26.02.2024 Aufrufe

Christfried Böttrich: Das Evangelium nach Lukas (Leseprobe)

Lukas ist nicht der Erste, der ein Evangelium schreibt. In seinem Vorwort blickt er zurück auf die »Vielen«, die vor ihm schon eine Erzählung über die Ereignisse um den Propheten aus Nazaret abgefasst haben. Was veranlasst ihn, einen erneuten Versuch zu unternehmen? Und worin besteht das besondere Anliegen seines Entwurfes? Der außerordentlich hilfreiche Kommentar geht diesen Fragen nach, in dem er sowohl den historischen Kontext als auch die theologischen Akzente in der Jesus-Christus-Geschichte des Lukas sichtbar macht. Der dritte Evangelist ist ein Wanderer zwischen den Welten: Als Judenchrist bleibt er in der Geschichte des Gottesvolkes verwurzelt; als Diasporajude bemüht er sich, die »frohe Botschaft« dem gebildeten Publikum der hellenistisch-römischen Welt nahezubringen. Dabei wird der »Weg« zu seinem herausragenden und beherrschenden Motiv. Ursprung und Ziel dieses Weges prägen das theologische Profil jeder einzelnen Perikope und verleihen dem lukanischen Erzählwerk im Ganzen eine Dynamik, die es bis heute zu einer faszinierenden und stimulierenden Lektüre macht.

Lukas ist nicht der Erste, der ein Evangelium schreibt. In seinem Vorwort blickt er zurück auf die »Vielen«, die vor ihm schon eine Erzählung über die Ereignisse um den Propheten aus Nazaret abgefasst haben. Was veranlasst ihn, einen erneuten Versuch zu unternehmen? Und worin besteht das besondere Anliegen seines Entwurfes?
Der außerordentlich hilfreiche Kommentar geht diesen Fragen nach, in dem er sowohl den historischen Kontext als auch die theologischen Akzente in der Jesus-Christus-Geschichte des Lukas sichtbar macht. Der dritte Evangelist ist ein Wanderer zwischen den Welten: Als Judenchrist bleibt er in der Geschichte des Gottesvolkes verwurzelt; als Diasporajude bemüht er sich, die »frohe Botschaft« dem gebildeten Publikum der hellenistisch-römischen Welt nahezubringen. Dabei wird der »Weg« zu seinem herausragenden und beherrschenden Motiv. Ursprung und Ziel dieses Weges prägen das theologische Profil jeder einzelnen Perikope und verleihen dem lukanischen Erzählwerk im Ganzen eine Dynamik, die es bis heute zu einer faszinierenden und stimulierenden Lektüre macht.

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Vorbereitung 3,1–4,13<br />

65<br />

che Situation neu bestimmt. <strong>Das</strong>s mit der Umkehrpredigt des Täufers die prophetische<br />

Tradition Israels aufgerufen wird (3,3–6), nimmt die Intention des Mk-»Prologs« adäquat<br />

auf. Da<strong>nach</strong> aber geht Lk wieder eigene Wege und konzipiert mit der »Täuferrede«<br />

(3,7–18) die erste einer Reihe von Schlüsselreden. <strong>Das</strong> Ende des Täufers (3,19–20)<br />

wird unvermittelt und eher beiläufig angeschlossen, ohne seinen gewaltsamen Charakter<br />

zu betonen. Die Taufe Jesu (3,21–22) hat deshalb schon die Gestalt einer Rückblende.<br />

Die Besonderheit des lkn. Täuferbildes bemisst sich vor allem an der Rede und<br />

ihrem Schluss in 3,18: Johannes lehrt sozialgerechtes Handeln und verkündigt bereits<br />

»<strong>Evangelium</strong>«; er gewinnt damit das Profil eines Weisheitslehrers, während Mk und<br />

Mt ausschließlich den Propheten und apokalyptischen Gerichtsprediger porträtieren.<br />

1.1 Einleitung 3,1–6 135<br />

(1) Im fünfzehnten Jahr der Regierung des Kaisers Tiberius, als Pontius Pilatus<br />

(als Präfekt) über Judäa herrschte und Herodes als Tetrarch über Galiläa, sein Bruder<br />

Philippus aber als Tetrarch über Ituräa und das Gebiet der Trachonitis sowie<br />

Lysanias als Tetrarch über Abilene, (2) als Hannas und Kaiphas Hohepriester waren,<br />

erging ein Wort Gottes an Johannes, den Sohn des Zacharias, in der Wüste.<br />

(3) Und er kam in die ganze Umgebung des Jordans und verkündigte eine Taufe<br />

der Umkehr zur Vergebung von Sünden, (4) wie geschrieben steht im Buch der<br />

Worte Jesajas, des Propheten: ›Stimme eines Rufers in der Wüste: Bereitet den<br />

Weg des Herrn! Macht seine Pfade gerade! (5) Jede Schlucht soll aufgefüllt und<br />

jeder Berg und Hügel soll eingeebnet werden! Und das Krumme soll gerade und<br />

das Unwegsame soll zum ebenen Weg werden! (6) Und alles Fleisch wird das Heil<br />

Gottes schauen!‹<br />

<strong>Das</strong> Auftreten des Täufers terminiert Lk mit einem dritten Synchronismus (3,1–2), 136<br />

den er rückwärts mit der Notiz vom Aufenthalt des Johannes in der Wüste (1,80) und<br />

vorwärts mit dem aus Mk 1,3 stammenden Jesaja-Zitat (3,4–6) verknüpft. Dazwischen<br />

fügt er eine kurze Notiz über das Auftreten des Johannes am Jordan und seiner Tauftätigkeit<br />

(3,3) ein. Auf diese Weise löst Lk den tonangebenden Schriftbeleg aus seiner<br />

Einbettung in den mkn. Eingangsteil heraus und macht ihn zur einer Art Erfüllungszitat<br />

für das, was am Jordan geschieht.<br />

1 Die Geschichte schreitet voran. Auf Augustus folgt inzwischen Tiberius (14–37 n. Chr.);<br />

die Verwaltung der ehemaligen Archelaos-Ethnarchie durch die Römer liegt in der Verantwortung<br />

eines gewissen Pilatus (26–36 n. Chr.), von dem später noch zu hören sein<br />

wird. Mit dem »Tetrarchen Herodes« ist Herodes Antipas (4 v. Chr. – 39 n. Chr.) gemeint,<br />

mit Philippus (4 v. Chr. – 34 n. Chr.) sein Halbbruder; neben beiden Herodianern steht<br />

135 Rusam, <strong>Das</strong> Alte Testament bei <strong>Lukas</strong>, 151–163.<br />

136 Exkurs 4: Chronologie.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!