Stufe 6: Seien Sie freundlich! - Prof. Dr. Martin-Niels Däfler
Stufe 6: Seien Sie freundlich! - Prof. Dr. Martin-Niels Däfler
Stufe 6: Seien Sie freundlich! - Prof. Dr. Martin-Niels Däfler
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<strong>Stufe</strong> 1: Was stresst mich?<br />
<strong>Stufe</strong> 2: Entrümpeln <strong>Sie</strong> Ihr Büro!<br />
<strong>Stufe</strong> 3: Arbeiten <strong>Sie</strong> smarter!<br />
<strong>Stufe</strong> 4: Halten <strong>Sie</strong> sich fit!<br />
<strong>Stufe</strong> 5: Vermeiden <strong>Sie</strong> Missverständnisse!<br />
<strong>Stufe</strong> 6: <strong>Seien</strong> <strong>Sie</strong> <strong>freundlich</strong>!<br />
<strong>Stufe</strong> 7: Übernehmen <strong>Sie</strong> (wieder) die Kontrolle!<br />
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Impressum & Copyright<br />
Die private Nutzung des Selbstlernkurses „Stressfreies<br />
Arbeiten“ ist kostenlos und nicht an Bedingungen geknüpft.<br />
Die kommerzielle Nutzung der Inhalte ist jedoch untersagt.<br />
Verantwortlich: <strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Martin</strong>-<strong>Niels</strong> <strong>Däfler</strong> Frühlingstr. 19b 63869 Heigenbrücken<br />
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© Bilder: Wenn nicht anders angegeben: www.pixelio.de oder privat<br />
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Guten Tag zu <strong>Stufe</strong> 6! Heute erwartet <strong>Sie</strong> eine „schöne“ Lektion – anders kann ich<br />
es gar nicht ausdrücken, denn schließlich werden wir ausschließlich über angenehme<br />
Dinge sprechen! Die <strong>Stufe</strong> 6 gliedert sich in zwei Teile:<br />
Teil 1: Freundlich zu sich selbst<br />
Der Schlüssel zur Entspannung ist Zufriedenheit mit sich selbst! Wie im Flugzeug gilt: Versorgen<br />
<strong>Sie</strong> erst sich selbst und dann andere, hilfsbedürftige Passagiere. Deshalb werden<br />
<strong>Sie</strong> hier ein paar Hinweise erhalten, was <strong>Sie</strong> sich selbst Gutes tun können.<br />
Teil 2: Freundlich zu anderen<br />
Wenn <strong>Sie</strong> selbst zufrieden sind, dann fällt es Ihnen viel leichter, <strong>freundlich</strong> zu<br />
anderen zu sein. So setzen <strong>Sie</strong> einen „Engelskreislauf“ in Gang – denn diese<br />
Freundlichkeit kommt zu Ihnen zurück. Dies werde ich belegen und Ihnen zeigen,<br />
wie <strong>Sie</strong> ehrlich gemeinte Freundlichkeit im Alltag praktizieren können.<br />
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Teil 1: Freundlich zu sich selbst<br />
Wie gerade gesagt: Nur wer in sich ruht, wer zufrieden ist, kann in<br />
stressigen Situationen einen kühlen Kopf bewahren bzw. seine<br />
Stressresistenz erhöhen. Kehren wir kurz<br />
zurück zu <strong>Stufe</strong> 1 – dort hatte ich <strong>Sie</strong><br />
ja bereits gebeten aufzuschreiben,<br />
was Ihnen gut tut und hatte Ihnen<br />
dazu einige Anregungen gegeben.<br />
Vielleicht wollen <strong>Sie</strong> erneut das Blatt zur<br />
Hand nehmen und darüber nachdenken, …<br />
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… was Ihnen Kraft und<br />
Schwung für den Alltag<br />
verleiht?<br />
Darüber hinaus möchte ich<br />
Ihnen nun ein paar weitere<br />
Denkanstöße schenken …<br />
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Zunächst einmal sollten <strong>Sie</strong> darüber nachdenken: Freundlich zu sich<br />
zu sein bedeutet, das Leben zu genießen! Und das heißt wiederum …<br />
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… zu verstehen, dass das Leben nicht nur aus Pflichten besteht, sondern<br />
