KinderStücKe von a bis Z - Verlag für Kindertheater
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neue StücKe<br />
„Früher war ich mal sieben. Aber das ist lange her.“<br />
mirJam PreSSler<br />
malka mai<br />
Für die Bühne bearbeitet <strong>von</strong> Ulrike Hatzer und Andreas<br />
Steudtner // 3 D in wechselnden Rollen // ab 10 Jahren<br />
UA: Junges Theater des Hans Otto Theater Potsdam, 2008<br />
Die jüdische Ärztin Hanna Mai fühlt sich sicher, Ärzte werden<br />
gebraucht, denkt sie – auch <strong>von</strong> den Deutschen. Doch es ist<br />
1943 und Hanna Mai irrt sich folgenschwer. Von der unmittelbar<br />
bevorstehenden „Aktion“ wird sie überrascht und sie muss<br />
überstürzt mit ihren Töchtern Minna und Malka in die Berge<br />
fliehen. Sie wollen zu Fuß <strong>von</strong> Polen nach Ungarn gelangen.<br />
Malka aber ist erst sieben Jahre alt und wird nach wenigen<br />
Tagen krank. Hanna muss sich entscheiden: Sie<br />
lässt Malka bei einem Schleuser, der ihr verspricht, das<br />
Kind nach Ungarn nachzubringen. Zusammen mit Minna<br />
schließt sich Hanna einer Gruppe Flüchtlinge an und schafft<br />
es mit ihnen <strong>bis</strong> nach Budapest.<br />
Der Schleuser jedoch setzt Malka auf die Straße und so macht<br />
sich das Kind alleine auf den Weg, wird aufgegriffen und in ein<br />
polnisches Ghetto gebracht. Sie entkommt zwei Räumungsaktionen.<br />
Sie lebt, um zu essen. Sie schläft im Kohlenkeller. Sie sieht<br />
Massenerschießungen und verhungerte Kinder und überlebt<br />
sogar den Typhus. Als Hanna Mai schließlich nach Polen zurückkehrt,<br />
um die Tochter zu suchen und zu retten, da ist Malka innerlich<br />
längst keine sieben Jahre mehr alt und sie erinnert sich<br />
nur noch an eine Frau Doktor, die einmal ihre Mutter war.<br />
In ihrer Bearbeitung des Romans <strong>für</strong> die Bühne folgen Ulrike<br />
Hatzer und Andreas Steudtner der eindeutigen Parteinahme<br />
Mirjam Presslers <strong>für</strong> die Opfer der Shoah. Sie machen den<br />
Schock fühlbar, den ein Kind durch den Zusammenbruch der<br />
malka mai: hans otto Theater Potsdam<br />
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bekannten Welt und die unverständliche und unvorstellbare<br />
Grausamkeit, die darauf folgte, erleiden musste. Malka wird,<br />
weil sie ‚Jüdin’ ist, <strong>von</strong> einem Menschen zu einem bloßen Ding<br />
degradiert und als solches der Vernichtung preisgegeben.<br />
Der unsentimentale, fast spröde Bühnentext gibt keine Anweisungen<br />
zum richtigen Verstehen, sondern ermöglicht es dem<br />
jungen Publikum nachzuvollziehen, welche Bedeutung und<br />
Folge die Aufkündigung des zivilisatorischen Grundsatzes hat,<br />
dass wir alle gleiche Menschen sind. Das individuelle Schicksal<br />
wird durch die präzise und knappe Darstellung zum überindividuellen.<br />
Im Sinne Claude Lanzmanns soll das Publikum<br />
„nicht weinen“, auch nicht um das eine Kind, das doch hätte<br />
verschont bleiben sollen, sondern es soll zur Auseinandersetzung<br />
angeregt werden.<br />
Mirjam Pressler erzählt eine reale Lebensgeschichte, die ihr <strong>von</strong><br />
Malka Mai in Israel erzählt wurde. Malka Mai hat die Vernichtung<br />
der Jüdinnen und Juden überlebt und konnte mit ihrer<br />
Schwester Minna 1944 <strong>von</strong> der Jugend-Alijah zu ihrem Vater<br />
nach Palästina (Erez-Israel) gebracht werden. Ihre Mutter Hanna<br />
Mai wanderte 1948 nach der Staatsgründung Israels ein. Die<br />
Familie lebte nicht mehr zusammen.<br />
Mirjam Pressler wurde 1940 geboren, studierte an der Akademie<br />
<strong>für</strong> Bildende Künste in Frankfurt und Sprachen in München und<br />
lebte <strong>für</strong> ein Jahr in einem Kibbuz in Israel. Heute lebt sie als<br />
freie Autorin und Übersetzerin bei München. Mirjam Pressler<br />
hat mehr als 30 eigene Kinder- und Jugendbücher verfasst und<br />
über 200 Bücher übersetzt. Sie wurde <strong>für</strong> ihr Werk mit vielen<br />
namhaften Preisen ausgezeichnet.<br />
das gleichnamige buch erscheint im beltz <strong>Verlag</strong><br />
und wurde vielfach ausgezeichnet, unter anderem<br />
mit dem luchs des Jahres 2001<br />
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„Den gibt es doch gar nicht!“<br />
oTfried PreuSSler<br />
hörbe mit dem großen hut<br />
Für die Bühne bearbeitet <strong>von</strong> Tristan Berger<br />
14 Rollen (<strong>für</strong> Amateur- und Freilichtaufführungen)<br />
