in den Wahnsinn treiben – ein Beispiel<br />

von vielen. Tops machen es sich oftmals<br />

viel zu einfach, wenn sie ihre vermeintliche<br />

Dominanz immer nur durchs aktive<br />

Ficken ausdrücken wollen. Man möchte<br />

ihnen zurufen: Jungs, seid kreativer. Beim<br />

Side Sex wird man als Top sozusagen dazu<br />

gezwungen, kreativ zu sein – und was<br />

dabei entstehen kann, hebt den Sex auf<br />

ein völlig neues Level!«<br />

Sex ohne Druck und Erwartungen<br />

Ein anderer positiver Effekt bei Side Sex<br />

kann es sein, sich beinahe automatisch<br />

dem gesellschaftlichen Druck auch innerhalb<br />

der Gay-Community zu widersetzen<br />

– das mag nicht allen gefallen, schafft<br />

aber anderenorts ein Gefühl von gelebter<br />

Freiheit, wie uns Andy (29) aus München<br />

erzählt: »Ich glaube, in jungen Jahren,<br />

wenn man ganz frisch in die Community<br />

kommt, gleich einmal datet und seine<br />

ersten Erfahrungen macht, sind viele<br />

davon überzeugt, Analsex gehört zwingend<br />

dazu. Die Frage ist nicht, Analsex ja<br />

oder nein, sondern Analsex aktiv, passiv<br />

oder versatile. Ich hab das noch stark erlebt,<br />

als ich mit 16 Jahren anfing, Sex mit<br />

anderen Jungs zu haben. Ich merke zwar<br />

derzeit, dass sich in den letzten ein bis<br />

zwei Jahren langsam etwas ändert und<br />

ich denke, das hat auch mit Serien wie<br />

´Heartstopper´ zu tun, in denen Sexualität<br />

einfach nicht im Vordergrund steht<br />

beziehungsweise ja immer wieder die<br />

Frage aufgeworfen wird, ob Analsex oder<br />

so überhaupt sein müsse, aber ganz verschwunden<br />

ist dieser Druck noch immer<br />

nicht. Ich halte es auch nicht für falsch,<br />

sich einmal auszuprobieren, auch beim<br />

Analsex, woher will man sonst wissen, ob<br />

es einem gefällt oder nicht? Die, die gleich<br />

vorab das für sich ausschließen, haben<br />

meistens irgendwie anderweitig Probleme,<br />

zum Beispiel einen übertriebenen Hygienetick<br />

oder ähnliches. Ich lebe jetzt seit<br />

fünf Jahren sideways und alle anderen Side-Kerle,<br />

die ich kenne, haben zuvor auch<br />

anale Erfahrungen gemacht, und sei es<br />

nur, dass sie es selbst für sich ausprobiert<br />

haben. Analsex ist so speziell, dass du die<br />

Gefühle oder die Lust, die dabei entstehen<br />

können, nicht logisch abarbeiten oder<br />

definieren kannst – du weißt erst, ob es dir<br />

einen Kick gibt, wenn du dich darauf einlässt.<br />

Wenigstens in den allermeisten Fällen,<br />

würde ich sagen. Ich war früher mal<br />

aktiv und mal passiv, habe aber gemerkt,<br />

dass ich alles andere beim Sex eigentlich<br />

viel interessanter finde. Ich habe Analsex<br />

irgendwie mitgemacht, weil es erwartet<br />

wurde, weil es dazugehört – habe ich gedacht.<br />

Heute ist dieser Druck raus und das<br />

ist echt befreiend, auch, weil du weniger<br />

angegriffen wirst beim Dating, sowohl<br />

online wie auch ganz persönlich, wenn du<br />

klarstellst, I am side, Baby.«<br />

Die Sache mit dem Druck erlebte auch<br />

Daniel (44) aus Hamburg, allerdings in<br />

anderer Weise: »Ich war in ganz jungen<br />

Jahren ein paar Mal passiv, doch sehr<br />

schnell war klar, ich bin aktiv dominant,<br />

ich stehe darauf, den Ton anzugeben. In<br />

meinen zwanziger Jahren war das auch<br />

kein Thema, ich meine, du wirst schon<br />

hart, wenn du ne Spalte in der Couch<br />

siehst, heute dagegen mit Mitte vierzig<br />

blicke ich da anders drauf. Ich bin nicht<br />

dogmatisch, ich kann heute noch aktiv<br />

ficken, wenn ich das will, aber eigentlich<br />

will ich das zu 99 Prozent gar nicht mehr.<br />

Ich habe zum Glück noch kein Problem<br />

damit, ne Erektion zu bekommen, aber<br />

»Tops machen es sich oftmals<br />

viel zu einfach, wenn sie ihre<br />

vermeintliche Dominanz immer<br />

nur durchs aktive Ficken<br />

ausdrücken wollen. Man möchte<br />

ihnen zurufen: Jungs, seid<br />

kreativer.


9 Lifestyle<br />

echter Befreiungsschlag. Ab und an ist es<br />

spontan zwar noch zu Analsex gekommen,<br />

aber das war nur ein oder zweimal<br />

der Fall. Ansonsten genieße ich es einfach,<br />

mich ohne Erwartungen ganz entspannt<br />

auf den anderen Kerl einlassen zu können<br />

– und diese mentale Entspannung macht<br />

Platz für viel mehr Lust im Kopf. Meine<br />

Orgasmen sind seitdem wesentlich intensiver.<br />

Das ist sicher nicht für jeden was,<br />

aber ich kann sagen, für mich ist Side Sex<br />

ein absoluter Gewinn.«<br />

Sex nur zu 50 Prozent?<br />

es ist natürlich anders als mit 20 Jahren.<br />

Und manchmal bist du einfach müde<br />

und willst nur gechillt Spaß haben, vom<br />

dominanten Part wird aber unterbewusst<br />

fast immer verlangt, dass er dir das Hirn<br />

rausvögelt. Umgekehrt haben mir immer<br />

wieder auch devote passive Jungs erzählt,<br />

gerade, wenn sie noch etwas unerfahren<br />

waren, wie sehr sie das alles manchmal<br />

auch gestresst hat, der Analsex. Sie<br />

hofften, sich gut entspannen zu können,<br />

damit die Schmerzen nicht groß sind, oder<br />

der Top nicht genervt ist, weil das Loch<br />

nicht richtig entspannt ist. Oder sie hatten<br />

Bammel davor, dass der Top einfach direkt<br />

reinhämmert und es wehtut. Zudem<br />

ist Analsex für viele Bottoms auch ne<br />

stressige Sache, sie essen den ganzen Tag<br />

über nichts, um einen bestmöglich leeren<br />

Darm zu haben, trinken nur Wasser, spülen<br />

sich – und dann ist der Spaß oftmals in<br />

zehn Minuten vorbei. Wie gesagt, ich bin<br />

nicht generell und absolut gegen Analsex,<br />

aber irgendwann kam bei mir der Kick<br />

im Kopf und ich habe für mich gemerkt,<br />

ich brauche das gar nicht mehr wirklich.<br />

Der Stress im Kopf, die Frage, wann wird<br />

er wie schnell hart, wie geil macht es den<br />

Boy vor mir und all das, hat mich eher<br />

abgeturnt als heiß gemacht. Als ich mich<br />

dann das erste Mal ganz offen zu Side<br />

Sex bekannt habe – wie das gerade schon<br />

klingt, furchtbar, oder? Sich dazu bekennen<br />

zu müssen, aber gut – , da war das ein<br />

Auch Bastian (34) aus der Nähe von Hannover<br />

hat sich beim <strong>HIM</strong> <strong>Magazine</strong> nach<br />

unserem Online-Aufruf gemeldet, er gehört<br />

zu jenen Sides, die noch nie Analsex<br />

hatten und damit auch absolut glücklich<br />

sind: »Für mich war Ficken irgendwie<br />

nie ein Thema, also zumindest nicht in<br />

den Arsch. Deepthroat hingegen finde<br />

ich durchaus spannend, sowohl aktiv<br />

wie passiv. Meine Freunde haben mich<br />

damit einige Jahre lang auch aufgezogen,<br />

ich sollte es doch mal endlich probieren,<br />

vielleicht gefällt es mir ja doch, all sowas.<br />

Ich habe mich anfangs auch wirklich<br />

selbst befragt, ob mir da etwas fehlt oder<br />

ob ich irgendwie einen Ekel oder eine<br />

Abscheu gegenüber einem Arsch habe.<br />

Gar nicht, ehrlich gesagt. Ich finde süße<br />

kleine Ärsche von Boys extrem sexy, ich<br />

sehe sie mir sehr gerne an. Aber ich habe<br />

einfach nie ein Verlangen gespürt, sie in<br />

den Arsch zu ficken oder mich ficken zu<br />

lassen. Du könntest mich genauso gut mit<br />

Lauchstangen einreiben, es hätte den gleichen<br />

sexuellen Effekt – und nein, ich bin<br />

kein Sex-Foodie, der Nahrung sexuell geil<br />

findet. Irgendwie war für mich schnell<br />

klar, ich ticke da anders als meine Freunde,<br />

aber das war für mich nicht schlimm.<br />

Es fühlte sich wie ein zweites Coming-Out<br />

an oder besser gesagt wie ein Coming-Out<br />

light. Ich konnte mich dann auch sehr<br />

schnell von diesen Vorstellungen befreien,<br />

wie ´richtiger Sex´ sein muss oder<br />

diesen Aussagen, dass alles andere jenseits<br />

der Penetration nur Petting ist oder eben<br />

´so tun als ob´. Das ist kompletter Blödsinn<br />

und ich kann dir in meinem Fall nur<br />

sagen, dann hattest du noch nie Sex mit<br />

mir, denn mein Sexleben macht mir verdammt<br />

viel Spaß – und den anderen Jungs<br />

auch. Wenn ich heute mit den Freunden<br />

darüber rede, erlebe ich manchmal sogar<br />

sowas wie eine Art von Neid mir gegenüber,<br />

als hätte ich ein Geheimnis entdeckt,<br />

was ihnen verborgen geblieben ist. Mit<br />

einem Freund von mir habe ich darüber<br />

mal länger gequatscht und er erzählte


Lifestyle<br />

10<br />

»<br />

Beim Side Sex wird man als Top<br />

sozusagen dazu gezwungen, kreativ zu<br />

sein – und was dabei entstehen kann,<br />

hebt den Sex auf ein völlig neues Level!<br />

mir, er habe oft zwischendurch schnelle<br />

Sexdates, meist abends nach der Arbeit<br />

und zumeist bläst er einem Kerl dann den<br />

Schwanz oder er lässt sich seinen blasen,<br />

sehr gerne Outdoor. Ihn macht es sehr<br />

an, in der Öffentlichkeit so Sex zu haben,<br />

er spritzt ab, beide haben eine Orgasmus,<br />

alles gut, will man meinen. Im Hinterkopf<br />

hat er dabei aber oft den Gedanken, er<br />

hätte ja ´nur´ einen Blowjob gehabt, also<br />

so ne Art von halbem Sex. Ich habe versucht<br />

ihm zu erklären, wie dämlich das<br />

ist und dass er sich da etwas hat einreden<br />

lassen, was einfach falsch ist. Als gäbe es<br />

in der schwulen Welt so eine Rangliste,<br />

wann du zu 20, 50, 80 oder 100 Prozent<br />

richtigen Sex gehabt hast. Am Ende zählt<br />

doch nur, was für einen Kick dir die Sache<br />

im Kopf gegeben hat, alle anderen Kategorien<br />

sollten echt unwichtig sein. Gibt es da<br />

draußen echt noch Männer, die denken:<br />

Hey, heute hatte ich nur 50-prozentigen<br />

Sex, denn ich hatte nur nen Blowjob. Wie<br />

doof kann man eigentlich sein? Okay,<br />

eine rhetorische Frage, wenn man sich<br />

so manche Dating-Profile auf Romeo und<br />

Grindr ansieht!«<br />

Die Erfahrungen haben tatsächlich allerdings<br />

viele Sides gemacht, so berichten<br />

sie oftmals auch von der Scham, die sie<br />

anfangs noch empfunden haben, wenn<br />

sie erstmals laut über ihre Vorliebe für<br />

Side Sex gesprochen haben. Danach allerdings<br />

herrschte vielerorts auch Glück und<br />

Zufriedenheit und es sei ein schönes Gefühl,<br />

dann andere Sides kennenzulernen.<br />

Inzwischen ist klar: Sehr viele schwule<br />

Männer sind Sides, in Deutschland wie<br />

auch weltweit. Allerdings stimmt auch:<br />

Side Sex wird nur dann als befreiend erlebt,<br />

wenn er auch freiwillig geschieht. In<br />

rund 70 Ländern weltweit wird Homosexualität<br />

noch immer kriminalisiert, wobei


11 Lifestyle<br />

zumeist homosexuelle Handlungen wie<br />

vor allem Analsex zwischen zwei Männern<br />

strafbar ist – Penetration fällt hier<br />

oftmals noch unter den Passus »Sodomie«.<br />

Wenn schwule Männer also in anderen<br />

Ländern Side Sex nur deswegen praktizieren,<br />

weil sie ansonsten anderweitig<br />

Gefahr laufen, sich strafbar zu machen,<br />

bleibt zumeist ein Gefühl von Mangel,<br />

Verlust und Verzicht zurück, dann fehlt<br />

tatsächlich etwas beim Sex.<br />

Side Sex – perfekt für die schnelle<br />

Nummer<br />

Bleibt die Frage nach der Stimulation der<br />

Prostata, die viele Männer als besonders<br />

reizvoll empfinden – in Werbetexten<br />

für speziell gebogene Dildos bis hin zu<br />

Sexualratgebern ist oft die Rede vom<br />

»Super-Orgasmus«, der nur mit einer<br />

Prostata-Massage erreichbar ist. Mythos<br />

oder Realität? Die Wahrheit liegt wohl<br />

irgendwo dazwischen, denn mit Sicherheit<br />

kann die Berührung und Massage der<br />

Prostata mit Händen oder dem Schwanz<br />

durchaus einen speziellen Kick beim Lustempfinden<br />

und damit auch einen intensiveren<br />

Orgasmus ermöglichen, doch auch<br />

hier gilt: Das muss nicht für alle Männer<br />

stimmen. So unterschiedlich die Vorlieben,<br />

so unterschiedlich auch die körperlichen<br />

Begebenheiten. Und auch hier<br />

sollten wir Abschied nehmen von der<br />

Vorstellung, dass eine Abwendung vom<br />

Prostata-Orgasmus automatisch bedeuten<br />

muss, es mit einem prüden oder schlicht<br />

unwissenden und überforderten Mann zu<br />

tun zu haben. Jenseits von Hetero-Kerlen,<br />

die beim Wort Prostata-Massage zumeist<br />

gerne schnell rot werden und sofort<br />

bekunden, nicht schwul zu sein, gibt es<br />

auch Männer, die schlicht und ergreifend<br />

wenig sexuelle Lust dabei empfinden.<br />

Einer davon ist Ralf (38) aus Berlin: »Ich<br />

hatte früher immer wieder auch passiven<br />

Analsex, später auch aktiven. Der klassische<br />

Versatile, wenn du so willst. Rückblickend<br />

war die Lust, die ich als Passiver<br />

empfunden habe, eher eine Vorstellung<br />

im Kopf. Es war diese Vorstellung, das<br />

Lustobjekt des anderen Mannes zu sein,<br />

ihm zur Verfügung zu stehen, ihm ganz<br />

ausgeliefert zu sein. Mein zweiter fester<br />

Partner bestand auch darauf, mich zu<br />

fingern und meine Prostata zu massieren,<br />

doch es war stets eher das drängende<br />

Gefühl, pissen zu müssen, als eine echte<br />

Luststeigerung, die ich erlebte. Vielleicht<br />

ist es für Kerle, die Pinkeln als sexuelle<br />

Lust erleben können, noch einmal anders,<br />

ich weiß es nicht. Für mich war es das<br />

jedenfalls nicht. Später dann als Aktiver<br />

war ich nie der große Freund von Kondomen,<br />

es fühlte sich für mich einengend<br />

an. Ohne Kondome wollte ich aber keinen<br />

Sex mehr haben, nachdem ich zweimal<br />

durch die Bakterien im Arsch eines anderen<br />

Kerls eine Harnwegsinfektion bekommen<br />

hatte. Das hat jedes Mal mehrere<br />

Monate gedauert, bis das wieder richtig<br />

ausgeheilt war, die Biester sind verdammt<br />

zäh und widerstandsfähig. Du kannst<br />

jetzt sagen, ich habe deswegen einen<br />

Schaden weg, vielleicht stimmt das ja,<br />

aber Sex ohne Kondom ging danach nicht<br />

mehr, die Lust konnte noch so groß sein,<br />

die Gedanken an die Monate, in denen<br />

mein Schwanz schmerzte, waren stärker.<br />

Und mit Kondom war es auch nicht so<br />

prall. Irgendwann habe ich mir selbst<br />

zugestanden, endlich nur noch so Sex zu<br />

haben, wie ich das will, fuck the rest. Oder<br />

eben gerade auch nicht. Ich bin seitdem<br />

dem Side Sex komplett verfallen und das<br />

zudem Schöne daran ist: Side Sex eignet<br />

sich wunderbar für spontane Geschichten<br />

und ich liebe es, spontan, gerne auch<br />

unterwegs oder mal in einer Sauna oder<br />

Therme Sex zu haben. Analsex bedarf<br />

zumeist gewissen Vorbereitungen, Side<br />

Sex geht immer und überall, du kannst<br />

sofort loslegen. Dieser Wechsel hat mein<br />

Sexleben sehr bereichert.«<br />

Tatsächlich gibt es unter den Sides einige,<br />

die aufgrund von negativen Erfahrungen<br />

rund um Analsex ihre Sexualität hinterfragt<br />

haben – was anfangs vielleicht aus<br />

der Not geboren war, ein Sexleben ohne<br />

Penetration, entwickelte sich zu einer<br />

neuen und, für die Betroffenen, schöneren<br />

Art der Sexualität. Maurice (31)<br />

aus Nürnberg berichtet so, dass er nach<br />

einem wilden Sexerlebnis feine Hautrisse<br />

rund um den After hatte, immer wieder<br />

kam es zu schmerzhaften Infektionen.<br />

Ein Freund von ihm berichtete dann von<br />

Analfisteln sowie ebenso schmerzhaften<br />

Hämorriden, die Analsex unpraktikabel<br />

werden ließen. Robert (51) aus Braunschweig<br />

sagte: »Es ist noch nicht allzu<br />

lange her, dass ich fast ein ganzes Jahr<br />

ohne Ficken auskommen musste, weil<br />

ich mir nach einer besonders harten<br />

sexuellen Session mit einem Prinz Albert<br />

eine Analfissur eingehandelt habe und<br />

mich daraufhin einer heftigen Operation<br />

unterziehen musste – den Rest könnt ihr<br />

euch denken. Es hat dann mehrere Monate<br />

gedauert, bis ich überhaupt wieder<br />

an Sex denken konnte oder wollte. Aber<br />

ich bin schließlich auch nur ein Mensch<br />

und wurde dann doch wieder horny und<br />

»<br />

Für mich war schnell klar, ich ticke da<br />

anders als meine Freunde. Es fühlte<br />

sich wie ein zweites Coming-Out an.<br />

Ich konnte mich dann sehr schnell von<br />

diesen Vorstellungen befreien, wie<br />

´richtiger Sex´ sein muss.


Lifestyle<br />

12<br />

»<br />

Side Sex eignet sich wunderbar<br />

für spontane Geschichten und ich<br />

liebe es, gerne auch unterwegs<br />

oder mal in einer Sauna oder<br />

Therme Sex zu haben. Analsex<br />

bedarf zumeist gewissen<br />

Vorbereitungen, Side Sex geht<br />

immer und überall, du kannst<br />

sofort loslegen!<br />

so entwickelte ich schnell eine Vorliebe<br />

für Sex jenseits des Analen. Knutschen,<br />

Masturbation, Oralsex und ein paar<br />

andere perverse Spielarten – auf mein<br />

Loch verzichten zu müssen, hat mir einige<br />

der besten sexuellen Erfahrungen meines<br />

Lebens geschenkt!«<br />

Heteronormative Klischees in unseren<br />

Köpfen<br />

Simon (22) aus Stuttgart hat sich kurze<br />

Zeit als Power-Bottom ausgelebt, bevor er<br />

für sich erkannte, die Penetration selbst<br />

verschafft ihm nicht den Kick, sondern<br />

die Machtposition, die er als jüngerer<br />

kleiner Boy gegenüber einem älteren<br />

und größeren Daddy ausleben kann. »Ich<br />

habe dann angefangen, für mich selbst<br />

zu hinterfragen, warum so viele Schwule<br />

an diesem starren Konzept hängen, also<br />

dieser Welt, die scheinbar nur aus Tops<br />

und Bottoms zu bestehen hat. Das fühlte<br />

sich für mich zu eng an, ich bin das nicht.<br />

Wir Schwulen haben ja keine klassischen<br />

Rollenbilder, werden aber wohl zwangsweise<br />

durch unsere Erziehung unserer<br />

Eltern mitgeprägt, vielleicht auch unterbewusst.<br />

Und all diese Rollenbilder auch<br />

beim Thema Sex beruhen auf heterosexuellem<br />

Geschlechtsverkehr sowie zumeist<br />

einseitigen Geschlechterstereotypen.<br />

Oft werden Tops auch in der Gay-Community<br />

stets immer noch als stärker und<br />

männlicher angesehen, während Bottoms<br />

als unterwürfiger und weiblicher oder<br />

direkt als Baby benannt oder ´Frau´ in der<br />

Beziehung angesehen werden. Selbst als<br />

Power-Bottom fühlte ich mich als Exot,<br />

heute als junger schwuler Mann, der gerne<br />

dominant gegenüber älteren Daddys<br />

ist, bin ich noch immer selbst unter Gays<br />

manchmal sowas wie der Paradiesvogel<br />

– obwohl das eigentlich komplett unsinnig<br />

ist. Jeder wie er will, jeder, wie es<br />

ihm am meisten Spaß macht – aber diese<br />

Gesinnung schließt auch ein, dass der ein<br />

oder andere schwule Mann vielleicht<br />

mal seine familiäre Prägung hinterfragt<br />

und dann anfangen kann, einen jungen,<br />

dünnen, dominanten, kleinen Side-Boy<br />

nicht als strange anzusehen. Na, wie wäre<br />

das, Männer?«<br />

Eine durchaus berechtigte Frage, will man<br />

meinen. Vielleicht haben »Sides« oder<br />

»Sideways«, wie sie sich selbst gerne umgangssprachlich<br />

bezeichnen, tatsächlich<br />

für sich entdeckt, freier und jenseits von<br />

vorgezeichneten Normen in der schwulen<br />

Community Sexualität zu leben, ohne ein<br />

Gefühl des Verlusts jenseits der Absage<br />

an Analsex zu verspüren. Namensgeber<br />

Kort selbst erklärte, dass er den Begriff<br />

deswegen populär machen wollte, um<br />

schwulen Männern zu helfen, zu erkennen,<br />

dass es absolut in Ordnung ist, keinen<br />

Analsex zu praktizieren, sie seien deswegen<br />

nicht weniger schwul oder männlich.<br />

Klingt eigentlich selbstverständlich, doch<br />

offenbar bedurfte es vielerorts der Klarstellung.<br />

»Für viele schwule Männer ist<br />

Analverkehr das Nonplusultra, der ultimative<br />

Höhepunkt der sexuellen Befriedigung,<br />

der ihnen zum Höhepunkt verhilft.<br />

Aber für Sides ist der Orgasmus nur das<br />

Ziel und es ist die Reise, die die Erfahrung<br />

wirklich interessant macht. Viele sexy<br />

Jungs haben mich damals abgelehnt, nur<br />

weil ich nicht ficken wollte. Sie sagten,<br />

meine Einstellung sei ein großes Hindernis<br />

und ich versuchte ihnen zu erklären,<br />

es sei nur ein Hindernis, wenn sie es zu<br />

einem machen würden«, so Kort.<br />

Bleibt die Frage offen, warum sich der US-<br />

Sexexperte für das Wort »Side« entschieden<br />

hat: »Ich saß mit Freunden zusammen<br />

und versuchte, ihnen zu sagen, was ich<br />

war, aber ich hatte kein Wort dafür. Aber<br />

ich hatte es satt, mich dafür zu schämen,<br />

dass ich keinen Geschlechtsverkehr hatte,<br />

und meine Freunde sagten: Okay, wie<br />

nennst du es denn? Also habe ich laut<br />

nachgedacht und gesagt, dass ich kein Top<br />

und kein Bottom bin, und dann habe ich<br />

einfach über eine Box nachgedacht und<br />

bin damit herausgeplatzt: Vielleicht bin<br />

ich eine Seite. Außerdem, wenn jemand<br />

nicht oben oder unten auf einem Mann<br />

ist, dann ist er wahrscheinlich an seiner


13 Lifestyle<br />

Seite.« Je mehr man sich in der Side-Community<br />

umhört, desto klarer zeigt sich<br />

auch, es gibt schwule Männer, die bereits<br />

von Beginn ihrer sexuellen Erwachsens<br />

an wussten, keinen Analsex zu wollen,<br />

ebenso wie solche, die erst im Laufe der<br />

Jahre ihre Vorliebe dafür entdeckten.<br />

Manche leben Side Sex zu einhundert<br />

Prozent aus, andere erlauben sich ab und<br />

an bei passender Gelegenheit trotzdem<br />

Liebesspiele rund um den Anus, von<br />

Fingern, über Rimming bis hin zur Penetration.<br />

Side bezeichnet eine Vorliebe, die<br />

einhundertprozentig gelebt werden kann,<br />

aber nicht muss. Im Zweifelsfall ist es stets<br />

hilfreich, einfach zu fragen, worauf das<br />

Gegenüber Lust hat. Mentale Beschränkungen<br />

sind auch hier, wie in der ganzen<br />

Community, eher kontraproduktiv auf<br />

dem Weg dahin, gemeinsam großartigen<br />

Sex zu haben. Den Siegeszug rund um die<br />

schwule Welt haben die Sides überdeutlich<br />

und definitiv angetreten, inzwischen<br />

bieten auch die meisten großen Dating-<br />

Apps für Schwule als Kategorie-Einstellung<br />

»Side« ganz selbstverständlich neben<br />

Top, Bottom oder Versatile an. Seitdem<br />

inzwischen nun vor kurzem auch Wikipedia<br />

den Begriff in die »Terminologie<br />

der Homosexualität« aufgenommen<br />

hat, darf sich auch unser Blick auf die<br />

Sides schlussendlich bitte ändern – und<br />

vielleicht schaffen wir es sogar, unsere<br />

Vorurteile davon, was »richtiger Sex«<br />

ist und was nicht, endlich hinter uns zu<br />

lassen. (ms)<br />

»<br />

Für viele schwule Männer ist<br />

Analverkehr das Nonplusultra,<br />

der ultimative Höhepunkt der<br />

sexuellen Befriedigung, der ihnen<br />

zum Höhepunkt verhilft. Aber<br />

für Sides ist der Orgasmus nur<br />

das Ziel und es ist die Reise, die die<br />

Erfahrung wirklich interessant<br />

macht.


