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immobilia 2024/02 - SVIT

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FOKUS INTERVIEW<br />

RAUMPLANUNG<br />

die Konkretisierung in Form eines Gesetzestextes.<br />

Wobei die Verfasser darauf achten würden, dass<br />

Verwerfungen und Kollateralauswirkungen gering<br />

und – wie bei uns in einer föderalen Struktur –<br />

Bund, Kantone und Gemeinden eingebunden sind,<br />

sodass alle ihre Aufgaben erfüllen können und möglichst<br />

wenig Reibungsverlust entsteht.<br />

Viele Konjunktive. Wie weit von diesem<br />

Idealzustand sind wir in der Schweiz mit der<br />

aktuellen Rechtslage entfernt?<br />

Relativ weit. Der Gesetzgeber setzt sich im Rahmen<br />

von Gesetzesrevisionen immer wieder Teilziele.<br />

Häufig schlagen Partikularinteressen durch<br />

und führen ihrerseits zu Anpassungen. Das war in<br />

Bezug auf das Bauen ausserhalb der Bauzonen in<br />

den letzten 25 Jahren eher die Regel als die Ausnahme.<br />

Oder nehmen wir zum Beispiel den Wunsch<br />

nach Eindämmung der Zersiedelung und Rückzonung<br />

von überdimensionierten Baugebieten. Die<br />

beschlossenen Änderungen verfehlen diese Ziele in<br />

der Regel, weil sie auf halbem Weg stecken bleiben.<br />

Das sorgt für unnötige Rechtsstreitigkeiten, grosse<br />

Frustrationen bei den Betroffenen und Verschleiss<br />

bei Behörden.<br />

Wird der Verfassungsauftrag aber<br />

gleichwohl erfüllt?<br />

Nicht wirklich. Ein Hauptanliegen von 1969 war<br />

die Trennung von Baugebiet und Nicht-Baugebiet.<br />

Das war damals zentral und wäre heute noch viel<br />

BIOGRAPHIE<br />

ALAIN GRIFFEL<br />

(*1962) Prof. Dr. iur.,<br />

Lehrstuhl für Staatsund<br />

Verwaltungsrecht<br />

an der Universität Zürich<br />

mit Schwerpunkt<br />

Raumplanungs-, Bauund<br />

Umweltrecht. Studium<br />

zum Lizenziat und<br />

Doktorat der Rechtswissenschaft<br />

an der Universität<br />

Zürich. 1994<br />

Erwerb des Zürcher<br />

Rechtsanwaltspatents,<br />

danach Leiter Rechtsdienst<br />

beim Umweltund<br />

Gesundheitsschutz<br />

der Stadt Zürich und<br />

Kanzleichef der Baurekurskommissionen<br />

des Kantons Zürich.<br />

2005 Ernennung zum<br />

ordentlichen Professor.<br />

wichtiger. Das ursprüngliche RPG war diesbezüglich<br />

konsequent und hat 20 Jahre lang zur Zielerreichung<br />

beigetragen, bis dann im Jahr 2000 die erste<br />

Revision in Kraft trat. Schon damals hielt Alt-Bundesrichter<br />

Alfred Kuttler, «Raumplanungs-Rechtler»<br />

der ersten Stunde, in einem Gutachten fest,<br />

dass die Gesetzesrevision die Trennung zwischen<br />

Baugebiet und Nicht-Baugebiet in einer verfassungswidrigen<br />

Art und Weise aufweicht. Seither<br />

sind zahlreiche weitere, teils komplizierte Tatbestände<br />

hinzugekommen. Die jetzt vom Parlament<br />

beschlossene 2. Teilrevision – kurz RPG2 – schafft<br />

zusätzliche diffuse Baumöglichkeiten ausserhalb<br />

der Bauzone. Meine Bilanz ist, dass wir uns Schritt<br />

für Schritt vom Verfassungsauftrag entfernen.<br />

Warum ist die Zielerreichung in der Raumplanung<br />

so schwierig?<br />

Raumplanung ist besonders anspruchsvoll, weil<br />

viele unterschiedliche Kräfte auf sie einwirken.<br />

Gleichzeitig darf man die abstrakten Rechtsnormen<br />

hinsichtlich ihrer Wirkung nicht überschätzen.<br />

Und schliesslich verfolgen wir mit der<br />

Raumplanung zahlreiche Ziele gleichzeitig. Wir<br />

wollen Zersiedelung eindämmen, Baugebiete<br />

grundsätzlich von Nicht-Baugebiet trennen, Bodenspekulation<br />

eindämmen, gewisse finanzielle<br />

Ausgleichsmechanismen schaffen wie Mehrwertabschöpfungen,<br />

Entschädigung bei materiellen<br />

Enteignungen usw.<br />

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IMMOBILIA / Februar <strong>2<strong>02</strong>4</strong>

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