Die Richtung mitbestimmen (S - DSAG
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48 Portale<br />
„Wir haben bewusst vermieden, in<br />
Anwendungssystemen und Vorgaben<br />
zu denken. Vielmehr wollten wir sehen,<br />
was die Mitarbeiter benötigen und wo<br />
wir ihnen durch eine Automatisierung<br />
helfen können, um das Prozessportal<br />
intuitiv bedienbar zu machen.“<br />
Dr. Ludger Terhart, Leiter der Abteilung<br />
Informationstechnologien bei Emscher-<br />
genossenschaft und Lippeverband<br />
Überzeugungsarbeit<br />
durch kostenvergleich<br />
Mit dem Rüstzeug im Gepäck wurde<br />
der Fachabteilung die Implementierung<br />
eines Prozessportals angeboten. Dabei galt<br />
es, ein komplexes Technologiethema wie die<br />
serviceorientierte Architektur den Entschei-<br />
dern überzeugend vorzustellen. „Wir haben<br />
dem Management vorgerechnet, was eine<br />
klassische Einführung kosten würde. Dem<br />
haben wir den serviceorientierten Ansatz<br />
auf der Grundlage der von uns aufgebauten<br />
Referenzarchitektur gegenübergestellt und<br />
waren deutlich günstiger. Damit konnten<br />
wir überzeugen“, bringt der Leiter der Ab-<br />
teilung Informationstechnologien den Ent-<br />
scheidungsprozess auf den Punkt.<br />
Prozessorientierung<br />
als Voraussetzung<br />
Neben finanziellen Aspekten konnte<br />
das Projektteam auch mit der Einlösung<br />
eines Versprechens bei den Fachbereichen<br />
punkten: die gewünschten Anforderungen<br />
schneller umzusetzen als früher. Das Ziel<br />
wurde erreicht, indem bestimmte Services<br />
realisiert wurden, die dann sofort produktiv<br />
einsetzbar waren. „Wie bei einem Lego-<br />
Bausatz haben wir Schritt für Schritt das<br />
03-10 <strong>DSAG</strong> blaupause<br />
System ausgebaut. Dadurch wurde den Mit-<br />
arbeitern das Gesamtkonstrukt in verträgli-<br />
chen Etappen nahegebracht, zumal sie es<br />
aktiv mitgestalten konnten“, erläutert Dr.<br />
Ludger Terhart. Sehr wichtig und vor allem<br />
erfolgreich war es, die Anwender des zu-<br />
künftigen Prozessportals nicht erst mit<br />
Konzepten und Architekturen zu konfron-<br />
tieren, sondern ihnen gleich funktionierende<br />
Lösungen anzubieten. In Sachen Geschäfts-<br />
prozesse war die Ausgangslage günstig.<br />
Hatten die Verbände der EGLV doch bereits<br />
vor einigen Jahren ihre klassisch-funktionale<br />
Organisation zu einer prozessorientierten<br />
Form weiterentwickelt. „<strong>Die</strong>ser Schritt war<br />
für uns eine entscheidende Voraussetzung,<br />
um überhaupt an eine serviceorientierte<br />
Architektur zu denken“, erinnert sich Dr.<br />
Ludger Terhart. Gerade die überwiegend<br />
technisch geprägten <strong>Die</strong>nstleistungen, die<br />
EGLV für ihre Mitglieder erbringen, erlau-<br />
ben eher eine Produkt- und damit Prozess-<br />
sicht, als dieses in anderen Bereichen des<br />
öffentlichen <strong>Die</strong>nstes möglich wäre.<br />
Immer bereit zum Abbruch<br />
Bevor jedoch die Freude an dem über-<br />
sichtlichen und einfach zu bedienenden<br />
Prozessportal einsetzen konnte, gab es eine<br />
Phase, in der das Projekt kurz vor dem Ab-<br />
bruch stand. „Nachdem die Basisarchitektur<br />
für das Referenzsystem erstellt war, haben<br />
wir für das Musterprojekt des nicht geschäfts-<br />
kritischen GIS-Prozesses die Umsetzungs-<br />
kosten berechnet – und festgestellt, dass<br />
diese viel zu hoch sind“, berichtet Dr. Lud-<br />
ger Terhart. Bei der Ursachenforschung<br />
zeigte sich dann, dass versucht wurde, eine<br />
