Frankfurt in Takt - HfMDK Frankfurt
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<strong>Frankfurt</strong> <strong>in</strong> <strong>Takt</strong> 09/1<br />
„Den Drachen nicht töten, sondern reiten!“ –<br />
Aggressionstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g trägt auf der Bühne<br />
e<strong>in</strong>drucksvolle Früchte.<br />
dies ke<strong>in</strong> Opfer ist, sondern der künstleri-<br />
schen Entwicklung dient, weil Dozenten auf-<br />
e<strong>in</strong>ander bezogen und nicht konkurrierend<br />
arbeiten.<br />
Seit dem W<strong>in</strong>tersemester 2008/2009 bieten<br />
die Gesangsdozenten „offene Klassenstunden“<br />
an: Ungefähr e<strong>in</strong>mal pro Monat<br />
unterrichtet e<strong>in</strong>e/r der Gesangsdozenten<br />
Studierende ihrer/se<strong>in</strong>er Klasse vor allen<br />
<strong>in</strong>teressierten Studierenden und Dozenten<br />
der Abteilung. Anschließend f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong> Me<strong>in</strong>ungsaustausch<br />
der Dozenten untere<strong>in</strong>ander<br />
statt. Hier werden Unterrichtsmethoden<br />
kommentiert, Verbesserungsvorschläge gemacht,<br />
Ergebnisse diskutiert.<br />
Wir s<strong>in</strong>d überzeugt davon, dass dieses<br />
Modell, das neben viel F<strong>in</strong>gerspitzengefühl,<br />
e<strong>in</strong>em respektvollen Umgang und großer<br />
Offenheit mite<strong>in</strong>ander auch die Bereitschaft<br />
verlangt, sich selbst immer wieder <strong>in</strong> Frage<br />
zu stellen, uns zu besseren Lehrenden macht<br />
und der <strong>Frankfurt</strong>er Gesangsausbildung e<strong>in</strong>e<br />
ganz besondere Qualität verleiht, weil im<br />
Unterricht die Studierenden im Mittelpunkt<br />
stehen und nicht die Fächer.<br />
Hedwig Faßbender, Professor<strong>in</strong> für Gesang,<br />
Direktor<strong>in</strong> des Ausbildungsbereichs Gesang/<br />
Musiktheater, Dekan<strong>in</strong> für Darstellende Kunst<br />
*) www.methodenpool.uni-koeln.de/<br />
teamteach<strong>in</strong>g<br />
Lernen unter<br />
Produktionsbed<strong>in</strong>gungen<br />
Angehende Opernsänger kommen an der <strong>HfMDK</strong> mit e<strong>in</strong>er Fülle<br />
von Kompetenzen rund um den Bühnenauftritt <strong>in</strong> Kontakt<br />
Der Ausbildungsbereich Operngesang vere<strong>in</strong>t<br />
mannigfaltige Ansätze, se<strong>in</strong>e Studierenden<br />
auf die Bühnenwelt vorzubereiten. Stefan<br />
Bastians, Professor für Szenischen Unterricht<br />
an der <strong>HfMDK</strong>, stellt dar, welche Anforderungen<br />
e<strong>in</strong> Gesangsstudium se<strong>in</strong>er Ansicht<br />
nach erfüllen muss. Des weiteren erläutert<br />
er das von ihm angebotene Aggressionstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />
als <strong>in</strong>novative Möglichkeit, den jungen<br />
Darstellern e<strong>in</strong>en optimalen Zugang zu ihren<br />
Ausdrucksmöglichkeiten zu verschaffen.<br />
Künstlerische Arbeit ist gesellschaftliche<br />
Arbeit, und wenn Gesang öffentliche Kunst<br />
ist, trägt Aufführungserfahrung entscheidend<br />
zur Wirksamkeit bei. Der Umgang<br />
mit Publikum ist daher Teil des Unterrichts.<br />
Produktionen und Prüfungsarbeiten werden<br />
nicht nur <strong>in</strong>tern, sondern auch vor Publikum<br />
gezeigt.<br />
Der Vorbereitung auf die Praxis dienen auch<br />
Kenntnisse <strong>in</strong> Dramaturgie, Ausstattung, Bühnentechnik<br />
und Theaterorganisation, z.B. im<br />
Erstellen und Realisieren von konzeptionell<br />
<strong>in</strong>teressanten, kle<strong>in</strong>eren Projekten. Kompetenz<br />
<strong>in</strong> diesen Bereichen fördert die Selbständigkeit<br />
und Handlungsfähigkeit und bildet<br />
e<strong>in</strong>e wichtige Voraussetzung für die Lebensfähigkeit<br />
des Künstlers. Die wesentliche<br />
Vorbereitung auf die praktische Arbeit aber<br />
f<strong>in</strong>det im Unterricht selbst statt.<br />
Der Sänger soll sich nicht nur als Rezipient,<br />
sondern auch als kreierender, konzipierender<br />
Künstler verstehen; e<strong>in</strong>e Möglichkeit dazu<br />
bietet schon jetzt e<strong>in</strong> <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äres Arbeiten<br />
mit Tanz, Schauspiel und fächerübergreifenden<br />
Projekten. Neue Medien und vor<br />
allem Neue Musik könnten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Studio<br />
für experimentelles Musiktheater zum E<strong>in</strong>satz<br />
kommen.<br />
1<br />
Aggressionstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g<br />
Aggressionstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g def<strong>in</strong>iert Aggression als<br />
e<strong>in</strong>e konstruktive Triebfeder künstlerischen<br />
Ausdrucks. Mit Aggression ist jedes Verhalten<br />
geme<strong>in</strong>t, das das Gegenteil von Passivität und<br />
Zurückhaltung darstellt. Sie ist e<strong>in</strong>e Kraft,<br />
die ohne moralische Wertung kennenzulernen<br />
ist, e<strong>in</strong>e uns <strong>in</strong>newohnende Kraft, die zielgerichtet<br />
etwas wählt, was man wirklich<br />
selbst tun will nach dem Motto: „Den Drachen<br />
nicht töten, sondern reiten!“<br />
In diesem Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g sollen die Studierenden<br />
das Bewusstse<strong>in</strong> für die eigene Mitte schulen<br />
und e<strong>in</strong>e sichere Unterscheidungsfähigkeit<br />
dieses Zustandes von der vertrauten Kopflastigkeit<br />
unserer Zeit erlernen. Außerdem<br />
muss der Sänger unterscheiden und sich<br />
positionieren können zwischen e<strong>in</strong>em Willen,<br />
der als Kraft aus der Mitte nach draußen<br />
stürmt, und dem versammelten Willen, der<br />
als e<strong>in</strong>e Art aktiver H<strong>in</strong>gabe gegenüber den<br />
Tönen wirkt. Dann erlebt der Sänger se<strong>in</strong>en<br />
Körper mehr und mehr als Instrument und<br />
se<strong>in</strong>e Stimme wie e<strong>in</strong> dazugehöriges Wesen.<br />
Bemerkenswert, dass Sänger meist unpersönlich<br />
von ihrer Stimme sprechen. Sie<br />
sagen nicht: „Ich b<strong>in</strong> heute schlecht drauf“,<br />
sondern: „Die Stimme ist <strong>in</strong>disponiert“. Im<br />
Aggressionstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g setzt die Initiative den<br />
Inhalt: Der Sänger entdeckt e<strong>in</strong>e gewisse<br />
Wildheit <strong>in</strong> sich, um archetypische Muster<br />
und Konturen des persönlichen künstlerischen<br />
Ausdrucks aufzuspüren.<br />
Stefan Bastians, Professor für szenischen<br />
Unterricht