auch (!) darin, schöne Momente zu schaffen, Chancen zum Genuss zu<br />
nutzen und sich selbst zu erfreuen. Wie soll schon Konstantin Wecker<br />
gesagt haben: „Wer nicht genießen kann wird ungenießbar.“<br />
In diesem Sinne sind die folgenden Anregungen zu verstehen. Dabei kommt<br />
es gar nicht darauf an, was <strong>Sie</strong> tun. Hauptsache ist, dass Ihnen klar wird: Es<br />
gibt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem eigenen Wohlbe-<br />
finden und dem wahrgenommenen Stress. Gut gelaunte Menschen<br />
empfinden weniger Stress. Also: Machen <strong>Sie</strong> sich gute Laune, indem <strong>Sie</strong><br />
<strong>freundlich</strong> zu sich sind!<br />
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Gönnen <strong>Sie</strong> sich jeden Tag mindestens 15 Minuten für sich, in denen<br />
<strong>Sie</strong> völlig allein sind, und sei es, dass <strong>Sie</strong> auf dem Rückweg vom Büro<br />
anhalten und auf<br />
einem Parkplatz<br />
im Grünen stehen<br />
bleiben oder sich<br />
auf eine Parkbank<br />
in der Nähe<br />
setzen …<br />
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Machen <strong>Sie</strong> mal eine Stunde früher<br />
Feierabend und sagen niemandem<br />
etwas davon – nutzen <strong>Sie</strong> die freie Zeit<br />
für einen Spaziergang im Wald, für einen<br />
kleinen Einkaufsbummel, einen Besuch<br />
im Zoo, einen Abstecher in die Eisdiele<br />
um die Ecke …<br />
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Rufen <strong>Sie</strong> Ihren besten Freund/beste Freundin an.<br />
Hören <strong>Sie</strong> Ihre Lieblingsmusik.<br />
Nehmen <strong>Sie</strong> ein Schaumbad.<br />
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Gehen <strong>Sie</strong> (öfters mal) zum<br />
Friseur, zur Maniküre, zur<br />
Kosmetikerin … Ein schönes<br />
Äußeres stärkt übrigens das<br />
Selbstwertgefühl und dieses<br />
wiederum erhöht die<br />
Stressresistenz.<br />
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Kaufen <strong>Sie</strong> sich einen<br />
bunten Blumen-<br />
strauß für Ihren<br />
Schreibtisch –<br />
so haben <strong>Sie</strong><br />
mehrere Tage<br />
lang einen schö-<br />
nen Anblick, an<br />
dem <strong>Sie</strong> sich erfreuen<br />
können.<br />
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Gönnen <strong>Sie</strong> sich (allein, mit<br />
Ihrem Partner oder der<br />
besten Freundin/dem besten<br />
Freund) einen Wellnesstag in<br />
einem Hotel in der Nähe<br />
oder gehen <strong>Sie</strong> in die Sauna,<br />
in ein Spaßbad oder einen<br />
Freizeitpark.<br />
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Vorbeugend gegen Stress wirkt, wenn <strong>Sie</strong> es sich angewöhnen,<br />
Entspannungsrituale in Ihren Arbeitsalltag einzubauen. Genießen <strong>Sie</strong><br />
beispielsweise jeden Morgen um 10 Uhr bewusst Ihr Lieblingsgetränk,<br />
sei es eine Tasse Cappuccino, Früchte-<br />
tee oder eine Kräuterlimonade –<br />
Entscheidend ist, dass <strong>Sie</strong><br />
für ein paar Minuten zur<br />
Ruhe kommen.<br />
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Apropos Rituale: Auch das Gegenteil – bewusste, positive<br />
Abwechslung – wirkt stresslindernd. Alles, was<br />
von der Routine abweicht, ist<br />
grundsätzlich geeignet,<br />
Menschen …<br />
… zu erfreuen und ihnen<br />
Glücksmomente zu verschaffen.<br />
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Sind sie nicht nur dann zu sich<br />
<strong>freundlich</strong>, wenn <strong>Sie</strong> etwas erreicht<br />
haben („Belohnung“), sondern<br />
