04.01.2013 Aufrufe

Mit der Heinz-Kühn-Stiftung unterwegs…

Mit der Heinz-Kühn-Stiftung unterwegs…

Mit der Heinz-Kühn-Stiftung unterwegs…

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Heike Krüger Israel<br />

FRAGE: Inzwischen hat sich Netanjahu ja bereits zwischen die Stühle<br />

gesetzt. Er wird von seinen ultrareligiösen Koalitionspartnern bereits heftig<br />

für die kleinsten Zugeständnisse an die Palästinenser kritisiert. Das heißt,<br />

denen ist er noch nicht radikal genug. Meinen Sie, daß das die Chance bietet,<br />

daß Netanjahu bald gezwungen sein könnte, sich an<strong>der</strong>e<br />

Koalitionspartner zu suchen? Vielleicht sogar die Arbeitspartei mit ins Boot<br />

zu nehmen?<br />

AVNERY: Ich würde sagen, dies ist nicht ganz unmöglich, aber beinahe.<br />

So eine Situation kann nur eintreten, wenn internationaler und nationaler<br />

Druck auf Netanjahu ausgeübt wird, <strong>der</strong> ihn zwingt, schrittweise voranzukommen.<br />

Dies würde nur Wirkung zeigen, wenn es ihm nicht gelingt, seine<br />

rechtsradikalen Bundesgenossen auf diesem Weg mitzunehmen. Momentan<br />

benutzt Netanjahu diese Koalitionsidee nur, um seine Partner zu erpressen,<br />

damit sie den kleinen Schritten, die er doch unternehmen muß – vor allem<br />

<strong>der</strong> Rückzug aus Hebron – zustimmen. Währenddessen steht diese unglückselige<br />

Arbeitspartei, die total unfähig und zerbrochen ist, als Fata Morgana<br />

da. Praktisch als Ausrede, um nichts zu tun.<br />

FRAGE: Glauben Sie, daß Netanjahu nicht nur für einen Aufschub <strong>der</strong><br />

Maßnahmen des Friedensprozesses, son<strong>der</strong>n für einen eklatanten Rückschlag<br />

sorgt, abzulesen an den Ereignissen Ende September und dem fortgesetzten<br />

Siedlungsbau?<br />

AVNERY: Netanjahus Grundpolitik wird sein, Zeit zu gewinnen. Das ist<br />

die alte Politik <strong>der</strong> Likud-Partei. Der Likud war unter Jitzhak Schamir<br />

gezwungen, nach Madrid zu kommen, um dort Formeln <strong>der</strong> Zusammenarbeit<br />

zuzustimmen, die ihm total wi<strong>der</strong>streben. Nachdem Schamir die<br />

Wahlen verloren hatte, gab er zu, daß er vorhatte, die Verhandlungen 20<br />

Jahre lang fortzuführen. Und wir können sicher sein, daß dies auch die<br />

Politik Netanjahus ist. Das heißt, hier und dort ein paar kleine Zugeständnisse<br />

nach endlosen Verhandlungen…. In dieser Hinsicht trifft auf<br />

Netanjahu die Bezeichnung „Pragmatiker“ zu, das heißt, er will seine<br />

rechtsradikale, extreme Politik auf einem pragmatischen Weg durchführen,<br />

was bedeutet, nie „nein“ zu sagen. Es ist nicht die Politik <strong>der</strong> eisernen<br />

Mauer, son<strong>der</strong>n die Politik des Sandsacks. Die Politik ist, Zeit zu gewinnen,<br />

alles zu verschieben, winzige Zugeständnisse propagandistisch auszuschlachten<br />

– und ansonsten auf Ereignisse zu warten, die jede Friedensbewegung<br />

gegenstandslos machen.<br />

FRAGE: Markiert diese Politik des Tatsachenschaffens, zum Beispiel<br />

durch die Errichtung neuer Siedlungen in den Gebieten, eine solche<br />

Absicht?<br />

AVNERY: Das gehört natürlich dazu. Es ist eine Politik, die aus zwei<br />

Armen besteht: Der eine Arm ist defensiv und bedeutet, alles zu verschieben.<br />

Der an<strong>der</strong>e Arm ist offensiv und heißt eine Fortführung des Krieges,<br />

denn die Vergrößerung von Siedlungen und die Neuschaffung von<br />

Siedlungen sind Kriegsakte gegen das palästinensische Volk. Damit ist die<br />

Hoffnung verbunden, durch massive Besiedlung in etwa acht, neun Jahren<br />

das Land so zu verän<strong>der</strong>n, daß das palästinensische Streben nach<br />

277

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!