// ab 5 Jahren // UA: frei<br />
Hörbe ist ein Hutzelmann. Und die Hutzelmänner aus dem Siebengiebelwald<br />
haben ganz besondere Hüte. Die bestehen<br />
aus neunundneunzig seltsamen Zutaten, neun<br />
Mal muss die Sonne auf sie scheinen und neunmal<br />
der Mond, neunmal Regen und neunmal Schnee auf<br />
sie fallen. Hörbe kann eine Menge toller Sachen mit<br />
einem solchen Hut anstellen - und ihn sogar im Notfall<br />
als Boot benutzen, weil er zum Beispiel gerade auf der Flucht<br />
vor einer Schar Ameisen ist. Aber da erfasst plötzlich die Flusströmung<br />
sein Hutboot und treibt ihn geradewegs mitten hinein<br />
in die Worlitzer Wälder! Ganz schrecklich, denn dort haust<br />
bekanntlich der Plampatsch, der besonders gerne Hutzelmänner<br />
frisst! Wer aber ist das seltsame zottelige Wesen, das ihn<br />
ganz knapp vor dem sicheren Ertrinken rettet? Ein Zwottel, ein<br />
Zottelschratz, mit Zottelpelz und Zi-Za-Zottelschwanz? Oder<br />
doch vielleicht der leibhaftige Plampatsch?<br />
Weitere Stücke und Vita <strong>von</strong> Otfried Preußler s. S. 30f<br />
„Weshalb starrt ihr ihn so an?“<br />
STefan Schroeder/VicTor hugo<br />
Quasimodo<br />
Frei nach Victor Hugos „Der Glöckner <strong>von</strong> Notre-Dame“<br />
3 D – 7 H // ab 12 Jahren // UA: frei<br />
„So einer kann doch kein Mensch sein!“: Quasimodo, der Hässliche,<br />
das Monster, der Bucklige, Ausgeburt der Hölle, ein Freak.<br />
Seit 16 Jahren lebt der so Genannte bei Frollo, dem Priester <strong>von</strong><br />
Notre-Dame. Stündlich läutet er dort die Glocken, halb taub<br />
geworden <strong>von</strong> ihrem Dröhnen. Er ist längst kein Kind mehr, und<br />
er vertraut Frollo nicht mehr blind. Doch Quasimodo kennt nur<br />
ihn, niemand sonst hat je mit ihm gesprochen, niemand außer<br />
Frollo sah ihn je ohne Entsetzen an. Bis er Esmeralda<br />
trifft, die schöne, tanzende Esmeralda. Er rettet sie<br />
vor den Schergen des Königs, der sie der Hexerei<br />
bezichtigt, und er bringt sie nach Notre-Dame.<br />
Zum ersten Mal in seinem Leben versucht Quasimodo<br />
einen Dialog, lernt er Gefühle kennen und<br />
das Vertrauen in einen anderen Menschen. Doch man<br />
schreibt das Jahr 1482 und <strong>für</strong> eine Hexe und einen Hässlichen<br />
kann es in dieser Zeit kein glückliches Ende geben. Denn beide<br />
entsprechen nicht dem, was die Gesellschaft als „Mensch“ definiert<br />
hat. So stirbt die Hexe auf dem Scheiterhaufen und der<br />
Freak weist sich freiwillig den einzigen Platz zu, den er bekommen<br />
kann: im Grab an ihrer Seite zu liegen. Dass zugleich des<br />
Königs Hexerei „Alchimie“ genannt wird und also legitim ist,<br />
und dass selbst der so nächstenliebende Priester ein hässliches<br />
hörbe mit dem großen hut: Zauberbühne rottweil<br />
Herz unterm Talar haben kann, beweist dabei nur, wie flexibel<br />
die Gültigkeit gesellschaftlicher Urteile sein kann.<br />
Der messende Blick <strong>von</strong> heute sieht gemeinhin keine Hexen<br />
und Monster mehr. Doch ist damit die Geschichte des unglücklichen<br />
Glöckners <strong>von</strong> Notre-Dame längst nicht aus der ‚Mode’<br />
gekommen. An ihrem Beispiel kann die Selbstverständlichkeit<br />
thematisiert werden, mit der wir Urteile über Körper und Seelen<br />
fällen; nach Kriterien, die uns ganz ‚natürlich’ erscheinen.<br />
Doch steckt in jedem Bemessen und Beurteilen eines Menschen<br />
bereits die Anmaßung, ihn beherrschen zu können:<br />
„Die jüdische Tradition vermittelt die Scheu, einen Menschen mit<br />
dem Meterstab zu messen, weil man die Toten messe – <strong>für</strong> den<br />
Sarg. Das ist es, woran die Manipulatoren des Körpers ihre Freude<br />
haben. Sie messen den anderen, ohne es zu wissen, mit dem<br />
Blick des Sargmachers. Sie verraten sich, wenn sie das Resultat<br />
aussprechen: sie nennen den Menschen lang, kurz, fett und<br />
schwer.“ (T. W. Adorno)<br />
Stefan Schroeder, 1977 in Hagen geboren, studierte Theaterwissenschaft,<br />
Anglistik und Germanistik in Bochum. Während des<br />
Studiums war er an verschiedenen Theatern der freien Szene als<br />
Autor, Regisseur und Darsteller aktiv, seit 2001 ist er Dramaturg<br />
am Schauspiel Dortmund. Daneben ist er seit 2006 Lehrbeauftragter<br />
an der Fakultät <strong>für</strong> Kulturwissenschaften der Universität<br />
Dortmund.<br />
Weitere Stücke <strong>von</strong> Stefan Schroeder S. 35, 44<br />
neue StücKe<br />
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