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Hinter verschlossenen Türen Sexualität im Orient - [di.wan] Berlin

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16 [dī.wān] 12.2007 GESELLSCHAFT<br />

GESELLSCHAFT<br />

12.2007 [dī.wān] 17<br />

und <strong>di</strong>e Abkehr von der Religion ein<br />

Affront gegen <strong>di</strong>e Eltern und vor<br />

allem Gott.<br />

Während <strong>di</strong>e allgemeine Erklärung<br />

der Menschenrechte von<br />

1948 <strong>di</strong>e Religionsfreiheit ohne Einschränkung<br />

garantiert, ist <strong>di</strong>ese in<br />

islamischen Deklarationen mit dem<br />

Zusatz „nach den Best<strong>im</strong>mungen<br />

der Scharia“ versehen. Die Mehrheit<br />

der frühen Rechtsgelehrten<br />

best<strong>im</strong>mte als Strafe für den Abfall<br />

vom Islam den Tod, obwohl <strong>im</strong><br />

Koran allein von den Höllenqualen<br />

<strong>im</strong> Jenseits <strong>di</strong>e Rede ist. In der Prophetentra<strong>di</strong>tion<br />

(Sunna) kann man<br />

jedoch zahlreiche Aussagen wie<br />

<strong>di</strong>ese finden: „Wer seine Religion<br />

wechselt, den tötet.“ Derartige Befehle<br />

des Propheten werden heute<br />

unter musl<strong>im</strong>ischen Freidenkern als<br />

politisch motiviert interpretiert. Im<br />

Gegensatz zum heutigen Religionsverständnis<br />

in Europa war der Islam<br />

zu <strong>di</strong>eser Zeit nicht nur ein Glaubensbekenntnis,<br />

sondern <strong>di</strong>e Bindung<br />

an eine Gemeinschaft, deren<br />

vorsätzliche Leugnung oder Kritik<br />

als Verrat und Gefahr verstanden<br />

wurde.<br />

Ex-Musl<strong>im</strong>e unter Polizeischutz<br />

Dass es scheinbar viele Ex-Musl<strong>im</strong>e<br />

gibt, zeigt sich in der Gründung<br />

weiterer Zentralräte in Großbritannien,<br />

Skan<strong>di</strong>navien und den<br />

Niederlanden. Der hollän<strong>di</strong>sche<br />

Vereinsvorsitzende Ehsan Jami<br />

musste kürzlich wie Mina Aha<strong>di</strong><br />

unter Polizeischutz gestellt werden,<br />

nachdem er zum dritten Mal Opfer<br />

islamistischer Gewalt geworden<br />

war. Es bedarf also nicht unbe<strong>di</strong>ngt<br />

eines autoritären Staates, der Menschen<br />

Gewalt androht, um Angst bei<br />

Konvertiten auszulösen. Es scheint,<br />

als herrsche ein hoch ausgeprägter<br />

Selbstkontrollmechanismus in musl<strong>im</strong>ischen<br />

Gesellschaften bei der<br />

Frage des wahren Musl<strong>im</strong>seins vor,<br />

der derartige Übergriffe zur Folge<br />

haben kann.<br />

Dabei will <strong>di</strong>e Publizistin Arzu<br />

Toker, <strong>di</strong>e vor kurzem von ihrem<br />

Posten der zweiten Vorsitzenden<br />

des deutschen Zentralrates zurücktrat,<br />

den Islam gar nicht <strong>di</strong>ffamieren,<br />

sondern le<strong>di</strong>glich <strong>im</strong> Sinne<br />

des menschlichen Verstandes nach<br />

Kant kritisieren und damit Veränderungen<br />

herbeiführen. In ihrem<br />

Zehn-Punkte-Programm, warum<br />

man aus dem Islam austreten sollte,<br />

bezeichnet sie Musl<strong>im</strong>e als „Untertan<br />

eines totalitären, von Männern<br />

beherrschten gewalttätigen<br />

Rechtssystems“. Der Islam sei damit<br />

das Gegenstück von Demokratie<br />

und rechtsstaatlicher Verfassung.<br />

Muhammad sei kein Vorbild, da<br />

er Kriege führte, Andersgläubige<br />

und Kritiker tötete sowie mehrere<br />

Frauen und kleine Mädchen ehelichte.<br />

In ihrer Schlussbetrachtung<br />

fasst sie zusammen: „Anderthalb<br />

Jahrtausende schon haben <strong>di</strong>e<br />

Wahnideen <strong>di</strong>eses archaischen<br />

Gotteskriegers Mohammed <strong>di</strong>e<br />

Hirne der Menschen vernebelt und<br />

weltweit Unfrieden gestiftet. Es ist<br />

an der Zeit, <strong>di</strong>esem Wahnsinn ein<br />

Ende zu bereiten.“<br />

Zugegeben: Diese provokante<br />

Kritik ist für einen gläubigen Musl<strong>im</strong><br />

kaum zu ertragen. Dennoch<br />

liegt es nun an ihnen,<br />

auf <strong>di</strong>e scharfen Vorwürfe<br />

der Ex-Musl<strong>im</strong>e zu reagieren<br />

und sie in eine innerislamische<br />

Diskussion einzubetten. Damit<br />

würden <strong>di</strong>e islamischen Vertreter<br />

der Angst von Toker und vieler<br />

anderer Deutschen vor einer staatlichen<br />

Anerkennung des Islams positiv<br />

begegnen und allen Kritikern<br />

den Wind aus den Segeln nehmen.<br />

Mina Aha<strong>di</strong>,<br />

<strong>di</strong>e erste Vorsitzende des Zentralrates der Exmusl<strong>im</strong>e,<br />