gerade dann, wenn es Ihnen mal<br />
nicht so gut geht!<br />
Das ist übrigens auch der Ansatz<br />
von Delfin-Trainern – diese geben<br />
ihren Schützlingen zwischendrin mal<br />
einen Fisch … für die gute Laune!<br />
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Der meines Erachtens beste Tipp zum Schluss von Teil 1: Reden <strong>Sie</strong> sich<br />
selbst nicht schlecht – betreiben <strong>Sie</strong> keine negative, sondern eine positive<br />
Selbstverbalisation. Was genau das ist, erfahren <strong>Sie</strong> auf <strong>Stufe</strong> 7!<br />
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Fassen wir Teil 1 kurz zusammen: Freundlich zu sich selbst zu sein<br />
bedeutet, (öfters mal) die Dinge zu tun, die<br />
einem Freude bereiten und dadurch neue<br />
Energie schenken. Dies ist eine elementare<br />
Voraussetzung dafür, mit Stress gut umgehen<br />
zu können.<br />
Dabei ist klar: Nicht jeder Tipp ist für jeden<br />
Typen gleichermaßen geeignet – den einen<br />
erfreut es, wenn er in Ruhe ein Buch lesen kann,<br />
den anderen bereichert ein netter Abend mit dem Freundeskreis.<br />
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Teil 2: Freundlich zu anderen<br />
<strong>Sie</strong> haben nun ein paar Impulse erhalten, die Ihnen helfen können,<br />
<strong>freundlich</strong> zu sich zu sein. Ich denke, dass der Zusammenhang auch<br />
unmittelbar einsichtig ist: Wer gut „drauf ist“, den erschüttert nichts<br />
so leicht. Was aber, soll es bewirken, wenn ich <strong>freundlich</strong> zu anderen<br />
bin? Wie soll das bitteschön mein Stressniveau senken? Völlig zu<br />
Recht dürfen <strong>Sie</strong> diese Frage stellen.<br />
Zunächst eine ganz wissenschaftliche Feststellung …<br />
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<strong>Prof</strong>essor Alice Isen von der Cornell University hat in einer Studie*<br />
herausgefunden: Freundliche Menschen werden von ihren Vorgesetzten<br />
besser bewertet und erzielen höhere Einkommen. Gut, das hat jetzt wenig<br />
mit Stress zu tun, zeigt aber immerhin, dass sich Freundlichkeit durchaus<br />
auf dem Bankkonto bemerkbar macht.<br />
Es gibt allerdings auch eine – in vielen<br />
Untersuchungen nachgewiesene – Korrelation<br />
zwischen der Freundlichkeit eines Menschen<br />
und seiner inneren Ausgeglichenheit, mithin<br />
seinem Stressempfinden. Vereinfacht gesagt …<br />
*Quelle: Mai, J. und Rettig, D.: Ich denke, also spinn ich, München 2011, S. 58<br />
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… heißt das, dass <strong>freundlich</strong>e Menschen<br />
� viel seltener in Konflikte verwickelt sind,<br />
� ihre Ziele schneller und einfacher erreichen,<br />
� ein höheres soziales Ansehen haben und<br />
� sich glücklicher fühlen.<br />
<strong>Prof</strong>essor John Kay* von der Oxford University begründet dies folgendermaßen:<br />
„Die Reaktionen anderer hängen nicht nur von dem ab, was wir tun,<br />
sondern auch von deren Auffassung, warum wir dies tun – und von<br />
deren Wahrnehmung, was für ein Typ Mensch wir sind.“<br />
*Quelle: Kay, John: Obliquity, München 2011, S. 185<br />
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Die Kommunikationsforschung drückt das so aus: „Die Beziehungsebene<br />
bestimmt die Inhaltsebene.“ Auf Deutsch: Man ist viel eher<br />
geneigt, etwas für einen anderen zu tun, seinen Standpunkt<br />
anzunehmen oder ihm zu helfen, wen einem der Andere sympathisch<br />
ist. Sympathie wiederum gründet maßgeblich auf der Art und Weise,<br />
wie wir mit unseren Mitmenschen umgehen, also, wie <strong>freundlich</strong> wir<br />
sind.<br />
