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Frankfurt in Takt - HfMDK Frankfurt

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<strong>Frankfurt</strong> <strong>in</strong> <strong>Takt</strong> 09/1<br />

Bei solchen Aufnahmeprüfungen sollte man deshalb vielleicht e<strong>in</strong><br />

Klausurstück, e<strong>in</strong> Kolloquium, vielleicht e<strong>in</strong>e Volkslieddarstellung,<br />

e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Improvisation, sogar e<strong>in</strong>e Transposition als Aufgabe<br />

stellen – man muss jedenfalls e<strong>in</strong>e andere Prüfungsmodalität suchen<br />

als die der re<strong>in</strong> <strong>in</strong>strumentalen Virtuosität (wobei dann oft<br />

die „zweite Wahl“ den zukünftigen Lehrern zugebilligt wird).<br />

Abschlussprüfungen<br />

Es ist fast unvermeidlich, dass das System der Abschlussprüfungen<br />

im künstlerischen Hauptfach e<strong>in</strong>em schematischen Denken <strong>in</strong> den<br />

Kategorien von „richtig“ oder „falsch“ Vorschub leistet. E<strong>in</strong> künstlerisches<br />

Studium erfordert aber e<strong>in</strong> anderes System der Erfolgsbewertung.<br />

Die Aussagekraft e<strong>in</strong>er künstlerischen Prüfungsnote ist erwiesenermaßen<br />

zweifelhaft. Daher wäre es im Grunde s<strong>in</strong>nvoll, auf Noten<br />

für Abschlussprüfungen <strong>in</strong> den künstlerischen Studiengängen im<br />

Hauptfach überhaupt zu verzichten. Beim Konzertexamen gibt es<br />

auch ke<strong>in</strong>e Noten.<br />

E<strong>in</strong> Grund, ke<strong>in</strong>e Hauptfachprüfungsnoten zu vergeben, ist auch<br />

die nicht ganz zu vermeidende Konkurrenz zwischen den Lehrenden,<br />

die sich bewusst oder unbewusst per Prüfungsnoten mite<strong>in</strong>ander<br />

vergleichen. E<strong>in</strong> solches Verhalten ist nicht böswillig, sondern<br />

systemimmanent. Würden diese Noten wegfallen, ergäbe sich viel<br />

leichter e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Arbeit von verschiedenen Lehrenden mit<br />

e<strong>in</strong>zelnen Studierenden. Wenn unterschiedliche Blickw<strong>in</strong>kel sich<br />

ergänzen, erwachsen die wertvollsten E<strong>in</strong>sichten, denn auch der<br />

beste Lehrer kann niemals alle verschiedenen, dazu auch noch<br />

wechselnden Bedürfnisse <strong>in</strong> der Lernbiographie e<strong>in</strong>es Studenten<br />

abdecken.<br />

Bei e<strong>in</strong>er künstlerischen Leistung, die sich durch so viele unterschiedliche<br />

Parameter def<strong>in</strong>iert, ist die e<strong>in</strong>dimensionale Differenzierung<br />

e<strong>in</strong>er Note mit Dezimalstellen h<strong>in</strong>ter dem Komma eigentlich<br />

e<strong>in</strong> Und<strong>in</strong>g. Wichtiger s<strong>in</strong>d Auftrittsmöglichkeiten für die<br />

Studierenden. Auf der Bühne, vor dem Publikum, nicht vor der<br />

Prüfungskommission f<strong>in</strong>den die echten Prüfungen statt.<br />

Pflichtfächer<br />

Die Identifikation der Studierenden mit ihrer Hochschule bezieht<br />

sich auf das Hauptfach und ihren Hauptfachlehrer. Pflichtfächer<br />

werden für das angestrebte kurzfristige Prüfungsprofil vom Studenten<br />

als von untergeordneter Bedeutung wahrgenommen. Dies<br />

ist nicht e<strong>in</strong>e Frage der Kompetenz der Pflichtfachlehrer! Für das<br />

langfristige künstlerische und pädagogische Profil haben diese<br />

Fächer allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e weith<strong>in</strong> unterschätzte Bedeutung.<br />

An dieser Fehle<strong>in</strong>schätzung ließe sich etwas ändern, wenn die<br />

Pflichtfächer erkennbar auf das Hauptfach bezogen wären. Tonsatz,<br />

Formenlehre, Gehörbildung, Musikgeschichte, bei Nicht-Pianisten<br />

das Nebenfach Klavier sollten soweit wie irgend möglich auf das<br />

Hauptfach bezogen werden. E<strong>in</strong>e Möglichkeit, dies zu erreichen,<br />

wäre die Durchführung geme<strong>in</strong>samer Projektaufgaben, an denen<br />

mehrere Lehrende sich beteiligen. Hierfür wäre e<strong>in</strong> Umdenken <strong>in</strong><br />

Richtung gesteigerter organisatorischer Flexibilität nötig.<br />

E<strong>in</strong> Musikstudium soll dazu befähigen,<br />

sich selbst e<strong>in</strong> guter Zuhörer und Beobachter<br />

zu se<strong>in</strong>. Auch der Spiegel beim<br />

Üben offenbart so manche Entdeckung<br />

am eigenen Musizieren.<br />

E<strong>in</strong>zelunterricht<br />

Der E<strong>in</strong>zelunterricht ist die Kernform des Instrumentalunterrichts<br />

an der Hochschule. Die Anerkennung des Lehrers durch den Schüler<br />

als unbezweifelte Autorität birgt allerd<strong>in</strong>gs auch e<strong>in</strong>e Gefahr <strong>in</strong><br />

sich, denn um e<strong>in</strong>e eigenständige Persönlichkeit zu werden, wenn<br />

Informationen an den Schüler herankommen, die ihm eigene, unabhängige<br />

künstlerische Urteile ermöglichen. E<strong>in</strong>zelunterricht sollte<br />

auch „öffentlich“ se<strong>in</strong>: Studenten lernen auch durch Zuhören beim<br />

Unterricht des Kommilitonen und des „fremden“ Lehrers!<br />

Lernen ist Vergleichen<br />

Ästhetisches Lernen geschieht immer im kreativen Vergleich.<br />

1. Beim Üben vergleichen wir zwei verschiedene Versionen<br />

e<strong>in</strong>es Tons, e<strong>in</strong>er Phrase, e<strong>in</strong>es Ausdrucks, e<strong>in</strong>er technischen<br />

oder musikalischen E<strong>in</strong>heit, e<strong>in</strong>er Bewegung, e<strong>in</strong>er körperlichen<br />

Empf<strong>in</strong>dung.<br />

2. Der Vergleich zwischen dem eigenen Leistungsprofil<br />

und dem von anderen (Künstlern, Kommilitonen) br<strong>in</strong>gt ganz<br />

wesentliche Informationen über den eigenen Stand und<br />

den eigenen Fortschritt.<br />

3. Auch der Vergleich zwischen verschiedenen methodischen<br />

Blickw<strong>in</strong>keln ist unverzichtbar. Der E<strong>in</strong>zelunterricht sollte<br />

deshalb durch „Querverb<strong>in</strong>dungen“ zu anderen Kollegen<br />

ergänzt werden.<br />

4. Oft noch e<strong>in</strong>drucksvoller ist der kreative Vergleich durch<br />

Hospitation bei Lehrern anderer Fächer. Dies kann bis h<strong>in</strong><br />

zum gelegentlichen Klassentausch gehen – zwei Professoren<br />

tauschen e<strong>in</strong>fach e<strong>in</strong>mal ihre Klassen!

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