steht seit der Gründung des Vereins unter Polizeischutz<br />

Die Idylle über‘m Fernseher<br />

Rahat, eine Stadt am Rande der<br />

israelischen Negev-Wüste. Hind Al-<br />

Turi wohnt mit ihrem Mann und<br />

ihren drei Söhnen in der oberen<br />

Etage eines zweistöckigen Hauses.<br />

Die Rollläden <strong>im</strong> Wohnz<strong>im</strong>mer sind<br />

zugezogen – gegen <strong>di</strong>e Mittagshitze,<br />

da <strong>di</strong>e Kl<strong>im</strong>aanlage schon seit<br />

langem kaputt ist. Im Wohnz<strong>im</strong>mer<br />

herrscht fast totale Finsternis.<br />

Auf den ersten Blick ist nur das<br />

Flackern des Fernsehers sichtbar.<br />

Es ist Samstag und <strong>di</strong>e Kinder zappen<br />

zwischen jordanischer Musik<br />

und amerikanischen Cartoons<br />

hin- und her. Über dem Fernseher<br />

hängt ein Bild mit einer Szene, <strong>di</strong>e<br />

aus den herrlichsten Fantasien romantischer<br />

<strong>Orient</strong>-Fans kommen<br />

könnte: In sanften Farben gemalt<br />

sitzen leicht verschleierte und mit<br />

Schmuck behängte Frauen mit<br />

großen schönen Augen nebst einem<br />

älteren, bärtigen, Turban tragenden<br />

Herrn mit Pluderhose und bereiten<br />

auf tra<strong>di</strong>tionell beduinische<br />

Art Kaffee zu. Währenddessen<br />

kocht Hind in Wirklichkeit in<br />

der Küche Huhn mit Gemüse und<br />

Reis und trägt <strong>di</strong>eses kleine essbare<br />

Para<strong>di</strong>es auf einem riesigen Blech-<br />

Mit der Staatsgründung Israels erlitten <strong>di</strong>e<br />

Beduinen <strong>im</strong> israelischen Negev Vertreibung,<br />

Gewalt und koloniale Ignoranz. Noch heute sind<br />

viele von ihnen hin- und hergerissen zwischen<br />

Karriere und herkömmlichem Brotbacken,<br />

zwischen Städteplanung und Stammesfehden,<br />

zwischen eigener Tra<strong>di</strong>tion und israelischer Politik<br />

von Shelley Harten<br />

teller ins Wohnz<strong>im</strong>mer. Die dünnen<br />

Brotfladen hat sie vorher in der<br />

Hütte gebacken, <strong>di</strong>e neben dem eigentlichen<br />

Haus liegt und genaugenommen<br />

nur aus einer überdachten<br />

Feuergrube besteht, über <strong>di</strong>e eine<br />

große, gewölbte Metallfläche gelegt<br />

wird.<br />

Neue Horizonte?<br />

Draußen ist es sehr heiß und<br />

<strong>di</strong>e Sonne strahlt grell auf <strong>di</strong>e hinter<br />

dem Haus liegenden einstöckigen<br />

Silos, <strong>di</strong>e sich kaum vom Sand abheben.<br />

Hinds Haus liegt am Rand<br />

von Rahat und von ihrem Balkon<br />

scheint es, als gehe <strong>di</strong>e Stadt mit den<br />

Silos sanft in <strong>di</strong>e weite Wüste über.<br />

Aber auf dem gegenüber liegenden<br />

Hügel sieht man schon <strong>di</strong>e Umrisse<br />

einer Stadt entstehen, <strong>di</strong>e von<br />

allen Rahat II genannt wird. Noch<br />

sind es nur Furchen <strong>im</strong> Sand, doch<br />

bald soll dort Hinds<br />

neues Haus entstehen.<br />

Sie stu<strong>di</strong>ert<br />

Erziehungswissenschaften<br />

und arbeitet<br />

in der Verwal-<br />

tung von Rahat, wo sie täglich mit<br />

den Unzulänglichkeiten der israelischen<br />

Regierung zu kämpfen hat.<br />

Obwohl Beduinen wie andere israelische<br />

Bürger Steuern zahlen und<br />

viele von ihnen sogar den dreijährigen<br />

Militär<strong>di</strong>enst ableisten, gibt<br />

es hier zu wenige Schulplätze, kaum<br />

genug Sozialarbeiter und nur eine<br />

bröckelnde Infrastruktur.<br />

Land-Nomaden<br />

Dabei hat es Hinds Familie<br />

vergleichsweise gut. Zur gleichen<br />

Zeit, zu der sie und ihr Mann <strong>di</strong>e<br />

Baupläne ihres neuen Eigenhe<strong>im</strong>s<br />

stu<strong>di</strong>eren, hausen etwa fünfzig Prozent<br />

der Beduinen Israels in kleinen<br />

Wellblechhütten ohne Strom<br />

und fließend Wasser. Diese „nicht<br />

anerkannten“ Siedlungen ziehen<br />

sich durch den ganzen Negev und<br />

haben nicht mehr viel mit den alten,

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