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immobilia 2024/02 - SVIT

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Hat es nicht auch damit zu tun, dass private<br />

meistens den öffentlichen Interessen<br />

konträr gegenüberstehen?<br />

Selbst öffentliche Interessen können zueinander<br />

im Widerspruch stehen. Die Interessenvielfalt und<br />

-spannungsfelder müssten auch zur Bescheidenheit<br />

Anlass geben, was man regulatorisch überhaupt<br />

erreichen kann. Nehmen wir als Beispiel die im Gesetz<br />

festgeschriebene Mobilisierung von Bauland.<br />

Zehn Jahre nach Einführung stellen wir fest, dass<br />

diesbezüglich wenig bis gar nichts erreicht wurde.<br />

Gesetzgeber und Ämter erheben in der<br />

Raumplanung einen starken Gestaltungsanspruch.<br />

Ist das legitim oder sogar<br />

notwendig?<br />

Das Gestaltende ist der Raumplanung immanent.<br />

In der Bauzonenordnung beispielsweise für die<br />

Stadt Zürich muss explizit zum Ausdruck kommen,<br />

was man wo will und was nicht. Dass diese<br />

Gestaltung dann einem breiten demokratischen<br />

Prozess mit Urnengang oder Gemeindeversammlungs-Abstimmung<br />

unterliegt, ist der Sache nicht<br />

immer zuträglich. Das führt zu einer Nivellierung<br />

nach unten.<br />

Wir schauen auf eine mittlerweile 15-jährige<br />

politische Debatte über die Revision<br />

des RPG zurück. Wie fällt Ihre Bilanz über<br />

dieses Monsterprojekt aus?<br />

Wir sind am Ende dieser Revision mit dem denkbar<br />

schlechtesten Ergebnis konfrontiert. Es ist ein totales<br />

Systemversagen, das den Gerichten zahllose<br />

schwierige Verfahren bescheren wird.<br />

Wie gehen die Richter damit um? Ist es nun<br />

an ihnen, das Gesetz zu konkretisieren?<br />

Sie sind nicht zu beneiden. Wobei die Verfahren die<br />

Gerichte erst mit einer Zeitverzögerung erreichen<br />

DAS RPG IST<br />

JURISTENFUT­<br />

TER – BEDINGT<br />

DURCH MAXI­<br />

MALE RECHTS­<br />

UNSICHERHEIT.<br />

werden. Zuerst muss das Gesetz in den Richt- und<br />

dann in den Nutzungsplanungen umgesetzt werden.<br />

Zu Rechtsstreitigkeiten führen dann vor allem<br />

die Anwendungen auf das konkrete Projekt. Ab<br />

den 2030er-Jahren werden diese Prozesse dann<br />

beim Bundesgericht landen. Nehmen wir das fragwürdige<br />

Instrument des neu eingeführten Gebietsansatzes,<br />

dass also im Nicht-Baugebiet Bauzonen<br />

mit unbestimmtem Inhalt definiert werden können.<br />

Das Gesetz lässt die Anwendung dieses Instruments<br />

völlig offen.<br />

Besteht nicht Hoffnung auf eine<br />

Konkretisierung in der Verordnung?<br />

Wenig, weil zahlreiche Interessenvertreter bei<br />

Bundesrat Albert Rösti ihre Wünsche und Ansprüche<br />

bezüglich der Verordnung wohl bereits deponiert<br />

haben. Das dürfte dazu führen, dass das Gesetz<br />

noch weiter aufgeweicht oder noch mehr Stoff für<br />

Konflikte produziert wird. Es wird sich über einen<br />

langen Zeitraum eine Rechtsanwendung und Gerichtspraxis<br />

ergeben müssen. Diese lange Phase<br />

der Rechtsunsicherheit erachte ich als unhaltbar<br />

und als Zumutung für die Betroffenen. Dies ist der<br />

Hauptpunkt meiner Kritik. Man stelle sich vor, dass<br />

das oberste Gericht in zehn Jahren zum Schluss<br />

kommt, dass gewisse behördliche Entscheide nicht<br />

gesetzeskonform oder konkrete Projekte nicht umsetzbar<br />

sind. Der Schaden wäre immens. Gute Gesetzgebung<br />

versucht genau diese Unsicherheit zu<br />

vermeiden.<br />

Wünschten Sie sich in dieser Frage, dass es<br />

in der Schweiz ein Verfassungsgericht gäbe?<br />

Nicht in der Form, wie sie etwa Deutschland kennt.<br />

Hilfreich wäre jedoch, dass die Gerichte die Kompetenz<br />

hätten, eine gesetzliche Bestimmung im Anwendungsfall<br />

auf ihre Verfassungsmässigkeit zu<br />

IMMOBILIA / Februar <strong>2<strong>02</strong>4</strong> 7

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