Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Hat es nicht auch damit zu tun, dass private<br />
meistens den öffentlichen Interessen<br />
konträr gegenüberstehen?<br />
Selbst öffentliche Interessen können zueinander<br />
im Widerspruch stehen. Die Interessenvielfalt und<br />
-spannungsfelder müssten auch zur Bescheidenheit<br />
Anlass geben, was man regulatorisch überhaupt<br />
erreichen kann. Nehmen wir als Beispiel die im Gesetz<br />
festgeschriebene Mobilisierung von Bauland.<br />
Zehn Jahre nach Einführung stellen wir fest, dass<br />
diesbezüglich wenig bis gar nichts erreicht wurde.<br />
Gesetzgeber und Ämter erheben in der<br />
Raumplanung einen starken Gestaltungsanspruch.<br />
Ist das legitim oder sogar<br />
notwendig?<br />
Das Gestaltende ist der Raumplanung immanent.<br />
In der Bauzonenordnung beispielsweise für die<br />
Stadt Zürich muss explizit zum Ausdruck kommen,<br />
was man wo will und was nicht. Dass diese<br />
Gestaltung dann einem breiten demokratischen<br />
Prozess mit Urnengang oder Gemeindeversammlungs-Abstimmung<br />
unterliegt, ist der Sache nicht<br />
immer zuträglich. Das führt zu einer Nivellierung<br />
nach unten.<br />
Wir schauen auf eine mittlerweile 15-jährige<br />
politische Debatte über die Revision<br />
des RPG zurück. Wie fällt Ihre Bilanz über<br />
dieses Monsterprojekt aus?<br />
Wir sind am Ende dieser Revision mit dem denkbar<br />
schlechtesten Ergebnis konfrontiert. Es ist ein totales<br />
Systemversagen, das den Gerichten zahllose<br />
schwierige Verfahren bescheren wird.<br />
Wie gehen die Richter damit um? Ist es nun<br />
an ihnen, das Gesetz zu konkretisieren?<br />
Sie sind nicht zu beneiden. Wobei die Verfahren die<br />
Gerichte erst mit einer Zeitverzögerung erreichen<br />
DAS RPG IST<br />
JURISTENFUT<br />
TER – BEDINGT<br />
DURCH MAXI<br />
MALE RECHTS<br />
UNSICHERHEIT.<br />
werden. Zuerst muss das Gesetz in den Richt- und<br />
dann in den Nutzungsplanungen umgesetzt werden.<br />
Zu Rechtsstreitigkeiten führen dann vor allem<br />
die Anwendungen auf das konkrete Projekt. Ab<br />
den 2030er-Jahren werden diese Prozesse dann<br />
beim Bundesgericht landen. Nehmen wir das fragwürdige<br />
Instrument des neu eingeführten Gebietsansatzes,<br />
dass also im Nicht-Baugebiet Bauzonen<br />
mit unbestimmtem Inhalt definiert werden können.<br />
Das Gesetz lässt die Anwendung dieses Instruments<br />
völlig offen.<br />
Besteht nicht Hoffnung auf eine<br />
Konkretisierung in der Verordnung?<br />
Wenig, weil zahlreiche Interessenvertreter bei<br />
Bundesrat Albert Rösti ihre Wünsche und Ansprüche<br />
bezüglich der Verordnung wohl bereits deponiert<br />
haben. Das dürfte dazu führen, dass das Gesetz<br />
noch weiter aufgeweicht oder noch mehr Stoff für<br />
Konflikte produziert wird. Es wird sich über einen<br />
langen Zeitraum eine Rechtsanwendung und Gerichtspraxis<br />
ergeben müssen. Diese lange Phase<br />
der Rechtsunsicherheit erachte ich als unhaltbar<br />
und als Zumutung für die Betroffenen. Dies ist der<br />
Hauptpunkt meiner Kritik. Man stelle sich vor, dass<br />
das oberste Gericht in zehn Jahren zum Schluss<br />
kommt, dass gewisse behördliche Entscheide nicht<br />
gesetzeskonform oder konkrete Projekte nicht umsetzbar<br />
sind. Der Schaden wäre immens. Gute Gesetzgebung<br />
versucht genau diese Unsicherheit zu<br />
vermeiden.<br />
Wünschten Sie sich in dieser Frage, dass es<br />
in der Schweiz ein Verfassungsgericht gäbe?<br />
Nicht in der Form, wie sie etwa Deutschland kennt.<br />
Hilfreich wäre jedoch, dass die Gerichte die Kompetenz<br />
hätten, eine gesetzliche Bestimmung im Anwendungsfall<br />
auf ihre Verfassungsmässigkeit zu<br />
IMMOBILIA / Februar <strong>2<strong>02</strong>4</strong> 7