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Hinter verschlossenen Türen Sexualität im Orient - [di.wan] Berlin

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40 [dī.wān] 12.2007 BERLIN<br />

BERLIN<br />

12.2007 [dī.wān] 41<br />

Anlagebetrug in Gottes Namen<br />

Wie sogenannte Islam-Hol<strong>di</strong>ngs gläubige Musl<strong>im</strong>e um mehrere<br />

Milliarden Euro betrügen von Karin Kutter<br />

„Dieser Mann hier hat eine halbe<br />

Million Euro verloren“ sagt Herr<br />

Demirci und deutet auf ein Foto, das<br />

einen kleinen türkischstämmigen<br />

Mann mit Schnurrbart auf einer<br />

Demonstration zeigt. Die Menschen<br />

auf dem Foto demonstrieren gegen<br />

<strong>di</strong>e sogenannten Islam-Hol<strong>di</strong>ngs,<br />

<strong>di</strong>e über 200.000 gläubige Musl<strong>im</strong>e<br />

deutschlandweit um mehr als fünf<br />

Milliarden Euro betrogen haben. Sie<br />

demonstrieren auch für Gerechtigkeit,<br />

denn bis jetzt haben sie keinen<br />

einzigen Euro ihres in <strong>di</strong>e Hol<strong>di</strong>ngs<br />

investierten Geldes wieder gesehen<br />

und viele der Verantwortlichen laufen<br />

noch frei herum.<br />

Die Masche der Betrüger<br />

Angeworben wurden <strong>di</strong>e Anleger<br />

meist durch Imame, vor allem<br />

von der Bewegung Milli Görüş. In<br />

Deutschland steht <strong>di</strong>e Organisation<br />

unter Beobachtung des Verfassungsschutzes,<br />

der sie als „islamisch-extremistisch“<br />

einstuft. Gründe konnten<br />

<strong>di</strong>ese Imame genug nennen, warum<br />

das Geld in Hol<strong>di</strong>ngs wie Y<strong>im</strong>paş<br />

oder Kombassan gut aufgehoben<br />

sei. Sie seien eine sichere Anlage<br />

mit hohen Gewinnen, zudem könne<br />

man das Geld jederzeit zurück<br />

bekommen. Darüber hinaus würde<br />

man in den Wirtschaftsstandort<br />

Türkei investieren und damit seine<br />

Landsleute oder Familienangehörige<br />

unterstützen. Die in der Türkei<br />

lebenden Ver<strong>wan</strong>dten würden auch<br />

bei Stellenangeboten der Hol<strong>di</strong>ngs<br />

bevorzugt. Zudem verfügten <strong>di</strong>ese<br />

Hol<strong>di</strong>ngs über Sozialfonds, <strong>di</strong>e<br />

Arme unterstützten. Nicht zuletzt<br />

würde das islamische Zinsverbot<br />

umgangen werden, da in der Geldanlage<br />

sowohl Gewinnchancen als<br />

auch Verlustrisiko enthalten seien.<br />

Das islamische Zinsverbot, das für<br />

viele gläubige Musl<strong>im</strong>e eine große<br />

Rolle spielt, ist <strong>im</strong> Koran fest verankert<br />

und hat soziale Gründe:<br />

Mit dem Verbot Zinsen zu nehmen,<br />

wollte Prophet Muhammad<br />

erreichen, dass Geldverleiher ihre<br />

Schuldner ausnehmen.<br />

Neben all <strong>di</strong>esen Argumenten<br />

gab aber wohl der Einsatz der<br />

Imame selbst den Ausschlag, da sie<br />

als hohe Vertrauensinstanz unter<br />

den Musl<strong>im</strong>en gelten.<br />

Ihr Geld sahen <strong>di</strong>e Anleger nie<br />

wieder. Unter dem Deckmantel des<br />

Islam konnten <strong>di</strong>e Hol<strong>di</strong>ngs über<br />

fünf Milliarden Euro scheffeln und<br />

deutschlandweit zwischen 200.000<br />

und 300.000 Menschen betrügen,<br />

schätzt Herr Yil<strong>di</strong>r<strong>im</strong> vom Zentrum<br />

für Türkeistu<strong>di</strong>en. „Die Dunkelziffer<br />

ist hier sehr hoch, da viele der<br />

Betroffenen auch Angst haben und<br />

den Betrug deshalb gar nicht anzeigen.“<br />

Angst hat Herr Demirci, wie er<br />

ausdrücklich betont, keine. Herr<br />

Demirci ist Vorsitzender des „Solidaritätsvereins<br />

der Türken in Europa<br />

e.V.“, der sich für <strong>di</strong>e Betrugsopfer<br />

einsetzt. Auch er hat viel Geld<br />

durch <strong>di</strong>e Hol<strong>di</strong>ng-Geschäfte verloren.<br />

„Sie müssen sich vorstellen, <strong>di</strong>e<br />

Opfer haben oftmals ihre gesamten<br />