Kunst Lifestyle | Kultur 14<br />

DIE LIZENZ ZUM TÖTEN — Sam Ledger bringt mit<br />

seinem Arsch die Kerle um den Verstand!<br />

SAM<br />

LEDGER


15 Kunst Lifestyle | Kultur<br />

Sam Ledger ist ein richtiger Sunny-Boy und das<br />

liegt nicht nur daran, dass der 22-jährige Twink<br />

in Hawaii lebt und sich am liebsten nackt am<br />

Strand zeigt, sondern auch an seiner lebensfrohen<br />

Gesamteinstellung. Seine Fans lieben ihn, allein<br />

auf X und Instagram folgen ihm rund 350.000<br />

Menschen, Tendenz stetig steigend. Online zeigt<br />

er als Bottom, wie tief entspannt man wirklich<br />

sein kann – nur für einen Blowjob braucht er noch<br />

Übungspartner. Könntest Du Sam dabei helfen?<br />

Sam, erst einmal vielen Dank dir für<br />

das Interview. Erzähle uns doch bitte<br />

zunächst ein wenig über dein Leben – wo<br />

bist Du aufgewachsen und wie geht´s dir<br />

heute?<br />

Danke, dass ich dabei sein darf! Das Leben<br />

ist gut zu mir, ich bin jetzt 22 Jahre alt. Als<br />

ich aufwuchs, lebte meine Familie überall,<br />

aber am längsten auf der Insel Maui.<br />

Heutzutage wohne ich hauptsächlich in<br />

Honolulu.<br />

Eine tolle Stadt! Wie verlief dein Coming-<br />

Out und deine Schulzeit auf Hawaii?<br />

Die Schulzeit war in Ordnung, ich machte<br />

mir eher Sorgen, ob ich neue Leute<br />

kennenlernen würde, wenn ich einmal<br />

wieder auf eine andere Schule gehen<br />

musste. Ich glaube nicht, dass mein Vater<br />

Schwule mochte, als ich noch jünger war.<br />

Als ich für mich dann herausfand, dass<br />

ich schwul bin und mich geoutet habe,<br />

war er zum Glück damit allerdings einverstanden.<br />

Du wurdest in Alaska geboren, hast aber<br />

die meiste Zeit deines Lebens auf Hawaii<br />

verbracht. Bist Du eher ein Freund der<br />

Kälte oder der Hitze?<br />

Ich liebe die Sonne!<br />

Bräunen macht mich geil.<br />

Okay, das merken wir uns! Ich selbst hatte<br />

mal eine heiße Affäre mit einem Boy<br />

aus Hawaii. Es gibt dort sehr sexy Jungs<br />

und Männer. Was sind für dich wichtige<br />

Aspekte, wenn Du an Hawaii denkst?


Lifestyle<br />

16<br />

Das ist heiß, was du sagst! Hawaii ist<br />

Heimat für mich. Der Lebensstil ist relativ<br />

entspannt und wir bekommen viel Sonne<br />

ab. Und es gibt einige schöne Männer hier!<br />

Du hattest dein »schwules Erwachen«<br />

mit Filmen und Serien wie »Elite« oder<br />

»Jongens«. Welcher Film würde dein Leben<br />

heute noch am besten beschreiben?<br />

Ich denke gerne, dass mein Leben bis<br />

heute Jongens-Vibes hat.<br />

Du hast deine Jungfräulichkeit im Alter<br />

von 17 Jahren verloren. Erinnerst Du<br />

dich gerne daran?<br />

Seine Jungfräulichkeit zu verlieren, kann<br />

unangenehm sein. Ich denke, aus der<br />

Erinnerung heraus, ist es bei mir gut gelaufen.<br />

»<br />

Die volle Kontrolle<br />

über deinen Top<br />

zu haben, zu<br />

bestimmen, wie er<br />

geritten wird und<br />

wann er abspritzt,<br />

kann für einen<br />

Bottom sehr<br />

aufregend sein.<br />

Wie war dein erster Kuss mit einem<br />

Jungen?<br />

Die ersten Male sind nicht immer die<br />

besten Zeiten. In Filmen sieht es oft so<br />

aus, aber das täuscht. Dafür macht es aber<br />

im wirklichen Leben meist sehr viel mehr<br />

Spaß.<br />

Inzwischen hast Du bereits den Mann<br />

fürs Leben gefunden und bist mit ihm<br />

auch verheiratet. Wie habt ihr euch kennengelernt?<br />

Und wann hat es gefunkt?<br />

Ich bin schon seit ein paar Jahren verheiratet.<br />

Über mein Privatleben gebe ich<br />

nicht sehr viele Details der Öffentlichkeit<br />

preis. Ich sage nur, dass wir uns am Strand<br />

getroffen haben. Wir lernten uns schnell<br />

besser kennen und sind seitdem ständig<br />

zusammen. Ich überraschte ihn dann mit<br />

einem Heiratsantrag in seinem Elternhaus<br />

in Neuseeland, als wir seine Eltern<br />

besuchten.<br />

Das ist wirklich wunderbar romantisch!<br />

Du stehst auf männliche Twunks und<br />

bist gerne unterwürfig, übernimmst aber<br />

auch mal die Kontrolle als Bottom. Was<br />

macht einen Bottom Boy beim Sex gut?<br />

Ich denke, ein guter Bottom ist ein eifriger<br />

Bottom. Ich liebe das Gefühl eines<br />

Schwanzes in mir. Ich kann dann ziemlich<br />

unterwürfig sein.<br />

Wenn Du als Bottom die Kontrolle übernimmst,<br />

was machst Du dann?<br />

Manchmal möchte ich ihn reiten! Ich liebe<br />

einen schönen, dicken Schwanz in meiner<br />

Boy-Muschi.<br />

Wusstest Du schon immer, dass Du eher<br />

ein unterwürfiger Boy bist?<br />

Als ich jünger war, habe ich meinen ersten<br />

Dildo bekommen. Seitdem kann man<br />

wohl sagen, dass ich süchtig nach diesem<br />

Gefühl bin.<br />

Online auf X können wir miterleben,<br />

dass Du diesbezüglich sehr tiefgreifende<br />

Erfahrungen bis heute machst. Du bist<br />

aber grundsätzlich versatile, also manchmal<br />

auch der Top.<br />

Oh ja, ich liebe es, meinen Twunk zu besteigen.<br />

Er hat einen echt saftigen Arsch!<br />

Kommen wir noch einmal kurz auf deine<br />

Online-Videos zurück, Du bearbeitest<br />

deinen Arsch da sehr gerne mit diversen<br />

und sehr großen Toys. Du kannst wirklich<br />

eine Menge einstecken. Was ist für<br />

dich das Besondere daran, Sex mit Männern<br />

mit großen oder dicken Schwänzen<br />

zu haben?<br />

Ja, das stimmt. Aber ich weiß gar nicht,<br />

was es so genau ist, aber ich genieße es<br />

einfach wirklich, gedehnt zu werden. Das<br />

Gefühl, mit einem warmen Schwanz und<br />

Sperma gefüllt zu werden, macht mich<br />

total an. Meine Boy-Loch scheint es zu<br />

verkraften, und ich genieße die Herausforderung<br />

jedes Mal wieder.<br />

In einem Fotoshooting mit Helix gibt es<br />

ein paar sexy Szenen mit dir in der Badewanne<br />

und man hat den Eindruck, dass<br />

Du wirklich gerne Zeit in der Badewanne<br />

verbringst. Täuscht der Eindruck?


17 Lifestyle<br />

»<br />

Das Gefühl, mit<br />

einem warmen<br />

Schwanz und<br />

Sperma gefüllt zu<br />

werden, macht<br />

mich total an!<br />

Nein, tut er nicht. Ich liebe es, in der Badewanne<br />

mit meinem Loch zu spielen. Es ist<br />

so weich und plüschig dann!<br />

Deine Fans lieben eine Szene mit dir und<br />

Chuck Conrad im Wald. Aber erlaube<br />

mir zu Fragen: Sam, hattest Du nach diesem<br />

Blowjob nicht Schmerzen im Kiefer?<br />

Sagen wir so, ich habe eigentlich einen<br />

ziemlich kleinen Mund... ich ziehe es<br />

definitiv vor, ihn in den Arsch zu bekommen.<br />

Lasst euch sagen: Seid vorsichtig da<br />

draußen im Wald, Jungs!<br />

Die Szene war auch deswegen allerdings<br />

besonders heiß, weil sie im Freien stattfand.<br />

Hast Du gerne Sex in der Natur?<br />

Ja. Sich draußen frei zu fühlen, ist wirklich<br />

heiß, das macht mich extrem an!<br />

Wann ist Sex wirklich gut für dich? Gibt<br />

es bestimmte Stellungen, Haltungen oder<br />

Handlungen, die Du besonders gerne<br />

magst?<br />

Ich würde es so sagen: Sex genießt man<br />

am besten mit einem echt heißen Kerl,<br />

einem Blunt (eine Rolle Cannabis in einer<br />

Zigarre) und guter Musik.


Lifestyle<br />

18<br />

Was war dein bisher bestes sexuelles Erlebnis<br />

- und warum?<br />

Es ist echt schwer, meine erste Szene mit<br />

Cade Maddox zu vergessen. Es gibt aber<br />

zu viele großartige Erlebnisse, um nur<br />

eines final auszuwählen.<br />

Wenn man sich Dominanzspiele genauer<br />

anschaut, hört man oft, dass der unterwürfige<br />

Boy das Spiel eigentlich kontrolliert,<br />

er kann den Daddy dorthin führen,<br />

wo er ihn haben will. Was denkst Du<br />

darüber?<br />

Ich schätze, das stimmt, zumindest in<br />

meinem Fall in dem Sinne: Wenn ich<br />

einen Schwanz unbedingt haben will,<br />

dann bekomme ich ihn auch und werde<br />

von diesem Schwanz schlussendlich gefickt.<br />

Lol. Mir ist es ziemlich egal, wer die<br />

Kontrolle hat, solange ich in der Lage bin,<br />

mit meinem Loch Freude zu verbreiten<br />

und auch zu empfangen.<br />

Entspricht dein Sexleben vor der Kamera<br />

der Art von Sex, die Du privat gerne<br />

hast?<br />

Porno-Sex und Liebe machen sind gar<br />

nicht so verschieden... beides ist toll.<br />

Du hast den perfekten Mann für dich<br />

schon gefunden. Welche Eigenschaften<br />

sind dir besonders wichtig?<br />

Gutaussehend, lustig, süß.<br />

Ist Sperma für dich beim Sex wichtig?<br />

Na klar! Solange es in meinem Hintern ist.<br />

Hast Du noch sexuelle Fantasien, die Du<br />

ausleben möchtest?<br />

»<br />

Ich liebe es, in<br />

der Badewanne<br />

mit meinem Loch<br />

zu spielen. Es<br />

ist so weich und<br />

plüschig dann!<br />

Gangbangs, Orgien, Bukkake, Spermadepots,<br />

Verbindungspartys... ich will<br />

alles erleben! Sessions mit Schaum und<br />

anderen Flüssigkeiten. Lol. Ich schlecke<br />

mir dann sehr gerne den Mund ab.<br />

Als Pornodarsteller sehen dir viele Tausende<br />

oder sogar Hunderttausende beim<br />

Sex zu. Ist das ein besonderer Kick für<br />

dich oder einfach nur herrlich verrückt?<br />

Vielleicht irgendwie beides, wunderbar<br />

und ein bisschen verrückt zugleich. Ich<br />

denke nicht wirklich darüber nach. Aber<br />

ich liebe meine Fans. Es gibt da draußen<br />

einige sehr gute Leute.<br />

In deinen Filmen verwöhnst Du immer<br />

wieder große Schwänze – nun hast Du<br />

uns gerade vorher verraten, dass dein


19 Lifestyle<br />

»kleiner Mund die großen Exemplare nur<br />

schwer aufnehmen kann. Also, wie darf<br />

er sein, der perfekte Schwanz für dich?<br />

Der perfekte Schwanz für mich ist immer<br />

der, der gerade richtig fest in meinen<br />

Gangbangs,<br />

Liebestunnel gestoßen wird.<br />

Orgien, Bukkake,<br />

Die Mischung aus deinen Augenbrauen<br />

Spermadepots, und deinem lasziven Blick kann Jungs<br />

Verbindungspartys...<br />

ich will alles eigentlich einen Waffenschein, oder?<br />

verrückt machen. Dafür bräuchtest Du<br />

erleben!<br />

Ja, stimmt – Dankeschön. Mein Aussehen<br />

verdient tatsächlich eine Lizenz zum Töten.<br />

Oder wie auch immer das Sprichwort<br />

lautet. Ich habe kürzlich TikTok-Tipps<br />

gesehen, dass Komplimente über die Augenbrauen<br />

die beste Anmache sind.<br />

Dann habe ich es ja perfekt getroffen.<br />

Achtest Du denn besonders auf deine<br />

Fitness oder gibt es auch Tage, wo Du es<br />

dir einfach gutgehen lässt – die klassischen<br />

Cheat Days?<br />

Jeder Tag ist bei mir ein Cheat Day! Ich<br />

verwöhne mich täglich mindestens dreimal<br />

mit einer Hafermilch-Latte.<br />

Das wird nicht die einzige Latte sein,<br />

mit der Du dich verwöhnst. Werfen wir<br />

einmal einen Blick auf deinen Boy-Body:<br />

Welches Körperteil an dir magst Du besonders?<br />

Welches vielleicht weniger?


Lifestyle<br />

20<br />

Ich mag meine Beine, meinen Hintern...<br />

ach, die Liste ließe sich ewig fortsetzen.<br />

Ich habe nicht wirklich ein einzelnes<br />

Lieblingskörperteil. Im Moment brauche<br />

ich allerdings echt einen Haarschnitt, also<br />

meine Haare sind derzeit der Problemfall.<br />

Haha.<br />

Wie interagierst Du mit der schwulen<br />

Community?<br />

Ich gehe nicht viel aus, aber wenn ich<br />

es tue, bin ich gern mit anderen aufgeschlossenen<br />

Menschen in Bars, Clubs und<br />

an Nacktbadestränden zusammen. Jede<br />

Community hat ihre Höhen und Tiefen.<br />

Ich habe das Glück, in einer Zeit zu leben,<br />

in der es eine große schwule Community<br />

gibt.<br />

Was machst Du sonst gerne in deiner<br />

Freizeit? Bist Du gern in der Natur unterwegs?<br />

Ja, bin ich. Und ich fotografiere gerne,<br />

gehe an den Strand, spiele, höre Musik<br />

und erforsche die Erde.<br />

»<br />

Der perfekte Schwanz für mich ist<br />

immer der, der gerade richtig fest in<br />

meinen Liebestunnel gestoßen wird.


21 Lifestyle<br />

Dein Forscherdrang treibt dich dieses<br />

Jahr auch nach Brasilien, Mexiko, Kolumbien,<br />

Portugal, Spanien, Australien<br />

und Neuseeland. Ein toller Reiseplan für<br />

2024, aber wie sieht es mit Deutschland<br />

aus?<br />

Ich würde sehr gerne Deutschland besuchen<br />

und ein paar heiße Männer kennenlernen!<br />

Wie soll dein Leben in zehn Jahren aussehen?<br />

Erfolgreich. Friedlich.<br />

Abschließend noch zu unserer Schnellfragerunde.<br />

Was isst Du gerne und was<br />

eher nicht?<br />

Also ehrlich gesagt, am liebsten »esse« ich<br />

einen Arsch und vergnüge mich damit.<br />

Schwänze hingegen sind mir gar nicht<br />

so wichtig, Sorry, Jungs – wie gesagt, ein<br />

kleiner Mund. Steckt mir euer Teil lieber<br />

stattdessen in meinen Arsch!<br />

Wie sieht der perfekte Tag für dich aus?<br />

Ausschlafen, in die Stadt gehen, Kaffee


Lifestyle<br />

22<br />

und einen Joint, sich bräunen, ne Runde<br />

schwimmen und dann nochmals ab in die<br />

Stadt.<br />

Deine größte Angst?<br />

Dass die Kerle denken, ich sei ein mieser<br />

Kerl, der keine Schwänze lutscht.<br />

Deine Lieblingsmusik oder dein Lieblingskünstler?<br />

Ich mag eine Menge Musik. In meinen<br />

Spotify-Playlists kannst Du nachsehen,<br />

was ich gerade höre. Meine Lieblingskünstlerin<br />

ist ehrlich gesagt ziemlich<br />

umstritten: Azalea Banks.<br />

Dein Leben in einem Song?<br />

Land Of Honey von Flying Lots feat. Solange.<br />

Welche lebende Person bewunderst Du<br />

am meisten?<br />

Ich bewundere meinen Mann täglich.<br />

Wow, ein tolles Kompliment. Welches<br />

Talent würdest Du am liebsten haben?<br />

Ich wünschte, jemand könnte mir beibringen,<br />

wie man Deepthroat macht.<br />

Sam, ich bin mir sicher, es gibt viele Kerle,<br />

die sehr gerne mit dir üben werden.<br />

Was betrachtest Du als deine größte<br />

Errungenschaft?<br />

Selbstständig zu sein.<br />

Wo würdest Du gerne in Zukunft leben?<br />

Hawaii.<br />

Drei Dinge, die Du immer unterwegs<br />

dabeihast?<br />

Telefon, E-Zigarette, Ohrenstöpsel.<br />

Der beste Anmachspruch, den Du bis<br />

jetzt gehört hast?<br />

Hey, willst du mit zu mir kommen und<br />

das Spiel bei mir gucken?<br />

Was bringt dich hemmungslos zum<br />

Lachen?<br />

Mein respektloses Ich.<br />

Wenn Du an dein jüngeres Ich als Teenager<br />

zurückdenkst, was würdest Du ihm<br />

heute gerne sagen?<br />

Halte durch, alter Kumpel!<br />

Vor welchem Hollywood-Schauspieler<br />

würdest Du dich sofort hinknien?<br />

Austin Wolf... ach nee, ich meine Butler.<br />

Austin Butler.<br />

Und die wichtigste Frage zum Schluss:<br />

Hunde- oder Katzenliebhaber?<br />

Warum wählen? Na gut. Welpen. Wuff.<br />

Sam, vielen Dank dir für das Gespräch!<br />

(ms)<br />

»<br />

Mein Aussehen verdient tatsächlich<br />

eine Lizenz zum Töten.<br />

samlledger.com<br />

Instagram @ samledgerx<br />

X @ samuelledger<br />

OnlyFans @ samledger


©Goodboy Picture Company – Erworben über iStock<br />

Die Interessenvertretung<br />

für schwule Männer<br />

Die neue Organisation von schwulen Männern für schwule Männer. Warum? Langjährige und verdiente<br />

Organisationen vertreten unserer Meinung nach die Belange von schwulen Männern unzureichend und<br />

die Welt des Regenbogens wandelt sich. Aus „Sex“ soll „Gender“ werden, aus LGBTs ist queer und aus<br />

CSD ist Pride geworden mit der Erwartungshaltung, dies still zu akzeptieren. Nicht alles ist in unserem<br />

Sinne und trifft auf uns zu. Unsere Ansichten, Bedürfnisse und Forderungen finden unzureichend Gehör<br />

und daher ist es Zeit für eine Organisation, die sich für schwule Männer (basierend auf der Grundlage<br />

des biologischen Geschlechts) einsetzt und vertritt. Du willst mehr erfahren, Mitglied werden oder<br />

einfach in den Austausch gehen? Dann melde Dich.<br />

Bild über Pixabay bezogen - lizenfrei<br />

Just Gay e.V. i.G. / c/o Kiezrunners Verlag i.G. / Initiator Florian Greller / Atterstraße 85c / 49090 Osnabrück<br />

Email: mail@kiezrunners.com / Mobil: +49 (0) 151 646 032 39 / www.kiezrunners.com/Just-Gay


