29.12.2012 Aufrufe

Nr. 41 März 2007 6,50 € H 14450 Nr. 41 März 2007 6,50 € H ... - VPLT

Nr. 41 März 2007 6,50 € H 14450 Nr. 41 März 2007 6,50 € H ... - VPLT

Nr. 41 März 2007 6,50 € H 14450 Nr. 41 März 2007 6,50 € H ... - VPLT

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

V.Mrecht<br />

Jeden Tag beim Bäcker oder beim Tanken werden sie, zumeist<br />

ohne wesentliche Probleme, abgeschlossen: Verträge bestimmen<br />

das tägliche Rechtsleben maßgeblich. Viele Verträge sind<br />

Grundlage für Entscheidungen, die das ganze berufliche, unternehmerische<br />

oder persönliche Leben prägen können. Umso verwunderlicher<br />

ist es, dass der Erarbeitung und Kontrolle von Verträgen<br />

teilweise fahrlässig wenig Beachtung geschenkt wird. Dieses<br />

gilt auch in der Veranstaltungsbranche, obwohl es hierbei oftmals<br />

um Verträge mit großen finanziellen Auswirkungen für die Vertragspartner<br />

geht.<br />

Grundzüge des Zustandekommens und des Inhaltes vertraglicher<br />

Vereinbarungen sowie der Strategien wenn Verträge nicht<br />

oder mangelhaft erfüllt werden, sollen daher in einer zweiteiligen<br />

Serie kurz dargestellt werden.<br />

Welches Recht?<br />

Deutsches Vertragsrecht ist Bestandteil des bürgerlichen<br />

Rechtes, auch Zivilrecht genannt. Es hat seine Ursprünge im römischen<br />

Recht und wurde 1900 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)<br />

