Nr. 41 März 2007 6,50 € H 14450 Nr. 41 März 2007 6,50 € H ... - VPLT
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V.Mrecht<br />
Jeden Tag beim Bäcker oder beim Tanken werden sie, zumeist<br />
ohne wesentliche Probleme, abgeschlossen: Verträge bestimmen<br />
das tägliche Rechtsleben maßgeblich. Viele Verträge sind<br />
Grundlage für Entscheidungen, die das ganze berufliche, unternehmerische<br />
oder persönliche Leben prägen können. Umso verwunderlicher<br />
ist es, dass der Erarbeitung und Kontrolle von Verträgen<br />
teilweise fahrlässig wenig Beachtung geschenkt wird. Dieses<br />
gilt auch in der Veranstaltungsbranche, obwohl es hierbei oftmals<br />
um Verträge mit großen finanziellen Auswirkungen für die Vertragspartner<br />
geht.<br />
Grundzüge des Zustandekommens und des Inhaltes vertraglicher<br />
Vereinbarungen sowie der Strategien wenn Verträge nicht<br />
oder mangelhaft erfüllt werden, sollen daher in einer zweiteiligen<br />
Serie kurz dargestellt werden.<br />
Welches Recht?<br />
Deutsches Vertragsrecht ist Bestandteil des bürgerlichen<br />
Rechtes, auch Zivilrecht genannt. Es hat seine Ursprünge im römischen<br />
Recht und wurde 1900 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)<br />
geregelt und erfuhr Anfang 2002 mit der sog. Schuldrechtsreform<br />
eine große Änderung. Für Kaufleute wurden Sonderregeln in das<br />
Handelsgesetzbuch (HGB) aufgenommen. Beide Gesetze sind im<br />
Internet www.dejure.org zu finden und sind Grundlage aller Verträge.<br />
Der Gesetzgeber hat es den Vertragsparteien allerdings frei<br />
gestellt, grundsätzlich im Rahmen der Vertragsfreiheit eigene<br />
rechtliche Regelungen zu schaffen, welche das gesetzlich geregelte<br />
Recht ersetzen können. Allerdings sind eine Abweichung von gesetzlichen<br />
Regelungen in manchen Fällen auch nicht zulässig. Dieses<br />
ist zumeist dann der Fall, wenn Interessen Schwächerer, z.B.<br />
der Verbraucher oder Mieter geschützt werden sollen. Unter Unternehmern<br />
ist bei eigenen Vertragsregeln immer ein größerer Gestaltungsspielraum<br />
möglich als zwischen Privatpersonen oder im Verhältnis<br />
Unternehmer zum Verbraucher.<br />
Bei Auslandsbezug ist in Verträge eine Klausel aufzunehmen,<br />
welches Recht anzuwenden ist und welches Gericht im Streitfalle<br />
örtlich zuständig sein soll. Bei Verträgen mit Auslandsbezug sollte<br />
unbedingt ein Rechtsanwalt mit der Erstellung des Vertrages beauftragt<br />
werden.<br />
Allgemeine Regelungen<br />
des Vertragsrechtes<br />
Verträge kommen durch zwei übereinstimmende Erklärungen<br />
der Vertragsparteien zustande, diese Erklärungen nennt der Jurist<br />
“Willenserklärungen”. Sie bedürfen in der Regel keinerlei Form,<br />
können also auch mündlich erklärt werden. Einer bestimmten<br />
Form bedürfen nur bestimmte Geschäfte, z.B. der Kaufvertrag<br />
über ein Grundstück muss notariell beurkundet werden.<br />
Die Erklärungen werden in Angebot und Annahme unterschieden.<br />
Im Angebot sind alle wesentlichen Regelungen des Vertrages<br />
enthalten, der Annehmende muss lediglich “Ja” zum Angebot sagen<br />
und so dann kommt ein Vertrag zustande. Sagt der Annehmende<br />
“Ja, aber...” und ändert das Angebot des Vertragspartners ab, so<br />
entsteht ein neues Angebot, welches wiederum vom anderen Ver-<br />
76 <strong>VPLT</strong>.Magazin.<strong>41</strong><br />
Grundzüge des Vertragsrechts (1)<br />