Kunst Lifestyle | Kultur<br />

24


25 Kunst | Kultur<br />

Die Meisterwerke von Alberto Casu<br />

DIE EROTIK<br />

DES LICHTS<br />

Der Italiener Alberto Casu entwickelte<br />

sich in den letzten Jahren<br />

zu einem der spannendsten<br />

neuen internationalen Fotografen,<br />

der eine besondere Vorliebe<br />

für den männlichen Akt hat. Mit<br />

seiner Canon-Kamera schafft er<br />

Momente von bleibender Intensität,<br />

die uns augenblicklich in<br />

den Bann ziehen. Er ist zu einem<br />

Meister im Spiel zwischen Licht<br />

und Schatten geworden und findet<br />

genau hier in diesem Grenzbereich<br />

besondere Ausdrucksformen<br />

von männlicher Erotik.<br />

Das <strong>HIM</strong> MAGAZINE bat den<br />

jungen kreativen Künstler auf<br />

die Interview-Couch.<br />

»<br />

Ich fühle mich von einem harmonischen<br />

Körperbau, einer wohlgeformten<br />

Figur und einem robusten, männlichen<br />

Gesicht angezogen. Diese mediterranen<br />

Züge haben einen besonderen Platz in<br />

meinem Herzen.<br />

Alberto, zunächst einmal vielen Dank für das Interview, wir<br />

freuen uns sehr! Bitte erzähl uns zunächst ein wenig über dich.<br />

Du bist seit mehreren Jahren als Fotograf tätig und hast davor<br />

viele Jahre als Retuscheur gearbeitet.<br />

Vielen Dank, dass ich hier sein darf! Es ist mir eine Freude, hier<br />

zu sein. Kurz zu meiner Person: Ich bin ein 35-jähriger Mann, der<br />

in der pulsierenden Stadt Mailand geboren und aufgewachsen<br />

ist. London ist seit vielen Jahren mein Zuhause, wo ich mir mit<br />

meinem tollen Freund ein Leben aufgebaut habe. Die Fotografie<br />

ist ein wichtiger Teil meines Lebens, da ich seit etwa sieben<br />

Jahren in diesem Bereich tätig bin. Alles begann eher zufällig,<br />

als ich anfing, mit meiner Kamera herumzuspielen und Fotos<br />

auf Instagram zu teilen. Freunde wurden darauf aufmerksam,<br />

ihnen gefiel, was sie sahen, und ehe ich mich versah, kamen die<br />

ersten Anfragen, die mich schließlich zu meinem jetzigen Beruf<br />

führten. Es war ein ziemliches Abenteuer, und ich könnte heute<br />

nicht anderweitig glücklicher sein, als das Leben durch die Linse<br />

einzufangen!<br />

Das sieht man deinen Bildern auch direkt an! Warst Du denn<br />

schon in deiner Jugend am männlichen Körper interessiert<br />

oder von ihm fasziniert?<br />

Auf jeden Fall! Seit ich ein Teenager war, war ich als Schwuler<br />

immer vom männlichen Körper fasziniert. Aber, weißt du, mein<br />

tieferes Eintauchen in die männliche Physis und Ästhetik kam<br />

erst etwas später im Leben.<br />

Du sagst selbst, dass die Kombination aus wissenschaftlicher<br />

Neugier und künstlerischer Sensibilität dich dazu gebracht hat,<br />

Fotos auf so einzigartige Weise zu kreieren. Magst Du uns das<br />

etwas genauer erklären?<br />

Nun, als ich jünger war, habe ich mich nie wirklich als super<br />

kreativen Typ gesehen. Sicher, ich hatte meine künstlerische<br />

Seite – ich spielte Klavier, kritzelte ab und zu. Ich habe mich für<br />

technisches Zeichnen interessiert, diese Art von Dingen. Aber<br />

ich war nicht besonders begabt auf dem Gebiet der visuellen<br />

und regelfreien Kunst. Kunst musste für mich in eine Sprache<br />

übersetzt werden, die mir näher am Herzen lag – etwas Mathematisches,<br />

das mehr mit meiner Liebe für Physik, Chemie


Kunst | Kultur<br />

26<br />

und Wissenschaft im Allgemeinen<br />

übereinstimmte. Als ich mich also mit<br />

der Fotografie beschäftigte, ging es um<br />

das Studium des Lichts, der Schönheit<br />

der menschlichen Form, der Proportionen,<br />

der Harmonie und der Ästhetik. Ich<br />

denke, die Verschmelzung dieser künstlerischen<br />

Seite mit meiner Leidenschaft für<br />

die Wissenschaft hat die Art von Fotografie<br />

hervorgebracht, die ich heute mache.<br />

Ich kenne Fotografen, die manchmal<br />

Tage oder Wochen damit verbringen, das<br />

Setting für ein einzelnes Bild im Detail<br />

zu planen, bevor es entsteht. Wie ist<br />

deine Arbeitsweise?<br />

Nun, das hängt wirklich von der Art der<br />

Aufnahme ab, die ich anstrebe. Wenn<br />

ich mich auf etwas einlasse, das umfangreiche<br />

Vorbereitungen erfordert, wie<br />

Bodypainting oder komplizierte Requisiten,<br />

dann ist eine Menge Planung erforderlich.<br />

Aber wenn es darum geht, die<br />

unverfälschte Schönheit der männlichen<br />

Gestalt einzufangen, treffe ich die Models<br />

oft zum ersten Mal am Tag des Shootings<br />

persönlich. Obwohl ich vor dem Shooting<br />

Gespräche mit den Models führe, habe ich<br />

nicht immer alle Elemente für die Aufnahme<br />

bereits final vorbereit. Es ist, als<br />

würde man ein mathematisches Problem<br />

lösen, ohne alle Ausgangsdaten zu haben.<br />

Also improvisiere ich gerne. Ich neige<br />

dazu, viele Aufnahmen zu machen, und<br />

dann arbeite ich mit einem guten Schnitt<br />

daran, sie so gut wie möglich meiner Vorstellung<br />

von Schönheit anzupassen.<br />

Das ist ja der Kern deiner Arbeit, Schönheit<br />

und Harmonie einzufangen – und<br />

deine Männer strahlen wirklich alle<br />

eine atemberaubende Schönheit, eine<br />

besondere Erotik und auch eine menschliche<br />

Würde aus. Wann ist ein Mann in<br />

deinen Augen wirklich schön?<br />

»<br />

Schönheit ist eine<br />

sehr individuelle<br />

und subjektive<br />

Erfahrung. Ich<br />

glaube, dass Männer<br />

Schönheit in<br />

verschiedenen<br />

Formen ausdrücken<br />

können, was<br />

nicht unbedingt<br />

Perfektion bedeuten<br />

muss.


27 Kunst | Kultur<br />

Es ist schwierig, Schönheit im Allgemeinen<br />

zu definieren. Was ich aber mit<br />

Sicherheit sagen kann, ist, was mich<br />

persönlich anspricht. Ich fühle mich von<br />

einem harmonischen Körperbau, einer<br />

wohlgeformten Figur und einem robusten,<br />

männlichen Gesicht angezogen. Diese<br />

mediterranen Züge haben einen besonderen<br />

Platz in meinem Herzen. Schönheit<br />

ist schließlich eine sehr individuelle und<br />

subjektive Erfahrung. Ich glaube, dass<br />

Männer Schönheit in verschiedenen<br />

Formen ausdrücken können, was nicht<br />

unbedingt Perfektion bedeuten muss.<br />

Und ich denke, das ist es, was meine<br />

Kunst am besten repräsentiert, nämlich<br />

das Bestreben, diese Schönheit selbst zum<br />

Ausdruck zu bringen.<br />

Ist dir dabei auch eine Form von natürlicher<br />

Männlichkeit wichtig beziehungsweise<br />

was würdest Du darunter selbst<br />

verstehen?<br />

Ich finde bestimmte Dinge an einem<br />

Mann attraktiv, wie einen gepflegten<br />

Bart und einen starken, intensiven Blick.<br />

Aber es ist auch wichtig für mich, dass der<br />

Körper eines Mannes sinnlich und stark<br />

aussieht. Es geht darum, eine perfekte<br />

Mischung aus Gesichtsausdruck und<br />

Körperbau zu schaffen, die sowohl Kraft<br />

als auch Sinnlichkeit ausstrahlt.<br />

Bei so viel männlicher nackter Sinnlichkeit<br />

inklusive erigierten Penissen bei<br />

den Models, gelingt es dir da immer, die<br />

professionelle Distanz zu wahren?<br />

Im Laufe der Zeit habe ich gelernt, mit<br />

einer nackten männlichen Figur vor<br />

meiner Linse zu arbeiten. Ich habe die<br />

Fähigkeit verfeinert, mir vorzustellen,<br />

wie ein Foto aussehen könnte und wie<br />

man Nacktheit geschmackvoll darstellen<br />

kann. Sicherlich kann es Momente geben,<br />

in denen bestimmte Impulse auftauchen,<br />

aber während des Shootings verhalte ich<br />

mich professionell. Es geht darum, den<br />

schmalen Grat zwischen Kunstfertigkeit<br />

und Respekt zu finden.<br />

Bleiben wir noch einen Moment bei den<br />

expliziten Aktaufnahmen: Wie schaffst<br />

Du es, eine so intime Vertrauensbasis<br />

zwischen dir und den Models herzustellen,<br />

sodass sie sich dir völlig nackt,<br />

erigiert, auch emotional sehr intim und<br />

ehrlich zeigen?<br />

Das ist je nach Model unterschiedlich.<br />

Manche fühlen sich mit jeder Form von<br />

Nacktheit und Intimität wohl, während<br />

andere eher schüchtern sind. Meine<br />

Priorität ist es, einen Raum zu schaffen,<br />

in dem sich die Models wohlfühlen, um<br />

ihren Körper frei zu zeigen, aber auch, um<br />

auf ihre eigenen Grenzen zu hören und<br />

ihnen zu folgen. Einige von ihnen fühlen<br />

sich wohl, wenn sie ihre ganze Intimität<br />

mit der Kamera einfangen lassen können.<br />

Deshalb versuche ich immer, vor und<br />

während des Shootings eine professionelle<br />

und freundliche Atmosphäre zu<br />

schaffen. Der Schlüssel dazu ist eine gute<br />

Kommunikation zwischen Fotograf und<br />

Model.<br />

In deinen Bildern sehen nicht nur die<br />

Männer und ihre Körper, sondern vor<br />

allem auch ihre Formen und Kurven,<br />

aber auch ihre Penisse wie echte Kunstwerke<br />

aus. Du befreist sie völlig aus der<br />

vermeintlichen »Schmuddelecke«, die der<br />

Pornografie manchmal anhaftet. Wann<br />

ist ein Schwanz für dich ein Kunstwerk?<br />

Die Unterscheidung zwischen künstlerischer<br />

Nacktheit, Erotik und Pornografie<br />

kann sehr nuanciert sein. Erlaube mir, das<br />

etwas näher zu erklären: Mein Ziel ist es,<br />

jeden Aspekt des männlichen Körpers,<br />

einschließlich der intimeren Bereiche,<br />

durch sorgfältige Beleuchtung, Posen und<br />

handwerkliches Können schön aussehen<br />

zu lassen. Ich gehe an Penisse genauso<br />

heran wie an jedes andere Körperteil.<br />

Gelegentlich, wenn ich auf besonders<br />

ästhetische Exemplare stoße, freue ich<br />

mich, ein Penisporträt zu erstellen. Letztlich<br />

geht es darum, jedes Element in ein<br />

Kunstwerk zu verwandeln.<br />

Im Gespräch mit anderen Künstlern aus<br />

den Bereichen der Malerei sowie auch<br />

der Fotografie hört man immer wieder,<br />

dass die Prüderie auf dem Vormarsch<br />

ist, gerade auch online und gerade dann,<br />

wenn es um nackte Männer geht. Bist<br />

Du davon auch betroffen?<br />

Es ist ein Thema, das mir sehr am Herzen<br />

liegt, und ich beschäftige mich seit<br />

Jahren damit. Ich habe sogar schon einige<br />

Rückschläge aufgrund der Richtlinien<br />

der Social-Media-Plattformen hinnehmen<br />

müssen. Ich habe zum Beispiel zwei<br />

Social-Media-Profile mit einer großen<br />

Fangemeinde verloren, was erhebliche<br />

Auswirkungen auf mein Geschäft und<br />

die Art und Weise hatte, wie ich meine<br />

»<br />

Ich gehe an Penisse genauso heran wie<br />

an jedes andere Körperteil. Gelegentlich,<br />

wenn ich auf besonders ästhetische<br />

Exemplare stoße, freue ich mich,<br />

ein Penisporträt zu erstellen. Letztlich<br />

geht es darum, jedes Element in ein<br />

Kunstwerk zu verwandeln.


Kunst | Kultur<br />

28<br />

Kunst öffentlich präsentiere. Ich kann<br />

dieses Problem also nur zu gut verstehen.<br />

Etwa 70 Prozent meiner Arbeiten können<br />

auf diesen Plattformen nicht öffentlich<br />

gezeigt werden. Das ist ein ständiger<br />

Kampf für mich. Ich bin der festen Überzeugung,<br />

dass Nacktheit wie jede andere<br />

Form der Kunst behandelt werden sollte,<br />

auch die erotischen Aspekte. Im Zeitalter<br />

der sozialen Medien, in dem sich<br />

Bilder schnell verbreiten können, wird es<br />

immer wichtiger, sich mit diesem Thema<br />

auseinanderzusetzen. Die Menschen sind<br />

verständlicherweise vorsichtig, aber ich<br />

bin optimistisch, dass wir mit Blick auf<br />

den Horizont einen Weg finden werden,<br />

klarere Regeln und Richtlinien für den<br />

künstlerischen Ausdruck aufzustellen.<br />

Ich bin ganz bei dir und hoffe auch,<br />

dass wir hier eine Veränderung erleben<br />

werden, gerade auch bei so erotischen<br />

Bildern wie deinen. Wann ist für dich<br />

ein Mann besonders erotisch?<br />

Das ist eine ziemlich nuancierte Frage,<br />

und ich glaube, nicht einmal ich habe eine<br />

genaue Formel dafür, wann künstlerische<br />

Nacktheit in den Bereich der Erotik<br />

übergeht. Früher dachte ich, die Unterscheidung<br />

könnte darin bestehen, ob das<br />

männliche Glied erigiert ist oder nicht. Im<br />

Laufe der Zeit ist mir jedoch klar geworden,<br />

dass es implizite Akte gibt, bei denen<br />

man die intimen Teile des Mannes nicht<br />

sieht, die jedoch weitaus erotischer sein<br />

können als explizite Akte mit erigiertem<br />

Glied. Es scheint von einer Kombination<br />

von Faktoren wie Gefühl, Beleuchtung,<br />

der Intensität des Fotos, der Präsenz des<br />

Models und einer Vielzahl von weiteren<br />

Elementen abzuhängen, zu denen nicht<br />

unbedingt ein Penis gehört. Es ist ein<br />

komplexes Zusammenspiel von Aspekten,<br />

das jedes Foto zu einer einzigartigen Erkundung<br />

der Sinnlichkeit macht.<br />

Du hast es anfangs bereits erwähnt,<br />

dass für dich das Studium von Licht und<br />

Schatten die perfekte Herangehensweise<br />

an das Thema Fotografie war. Ich möchte<br />

sagen, Du hast es hierbei zu einer echten<br />

Meisterschaft gebracht. Worauf legst Du<br />

heute dabei besonderen Wert?<br />

Danke dir für die freundlichen Worte. Ja,<br />

Licht ist buchstäblich alles. Mit Licht kann<br />

ich die Grenzen eines Raums definieren,<br />

ein Gefühl von Tiefe erzeugen und sogar<br />

das Gefühl der Umgebung vermitteln.<br />

Wenn das Licht von einem Körper zum<br />

anderen, von einem Objekt zum anderen<br />

reflektiert wird, vermittelt es ein Gefühl<br />

für die Welt um einen herum und dafür,


29 Kunst | Kultur<br />

dass die Beleuchtung des Models eine<br />

Folge des Lichts in seiner Umgebung ist.<br />

Es ist, als würde man eine Geschichte<br />

durch das Zusammenspiel von Licht und<br />

Schatten erzählen.<br />

Wow, das trifft es wirklich sehr gut auf<br />

den Punkt. Du hast in den letzten Jahren<br />

auch mit einigen sehr großen Namen<br />

aus der Porno-Branche zusammengearbeitet,<br />

zum Beispiel Allen King oder<br />

Pol Prince. War es anders für dich mit<br />

solchen Kamera-Lieblingen ein Shooting<br />

zu machen?<br />

Ehrlich gesagt, nein, da gibt es keine<br />

großen Unterschiede. Der einzige Unterschied<br />

besteht vielleicht darin, dass Pornostars<br />

manchmal mehr Erfahrung mit<br />

Fotoshootings haben und daher besser<br />

wissen, wie sie die besten Posen einnehmen,<br />

was den Ablauf des Fotoshootings<br />

reibungsloser machen kann. Aber was die<br />

Behandlung und Interaktion angeht, ist es<br />

dasselbe wie bei allen anderen. Ich bin nie<br />

anders an die Sache herangegangen. Jedes<br />

Model, unabhängig von seinem Hintergrund,<br />

erhält von mir das gleiche Maß an<br />

Respekt und Professionalität.<br />

Du lebst heute in London, hast zuvor<br />

aber lange in Mailand gelebt. Hat deine<br />

Heimat und sein besonderes Licht auch<br />

Einfluss auf deine heutige Arbeit?<br />

Nein, eigentlich nicht. Ich begann meine<br />

Reise als Fotograf, nachdem ich nach<br />

London gezogen war. Ich lebe jetzt seit<br />

acht Jahren in London, nachdem ich bis<br />

zu meinem 19. Lebensjahr in Mailand<br />

gelebt hatte. Es gab eine kurze Zeit in<br />

Rom, und dann zogen mein Freund und<br />

ich nach London. Ich habe also nicht den<br />

direkten Einfluss der italienischen Welt<br />

um mich herum. Ich würde sogar sagen,<br />

dass London mir die Freiheit gegeben hat,<br />

die Fotografie zu erforschen, vor allem<br />

die, die ich mache, ohne Beurteilung oder<br />

Zwänge. Ich hatte zwar die Gelegenheit,<br />

für die Fotografie zu reisen, allerdings<br />

nicht sehr häufig, aber das ist etwas, das<br />

ich in Zukunft sicher gerne öfter machen<br />

würde.<br />

Aber, Hand aufs Herz, sind Italiener<br />

nicht oftmals besonders erotische Männer?<br />

Wie bereits erwähnt, habe ich eine starke<br />

Affinität zu mediterranen Zügen, sodass<br />

ich Griechen, Italiener und Spanier im<br />

Allgemeinen am liebsten fotografiere,<br />

weil sie oft die Vorstellung von Schönheit<br />

verkörpern, die mir vorschwebt. Sie sind


Kunst | Kultur<br />

30<br />

jedoch keineswegs die ausschließlichen<br />

Themen meiner Arbeit, und ich bin der<br />

festen Überzeugung, dass ich nicht verallgemeinern<br />

sollte.<br />

Du bist sehr erfolgreich als Fotograf, wo<br />

siehst Du dich selbst in den nächsten<br />

Jahren?<br />

Ich danke dir vielmals. Ehrlich gesagt, bin<br />

ich mir nicht ganz sicher, wo ich in ein<br />

paar Jahren sein werde. Ich hoffe jedoch,<br />

weiterhin zu reisen, neue Leute kennenzulernen<br />

und vielleicht verschiedene<br />

Arten der Fotografie zu erforschen. Ich<br />

habe mich viele Jahre lang der männlichen<br />

Nacktheit gewidmet, und obwohl<br />

ich sie liebe, habe ich auch das Bedürfnis,<br />

mich zu verändern. Ich habe den starken<br />

Wunsch, Kalender und Ausstellungen zu<br />

gestalten und sogar Bücher zu veröffentlichen,<br />

um meine künstlerische Vision mit<br />

der Welt zu teilen. Wer weiß, auf welche<br />

aufregenden Pfade mich meine fotografische<br />

Reise in Zukunft führen wird.<br />

»<br />

Licht ist buchstäblich<br />

alles. Wenn<br />

das Licht von<br />

einem Körper zum<br />

anderen reflektiert<br />

wird, vermittelt<br />

es ein Gefühl<br />

für die Welt um<br />

einen herum. Es<br />

ist, als würde man<br />

eine Geschichte<br />

durch das Zusammenspiel<br />

von<br />

Licht und Schatten<br />

erzählen.<br />

Wir sind sehr gespannt, was wir von dir<br />

in der Zukunft alles sehen dürfen. Viele<br />

Männer würden sagen, Du hast einen<br />

absoluten Traumjob, stets umgeben von<br />

wunderschönen anderen Herren.<br />

Ich habe eine tiefe Zuneigung zu meiner<br />

Arbeit, und es ist unbestreitbar ein Traumjob.<br />

Aber der Mann, der den meisten Platz<br />

in meinem Herzen einnimmt, wohnt bei<br />

mir zu Hause. Wir teilen unser Leben<br />

schon seit vielen Jahren, und für mich<br />

verkörpert er die Essenz der Schönheit,<br />

sowohl körperlich als auch seelisch. Ohne<br />

ihn wäre ich nicht da, wo ich heute bin.<br />

Das ist wunderschön! Danke Alberto.<br />

Möchtest Du unseren Lesern abschließend<br />

noch etwas mitgeben?<br />

Ich bin zutiefst dankbar für das Leben, das<br />

ich habe, und für die Erfolge, die ich erziele.<br />

Die Botschaft, die ich gerne weitergeben<br />

möchte, lautet: Ja, es ist möglich, seine<br />

Träume zu leben und seine Wünsche zu<br />

verwirklichen. Ich habe nie formell Fotografie<br />

studiert. Eines Tages habe ich mir<br />

einfach eine Kamera gekauft und einen<br />

Beruf daraus gemacht. Ich habe meine<br />

Karriere von Grund auf neu aufgebaut,<br />

und wenn ich das kann, kann es jeder. Das<br />

ist ein Beweis für die Kraft von Entschlossenheit<br />

und Leidenschaft.<br />

Alberto, vielen Dank für das Gespräch.<br />

(ms)<br />

Instagram<br />

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www.albertophotographer.com


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Fetisch<br />

32<br />

Wie anfangen? Und warum<br />

braucht es Fetisch überhaupt?<br />

FETISCHLUST<br />

BEI JUNGEN<br />

BOYS<br />

Die Welt des Fetischs – sie kann bunt<br />

und derb, leise und grazil, knallhart<br />

und honigsüß sein. So unterschiedlich<br />

wie die Fetische sind, so unterschiedlich<br />

sind auch ihre Freunde und Fans;<br />

nur in einem gleichen sie sich zumeist<br />

doch: die Welt des Fetischs bedeutet<br />

Heimat für sie. Ein Zuhause, das nicht<br />

durch Geburt, Region oder Religion<br />

definiert ist, sondern einzig durch<br />

dieses besondere und tief emotionale<br />

Gefühl der Verbundenheit zueinander.<br />

Der Fetisch ist nicht nur sexuell eine<br />

zumeist sehr intime Verbindung zweier<br />

oder mehrerer Menschen, die auf Vertrauen<br />

basiert und immer tiefer geht, je<br />

mehr man sich darauf einlässt – mental<br />

wie zeitlich. Der Fetisch ist auch und<br />

vielmehr noch eine Lebenseinstellung.<br />

Und ganz banal auch eine Frage der<br />

Zeit. Fetisch ist, wenn er richtig gelebt<br />

und erlebt werden will, nichts für<br />

Jungs, denen ein 30-Sekunden-Clip<br />

bei TikTok schon zu lange ist. Fetisch<br />

bedeutet, ganz im Hier und Jetzt verhaftet<br />

zu sein und sich selbst einzugestehen,<br />

dass nur diese Gegenwart jetzt<br />

Gültigkeit besitzt, unabhängig davon,<br />

was war – oder sein wird. Unabhängig<br />

davon, wer du in der alltäglichen Welt<br />

bist. Hingabe ist eines jener Worte, die<br />

immer wieder fallen. Und jene Hingabe<br />

erleben stets beide Pole in der Fetischwelt,<br />

der dominierende Part ebenso wie<br />

das devote Gegenüber.