geschlossene Anwendung zu bauen mit neu<br />
programmierten Oberflächen und einer um-<br />
fassenden Individualprogrammierung. Und<br />
genau das sollte nicht geschehen. Vielmehr<br />
sollten, soweit möglich und verfügbar,<br />
Standardkomponenten und -services ver-<br />
wendet werden, auch und insbesondere für<br />
die Benutzeroberflächen. Ein stringentes<br />
Projektmanagement, das auf der Umsetzung<br />
konkreter Grundsatzvorgaben (siehe Kasten<br />
Seite 46, Der Weg zur SOA) beruht, hat in<br />
diesem Punkt letztlich die Wende zum Gu-<br />
ten gebracht. Aus Sicht von Dr. Terhart war<br />
es wichtig, sich ständig zu fragen, ob man<br />
noch auf dem Weg <strong>Richtung</strong> Ziel ist, was<br />
aus seiner Erfahrung heraus bei einem derartigen<br />
Projekt oftmals vergessen wird. Weniger<br />
den Details als vielmehr dem großen<br />
Ganzen sollte die größte Aufmerksamkeit<br />
gelten. <strong>Die</strong> EGLV hat dementsprechend das<br />
gnadenlos anmutende Motto verfolgt: Das<br />
ist unser Ziel, können wir das nicht erreichen,<br />
brechen wir sofort ab! „Nicht viele<br />
gehen so konsequent vor. Aber es ist ein<br />
guter Weg, denn einer Investition kann man<br />
sich nur dann sicher sein, wenn man etwas<br />
ausprobiert. Hier sollte nicht das Jahresbudget<br />
im Vordergrund stehen, sondern der<br />
Aufbau von Know-how für künftige Projekte.<br />
Dann stellen sich auch Kostenreduzierungen<br />
ein“, fasst Dr. Terhart zusammen.<br />
Spaßfaktor ist wichtig<br />
In dem Zusammenhang hat es sich<br />
bewährt, als Projektteam in Vorleistung zu<br />
gehen und an einem kleinen, aber wirkungsvollen<br />
Beispiel aus dem Tagesgeschäft die<br />
Vorteile der SOA aufzuzeigen. Wichtig dabei<br />
war, wie das Beispiel GIS zeigte, bei den<br />
Anwendern kein Know-how für spezifische<br />
Anwendungssysteme vorauszusetzen. Nur<br />
die allgemeine Bedienbarkeit eines IT-Systems<br />
durfte der Maßstab sein. Folglich lautete<br />
das Erfolgsrezept: Keine klassischen,<br />
funktional überladenen Dialogmasken, keine<br />
komplexen Anwendungen. Es muss Spaß<br />
machen, mit dem System zu arbeiten, das<br />
Ganze muss einfach „chic“ sein! Gleichgültig,<br />
ob Mitarbeiter im Betrieb, ob Projektleiter<br />
für die Bauprojekte, der zukünftig ebenfalls<br />
den Kartenservice nutzen kann, oder<br />
der für das Management der Liegenschaften<br />
zuständige Gruppenleiter, von allen gab es<br />
eine eindeutige und gleichlautende Rückmeldung:<br />
„Genau so muss das funktionieren!<br />
Das ist genau das, was wir brauchen!“<br />
Langer Atem und „Jugend forscht“<br />
Weitere Synergien zeichnen sich auch<br />
für andere Services ab, wie z.B. bei der mobilen<br />
Auftragszuteilung und -rückmeldung<br />
für Wartungs-, Inspektions- und Instandsetzungsmaßnahmen.<br />
Rückblickend auf den<br />
Projektverlauf fällt das Resümee von Dr.<br />
Terhart als gelungene Kombination aus<br />
Durchhaltevermögen und einem Hauch For-<br />
schergeist aus. Langer Atem, Geduld, eine<br />
gründliche Planung mit einem klaren Fokus<br />
auf die Unterstützung der Geschäftsprozes-<br />
se und nicht der IT-Betrieb waren einige<br />
der zentralen Erfolgsfaktoren. Darüber hin-<br />
aus hat die Bereitschaft, im täglichen Pro-<br />
jektgeschäft immer noch etwas dazuzuler-<br />
nen, viel zum Gelingen beigetragen. Oder<br />
wie Dr. Terhart sinngemäß treffend formu-<br />
liert: „Wer in die Zukunft investieren will,<br />
muss ein Stück weit auch das Motto ‚Ju-<br />
gend forscht‘ beherzigen.“