Damit ist der Argumentationskreis geschlossen: Wenn ich <strong>freundlich</strong><br />
bin, dann bekomme ich Unterstützung von anderen, kann Zeit<br />
sparen und habe ein harmonisches Umfeld – alles Faktoren, die<br />
Stress reduzieren.<br />
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Auf den Punkt gebracht: Wer <strong>freundlich</strong> ist, nutzt sich<br />
selbst am meisten. Allerdings darf man Freundlichkeit<br />
und Nettigkeit nicht mit Naivität verwechseln.<br />
Das bringt uns zur spannenden Frage:<br />
Was bedeutet Freundlichkeit eigentlich?<br />
Ohne eine philosophisch-moralische Erörterung zu beginnen,<br />
will ich es einfach machen und definiere Freundlichkeit als den<br />
höflich, fairen und zuvorkommenden Umgang mit seinen<br />
Mitmenschen. Letztlich heißt das nichts anderes, als dass man<br />
seinem Herzen und seiner Kinderstube folgt.<br />
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Das Schöne dabei ist: Freundlichkeit<br />
wirkt ansteckend. Probieren <strong>Sie</strong> es selbst<br />
einmal aus, vielleicht schon heute Abend<br />
auf dem Heimweg vom Büro nachhause<br />
– lassen <strong>Sie</strong> im Feierabendverkehr ein<br />
Fahrzeug einfädeln und bestehen <strong>Sie</strong><br />
nicht auf Ihrer Vorfahrt. Beobachten <strong>Sie</strong><br />
dann den Fahrer vor Ihnen. Mit einer<br />
sehr hohen Wahrscheinlichkeit wird er<br />
bei der nächsten Gelegenheit selbst<br />
jemand anderen einfädeln lassen!<br />
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Das war jetzt etwas abstrakt, aber wichtig, damit <strong>Sie</strong> verstehen, wie<br />
Freundlichkeit gegenüber anderen dazu beitragen kann, Stress am<br />
Arbeitsplatz zu reduzieren. Und nun werde ich Ihnen einige<br />
Anregungen präsentieren, die Ihnen helfen können Freundlichkeit im<br />
Alltag zu praktizieren.<br />
© www.stressfreies-arbeiten.org <strong>Stufe</strong> 6_Version a Folie 234
Freundlichkeit im Umgang mit anderen<br />
können <strong>Sie</strong> lernen, wenn <strong>Sie</strong> sich vorstellen,<br />
dass alle Menschen, die mit Ihnen<br />
zusammentreffen, <strong>Sie</strong> etwas lehren wollen –<br />
der drängelnde Autofahrer hinter Ihnen will<br />
<strong>Sie</strong> in Geduld unterweisen und der cholerische<br />
Chef will Ihnen Nachsicht beibringen.<br />
Das ist die wohl wichtigste Botschaft im zweiten Teil von <strong>Stufe</strong> 6: Die Art und Weise,<br />
wie wir unsere Mitmenschen sehen – also unsere Geisteshaltung – ist der Schlüssel<br />
zur Freundlichkeit. Allzu oft ist Stress doch darauf zurückzuführen, dass wir uns über<br />
das Verhalten anderer (Chef, Kollegen, Mitarbeiter) ärgern oder es missbilligen.<br />
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Anders ausgedrückt: Wer von einem negativen Menschenbild ausgeht, wer in<br />
anderen immer Schlechtes vermutet, der wird sich schwer damit tun, <strong>freundlich</strong><br />
zu sein. Die Kunst besteht darin, vorurteilsfrei auf andere zuzugehen und deren<br />
Verhalten nicht zu beurteilen.<br />
Dazu möchte ich Ihnen mein Lieblingszitat nennen. Es stammt von dem indischen<br />
Philosophen Jiddu Krishnamurti (1895 – 1986):<br />
„Die höchste Form menschlicher Intelligenz ist die<br />
Fähigkeit, zu beobachten, ohne zu bewerten.“<br />
Das heißt: Akzeptieren <strong>Sie</strong>, dass andere Menschen<br />
andere Einstellungen, Werte, Lebensmodelle …<br />
haben. <strong>Seien</strong> <strong>Sie</strong> nicht der Richter über andere!<br />
© www.stressfreies-arbeiten.org <strong>Stufe</strong> 6_Version a Folie 236