33 Fetisch<br />

Reicht nicht doch »normaler« Sex?<br />

Männer, die schon einige Zeit den Mut<br />

und den Willen gefunden haben, ihren<br />

Fetisch zu leben und dabei stets zumeist<br />

trotzdem nach wie vor auf einer Reise<br />

sind, um neue Ufer, neue Wege, neue unentdeckte<br />

Pfade in der ewig weiten Welt<br />

des Fetischs zu finden, können unbedarften<br />

und gerade jungen Frischlingen Angst<br />

machen. Was hat es noch einmal mit Fesselspielen,<br />

Puppy-Masken und Rubber auf<br />

sich? Ist es nicht gefährlich, sich einem<br />

anderen Menschen ganz auszuliefern?<br />

Dann lieber doch nur »normalen« Sex?<br />

Normaler Sex? Wirklich? Und was soll das<br />

eigentlich genau sein? Natürlich bedarf es<br />

nur eines Windhauchs und schon haben<br />

unsere spätpubertierenden Twinks eine<br />

steinharte Erektion, doch verfallen sie im<br />

Umgang mit selbiger oftmals vorschnell<br />

dem Gedanken, dass wildes und zielloses<br />

Rammeln allein schon die höchste Erfüllung<br />

sein mag. Am Ende steht zumeist ein<br />

Orgasmus, das stimmt. Der Weg dahin ist<br />

allerdings dabei oftmals viel spannender<br />

als das Ergebnis, vor allem dann, wenn die<br />

Reise die Intensität des Höhepunkts maßgeblich<br />

steigern kann.<br />

Doch wenn die Jungen die Fetischfreunde<br />

von Techniken, Abenteuern und besonderen<br />

Erlebnissen reden hören, kommen<br />

oftmals dann doch weitere Fragen auf.<br />

Will ich das überhaupt? Ist das nicht<br />

zu extrem für mich? Wie soll ich das<br />

überhaupt anstellen? Vorab so viel, die<br />

Ängste sind unbegründet. Fetisch-Fotograf<br />

Maxim (Von Pfingstberg) sagt dazu:<br />

»Die Unsicherheit kommt oft aus Vorbehalten<br />

gegenüber sich selbst. Steht mir<br />

das überhaupt? Wo finde ich Anschluss<br />

und kann mich ausleben? Ich ermuntere<br />

dann gerne dazu, sich auszuprobieren<br />

und seine Fantasien auszuleben.« Fetisch<br />

leben, heißt immer auch lernen, ein Leben<br />

lang. Wer das verstanden hat, nimmt<br />

Frischlinge gerne unter seine Fittiche. Am<br />

Anfang gilt es erst einmal, viele Fragen zu<br />

beantworten. Woher kommt zum Beispiel<br />

der Reiz daran, durch unbelebte Produkte<br />

wie Leder, Gummi oder Seile eine sexuelle<br />

Erregung zu erfahren? Sicherlich sind die<br />

einzelnen Verknüpfungspunkte so individuell<br />

wie die Fetisch-Liebhaber selbst.<br />

Eine einfache Küchenpsychologie kommt<br />

hier nicht zum tragen – und das ist auch<br />

gut so. In der Psychoanalyse gilt der sexuelle<br />

Fetischismus nur dann als behandlungsbedürftig,<br />

wenn die Liebe zum Fetisch<br />

als vollständiger Ersatz der eigenen<br />

Sexualität herhalten muss. Sprich, wer<br />

nur noch durch eine Spielart des Fetischs<br />

überhaupt Lust empfinden kann und<br />

ansonsten einen Leidensdruck verspürt.<br />

Der erste Schritt als Frischling ist also, die<br />

Klischees im Kopf bezüglich der Welt des<br />

Fetischs hinter sich zu lassen. Manchmal<br />

gibt es dabei sogar auch Hürden in der<br />

Gay-Community, wie Mr. Fetish NRW<br />

2023, Christian Huyeng, kritisiert: »Ich<br />

wünsche mir deutlich mehr Offenheit<br />

von queeren Jugendhilfenetzwerken und<br />

Gruppen! Dort spielt das Thema Fetisch<br />

oft gar keine Rolle, wird totgeschwiegen<br />

oder einfach ignoriert.«<br />

Von neuem gehen lernen – im Fetisch!<br />

Wer sich davon frei macht, einfach Spaß<br />

daran haben kann oder einen speziellen<br />

Kick, eine besondere Verbundenheit, mit<br />

anderen Männern verspürt, sollte sich<br />

dieses Erlebnis nicht versagen. Aber auch<br />

innerhalb der schwulen Szene gibt es oft<br />

noch Unsicherheiten, wie man die ersten<br />

Schritte hin zu einem Fetisch-Erleben<br />

macht. Dabei sind diese tatsächlich unbegründet,<br />

denn es gibt zahlreiche Möglichkeiten,<br />

nach und nach die Fühler auszustrecken.<br />

Zunächst einmal kann man zu<br />

Events oder zwanglosen Treffen gehen,<br />

die sich zum Beispiel dem Leder-Fetisch<br />

verschreiben, aber offen für Newcomer<br />

sind. Hier genügt oft schon eine kurze Anfrage<br />

beim Veranstalter, um im Einzelfall<br />

die Details abzuklären. Nicht jeder, der<br />

eine Fetisch-Party besucht, muss gleich im<br />

Volloutfit erscheinen - hier gibt es große<br />

Unterschiede, sodass für jeden das richtige<br />

dabei sein kann.<br />

Reinschnuppern in die Szene<br />

Auch die Angst davor, dass sich alles nur<br />

um Sex dreht, ist unbegründet. Natürlich<br />

handelt es sich bei jeder Form von Fetisch<br />

um eine sexuelle Spielart, deswegen<br />

bedeutet das aber nicht, dass die Kerle<br />

sofort alle übereinander herfallen, sobald<br />

»Frischfleisch« in einen Raum kommt.<br />

Das bestätigt auch Olaf Hartmannsgruber<br />

vom Berliner Fetisch-Event Black Week-<br />

»<br />

Aus der Dunkelheit treten<br />

andere Männer, die dir<br />

freundlich gesinnt sind und<br />

dir zuflüstern: Gehe, wohin<br />

du willst. Sei endlich frei! Wir<br />

zeigen dir den Weg.


Fetisch 34<br />

end: »Man braucht keine Angst haben.<br />

Der sexuelle Akt steht nie im Vordergrund.<br />

Natürlich war und ist Sexualität<br />

immer ein Teil von uns, aber ich gehe<br />

nicht nach dem Motto ´Sex sells´ vor. Man<br />

kann es soft und langsam angehen lassen,<br />

einfach vorbeikommen und ganz unbefangen<br />

in die Szene hineinschnuppern.«<br />

Wer Angst vor diesem allerersten Schritt<br />

hat, kann auch zunächst online Kontakt<br />

aufnehmen, beispielsweise auch zu<br />

Fetisch-Gruppen bei Dating-Apps oder zu<br />

Fetisch-Clubs und Vereinen. Eine besondere<br />

Möglichkeit bietet sich auch einmal<br />

im Jahr beim Fetisch-Festival Darklands,<br />

hier kommen im belgischen Antwerpen<br />

aus der ganzen Welt Fetisch-Freunde<br />

zusammen und man kann so ziemlich<br />

in alle Fetisch-Arten, die es aktuell in<br />

der schwulen Community gibt, hinein<br />

schnuppern, mit Experten reden und einfach<br />

entspannt schauen, ob einen etwas<br />

besonders reizt – oder eben auch nicht.<br />

Gerade die offene Kommunikation steht<br />

hier im Mittelpunkt und ist daher auch<br />

für Neulinge bestens geeignet. Nichts<br />

muss, alles kann. Eines ist wichtig: Es ist<br />

niemals falsch oder dumm, zuzugeben,<br />

dass man noch nichts weiß. Im Gegenteil,<br />

erst dann bist du wirklich bereit für die<br />

Fetischwelt. Im <strong>HIM</strong>-Interview erinnert<br />

sich so auch Mr. Leather Hamburg 2022,<br />

Christian, daran, wie er schrittweise in<br />

die Community fand: »Dieses Gefühl, das<br />

erste Mal in Leder zu sein, ließ mich nie<br />

wieder los. Es hat sich mit den Jahren<br />

weiterentwickelt und hat für mich eine<br />

neue Welt des Schwulseins eröffnet.«<br />

Eine Frage des Geldes? Nein!<br />

Bleibt die Frage nach den finanziellen<br />

Möglichkeiten, denn je nachdem, welchem<br />

Fetisch man zugeneigt ist, kann<br />

es mitunter schnell teuer werden. Das<br />

meiste Geld geht wahrscheinlich für ein<br />

gutes Leder-Outfit drauf – auf der anderen<br />

Seite ist so etwas eine lang angelegte Investition<br />

und muss auch nicht sofort im<br />

Kleiderschrank hängen. In speziell dafür<br />

eingerichteten Läden findet man für<br />

jeden Fetisch etwas – der Vorteil vor Ort<br />

ist zudem, dass das Fachpersonal unvoreingenommen<br />

jede Frage zufriedenstellend<br />

beantworten kann. Für weniger als<br />

hundert Euro kann man also bereits ein<br />

erstes Outfit für seinen Fetisch ergattern.<br />

»<br />

Die Welt des Fetischs ist ein<br />

Zuhause, das nicht durch<br />

Geburt, Region oder Religion<br />

definiert ist, sondern einzig<br />

durch dieses besondere und<br />

tief emotionale Gefühl der<br />

Verbundenheit zueinander.<br />

Vertieft man dann die Liebe daran, lassen<br />

sich anschließend in Ruhe langfristige<br />

Investitionen angehen. Der finanzielle<br />

Aspekt sollte also wirklich keinen entmutigen,<br />

das sieht auch Mr. Leather Europe<br />

2022, Stevio Blackhart, so: »Ich denke,<br />

es ist eine Geisteshaltung, ein Lederkerl<br />

zu sein. Es spielt keine Rolle, wie viel das<br />

Leder, das du trägst, gekostet hat. Natürlich<br />

ist für uns Fetischisten eine gute<br />

Lederqualität wichtig und auch erregend.<br />

Aber ebenso sexy ist es, einen jungen<br />

Mann anzusehen, der gerade erst in diese<br />

Welt hineinschnuppert und mit einer<br />

billigen Lederjacke vor dir steht. Das ist<br />

ein verdammt kraftvolles Statement und<br />

ist unbezahlbar.«<br />

Eine Bereicherung fürs Leben<br />

Darin sind sich alle in der Fetisch-Community<br />

einig, dass der Mut, diese ersten<br />

Schritte zu gehen, sich immer gelohnt<br />

hat. Sie beschreiben allesamt das Leben<br />

mit ihrem Fetisch als viel bereichernder<br />

als zuvor. Hartmannsgruber dazu: »Ich<br />

bin der Meinung, dass es heute wichtiger<br />

ist als jemals zuvor, zu seinem Fetisch<br />

zu stehen. Es gibt einfach auch so viele<br />

interessante Männer in dieser Szene, die<br />

es wert sind, kennengelernt zu werden.«<br />

Und Mr. Leather Hamburg ergänzt: »Es<br />

lohnt sich, diesen Schritt zu wagen und<br />

der Welt zu zeigen, wer du bist. Das wird<br />

mit Freiheit, Zufriedenheit und mit neuen<br />

Freundschaften belohnt.« So vielfältig wie<br />

die Männer ist auch das eigene Erleben<br />

– die ersten sinnlichen Erlebnisse finden<br />

meistens allein statt, wenn man für sich<br />

entdeckt, welches Gefühl ein Fetisch in<br />

einem selbst auslösen kann. Der britische<br />

schwule Fetisch-Autor Nick Christie beschreibt<br />

seine Liebe zum Fetisch so: »Leder<br />

ist, wie viele andere Kinks auch, eine<br />

Erweckung. Man outet sich als schwul,<br />

und dann outet man sich als Lederkerl.


35 Fetisch<br />

Für mich ist Leder ein ursprüngliches<br />

Material, das alle meine Sinne anspricht<br />

und reizt. Ich liebe das Gefühl, den Geruch<br />

und das Geräusch von Leder, wenn man<br />

es trägt. Es ist wie eine zweite Haut zu<br />

meiner eigenen. Der Anblick von Leder,<br />

sein Glanz und seine Beschaffenheit,<br />

seine Form, wenn es den männlichen<br />

Körper umhüllt, erregt mich. Ich genieße<br />

auch den Geschmack von Leder. Eine behandschuhte<br />

Hand auf dem Mund, einen<br />

warmen Schenkel lecken, oder mehr. Es<br />

ist einfach in meinem Wesen. Leder zu<br />

tragen gibt mir innere Kraft und Zuversicht.<br />

Es bringt mir innere Freude.«<br />

Genau hier bin ich richtig!<br />

Genau das ist es, was schwule Männer<br />

nicht mehr vom Fetisch abfallen lässt,<br />

wenn sie einmal in diese besondere Welt<br />

eingetaucht sind. Wer diese Intensität,<br />

diesen inneren Frieden gepaart mit dem<br />

Wissen, genau hier und jetzt am richtigen<br />

Ort zu sein in Verbindung mit sexueller<br />

Lust verspürt, bleibt zumeist ein Leben<br />

lang ein Fetisch-Freund. Stevio Blackhart<br />

noch einmal: »Ich will mehr junge<br />

Männer in die Fetisch-Community holen<br />

und Brücken bauen, um es für sie leichter<br />

zu machen. Einige Fetische können teuer<br />

sein, weswegen mehr ältere Männer es<br />

sich leisten können. Aus diesem Grund<br />

könnte gerade die Leder-Community<br />

von außen betrachtet etwas in die Jahre<br />

gekommen sein. Junge Männer könnten<br />

denken, dass es für sie hier keinen Platz<br />

gibt. Aber das ist meilenweit von der<br />

Wahrheit entfernt! Also zeigen wir den<br />

Jungs, wie es wirklich aussieht!« Und Puppy<br />

Germany 2023, Velox, sagt: »Fetisch ist<br />

grenzenlos, individuell und sollte niemals<br />

in nur eine Schublade gesteckt werden.<br />

Lasst uns auch dem Nachwuchs aufzeigen,<br />

wie grenzenlos, bunt und vielfältig<br />

unsere herzliche Welt ist.«<br />

Das letzte, vermeintliche Gegenargument,<br />

betrifft die Ernsthaftigkeit der Fetischfreunde.<br />

Ist das nicht alles einfach nur<br />

wie Theaterspielen? Eine Show? Wer sich<br />

ernsthaft mit einem Fetisch-Begeisterten<br />

unterhält, wird schnell vom Gegenteil<br />

überzeugt. Mr. Fetish Hessen, Shkody,<br />

bekräftigt so im <strong>HIM</strong>-Interview: »Die<br />

Community ist für mich wie eine Erweiterung<br />

meiner Familie geworden. So viel<br />

»<br />

Der Fetisch ist nicht nur<br />

sexuell eine zumeist sehr<br />

intime Verbindung zweier oder<br />

mehrerer Menschen, die auf<br />

Vertrauen basiert und immer<br />

tiefer geht, je mehr man sich<br />

darauf einlässt – der Fetisch ist<br />

auch eine Lebenseinstellung.<br />

Anerkennung habe ich noch nie erfahren<br />

und obwohl es Probleme gibt, sind diese<br />

Gruppen ein Rückzugsort für mich und<br />

ich fühlte mich vom ersten Moment an<br />

willkommen und aufgehoben.« So wie<br />

unsere Homosexualität ein Teil unserer<br />

Persönlichkeit ist, ist auch der Fetisch ein<br />

wichtiger Aspekt des eigenen Charakters.<br />

Es ist weit mehr als ein oberflächliches<br />

zur Schau stellen. Hartmannsgruber<br />

bringt es so auf den Punkt: »Wir stehen<br />

jeden Tag auf einer Art Bühne, jeder von<br />

uns, und wir müssen jeden Tag unsere<br />

Rollen spielen.« Gut, wenn wir im Fetisch<br />

die Masken fallen lassen dürfen,<br />

der Vorhang endlich fällt und das Licht<br />

nur noch das bestrahlt, was wirklich<br />

zählt – du. Deine Lust. Dein Erleben.<br />

Deine Freude an neuen Erfahrungen und<br />

Entdeckungen. »Am Ende ist egal, ob wir<br />

Leder, Gummi, Sportswear oder Pet-Play<br />

bevorzugen, denn wir sind alle Menschen,<br />

die tun, was sie lieben und wollen<br />

es auch zeigen. Akzeptanz fängt also in<br />

den eigenen Reihen an und wir dürfen<br />

ganz offen aufeinander zugehen und miteinander<br />

reden, denn am Ende sind wir<br />

alle ´Mensch´«, so Velox weiter. Fetisch<br />

bedeutet nie, etwas zu müssen. Fetisch<br />

bedeutet frei zu sein, vogelfrei, wohin<br />

deine Lust dich treibt. Fetisch bedeutet,<br />

zu dürfen. Die Grenzen in deinem Kopf,<br />

die enge anerzogene Moral, all das bleibt<br />

zurück, gleitet ins Dunkel des Zuschauersaals<br />

und wird hinausgetragen von der<br />

oberflächlich schnatternden Menge. Du<br />

bleibst zurück. Scheinbar allein. Doch du<br />

bist es nicht. Aus der Dunkelheit treten<br />

andere Männer, die dir freundlich gesinnt<br />

sind und dir zuflüstern: »Gehe, wohin du<br />

willst. Sei endlich frei! Wir zeigen dir den<br />

Weg.« (ms)


