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Das „Medikament Bewegung“ in der Prävention von ... - Adjutum

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MedikaMentöse schMerztherapie Interdiszipl<strong>in</strong>äres Schmerzmanagement<br />

4<br />

<strong>Das</strong> Schmerztherapeutische<br />

Gutachten<br />

Wilfried Ilias Abt. f. Anästhesiologie, Intensivmediz<strong>in</strong> und Schmerztherapie; KH-Barmherzige Brü<strong>der</strong> Wien<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf die zunehmende Spezialisierung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />

mediz<strong>in</strong>ischen Fachgebiete ersche<strong>in</strong>t es immer schwieriger, die zumeist<br />

vielschichtigen Krankheitsbil<strong>der</strong> und Symptomen komplexe<br />

aus <strong>der</strong> Expertise e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zelnen mediz<strong>in</strong>ischen Fachgebietes heraus<br />

zu objektivieren. <strong>Das</strong> Gericht erteilt daher <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel mehreren<br />

Fachgutachtern unterschiedlicher mediz<strong>in</strong>ischer Spezialitäten den<br />

Auftrag, das Vorliegen, mögliche Ursachen, Folgen, Besserungsfähigkeit,<br />

Leistungse<strong>in</strong>buße und Leidensmaß e<strong>in</strong>er Krankheit so zu<br />

def<strong>in</strong>ieren, dass es dem Gericht möglich ist, e<strong>in</strong> gerechtes Urteil zu<br />

fällen. Die Erfahrung zeigt allerd<strong>in</strong>gs, dass dieser polypragmatische<br />

Zugang durch unterschiedliche Betrachtungsweisen und Analysen<br />

die Urteilsf<strong>in</strong>dung unnötig komplizieren kann.<br />

Ziel <strong>der</strong> vorliegenden Arbeit ist es, anhand bereits etablierter Untersuchungsmuster,<br />

Funktionsraster, und -Scores e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>heitlichen,<br />

geme<strong>in</strong>samen Beurteilungskatalog vorzuschlagen, welcher e<strong>in</strong>erseits<br />

die notwendige und gewünschte fachspezifische Beurteilung<br />

nicht e<strong>in</strong>schränkt und dennoch, durch Vorgabe <strong>der</strong> Erfüllung bestimmter<br />

geme<strong>in</strong>samer Beurteilungskriterien, e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äre,<br />

überlappende, objektive Gesamtbeurteilung ermöglicht.<br />

allgeme<strong>in</strong>es:<br />

Die E<strong>in</strong>berufung zur Begutachtung sollte schriftlich erfolgen und<br />

H<strong>in</strong>weise auf den Zweck <strong>der</strong> Begutachtung und die jeweilige Legitimation<br />

(z.B: Gerichtsbeschluss) sowie die Auffor<strong>der</strong>ung zur Mitnahme<br />

aller krankheitsrelevanten Unterlagen und e<strong>in</strong>er Auflistung <strong>von</strong><br />

Operationen, Vorerkrankungen etc. enthalten. Um Täuschungen<br />

vorzukehren ist jedenfalls e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>deutige Identifizierung (Ausweis)<br />

vorzunehmen. Zur persönlichen Absicherung des Gutachters ist es<br />

empfehlenswert, den Zeitraum <strong>der</strong> Untersuchung und stichwortartig<br />

auch Art und Ablauf <strong>der</strong> Untersuchungsvorgänge aufzuzeichnen<br />

und sich dies vom Untersuchten bestätigen zu lassen. Daten wie<br />

vorangegangene und noch bestehende Erkrankungen, Operationen,<br />

Krankenhausaufenthalte, Kuraufenthalte, Schwangerschaften und<br />

Geburten, Arztbesuche, vorangegangene und noch aktuelle medikamentöse<br />

und physikalische Therapien ja sogar erst geplante Behandlungen<br />

und Untersuchungen sollten exakt angeführt werden.<br />

Nicht selten kommt es hier zu unterschiedlichen Angaben, da die<br />

Antragsteller zumeist aus Nervosität E<strong>in</strong>zelheiten vergessen o<strong>der</strong><br />

verwechseln. Um dem vorzubeugen, sollte wie bereits weiter oben<br />

erwähnt, <strong>der</strong> Antragsteller bereits im E<strong>in</strong>berufungsschreiben darauf<br />

h<strong>in</strong>gewiesen werden, e<strong>in</strong>e Liste kranheitsrelevanter E<strong>in</strong>zelheiten zu<br />

erstellen und zur Untersuchung mitzubr<strong>in</strong>gen. Die angegebenen<br />

Beschwerden sollten so ident wie möglich im ursprünglichen Wortlaut<br />

und ke<strong>in</strong>eswegs bereits im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er mediz<strong>in</strong>ischen Interpretation<br />

wie<strong>der</strong>gegeben werden, da dies sehr leicht voreilige Schlussfolgerungen<br />

nach sich ziehen kann. Schmerz wird <strong>in</strong>dividuell zwar<br />

sehr unterschiedlich empfunden aber <strong>in</strong>sgesamt für den Beobachter<br />

doch wahrnehmbar abgebildet. Neben e<strong>in</strong>deutigen Zeichen wie<br />