Ich weiß, das es außerordentlich schwierig ist, diese Aufforderung im<br />
Alltag zu befolgen. Deshalb nun ein paar Tipps, wie es Ihnen gelingen<br />
kann, andere nicht zu beurteilen.<br />
Fragen <strong>Sie</strong> nach dem Warum! Warum macht ein anderer etwas?<br />
Oft unterstellen wir bestimmte Absichten oder Motive, die in<br />
Wirklichkeit gar nicht zutreffen. <strong>Sie</strong> können den anderen<br />
direkt fragen oder – was manchmal besser und einfacher ist –<br />
für sich selbst ergründen, weshalb der andere wohl so (re)agiert.<br />
Ihr Kollege hat heute schlechte Laune und schnauzt <strong>Sie</strong> an. Statt ebenso barsch zu<br />
antworten, könnten <strong>Sie</strong> innehalten: Hat er vielleicht gerade ein Kundenprojekt<br />
verloren oder hat er Ärger mit seiner Frau? Das würde sein Verhalten erklären …<br />
© www.stressfreies-arbeiten.org <strong>Stufe</strong> 6_Version a Folie 237
Die Frage nach dem Warum kann also helfen, viele konfliktträchtige Situationen zu<br />
entschärfen, gelassen zu werden und souverän-<strong>freundlich</strong> zu (re)agieren.<br />
Auch die Frage „warum eigentlich nicht?“ besitzt ein unglaubliches Potenzial, um<br />
Streit und Stress zu vermeiden. Wann immer Ihre Position, Ihre Meinung oder Ihr<br />
Wunsch mit dem Ihres Gegenüber kollidiert, sollten <strong>Sie</strong> prüfen: Warum machen<br />
wir es eigentlich nicht so, wie es der Andere vorschlägt? Welchen Nachteil hätte<br />
ich davon? Natürlich bedeutet das nicht, dass man stets „Ja und Amen“ sagen<br />
sollte, aber oftmals lohnt sich eine Auseinandersetzung gar nicht.<br />
Es geht ums Grundsätzliche: Möchte ich Recht haben oder möchte ich<br />
glücklich leben? Mal ehrlich: Wir investieren zu viel Zeit und Energie,<br />
um zu beweisen, dass wir im Recht und andere im Unrecht sind. Also:<br />
„Kämpfen“ <strong>Sie</strong> nur dann um etwas, wenn es Ihnen wirklich wichtig ist.<br />
© www.stressfreies-arbeiten.org <strong>Stufe</strong> 6_Version a Folie 238
In diesem Zusammenhang noch ein weiterer, wichtiger Hinweis:<br />
Versuchen <strong>Sie</strong>, sich in die Position Ihres Gegenüber zu versetzen und<br />
nachzuvollziehen, wie es die Situation/das Problem sieht. Oft kann<br />
ein solcher Perspektivenwechsel<br />
ungeahnte Einblicke und Einsichten<br />
eröffnen. Vielleicht werden <strong>Sie</strong><br />
feststellen, dass Ihre Standpunkte<br />
gar nicht oder nur geringfügig<br />
voneinander abweichen?<br />
© www.stressfreies-arbeiten.org <strong>Stufe</strong> 6_Version a Folie 239
Machen <strong>Sie</strong> sich zudem bewusst, dass wir nie objektiv<br />
eine Situation wahrnehmen. Geschlecht, Lebensalter,<br />
eigene und fremde Erfahrungen, unsere Werte,<br />
Normen und Maßstäbe, unsere Einstellung, unsere<br />
momentane Stimmung sowie die vorhandenen<br />
Vorinformationen haben Einfluss darauf, wie wir unser<br />
Gegenüber beurteilen. Hinzu kommen so genannte<br />
„Wahrnehmungsfallen“ – das heißt wir erfassen nie<br />
sämtliche Details einer Situation. Außerdem lassen wir<br />
uns von psychologischen Effekten täuschen.<br />
Was ich sagen will:<br />
Gehen <strong>Sie</strong> nicht davon aus, dass <strong>Sie</strong> ein vollständiges,<br />
objektives, wahres Bild Ihres Gegenüber haben!<br />
© www.stressfreies-arbeiten.org <strong>Stufe</strong> 6_Version a Folie 240
Freundlich sein heißt auch, sich fair zu verhalten, zu kooperieren<br />
und gelegentlich seine Interessen zurückzustellen.<br />
Fairness verstehe ich dabei als Achtsamkeit gegenüber<br />
anderen. Zugegebenermaßen mag es manchmal nachteilig<br />
für einen selbst sein, wenn man fair ist und nicht auf seinen<br />