Fetisch 36<br />

Das Fetisch-Event Darklands<br />

öffnet seine Tore!<br />

FREUDE SCHÖNER<br />

FETISCHFUNKEN<br />

Jubel, jauchzet, jubiliert – so könnte<br />

man die Vorfreude auf Darklands zusammenfassen.<br />

Ende diesen Monats ist<br />

es endlich soweit und für eine knappe<br />

Woche verwandelt sich das belgische<br />

Antwerpen in das internationale Mekka<br />

aller Fetisch-Freunde. Das Besondere<br />

an Darklands ist dabei eine seltsam<br />

anmutende Symbiose, die doch bestens<br />

funktioniert: Hier kommen Fetischfans<br />

aus der ganzen Welt mit all ihren unterschiedlichen<br />

Interessen und Vorlieben<br />

zusammen und trotzdem fühlt sich<br />

alles immer noch wie ein großes, wunderbares<br />

Familientreffen an.<br />

Wer Darklands noch nicht kennt, kann<br />

vorschnell den Eindruck gewinnen, eine<br />

Woche lang dreht sich alles nur um Sex.<br />

Natürlich gehören Fetisch und Sex zusammen,<br />

doch es wäre schlicht falsch, das<br />

internationale Festival nur auf sexuelle<br />

Lust herunterzubrechen. Für die meisten<br />

Besucher geht es um ein Wiedersehen,<br />

spannende Gespräche, darum, neue,<br />

interessante Menschen kennenzulernen,<br />

mehr über den eigenen und andere<br />

Fetische zu entdecken und seinen eigenen<br />

Horizont zu erweitern – das alles in einer<br />

sichtlich angenehmen und sicheren Umgebung,<br />

jenseits aller Anfeindungen und<br />

Vorurteile, denen sich die Fetisch-Community<br />

bis heute stellen muss, leider auch<br />

mancherorts aus den eigenen Reihen. Bei<br />

Darklands sind alle willkommen, auch<br />

die anderenorts als »Schmuddelkinder«<br />

verschrienen Sexarbeiter oder Pornodarsteller.<br />

»Eine große Fetisch-Familie vereint<br />

sich endlich wieder in einem der kultigs-


37 Kunst | Kultur Fetisch<br />

ten Gebäude Antwerpens, das jeder Fetisch-Liebhaber<br />

kennt. Es ist ein Wochenende<br />

voller Wiedersehen von Freunden<br />

und Fetisch-Liebhabern, aber es ist auch<br />

die Zeit, in der man neue Freunde finden<br />

und Freundschaften fürs Leben schließen<br />

kann«, sagt Mr. Leather Belgien Niels.<br />

Und sein »Amtskollege«, Mr. International<br />

Rubber Pusckatt Pumera Onyx, ergänzt:<br />

»Meine Erfahrungen mit verschiedenen<br />

Fetisch-Veranstaltungen hatte ich früher<br />

hauptsächlich in den Vereinigten Staaten<br />

gemacht, und ich fand diese Veranstaltungen<br />

großartig und einzigartig. Meine<br />

Sichtweise hat sich jedoch geändert, als<br />

ich Darklands erlebte, hier gab es ein<br />

weitaus größeres Maß an Fetisch, etwas,<br />

das ich vorher noch nicht erlebt hatte.<br />

Darklands ist an sich schon eine beeindruckende<br />

Veranstaltung. Die Menschen,<br />

die Entertainer, die Anbieter, die Anfänger<br />

und die erfahrenen Kinkster, die alle<br />

an einem Ort versammelt sind, schaffen<br />

ein einzigartiges Unterfangen, weil man<br />

nicht lange suchen muss, um den Kink<br />

oder Fetisch zu finden, den man begehrt;<br />

es ist alles an einem Ort. Darklands hat<br />

einen Raum für alle Erfahrungsstufen<br />

geschaffen, in dem sich jeder willkommen<br />

und frei genug fühlt, um sich neuen Kinks<br />

und Fetischen hinzugeben, ohne verurteilt<br />

zu werden.«<br />

Darklands, ein besonderer Ort für<br />

Fetisch-Freunde weltweit<br />

Genau das betonten auch immer wieder<br />

die Macher hinter Darklands wie Organisator<br />

Jeroen Van Lievenoogen, der zudem<br />

bekräftigt: »Genießt es, habt Spaß und<br />

schafft Erinnerungen, die lange anhalten!«<br />

Damit das bestmöglich gelingt, wird<br />

es auch in diesem Jahr wieder mehrere<br />

neue Fetische, zahlreiche spannende<br />

Events und schlicht mehr als je zuvor<br />

geben. Die Bühnen werden größer ebenso<br />

wie der beliebte Vendor Markt und<br />

Mister B. feiert sein 30-jähriges Jubiläum<br />

bei Darklands, ein besonderes Highlight,<br />

das für viele spannende und interessante<br />

Momente sorgen dürfte. »Darklands wird<br />

für mich immer ein besonderer Ort sein.<br />

Als ich zum ersten Mal als Assistent hier<br />

war, war ich überwältigt von der Menge<br />

an unterschiedlichen Fetischisten, die es<br />

hier gab. Die Art, wie sie ihren Fetisch<br />

lebten und wie sie miteinander interagierten<br />

und auch mir das Gefühl gaben,<br />

sofort Teil dieser großen Gemeinschaft zu<br />

sein, war unfassbar«, schwärmt Kirk, der<br />

kurz darauf zum European Puppy 2023<br />

gewählt wurde. »Als der neue Vertreter<br />

der Community versuche ich, all die<br />

Liebe und Unterstützung weiterzugeben,<br />

die ich selbst erhalten habe. Woof! Woof!<br />

Wir sehen uns bei Darklands!«<br />

Der größte Playroom der Welt<br />

Liebe lässt sich hier tatsächlich auf unterschiedliche<br />

Arten teilen, das darf, muss<br />

aber nicht sexuell sein. Aber natürlich<br />

bekommt auch die Sexualität der Fetisch-<br />

Freunde hier genug Raum und Platz, sich<br />

zu entfalten. Dazu laden eigene Bereiche<br />

ein, beispielsweise der Bondage Dome, die<br />

Fist-Butt-Höhle, die Hardplay Area oder<br />

der Playroom, das weltweit größte Spielzimmer<br />

für schweißtreibende Momente<br />

in brandneuem Layout mit endlosen<br />

Korridoren, mehreren Labyrinthen und<br />

speziellen Räumen. Digitale Creators<br />

können sich außerdem in eigenen »Just-<br />

For-Fans«-Decks austoben und streamen,<br />

ansonsten gilt ähnlich wie in Las Vegas:<br />

Was in Darklands passiert, bleibt auch in<br />

Darklands. Auch dieses Konzept schafft<br />

in Zeiten allseits erwarteter digitaler<br />

Erreichbarkeit eine besondere Form von<br />

Safe Space. In eben solchen Räumen lässt<br />

sich dann wunderbar bei den Masterclasses<br />

mehr erfahren über den eigenen oder<br />

einen neuen Fetisch: »Die Weitergabe<br />

von Wissen in unserer Gemeinschaft<br />

ist eines unserer Hauptziele hier bei<br />

Darklands. Die Ausbilder sind entweder<br />

Profis oder erfahren in ihrem Fachgebiet«,<br />

so das Orga-Team. Jeder Kurs dauert eine<br />

Stunde und wird in englischer Sprache<br />

gehalten, die Anzahl der Plätze für jede<br />

Masterclass ist auf 25 Personen begrenzt,<br />

also Tickets bestenfalls zeitnah sichern.<br />

Die Vielfalt der Angebote ist unübertroffen:<br />

Von Harness, erotische Hypnose<br />

und Edging über Bondage in Play, dem<br />

Geheimnis von Master- und Slave-Beziehungen<br />

oder der Frage, wie wir bestmöglich<br />

unseren Kink kommunizieren,<br />

ist alles dabei. Oder wie wäre es mit<br />

einem Gefühl des Fliegens in Seilen, dem<br />

Suspension Bondage, den Schattenseiten<br />

bei Master und Sklaven oder der Lust<br />

auf Schmerzen? Immer wieder gibt es<br />

auch Angebote, die die Sicherheit bei den<br />

einzelnen Fetischen hervorheben oder<br />

auch gesundheitliche Aspekte aufgreifen.<br />

Lustvoll und witzig wird es dabei sicher<br />

auch beim Faustfick Speed Dating, einmal<br />

für Tops und einmal für Bottoms. Wir<br />

können auch alles Wichtige lernen über<br />

Fesselspiele, den perfekten Weg hinein


Fetisch<br />

38<br />

in die Leder-Community oder auch dem<br />

Impact Play. Und wir werden darüber<br />

beraten, warum Fisting vor allem auch<br />

eine Kopfsache ist und wie wir beispielsweise<br />

nur durch eine Fisting-Massage<br />

einen Mann zum Orgasmus bringen<br />

können. Auch Latexfreunde und Shibari-<br />

Interessierte kommen nicht zu kurz. Wer<br />

nach so viel Wissensvermittlung Lust auf<br />

Shopping hat, dem sei der Vendors Markt<br />

empfohlen, rund sechzig Aussteller lassen<br />

auch dein Herz mit Sicherheit höherschlagen,<br />

versprochen. Dazu kannst du<br />

dir die besten Fetisch-Fotografien des Jahres<br />

bei Morepixx sowie die spannendsten<br />

schwulen Kunstwerke der Galerie Mooi<br />

Man ansehen.<br />

Jeder Kink erfährt seine Würdigung<br />

Auch direkt für verschiedene Kinks<br />

bietet Darklands ein eigenes Programm<br />

an, zum Beispiel für Skins & Punks, Fist,<br />

Sportswear, Leather oder auch Puppy.<br />

Dazu gibt es zahlreiche Möglichkeiten bei<br />

den sogenannten Socials, also stressfreien<br />

Kennenlerntreffen, mehr über spezielle<br />

Fetische und ihre Freunde zu erfahren –<br />

von Amercian über WFSC, Naked oder<br />

neu den Hypnokink ist alles möglich.<br />

Oder wolltest du nicht längt mal wissen,<br />

was hinter dem Mumifizierungs- oder<br />

Vakuum-Fetisch steckt? Auch Superhelden-Freunde<br />

kommen ebenso auf ihre<br />

Kosten wie Zigarrenliebhaber, Trans-<br />

Menschen oder Personen mit einer Behinderung.<br />

Natürlich kann man auch bei<br />

den Youngsters reinschauen oder einmal<br />

genau nachfragen, was so ein XXL-Content<br />

Creator eigentlich so treibt. Daneben<br />

tummeln sich die Bärenfreunde direkt<br />

neben den Furry- und ABDL-Fetischisten.<br />

Und wer übrigens gleich klare Verhältnisse<br />

schaffen will, greift einfach zu den Topoder<br />

Bottom-Armbändern von Locker<br />

Gear, die direkt aufzeigen, was man beim<br />

Gegenüber erwarten kann.<br />

Bigger is better<br />

Auch anderweitig zeigt Darklands klare<br />

Kante, denn mit einer vierten riesigen<br />

Showbühne ist das Festival größer als<br />

je zuvor – manchmal ist die Größe eben<br />

doch entscheidend, oder? Die Partys auf<br />

Darklands sind sowieso legendär und<br />

immer einen Besuch wert, beispielsweise<br />

der Eröffnungsgig, die Mayhem-Party,<br />

oder auch die Fury- oder Rage- sowie<br />

Fusion-Party – hier wird es nicht nur auf<br />

der Bühne dank Flammenwerfer verdammt<br />

heiß. Wer zwischendurch seine<br />

Lippen befeuchten will, der hat die Qual<br />

der Wahl aus beinahe einem Dutzend<br />

Bars, wir empfehlen die Darkroom Bar.<br />

Lecker anderweitig speisen lässt sich


39 Fetisch<br />

Walk etwas mehr Auslauf – so ganz<br />

nebenbei übrigens der größte Puppy-Spaziergang<br />

der Welt. Bleibt das Hündchen<br />

zu lange weg, kann man es sich bei den<br />

Drag Shows im House Of Riegillio gutgehen<br />

lassen. Oder man besucht eine der<br />

zahlreichen Game Shows, beispielsweise<br />

Kink Master, Kinky Blind Date oder den<br />

Toy Time Twister, bei dem sich halbnackte<br />

Jungs gerne genüsslich verrenken. Drei<br />

Tage lang werden zudem auch internationale<br />

Pornostars dem Publikum einheizen,<br />

zugesagt haben unter anderem bereits<br />

Alex Tikas, Hungerff, Jafar, Marc Angelo,<br />

Wolf Rayet sowie Santi Noguera. Ein<br />

anderes Highlight dürfte die Verleihung<br />

der X-Awards in über zehn Kategorien<br />

werden, darunter Person, Event, Party<br />

oder auch Fetisch Pornostar des Jahres.<br />

Und natürlich wird an anderer Stelle<br />

auch unter anderem der neue Mr. Leather<br />

Belgien, der Mr. Fetish World sowie der<br />

Mr. Superhero International 2024 gekürt<br />

werden. Abschließend stelle dir vor, all<br />

das, wovon wir dir eben berichtet haben,<br />

macht immer noch nur einen kleinen Teil<br />

von Darklands aus. Verstehst du es jetzt?<br />

Darklands ist grenzenlos und schafft<br />

Raum für viele neue Erfahrungen. (jh)<br />

natürlich auch im Darklands Restaurant<br />

– es gibt zudem mehrere besondere<br />

Dinner-Abendveranstaltungen sowie<br />

den bereits berühmten Fetisch-Brunch<br />

am Sonntagmittag. Auch an Vegetarier<br />

wurde gedacht. Ein besonderes Highlight<br />

dürfte dabei natürlich das Jubiläumsdinner<br />

von Mister B. werden inklusive<br />

Risotto mit Waldpilzen und Scampi, einer<br />

Entenpastete, Kalbsrücken mit Estragon,<br />

belgischen Pommes Frites sowie einem<br />

Rindergulasch. Zum Abschluss gibt es<br />

ein Zitronen-Törtchen und spätestens<br />

dann kann man sich bei Mister B. auch<br />

gleich mit neuen, größeren Fetisch-Klamotten<br />

eindecken. Mindestens genauso<br />

lecker wird es sicherlich auch beim Skins<br />

& Punks BBQ – es gibt soviel Fleisch, wie<br />

man will. Den Rest überlassen wir eurer<br />

Fantasie. Frische Luft kann man übrigens<br />

auch außerhalb der berühmten Messehalle<br />

Waagnatie bei der Fetisch-Städteführung<br />

durch Antwerpen schnuppern und<br />

entdecken, wie viel die Stadt für Fetischfans<br />

auch anderweitig zu bieten hat.<br />

Und für Spielfreunde gibt es das Big Charity<br />

Quiz oder auch das Camp as Feck Musik-Bingo.<br />

Deinen menschlichen Puppy<br />

kannst du übrigens solange ins Bällebad<br />

beim Mr-S Camp K9 schicken, ihn seine<br />

Wendigkeit beim Puppy Soccer beweisen<br />

lassen oder du gönnst ihm beim Puppy<br />

DARKLANDS FESTIVAL<br />

27. Februar bis 04. März 2024<br />

Antwerpen<br />

Tickets und mehr unter:<br />

https://darklands.be


Lifestyle 40<br />

HART, DRECKIG, SPRITZIG UND<br />

AUS ALLEN ROHREN FEUERND!<br />

SO WIE DU ES BRAUCHST!<br />

EIN KUSS MIT FOLGEN<br />

Mit einem Knall im doppelten Sinn startete<br />

im Januar für Millionen Amerikaner<br />

das neue Jahr - beim berühmten Silvesterball<br />

Drop in New York City zeigte CNN<br />

zum Jahreswechsel ein junges schwules<br />

Paar, das sich leidenschaftlich küsste.<br />

Skandal! Natürlich! Nebst viel Freude und<br />

Lob hagelte es auch massiv digitale Hetze<br />

an dem Liebesbeweis, dabei schreckten<br />

die Hater auch vor Absurditäten nicht<br />

zurück – einige waren sich sogar sicher,<br />

dahinter stecke eine »psychologische<br />

Geheimoperation«, um ganz Amerika zu<br />

erschüttern. Konservative Eltern mussten<br />

zuhause an den TV-Bildschirmen angeblich<br />

ihre verstörten Kinder beruhigen.<br />

Die beiden frisch verliebten Jungs, Jake<br />

Eriksson und Corin Christian, nahmen<br />

es glücklicherweise hingegen gelassen<br />

und erklärten: »Wir hoffen, dass unsere<br />

Erfahrung schwule Jugendliche dazu<br />

inspirieren kann, immer sie selbst zu sein.<br />

Wir zwei sind glücklich und verliebt,<br />

egal, woher die Kritik kommt. Und an alle<br />

schwulen Paare da draußen: Liebt euren<br />

Partner mit allem, was ihr habt!«<br />

EIN BÜCHLEIN MIT<br />

FOLGEN<br />

Ende des Jahres 2023 erklärte Papst<br />

Franziskus überraschend, Segnungen von<br />

Schwulen seien jetzt in Ordnung, solange<br />

sie nicht irgendwie an eine Ehe erinnern,<br />

denn das bleibt den Sündern weiter verwehrt.<br />

Trotzdem laufen seitdem vor allem<br />

Bischöfe aus Afrika mit Inbrunst dagegen<br />

an, denn Homosexualität stehe »im<br />

Widerspruch zum Willen Gottes« und sei<br />

auch weiterhin abscheulich. Für besonderen<br />

Gesprächsstoff sorgt dann aktuell<br />

noch ein kleines Büchlein, das die rechte<br />

Hand des Papstes, Kardinal Victor Manuel<br />

Fernandez, vor 26 Jahren geschrieben hat.<br />

Längst vergriffen, wurde es jetzt wieder<br />

ausgebuddelt, denn darin beschreibt der<br />

junge Priester die Sinnlichkeit und Wonnen<br />

von Orgasmen und wie sehr diese<br />

ein »erhabener Akt der Anbetung Gottes«<br />

seien. Wenn das stimmt, muss die Geschichte<br />

neu geschrieben werden, denn<br />

dann gehören Schwule mit Abstand zu<br />

den tiefgläubigsten Menschen der Welt.<br />

EIN STERNCHEN MIT<br />

FOLGEN<br />

War es wirklich eine freie Entscheidung?<br />

Nicht ganz, wahrscheinlich. Der Berliner<br />

Tagesspiegel zieht offenbar die Notbremse<br />

und will im neuen Jahr vom Gendern<br />

ablassen, nachdem sich zahlreiche<br />

Abo-Kunden beschwert haben und die<br />

Verkaufszahlen um rund neun Prozent<br />

(Quelle Statista) seit der Einführung der<br />

sogenannten »geschlechtergerechten<br />

Sprache« zurückgegangen sind. Die Chefredaktion<br />

erklärte, für die Leser habe sich<br />

die »nachvollziehbare Verwendung« nicht<br />

herausgebildet. Im letzten Jahr machte<br />

bereits der WDR eine Kehrtwende beim<br />

Thema Gendern. Übrigens lehnt nach wie<br />

vor der Großteil der Deutschen insgesamt<br />

sowie auch der Frauen, der jungen<br />

Generation Z und der LGBTQ-Community<br />

die Gender-Sprache ab. Für 85 Prozent<br />

der Bürger ist dies nur ein »auferlegtes<br />

sprachliches Korsett« (MDR-Umfrage), politisch<br />

motiviert und schlechter verständlich.<br />

Für einige Medienmacher kommt das<br />

Nein zum Gendern dabei trotzdem immer<br />

wieder offenbar sehr überraschend.


41 Lifestyle<br />

präsentiert<br />

PERSON DES MONATS<br />

KIRK<br />

Alter: 33 (am 03. Februar – Happy<br />

Birthday!)<br />

Wo lebst du? Madrid & Lanzarote<br />

Titelträger European Puppy 2023,<br />

Mr. Puppy Spain 2022<br />

YouTube @ BarkNBones<br />

Instagram, X, Only Fans, Telegram<br />

@pupkirk<br />

TikTok, YouTube, Twitch<br />

@ BarkNPlay<br />

Warum darf man deine Arbeit keineswegs<br />

verpassen?<br />

Ich arbeite für die Fetisch- und Petplay-<br />

Community und bringe mein Wissen auf<br />

der Bühne und meine Performance-Fähigkeiten<br />

ein. Ich bin ein professioneller<br />

Tänzer und Choreograf und helfe bei der<br />

Organisation von Veranstaltungen. Ich<br />

habe auch meine eigene Veranstaltung<br />

namens LuperKalia Fetish, wo wir auch<br />

die Puppy Spain-Wahl veranstalten. Mein<br />

Ziel ist es, dass jeder mit einbezogen und<br />

herzlich willkommen ist, unabhängig von<br />

Alter, Geschlecht, sexueller Orientierung,<br />

Geschlecht, Rasse oder Behinderung.<br />

Dein bisher bester Tag – und warum?<br />

Mein schönster Tag als Künstler war,<br />

als ich für eine der wichtigsten Tanzschulen<br />

der Welt vorgesprochen habe.<br />

Es war eine Woche voller Erfahrungen<br />

und neuer Menschen, und ich wurde<br />

angenommen. Drei Jahre lang lebte ich<br />

in Salzburg, wo ich nicht nur als Tänzer<br />

und Choreograf viel lernte, sondern auch<br />

über mich selbst und darüber, wie sich<br />

meine Wahrnehmung von dem, was mich<br />

umgibt, verändert hat. In der Fetischszene<br />

war mein bester Tag vielleicht der, als<br />

ich auf der Bühne von Darklands für den<br />

europäischen Titel Puppy 2023 auftrat.<br />

Im Oktober habe ich auch meinen ersten<br />

Song »Pup Party« auf YouTube hochgeladen,<br />

dessen Aufnahme viel Spaß gemacht<br />

hat.<br />

Was liebst Du an der Gay-Community?<br />

Als Menschen, die viele verschiedene<br />

Situationen »überleben« mussten, die Versionen<br />

von sich selbst erschaffen mussten,<br />

um in eine »normative Welt« zu passen<br />

und analysieren mussten, wann und wie<br />

wir uns überhaupt zeigen können, wie<br />

wir wirklich sind, liebe ich unsere heutige<br />

Freiheit! Als ich endlich all diese Ängste<br />

hinter mir lassen konnte, zusammen mit<br />

den Menschen, die mich verletzt haben,<br />

nur weil ich so bin, wie ich wirklich bin,<br />

und ich daraufhin endlich eine vollständige<br />

und echte Version meiner selbst werden<br />

konnte, fand ich plötzlich eine ganze<br />

Welt von Menschen vor, die so waren wie<br />

ich. Ich habe so viel von diesen Menschen<br />

gelernt, und es macht mich stolz zu sehen,<br />

wie sie alle dorthin gekommen sind, wo<br />

sie jetzt sind.<br />

Was stört dich an der Community?<br />

Wir sind immer noch irgendwie gespalten.<br />

Ich weiß, dass die Community<br />

in bestimmten Situationen sehr wenig<br />

Einfühlungsvermögen gegenüber<br />

Menschen mit einer bestimmten Rasse,<br />

einem bestimmten Image oder einem<br />

bestimmten Körpertyp zeigt. Als Teil der<br />

schwulen Gemeinschaft fühle ich auch<br />

eine zentrierte Sicht auf unsere gesamte<br />

Gemeinschaft. Man hat das Gefühl, dass<br />

die schwule Gemeinschaft die wichtigste<br />

und bedeutendste ist, sei es durch Namen<br />

(»Gay Pride« anstatt einem inklusiveren<br />

Begriff) oder durch Partys.<br />

Dein Geheimtipp aus deiner Stadt<br />

für schwule Jungs?<br />

Madrid, wo ich die meiste Zeit des Jahres<br />

lebe, ist eine ziemlich integrative Stadt. In<br />

Chueca, dem LGBT+-Viertel, gibt es viele<br />

Bars, Geschäfte, Shows und eine Menge<br />

Leute aus verschiedenen Ländern. Es ist<br />

ein Ort für alle und sehr einladend.<br />

Top oder Bottom?<br />

Ich bin ein Top, aber Penetration ist für<br />

mich kein Muss. Normalerweise bevorzuge<br />

ich andere Dinge wie Exhibitionismus,<br />

Outdoor, Oralsex und vieles mehr. Ich<br />

hoffe, dass diese Antwort am Ende dieses<br />

Jahres nicht mehr gilt, denn ich übe mich<br />

derzeit darin, auch ein guter Bottom zu<br />

werden.<br />

Eine erotische Sünde, die Du jedem<br />

empfehlen kannst?<br />

Für mich ist das Erwischt werden, das<br />

Draußensein und der Exhibitionismus<br />

wichtige Themen in meinem Sexualleben,<br />

und vielleicht ist das ein Grund, warum<br />

ich Only Fans habe. Diese Aufmerksamkeit<br />

löst ein gewisses Adrenalin aus, das<br />

durch meinen ganzen Körper fließt und<br />

mich manchmal die Kontrolle verlieren<br />

lässt.<br />

Wie leicht ist es, Männer mit Hilfe<br />

deiner Arbeit ins Bett zu bekommen?<br />

Es kann extrem einfach sein, aber auch<br />

etwas, das das Gespräch schnell abwürgt.<br />

Ein Puppy zu sein, ist etwas, das nicht jeder<br />

versteht. Bei denen, die es verstehen,<br />

ist es durchaus hilfreich, wenn man wie<br />

ich einen Otter-Körper hat und ein Puppy<br />

und Tänzer ist. Die Größe meines Schwanzes<br />

hilft auch, wenn ich ehrlich bin.<br />

Was sollten wir unbedingt noch über<br />

dich wissen?<br />

Ich kann mit Arbeit und Privatleben beschäftigt<br />

sein, aber ich bin immer offen<br />

für ein Gespräch. Ich bin sehr freundlich<br />

und lerne gerne neue Leute bei Veranstaltungen<br />

kennen. Manchmal denken<br />

die Leute, dass man als Titelträger nicht<br />

daran interessiert ist, mit ihnen zu reden,<br />

aber das ist nicht so. Ich bin sehr dankbar<br />

für all die Unterstützung, die ich erhalten<br />

habe, seit ich der Puppy-Community beigetreten<br />

bin, und ich hoffe, dass ich mit<br />

all ihrem Vertrauen und ihrer Unterstützung<br />

weiter wachsen und arbeiten kann.<br />

Du kennst jemanden, der für Dich auch<br />

eine ganz besondere Persönlichkeit aus<br />

der Gay-Community ist?<br />

Dann schreib´ uns! Wir freuen uns über<br />

deine Nachricht an<br />

redaktion@queeremedien.de


Lifestyle<br />

42<br />

Wie sicher können Schwule<br />

2024 wohin reisen?<br />

REISELUST ODER<br />

REISEFRUST<br />

Wer länger als zehn Minuten in diesen Tagen aus<br />

dem Fenster blickt, kann sehr schnell all seine Lebensfreude<br />

vergessen – mag es mancherorts noch<br />

einfach wunderschön winterlich sonnig sein, so<br />

zeigt sich in Städten wie Berlin oder Hamburg zumeist<br />

ein anderes Bild: Grau, Grauer, da geht noch<br />

mehr, oder? Nichts als weg, gedanklich zumindest<br />

sofort, und mit etwas Planung dann auch bald im<br />

echten Leben. Hinaus in die Sonne, frische Luft<br />

tanken, ein saftiges Eis erblicken und sexy Kerle lecken<br />

– oder war es andersherum? Man kann bei all<br />

den schönen Fantasien rund um Sonne und Meer<br />

schon durcheinanderkommen.


43 Lifestyle<br />

Wie sicher ist mein Traumziel?<br />

Kurz bevor wir gedanklich vollends in<br />

die Arme eines nackten Kerls am Strand<br />

fallen, sollten wir noch einmal versuchen,<br />

einen kühlen Kopf zu bewahren und uns<br />

zuvor vergewissern, dass unser Urlaubsdomizil<br />

auch wirklich richtig für uns ist.<br />

Rund 41 Prozent der Deutschen legen<br />

auf Sicherheit sehr großen Wert in ihrem<br />

Urlaub (Quelle Statista), da sollten schwule<br />

Jungs nicht hintenanstehen. Also, vor<br />

der Urlaubsplanung für 2024 lasst uns<br />

checken, wo ihr überhaupt sicher unterwegs<br />

seid. Oder kann man als schwuler<br />

Mann auch auf Risiko gehen und in ein<br />

Land reisen, in dem Schwule bis heute<br />

kriminalisiert werden? Wer den Thrill<br />

will, gerne, bitteschön. Sinnvoll ist das<br />

eigentlich gleich aus mehreren Aspekten<br />

heraus nicht: Zum einen dürfte das Ziel<br />

für die allermeisten Jungs im Urlaub sein,<br />

zu entspannen, sei das nun allein, mit<br />

Freunden oder dem Liebsten. Doch wie<br />

will man sich wirklich entspannen, Kraft<br />

tanken und einfach loslassen, wenn man<br />

ständig in Hab-Acht-Stellung sein muss?<br />

Noch brenzlicher wird die Lage, wenn<br />

man mit seinem Freund unterwegs ist –<br />

Händchenhalten, ein flüchtiger Kuss, eine<br />

Geste, die mehr offenbart, als sie sollte?<br />

Vergessen ist auch schnell ein sexy Flirt,<br />

wenn man als Single an gefährlichen<br />

Orten unterwegs ist. Zum anderen darf<br />

man sich als schwuler Mann durchaus<br />

auch die Frage stellen, ob wir freiwillig in<br />

einem Land Urlaub machen und viel Geld<br />

dort lassen wollen, das Homosexuelle nur<br />

aufgrund ihrer Sexualität jagt, einsperrt,<br />

verurteilt oder sogar hinrichtet. Gibt es<br />

nicht genug andere Länder, die unser Geld<br />

»verdient« haben, weil wir hier nämlich<br />

auch sein dürfen, wie wir sind?<br />

In rund 70 Staaten weltweit werden<br />

Schwule noch immer strafrechtlich verfolgt<br />

oder kriminalisiert, in rund einem<br />

Dutzend droht tatsächlich noch die Todesstrafe.<br />

Und viele Länder machen auch vor<br />

Urlaubern keinen Halt, der »Ich bin doch<br />

nur zu Besuch«-Bonus zieht nur sehr selten<br />

als Ausrede. Mehrere Organisationen<br />

haben sich ausführlich mit der Sicherheitslage<br />

von Urlaubsländern für schwule<br />

Männer befasst – drei davon haben wir<br />

uns für 2024 näher angesehen. In allen<br />

Fällen fließen dabei zahlreiche Aspekte<br />

in die Bewertung und Einstufung der<br />

Länder ein, dazu gehört neben der bereits<br />

erwähnten Gesetzeslage die generelle<br />

Akzeptanz von Homosexuellen in der<br />

Gesellschaft, auch in puncto Homo-Ehe,<br />

aber auch Bereiche wie ein schwulenfreundliches<br />

Nachtleben, sichere Hotels<br />

und Städte, mögliche Gay-Events, Sehenswürdigkeiten<br />

auch für Schwule, Antidiskriminierungsgesetze<br />

für die sexuelle<br />

Orientierung oder auch Themen wie eine<br />

gesundheitliche Gesamtversorgung, auch<br />

für PrEP-Konsumenten oder Menschen<br />

mit HIV. Dazu kommt auch die wichtige<br />

Frage, wie einzelne Länder beim Thema<br />

Hassreden oder Hassverbrechen aufgestellt<br />

sind.<br />

Beim TUI-LGBTQIA+Travel Ranking<br />

konzentrierte man sich auf Reiseziele<br />

in Europa. Die Reiseexperten betonen<br />

dabei gleich zu Beginn, wie wichtig es ist,<br />

sich gerade von der Rechtslage im Land<br />

vorab ein Bild zu machen – Unwissenheit<br />

schützt vor Strafe nicht. Dabei kann<br />

es auch sinnvoll sein, abzuchecken, wie<br />

offen die Gesellschaft generell gegenüber<br />

Schwulen eingestellt ist, denn in vielen<br />

Ländern auch in Europa lehnt die Mehrheit<br />

der Bevölkerung zum Beispiel eben<br />

jene offenen Liebesbekundungen wie<br />

Küssen oder einen Spaziergang Hand in<br />

Hand nach wie vor ab (Ipsos Studie). Im<br />

europäischen Durchschnitt befürworten<br />

das gerade einmal rund 37 Prozent. TUI<br />

hat dabei ein Ranking der 40 besten Reiseziele<br />

in Europa erstellt und amüsanter<br />

Weise befindet sich auf dem ersten Platz<br />

genau jene Stadt, vor dessen Grau wir<br />

eigentlich flüchten wollen: Berlin. Lassen<br />

wir die deutschen Städte mal außen vor<br />

sowie auch die hässlichen (keiner möchte<br />

nach Manchester, oder?), so finden sich<br />

auf den vorderen Plätzen beispielsweise<br />

London, Amsterdam, Paris, Glasgow, Kopenhagen,<br />

Stockholm, Reykjavik, Helsinki<br />

oder Brüssel.<br />

Sonne satt und sicher – wo geht das?<br />

Nach Sonne tanken und Wärme klingt<br />

das allerdings noch nicht. Wer Lust<br />

auf Sommer- oder zumindest leichtes<br />

Frühlingsfeeling hat, der könnte in den<br />

kommenden Monaten einen Tripp nach<br />

Lissabon, Valletta, Madrid oder Barcelona<br />

buchen. Wer direkt Sandstrand und Meer<br />

braucht, der wird in Maspalomas auf der<br />

kanarischen Insel Gran Canaria ein wahres<br />

Gay-Paradies vorfinden. Hier gibt es<br />

viele Gay-Only-Resorts und -Hotels sowie<br />

diverse Clubs und Bars für die schwule<br />

Community. Ebenso immerzu sehr beliebt<br />

unter schwulen Jungs und im Ranking<br />

daher auch stark positiv vertreten sind<br />

das spanische Sitges oder auch das französische<br />

Nizza. Darauf folgen weitere Klassi-<br />

»<br />

Man darf sich als schwuler<br />

Mann durchaus auch die Frage<br />

stellen, ob wir freiwillig in einem<br />

Land Urlaub machen wollen, das<br />

Homosexuelle jagt, einsperrt,<br />

verurteilt oder sogar hinrichtet.


