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EIN DURCHDACHTES KONZEPT<br />
Einzigartige Veloständer<br />
in Bischofszell<br />
Fachstellen für den Fuss- und<br />
Veloverkehr sind wichtig<br />
für eine gezielte Förderung<br />
des Langsamverkehrs. Doch<br />
leider können oder wollen<br />
sich viele Gemeinden eine<br />
solche Fachstelle leisten –<br />
Bischofszell hingegen schon.<br />
BISCHOFSZELL TG Bischofszell ist<br />
für seine Märkte und besonders für seine<br />
Rosenwoche bekannt. Als Velostadt gilt sie<br />
hingegen kaum, denn die Topografie und<br />
die provinzielle Lage sind für das Velo nicht<br />
besonders förderlich. Und doch leistet sie<br />
sich, wenn auch auf bescheidenem Niveau,<br />
seit 2019 eine Fachstelle. Seit 23 Jahren ist<br />
Franco Capelli bereits bei der Stadt Bischofszell<br />
angestellt. Dass er sich dem Thema Velo<br />
widmen kann, ist für beide Seiten ein Gewinn.<br />
Capelli ist bestens vernetzt, kennt jede Ecke<br />
und fährt selbst gerne Velo. Seine Stärken<br />
liegen bei der Organisation und Planung.<br />
Doch das nötige Velo-Fachwissen musste und<br />
muss er selbst mühselig zusammentragen,<br />
was für diese Rolle nicht untypisch ist, da es<br />
keine spezialisierten Ausbildungen dafür gibt.<br />
Capelli gibt zu Protokoll, dass er zu Beginn<br />
mit der Aufgabe «ziemlich geschwommen»<br />
sei. Ein Sprung ins kalte Wasser.<br />
Mittlerweile kann Capelli jedoch stolz erste<br />
Ergebnisse seiner Arbeit präsentieren. So zum<br />
Beispiel die brandneuen Veloabstellplätze<br />
an prominenten Stellen in der Stadt. Die<br />
einfachen Bügel sind praktisch und unauffällig,<br />
weisen aber eine Besonderheit auf, da<br />
sie über eine zusätzliche, niedrige Querstange<br />
verfügen, woran sich Kindervelos<br />
abschliessen lassen. «Eine Eigenerfindung»,<br />
sagt Capelli, dessen Sinn für das Praktische<br />
hier zu Tage tritt. «Ich habe zu Beginn 80<br />
Seiten Prospekte durchgeackert, um ein<br />
geeignetes Modell zu finden. Die Auswahl ist<br />
zwar riesig, doch keins der Angebote hat mich<br />
wirklich befriedigt. Ich musste den Platzbedarf<br />
beachten und auch andere Sachen wie<br />
Reifengrössen oder wie sie verankert werden.»<br />
Darüber hinaus gab es viele weitere Abklärungen.<br />
Welche Standorte sind geeignet?<br />
Wo besteht am meisten Bedarf? Wie fügen<br />
sich die Ständer am besten in das empfindliche<br />
Ortsbild ein? «Das alles muss ‹verhebe›»,<br />
meint Capelli. «Deshalb ist die Farbe einheitlich<br />
mit den Stelen der Ortspläne.» Dank der<br />
gründlichen Auseinandersetzung mit dem<br />
Thema kam er auf weitere Ideen: Auf dem<br />
Marktplatz, der ersten Stelle, wo Tagestouristen<br />
vor dem grossen Torbogen anhalten,<br />
hat er zusätzlich noch eine Ladestation für<br />
E-Bikes installiert und eine Pumpe, die den<br />
unverkennbaren Bischofsstab aufweist. «Die<br />
Pumpe ist sehr robust und aus Schweizer<br />
Produktion», erklärt Capelli. «Wir hatten bis<br />
jetzt noch keine Schäden.» Das alles kostete<br />
jedoch nebst Zeit auch Geld. Das Bauen war<br />
deutlich teurer als das Material. Von der Idee<br />
bis zur Umsetzung dauerte es letztlich vier<br />
Jahre. Eine lange Zeit für fünf Abstellplätze.<br />
Dafür jedoch ein Projekt mit wohl durchdachtem<br />
Konzept, welches sich nachhaltig<br />
bezahlt macht.<br />
Während sich Capelli nun zu weiteren Aufgaben<br />
Gedanken macht, wie beispielsweise<br />
die Parkierungsmöglichkeiten an den vielen<br />
Schulen, kann man sich nur mehr solche<br />
Fachstellen wünschen. Wenn schon vier Jahre<br />
vergehen müssen, um fünf Abstellplätze zu<br />
erstellen, bräuchte man schon ein ganzes<br />
Heer an Fachstellen, um den enormen Nachholbedarf<br />
an Veloinfrastruktur innert absehbarer<br />
Zeit zu stillen. Doch die Hoffnung stirbt<br />
bekanntlich zuletzt. OO<br />
Veloabstellplatz-<br />
Unikate vor der<br />
Altstadt<br />
© Eddie Kessler<br />
12 Beilage<br />
PRO VELO Magazin | Ostschweiz