eigen Vorteil achtet. Doch, ich glaube fest daran: Wer ehrlich und gerecht ist,<br />
fährt damit langfristig besser. Das mag man als weltfremde, naive Anschauung<br />
abtun und auf die harte Realität in unseren Unternehmen verweisen – es gibt<br />
jedoch genügend Gegenbeispiele. Letztlich ist das wohl Glaubenssache …<br />
Was bedeutet nun „Achtsamkeit“ konkret? Was können <strong>Sie</strong> tun, um Achtsamkeit<br />
zu praktizieren? Eigentlich ist es ganz einfach – im Prinzip müssen <strong>Sie</strong> nur Ihrem<br />
Gegenüber zuhören …<br />
© www.stressfreies-arbeiten.org <strong>Stufe</strong> 6_Version a Folie 241
… und dazu müssen <strong>Sie</strong> zunächst lernen, öfters mal<br />
den Mund zu halten – denn: Wer verstanden werden<br />
will, muss verstehen können.<br />
Doch die Realität sieht anders aus: Wir sind einfach schlechte Zuhörer! Richard<br />
Carlson formuliert treffend: „Unsere Unfähigkeit zuzuhören, ist in gewisser Weise<br />
ein Symbol für die Art, wie wir leben. Wir verhalten uns oft so, als sei Kommunikation<br />
ein Wettrennen.“<br />
Sicher kennen <strong>Sie</strong> das: Während der Andere spricht, überlegt<br />
man schon, was man selbst sagen wird oder ist mit seinen<br />
Gedanken bereits im Feierabend.<br />
© www.stressfreies-arbeiten.org <strong>Stufe</strong> 6_Version a Folie 242
Dabei könnte es so einfach sein, denn eigentlich ist nicht viel<br />
erforderlich, um ernsthaft zuzuhören (und nicht nur hinzu-<br />
hören). Man muss sich im Schweigen trainieren und dem<br />
Gesprächspartner die volle Aufmerksamkeit schenken.<br />
Darüber hinaus gibt es natürlich noch ein paar Tricks und Regeln …<br />
© www.stressfreies-arbeiten.org <strong>Stufe</strong> 6_Version a Folie 243
Unterlassen <strong>Sie</strong> während des Gesprächs sämtliche<br />
Nebentätigkeiten, wie etwa Lesen, auf das Handy<br />
starren oder E-Mails abrufen<br />
Während der andere spricht, sollten <strong>Sie</strong> nicht in der Zwischenzeit<br />
schon Ihren eigenen Redebeitrag vorbereiten.<br />
x<br />
x<br />
Lassen <strong>Sie</strong> Ihren Gesprächspartner ausreden – auch wenn es<br />
Ihnen schwer fallen sollte.<br />
Signalisieren <strong>Sie</strong> durch gelegentliches Nicken, dass <strong>Sie</strong><br />
aufmerksam zuhören. Denn in der Regel beobachtet<br />
<strong>Sie</strong> Ihr Gesprächspartner genau und sucht in Ihrer<br />
Körpersprache Hinweise darauf, ob <strong>Sie</strong> ihm folgen.<br />
© www.stressfreies-arbeiten.org <strong>Stufe</strong> 6_Version a Folie 244
Versuchen <strong>Sie</strong>, die Stille einer Gesprächspause auch<br />
einmal zu ertragen.<br />
Setzen <strong>Sie</strong> öfters positive Gesprächsverstärker ein (zum Beispiel: „aha“,<br />
„tatsächlich“, „mmh“, „ja“, „genau“, „ach was“ …).<br />
x<br />
Geben <strong>Sie</strong> keine (unerbetenen) Ratschläge,<br />
Lösungen, Wertungen oder Kritik.<br />
„Spiegeln“ <strong>Sie</strong> die Gefühle des Gesprächspartners behutsam (lächeln <strong>Sie</strong><br />
etwa, wenn sie oder er lächelt).<br />
© www.stressfreies-arbeiten.org <strong>Stufe</strong> 6_Version a Folie 245
Wenden <strong>Sie</strong> die Technik des aktiven Zuhörens an, indem <strong>Sie</strong> die wichtigsten<br />
Inhalte der Aussage des Gesprächspartners mit eigenen Worten wiederholen<br />
(zum Beispiel: „<strong>Sie</strong> meinen also, dass …“, „Das bedeutet, dass …“,<br />
„Zusammengefasst heißt das also…“, „In anderen Worten …“).<br />
Dort, wo angebracht: Versuchen <strong>Sie</strong> in Frageform zu<br />
beschreiben, welche Gefühle Ihr Gesprächspartner empfindet<br />