Entzündung, Fehlstellung und trophischen Störungen s<strong>in</strong>d auch aus<br />

<strong>der</strong> Haltung und Bewegung, weiters aus Muskeltonus und emotio-<br />

nalem Verhalten über den Mechanismus <strong>der</strong> Spiegelung 1 Schmerzen<br />

ablesbar bzw. erkennbar, ke<strong>in</strong>eswegs aber e<strong>in</strong>deutig quantifizierbar.<br />

Dennoch soll die Beobachtung solcher äußeren Wahrnehmungen<br />

im Befund vermerkt werden.<br />

Ungeachtet <strong>der</strong> möglicherweise mitgebrachten Befunde und Vorbegutachtungen<br />

muss e<strong>in</strong>e vollständige Untersuchung durchgeführt<br />

werden. Ke<strong>in</strong>eswegs sollte die kl<strong>in</strong>ische Untersuchung nur auf jene<br />

Region beschränkt se<strong>in</strong>, welche im Mittelpunkt <strong>der</strong> Fragestellung<br />

steht. Die kl<strong>in</strong>ische Untersuchung sollte jedenfalls auch somatometrische<br />

Daten enthalten, wobei es nicht zweckdienlich ist, sich hier<br />

auf persönliche Angaben o<strong>der</strong> bereits im Akt bef<strong>in</strong>dliche Zahlen zu<br />

verlassen. E<strong>in</strong>erseits können sich sowohl die Gewichtsverhältnisse<br />

als auch die Größenverhältnisse (z.B: bei Osteoporose) im Lauf <strong>der</strong><br />

Zeit verän<strong>der</strong>t haben. Insbeson<strong>der</strong>e kann es auch zu Messdifferenzen<br />

<strong>von</strong> Extremitätenumfängen o<strong>der</strong> –Längen kommen, wenn<br />

die Messungen <strong>in</strong> unterschiedlichen Positionen (Stehen, Liegen)<br />

vorgenommen, dies aber nicht vermerkt wurde. Die Angabe <strong>von</strong><br />

somatometrischen Daten sollte daher auch immer H<strong>in</strong>weise auf<br />

die Durchführung <strong>der</strong> Messung (Position, mittig, größter Umfang<br />

etc.) enthalten. Die m<strong>in</strong>imale Ausstattung an Untersuchungsmitteln<br />

sollten umfassen: Körperwaage, Messlatte, Messband,<br />

orthopädisches W<strong>in</strong>kelmaß, Reflexhammer, Stimmgabel (128Hz),<br />

Weichhaarp<strong>in</strong>sel, <strong>von</strong> Freye-Haare, Temperaturdiskrim<strong>in</strong>ator,<br />

Fotoapparat, RÖ-Schirm.<br />

Ergeben sich bei <strong>der</strong> Untersuchung Sensibilitäts- und Sensitivitätsdiskrim<strong>in</strong>atorische<br />

Beson<strong>der</strong>heiten, so ist es zweckdienlich, die betroffenen<br />

Areale anzuzeichnen, um eventuell e<strong>in</strong>e klare Zuordnung<br />

zu e<strong>in</strong>em Dermatom o<strong>der</strong> Myotom zu erhalten. Hervorzuheben<br />

ist hier, dass Projektionszonen und Triggerpunkte „fortgeleiteter<br />

Schmerzen“ zwar ebenfalls typische Lokalisationen aufweisen, diese<br />

aber <strong>von</strong> Dermatomen und Myotomen abweichen. Um umständlichen<br />

Beschreibungen <strong>der</strong> Ausbreitung solcher Areale zu vermeiden<br />

ist es zweckdienlich, diese nach Anzeichnung zu fotografieren,<br />

digitale Fotos können problemlos <strong>in</strong> den Schriftsatz e<strong>in</strong>gefügt werden.<br />

Die gilt auch für Narben, Wunden bzw. Haltungsschäden und<br />

Gelenksdeformitäten.<br />

Fragebögen:<br />

Zur Diagnostik <strong>von</strong> Schmerzen, Lebensqualität, Stimmungslage,<br />

Schlafqualität und Somatisierung werden <strong>der</strong>zeit bereits e<strong>in</strong>e Vielfalt<br />

<strong>von</strong> Fragebögen und (kostenpflichtigen) Analysen im Internet<br />

angeboten. Eben diese Vielfalt aber ist es, welche die Vergleichbarkeit<br />

e<strong>in</strong>es Schmerzgeschehens und die häufig gleichzeitig bestehende<br />

psychische Bee<strong>in</strong>trächtigung erschweren. Zu betonen ist<br />

auch, dass Personen, welche auf eigenen Wunsch o<strong>der</strong> im Auftrag<br />

Dritter begutachtet werden sollen, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel bereits mit Befunden<br />

(und Diagnosen) vorstellig werden und es ausschließlich darum<br />

geht, das Ausmaß <strong>der</strong> durch Diagnose(n) bereits def<strong>in</strong>ierte(n)<br />

Krankheit(en) unter Berücksichtigung vorliegen<strong>der</strong> evtl. auch noch<br />

zu ergänzen<strong>der</strong> Befunde und eigene Untersuchung zu relativieren

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