Renée Fleming Viel Wind um Nichts? - LAUFPASS Online
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uch schlägt einem entgegen, ein ölverschmierter<br />
Techniker unterbricht seine Arbeit und zeigt jeden<br />
Winkel im großen Schiffsbauch. Alles in Ordnung an<br />
Bord der „Wilson“. Nach einem gastfreundlich angebotenen<br />
Kaffee wird abgelegt und jetzt das Schlauchboot<br />
zu Wasser gelassen. Mit 33 Knoten – unglaublich<br />
schnellen 61 km/h – flitzt das wendige Boot<br />
über das Wasser, der Bug bä<strong>um</strong>t sich auf, das Heck<br />
hängt tief im Wasser. Der <strong>Wind</strong> pfeift uns <strong>um</strong> die Ohren,<br />
das Wasser spritzt über die Bordwand. „Im Winter<br />
friert einem dabei fast der Arsch ab“, meinen die<br />
wetterharten Polizisten. Ein Hobbysegler wird eingeholt<br />
und überprüft: Alkoholkontrolle. Ein älterer<br />
Mann, allein an Bord. Er ist zwar nüchtern, allerdings<br />
ohne vollständige Papiere. Kann er nicht finden,<br />
sagt er und wird z<strong>um</strong> nächsten Tag aufs Revier beordert,<br />
sonst wird sein Boot an die Leine gelegt. Da<br />
ganz allein auf dem Schiff, betagt und in der<br />
Absicht, nach Helgoland zu segeln, wird dem alten<br />
Seebären, der seit mehr als dreißig Jahren an der<br />
Pinne steht, noch der Rat erteilt, eine Schwimmweste<br />
anzulegen und auf keinen Fall die gebunkerte<br />
Weinflasche vor der Heimkehr zu öffnen.<br />
An anderen Tagen geht es weiter raus aufs Meer.<br />
Das Operationsfeld der WSPI Bremerhaven erstreckt<br />
sich über den Bereich Unter- und Oberweser und im<br />
Bedarfsfall auch in den niederländischen Ra<strong>um</strong> bis<br />
in die Deutsche Bucht, in den Nebenfluss der<br />
Geeste zur Stauschleuse Schiffdorf und im Niedersächsischen<br />
Küstenmeer bis hin zu den gesamten<br />
ostfriesischen Inseln, also mit einem maximalen Radius<br />
von 12 Seemeilen. Hinzu kommt die Überwachung<br />
der mit nahezu fünf Kilometern weltweit<br />
längsten zusammenhängenden Kaje in Bremerhaven.<br />
Neben Bootsmann Thomas Freese sind noch sechs<br />
weitere Kollegen an Bord, fast alle haben das Kapitänspatent.<br />
Manche von ihnen fuhren jahrelang auf<br />
große Fahrt, zogen es dann aber vor, z<strong>um</strong> Feierabend<br />
zu ihren Familien zurückzukehren. Großes Glück für<br />
die WSPI, auf diese Weise hochqualifiziertes Personal<br />
an sich zu binden und auch für ihre Frauen, denn in<br />
ihren kleidsamen Uniformen sehen sie ausgesprochen<br />
schick aus – aber das nur am Rande.<br />
Neben den präventiven Patrouillenfahrten wird die<br />
WSPI entweder durch besorgte Bürger gerufen, die<br />
schlicht die 110 wählen, weil sie Verdächtiges oder<br />
Besorgniserregendes auf dem Wasser oder an der<br />
Küste entdecken oder es kommt ein Hilfsersuchen<br />
aus angrenzenden Ländern, falls bei einem Notfall<br />
die Bremerhavener dichter am Ort des Geschehens<br />
sind und somit schneller eingreifen können.<br />
Die Gefahrengutüberwachung ist besonders wichtig.<br />
Unfälle erfordern hohen Einsatz. Hier nimmt die<br />
WPSI die Aufklärung vor, klärt die Schuldfrage, kooperiert<br />
mit Feuerwehr und der Hafenbehörde. <strong>Viel</strong>e<br />
Container sind mit hochexplosivem und giftigem<br />
Gut befrachtet. Nicht nur Chemikalien oder Laborbestände<br />
bergen Gefahren, auch in der Elektronik<br />
verstecken sich Risiken für Mensch und Umwelt.<br />
Hier muss überprüft werden, ob alle vorgeschriebenen<br />
Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden. Dabei<br />
werden stichprobenartig monatlich 450 Schiffe<br />
unter die Lupe genommen, ebenfalls die Einhaltung<br />
ordnungsgemäßer Verstauungs- und Trennvorschriften<br />
sonstiger Güter überprüft, <strong>um</strong> einerseits Havarien<br />
bei hohem Seegang zu vermeiden, andererseits<br />
gebührenden Abstand zwischen den Containern mit<br />
Gefahrengut zu gewährleisten. Z<strong>um</strong> Gefahrengut gehören<br />
unter anderem auch Munition, Feuerwerkskörper<br />
und sogar Alltägliches wie Airbags. Letztere<br />
sind mit einem geringen Anteil Sprengstoff versehen,<br />
<strong>um</strong> sich bei einem Aufprall sofort aufzublasen. Auch<br />
sie müssen in einem vorgeschriebenen Abstand zu<br />
anderen Gefahrengütern gestaut werden. Selbstverständlich<br />
werden Messungen hoch radioaktiver Güter<br />
vorgenommen. Dabei kann es sich beispielsweise<br />
<strong>um</strong> Brennelemente oder Röntgengeräte handeln.<br />
Auf den Schiffen und auch innerhalb des Kajenbereichs<br />
an Land ist die WSPI bei Unfällen, kriminellen<br />
Handlungen als erste zur Stelle, nimmt die Tatbestände<br />
auf und kooperiert des Weiteren mit der Kriminalpolizei,<br />
Feuerwehr, dem Roten Kreuz. Bei Zollfahndungen,<br />
beispielsweise Verdacht auf Drogenund<br />
Zigarettenschmuggel, steht sie ihren Kollegen<br />
zur Seite. Schießen können sie alle, unsere Wasserpolizisten<br />
und stellen ihre Fähigkeiten regelmäßig<br />
unter Beweis. Im Übrigen werden Übungen mit dem<br />
SEK (Spezialeinsatzkommando) Bremen durchgeführt,<br />
<strong>um</strong> beispielsweise auch für den Fall eines Terroranschlagsverdachts<br />
vorbereitet zu bleiben.<br />
Besondere Events, wie Segelregatten oder die Sail<br />
2010, erfordern langfristige und <strong>um</strong>fangreiche Planungen.<br />
Für die Sail 2010 werden schon seit 2008<br />
Vorbereitungen getroffen. Ein großes Aufgabenfeld<br />
unserer Wasserschutzpolizei, das mit nur neunzig<br />
Personen, davon zehn Prozent weiblichem Personal<br />
und zwei Schiffen in vierundzwanzigstündiger Bereitschaft<br />
bewältigt werden muss. Besetzt sind die<br />
„Bremen 3“ mit fünf bis sieben, das Küstenboot „Visura“<br />
mit drei Personen Stammbesatzung, dazu gehören<br />
noch sechs Schlauchboote.<br />
Als besorgter Küstenbewohner fragt man sich, wie<br />
dieses breite Spektr<strong>um</strong> mit so wenig, zwar hoch<br />
qualifiziertem und motiviertem Personal aber nur<br />
zwei Schiffen, bewältigt werden soll und kann?<br />
Schon jetzt schieben die Mitarbeiter hunderte Überstunden<br />
vor sich her. Natürlich wäre auch ein<br />
eigener Hubschrauber von Nöten, dringlicher jedoch<br />
mehr Personal. Wird hier, genau wie im Bildungsund<br />
Erziehungswesen, am falschen Ende gespart,<br />
muss erst ein großes Unglück geschehen, ehe die<br />
Mittel aufgestockt werden? Wie beispielsweise nach<br />
den Anschlägen des 11. September, als die WSPI<br />
endlich modernere Geräte erhielt?<br />
Bislang verlief alles reibungslos, in den langen<br />
Fluren der Wasserschutzpolizei sind die Wände mit<br />
unzähligen Plaketten geschmückt, darunter Danksagungen<br />
der Stadt Bremerhaven, der Länder und<br />
Eventmanager für die herausragende und zuverlässige<br />
Leistung der WSPI Bremerhaven. Aber reicht<br />
das mittelfristig aus für einen der bedeutendsten<br />
Handelshäfen der Welt?<br />
christel jeschke<br />
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