Lifestyle<br />

44<br />

ker wie die Algarve oder natürlich Athen<br />

und Mykonos. Ein heißer Grieche lässt<br />

unser Blut immer in Wallung geraten.<br />

Alles irgendwie ganz schön, aber nicht<br />

weit genug weg für dich? Ab in den<br />

richtigen Sommer? Wer das will, muss ein<br />

paar Stunden Flug in Kauf nehmen und<br />

dorthin reisen, wo jetzt Sommer ist – oder<br />

wo zumindest auch um diese Jahreszeit<br />

das Wetter dazu einlädt, die Badehose<br />

zu zücken. Immer wieder lohnt hier ein<br />

Blick auf den »LGBTQ+Travel Safety<br />

Index« der prominenten Reisejournalisten<br />

Asher und Lyric Fergusson. Ihre Top-<br />

15-Liste liest sich so: Kanada, Schweden,<br />

Niederlande, Malta, Norwegen, Portugal,<br />

Spanien, Dänemark, Belgien, Großbritannien,<br />

Frankreich, Island, Schweiz, Irland<br />

und Luxemburg. Erst auf dem sechsten<br />

Platz kommt das erste Land, das uns jetzt<br />

Sommer versprechen kann: Südafrika.<br />

Danach im Ranking findet sich übrigens<br />

Deutschland. Zu den weiteren fernen<br />

Reisezielen mit Badehosen-Garantie zählen<br />

Chile, Uruguay, Australien oder auch<br />

Neuseeland. Danach sackt die Bewertung<br />

bereits ein Level (B) ab und es folgen unter<br />

anderem wärmere Länder wie Kuba,<br />

Argentinien, Costa Rica, Andorra oder<br />

Puerto Rico.<br />

Traumstrände, heiße Sonne – und<br />

Hassgesetze gegen Schwule<br />

Die Liste der Länder, denen man definitiv<br />

keinen Besuch abstatten sollte, ist indes<br />

deutlich länger, ganz unten im Ranking<br />

befinden sich so unter anderem Brunei,<br />

Saudi-Arabien, Nigeria, Uganda, Kuwait<br />

oder aber auch tatsächlich immer wieder<br />

durchaus von vielen Schwulen angedachte<br />

Urlaubsziele wie Ägypten, Malaysia,<br />

Tunesien, Marokko und auch die Malediven,<br />

Barbados sowie Jamaika. Wie fast<br />

alle anderen Länder im Nahen Osten<br />

sowie in Afrika finden sie sich im schlechtesten<br />

Level (F). Das deckt sich stark mit<br />

der Forbes-Liste „20 Lowest Ranked<br />

Countries for LGBT Travelers“, aufgeteilt<br />

nach einzelnen Regionen. Abermals ganz<br />

unten findet sich hier das südostasiatische<br />

Land Brunei, das erst 2019 ein Gesetz<br />

erlassen hat, demnach Schwule mit der<br />

Hinrichtung durch Steinigung bestraft<br />

werden. Für die bekannte Gay-Reiseexpertin<br />

Christine Diaz ist diese konservative<br />

Auffassung von Sexualität ein Spiegelbild<br />

der gesamten islamischen Kultur, die<br />

viele Teile von Südostasien durchdringt.<br />

Diaz und ihre Partnerin Kirstie Pike, mit<br />

der sie die auf Frauen ausgerichtete Reisemarke<br />

„On Airplane Mode“ gegründet hat,<br />

erlebten dies am eigenen Leib, als sie wegen<br />

eines Passproblems fast einen Monat<br />

lang in Malaysia festsaßen.<br />

Nach Brunei stufte Forbes ebenso Saudi-<br />

Arabien als das zweitunsicherste Land<br />

für schwule Reisende ein. Es ist eines von<br />

sechs Ländern des Nahen Ostens, die es<br />

auf diese Negativ-Hitliste geschafft haben,<br />

zusammen mit Kuwait, den Vereinigten<br />

Arabischen Emiraten, Jemen, Oman und<br />

Katar. So schön einige kulturelle Stätten<br />

dort auch sein mögen, die Reiseexperten<br />

von Forbes raten dazu, Homosexualität<br />

nur diskret hinter verschlossenen Türen<br />

zu betreiben. Ein Experte sagt dabei ganz<br />

klar: „Ich würde nicht auf Grindr gehen<br />

und versuchen, etwas zu finden. Und<br />

mit Freund oder Ehemann würde ich<br />

nur anreisen, wenn man zwei getrennte<br />

Hotelzimmer bucht.“ Und einmal mehr<br />

stellt sich dabei die Frage: Ist es das, was<br />

man sich von seinem Urlaub wirklich<br />

wünscht?


45 Lifestyle<br />

»<br />

Traumhaftes Land, aber<br />

getrennte Hotelzimmer für sich<br />

und den Liebsten? Ist es das, was<br />

man sich von seinem Urlaub<br />

wirklich wünscht?<br />

Von allen Regionen auf der Forbes-Liste<br />

ist Afrika mit neun Einträgen am häufigsten<br />

vertreten: Nigeria, Malawi, Sudan,<br />

Libyen, Mauretanien, Somalia, Gambia,<br />

Tansania und Südsudan. Im nächsten<br />

Ranking dürfte es dabei mit Sicherheit<br />

auch Uganda auf die Liste schaffen – das<br />

Land führte im Sommer letzten Jahres<br />

die Todesstrafe für homosexuelle Handlungen<br />

ein und bestraft seitdem auch alle<br />

jene, die Schwulen einfach nur helfen<br />

wollen. Die Konsequenzen für Homosexualität<br />

sind in Afrika unterschiedlich<br />

schwerwiegend, nehmen aber generell<br />

an Radikalität seit einigen Jahren wieder<br />

zu. In Ländern wie Südsudan, Tansania,<br />

Tonga, Gambia oder dem Sudan werden<br />

Homosexuelle mit Haftstrafen von<br />

fünf Jahren bis lebenslänglich bestraft.<br />

Andere Länder wie Nigeria und Somalia<br />

verhängen Todesstrafen und versuchen<br />

gerade, ihre Gesetze denen von Uganda<br />

anzugleichen und sie damit weiter zu verschärfen.<br />

Wer also tatsächlich Urlaub auf<br />

dem Kontinent machen möchte, kann nur<br />

in Südafrika relativ sicher sein, wie auch<br />

Forbes bestätigt. In bevölkerungsreichen<br />

Städten wie Johannesburg und Kapstadt<br />

gibt es eine lebendige und vielfältige Gay-<br />

Community.<br />

Der nächste Blick geht nach Asien, hier<br />

hat es ein Land auf die Forbes-Liste der<br />

unsicheren Länder geschafft – Afghanistan.<br />

Seit der erneuten Machtübernahme<br />

der Taliban im August 2021 wird hier<br />

systematisch Jagd auf Schwule gemacht.<br />

Als Urlaubsland scheint es aber auch<br />

zuvor kaum in Frage gekommen zu sein.<br />

Überraschender mag da sein, dass auch<br />

einige andere asiatische Länder relativ<br />

schlecht im Ranking abgeschnitten<br />

haben, beispielsweise Südkorea oder auch<br />

Japan. „Ich denke, das liegt vor allem daran,<br />

dass Japan und Korea zwar beide sehr<br />

modern und westlich orientiert sind, aber<br />

dennoch eine sehr konservative Gesellschaft<br />

haben. Alles, was wirklich auffällig<br />

ist, wird in der Regel nicht so akzeptiert<br />

wie in den meisten anderen westlichen<br />

Ländern wie den USA und den meisten<br />

Ländern Europas“, so einer der Forbes-Asien-Experten.<br />

Die Sitten zu respektieren,<br />

sei hier definitiv Pflicht, außerdem wird<br />

es auch nicht gerne gesehen, seine Homosexualität<br />

beispielsweise durch Kleidung<br />

(Regenbogenfarben) offen zur Schau zu<br />

stellen.<br />

In Lateinamerika schafft es dann als einziges<br />

Land der westlichen Hemisphäre<br />

Guyana in Südamerika auf die Negativliste.<br />

Gegenwärtig werden hier homosexuelle<br />

Handlungen von Männern mit lebenslanger<br />

Haft bestraft. Wer in dieser Region<br />

der Welt unterwegs sein will als schwuler<br />

Mann, ist in Uruguay besser aufgehoben.<br />

Bei Forbes wird zudem in der Region auch<br />

positiv Brasilien hervorgehoben, doch<br />

bleibt das Land vorerst ein gefährlicher<br />

Platz für schwule Männer – jährlich werden<br />

über 250 Morde an homosexuellen<br />

Männern hier verzeichnet. Auch beim<br />

Gewinner gleicht sich Forbes mit Blick<br />

nach Nord-Amerika den anderen Hitlisten<br />

an – Kanada ist auch hier unangefochten<br />

auf dem ersten Platz. Am Ende muss<br />

natürlich jeder selbst entscheiden, ob er<br />

Sonne satt will oder doch lieber mehr<br />

Sicherheit schätzt – so ein Winterurlaub<br />

im sonnigen Kanada kann durchaus auch<br />

seinen Reiz haben, oder? (jh)


Lifestyle<br />

46<br />

Ein Liebesfilm, genau zur richtigen Zeit<br />

SCHWULE<br />

LIEBE<br />

IN POLEN<br />

In Polen feiern Schwule seit Beginn<br />

des neuen Jahres die Zeitenwende und<br />

können sich erstmals nach acht zähen,<br />

furchtbaren Jahren unter der homophoben<br />

PiS-Regierung wieder Hoffnung<br />

auf eine bessere Zukunft machen.<br />

Nachdem Mitte Oktober die bisherige<br />

Regierung bei den Parlamentswahlen<br />

keine Mehrheit mehr hinter sich versammeln<br />

konnte, hatten die Anhänger<br />

der PiS trotzdem versucht, mit allen<br />

Mitteln die neue liberal-konservative<br />

Regierung des ehemaligen EU-Ratsvorsitzenden<br />

Donald Tusk zu verhindern<br />

oder zumindest möglichst lange hinauszuzögern.<br />

Geholfen hat alles nichts,<br />

Ende letzten Jahres wurde Tusk zum<br />

neuen Ministerpräsidenten gewählt.<br />

Nun stehen die Chancen gut, dass es<br />

noch in diesem Jahr möglicherweise<br />

ein neues Lebenspartnerschaftsgesetz<br />

für Homosexuelle geben wird. Die neue<br />

Gleichstellungsministerin Katarzyna<br />

Kotula hat ebenso bereits angekündigt,<br />

dass sie die Einführung von Gesetzen<br />

zur Anerkennung von homosexuellen<br />

Paaren zu einer Priorität machen wird.<br />

Es scheint sogar, dass man daran arbeiten<br />

will, das Recht auf Abtreibung gesetzlich<br />

zu verankern. Polen geht endlich<br />

mit kraftvollen Schritten voran und<br />

die berechtigten Hoffnungen sind groß,<br />

dass auch die »LGBT-freien Zonen« bald<br />

der Vergangenheit angehören.<br />

Der Wandel in Polen<br />

Doch die Regierung ist das eine, wie<br />

aber tickt die Gesellschaft insgesamt?<br />

Auch hier gibt es freudige Nachrichten,<br />

denn erstmals zeigte sich in der jüngsten<br />

Umfrage (Quelle Globsec), dass sich inzwischen<br />

eine knappe Mehrheit von 54<br />

Prozent der Polen für eine »Ehe für alle«<br />

ausspricht. Für das tiefgläubige, erzkatholische<br />

Polen eine Sensation – noch vor<br />

drei Jahren lagen die Zustimmungswerte<br />

bei 46 Prozent. In diesen gesellschaftlichen<br />

Wandel platzt nun ein neuer<br />

schwuler Liebesfilm aus Polen hinein,<br />

den wir schlicht einfach lieben müssen.<br />

Angekündigt als die polnische Antwort<br />

auf »Brokeback Mountain« und »Gods<br />

Own Country« hält der Film tatsächlich<br />

das, was er verspricht – und im Gegensatz<br />

zur Schäferballade aus den USA werden<br />

wir bei »Elefant« wesentlich hoffungsvoller<br />

und glücklicher am Ende aus dem<br />

Film wieder entlassen. Soviel sei vorweg<br />

verraten. Dieser Film kommt genau<br />

zur richtigen Zeit, nicht nur für Polen,<br />

sondern auch für uns, denn er macht uns<br />

Hoffnung und beschenkt uns an diesen<br />

kalt-grauen Tagen mit Zuversicht und<br />

Freude.<br />

Um was geht es?<br />

Der 22-jährige Bartek führt einen kleinen<br />

Bauernhof in den polnischen Bergen. Seit<br />

sich sein Vater aus dem Staub Richtung<br />

Amerika gemacht hat, ist er gezwungenermaßen<br />

das Familienoberhaupt und<br />

muss für seine kränkliche Mutter da sein,<br />

die einen starken Hang zum Alkoholismus<br />

hat. Frei fühlt er sich nur, wenn er Zeit<br />

mit seinen geliebten Pferden verbringen<br />

kann – dann reitet er über die Felder, immer<br />

weiter, immer schneller und ein Lachen<br />

huscht über sein schlankes Gesicht.


