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PDF mit lesbischem Schwerpunkt - Löwenherz

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dieses Bild jedoch diese Kraft enfaltet, liegt an<br />

der wandlungsfähigen Sprache, den wechselnden<br />

Tonfällen und Atmosphären, <strong>mit</strong> denen die<br />

Autorin jenseits der charakterlichen Konstanten<br />

der Marthe Maan ihre Entwicklung lebendig<br />

werden lässt. Vom flapsigen, unsicheren und<br />

immer wieder auch manipulierbaren Teenager<br />

über die draufgängerische Frau Anfang 20, die<br />

aneckt, der langfristige Perspektiven egal sind<br />

und die sich nimmt, was sie will, zur reifen Frau,<br />

die Karriere gemacht hat, die die Frau ihres<br />

Lebens liebt und die in Ruhe das tut, was sie tun<br />

muss, entwickeln sich nicht nur Ansichten und<br />

Lebensweisen, es entwickelt sich vor allem auch<br />

ihre Sprache. Dass sich diese sprachlich Entwicklung<br />

in den wechselnden Erzählabschnitten<br />

ebenso selbstverständlich abbildet wie die<br />

erzählten Inhalte, das hat eine derart bezwingende<br />

Kraft, dass man sich ihr beim Lesen<br />

einfach nicht entziehen kann. Und dann ist es<br />

ja auch noch Marthes Lebensgeschichte, die<br />

einen packt. Natürlich, auch die große Liebesgeschichte,<br />

aber auch ihr Engagement für Tierschutz,<br />

ihre Schwäche für schnelle und schicke<br />

Autos, ihre Faszination für die Musik ihrer<br />

Freundin, ohne dass sie davon das geringste<br />

verstünde. Und wer mag, wird auch viel Stoff zum<br />

Nachdenken und Interpretieren finden, zum Beispiel<br />

über das Leben auf Inseln, nicht nur solche<br />

im Meer – falls nicht die unendlich schönen<br />

Schilderungen der Inseln Amrum und vor allem<br />

Gotlands viel eher zum Träumen verführt haben.<br />

Wie gut, dass das Buch fast 500 Seiten hat.<br />

Veneda Mühlenbrink: Irgendwo auf<br />

der Welt fängt mein Weg zum<br />

Himmel an.<br />

D 2010, 283 S., Broschur, € 15.32<br />

Valerie ist eine junge<br />

lesbische Schriftstellerin.<br />

Seit ihre Freundin Irina<br />

sich von ihr betrogen<br />

fühlte, weil sie <strong>mit</strong> einer<br />

anderen Frau im Bett war,<br />

und sie deshalb verließ,<br />

ist Valeries Privatleben<br />

ins Schlingern geraten.<br />

Zwar genießt sie ihre<br />

Freiheit(en), andererseits<br />

liebt sie Irina noch immer,<br />

und so haben alle ihre Affären einen schalen<br />

Beigeschmack. Eine befreundete Altenpflegerin<br />

hat ihr Luise vorgestellt, eine alte Dame,<br />

die ihre Lebensgeschichte erzählen will. Luise<br />

46<br />

hat viel erlebt, Repression und Verfolgungszeit<br />

unter den Nazis, die dumpfe Zeit der 50er<br />

und 60er Jahre. Obwohl sie zeitlebens lesbisch<br />

empfand, war für sie ein offenes Leben unvorstellbar.<br />

Auch in den Gesprächen <strong>mit</strong> Valerie<br />

bleibt zunächst eine Kluft, denn auch charakterlich<br />

sind die beiden Frauen völlig verschieden.<br />

Doch die beiden vertragen sich und Valerie<br />

spürt, dass hier Stoff für ein gutes neues Buch<br />

zu holen ist. In den wöchentlichen Treffen lernt<br />

sie viel über die Vergangenheit, und natürlich<br />

muss sie auch selbst gegenüber Luise viel<br />

von sich preisgeben, denn die alte Frau ist<br />

neugierig, was lesbisches Leben <strong>mit</strong>tlerweile<br />

bedeuten könnte. - Veneda Mühlenbrinks neuer<br />

Roman besticht vor allem durch die krass inszenierten<br />

Kontraste. Gegenwart prallt auf Vergangenheit,<br />

feine Ausdrucksweise auf lautes<br />

Plappern. Während der Treffen der beiden<br />

Frauen werden solche Unterschiede zuweilen<br />

thematisiert, <strong>mit</strong>unter abgewogen und verglichen.<br />

Plakativ stehen sich jedoch die unterschiedlichen<br />

Schilderungen des Lebens von<br />

Luise und Valerie gegenüber. Während Luises<br />

Erlebnisse in gewählter, manchmal altmodischer<br />

Sprache vor allem erzählerisch vorgetragen<br />

werden, sind die Valerie-Passagen stark<br />

von Dialogen geprägt, besonders von Dialogen<br />

unter Freundinnen. Das hat beim Lesen eine<br />

äußerst erfrischende Wirkung, denn der Wechsel<br />

von langsamen, inhaltsreichen und schnellen,<br />

scheinbar oberflächlichen Pasagen hat<br />

etwas Aufrüttelndes. Gleichzeitig erfüllen die<br />

Abschnitte über Irinas Leben die Schilderungen<br />

Luises <strong>mit</strong> der Lebendigkeit der Gegenwart,<br />

ein geschickter Kniff, der Vergangenheit<br />

Farbe zu verleihen und gleichzeitig die Distanz<br />

immer deutlich bleiben zu lassen. Unterhaltung<br />

im besten Sinn, eine angenehme, leichte<br />

und zugleich hintergründige und spannende<br />

Geschichte, es macht einfach Spaß, das Buch<br />

zu lesen.<br />

Impressum<br />

Buchhandlung LÖWENHERZ, Berggasse 8, 1090<br />

Wien, Tel 01-317 29 82, Fax 01-317 29 83,<br />

eMail buchhandlung@loewenherz.at, Mo-Do 10-19<br />

Uhr, Fr 10-20, Sa 10-18 Uhr, www.loewenherz.at;<br />

Druck: agensketterl Druckerei GmbH, 3001 Mauer-<br />

bach; Irrtümer und Preisänderungen vorbehalten.<br />

Cover: aus »Stijn Coninx (R): Sœur sourire - Die sin-<br />

gende Nonne«, <strong>mit</strong> freundlicher Genehmigung der<br />

Salzgeber & Co. Medien GmbH, Berlin.

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