geregelt und erfuhr Anfang 2002 mit der sog. Schuldrechtsreform<br />

eine große Änderung. Für Kaufleute wurden Sonderregeln in das<br />

Handelsgesetzbuch (HGB) aufgenommen. Beide Gesetze sind im<br />

Internet www.dejure.org zu finden und sind Grundlage aller Verträge.<br />

Der Gesetzgeber hat es den Vertragsparteien allerdings frei<br />

gestellt, grundsätzlich im Rahmen der Vertragsfreiheit eigene<br />

rechtliche Regelungen zu schaffen, welche das gesetzlich geregelte<br />

Recht ersetzen können. Allerdings sind eine Abweichung von gesetzlichen<br />

Regelungen in manchen Fällen auch nicht zulässig. Dieses<br />

ist zumeist dann der Fall, wenn Interessen Schwächerer, z.B.<br />

der Verbraucher oder Mieter geschützt werden sollen. Unter Unternehmern<br />

ist bei eigenen Vertragsregeln immer ein größerer Gestaltungsspielraum<br />

möglich als zwischen Privatpersonen oder im Verhältnis<br />

Unternehmer zum Verbraucher.<br />

Bei Auslandsbezug ist in Verträge eine Klausel aufzunehmen,<br />

welches Recht anzuwenden ist und welches Gericht im Streitfalle<br />

örtlich zuständig sein soll. Bei Verträgen mit Auslandsbezug sollte<br />

unbedingt ein Rechtsanwalt mit der Erstellung des Vertrages beauftragt<br />

werden.<br />

Allgemeine Regelungen<br />

des Vertragsrechtes<br />

Verträge kommen durch zwei übereinstimmende Erklärungen<br />

der Vertragsparteien zustande, diese Erklärungen nennt der Jurist<br />

“Willenserklärungen”. Sie bedürfen in der Regel keinerlei Form,<br />

können also auch mündlich erklärt werden. Einer bestimmten<br />

Form bedürfen nur bestimmte Geschäfte, z.B. der Kaufvertrag<br />

über ein Grundstück muss notariell beurkundet werden.<br />

Die Erklärungen werden in Angebot und Annahme unterschieden.<br />

Im Angebot sind alle wesentlichen Regelungen des Vertrages<br />

enthalten, der Annehmende muss lediglich “Ja” zum Angebot sagen<br />

und so dann kommt ein Vertrag zustande. Sagt der Annehmende<br />

“Ja, aber...” und ändert das Angebot des Vertragspartners ab, so<br />

entsteht ein neues Angebot, welches wiederum vom anderen Ver-<br />

76 <strong>VPLT</strong>.Magazin.<strong>41</strong><br />

Grundzüge des Vertragsrechts (1)<br />

Rechtsanwalt Sebastian Pichel nimmt in dieser Ausgabe<br />

die Grundzüge des Vertragsrechts in der Veranstaltungstechnik<br />

unter die Lupe. Ein komplexes Thema, daher in zwei Teilen.<br />

tragspartner mit “Ja” angenommen werden muss. Das “Ja” muss<br />

nicht ausdrücklich erklärt werden, sondern kann auch durch eine<br />

entsprechende Handlung zum Ausdruck, z.B. durch die Aufnahme<br />

der Arbeit oder Inanspruchnahme einer Dienstleistung zum Ausdruck<br />

gebracht werden. Schweigt der Vertragspartner auf das Angebot<br />

des Anderen, so kommt kein Vertrag zustande. Schweigen ist<br />

grundsätzlich, bis auf wenige Ausnahmen, rechtlich unbeachtlich.<br />

Eine Ausnahme stellt das sog. kaufmännische Bestätigungsschreiben<br />

dar. Hierbei wird zwischen Personen, welche ähnlich wie<br />

Kaufleute am wirtschaftlichen Geschäftsleben teilnehmen, ein<br />

vorher mündlich geschlossener Vertrag schriftlich bestätigt.<br />

Schweigt der Empfänger auf ein ihm zugegangenes kaufmännisches<br />

Bestätigungsschreiben, so gilt der Vertrag als mit dem Inhalt<br />

des Bestätigungsschreibens abgeschlossen. Der Empfänger muss<br />

bei einem kaufmännischen Bestätigungsschreiben, welches nicht<br />

den vereinbarten Vertragswortlaut wiedergibt, also sofort handeln<br />

und dem Schreiben widersprechen.<br />

Zugangsprobleme<br />

Die Willenserklärungen müssen dem jeweils anderen Vertragspartner<br />

zugegangen sein, das heißt in seinen Bereich gelangt,<br />

z.B. in den Briefkasten eingeworfen oder einem Angestellten übergeben<br />

worden sein. Die Erklärungen können auch unter Abwesenden<br />

per Fax, Brief oder Email abgeben werden. Es sein denn, das<br />

Gesetz schreibt die Urkundsform vor, dann sind Faxe und Emails,<br />

unzulässig.<br />

Es können auch Dritte zur Übermittlung oder zur Verhandlung<br />

über den Vertrag eingeschaltet werden. Ein Vertrag, der mit Handschlag<br />

besiegelt wurde, ist also in einer Vielzahl von Fällen ein<br />

rechtsgültiger Vertrag. Dieser muss nun erfüllt werden. Lediglich<br />

bei bestimmten, vom Gesetz definierten Irrtümern, bei Sittenwidrigkeit<br />

oder bei Vertragsschluss unter Drohung oder Zwang kann<br />

der Vertrag angefochten werden. Dann wäre der Vertrag von Anfang<br />

an unwirksam, der Jurist spricht von Nichtigkeit. Bei Anfechtung<br />

wegen eines Irrtums kann jedoch eine Schadensersatzpflicht<br />

für den Anfechtenden entstehen.<br />

Beispielfall<br />

In der Praxis kann ein Vertragsschluss somit wie folgt aussehen:<br />

Der Geschäftsführer der Lichtfirma X muss Ersatzpersonal<br />

stellen, da ein Techniker erkrankt ist und ruft kurz vor Produktionsbeginn<br />

beim Techniker Y an. Dieser ist nicht zu Hause, aber<br />

seine Lebensgefährtin nimmt das Telefonat an. X fragt an, ob Y sofort<br />

für einen bestimmten Tarif und eine bestimmte Zeit die Position<br />

des erkrankten Kollegen auf der Produktion übernehmen<br />

kann, dieses teilt die Lebensgefährtin dem Y mit. Im Rechtssinne<br />

liegt hier ein Angebot vor, denn alle wichtigen Vertragspunkte<br />

wurden im Angebot genannt. Das Angebot wurde hier von der Lebensgefährtin<br />

als so genannte Empfangsbotin angenommen. Y<br />

müsste nur noch “Ja” sagen.<br />

Techniker Y hört kurz später die Mailbox ab, fährt in die Halle<br />

und fängt an zu arbeiten. Hierin ist die schlüssige Annahme des<br />

Vertragsangebotes, die Annahme, das “Ja” sagen zu sehen. Es liegt

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!