Rechtsanwalt Sebastian Pichel nimmt in dieser Ausgabe<br />
die Grundzüge des Vertragsrechts in der Veranstaltungstechnik<br />
unter die Lupe. Ein komplexes Thema, daher in zwei Teilen.<br />
tragspartner mit “Ja” angenommen werden muss. Das “Ja” muss<br />
nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann auch durch eine<br />
entsprechende Handlung zum Ausdruck, z.B. durch die Aufnahme<br />
der Arbeit oder Inanspruchnahme einer Dienstleistung zum Ausdruck<br />
gebracht werden. Schweigt der Vertragspartner auf das Angebot<br />
des Anderen, so kommt kein Vertrag zustande. Schweigen ist<br />
grundsätzlich, bis auf wenige Ausnahmen, rechtlich unbeachtlich.<br />
Eine Ausnahme stellt das sog. kaufmännische Bestätigungsschreiben<br />
dar. Hierbei wird zwischen Personen, welche ähnlich wie<br />
Kaufleute am wirtschaftlichen Geschäftsleben teilnehmen, ein<br />
vorher mündlich geschlossener Vertrag schriftlich bestätigt.<br />
Schweigt der Empfänger auf ein ihm zugegangenes kaufmännisches<br />
Bestätigungsschreiben, so gilt der Vertrag als mit dem Inhalt<br />
des Bestätigungsschreibens abgeschlossen. Der Empfänger muss<br />
bei einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben, welches nicht<br />
den vereinbarten Vertragswortlaut wiedergibt, also sofort handeln<br />
und dem Schreiben widersprechen.<br />
Zugangsprobleme<br />
Die Willenserklärungen müssen dem jeweils anderen Vertragspartner<br />
zugegangen sein, das heißt in seinen Bereich gelangt,<br />
z.B. in den Briefkasten eingeworfen oder einem Angestellten übergeben<br />
worden sein. Die Erklärungen können auch unter Abwesenden<br />
per Fax, Brief oder Email abgeben werden. Es sein denn, das<br />
Gesetz schreibt die Urkundsform vor, dann sind Faxe und Emails,<br />
unzulässig.<br />
Es können auch Dritte zur Übermittlung oder zur Verhandlung<br />
über den Vertrag eingeschaltet werden. Ein Vertrag, der mit Handschlag<br />
besiegelt wurde, ist also in einer Vielzahl von Fällen ein<br />
rechtsgültiger Vertrag. Dieser muss nun erfüllt werden. Lediglich<br />
bei bestimmten, vom Gesetz definierten Irrtümern, bei Sittenwidrigkeit<br />
oder bei Vertragsschluss unter Drohung oder Zwang kann<br />
der Vertrag angefochten werden. Dann wäre der Vertrag von Anfang<br />
an unwirksam, der Jurist spricht von Nichtigkeit. Bei Anfechtung<br />
wegen eines Irrtums kann jedoch eine Schadensersatzpflicht<br />
für den Anfechtenden entstehen.<br />
Beispielfall<br />
In der Praxis kann ein Vertragsschluss somit wie folgt aussehen:<br />
Der Geschäftsführer der Lichtfirma X muss Ersatzpersonal<br />
stellen, da ein Techniker erkrankt ist und ruft kurz vor Produktionsbeginn<br />
beim Techniker Y an. Dieser ist nicht zu Hause, aber<br />
seine Lebensgefährtin nimmt das Telefonat an. X fragt an, ob Y sofort<br />
für einen bestimmten Tarif und eine bestimmte Zeit die Position<br />
des erkrankten Kollegen auf der Produktion übernehmen<br />
kann, dieses teilt die Lebensgefährtin dem Y mit. Im Rechtssinne<br />
liegt hier ein Angebot vor, denn alle wichtigen Vertragspunkte<br />
wurden im Angebot genannt. Das Angebot wurde hier von der Lebensgefährtin<br />
als so genannte Empfangsbotin angenommen. Y<br />
müsste nur noch “Ja” sagen.<br />
Techniker Y hört kurz später die Mailbox ab, fährt in die Halle<br />
und fängt an zu arbeiten. Hierin ist die schlüssige Annahme des<br />
Vertragsangebotes, die Annahme, das “Ja” sagen zu sehen. Es liegt