47 Lifestyle<br />

Er träumt davon, ein Gestüt aufzubauen,<br />

während seine Mutter eindringlich vor<br />

den Träumereien warnt, denn die Zeiten<br />

sind schlecht und bald müssten wohl die<br />

Pferde verkauft werden. Immer wieder<br />

versucht sie, ihren Jungen emotional zu<br />

erpressen und ihn an sich zu binden, ihn<br />

zu halten, hier im Nirgendwo Polens. Mit<br />

Argwohn blickt sie so auch unwissend<br />

auf Bartek, als dieser nach seinem ersten<br />

Sex mit einem schwulen Mann am nächsten<br />

Morgen beim Ausmisten des Pferdestalls<br />

mit einem Strahlen im Gesicht zu<br />

Musik aus den Kopfhörern tanzt.<br />

Wer dieser Mann ist? Sein Name ist<br />

Dawid, der lange verschollene Nachbarsjunge,<br />

der nach dem Tod des Vaters<br />

zurück ins Dorf kommt, allerdings nur,<br />

um das Grundstück schnellstmöglich zu<br />

verkaufen. Er selbst floh vor fünfzehn<br />

Jahren vor der konservativen Doppelmoral<br />

und den homophoben Sprüchen des<br />

ländlichen Polens. Und während er heute<br />

selbstbewusst zur Tat schreitet, wirbelt<br />

er so scheinbar ganz nebenbei auch das<br />

geordnete Leben von Bartek und sein von<br />

Pflichterfüllung geprägten Alltag ordentlich<br />

durcheinander. Als dann noch seine<br />

schwangere Schwester wieder vor der<br />

Tür steht, verlassen von ihrem Freund<br />

in Norwegen, stellt sich für den jungen<br />

schwulen Mann die Frage, wie er sein<br />

Leben künftig gestalten will – entscheidet<br />

er sich für ein Leben für die Familie<br />

oder wagt er das große Abenteuer und ist<br />

bereit, dem jungen Dawid in die Stadt zu<br />

folgen? Und wie steht es eigentlich um<br />

seine Gefühle? Ist es bereits Liebe, was die<br />

beiden jungen Männer da miteinander<br />

teilen?<br />

»Elefant« erzählt uns von der ersten großen<br />

Liebe und der Selbstwerdung eines<br />

jungen schwulen Mannes, eingerahmt<br />

in eine raue und atemberaubend schöne<br />

polnische Landschaft, gedreht an Originalschauplätzen<br />

am Fuße des Tatra-Gebirges.<br />

Man kann es kaum glauben, dass es<br />

sich hierbei um ein Spielfilmdebüt eines<br />

jungen Regisseurs handelt – sein Name:<br />

Kamil Krawczycki. Der junge Kreative,<br />

Jahrgang 1990, lässt dabei offensichtlich<br />

auch Autobiografisches in sein Werk<br />

einfließen: »In meinem Film kehre ich<br />

in meine Heimatstadt im Süden Polens<br />

zurück. Es ist eine Region mit einer atemberaubenden<br />

Natur, aber für Schwule<br />

und Lesben ist es ziemlich schwer, dort<br />

zu leben. Der Film erzählt die Geschichte<br />

von einem jungen Mann, der zum Oberhaupt<br />

der Familie wird, nachdem sein<br />

Vater abgehauen ist und die Mutter eine<br />

Art Zusammenbruch hatte. Die Verpflichtungen<br />

innerhalb der Familie engen seine<br />

Freiheit ein, sein eigentliches Begehren<br />

muss er verbergen. Ich wollte eine Figur<br />

zeichnen, die verletzlich und stark zugleich<br />

ist. Ich weiß, dass sich viele queere<br />

Menschen in Polen damit identifizieren<br />

können. Mit dieser Geschichte möchte ich<br />

Ihnen meinen Tribut zollen – und ihnen<br />

ein wenig Hoffnung geben, denn Hoffnung<br />

können wir in Polen gerade sehr gut<br />

gebrauchen.«<br />

Das ist Krawczycki grandios gelungen<br />

und so lässt er uns sehr einfühlsam auch<br />

an den sehr intimen Sexszenen der beiden<br />

jungen Männer teilhaben – augenblicklich<br />

verlieben wir uns in sie. Und leben<br />

all die Hochs und Tiefs mit, beispielsweise,<br />

als die homophobe Dorfjugend<br />

das schwule Paar immer wieder verbal<br />

attackiert. Doch trotz so manchen ernsten<br />

Szenen behält der Film seine Hoffnung<br />

stets bei sich und mündet in ein wunderbares<br />

Finale, das uns strahlen lässt. Dazu<br />

beschenkt er uns mit ganz besonderen<br />

Szenen, die uns zu Tränen rühren, beispielsweise,<br />

wenn Bartek sich gegenüber<br />

der freundlichen Nachbarin gewissermaßen<br />

outet. Sie drückt ihm schließlich eine<br />

kleine Elefantenfigur in die Hand und<br />

erklärt ihm, er könne alles sein, auch ein<br />

Elefant, und sie hätte kein Problem damit.<br />

Ohne es direkt auszusprechen, ist beiden<br />

dabei klar, um was es wirklich geht, denn<br />

die Homosexualität des jungen Polen<br />

steht unübersehbar wie ein Elefant im<br />

Raum. Eine herzerwärmende Szene, die<br />

lange nachhallt.<br />

Wir dürfen miterleben, wie die beiden<br />

jungen Männer von einer gemeinsamen,<br />

freien Zukunft träumen, zusammen in<br />

einen schwulen Club gehen und den Mut<br />

im jeweils anderen erwecken, dass eine<br />

Liebe zwischen zwei schwulen Männern<br />

tatsächlich auch in Polen bestand haben<br />

darf. Regisseur Krawczycki beweist dabei<br />

auch ein feines Händchen bei der Besetzung,<br />

denn Bartek alias Jan Hrynkiewicz<br />

sowie Dawid alias Pawel Tomaszewski<br />

dürften als Traumpaar in die polnische<br />

Filmwelt Einzug halten. Und gerade Dawid-Darsteller<br />

Tomaszewski erinnert uns<br />

mehrfach an die erotische, freche Mimik<br />

des jungen deutschen Schauspielers Max<br />

Riemelt, der uns spätestens seit »Freier<br />

Fall« (ebenso erhältlich bei Salzgeber)<br />

und seiner Rolle als schwuler Polizist<br />

nicht mehr aus dem Kopf geht. Am Ende<br />

grinsen wir über beide Ohren und wollen<br />

an die Liebe glauben, die alle Hindernisse<br />

überwindet – und wir blicken in<br />

das strahlende Gesicht von Bartek und<br />

wissen: Zwei Elefanten können die Welt<br />

verändern (jh)<br />

Die <strong>HIM</strong> REDAKTION verlost<br />

zwei DVDs von »Elefant«.<br />

Einfach E-Mail an<br />

redaktion@queeremedien.de –<br />

das Los entscheidet.<br />

Die erste große Liebe<br />

Eine Liebe, die sich echt anfühlt<br />

Zudem gelingt es Krawczycki, der auch<br />

das Drehbuch schrieb und zuvor gerade<br />

einmal zwei Kurzfilme und einige Musikvideos<br />

gedreht hat, fernab von Klischees<br />

und Stereotypen ein realistisches Bild<br />

zweier frisch verliebter junger Männer<br />

sowie auch der polnischen Gesellschaft<br />

aufzuzeigen. Einmal ist es der schmächtige<br />

und zumeist ehe stille Bartek, der<br />

Dawid neckt und herausfordert, dann<br />

wieder öffnet sich der Heimkehrer und<br />

beweist, welche tief romantischen Gefühle<br />

er hegt, wenn er am Klavier sitzend davon<br />

singt, mit seinem Liebsten die Nacht<br />

durchtanzen zu wollen. Und wer prügelt<br />

sich schlussendlich mit dem homophoben<br />

Nachbarskerl? Der eher kräftige Dawid ist<br />

es nicht…<br />

»Wir werden unsterblich sein«<br />

Mehr unter<br />

https://salzgeber.de/


Lifestyle Fetisch<br />

48<br />

DER RISS<br />

Es gibt keine Trennung zwischen LGB und TQ*<br />

und jeder, der das behauptet, ist böse, menschen-<br />

und transfeindlich. Das sind nur Stimmen<br />

einer radikalen Minderheit in der<br />

Minderheit, einer durchgeknallten<br />

Gruppe, die sich irgendwie selbst hasst<br />

und die Community und überhaupt –<br />

so oder so ähnlich schlägt einem verbal<br />

die Abneigung entgegen, wenn man<br />

laut den Verdacht äußert, dass Schwule,<br />

Lesben und Bisexuelle vielleicht gar nicht<br />

mehr so viel gemein haben mit Trans-,<br />

nicht-binären und queeren Menschen.<br />

Vereine, die standhaft schwul-lesbische<br />

Belange in den Fokus stellen, werden<br />

stante pede versucht als rechtsradikal,<br />

menschenverachtend oder generell<br />

abartig böse darzustellen. Warum<br />

eigentlich? Es gibt mehrere Verbände,<br />

die sich explizit nur<br />

für die Rechte von Transmenschen<br />

oder auch von<br />

nicht-binären sowie Inter-<br />

Personen einsetzen. Aber ein<br />

Verband, der Schwule oder<br />

Homosexuelle vertritt, das<br />

darf nicht sein?<br />

IN DER<br />

COMMUNITY<br />

Doch, natürlich, vor allem dann, wenn<br />

der Verein Schwule und Lesben nur noch<br />

im Namen oder der Begriffserklärung<br />

führt, aber inhaltlich Homosexuelle zumeist<br />

immer mehr nur noch als Randfiguren<br />

wahrnimmt. Beispiele davon gibt<br />

es genug, man muss sich nur umschauen,<br />

wer aktuell als Verein aus der Community<br />

vom Bundesfamilienministerium<br />

finanziell gefördert wird – seltsamerweise<br />

findet sich keine Gruppe darunter, die<br />

sich explizit nur für Schwule und Lesben<br />

einsetzt, sehr wohl aber Organisationen,<br />

die andere Gruppen in unserer Buchstaben-Community<br />

exklusiv vertreten. Ein<br />

falscher Eindruck? Alles Lüge? Es bleibt<br />

jedem selbst überlassen, sich einfach mal<br />

die Presseerklärungen der letzten Monate<br />

der betreffenden Vereine anzusehen.<br />

Das Traurige daran ist, dass seitens der<br />

queeren Aktivisten jeder als der Feind im<br />

eigenen Bett wahrgenommen wird, der<br />

sich nicht in allen Punkten schweigend<br />

wie eine desillusionierte alte Prostituierte<br />

verhält. Seltsamerweise erfolgt diese Extremisierung<br />

nur von Seiten der queeren<br />

Bubble. Tatsächlich schwul-lesbische<br />

Vereine betonten beinahe gebetsmühlenartig,<br />

dass sie natürlich auch für gleiche<br />

Rechte für Trans-Menschen sind, aber<br />

das eben nicht auf Kosten von Schwulen,<br />

Lesben, Frauen und Kindern. Ein Statement<br />

wie jenes, dass gerade Homosexuelle<br />

zwingend verbunden mit einer biologischen<br />

Zweigeschlechtlichkeit sind, finden<br />

wir von anderer Seite nicht. Im Gegenteil,


49 Fetisch Lifestyle<br />

jede Betonung auf eben nur zwei Geschlechter<br />

und mögliche Mischformen bei<br />

der Intersexualität, die kein eigenes neues<br />

Geschlecht darstellen, werden als zutiefst<br />

reaktionär und menschenverachtend<br />

gebrandmarkt. Zu meinem persönlichen<br />

Bedauern kann ich mich als mittelalte<br />

Lesbe noch an frühere Zeiten erinnern,<br />

jene, in denen auch Schwule und Lesben<br />

sicherlich nicht immer einer Meinung<br />

waren, doch es immer schafften, darüber<br />

sachlich zu diskutieren, einen Konsens<br />

herzustellen und zwar im gegenseitigen<br />

Respekt. In der heutigen Zeit scheint das<br />

gänzlich abhandengekommen zu sein. Die<br />

Fähigkeit zur Diskussion, gerne auch zum<br />

streitbaren aber nie verletzenden Dialog<br />

ist gänzlich verschwunden – vielleicht<br />

einfach deswegen, weil es der Gegenseite<br />

oftmals an sachlichen, nachweisbaren<br />

Argumenten fehlt? Es wird behauptet<br />

und gefühlt, man muss es eben glauben,<br />

ähnlich einer Glaubensgemeinschaft.<br />

Oder einer Sekte.<br />

Die Stimmung kippt gerade auch online<br />

immer mehr. Wer will, findet mit zwei<br />

Klicks hunderte, ja tausende Nachrichten<br />

beispielsweise von aufgebrachten Trans-<br />

Männern, also einstmals biologischen<br />

Frauen, die erklären, wir sehr sie schwule<br />

Männer hassen. Eine schreibt zum Beispiel:<br />

»Ich hasse homosexuelle cis Männer<br />

so sehr. Ich hasse sie mit einer brennenden<br />

verdammten Leidenschaft. Nehmt<br />

euren Schwanzfetisch von mir weg, ihr<br />

homosexuellen Dreckskerle.« Sie ist kein<br />

Einzelfall, bei weitem nicht. Schwule sind<br />

bereits der Feind, wenn sie eine Vorliebe<br />

für Schwänze haben – bis vor wenigen<br />

Jahren war das eigentlich die grundsätzliche<br />

Charakterisierung fast aller<br />

homosexueller Männer. Schwule Männer<br />

stehen auf andere Männer, mal klein, mal<br />

groß, mal dick, mal dünn, mal glatt, mal<br />

behaart, aber zumeist ist allen zu eigen,<br />

dass sie einen Penis haben. Aus diesem<br />

simplen Fakt wird heute ein zu hassender<br />

Schwanzfetisch, weil wohl immer noch<br />

sehr wenige Schwule etwas sexuell mit<br />

einer Person anfangen können, die sich<br />

Mann nennt, aber zwischen den Beinen<br />

eine Vagina oder eine sogenannte Penoid-<br />

Plastik hat, die mit Hilfe von Haut aus<br />

dem Unterarm oder aus dem Oberschenkel<br />

zusammengebastelt wurde, einem<br />

echten Penis schon rein optisch in fast<br />

allen Fällen allerdings nicht wirklich ähnlichsieht<br />

– von der Funktionsweise mal<br />

ganz abgesehen. Wer das nicht sexuell anziehend<br />

findet als schwuler Mann, ist also<br />

ein Dreckskerl. Ähnliches Spiel erleben<br />

viele Lesben, denen sogar ihre Gleichgeschlechtlichkeit<br />

selbst abgesprochen wird,<br />

wenn sie eine »Frau mit einem Penis«<br />

einfach nicht erotisch oder gar sexuell<br />

anziehend finden oder sich weigern, mit<br />

einer solchen Person Sex zu haben.<br />

Wie können wir also tatsächlich eine<br />

Community sein, wenn es innerhalb dieser<br />

solche extremen Angriffe gibt, die dem<br />

Gegenüber das Existenzrecht absprechen<br />

und verlangen, die eigene Sexualität umzudefinieren,<br />

sodass sie anderen passt? Es<br />

fehlt hier an jedwedem Respekt und zwar<br />

maßgeblich von Seiten der TQ*-Menschen<br />

unter uns. Natürlich nicht allen. Aber die<br />

Radikalität nimmt zu und mir scheint, damit<br />

einhergeht auch eine besondere Form<br />

von Übergriffigkeit. Eine einstmalige Lesbe,<br />

die sich jetzt als Trans-Mann definiert,<br />

schreibt so in einem Forenblog über ihre<br />

Beziehung mit einer anderen Frau: »Ich<br />

habe meiner lesbischen Freundin gesagt,<br />

dass ich trans bin. Sie sagte, sie akzeptiere<br />

mich und sie werde mich immer lieben,<br />

egal welches Geschlecht ich habe. Einen<br />

Tag später sehe ich online, dass sie sich<br />

selbst weiter als lesbisch bezeichnet. Jetzt<br />

verstehe ich nicht, ob es ein Missverständnis<br />

gab, oder ob sie mich einfach nicht als<br />

Mann akzeptiert. Ich bin ein Trans-Mann<br />

und wir sind zusammen, warum identifiziert<br />

sie sich dann immer noch als Lesbe?<br />

Ich fühle mich nicht respektiert und wirklich<br />

dysphorisch.« Man kann jetzt einfach<br />

darüber lachen, das war auch meine erste<br />

Reaktion. Die zweite war pures Entsetzen,<br />

denn neben der Dreistigkeit, von einer<br />

anderen Person zu verlangen, die sexuelle<br />

Orientierung zu negieren, steht da vor<br />

allem der Fakt, dass diese Person offenbar<br />

überhaupt nicht nachvollziehen kann,<br />

wie übergriffig ihre Aussage ist. Es fehlt an<br />

jedweden Grundverständnis, was Homosexualität<br />

ist. Vielleicht muss man es noch<br />

einmal in aller Klarheit sagen: Homosexualität<br />

ist nach aktuellem wissenschaftlichen<br />

Stand eine genetisch und (oftmals)<br />

im Mutterleib entstehende und unabänderbare<br />

Hinwendung zum gleichen Geschlecht.<br />

Es ist kein Gefühl und es obliegt<br />

keiner täglichen oder wöchentlichen Neudefinition<br />

der eigenen Identität wie bei so<br />

vielen queeren Menschen. Also ja, da gibt<br />

es ganz offensichtlich einen Unterschied<br />

zwischen LGB und TQ*. Vielleicht sei noch<br />

erwähnt, auch diese Aussage ist inhaltlich<br />

kein Einzelfall.<br />

Es bleibt am Ende das Gefühl, dass es<br />

vielen in der queeren Bubble bereits an<br />

einem Grundverständnis für Schwule<br />

und Lesben fehlt, wie sollen wir uns<br />

dann unter einer Community wirklich<br />

verbinden? Natürlich können wir für<br />

grundsätzliche Menschenrechte gemeinsam<br />

marschieren, so wie das beispielsweise<br />

auch heterosexuelle Frauen in den<br />

letzten Jahrzehnten Seite an Seite mit<br />

der Gay-Bewegung gemacht haben. Aber<br />

wir müssen doch auch anerkennen, dass<br />

es hier grundsätzliche Differenzen gibt,<br />

die zumindest seitens von Schwulen und<br />

Lesben in der Erkenntnis münden, dass<br />

die Rechte von Homosexuellen durch<br />

die einstmals eigene Community inzwischen<br />

obsolet gemacht werden sollen.<br />

Abschließend eine Anekdote eines jener<br />

großen Vereine, finanziert vom grünen<br />

Familienministerium, die schwul und<br />

lesbisch im Namen tragen, inhaltlich<br />

aber bereits anscheinend ganz woanders<br />

hin unterwegs sind: Nachdem Russland<br />

Ende letzten Jahres die LGBT-Bewegung<br />

generell als »extremistische Gruppe«<br />

definiert hat, begannen keine zwei Tage<br />

darauf die ersten Razzien und Verhaftungen<br />

in Schwulenclubs und Gay-Saunen<br />

in Moskau. Die ersten schwulen Männer<br />

wurden inhaftiert. Schwule. Schwule<br />

Männer! Jener Verband nun forderte<br />

kurz darauf die deutsche Bundesregierung<br />

in einer gemeinsamen Petition mit<br />

anderen Vereinen bezugnehmend auf<br />

das neue russische LGBT-Gesetz dazu<br />

auf, ein Aufnahmeprogramm zu starten.<br />

Für wen? Für Trans-Menschen. Denn<br />

das Gesetz sei nun einmal transfeindlich.<br />

Das stimmt mit Sicherheit auch, ist aber<br />

nur ein sehr kleiner Teil der Wahrheit.<br />

Der Riss zwischen LGB und TQ* ist längst<br />

da und das wissen auch queere Akteure.<br />

Ihr Wunsch scheint offenbar aber zu<br />

sein, dass der allergrößte Teil unserer<br />

Community schweigt, selbst wenn es<br />

gegen die eigenen Interessen geht, denn<br />

eines können queere Aktivisten nicht<br />

wollen – eine tatsächliche Spaltung der<br />

Community. Dann würde sich schlagartig<br />

offenbaren, wie klein jener laute, radikale<br />

Teil unserer Community wirklich ist. Und<br />

viele Verbände würden sich mit der Frage<br />

konfrontiert sehen, wen sie denn nun<br />

wirklich vertreten wollen – die übergroße<br />

Mehrheit unserer Community, oder doch<br />

einzelne schreiende Akteure. (mm)


Fetisch<br />

50<br />

Lustvolle Blicke auf eine vernachlässigte<br />

Region bei nackten Männern<br />

EIN RANKING DER<br />

BESONDEREN ART<br />

In der schwulen Welt gibt es Hitlisten für so ziemlich alle Gelegenheiten, vom<br />

besten Arsch über den größten Schwanz bis hin zum heißesten Cumshot.<br />

Das Pornolabel Mr.Man hat sich nun allerdings einer ganz besonderen Partie<br />

des Mannes angenommen, dem Perineum, umgangssprachlich auch Mittelfleisch<br />

oder Damm genannt. Im Englischen ist die Rede von Taints, Grundle<br />

oder Gooch. Gemeint ist dabei jene Region zwischen unserem Anus und dem<br />

Hodensack. Rimming-Freunde werden jetzt lustvoll nicken. Und in der Tat<br />

wird diesem Körperteil bis heute viel zu wenig Beachtung geschenkt, also war<br />

es wohl längstens an der Zeit, ein Ranking für diese Körperregion aufzustellen<br />

– und natürlich wurden dafür nicht irgendwelche Nobodys herangezogen,<br />

sondern zehn prominente Schauspieler. Und in der Tat gab es zahlreiche mehr<br />

oder minder prominente Herrschaften, die vor der Kamera bereits blankgezogen<br />

und ihren Damm der Weltöffentlichkeit präsentiert haben. Also, wer hat<br />

es unter die Top-10 geschafft?<br />

Platz 10<br />

James Duval in »The Doom Generation”<br />

Der häufig nackte bisexuelle James Duval<br />

hat immer wieder bewiesen, dass er ein<br />

Mann ist, der nichts zu verbergen hat. Er<br />

zeigte seinen Schwanz gleich in mehreren<br />

Filmen und bereits zu Beginn seiner<br />

Karriere offenbarte er der Welt auch<br />

sein Perineum sowie seinen sexy Arsch<br />

samt großen Eiern. Zu großem Starruhm<br />

hat es Duval allerdings nie geschafft, in<br />

Deutschland kennen wir ihn nur aus<br />

Nebenrollen in »Independence Day« (der<br />

Sohn des betrunkenen Flugzeugpiloten)<br />

sowie aus »Donnie Darko«.<br />

Platz 9<br />

Andrew Cawley in »Goodbye<br />

Seventies”<br />

Der Jungschauspieler ist hierzulande<br />

noch vollkommen unbekannt. Im Streifen<br />

»Goodbye Sventies« spielt er einen<br />

schwulen Pornostar aus den 70er Jahren,<br />

der mit dem Gesicht nach unten und weit<br />

gespreizten Beinen nackt und äußert<br />

sehenswert auf dem Bett liegt. Besondere<br />

Schauwerte hat er damit allemal bereits<br />

bewiesen.<br />

Platz 7<br />

Platz 8<br />

Christophe Paou in »Der Fremde<br />

am See«<br />

Für viele Schwule ist der französische<br />

Cruising-Film Kult, denn er taucht sehr<br />

freimütig in das Sexleben schwuler<br />

Männer ein und geizt auch nicht mit<br />

männlicher Nacktheit, allen voran auch<br />

Paou, der sich direkt am Strand nackt der<br />

Kamera entgegenstreckte.<br />

Sylvester Stallone in »Der italienische<br />

Hengst«<br />

Es war tatsächlich Stallones erste Kinorolle,<br />

sechs Jahre noch vor »Rocky«, in<br />

der uns der spätere Superstar in einem<br />

Soft-Pornostreifen sein Hinterteil samt<br />

allem drum herum präsentierte. Erst<br />

durch Stallones spätere Berühmtheit verschwand<br />

der Film nicht vollends in der<br />

Versenkung. Der Titel um den italienischen<br />

Hengst wurde ebenso nachträglich<br />

geändert, um den Streifen mit Stallones<br />

Namen darauf besser verkaufen zu<br />

können.


51 Fetisch<br />

Platz 6<br />

Platz 5<br />

Sean Paul Lockhart in »Truth«<br />

Sean Paul Lockhart ist schwulen Männern<br />

vor allem unter seinem Pseudonym<br />

Brent Corrigan ein Begriff, einer der<br />

größten schwulen Pornosuperstars bis<br />

heute. Mit 17 Jahren drehte der Jüngling<br />

einst illegal seinen ersten Hardcore-Streifen,<br />

seitdem sind Millionen Kerle seinem<br />

Blick, dem süßen Arsch samt Stern-Tattoo<br />

und auch seinem stattlichen Gemächt<br />

verfallen. Immer wieder versuchte er wie<br />

in »Truth« auch eine große Schauspielkarriere<br />

zu starten, das klappte allerdings<br />

nicht. Für uns ist er in dieser Hitliste natürlich<br />

die Nummer Eins, weswegen wir<br />

ihn gerne auch optisch hier präsentieren!<br />

Ewan McGregor in »Velvet<br />

Goldmine«<br />

Bei seinen Fans ist diese Szene absoluter<br />

Kult – ein Jahr, bevor er erstmals in »Star<br />

Wars« als Obi-Wan Kenobi zum Lichtschwert<br />

griff, präsentierte sich McGregor<br />

hier komplett nackt und streckt mitten<br />

auf der Bühne als wilder Rocker seinen<br />

Fans seinen Arsch entgegen, mehr noch,<br />

mit zwei gekonnten Handgriffen zieht<br />

er seine Arschbacken lustvoll auseinander.<br />

Scham kennt der Schauspieler, der<br />

inzwischen in Großbritannien zum Ritter<br />

geschlagen wurde, zu unserem Glück<br />

nicht – in acht Filmen präsentierte er uns<br />

bisher mit Hingabe sein Lichtschwert<br />

zwischen den Beinen.<br />

Platz 4 Platz 3<br />

Adam DeVine in »Game Over,<br />

Man! ”<br />

Der Komiker und Schauspieler ist in<br />

Deutschland hauptsächlich für seine wiederkehrende<br />

Nebenrolle in der Hit-Serie<br />

»Modern Family« bekannt, hier verkörperte<br />

er zwischenzeitlich den Freund von<br />

Hauptcharakter Haley. Der große Erfolg<br />

blieb aus, also zog DeVine mit Abschluss<br />

der Dreharbeiten der Sitcom noch im<br />

gleichen Jahr blank und entblößte in der<br />

Netflix-Komödie einmal alles: Penis, Eier<br />

und alles dazwischen.<br />

Platz 2<br />

Viggo Mortensen in »Tödliche<br />

Versprechen«<br />

Dieser Mann sollte uns allen ein Begriff<br />

sein, spätestens, seitdem er im »Herr der<br />

Ringe«-Epos zum König wurde. Im Streifen<br />

»Tödliche Versprechen« kämpft er<br />

als knallharter russischer Killer nackt in<br />

einer Männersauna mit zwei Angreifern.<br />

Dabei bleibt es nicht aus, dass wir auch<br />

mehr als einen Blick auf sein Allerheiligstes<br />

erhaschen können.<br />

Robert Ri‘chard in »Harlem”<br />

Auch dem Kalifornier verhalf seine<br />

Nacktheit nicht zu Weltruhm, in zahlreichen<br />

Serien tauchte er einmal kurz<br />

als Nebendarsteller auf, doch auch nach<br />

23 Jahren im Business gelang ihm nicht<br />

der Durchbruch, seit fast vier Jahren hat<br />

der schwarze Ri´chard gar nichts mehr<br />

gemacht. Im Film »Harlem« können wir<br />

allerdings einen kurzen Blick auf seinen<br />

Arsch erhaschen.<br />

Platz 1<br />

Wei Kai Huang in »Apostles”<br />

Wei Kai Huang dürfte hierzulande so gut wie unbekannt<br />

sein, obwohl er an Schamlosigkeit schwer zu übertreffen<br />

sein mag. Im Streifen »Apostles« spielt er einen Balletttänzer<br />

und immer wieder präsentiert er uns dabei seinen<br />

nackten Körper, inklusive eines stehenden Spagats, ein<br />

Bein Richtung Himmel, das andere am Boden. Hier bleibt<br />

dem Zuschauer definitiv nichts verborgen und lustvoll<br />

fährt die Kamera unter Regie des berühmten Regisseurs<br />

Scud, der bekannt ist für seine homoerotischen Filme,<br />

über jeden Zentimeter des Körpers. (tl /jh)<br />

Bilder @ Falconstudios


Lifestyle<br />

52<br />

Ghosting in der schwulen Dating-Welt<br />

UND AUF EINMAL<br />

WAR ER WEG<br />

Online-Ghosting ist ein zunehmend<br />

verbreitetes Phänomen in<br />

der digitalen Welt. Es verändert<br />

die Art und Weise, wie wir miteinander<br />

interagieren, extrem. In<br />

der vernetzten Welt von heute<br />

spielen soziale Netzwerke eine<br />

zentrale Rolle in unserem Alltag.<br />

Sie sind Orte der Verbindung,<br />

des Austauschs und der Selbstdarstellung.<br />

So wie sie uns zusammenbringen,<br />

können sie<br />

aber auch Quelle von Missverständnissen<br />

und Konflikten sein.<br />

Besonders schmerzhaft wird<br />

es, wenn wir in diesen digitalen<br />

Räumen auf Ablehnung stoßen<br />

oder gar blockiert werden.<br />

Genau das ist mir vor einiger Zeit<br />

passiert. Aus meinen Erfahrungen<br />

möchte ich dir ein paar Tipps<br />

geben, wie du als Betroffener<br />

besser mit Ghosting im Internet<br />

umgehen kannst.


53 Lifestyle<br />

Was ist Online-Ghosting?<br />

Online-Ghosting ist ein Phänomen, das<br />

in der heutigen digitalen Welt immer<br />

häufiger auftritt, insbesondere im Bereich<br />

des Online-Datings. Es bezieht sich auf<br />

den plötzlichen Kontaktabbruch ohne<br />

Erklärung in Beziehungen, die gerade erst<br />

begonnen haben. Das abrupte Ende der<br />

Kommunikation lässt die Betroffenen oft<br />

ratlos und verwirrt zurück. Insbesondere<br />

in der Welt des Online-Datings, wo Beziehungen<br />

oft flüchtig sind und auf elektronischer<br />

Kommunikation basieren, kann<br />

dieses Phänomen tiefgreifende emotionale<br />

Auswirkungen haben. In einer Zeit, in<br />

der digitale Beziehungen oft schnell und<br />

unverbindlich entstehen, zeigt Ghosting<br />

die Schattenseiten der leichten Zugänglichkeit<br />

und Oberflächlichkeit dieser<br />

Interaktionen. Es wird von Experten<br />

sogar als eine Form psychischer Gewalt<br />

betrachtet. Das wirft wichtige Fragen darüber<br />

auf, wie wir in unserer zunehmend<br />

digitalisierten Gesellschaft Beziehungen<br />

aufbauen und pflegen.<br />

Persönliche Erfahrungen mit Internet<br />

Ghosting<br />

Mein Partner und ich führen eine sexuell<br />

offene Beziehung. Vor einiger Zeit<br />

haben wir beide denselben Mann online<br />

kennengelernt – er über Romeo und ich<br />

bei Instagram. Was als tolle Gelegenheit<br />

begann, eine neue Freundschaft zu vertiefen,<br />

endete (zumindest für mich) in einem<br />

Wirrwarr von Emotionen und Missverständnissen.<br />

Denn die Situation wurde<br />

kompliziert, als dieser Mann uns besuchte<br />

und mit meinem Partner intim wurde.<br />

Ich fühlte gleichzeitig Neid und Eifersucht,<br />

weil ich nicht dabei sein durfte. Die<br />

daraus resultierende Spannung eskalierte<br />

schnell. Nachdem ich dem anderen in diesem<br />

Gefühlschaos meine Meinung ziemlich<br />

unverblümt mitgeteilt hatte, brach er<br />

urplötzlich den Kontakt ab. Er blockierte<br />

mich auf beiden Plattformen, auf denen<br />

wir miteinander kommunizierten. Das hat<br />

mich sehr belastet.<br />

Erste Reaktionen und Emotionen auf<br />

die Blockade<br />

Die erste Reaktion auf eine Blockierung in<br />

einem sozialen Netzwerk kann ein breites<br />

Spektrum von Emotionen umfassen. Oft<br />

erleben wir Gefühle wie Schock, Verwirrung,<br />

Traurigkeit, Verrat oder sogar Wut.<br />

Diese Reaktionen sind normal und Teil<br />

unseres natürlichen Gefühlsprozesses. In<br />

meinem eigenen Fall führte die unerwartete<br />

Blockade zu einem starken Gefühl<br />

von Verlust, Traurigkeit und Verletzung.<br />

Aber es ist normal, sich zurückgewiesen<br />

oder missverstanden zu fühlen, besonders<br />

wenn die Blockade ohne vorherige Anzeichen<br />

oder Erklärungen erfolgt. Sie wird<br />

oft als das Ende einer Beziehung oder<br />

eines Dialogs empfunden.<br />

Warum Ablehnung in sozialen Medien<br />

so schmerzhaft sein kann<br />

Obwohl digitale Interaktionen oft flüchtig<br />

sind, spielen sie eine zentrale Rolle in<br />

unserem sozialen Leben. Eine Blockade<br />

kann daher zu Gefühlen der Ablehnung,<br />

Isolation und Traurigkeit führen. Diese<br />

Gefühle sind besonders stark, wenn<br />

soziale Medien das wichtigste Kommunikationsmittel<br />

zwischen den Betroffenen<br />

sind. Online-Ghosting ist besonders<br />

schmerzhaft, da es eine abrupte Unterbrechung<br />

der Kommunikation ohne<br />

Erklärung mit sich bringt. Diese Art des<br />

Kontaktabbruchs lässt die betroffene Person<br />

oft ohne die Möglichkeit eines klaren<br />

Abschlusses zurück. Das Fehlen einer<br />

Erklärung oder eines Abschieds führt zu<br />

Unsicherheit und Selbstzweifeln.<br />

Trotz der möglicherweise kurzen Dauer<br />

der Online-Beziehung, kann eine starke<br />

emotionale Bindung entstanden sein.<br />

Die digitale Kommunikation erzeugt oft<br />

schnell eine Illusion von Nähe und Vertrautheit,<br />

was dazu führt, dass Menschen<br />

Zeit und emotionale Energie investieren.<br />

Wenn diese Investitionen plötzlich wertlos<br />

erscheinen, kann dies tiefgreifende<br />

Enttäuschung und Schmerz verursachen.<br />

Hinzu kommt das Gefühl der Machtlosigkeit,<br />

das durch Internet-Ghosting<br />

entsteht. Die betroffene Person hat keine<br />

Kontrolle über die Situation und keine<br />

Möglichkeit, Einfluss darauf zu nehmen<br />

oder das Geschehene zu verstehen. Dieses<br />

Gefühl, hilflos und ausgeliefert zu sein,<br />

verstärkt die emotionalen Auswirkungen<br />

des Ghostings und macht es zu einer besonders<br />

schmerzhaften Erfahrung.<br />

Verstehen der Blockierung<br />

Online-Ghosting ist jedoch nicht auf<br />

Dating-Apps und soziale Netzwerke wie<br />

Romeo oder Instagram beschränkt. Es<br />

kann überall passieren, wo Menschen<br />

interagieren und Beziehungen aufbauen.<br />

Die Technologie hat es leider sehr einfach<br />

gemacht, sich plötzlich aus dem Leben<br />

anderer Menschen zurückzuziehen. Um<br />

diese Erfahrung verarbeiten zu können,<br />

müssen wir den Grund hinter der Blockierung<br />

versuchen zu verstehen.<br />

»<br />

Die erste Reaktion auf eine<br />

Blockierung in einem sozialen<br />

Netzwerk kann ein breites<br />

Spektrum von Emotionen<br />

umfassen. Oft erleben<br />

wir Gefühle wie Schock,<br />

Verwirrung, Traurigkeit, Verrat<br />

oder sogar Wut.


