Pflegebedürftig! Wie geht es weiter? - IPP - Universität Bremen
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Manchmal reicht schon eine kleine Unaufmerksamkeit,<br />
und ein unglücklicher Sturz lässt die Treppe im<br />
eigenen Zuhause zu einem unüberwindbaren Hindernis<br />
werden. Oder <strong>es</strong> ist die Kaff eetasse, die Papa<br />
nach dem Spülen statt auf ihren gewohnten Platz im<br />
Küchenschrank in die Nachttischschublade g<strong>es</strong>tellt<br />
hat, die deutlich macht: Jetzt wird Hilfe gebraucht.<br />
Doch: „Pfl ege ist ein sehr emotional<strong>es</strong>, vielfach<br />
angstb<strong>es</strong>etzt<strong>es</strong> Thema“, erklärt Prof. Dr. Stefan Görr<strong>es</strong>,<br />
Pfl egewissenschaftler an der <strong>Universität</strong> <strong>Bremen</strong>. Der<br />
erste Schritt in Richtung Unterstützung ist für viele<br />
Betroff ene eine große Herausforderung.<br />
„Rund 70 Prozent der Bund<strong>es</strong>bürger äußern Angst<br />
davor, im Pfl egefall von anderen abhängig zu<br />
sein“, sagt Stefan Görr<strong>es</strong>. Hinzu komme oftmals ein<br />
Misstrauen gegenüber Pfl egeeinrichtungen. Der Begriff<br />
Pfl egeheim sei in Deutschland negativ b<strong>es</strong>etzt.<br />
Die Sorge, dort Missständen zu begegnen und das<br />
Bild vom „Heim als Endstation“ würden nicht zuletzt<br />
durch einschlägige Medienberichterstattung immer<br />
wieder b<strong>es</strong>tätigt. Stefan Görr<strong>es</strong> zufolge ändert sich<br />
derzeit jedoch Einig<strong>es</strong>. So reagierten Pfl egeanbieter<br />
mit speziellen Off erten auf unterschiedlichste<br />
Bedürfnisse pfl egebedürftiger Menschen. Hinzu kommen<br />
zwei neue Systeme, entstanden aus der Pfl egereform<br />
2008, die künftig mehr Orientierung bieten<br />
sollen. Damit sind einerseits die Qualitätsprüfungen<br />
für stationäre und ambulante Pfl egedienste gemeint<br />
sowie die Errichtung von sog. Pfl eg<strong>es</strong>tützpunkten.<br />
Mit der Errichtung von Pfl eg<strong>es</strong>tützpunkten wird<br />
das Ziel verfolgt, unabhängige und natürlich auch<br />
kostenlose Beratung rund um die Pfl ege anzubieten<br />
sowie eine umfassende und nahtlose Versorgung<br />
für pfl egebedürftige Menschen zu organisieren. Da<br />
bekanntlich mehrere Wege zum Ziel führen, hat der<br />
G<strong>es</strong>etzgeber die Frage, ob und wie Pfl eg<strong>es</strong>tützpunkte<br />
zu errichten sind, den Ländern überlassen. In Niedersachsen<br />
streben die Pfl ege- und Krankenkassen<br />
gemeinsam mit dem niedersächsischen Landkreis-<br />
und Städtetag an, je Landkreis bzw. kreisfreie Stadt<br />
mind<strong>es</strong>tens einen Pfl eg<strong>es</strong>tützpunkt einzurichten.<br />
Die letzte Entscheidung über das Für und Wider triff t<br />
jedoch die jeweilige Kommune. Das Land <strong>Bremen</strong><br />
hat einen anderen Weg gewählt: Hier wurde vorerst<br />
f<strong>es</strong>tgelegt, dass drei Pfl eg<strong>es</strong>tützpunkte eingerichtet<br />
werden. Di<strong>es</strong>e haben ihren Betrieb bereits im April<br />
aufgenommen.<br />
„Wir schicken niemanden <strong>weiter</strong>“.<br />
Pfl eg<strong>es</strong>tützpunkte: Hilfe nach Maß<br />
Wer der freundlichen und r<strong>es</strong>oluten 51-Jährigen<br />
gegenübersitzt, dem fällt <strong>es</strong> leicht, sich auf ihr Wort<br />
und ihre Hilfe einzulassen. Astrid Feldkamp ist eine<br />
von zwölf Beraterinnen und Beratern, die seit Mitte<br />
April in den drei Pfl eg<strong>es</strong>tützpunkten d<strong>es</strong> Land<strong>es</strong> <strong>Bremen</strong><br />
arbeiten. Ihre Aufgabe ist <strong>es</strong>, Bremerinnen und<br />
Bremern auf der Suche nach Unterstützung in Sachen<br />
Pfl ege mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Das tut sie<br />
mit viel Engagement und – kostenlos. Helle Räume,<br />
eine moderne Einrichtung und eine Tür, die stets<br />
off en steht, kennzeichnen den Arbeitsplatz von Astrid<br />
Feldkamp. Seine Lage ist mit Bedacht gewählt. Der<br />
Pfl eg<strong>es</strong>tützpunkt in Veg<strong>es</strong>ack hat unter dem Dach<br />
ein<strong>es</strong> Einkaufzentrums Platz gefunden. „So haben diejenigen,<br />
die zu uns kommen möchten, kurze Wege“,<br />
erklärt die Beraterin.<br />
Gemeinsame Beratung<br />
Viele der Menschen, die Astrid Feldkamp aufsuchen,<br />
bringen wenig Vorwissen zum Thema Pfl ege mit.<br />
Doch egal ob Fragen zur Pfl egekasse, ambulanten<br />
oder stationären Pfl ege, Entlastung für Angehörige,<br />
Fragen der Finanzierung oder ander<strong>es</strong>, als Fachfrau<br />
weiß die Beraterin um zahlreiche Möglichkeiten, die<br />
richtigen Ansprechpartner und Wege. Zusätzlich<br />
kann sie auf das fachliche Know-how ihrer Kollegen<br />
zählen. Das B<strong>es</strong>ondere am System der Bremer Pfl eg<strong>es</strong>tützpunkte:<br />
Die Sozialbehörde und die Krankenkassen<br />
im Lande <strong>Bremen</strong> stellen das Beratungspersonal<br />
gemeinsam, planen und arbeiten zusammen. „Geht<br />
<strong>es</strong> etwa um die Frage der Finanzierbarkeit ein<strong>es</strong> Pfl egeplatz<strong>es</strong>,<br />
dann ist der Kollege von der Sozialbehörde<br />
Prof. Dr. Stefan Görr<strong>es</strong>,<br />
Pfl egewissenschaftler an<br />
der <strong>Universität</strong> <strong>Bremen</strong><br />
Tipp<br />
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Pfl egeversicherung“,<br />
Andreas Heiber, Linde<br />
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02 | 2009 hkk Magazin<br />
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