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IM BLICK 2024

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8<br />

Zivilverfahrensrecht<br />

„Meines Erachtens sollte die<br />

Zahlungsunfähigkeit nur dann<br />

öffentlich kundgemacht werden,<br />

wenn die Voraussetzungen für<br />

die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens<br />

vorliegen.“<br />

auch<br />

Schuldnerberater*innen oder<br />

Rechtswissenschafter*innen<br />

wie Martin Trenker aus Innsbruck<br />

kritisieren das Öffentlichmachen der<br />

offenkundigen Zahlungsunfähigkeit<br />

(§ 49a EO), weil zum Zeitpunkt der<br />

Aufnahme in die Ediktsdatei noch<br />

nicht sicher sei, ob es zu einem Insolvenzverfahren<br />

kommen wird. Das<br />

hat Auswirkungen auf das Verhalten,<br />

zB von Dienstleistern, gegenüber<br />

dem Schuldner. Wäre es nicht besser<br />

gewesen, dass das Insolvenzverfahren<br />

automatisch mit der Öffentlichmachung<br />

eingeleitet wird?<br />

Garber: Eine derartige Regelung<br />

wäre insofern effizienter gewesen,<br />

als der durch eine öffentliche Bekanntmachung<br />

der Zahlungsunfähigkeit<br />

erzielbare Nutzen für die<br />

Gläubigerschaft in keinem Verhältnis<br />

zu der dadurch bewirkten Belastung<br />

des Schuldners steht. Um die<br />

Zielsetzungen des Insolvenzrechts<br />

nicht zu unterlaufen, wäre aber jedenfalls<br />

die Festlegung eindeutiger<br />

Kriterien für die Annahme einer offenkundigen<br />

erforderlich.<br />

Zahlungsunfähigkeit<br />

Simotta: Meines Erachtens sollte die<br />

Zahlungsunfähigkeit nur dann öffentlich<br />

kundgemacht werden, wenn<br />

die Voraussetzungen für die Eröffnung<br />

eines Insolvenzverfahrens vorliegen.<br />

em. Univ.-Prof. in MMag. a Dr. in<br />

Daphne-Ariane Simotta<br />

Weitere Kritik: Bereits anhängige<br />

Exekutionsverfahren anderer Gläubiger<br />

sollen dem Gesetz nach trotz<br />

festgestellter offenkundiger Zahlungsunfähigkeit<br />

dennoch fortgeführt<br />

werden, wenn nicht dort auch<br />

die Zahlungsunfähigkeit festgestellt<br />

wird. Sehen Sie das als Schwäche<br />

des Gesetzes?<br />

Simotta: Dass die Feststellung der<br />

offenkundigen Zahlungsunfähigkeit<br />

des Verpflichteten nicht gegenüber<br />

allen betreibenden Gläubigern wirkt<br />

und daher anhängige Exekutionsverfahren<br />

gegenüber anderen betreibenden<br />

Gläubigern fortgeführt<br />

werden können, hängt damit zusammen,<br />

dass die offenkundige Zahlungsunfähigkeit<br />

erst nach Einvernahme<br />

der Parteien beschlussmäßig<br />

festgestellt werden kann. Würde die<br />

in einem Exekutionsverfahren festgestellte<br />

offenkundige Zahlungsunfähigkeit<br />

auch gegenüber dem/den<br />

betreibenden Gläubiger/n anderer<br />

Exekutionsverfahren wirken, wäre<br />

dies ein Verstoß gegen deren rechtliches<br />

Gehör.<br />

Allerdings wird es wahrscheinlich<br />

nicht allzu oft dazu kommen, dass<br />

andere Exekutionsverfahren gegen<br />

denselben Verpflichteten fortgeführt<br />

werden, obwohl in einem Exekutionsverfahren<br />

die offenkundige<br />

Zahlungsunfähigkeit festgestellt ist.<br />

Nach §§ 4 und 5 EO ist für Exekutionen<br />

auf das bewegliche Vermögen<br />

ein und dasselbe Bezirksgericht<br />

zuständig, sodass in allen Exekutionsverfahren<br />

auf das bewegliche<br />

Vermögen derselbe Vollstrecker tätig<br />

wird. Auch sind gem § 33 Abs<br />

1 EO alle Exekutionsverfahren auf<br />

das bewegliche Vermögen zu verbinden.<br />

Es ist daher davon auszugehen,<br />

dass der Vollstrecker, wenn<br />

er in einem Exekutionsverfahren zu<br />

der Feststellung gelangt, dass der<br />

Verpflichtete offenkundig zahlungsunfähig<br />

ist, in allen anderen Exekutionsverfahren<br />

auf das bewegliche<br />

Vermögen des Verpflichteten zu<br />

demselben Ergebnis gelangen und<br />

mit der Vollziehung der ihm aufgetragenen<br />

Exekutionshandlungen<br />

innehalten wird. Er wird dann das<br />

Exekutionsgericht davon informieren,<br />

dass seiner Ansicht nach eine<br />

offenkundige Zahlungsunfähigkeit<br />

des Verpflichteten vorliegt. Das Gericht<br />

wird dann nach Einvernahme<br />

der betreibenden Gläubiger der anderen<br />

Exekutionsverfahren und des<br />

Verpflichteten feststellen, ob der<br />

Verpflichtete tatsächlich offenkundig<br />

zahlungsunfähig ist.<br />

Wird außer dem Gerichtsvollzieher<br />

in den miteinander verbundenen<br />

Exekutionsverfahren auch noch ein<br />

Verwalter tätig, so haben der Verwalter<br />

und der Vollstrecker einander<br />

alle Informationen zu geben, die für<br />

das jeweilige andere Verfahren von<br />

Bedeutung sind, soweit die Verfahren<br />

die gleichen Exekutionsmittel<br />

umfassen (§ 80d EO). Auch sind der<br />

Verwalter und der Vollstrecker zur<br />

Einsicht in die Akten des jeweiligen<br />

anderen Verfahrens berechtigt, soweit<br />

dies für die Durchführung der<br />

Exekution erforderlich ist. Es kann<br />

daher davon ausgegangen werden,<br />

dass Verwalter und Vollstrecker sich<br />

gegenseitig über die in einem Exekutionsverfahren<br />

festgestellte offenkundige<br />

Zahlungsunfähigkeit informieren.<br />

Anders ist dagegen die Situation,<br />

wenn neben der Exekution auf das<br />

bewegliche Vermögen auch noch<br />

eine Liegenschaftsexekution geführt<br />

wird und sich das Buchgericht und<br />

das nach den §§ 4 und 5 EO für die<br />

Exekution auf das bewegliche Vermögen<br />

zuständige Gericht nicht decken.<br />

Allerdings wird mE eher selten<br />

eine offenkundige Zahlungsunfähigkeit<br />

vorliegen, wenn der Verpflichtete<br />

eine Liegenschaft besitzt.<br />

Abgesehen davon, dass wegen der<br />

Gehörproblematik keine allseitige<br />

Wirkung der Feststellung der Zahlungsunfähigkeit<br />

angeordnet wer­

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