Lifestyle<br />

54<br />

Gründe hinter einer Blockade: Verschiedene<br />

Perspektiven<br />

Ob Whatsapp, Facebook, Instagram,<br />

Romeo oder Grindr: Die Gründe für eine<br />

Blockade in sozialen Netzwerken sind oft<br />

vielschichtig. In meinem Fall war die Blockierung<br />

das Ergebnis einer eskalierten<br />

Situation, die durch Neid und Eifersucht<br />

ausgelöst wurde. Hätte ich in diesem Moment<br />

einfach nur tief durchgeatmet oder<br />

eine Nacht darüber geschlafen, wäre es<br />

mit Sicherheit gar nicht so weit gekommen.<br />

Es ist jedoch wichtig zu erkennen,<br />

dass die Perspektive des Blockierenden<br />

oft eine andere ist als die des Blockierten.<br />

Während es für den einen eine notwendige<br />

Maßnahme sein kann, um Grenzen zu<br />

setzen, kann es für den anderen unerwartet<br />

und verletzend sein. Es ist aber wichtig,<br />

diese Unterscheidung zu verstehen:<br />

Das Blockieren einer Person in sozialen<br />

Medien bedeutet nicht immer, dass diese<br />

Person abgelehnt wird. Oftmals blockiert<br />

eine Person aus Gründen, die mit ihren<br />

eigenen Bedürfnissen zu tun haben.<br />

Unterscheidung zwischen persönlicher<br />

und digitaler Verweigerung<br />

»<br />

Die digitale Kommunikation<br />

erzeugt oft schnell eine Illusion<br />

von Nähe und Vertrautheit,<br />

was dazu führt, dass Menschen<br />

Zeit und emotionale Energie<br />

investieren.<br />

Digitale Interaktionen bieten nur einen<br />

begrenzten Einblick in das Leben anderer.<br />

Sie basieren selten auf tiefen zwischenmenschlichen<br />

Beziehungen. Persönliche<br />

Ablehnung in direkten Begegnungen ist<br />

in der Regel deutlicher und tiefgreifender.<br />

Im Gegensatz dazu kann eine digitale<br />

Ablehnung oft impulsiv und weniger<br />

durchdacht sein. Sie hat oft mehr mit der<br />

momentanen Situation oder den Bedürfnissen<br />

der anderen Person zu tun als<br />

mit dem eigenen Wert oder der eigenen<br />

Persönlichkeit. Es ist daher hilfreich, diese<br />

Art der Ablehnung in einem größeren<br />

Kontext zu sehen. Man muss sich daran<br />

erinnern, dass sie nicht unbedingt ein<br />

Urteil über uns als Person darstellt.<br />

Warum ghosten Menschen?<br />

Die heute zur Verfügung stehende<br />

Technologie erleichtert es den Menschen,<br />

anonym und ohne Konsequenzen zu<br />

bleiben. Mit einem Klick können sie den<br />

Kontakt abbrechen, ohne sich um das<br />

Wohlergehen der anderen Person sorgen<br />

zu müssen. Als jemand, der große Teile<br />

seines Lebens in der Online-Welt verbringt,<br />

war es für mich sehr schmerzhaft,<br />

von einer Online-Bekanntschaft, die ich<br />

sehr mochte, geghostet zu werden.<br />

Einige mögliche Gründe, warum Menschen<br />

ghosten:<br />

• Verbindlichkeit: Manchmal ghosten<br />

Menschen, weil sie Angst vor Verbindlichkeit<br />

haben. Sie möchten sich<br />

vielleicht nicht auf eine ernsthafte<br />

Beziehung einlassen und ziehen es vor,<br />

den Kontakt zu beenden.<br />

• Angst: Angst vor Nähe oder Verbindlichkeit<br />

kann Menschen dazu bringen,<br />

den Kontakt abzubrechen. Sie können<br />

sich auch unwohl fühlen, wenn sie<br />

einer anderen Person (zu) nahekommen.<br />

• Bequemlichkeit: In der digitalen Welt<br />

ist es einfach, jemandem nicht mehr zu<br />

antworten oder ihn sogar zu blockieren.<br />

Das kann bequemer sein, als sich einer<br />

echten Konfrontation zu stellen.<br />

• Vermeidung: Manche Menschen<br />

ghosten, um Konflikte oder unangenehme<br />

Gespräche zu vermeiden. Es kann<br />

für sie einfacher sein, den Kontakt<br />

abzubrechen, als ihre wahren Gefühle<br />

zu offenbaren.<br />

• Selbstwertgefühl: Menschen mit<br />

geringem Selbstwertgefühl fühlen<br />

sich möglicherweise nicht in der Lage,<br />

offen über ihre Gefühle zu sprechen.<br />

In solchen Fällen kann Ghosting für sie<br />

eine Möglichkeit sein, mit der Situation<br />

umzugehen.


55 Lifestyle<br />

• Depression: Depressionen können<br />

ebenfalls dazu führen, dass sich<br />

Menschen von anderen Menschen<br />

zurückziehen. Wenn jemand unter<br />

Depressionen leidet, kann es sein, dass<br />

er den Kontakt zu anderen Menschen<br />

abbricht, ohne dies bewusst zu tun.<br />

• Alles-oder-Nichts-Denken: Manche<br />

Menschen haben ein Alles-oder-Nichts-<br />

Denken: Entweder ist alles perfekt oder<br />

sie ziehen sich völlig zurück. Diese extreme<br />

Sichtweise kann dazu führen, dass<br />

sie sich von anderen distanzieren, wenn<br />

die Beziehung nicht perfekt ist.<br />

• Persönlichkeitsmerkmale: Bestimmte<br />

Persönlichkeitsmerkmale wie Introvertiertheit<br />

oder soziale Ängste können<br />

dazu führen, dass Menschen den Kontakt<br />

zu anderen abbrechen.<br />

Diese Gründe sollen jedoch nicht als<br />

Entschuldigung für Ghosting dienen.<br />

Ghosting kann für die betroffene Person<br />

sehr schmerzhaft sein. Es ist daher immer<br />

besser, offen und ehrlich über unsere Gefühle<br />

und Absichten zu sprechen.<br />

Triggerpunkte, die Ghosting fördern<br />

Es mag zunächst ungewöhnlich klingen,<br />

aber bestimmte Verhaltensweisen erhöhen<br />

die Wahrscheinlichkeit, dass du<br />

‚geghostet‘ wirst:<br />

• Indem du regelmäßig Nachrichten<br />

sendest und emotional verfügbar bist,<br />

zeigst du Interesse und Offenheit.<br />

• Deine Unabhängigkeit zu demonstrieren<br />

kann paradoxerweise dazu führen,<br />

dass sich dein Gegenüber zurückzieht.<br />

• Wenn die Person merkt, dass du<br />

nicht manipulierbar bist, könnte dies<br />

bei ihm Unsicherheit auslösen und ihn<br />

dazu veranlassen, den Kontakt abrupt<br />

abzubrechen. Es ist eine ironische<br />

Wende in der Welt des Online-Datings,<br />

wo Authentizität und Verbindlichkeit<br />

manchmal genau das Gegenteil von<br />

dem bewirken kann, was man erwartet.<br />

Umgang mit Ghosting<br />

Nachdem ich Online-Ghosting am<br />

eigenen Leib erlebt hatte, war ich sehr<br />

verletzt und traurig. Ich habe viel Zeit gebraucht,<br />

um zu lernen, damit umzugehen.<br />

Hier sind einige Tipps, die mir geholfen<br />

haben, die Krise zu meistern:<br />

• Digital Detox: Zunächst war es sehr<br />

hilfreich, mich von der Situation zu<br />

distanzieren und eine Auszeit von den<br />

sozialen Medien zu nehmen. So konnte<br />

ich in Ruhe über das Geschehene nachdenken,<br />

ohne durch weitere Online-<br />

Interaktionen belastet zu werden.<br />

• Akzeptanz: Danach musste ich lernen,<br />

die Situation zu akzeptieren. Es ist normal,<br />

verletzt und verwirrt zu sein. Aber<br />

es ist wichtig zu verstehen, dass die<br />

andere Person ihre Gründe hatte und<br />

wahrscheinlich nicht mehr zurückkommen<br />

wird.<br />

• Vertrauen aufbauen: Nachdem ich<br />

das Ghosting akzeptiert hatte, musste<br />

ich mir selbst vertrauen und daran<br />

glauben, dass ich in Zukunft wieder<br />

bessere (Internet-) Bekanntschaften<br />

finden würde.<br />

• Eigenes Mitgefühl entwickeln: Ich<br />

habe gelernt, dass es wichtig ist, Mitgefühl<br />

für mich selbst zu haben und<br />

nicht die Schuld bei mir zu suchen. Es<br />

ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass<br />

Ghosting mehr über die andere Person<br />

aussagt als über mich.<br />

• Bewältigungsstrategien anwenden:<br />

Es gibt verschiedene Möglichkeiten,<br />

mit Ghosting umzugehen. Hier sind<br />

einige Beispiele, die mir besonders gut<br />

geholfen haben:<br />

• Ablenkung durch Aktivitäten, die mir<br />

Spaß machen (z.B. wie Sport, kreative<br />

Hobbys oder Zeit in der Natur verbringen)<br />

• Mit Freunden und Familie sprechen,<br />

die nicht in die Situation verwickelt<br />

sind<br />

• Tagebuch schreiben, um meine Gedanken<br />

und Gefühle zu ordnen<br />

Tipp: Wenn dich das Ghosting besonders<br />

stark belastet, solltest du dich nicht<br />

scheuen, dir therapeutische Unterstützung<br />

zu besorgen. Ein Therapeut kann dir<br />

helfen, deine Gefühle zu verarbeiten und<br />

besser mit der Situation umzugehen.<br />

»Die Technologie hat es leider<br />

sehr einfach gemacht, sich<br />

plötzlich aus dem Leben anderer<br />

Menschen zurückzuziehen.


Lifestyle Fetisch<br />

56<br />

Selbstreflexion: Die eigene Rolle in<br />

der Interaktion überdenken<br />

Nach dem ersten emotionalen Sturm ist<br />

es hilfreich, in eine Phase der Selbstreflexion<br />

einzutreten. Dabei geht es darum,<br />

die eigene Rolle in der Interaktion zu<br />

reflektieren. Es ist wichtig, sich ehrlich<br />

zu fragen, ob und inwieweit das eigene<br />

Verhalten zur Situation beigetragen hat.<br />

In meinem Fall musste ich erkennen, wie<br />

meine Reaktionen auf die Handlungen<br />

meines Partners und des anderen Mannes<br />

zur Eskalation beigetragen haben. Diese<br />

Art der Reflexion ist nicht immer einfach,<br />

aber entscheidend für das persönliche<br />

Wachstum und das Verständnis komplexer<br />

sozialer Dynamiken.<br />

Gleichzeitig liegt hier aber auch die Grausamkeit<br />

des Ghostings: Ich hätte mich so<br />

gerne bei der anderen Person entschuldigt<br />

und mein Verhalten erklärt. Ich habe<br />

verschiedene Erklärungen und Entschuldigungsbriefe<br />

in mein digitales Notizbuch<br />

getippt und mein Mann hat versucht,<br />

zwischen uns zu vermitteln. Aber alle<br />

Versuche, wieder in Kontakt zu kommen<br />

und meine Gedanken und Gefühle offen<br />

zu legen, wurden rigoros abgelehnt. Diese<br />

Ablehnung hinterließ bei mir ein tiefes<br />

Gefühl der Ohnmacht und Traurigkeit, da<br />

ich keine Möglichkeit hatte, die Situation<br />

zu klären oder wiedergutzumachen.<br />

Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl<br />

vs. Ablehnung<br />

Ein weiterer zentraler Aspekt im Umgang<br />

mit Ghosting ist die Bewahrung und<br />

Stärkung des eigenen Selbstvertrauens<br />

und Selbstwertgefühls angesichts der<br />

Ablehnung. Es ist wichtig zu verstehen,<br />

dass Ablehnung in sozialen Netzwerken<br />

nicht unbedingt den eigenen Wert als<br />

Person widerspiegelt. Stattdessen sollte<br />

versucht werden, das Selbstwertgefühl<br />

von äußeren Bestätigungen abzukoppeln<br />

und sich auf innere Stärken und Qualitäten<br />

zu konzentrieren. Die Wertschätzung<br />

der eigenen Person sollte nicht von der<br />

Zustimmung anderer abhängen, sondern<br />

von der Anerkennung und Akzeptanz der<br />

eigenen Person.<br />

Langfristige Perspektiven entwickeln<br />

Um das Online-Ghosting zu verarbeiten,<br />

ist es wichtig, langfristige Perspektiven zu<br />

entwickeln. Das bedeutet, die Ereignisse<br />

in einen größeren Lebenszusammenhang<br />

zu stellen. So wirst du erkennen,<br />

dass Ablehnungen und Blockaden in den<br />

sozialen Netzwerken zwar schmerzhaft<br />

sind, aber nur einen kleinen Teil deiner<br />

Lebensgeschichte ausmachen. Durch die<br />

Fokussierung auf zukünftige Ziele und<br />

Wünsche kann die aktuelle Situation relativiert<br />

und die Weichen für eine positive<br />

Zukunft gestellt werden. Außerdem ist es<br />

sehr hilfreich, Beziehungen zu anderen<br />

Menschen zu pflegen, die einem gut tun,<br />

und Hobbys und Interessen nachzugehen.<br />

Diese langfristige Perspektive hilft dir, die<br />

aktuelle Herausforderung als eine von<br />

vielen Stationen auf dem Lebensweg zu<br />

sehen. Vielleicht bietet dir das Internet-<br />

Ghosting somit sogar wertvolle Lektionen<br />

und Chancen für deine persönliche Entwicklung.<br />

Kommunikation mit Freunden<br />

Ein wichtiger Schritt bei der Bewältigung<br />

einer Blockade ist die Kommunikation<br />

mit Freunden. Sie können eine wichtige<br />

Stütze sein, indem sie Raum für offenen<br />

Austausch und emotionale Unterstützung<br />

bieten. In meinem Fall fand ich Trost und<br />

Perspektive im Gespräch mit meinem<br />

Partner sowie engen Freunden, die außerhalb<br />

der Situation standen. Letztere können<br />

auch besonders gut dabei helfen, die<br />

Ereignisse aus einer anderen Perspektive<br />

zu betrachten. Dies ist besonders dann<br />

hilfreich, um die eigene Wahrnehmung<br />

zu relativieren und sich nicht in negativen<br />

Gedankenspiralen zu verlieren.<br />

Was kann man daraus lernen?<br />

Erfahrungen mit Ablehnung und Blockierung<br />

in sozialen Netzwerken können<br />

schmerzhaft sein, aber auch wertvolle<br />

Lektionen vermitteln. Sie lehren uns, wie<br />

flüchtig digitale Beziehungen sind und<br />

wie wichtig direkte und ehrliche Kommunikation<br />

ist. Meine eigenen Erfahrungen<br />

haben mich gelehrt, dass Probleme leicht<br />

entstehen und schnell eskalieren können,<br />

insbesondere, wenn Emotionen im Spiel<br />

sind. Diese Ereignisse bieten auch die<br />

Gelegenheit, unsere eigenen Reaktionsmuster<br />

zu überdenken und zu verstehen,<br />

wie wir mit Konflikten und Ablehnung<br />

umgehen.<br />

Strategien zur Stärkung der digitalen<br />

Widerstandsfähigkeit<br />

Digitale Resilienz – die Fähigkeit, mit<br />

den Herausforderungen der digitalen<br />

Welt umzugehen – ist eine wichtige<br />

Kompetenz. Zu den Strategien, die dabei<br />

helfen, gehören das Setzen von Grenzen<br />

in sozialen Medien, das Bewusstsein über<br />

die eigene digitale Präsenz und das Verständnis,<br />

dass digitale Interaktionen nur<br />

ein Teil des Lebens sind. Es ist wichtig, ein<br />

Gleichgewicht zwischen der digitalen und<br />

der realen Welt zu finden und sicherzustellen,<br />

dass unsere Online-Aktivitäten<br />

unser Wohlbefinden nicht negativ beeinflussen.<br />

»Das Blockieren einer Person in sozialen Medien bedeutet nicht immer,<br />

dass diese Person abgelehnt wird. Oftmals blockiert eine Person aus<br />

Gründen, die mit ihren eigenen Bedürfnissen zu tun haben.


57 Lifestyle<br />

Soziale Netzwerke positiv nutzen<br />

Soziale Netzwerke haben das Potenzial,<br />

positive und unterstützende Räume zu<br />

sein. Um dies zu erreichen, sollte der<br />

Fokus auf gesunden Interaktionen liegen.<br />

Das bedeutet, in sozialen Netzwerken<br />

bewusst positive Inhalte zu teilen, unterstützende<br />

Gemeinschaften aufzubauen<br />

und empathisch zu kommunizieren. Es<br />

ist auch wichtig zu wissen, wann eine<br />

digitale Pause notwendig ist, um sich<br />

auf das persönliche Wohlbefinden zu<br />

konzentrieren. In meinem Fall hat mir die<br />

Konzentration auf positive und authentische<br />

Interaktionen geholfen, mein<br />

Gleichgewicht wiederherzustellen und<br />

eine gesündere Beziehung zu sozialen Medien<br />

zu entwickeln. Indem wir bewusst<br />

entscheiden, wie wir soziale Netzwerke<br />

nutzen, können wir sie zu einem Ort machen,<br />

der unser Leben bereichert, anstatt<br />

es zu belasten.<br />

»Indem wir bewusst entscheiden,<br />

wie wir soziale Netzwerke<br />

nutzen, können wir sie zu<br />

einem Ort machen, der unser<br />

Leben bereichert, anstatt es zu<br />

belasten.<br />

Abschließende Gedanken<br />

Die Erfahrung, in sozialen Netzwerken<br />

blockiert oder abgelehnt zu werden, kann<br />

eine Vielzahl von Gefühlen auslösen, von<br />

Schock und Trauer bis hin zu Wut. Es ist<br />

wichtig, diese Gefühle anzuerkennen und<br />

sich der emotionalen Selbstfürsorge zu<br />

widmen. Selbstreflexion spielt eine entscheidende<br />

Rolle, um die eigene Beteiligung<br />

an der Situation zu verstehen und<br />

daraus zu lernen. Das Setzen von Grenzen<br />

in digitalen Beziehungen und die Suche<br />

nach alternativen Formen der sozialen<br />

Interaktion können helfen, mit solchen Situationen<br />

besser umzugehen. Aus diesen<br />

Erfahrungen können wir wichtige Lehren<br />

ziehen, die unsere digitale Resilienz stärken<br />

und uns lehren, soziale Netzwerke<br />

positiv zu nutzen. (mv)<br />

Unser <strong>HIM</strong>-Autor Mario wurde bereits selbst gehostet, ist ein leidenschaftlicher Experte<br />

im Bereich schwuler Lifestyle sowie Gay-Reisen und erkundet gerne zusammen<br />

mit seinem Ehemann Matthias die Welt. Er recherchiert viel und spricht auch gerne<br />

einmal mit Einheimischen, um die besten Tipps für Gay-Reisende zu entdecken. Seine<br />

ausführlichen Reiseempfehlungen finden ihr auf seinem Reiseblog für Gays.<br />

www.gay-reiseblog.de


Lifestyle 58<br />

Im neuen Jahr wird alles besser – mit diesen<br />

Gedanken sind wir noch hoffnungsvoll<br />

im Januar ins neue Jahr gestartet und<br />

müssen jetzt erkennen, besser wird es<br />

nicht unbedingt. Im aktuellen Jahresbericht<br />

der ILGA World beispielsweise zeigte<br />

sich, dass 63 Mitgliedsstaaten der Vereinten<br />

Nationen bis heute Schwule kriminalisieren.<br />

63! Das sind knapp ein Drittel aller<br />

Länder, die zur UN dazugehören.<br />

Dem noch nicht genug, zeigt der Bericht<br />

»Our Identities Under Arrest« auch eindrucksvoll<br />

auf, dass selbst in vermeintlich<br />

sicheren Ländern die Lage für Homosexuelle<br />

schnell ins Negative kippen kann.<br />

»In Ländern, die weithin als ´sicher´ oder<br />

´ruhig´ gelten, ist es relativ kurzfristig zu<br />

plötzlichen Veränderungen gekommen.<br />

Wachsende Hassreden gegen sexuelle<br />

und geschlechtliche Vielfalt - sei es von<br />

politischen Persönlichkeiten oder religiösen<br />

und kommunalen Führern, auch mit<br />

der Komplizenschaft der Medien - verwandeln<br />

sich regelmäßig in Razzien oder<br />

organisierte Kampagnen, deren Dauer,<br />

Ausmaß und Gewalt nicht vorhersehbar<br />

sind«, so Kellyn Botha, Forschungsberaterin<br />

bei ILGA World und Autorin des<br />

Berichts. Besonders im Fokus der Angriffe<br />

sind dabei schwule Männer – oder vermeintlich<br />

Schwule, denn oftmals reicht<br />

schon ein Anfangsverdacht oder ein »unpassendes«<br />

Äußeres aus, um ins Visier der<br />

Angriffe zu geraten.<br />

Zudem nehmen die Attacken selbst<br />

sowohl seitens der jeweiligen Regierungen<br />

wie auch der Gesellschaft oftmals an<br />

Härte und Radikalität zu, es wird wieder<br />

in immer mehr Ländern absolut gesellschaftsfähig,<br />

Schwule zu jagen, sie zu<br />

schlagen oder sie direkt umzubringen – in<br />

vielen Ländern sieht die Polizei mal mehr<br />

oder minder auch direkt weg. »Es gibt eine<br />

überwältigende Anzahl von Dokumenten,<br />

die belegen, dass die Polizei verprügelt,<br />

erniedrigt, gefoltert, vergewaltigt, Bestechungsgelder<br />

erpresst oder auf andere<br />

Weise LGBT- und geschlechtsspezifische<br />

Menschen misshandelt, die sie festgenommen<br />

oder inhaftiert hat. Viele Opfer<br />

solcher Übergriffe erstatten keine formelle<br />

Anzeige aus Angst vor erneuter Viktimisierung«,<br />

sagt ILGA-Forschungsleiter Lucas<br />

Ramón Mendos. Ein Großteil der Fälle<br />

wird also gar nicht erst publik.<br />

Außerdem scheinen immer mehr Länder<br />

von einer Art Anti-Homosexuellen-Welle<br />

betroffen zu sein, spätestens nachdem<br />

Russland zuletzt Ende 2023 die LGBTQ-<br />

Bewegung insgesamt als »extremistisch«<br />

eingestuft hat und jetzt alle Vertreter mit<br />

Haftstrafen von bis zu 12 Jahren ahnden<br />

kann. Zuvor hatte bereits Uganda im<br />

letzten Sommer Gesetze eingeführt, die die<br />

Todesstrafe für Homosexualität vorsehen<br />

– immer mehr Länder in Afrika folgen<br />

nun diesem Negativbeispiel, darunter<br />

Ghana, Nigeria oder Kenia. Für Schwule<br />

wird der schwarze Kontinent immer mehr<br />

zur Todeszone.<br />

Gerade einmal drei UN-Länder haben im<br />

vergangenen Jahr homosexuelle Handlungen<br />

im Gegenzug entkriminalisiert:<br />

Singapur, die Cook-Inseln und Mauritius.<br />

Dabei zeigt sich allerdings auch, selbst in<br />

Staaten, in denen es offiziell keine Anti-<br />

Homosexuellen-Gesetze gibt, wird die<br />

Gay-Community ins Visier genommen.<br />

»Dass ein Land nicht zu den 63 UN-Mitgliedstaaten<br />

gehört, die einvernehmliche<br />

gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen<br />

ausdrücklich unter Strafe stellen,<br />

reicht einfach nicht mehr aus, um als<br />

sicherer Ort für LGBT- und geschlechtsspezifische<br />

Personen zu gelten«, so das<br />

Resümee. Das ist nun wirklich nicht nur<br />

extrem traurig, sondern irgendwie auch<br />

das Letzte! (ms)


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