(zum Beispiel: „<strong>Sie</strong> ärgert also das Verhalten Ihres Kollegen?“)<br />
Fragen <strong>Sie</strong> gegebenenfalls nach und stellen <strong>Sie</strong> sicher, dass <strong>Sie</strong> erkannt und<br />
verstanden haben, was Ihr Gesprächspartner will („Was meinen <strong>Sie</strong> mit …?“).<br />
© www.stressfreies-arbeiten.org <strong>Stufe</strong> 6_Version a Folie 246
Nicht immer verlaufen Gespräche harmonisch. Selbst, wenn <strong>Sie</strong> ein richtig guter<br />
Zuhörer sind, muss das ja nicht bedeuten, dass <strong>Sie</strong> stets einer Meinung mit Ihrem<br />
Gegenüber sind. Manchmal ist der Gesprächspartner auch gar nicht an einem<br />
konstruktiven Dialog interessiert. Lassen <strong>Sie</strong> sich dadurch nicht aus der Ruhe<br />
bringen. Ganz grundsätzlich – auch in „normalen“ Gesprächssituationen – gilt:<br />
Atmen <strong>Sie</strong> tief durch, bevor <strong>Sie</strong> antworten! Denken <strong>Sie</strong> erst ein paar Augenblicke<br />
darüber nach, was <strong>Sie</strong> sagen wollen.<br />
Und wenn <strong>Sie</strong> mit Aussagen, Meinungen, Vorwürfen …<br />
konfrontiert werden, denen <strong>Sie</strong> (zunächst) nicht zustimmen<br />
können: Versuchen <strong>Sie</strong>, Kritik anzunehmen! Gehen <strong>Sie</strong> nicht gleich<br />
zum Gegenangriff über, sondern fragen <strong>Sie</strong> sich: Womit hat das<br />
Gegenüber vielleicht recht?<br />
© www.stressfreies-arbeiten.org <strong>Stufe</strong> 6_Version a Folie 247
Versuchen <strong>Sie</strong>, negatives Verhalten umzudeuten! Diese<br />
Technik wird auch Reframing, Neurahmung oder Referenztransformation<br />
genannt. Ähnlich wie ein Bilderrahmen entscheidend<br />
dafür sein kann, ob ein Kunstwerk dem Betrachter<br />
gefällt oder nicht, kann der Versuch, eine Situation in einem anderen Kontext<br />
(oder „Rahmen“) zu sehen, die Beurteilung maßgeblich verändern.<br />
Durch Umdeutung wird einer Situation oder einem Geschehen ein anderer Sinn<br />
zugewiesen, und zwar dadurch, dass man versucht, für ein problematisches Verhalten<br />
positive Erklärungen zu finden. Man sollte also positive Gründe für das<br />
Verhalten des Gegenüber suchen und dann auch dementsprechend handeln.<br />
Dazu jetzt zwei Beispiele, damit klarer wird, was gemeint ist …<br />
© www.stressfreies-arbeiten.org <strong>Stufe</strong> 6_Version a Folie 248
Beispiel 1: Die Forscher von 3M wollten ursprünglich einen<br />
Superkleber entwickeln. Doch das Ergebnis ihrer Bemühungen<br />
hatte genau gegenteilige Eigenschaften: Der Kleber war haftend<br />
und wieder ablösbar. Allerdings betrachtete man das nicht als<br />
Misserfolg. Der Rahmen wurde geändert. Man fragte sich: Wie kann dieser<br />
„Fehler“ genutzt werden? Der Post-it-Zettel war geboren.<br />
Beispiel 2: Kollege Müller ist nie kompromissbereit. Hartnäckig geht er<br />
seinen Weg und gerät dadurch oft in Konflikte. Statt sich darauf einzulassen,<br />
könnten man fragen: „Hat Hartnäckigkeit nicht auch Vorteile? Wo<br />
könnten wir Müller zu unserem Vorteil einsetzen?“ So ist in manchen<br />
Projekten Beharrlichkeit und Ausdauer ein wichtiger Erfolgsfaktor …<br />
© www.stressfreies-arbeiten.org <strong>Stufe</strong> 6_Version a Folie 249
Manche Menschen haben den <strong>Dr</strong>ang, alles und jeden<br />
in ihrer Umgebung zu analysieren und mehr oder<br />
weniger wohlgemeinte Verbesserungsvorschläge zu<br />
machen. Wie <strong>Sie</strong> aber gerade vorhin gelesen haben,<br />
sollten wir sehr zurückhaltend sein, was Ratschläge<br />
betrifft. Diese stoßen nämlich in der Regel nicht auf<br />
