Depesche 131 - Old-Tablers Deutschland
Depesche 131 - Old-Tablers Deutschland
Depesche 131 - Old-Tablers Deutschland
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Face<br />
Machtlos gegen Facebook<br />
Am Anfang war ja alles noch ganz lustig.<br />
Ein Facebooknutzer kopierte<br />
das Teamfoto von der Webseite der<br />
Schwäbisch Haller Zahnarztpraxis<br />
von Dr. Klaus Löhlein, Mitglied bei OT<br />
101Schwäbisch Hall, und stellte es im<br />
sozialen Netzwerk ein. „Kann jemand<br />
die Vorliebe dieses Zahnarztes erkennen?“,<br />
fragte er in die öffentliche Runde<br />
– und innerhalb von wenigen Stunden<br />
wurden Klaus Löhlein und seine sieben<br />
blonden Arzthelferinnen zu einer<br />
Internetberühmtheit.<br />
Gazetten wie die Bildzeitung, aber<br />
auch renommierte Medien wie Die Welt<br />
stürzten sich auf das Thema und verursachten<br />
zusätzlich ein Rauschen im<br />
Blätterwald. „Tausende Kommentare<br />
in Facebook, hunderte E-Mails auf den<br />
Praxisrechnern, viele Anrufe, auch obszöne:<br />
Die unfreiwillige Popularität<br />
und die Entwicklung einer kurzen<br />
Copy&Paste-Aktion eines einzelnen<br />
Facebooknutzers zeigen anschaulich,<br />
wozu das Internet in der Lage<br />
ist. Mit welcher Machtlosigkeit man<br />
Facebook gegenüber stehen kann, von<br />
einer Sekunde auf die nächste“, kommentierte<br />
die Heilbronner Stimme die<br />
Situation. „Du bist der Situation einfach<br />
ausgeliefert, und du kannst absolut gar<br />
nichts dagegen machen“, bestätigt Klaus<br />
Löhlein. Aus seiner Sicht eine sehr bedenkliche<br />
Entwicklung.<br />
Um zu verhindern, dass die Situation<br />
stalkinghafte Züge annimmt, schaltete<br />
er einen Rechtsanwalt ein. Doch der<br />
riet: „Still halten! Bloß nicht einmischen,<br />
nicht selbst mit dem Kommentieren beginnen,<br />
nicht für irgendetwas rechtfertigen.“<br />
Nach gut einer Woche war dann die<br />
ganze Aufgeregtheit wieder so gut wie<br />
Dieses Foto von der Webseite der<br />
Praxis verbreitete sich im sozialen<br />
Netzwerk Facebook und sorgte bundesweit<br />
für Aufsehen.<br />
Foto: Zahnarztpraxis Dr. Klaus Löhlein<br />
nATiOnAL //<br />
vorbei. Sie hat dennoch Spuren hinterlassen.<br />
Die Arzthelferinnen jedenfalls<br />
sind verunsichert. Und sie wundern sich<br />
über das Ausmaß des Facebook-Postings.<br />
Die lustigen Kommentare finden sie ja<br />
noch okay. Aber leider gab es auch einige<br />
Bemerkungen, die unter die Gürtellinie<br />
Eine kurze Copy&Paste-Aktion eines<br />
einzelnen Facebooknutzers zeigt anschaulich,<br />
mit welcher Machtlosigkeit man<br />
Facebook gegenüber stehen kann<br />
gingen. Das hat den Arzthelferinnen<br />
einen richtigen Schrecken eingejagt.<br />
Fast alle haben inzwischen ihre<br />
Facebookidentität geändert, sodass sie<br />
nicht von jedem Nutzer gefunden werden<br />
können.<br />
Mittlerweile sind auch nicht mehr<br />
alle blond. Zwei sind inzwischen brünett.<br />
Und jüngst ist eine neue Kollegin<br />
im Team hinzugekommen. Die ist<br />
Italienerin. Und dunkelhaarig.<br />
Klaus Löhlein jedenfalls ist froh, dass<br />
der „Spuk“ vorbei und alles dann doch<br />
noch glimpflich abgelaufen ist. „Es hätte<br />
kippen können“, räumt er ein - die Folgen<br />
sind nicht auszudenken. Einen wirklichen<br />
Schutz vor solchen Entwicklungen<br />
sieht er nicht. Den einzigen Rat, den er<br />
geben kann: bei allem, was ins Netz gestellt<br />
wird, vorsichtig sein und vorher<br />
überlegen, was passieren kann. Ein<br />
Restrisiko bleibt dennoch.<br />
<strong>Depesche</strong> <strong>131</strong> | AGM OTD in Papenburg, 3. bis 5. Mai 2013 35