Ersparnisse in <strong>di</strong>e Hol<strong>di</strong>ngs inve-<br />

stiert“ – Geld, das sie jahrelang für<br />

eine bessere Zukunft ihrer Kinder<br />

gespart hatten. Er schätzt <strong>di</strong>e Zahl<br />

der Betrugsopfer sogar auf über<br />

800.000 und <strong>di</strong>e Betrugshöhe auf<br />

mehr als 30 Milliarden Euro.<br />

Verbindungen zur<br />

Regierungspartei AKP?<br />

Dursun Uyar, Chef der Y<strong>im</strong>paş-<br />

Hol<strong>di</strong>ng, wird inzwischen wegen<br />

Betrugs in Millionenhöhe mit internationalem<br />

Haftbefehl gesucht.<br />

In der Türkei jedoch läuft er frei<br />

herum. Denn scheinbar unterhält<br />

Uyar beste Verbindungen zur Regierungspartei<br />

AKP. Dies bestätigte<br />

auch Davut Buca, früherer Funktionär<br />

der AKP, gegenüber der Zeitung<br />

„Die Welt“. In einem Fax an <strong>di</strong>e<br />

Zeitung schreibt er, dass Y<strong>im</strong>paş<br />

<strong>im</strong> letzten Wahlkampf ganze Koffer<br />

voller Bargeld aus Deutschland<br />

an <strong>di</strong>e AKP überreicht haben soll.<br />

Aber auch sonst scheint Uyar beste<br />

Beziehungen zur türkischen Regierung<br />

zu haben. Zahlreiche Fotos belegen<br />

<strong>di</strong>esen Kontakt: Denn selbst<br />

als <strong>di</strong>e Betrugsfälle schon bekannt<br />

waren, nahm der türkische Justizminister<br />

Cemil Çiçek noch an einer<br />

Feier der Y<strong>im</strong>paş-Hol<strong>di</strong>ng teil.<br />

Derweil kämpft Demirici weiter<br />

für Gerechtigkeit, doch das ist nicht<br />

leicht. Auf einer Gesprächsrunde<br />

mit dem türkischen Ministerpräsidenten<br />

Erdoğan in <strong>Berlin</strong> <strong>im</strong> Jahr<br />

Quelle: http://www.hol<strong>di</strong>ng-zedeler.de/htm/hol<strong>di</strong>ng-zedeler.htm<br />

2006 wurde er von Erdoğan als Betrüger<br />

bezeichnet. Der Ministerpräsident<br />

glaubte, <strong>di</strong>e Mikrofone und<br />

Der Kampf um Gerechtigkeit<br />

Kameras seien bereits aus, als er sich<br />

an den türkischen Staatsminister<br />

mit <strong>di</strong>esen Worten <strong>wan</strong>dte. Doch<br />

der Sender ATV schnitt <strong>di</strong>esen Vorfall<br />

mit und strahlte ihn landesweit<br />

<strong>im</strong> türkischen Fernsehen aus.<br />

Auch über <strong>di</strong>e deutsche Bundesregierung<br />

will Demirci Druck auf<br />

<strong>di</strong>e Türkei ausüben. Doch <strong>di</strong>e Anfrage<br />

der Bundestagsabgeordneten<br />

Sev<strong>im</strong> Dağdelen von der Fraktion<br />

„Die Linke“ brachte nur spärliche<br />

Ergebnisse. „Der mehrfache Verweis<br />

der Bundesregierung auf <strong>di</strong>e<br />

fehlenden Kenntnisse<br />

oder Zustän<strong>di</strong>gkeiten<br />

zeugt von einer kompletten<br />

Ignoranz gegenüber den Betroffenen<br />

oder von einem mangelnden<br />

Interesse an der Aufklärung des<br />

Parlaments bzw. der Öffentlichkeit“,<br />

sagt Dağdelen. Eine Nachfrage an<br />

<strong>di</strong>e Bundesregierung ist inzwischen<br />

in Vorbereitung.<br />

Als sich Demirici <strong>im</strong> April 2007<br />

auf einer Veranstaltung mit Erdoğan<br />

und Merkel in Hannover <strong>di</strong>rekt an<br />

<strong>di</strong>e Bundeskanzlerin <strong>wan</strong>dte, wurde<br />

er von den Leibwächtern des türkischen<br />

Ministerpräsidenten kurzerhand<br />

aus dem Saal befördert. Die<br />

anwesenden deutschen Sicherheitskräfte<br />

sahen dabei tatenlos zu.<br />

Doch Herr Demirci gibt nicht<br />

auf. Demnächst wird er zusammen<br />

mit deutschen Bundestagsabgeordneten<br />

ins türkische Parlament nach<br />

Ankara fahren und weiter für <strong>di</strong>e<br />

Betrugsopfer der Hol<strong>di</strong>ngs kämpfen.<br />

Die Zeit drängt, denn schon<br />

Ende 2008 ist der Betrug verjährt.<br />

Spätestens dann könnten <strong>di</strong>e Täter<br />

straffrei ausgehen.

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