uneingeschränktes Verständnis. Widerstehen <strong>Sie</strong> also<br />
– im Interesse eines friedlich-<strong>freundlich</strong>en Mitein-<br />
anders – auch der Versuchung, andere zu verbessern<br />
und an ihnen herumzunörgeln.<br />
© www.stressfreies-arbeiten.org <strong>Stufe</strong> 6_Version a Folie 250
Vielleicht geht es Ihnen auch öfters so: <strong>Sie</strong> bekommen keine Anerkennung für das, was <strong>Sie</strong> tun –<br />
ob im Beruf, in der Familie oder in der Partnerschaft. Aber, mal Hand auf‘s Herz: Wie oft sagen <strong>Sie</strong><br />
Ihren Kollegen, Mitarbeitern oder Ihrem Partner, wie gut es ist, dass sie/er sich um bestimmte<br />
Dinge kümmert oder eine bestimmte Sache gut erledigt hat? Vieles nehmen wir als selbstverständlich<br />
hin und werden nur dann „aufmerksam“, wenn etwas schief läuft.<br />
Die Botschaft ist klar: Schenken <strong>Sie</strong> Ihren Mitmenschen öfters ernst gemeinte Anerkennung<br />
und Dank. Damit meine ich nicht schmeichlerisches Lob oder ein gönnerhaftes „gut<br />
gemacht!“, sondern sachlich-schlichte Feststellungen, wie etwa „Danke, dass <strong>Sie</strong> den Brief<br />
noch rechtzeitig fertig geschrieben haben“ oder „es ist mir eine große Hilfe, dass <strong>Sie</strong> immer<br />
die Besprechungen organisieren.“ Der Betroffene merkt, dass <strong>Sie</strong> seine Leistung wahrnehmen<br />
– das ist die beste Motivation überhaupt. Und: Die Anerkennung, die <strong>Sie</strong> verteilen, wird<br />
zurückkommen zu Ihnen. Das ist wissenschaftlich erwiesen und wird „Reziprozitätsprinzip“<br />
genannt.<br />
Wenn <strong>Sie</strong> also Taten und Leistungen anderer anerkennen, wird Ihr Tun viel eher wertgeschätzt!<br />
© www.stressfreies-arbeiten.org <strong>Stufe</strong> 6_Version a Folie 251
Und zum Schluss noch ein paar ganz konkrete Anregungen<br />
zum Freundlichsein. Warum nicht mal …<br />
… der Kollegin/dem Kollegen die Türe aufhalten<br />
… dem Büronachbarn einen Kaffee mitbringen<br />
… dem Postboten ein Lächeln schenken<br />
… der Abteilung einfach so Gummibärchen spendieren<br />
© www.stressfreies-arbeiten.org <strong>Stufe</strong> 6_Version a Folie 252
Zusammenfassung<br />
„<strong>Stufe</strong> 6“ lag die Erkenntnis zugrunde, dass man andere nicht ändern kann,<br />
sondern nur sich selbst. Sorgen <strong>Sie</strong> zunächst dafür, dass es Ihnen gut geht. Und<br />
seien <strong>Sie</strong> dann <strong>freundlich</strong> zu anderen. Letztlich geht es (auch) darum, als Vorbild<br />
zu wirken. Mahatma Gandhi hat das prägnant ausgedrückt: „Be the change you<br />
want to see in the world“ – sei du der Wandel, den du in der Welt sehen willst!<br />
Also: Wenn <strong>Sie</strong> <strong>freundlich</strong> behandelt werden wollen, dann sollten <strong>Sie</strong> zuerst<br />
<strong>freundlich</strong> zu anderen sein und nicht darauf warten, bis jemanden nett zu Ihnen<br />
war. Das ist eines der besten Mittel zur Stressvorbeugung!<br />
Kürzer als Antoine de Saint-Exupéry kann man das Fazit von <strong>Stufe</strong> 6 nicht<br />
formulieren: „Der beste Weg einen Menschen zu ehren, ist, ihm zuzuhören.“<br />
© www.stressfreies-arbeiten.org <strong>Stufe</strong> 6_Version a Folie 253
Damit haben <strong>Sie</strong> <strong>Stufe</strong> 6 erfolgreich absolviert.<br />
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Umsetzung und<br />
noch einen möglichst stressfreien (Arbeits-)tag!<br />
Bis zur <strong>Stufe</strong> 7<br />
Ihr<br />
<strong>Martin</strong>-<strong>Niels</strong> <strong>Däfler</strong><br />
© www.stressfreies-arbeiten.org <strong>Stufe</strong> 6_Version a Folie 254